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DIE ABGRENZUNG ZWISCHEN CONTRACTUS UND PACT A

Textstellen aus ihrer Analyse ausblenden 50, vertreten hingegen die Aufassung, dass der Irrtum keine Konsensst6rung sei, sondern zu einer fehlerhaften

5. DIE ABGRENZUNG ZWISCHEN CONTRACTUS UND PACT A

A us pacta, die im rômischen Recht eine weit zurückreichende Tradition hat-ten61, kann nicht geklagt werden. Ebenso wie die convention es basieren auch die pact a auf einem consensus der Parteien62 . Bei der Entwicklung des konsensualen Elements der pacta stützt sich Ulpian in D. 2,14,1,1 und 2 wiederum auf ein etymologisches Argument: pactum a pactione dicitur. Durch

actum quidem generale verbum esse sive verbis sive re quid agatur, ut in stipulatione vel numeratione: contractum autem ultro citroque obligationem, quod Graeci avva.AÂayjJa vocant, veluti emptionem venditionem, locationem conductionem, societatem: gestum rem significare sine ver bis factam. (D. 50, 16,19 Ulpianus Iibro undecimo ad edictum).- Dazu: SANTORO, Il contratto (Anm. 1), S. 5 ff.; BENôHR, Synallagma (Anm. 6), S. 10 ff.; WUNNER, Contractus (Anm. 23), S. 33 ff.; MACHEINER, Kontraktssystem (Anm. 35), S. 173; Huguette JONES, «L'YNAAAATMA et consensualisme dans le droit romain des contrats», in: Mélanges offerts à Raymond Vander Elst!, Brüssel 1986, S. 397 ff.; KASER, Romisches Privatrecht I (Anm. 10), S. 523; PARTSCH, Synallagma(Anm. 54), S. 9 ff.; CANNAT A, Vertrag (Anm. 31), S. 62 ff.;

BEHRENDS, Die bona fides im mandatum (Anm. 4), S. 36 Fn. 7. -Die zahlreichen schwierigen Fragen, die dieses Fragment aufwirft (ZIMMERMANN, The Law of Obligat-ions (Anm. 30), S. 562: «difficult to understand and possibly spurious»), kônnen im Rahmen dieses, aufD. 2,14,1 pr.-4 konzentrierten Beitrages nicht erôrtert werden.

61 Bereits im Zwôlftafelgesetz liisst sich der Begriff pacisci nachweisen, und zwar im Zusammenhang mit der Einleitung der legisactio (tab. 1, 6 und 7), im Vollstreckungs-recht (tab. III, 5) und im DeliktsVollstreckungs-recht (tab. VIII, 2); dazu: Okko BEHRENDS, Der Zwolftafelprozess, Gôttingen 1974, S. 77 ff.; KASER, Romisches Privatrecht 1 (Anm. 10), S. 171 und 527; SCHMIDLIN, Rechtsregeln (Anm. 16), S. 100.

62 D. 2,14,1,1 und 2 (Text siehe oben, S. 101); D. 50,12,3 pr. Ulpianus libro quarto disputationum: Pactum est duorum consensus atque conventio, po/licitatio vero offerentis so/ius promissum.

PACTUM, CONVENTIO, CONTRACTUS

den Hinweis auf die Sprachverwandtschaft zu pactio und pax gewinnt er die Formel duorum pluriumve in idem placitum et consensus zur niiheren Be-stimmung von pactum. Diese Definition liisst den Konsens geradezu ais das Kernstück eines pactum erscheinen63.

Die Niihe zwischen pacta und conventiones flihrte dazu, dass in den Texten in vielen Fiillen auf eine Differenzierung verzichtet und von pact a conventa gesprochen wurdé4. Der Unterschied besteht darin, dass conventio der Allgemeinbegriff fiir das subjektive Vertragselement ist, sei es, dass es si ch um eine conventio sine nomine oder um eine conventio quae transe at in proprium no men handelt. Demgegenüber bezeichnet pactum die

grundsiitz-lich nicht klagbare, unselbstiindige Übereinkunft und Nebenabrede. Wieder-holt betonten die romischen Juristen den Grundsatz ex nudo pacto actio non nascitur65

Die Bedeutung dieser Maxime wird vor dem Hintergrund der von der Rechtsordnung anerkannten Vertragstypen deutlich. Es bestand nam li ch die Gefahr, dass die Parteien durch Nebenabreden in pacta zu einer Aufwei-chung der Vertragstypen gelangten und damit das strukturelle Gleichgewicht a us dem subjektiven Element des Konsenses und den objektiven Elementen der jeweiligen Vertragstypen, das das klassische romische Vertragsverstiindnis auszeichnete, gestort hatten. Damit ste lite sich der Jurisprudenz ein schwieri-ges Abgrenzungsproblem zwischen Nebenabreden, die dem Vertragstyp noch immanent waren, und solchen, aus denen keine actio entstehen konnte.

