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4.3 Linguistische Aspekte und deren Umsetzung in der Synchronfassung

4.3.1 Anglizismen

In dieser Arbeit soll eine sehr weit gefasste Definition des Terminus Anglizismus gelten, in der sämtliche durch das Englische beeinflusste Erscheinungen der deutschen Sprache subsumiert werden (Herbst 1994:130).

Während in den fünfziger Jahren bei der Synchronisation englischer Filme ins Deutsche eine re-gelrechte “Alemannitis” herrschte (Kurz 2006:31), d.h. fremde Namen und Kulturspezifika einge-deutscht wurden und somit Herr Schmitt eine Frikadelle essen musste, werden heute viele (neue) Ausdrücke aus dem Englischen übernommen und Mr. Smith darf wieder seinen Hamburger genies-sen. Oft wird schon gar nicht mehr versucht, eine passende deutsche Benennung zu etablieren, da englischen Ausdrücken hierzulande ein Flair des Neuen, des Modernen und Erstrebenswerten sowie ein gewisses Mass an Prestige zugeschrieben wird (Kurz 2006:160).

Bei den untersuchten Simpsonsfolgen sind insbesondere Fremd- und Lehnwörter2 zu finden.

Unter einemFremdwortversteht man laut Duden (2006) ein “aus einer fremden Sprache übernom-menes od. in der übernehmenden Sprache mit Wörtern od. Wortteilen aus einer fremden Sprache gebildetes Wort” wie z.B. “Rating”. Direkt aus dem Englischen übernommene Fremdwörter können mit der Zeit Eingang in den deutschen Wortschatz finden und werden kaum noch als Fremdwörter betrachtet wie etwa “Boss”, “Job”, “Drink” oder “Killer”. Die Verwendung von Fremdwörtern bietet sich bei der Synchronisation deshalb an, da dadurch wesentlich leichter Lippensynchronität erreicht und Lokalkolorit erhalten werden kann (Herbst 1994:149, 160).

Als Lehnwort definiert der Duden (2006) ein “aus einer fremden Sprache übernommenes Wort, das sich in Aussprache, Schreibweise, Flexion der übernehmenden Sprache angepasst hat” wie etwa

“Boykott”. Herbst (1994:148) führt in diesem Zusammenhang an, dass eine Erscheinung, die sich dem System der Zielsprache anpasst oder (zufällig) mit ihm übereinstimmt, nicht so sehr als Fremdkörper innerhalb der Sprache angesehen wird.

Es folgen nun einige Beispiele aus der 19. Staffel, in denen Fremd- und Lehnwörter verwendet wurden.

2Für eine Unterscheidung der verschiedenen Typen von Anglizismen bei der Synchronisation vgl. Herbst (1994:130ff.).

4.3.1.1 Fremdwörter und direkte Übernahmen

Die folgende Szene (A.12.8) spielt sich in einer Fantasieliebesgeschichte von Marge ab, in der sich ein Rüde und eine Hündin unterhalten.

Dog: You’re pretty feisty for an upper-class bitch.

Bitch: Oh, I like that you use the technical term for a female dog.

Rüde: Du bist ganz schön frech für so ’ne High-Society-Bitch.

Hündin: Oh, es gefällt mir, dass du den Fachbegrifffür Hündin verwendest.

Die Komikerzeugung entsteht in den beiden Version auf unterschiedliche Art und Weise. Beim englischen Publikum werden durch die im Bild zu sehenden Hunde sofort alle Bedeutungen des Wortes “bitch” aktiviert (vgl. auch Kapitel 4.3.3.1 Homonymie). Die deutschsprachigen Zuschauer werden dagegen über die Wortwahl des Rüden und die positive Reaktion der Hündin überrascht sein, da das Wort “bitch” im Deutschen nur als ein etwas abwertender Begrifffür eine Prostituierte verwendet wird. Dem Übersetzer kommt entgegen, dass auch in der englischen Originalversion direkt anschliessend eine Explikation folgt, sodass er nicht Raum für Erläuterungen suchen bzw.

schaffen muss. Ob allerdings alle deutschen Zuschauer diesen Link verstehen, ist fraglich.

Auch in den Szenen A.15.9 und A.6.10 wird der deutsche Zuseher mit englischen Begriffen bombar-diert. Während “Leg Warmer” (dt. Beinwärmer) auch dank den unterstützenden Bildinformationen noch einigermassen verdaulich ist, werden sich wohl die meisten bei “full-body jukebox slam” etwas überfordert fühlen. Die einzelnen Teile des letzten Ausdrucks sind zwar für das deutsche Ziel-publikum mehr oder weniger verständlich, werden aber so schnell nacheinander gesprochen, dass diese Informationsdichte in einer Fremdsprache nur schwer zu verarbeiten ist. Da die Bedeutung allerdings aus dem Kontext heraus klar ist, kommt es in dieser Szene zu keinem Sinnverlust.

Eine sehr interessante Strategie wurde in Szene A.15.4 verwendet, wo Homer seinem Sohn Bart zeigt, welcher heimlichen Leidenschaft er im Keller nachgeht.

Bart: Beef jerky! The queen of all the jerky’s. Bart: Beef jerky! Du machst hier drin Tro-ckenfleisch!

