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4.2 Adressatenproblematik und Kulturgebundenheit

4.2.1 Filme, TV-Shows und Bücher

Wie schon in Kapitel 3.3.4 angedeutet, finden sich in den Simpsonsfolgen zahlreiche Filmreferenzen und Anspielungen. Damit diese intertextuellen Bezüge aber ihre (komische) Wirkung nicht ver-fehlen, müssen sie zuerst erkannt und verstanden werden. Erst dann kann die Nachahmung einer Filmszene oder die Bezugnahme auf eine Figur für Erheiterung sorgen (Belz 2008:146).

Wie Referenzen von bei uns mehr oder weniger bekannten Filmen und TV-Shows behandelt wurden, wird nun im Folgenden untersucht.

Im ersten Beispiel (Szene A.8.8) erzählt Barts guter alter Feind Tingeltangel-Bob (engl. Sideshow Bob) der Familie Simpson, wie er sie mithilfe eines Werbespots in einen Hinterhalt gelockt hat, um Bart umzubringen.

Sideshow Bob: I snuck into America amidst a bunch of undocumented Canadian comedy writers for “The Jimmy Kimmel Show”, wha-tever that is. Then, it was merely a matter of constructing my trap and producing the commercial that lured you to your dooms.

Which, by the way, got me an offer to direct a feature.

Lisa: Which one?

Sideshow Bob: “The Hills Have Eyes Three:

The Hills Still Have Eyes”.

Tingeltangel-Bob: Ich schlich mich wieder in Amerika ein, in einer Gruppe von unre-gistrierten kanadischen Comedy-Autoren für den “Matsch Comedy Club”, ’ne furchtbare Show. Dann musste ich nur noch meine Falle konstruieren und den Werbespot produzieren, der euch ins Verderben gelockt hat. Der hat mir übrigens ’ne Regie bei einem Kinofilm eingebracht.

Lisa: Bei welchem?

Tingeltangel-Bob: “Das Schweigen der Läm-mer fünf: Die LämLäm-mer schweigen imLäm-mer noch”.

Da wohl nur hartgesottene Fans US-amerikanischer Late-Night-Shows die “Jimmy Kimmel Show”

kennen, wurde diese in der deutschsprachigen Zielkultur durch eine Anspielung auf den von Tho-mas Hermanns moderierten “Quatsch Comedy Club” ersetzt. Es stellt sich die Frage, wieso der Übersetzer genau diese zielkulturelle Entsprechung ausgewählt hat, da die Konzepte dieser beiden Sendungen eigentlich nicht übereinstimmen. Während sich Jimmy Kimmel in seiner Show jeweils mit prominenten Gästen unterhält, treten im “Quatsch Comedy Club” verschiedene Stand-Up-Comedians auf, die Ausschnitte aus ihrem aktuellen Bühnenprogramm vorstellen. Das Pendant im deutschen Fernsehen wäre wohl eher die “Harald Schmidt Show”. Der Übersetzer hat sich wahr-scheinlich gegen diese Lösung entschieden, da die Sendung von Harald Schmidt hierzulande ein höheres Ansehen und einen grösseren Bekanntheitsgrad besitzt als die “Jimmy Kimmel Show” in den USA. Ausserdem konnte er mit der Abwandlung “Matsch Comedy Club” ein komisches Element einbauen, das so im Englischen nicht vorkommt. Neben kompensatorischen Zwecken könnten auch Urheberrechte oder eine Distanzierung vom Original mögliche Erklärungen für die Abänderung sein, da auf diese Weise der rein fiktionale Charakter der Show unterstrichen wird.

Die Anspielung auf Hollywoods Fortsetzungswahn im letzten Satz nimmt Bezug auf den Film

“The Hills Have Eyes”, der im deutschen Sprachraum unter dem Namen “The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen” lief. Der Übersetzer hat sich entschieden, diesen Titel durch einen sehr bekannten Psycho-Thriller-Klassiker zu ersetzen. Diese Lösung bietet den Vorteil, dass aufgrund des ausschliesslich deutschen Titels das Zielpublikum auch wirklich beide Teile versteht.

Auch im folgenden Beispiel (A.8.3) wurde in der Synchronfassung der Serientitel durch den Titel eines anderen Films substituiert.

Marge ist begeistert von ihrem neuen TiVo-Gerät, das ihr ermöglicht, Sendungen auf einer Fest-platte zu speichern und später anzusehen, die Werbepausen jedoch vorzuspulen.

Marge: Oh, TiVo remote you’ve changed my life. I’ve gotten so much accomplished. I saved

“Lost”, watched all Rome in a day, and got

“Two and a Half Men” in two and a half minutes.

Marge:Oh TiVo-Fernbedienung, du hast mein Leben verändert. Ich hab soviel geschafft! Ich hab “Lost” gespeichert, ich hab alles von Rom an einem Tag gesehn und “Nur 48 Stunden” in nur 48 Sekunden geguckt.

