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2.4 Synchronisation

2.4.3 Synchronität

2.4.3.6 Asynchronien

Hinsichtlich dieser verschiedenen Arten von Synchronität stellt sich natürlich die Frage, inwieweit diese beachtet werden müssen und welcher Grad an Perfektion dabei angestrebt werden soll. Es ist offensichtlich, dass absolute Synchronität auf allen Ebenen nur sehr selten erreicht werden kann.

In jedem Film lassen sich Asynchronien, d.h. Verstösse gegen die Synchronität, finden. Interessant ist, dass die Rezeption eines Films durch solche Asynchronien wohl aber nicht beeinträchtigt wird.

Als Indiz dafür gilt die Synchronisationspraxis selbst, denn obwohl beispielsweise die Qualität der Lippensynchronität in vielen Fällen durchaus noch gesteigert werden könnte, haben etwaige Asynchronien keinen wesentlich negativen Einfluss auf das Filmvergnügen (Herbst 1994:53-54).

Als eine der möglichen Erklärungen für die geringe Registrierung von Asynchronien führt Herbst (1994:57-68) an, dass der Zuschauer sich beim Ansehen eines Films nicht darauf konzentriert, die Lippenstellungen mit den Lautqualitäten zu korrelieren, sondern seine Aufmerksamkeit auf die Dia-loge, die Handlung und andere Faktoren wie Aussehen, Bewegung, Kleider, Landschaft und Musik richtet. Ausserdem sind die Lippenbewegungen in vielen Fällen zu wenig ausgeprägt, als dass sie eine Interpretation zulassen würden. Hinzu kommt, dass Extrempositionen der Lippen nur weni-ge Bruchteile von Sekunden zu sehen sind und dem Zuseher deshalb keine Zeit bleibt, allfälliweni-ge Asynchronien zu erkennen. Ein weiterer Grund für die relativ grosse Toleranz hinsichtlich der Kor-relation von Bild und Sprachlaut könnte Herbst zufolge auch darin liegen, dass Sprachlaute in der Regel nicht die Grundeinheiten der Perzeption darstellen, sondern das Publikum gewisse Worter-wartungen hat und Wörter aufgrund der erkannten Laute, der Syntax und des Inhalts antizipieren kann. Des Weiteren bereiten laut Herbst Asynchronien in Bezug auf die Lippensynchronität in der Regel deshalb keine Verständnisprobleme – sondern werden höchstens als störend empfunden –, weil für die Dekodierung der Sprache im Film die akustische Verarbeitung gegenüber der visuel-len Vorrang besitzt. Somit haben die Lippenbewegungen nur einen subsidiären Charakter, da ihre visuellen Informationen redundant sind. Ein Sprecher kann schliesslich auch dann verstanden wer-den, wenn man ihn nicht sieht. Diese Redundanz kann in anderen Fällen ausgenutzt werwer-den, wenn Störfaktoren vorhanden sind. Je undeutlicher die akustische Information ist, desto mehr wird der Hörer auch die visuellen Informationen zu Hilfe nehmen. Ausserdem könnte sich dadurch bei der Synchronisation eine Korrektur bezüglich der Simultaneität von Bild und Laut einstellen (Herbst 1994:57-69).

“Man kann wohl davon ausgehen, dass die für die Erkennung eines Wortes vorhandene Information häufig so viel an Redundanz enthält, dass sie auch durch widersprüchliche Informationen wie sie bei Elisionen, Assimilationen, Versprechern, dialektalen Formen und eben auch bei der Abweichung von Bild und Ton auftreten, nicht entscheidend gestört wird.” (Herbst 1994:69)

Im Hinblick auf die Synchronisation zieht Herbst (1994:70) folgende Schlussfolgerungen:

“1. Synchronität ist in Hinblick auf Beginn und Ende der Lippenbewegungen (quantita-tive Lippensynchronität), Lautqualität (qualita(quantita-tive Lippensynchronität), Sprechtempo, Artikulationsdeutlichkeit und Lautstärke sowie Bewegungen (Nukleussynchronität) er-forderlich.

2. Welcher Grad von Lippensynchronität erforderlich ist, lässt sich nur an der konkreten Filmpassage entscheiden: Die Unterschiede zwischen einzelnen Sprechern, Sprachstilen usw. sind so gross, dass nicht aufgrund des Drehbuchs entschieden werden kann, welche Stellen problematisch sind.

3. Als Problemlaute erweisen sich Vokale mit extremen Lippen- und Kiefernstellungen und bilabiale Konsonanten. In vielen Fällen werden jedoch Vokale wie /i:/ oder /u:/

aufgrund von Faktoren wie Lautumgebung oder Sprechgeschwindigkeit mit einer relativ neutralen Lippenstellung artikuliert, was für die Synchronisation beachtlichen Freiraum bedeutet.

4. Auch bei Labialkonsonanten ist bei normaler Sprechgeschwindigkeit keineswegs ab-solute Simultaneität erforderlich.

5. Prinzipiell empfiehlt sich eine Orientierung an den betonten Silben, und zwar weil Gesten mit Nuklei zusammenfallen und weil Lippenbewegungen in betonten Silben oft ausgeprägter sind. Auch die wichtige Rolle, die betonten Silben bei der Perzeption zu-kommt, legt nahe, ihnen bei der Synchronisation Priorität einzuräumen.

