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Wie in Kapitel 2.1.2 dargelegt, geht es bei der Übersetzung von “The Simpsons” in erster Linie darum, die künstlerisch organisierten Inhalte zu erhalten und so das deutsche Publikum zu unter-halten. Dabei stellt sich die Frage, wie weit sich der Übersetzer vom Original entfernen darf, um dieses Ziel zu erreichen.

Bei der Untersuchung hat sich gezeigt, dass die durch Sprache und Kulturwissen erzeugte Komik bei Film- und Personenreferenzen, Liedern, Sprichwörtern und Redewendungen sowie bei Wortspielen und Reimen nur mit einer Übertragung erhalten werden konnte, die sich inhaltlich in einem gewis-sen Masse vom Original entfernt. In den meisten Fällen wurden Lösungen gefunden, die sich an den komikgenerierenden Mechanismen des Ausgangstextes orientieren, jedoch in ihrer genauen Ausfor-mung und in ihren denotativen Wortbedeutungen davon abweichen. Das führt, wie Delabastita sehr treffend auf den Punkt bringt, zu folgendem Paradox:

“(...) the only way to be faithful to the original (i.e. its verbal playfulness) is paradoxi-cally to be unfaithful to it (i.e. to its vocabulary and grammar)”. (Delabastita 1996:135,

Es ist also zu vermuten, dass komische Elemente, die auf sprachlichen Strukturen und kulturellen Referenzen basieren, nur mit einem funktionalen Ansatz übersetzt werden können.

Um Funktionskonstanz im Bereich der Komik zu erreichen, muss der Übersetzer die mit dem aus-gangssprachlichen Element aktivierten scenes analysieren und versuchen, ähnlich wirkende Aus-drücke (frames) in der Zielsprache zu finden. Dabei darf er sich, wie schon angedeutet, nicht zu sehr an wörtliche Bedeutungen klammern (Belz 2008:58-62), denn “the audience reaction to a funny line is far more important than any literal fidelity to the original sense” (Whitman 2001:149). Der

’normale’ Zuschauer wird sich wohl wenig für die Originalfassung und inhaltliche Äquivalenz inter-essieren, solange er von der Synchronfassung unterhalten wird. Trotzdem sind der künstlerischen Freiheit Grenzen gesetzt, da es sich letzten Endes doch noch um eine Art von Übersetzung handelt und deshalb eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Original und der Synchronfassung vorhanden sein sollte. Der Zweck heiligt also nicht, wie Döring (2006:34-39) schön sagt, alle (Translations-) Mittel.

Dasselbe gilt für das Kompensationsverfahren, das insbesondere im Umgang mit sprachgebunde-ner Komikeingesetzt wird. Auch hier muss der Übersetzer darauf bedacht sein, keine allzu starken Veränderungen oder sogar Verfälschungen im Zieltext vorzunehmen, indem er beispielsweise nach besonderer Originalität strebt, satirische oder komische Elemente ent- oder verschärft oder den Fokus verschiebt (Szenen A.12.4 und A.11.6). Da die Technik der Kompensation einen produktiven – im Gegensatz zu einem reproduktiven – Charakter aufweist, bietet sich dem Übersetzer nämlich immer auch eine Plattform, um sein eigenes sprachschöpferisches Talent zu zeigen und sein eige-nes Kulturverständnis mit einfliessen zu lassen. Aufgrund der Subjektivität jeder Komikerfahrung bringt der Übersetzer zwangsweise auch seinen eigenen Sinn für Humor mit ein.

Die Analyse hat jedoch angedeutet, dass solche Veränderungen zumindest in dieser Staffel nur äusserst selten vorkommen. Da viele Lösungen aber auch rein übersetzungstechnische Gründe ha-ben, sollte nicht zu viel in die einzelnen Passagen hineininterpretiert werden. Die Grenze zwischen

“treuer” Adaptation, Kompensation und Überkompensation ist nicht immer leicht zu ziehen.

Trotz dieser Einwände ist das kompensatorische Verfahren wohl die einzige Möglichkeit, dem eng-lischen Ausgangstext gerecht zu werden, wenn an gewissen Stellen Pointen nicht erhalten werden konnten. Ein beliebtes Kompensationsmittel in der untersuchten Staffel stellt das Kreieren von Rei-men dar, die so im Original nicht vorkomRei-men, sich jedoch aufgrund der zielsprachlichen Strukturen anbieten.