Obwohl “Two And a Half Men” heute den deutschen Titel “Mein cooler Onkel Charlie” quasi vollständig verdrängt hat, wurde dieses Element nicht beibehalten. Diese übersetzerische Entschei-dung ist wohl darauf zurückzuführen, dass eine Kombination zwischen dem englischen Titel und dem deutschen Satz nicht dieselbe Wirkungen entfalten würde. Auch wenn mit der Substitution durch einen anderen Titel bei den Ausgangstext- und Zieltext-Rezipienten sehr verschiedene sce-nes ausgelöst werden, gelingt durch das konzeptuelle und klangliche Spiel mit den verschiedenen Zeiteinheiten “Stunden” und “Sekunden” die Komikgenerierung und damit auch die Übertragung.

Meines Erachtens ist der deutsche Monolog noch gelungener als das Original.

In der nächsten Szene (A.16.4) wird auf eine generalisierende Strategie (explicitation) zurückgegrif-fen. Der Gerichtsdiener liest dem Richter den nächsten zu behandelnden Fall vor und versucht, das Ganze ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten.

Judge: All right, what’s the next case?

Bailiff: Judge, next we have a man who is suing his wife for not dressing sexy enough in

“The Case of the Horny Husband”.

Judge: What the ...?

Bailiff: Well, I thought if we acted like “The People’s Court”, some day we’d be “The Peo-ple’s Court”. And, uh, well, a bailiffcan dream, can’t he?

Judge: No, he can’t.

Richter: Gut, der nächste Fall.

Gerichtsdiener: Euer Ehren, sehn Sie als nächstes einen Mann, der seine Frau verklagt, weil sie sich nicht sexy genug anzieht in “Der Fall des geilen Gatten”.

Richter: Was zum ...?

Gerichtsdiener: Ich hab mir gedacht, wenn wir das hier ein bisschen attraktiver präsentie-ren, können wir auch so ’ne Gerichtsshow im Fernsehen werden und eh, ’n Gerichtsdiener wird doch mal träumen dürfen.

Richter: Nein, darf er nicht.

“People’s Court” ist eine Gerichtsshow im US-amerikanischen Fernsehen, in der im Gegensatz zu vielen ähnlichen Formaten nicht fiktive, sondern echte Fälle verhandelt werden. Es treten also keine Schauspieler auf. Die bei uns unbekannte Sendung mit dem allgemeineren Begriff“Gerichtsshow” zu ersetzen, erweist sich hier als gute Lösung. Spezifisch ein deutsches Äquivalent wie beispielsweise

“Richterin Barbara Salesch” zu verwenden, wäre in diesem Fall nämlich befremdlich und würde nicht unbedingt in das Symbolmilieu passen.

Ein etwas anderes Verfahren wurde im folgenden Beispiel (A.12.4) angewendet. Dort wird der Filmtitel nämlich mit einem Begriffaus einem ganz anderen Bereich substituiert.

News anchor: A nation, crippled by unem-ployment and bored by Seabiscuit, embraces two unlikely folk heroes.

Nachrichtensprecher: Eine Nation, depri-miert von Depression und Arbeitslosigkeit, bejubelt zwei ungewöhnliche Volkshelden.

Anstatt den Titel des Filmes “Seabiscuit” beizubehalten, der auch dem deutschen Publikum nicht ganz unbekannt sein dürfte, wird das schon durch Arbeitslosigkeit geplagte Land zusätzlich in eine Depression gestürzt. Dadurch werden beim deutschen Zuschauer völlig anderescenes hervorgerufen und das lustige, auflockernde Element geht verloren. Das ist schade, da in der Serie ja ohnehin schon genug Kritik an den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen geübt wird.

Dieses Phänomen lässt sich auch an anderer Stelle (Szene A.11.6) beobachten.

Marge: But I’m worried about what’s on the horizon: reality shows, Britney Spears, the suspicious number of home runs being hit ...

Homer: At least we know there’ll never be a president worse than Bill Clinton.

Marge: Aber ich mach mir grosse Sorgen um die Zukunft: Reality Shows, Britney Spears, Präsidentschaftswahlen, bei denen die Wahlur-nen verschwinden ...

Homer: Aber es wird nie einen schlechteren Präsidenten geben als Bill Clinton.

Baseball gehört in den USA neben Football und Basketball zu den wichtigsten Sportarten. Auch wenn Baseball hierzulande einen weniger hohen Stellenwert einnimmt, dürften die deutschen Zu-schauer verstehen, worum es sich bei einem Home-Run handelt. Die Anspielung auf den Gebrauch von Doping müsste im Deutschen jedoch expliziert werden, was die Wirkung erheblich schwächen würde. Es wäre auch sehr befremdlich, eine zielkulturelle Entsprechung (cultural adaptation) ein-zufügen und beispielsweise eine Anspielung auf die Dopingfälle im Radsport zu machen, da diese Sportart zu sehr mit unserer Kultur assoziiert wird. Die Lösung mit den verschwundenen Wahlur-nen passt zwar hervorragend in den Kontext und in die Episode, verschiebt den Fokus jedoch auf die Politik.