In der Synchronfassung wird die englische Bezeichnung direkt übernommen (identity/exotism) und der nicht unbedingt relevante Teil “the queen of all” weggelassen, um so Raum für eine Übersetzung zu schaffen. Unterstützend wirken in diesem Fall auch die Bildinformationen. Diese Lösung ist sehr geschickt, da einerseits die qualitative Lippensynchronität vollständig gegeben ist und andererseits im weiteren Handlungsverlauf der kürzere Ausdruck “jerky” verwendet werden kann wie etwa in

“Wo ist unser jerky?” (E15, 09:13). Zudem sind mit der englischen Bezeichnung klangvollere Wort-schöpfungen wie “Willkommen im Beef-Jerkatorium” (E15, 09:09) möglich.

Ein weiterer Grund für die direkte Übernahme besteht darin, dass das Wort “jerky” auch in einer Powerpoint-Präsentation von Homer und Bart vorkommt (siehe Abbildung 4.21).

Abbildung 4.21: Der erste und einzige Slide der Powerpoint-Präsentation. Homer und Bart lesen gemeinsam vor, bevor sie von Apu unterbrochen werden: “’J’ just das Produkt, das sie brauchen,

’E’ exzellente Qualität, ’R’ riesig für einen kleinen Supermarkt ...” Hilfreich bei der Übersetzung der ersten beiden Punkte ist die Ähnlichkeit der beiden Sprachen (E15, 09:28).

Da der Begriffin der deutschen Version ganz am Anfang der Episode eingeführt wird, wirken solche Bilder auch nicht irritierend auf die Zieltext-Rezipienten. Um das Ganze aber nicht zu sehr auszu-reizen, wurde in der Synchronversion abwechselnd von “jerky” und “Fleisch” Gebrauch gemacht.

4.3.1.2 Lehnwörter

Ein typisches Beispiel für die Verwendung eines Lehnwortes ist Szene A.6.12, in der Bart um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen versucht. Dabei ist gut zu beobachten, wie sich das ursprünglich englische Wort an das deutsche Flexionssystem anpasst.

Bart: Come on! Look at me, I’m cool. I’ve got my backpack on frontwards, and I’m krumping!

Check it out! This image has not been sped up.

Nelson: There’s a time for krumping, and this isn’t it.

Bart: Kommt schon, seht mich an! Ich bin cool. Ich hab mein Rucksack verkehrt rum an und ich krumpe. Seht euch das an, das läuft nicht im Zeitraffer.

Nelson: Manchmal ist Krumping angebracht und manchmal nicht.

“Krumping” ist ein Tanzstil, der sich wohl hierzulande noch nicht sehr grosser Bekanntheit erfreut.

Aufgrund der eindeutigen Bildinformationen erübrigen sich jedoch jegliche Erklärungen (positiver visueller Feedback-Effekt).

Während manche Fremd- oder Lehnwörter nur temporäre Erscheinungen sind, die mit der Zeit wieder aus dem deutschen Wortschatz verschwinden, gibt es auch Wörter wie “upgraden” (Sze-ne A.8.5), “toppen” (E13, 05:57) oder “Workout” (Sze(Sze-ne A.7.8), die sich etabliert haben und auch im Duden zu finden sind.

Darüber hinaus lässt sich bei der Synchronfassung auch ein weiteres interessantes Phänomen be-obachten. Englische Wörter werden nämlich in manchen Fällen mit anderen (scheinbar) englischen Ausdrücken übertragen, die für die Sprachkenntnisse des Zielpublikums angemessener sind oder sich bereits eingebürgert haben. So wird etwa “boyfriend” mit “Lover” (E01, 02:35), “assassin” mit

“Killer” (E05, 10:20) oder “callbacks” mit “Recall” (E15, 03:32) übertragen. Die Popularität des Be-griffs “Recall” ist übrigens nicht zuletzt Fernsehsendungen wie “Popstars” oder “Deutschland sucht den Superstar” zu verdanken.

Marge will in Szene A.7.7 ihre perfekte 66-66-66-Figur zurück und begibt sich deshalb in ein Fit-nesscenter. Dort stellt ihr die freundliche Fitnesstrainerin das gesamte Angebot vor, das auch im Deutschen ziemlich englisch klingt.

Gym instructor: You’re gonna get so ripped here. We’ve got tummy tone with Sacha, power bounce with Zac D., zen abs with Zac G. and you just gotta try mummy and me kickboxing.

Fitnesstrainerin: Du kriegst hier das volle Muskel-Tuning. Wir haben Sit-Up-Sessions mit Sascha, Power-Bounce mit Zac D., Zen-Bauchtraining mit Zac G., und du musst auf jeden Fall Kickboxen mit Mummy und mir versuchen.

4.3.1.3 Strukturanglizismen

Anglizismen können jedoch nicht nur auf lexikalischer, sondern auch auf grammatikalischer Ebene vorkommen (Herbst 1994:137ff.), wie das folgende Beispiel zeigt.

Homer: A tale of two young outlaws in love. Homer: Eine Geschichte über ein junges Gaunerpärchen in Liebe.

Eine etwas idiomatischere Lösung im Deutschen wäre wohl “Eine Geschichte über ein junges, verlieb-tes Gaunerpärchen”. Dieser Strukturanglizismus gehört aber zu den Ausnahmen in den deutschen Synchronfassungen der Simpsonsepisoden.