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4.2 Adressatenproblematik und Kulturgebundenheit

4.2.2 Bekannte Persönlichkeiten

Ein ähnliches Problem wie bei der Übertragung von Filmen und TV-Shows stellt sich auch bei Persönlichkeiten, die beim Zielpublikum nicht in gleicher Weise als bekannt vorausgesetzt werden können wie im Kulturkreis der Ausgangstext-Rezipienten. Viele US-amerikanische Stars erfreuen sich zwar auch im deutschen Sprachraum grosser Bekanntheit, trotzdem wird in “The Simpsons”

oft auf Personen Bezug genommen, die beim deutschen Zuseher keinerlei Assoziationen auslösen würden.

Als Keith Olbermann Marge im Traum erscheint, ruft sie im Deutschen aus “Oh! Fernsehkom-mentator Keith Olbermann” (Szene A.8.4). Der Name wird übernommen (transfer) und dank der hinzugefügten Erklärung (explicitation) ist auch dem deutschen Publikum klar, welche Tätigkeit

Olbermann ausübt. So wird nicht nur Lokalkolorit gewahrt, sondern auch Problemen mit der Bild-Ton-Einheit ausgewichen. Olbermann könnte nämlich nicht durch einen anderen, dem Zielpublikum bekannteren Fernsehmoderator ersetzt werden, da er auf dem Bildschirm erscheint.

In anderen Fällen (A.10.7) muss gar nicht erst auf solche Strategien zurückgegriffen werden, da die Funktion der Person aus dem Kontext heraus klar ist oder im Dialog erklärt wird (Abbildung 4.18).

Abbildung 4.18: Aus dem situativen Kontext und den Bildinformationen wird klar, dass Jon Stewart sich satirisch mit dem politischen Geschehen auseinandersetzt, nicht aber, dass er Gastgeber der Late-Night-Show “The Daily Show with Jon Stewart” ist (E10, 09:14).

Jon Stewart: This is Jon Stewart reporting from Springfield. Do I need to say my name?

People know me, right? Know it’s just cable, but ... You know what? I’m not gonna worry about it. I’m gonna just ... Great. Now I’m worried.

Krusty: Hey, hey, it’s Jon Stewart, everyone’s favorite political funnyman!

Jon Stewart: Hier ist Jon Stewart live aus Springfield. Muss ich meinen Namen sagen?

Man kennt mich doch, oder? Ich weiss, das ist nur ein Spartenkanal, aber egal, ich bin nicht nervös. Ich werd einfach ... Toll. Jetzt bin ich nervös.

Krusty: Hey hey, da ist Jon Stewart, der beste Komiker des Landes zum Thema Politik.

Obwohl die deutschen Zuschauer darauf schliessen können, dass es sich um einen Reporter han-delt, der über das politische Geschehen in Springfield berichtet, werden sie bis zum Schluss über seine genaue Tätigkeit im Dunkeln gelassen. Trotz dieser Informationen werden beim deutschen Adressatenkreis natürlich nie dieselben scenes aktiviert wie beim englischen Zuseher, der sofort an die satirische Nachrichtensendung denkt, in der Stewart journalistische Leistungen auf die Schippe nimmt.

In den nächsten beiden Beispielen (A.10.4 und A.10.9) werden die relativ unbekannten Persönlich-keiten weggelassen und durch witzige Elemente ersetzt.

Dan Rather:As the day of the primary nears, this race is as wide open as a hobo’s mouth at a pie-flinging contest. What do you New Hamp-shirites think of the current crop of presidential candidates?

New Hampshirite:Well, Mr. Rather, the way I see it, as my father always said, “The way I look at it ...”

Assistant: Dan, breaking news. Springfield just moved its primary a week ahead of New Hampshire’s. Now it’s the first one.

Dan Rather:Sweet mother of Murrow. We’re offto Springfield, people.

Dan Rather: Der Tag der Vorwahl rückt im-mer näher und das Rennen ist so offen wie der Mund eines Penners bei einem Tortenweit-wurfwettbewerb. Was halten die Bürger von New Hampshire von den momentanen Präsi-dentschaftskandidaten?