Wesentlich schwieriger zu bewältigen als die auf sprachlichen Strukturen basierende Komik, ist die kulturgebundene Komik. Bei der Beispielanalyse konnten verschiedene Tendenzen bei der Verwendung von Nedergaard-Larsens Translationsstrategien im Umgang mit Kulturspezifika fest-gestellt werden (siehe Kapitel 2.3.4).

Mit am häufigsten wurde von der als cultural adaptation bezeichneten Strategie Gebrauch ge-macht. Neben der Anpassung von Massen und Gewichten, werden oft TV-Shows und Filme durch zielkulturelle Äquivalente substituiert. Nur so können unverständliche Kulturspezifika, die beim deutschen Zielpublikum keinerlei Assoziationen auslösen, übertragen werden. Aufgrund der stän-digen bildlichen Präsenz des ausgangskulturellen Symbolmilieus ist jedoch Vorsicht geboten, damit eng mit der deutschen Kultur verbundene Entsprechungen nicht plötzlich für Verwirrung anstatt für Lacher sorgen. Obwohl mit dieser Methode ein Glaubwürdigkeitsverlust einhergeht, stellt sie oft – ähnlich wie die Kompensationsstrategie – die einzige Möglichkeit dar, Funktionskonstanz im Bereich der Komik zu erreichen.

Eine andere, sehr populäre Strategie ist die direkte Übernahme (identity/exotism). Diese aus-gangskulturorientierte Methode konnte insbesondere bei der Übertragung von Eigennamen und An-reden, Währungen, Essen und z.T. auch im Umgang mit Filmen und Personen beobachtet werden.

Solche kulturspezifischen Elemente werden bewusst in die Synchronfassung übernommen, um die Atmosphäre zu versprachlichen (Herbst 1994:160) und dem Zielpublikum die fremde Kultur näher zu bringen. Mit der direkten Übernahme der Phänomene werden zwangsläufig auch die englischen Wörter übernommen (siehe Kapitel 4.3.1). Diese sind nicht nur oft viel kürzer und prägnanter, sondern erfreuen sich auch insbesondere beim jüngeren Publikum, das ja einen wichtigen Teil der definierten Zielgruppe ausmacht, sehr grosser Beliebtheit.

Dass direkte Übernahmen aus dem Englischen so gut funktionieren, hängt mitunter eng mit der kulturellen und wirtschaftlichen Dominanz der USA zusammen. Der American Way of Life hat auch unseren Lebensstil beeinflusst. Dies bringt erhebliche Vorteile für die Synchronisation der Simpsonsepisoden, da verschiedene Gegenstände und Konzepte ohne ausführliche Erklärungen di-rekt übernommen werden können. Dank der Exportindustrie Hollywoods sind viele Stars und Filme auch im deutschen Sprachraum sehr bekannt. Ausserdem hat die Globalisierung dafür gesorgt, dass sich auch in unseren Läden zahlreiche amerikanische Produkte finden und mit dem goldenen M die US-amerikanische Esskultur bei uns Einzug gehalten hat.

Allgemein lässt sich die Synchronisationsleistung im Umgang mit sprach- und kulturspezifischen Problemen in der 19. Staffel folgendermassen bewerten:

Es ist gelungen, die deutsche Sprachenatürlich und situativ angemessen zu reproduzieren, sodass die Serie wie ein Original wirkt. Es entsteht an keiner Stelle der Eindruck von Schriftsprachlichkeit und die Sprache wirkt nicht zuletzt aufgrund der vielen Anglizismen keck, cool und erfrischend.

Positiv fielen insbesondere auch der kreative Umgang mit der Sprache und das sprachschöpferische Talent des Übersetzers auf. Die zahlreichen gelungenen Übertragungen, die zum Teil die englischen Wortspielereien noch übertreffen, zeichnen sich zudem dadurch aus, dass trotz des Primats der Form immer auch die inhaltliche Äquivalenz in einem hohen Masse gewahrt wurde.

Kulturelle Elementeerfuhren bei der Synchronisation eine adäquate Anpassung, sodass beim Zu-schauer praktisch nie Fragezeichen zurückgelassen wurden. Dabei wurde die richtige Mischung aus direkter Übernahme ausgangskultureller Phänomene und Substitution durch zielkulturelle Äquiva-lente gefunden.

Sowohl die sprach- als auch die kulturgebundene Komik wurde im Deutschen funktionskonstant übertragen. Obwohl die hervorragende deutsche Synchronfassung dem Original in Sachen Humor und Komik in kaum einer Beziehung nachsteht, gibt es dennoch einige Elemente, die zwangsläufig verloren gehen; sei es aufgrund medienspezifischer, sprachlicher oder kulturspezifischer Bedingun-gen.