6. Es wird sehr deutlich, dass erheblicher Spielraum in bezug (sic) auf die verschiedenen Typen der Synchronität besteht; am geringsten ist er wohl in Hinsicht auf die quantita-tive Lippensynchronität. Von daher ergibt sich für die Möglichkeiten der Textgestaltung ein beträchtlicher Freiraum.”

Für die Synchronisation gilt es, einen optimalen Kompromiss zwischen den verschiedenen Arten der Synchronität (und der Textgestaltung) anzustreben. Selbst wenn einzelne Verstösse gegen die qualitative Lippensynchronität nur in relativ geringem Mass wahrgenommen werden, muss eine Häufung solcher Asynchronien vermieden werden. Ansonsten kann es geschehen, dass der automa-tische Korrekturmechanismus bei der Perzeption nicht mehr funktioniert oder die Aufmerksamkeit des Zuschauers vom Inhalt auf die Lippenbewegungen gelenkt wird. Ziel muss also sein, sehr auf-fällige Asynchronien und eine Häufung bemerkbarer Verstösse zu vermeiden (Herbst 1994:70).

Die Simpsons – Eine Einführung

3.1 Satire und Sitcom

Um herauszufinden, welche Wirkung die Synchronisation auf das Zielpublikum haben soll und welche Übersetzungsstrategien anzuwenden sind, muss der Übersetzer sich zunächst über das Film-genre im Klaren sein (vgl. auch Kapitel 2.1.1 und 2.1.2). Da es sich bei “The Simpsons” um eine Gesellschaftssatire handelt, in der zudem auch typische Elemente einer Sitcom zu finden sind, soll nun im Folgenden auf ein paar Merkmale dieser beiden Textsorten eingegangen werden.

Die Satireist eine “Spottdichtung, die mangelhafte Tugend oder gesellschaftliche Missstände an-klagt” (Wikipedia-3 2010). Sie tritt in den verschiedensten medialen Formen (Gedicht, Roman, Essay, Drama, Zeichnung, Film, Fernsehsendung usw.) und unterschiedlichsten Darstellungsweisen (gefälschte Nachricht, fiktives Interview, fiktive Reportage, Glosse etc.) auf. Deshalb gestaltet es sich auch als äusserst schwierig, eine klare Grenze zwischen Satire einerseits und Komik, Parodie und Polemik andererseits zu ziehen (Wikipedia-3 2010).

Häufig kontrastiert die Satire Widersprüche und Wertvorstellungen in übertriebener Weise, verzerrt Sachverhalte, gibt sie der Lächerlichkeit preis oder vergleicht sie spöttisch mit einem Idealzustand.

Ziel ist dabei, Kritik zu üben, direkt oder indirekt zu belehren, aber auch zu unterhalten (Wikipedia-3 2010).

’Sitcom’ist die Kurzform für das englischesituation comedy und wird laut Meyer (2001) definiert als “die v.a. von Situationskomik bestimmte Serie von Fernseh- oder Radiokomödien mit einzeln abgeschlossenen Episoden und gleich bleibender Rollenbesetzung”. Die Beteiligten setzen sich also mit der momentan vorliegenden Situation humorvoll auseinander. Es kommt zu einer ständigen Abfolge von Witzen, Pointen und komischen Momenten, die jedoch – im Gegensatz zu Comedys-hows – in eine dramatische Handlung eingebettet sind (Wikipedia-4 2010). Hauptziel ist dabei, das Publikum zu unterhalten und zum Lachen zu bringen (Belz 2008:104).

Das wohl typischste Merkmal einer Sitcom ist ihre zyklische Natur. In den einzelnen, in sich abge-schlossenen Episoden wird immer wieder von derselben Situation ausgegangen, deren Gleichgewicht im Handlungsverlauf gestört und am Ende einer Episode wieder hergestellt wird, wie Neale und Krutnik (1990:235) schreiben:

“(...) the situation is not allowed to change but is rather subjected to a recurring process of destabilization-restabilization in each episode”.

Kennzeichnend für eine klassische Sitcom ist ausserdem, dass sie im Studio vor einem Live-Publikum aufgezeichnet wird. Die Handlung spielt sich dabei nur an ein paar wenigen Schauplätzen ab. Das Gelächter des Studiopublikums ist auch für das Fernsehpublikum hörbar und sorgt auf diese Weise für eine Art Theateratmosphäre. Da diese sogenannten laugh tracks beim Synchronisationsprozess jedoch verloren gehen, werden sie durch sogenannte ’Lachkonserven’ ersetzt (Wikipedia-4 2010).

Die Sendung “The Simpsons” kann von der Grundstruktur durchaus als Sitcom verstanden werden, gilt jedoch nicht als typisches Beispiel, da sie verschiedene Kriterien nicht erfüllt. Zum einen sollen in einer Sitcom laut Belz (2008:86) eher komische Situationen aus dem Alltag oder ’harmlose’ Witze das Publikum zum Lachen bringen. In den Simpsonsfolgen wird allerdings oft auch mit weniger

’harmlosen’ Witzen knallhart mit der US-amerikanischen Kultur abgerechnet. Zum anderen werden sie nicht wie klassische Sitcoms vor Live-Publikum auf-, sondern vielmehr von Hand gezeichnet1. Hinzu kommt, dass die Zeichentrickserie auch über einen innovativen Charakter verfügt, da sie ver-schiedene Genres wie Drama, Mystery, Action, Liebesgeschichte und Musical mischt (Wikipedia-5 2010).