Bürger von New Hamphire: Naja, Mister Rather, so wie ich das sehe, wie mein Vater im-mer sagte, und ich das beurteilen kann ...

Assistent: Dan, Neuigkeiten. Springfield hat seine Vorwahl auf eine Woche vor New Hamps-hire gelegt. Die sind jetzt die ersten.

Dan Rather: Da trifft mich doch die Schlag-zeile. Leute wir fahrn sofort nach Springfield.

Kent Brockman: Roll over, Anne Coulter, and tell James Carville the news: Spring-field voters have overwhelmingly rejected the major candidates of both parties in fa-vor of a write-in: eight-year-old Ralph Wiggum.

Kent Brockman: Ein politisches Erdbeben mit Stärke 10 auf der Wechselwählerskala:

Springfield hat einstimmig die Kandidaten der beiden Grossparteien abgelehnt und einen eigenen aufgestellt: den achtjährigen Ralph Wiggum.

Eine direkte Übersetzung bzw. Übernahme von “Sweet mother of Murrow”, “Anne Coulter” und “Ja-mes Carville” wäre als Lösung ungeeignet, da beim deutschsprachigen Zielpublikum jegliche Asso-ziationen fehlen würden. Bei “Sweet mother of Murrow” wird auf die Mutter des US-amerikanischen Journalisten Edward R. Murrow Bezug genommen, der insbesondere durch seine Radiosendun-gen während des Zweiten Weltkrieges Bekanntheit erlangte. Die gebürtige US-Amerikanerin “Anne Coulter” ist eine konservative Politkommentatorin, die bereits Auslöser zahlreicher Kontroversen war. Bei “James Carville” handelt es sich um einem politischen Berater, Kommentator und Kritiker.

Anstatt krampfhaft nach deutschen Entsprechungen zu suchen, wurden in diesen Fällen Wortspiele eingefügt. Bei dieser sehr geschickten Strategie verfügt der Übersetzer dann auch über einen etwas grösseren Spielraum.

Eine andere Strategie im Umgang mit Persönlichkeiten, die cultural adaptation, soll in den folgenden drei Beispielen illustriert werden.

Lisa stellt sich vor, in einer Gefängniszelle zu sitzen. Die Frau, die Bücher verteilt, fragt sie, was sie lesen möchte (Szene A.14.6).

Woman: Bookmobile.

Lisa: Got any Joyce Carol Oates?

Woman: Nope. It’s all Danielle Steel.

Frau: Büchermobil.

Lisa: Haben Sie was von Jane Austin da?

Frau: Nein, ist alles nur von Hera Lind.

Bart tritt einer Jugendorganisation bei und bekommt die Aufgabe, den Bullen Lou grosszuzie-hen. Als dieser in einen Schlachtbetrieb gebracht wird, versuchen er und Lisa, ihn zu retten (Sze-ne A.17.2).

Bart: Lou, what happened to you? You got fat.

Lisa: Of course he did. His food is laced with growth hormones.

Bart: I don’t care how much of a pumped-up freak you are. I still love you. The way Barry Bonds’ kids probably still love him.

Bart: Lou, was ist denn mit dir passiert? Du bist fett geworden.

Lisa: Natürlich ist er das. Sein Futter ist mit Wachstumshormonen vollgestopft.

Bart:Es ist mir egal, dass du ’n aufgepumptes Monster bist. Ich liebe dich trotzdem. So wie die Freunde von Jan Ullrich ihn lieben.

In einer anderen Szene (A.19.2) wird in der deutschen Synchronfassung “Mamie Van Doren” mit

“Claudia Schiffer” ersetzt.

Mit allen drei Lösungen geht zwangsläufig ein Verlust an Glaubwürdigkeit einher. Es mutet schon ein wenig komisch an, wenn plötzlich Hera Lind oder Jan Ulrich vor dem US-amerikanischen Hin-tergrund auftauchen. Obwohl solche Äquivalente etwas deplatziert wirken und so stark mit der deutschen Kultur assoziiert sind, dass sie schon fast das ausgangskulturelle Symbolmilieu spren-gen, stellen sie hier die einzige Möglichkeit dar, die Komik zu erhalten.