Ulpian !ost diese Schwierigkeit, indem er im Bereich der bonae fidei iudicia zwischen pacta (conventa) ex continenti und pact a (conventa) ex intervallo unterscheidet:

D. 2,14,7,5 Ulpianus libro quarto ad edictum

Quin immo interdum format ipsam actionem, ut in bonae jidei iudiciis:

solemus enim dicere pacta conventa inesse bonae jidei iudiciis. sed hoc 63 So auch: NANZ, Vertragsbegriff (Anm. 31 ), S. 1 0; iihnlich: JONES, :EYNAAAArMA

(Anm. 60), S. 405.

64 Zu der Kategorie der pacta conventa: Filippo GALLO, Synallagma e conventio ne/

contralto!, Turin 1992, S. 56 ff. («categoria anteriore alla formazione del contratto, comprensiva di figure tipiche, ma aperta alla libertà negoziale» ).

65 D. 2,14,7,4 und 5 Ulpianus libro quarto ad edictum: nuda pactio obligationem non par if, sed parit exceptionem ... nec valebunt, si a gat, ne ex pacto actio nascatur ... , ...

hoc non valebit, ne ex pacto actio nascatur .... propter eandem regulam ne ex pacto actio nascatur. - Pauli Sententiae 2, 14,1: Si pactum nudum de praestandis usuris interpositum sit, nullius est momenti: ex nudo enim pacto inter cives Romanos actio non nascitur. - Zur Parômie ex nudo pacto actio non nascitur: SCHMIDLIN, Rechts-regeln (Anm. 16), S. 97 ff. mit weiteren Quellennachweisen in Fn. 52; KNüTEL, Contrarius consensus (Anm. 6), S. 61 ff.

RUDOLF MEYER-PRITZL

sic accipiendum est, ut si quidem ex continenti pacta subsecuta sunt, etiam ex parte actoris insint: si ex intervallo, non inerunt, nec valebunt, si agat, ne ex pacto actio nascatur . ... ea enim pacta insunt, quae !egem contractui dant, id est quae in ingressu contractus jacta sunt. idem responsum scia a Papiniano, et si post emptionem ex intervallo aliquid extra naturam contractus conveniat, ob hanc causam agi ex empto non passe propter eandem regulam, ne ex pact a actio nascatw.66. quod et in omnibus bonae jidei iudiciis erit dicendum. sed ex parte rei locum ha be-bit pactum, quia salent et ea pacta, quae postea interponuntur, parere exceptiones.

Allein in den bonae

fi

dei iudicia sind pact a conventa ais mitenthalten anzu-sehen, aber nur sofern sie ex continenti, aiso in unmitteibarem Zusammen-hang mit dem Vertragsschiuss, vereinbart worden sind. Wird ein pactum in ingressu, bei der Eingehung des Vertrages, abgeschiossen, geht es ais Neben-bestimmung (lex) in den Vertrag ein, so dass daraus gekiagt werden kann.

Werden die pacta (conventa) hingegen erst nachtraglich verabredet (ex intervallo), finden sie in einer Kiage keine Berücksichtigung mehr67.

Die Differenzierung zwischen pact a ex continenti und pacta ex intervallo zeigt, dass der V ertragskonsens von einem Zeitmoment abhangig ist: Der Konsens ist das Bewusstein eines punktuellen Einigseins. Der Hauptvertrag entfaitet seine obligierende Kraft insoweit, ais auch in unmitteibarem Kon-text abgeschiossene pacta integriert werden. Die Vorstellung des Vertrages ais einer Einheit Iasst es nicht zu, den Tatbestand über einen Iangeren Zeit-raum zu erstrecken. Spater nachfolgende, neue pacta müssen ihrerseits eben-falls die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmaie eines Vertrages

66 Hochstwahrscheinlîch bezieht sich Ulpian auf das in D. 18,1,72 pr. (Papinianus lîbro decimo quaestionum) überlieferte responsum Papinians; so auch: Rolf KNûTEL, Die Inhiirenz der exceptio pacti im bonae jidei iudicium, SZ 84 (1967), S. 133 ff. (144);

Theo MAYER-MAL Y, «Natura contractus», in: Robert FEENSTRA/Arthur S. HARTKAMP/

Johannes E. SPRUIT/Pieter J. SUPENSTEIJN!Laurens C. WINKEL (Hrsg.), Collatio Iuris Romani. Études dédiées à Hans Ankum à l'occasion de son 65e anniversaire, Amster-dam 1995, S. 291 ff. (294).

67 Rudolf von JHERJNG, Geist des r6mischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Zweiter Teil, Zweite Abteilung, Leipzig 1875, S. 155, diskutiert die Pro-b1ematik der Nachtriige zu einem Vertrag unter dem Gesichtspunkt der «Einheit der Handlung» und fùhrt ais Argument ftir die Nichtberücksichtigung der pacta ex intervallo praktische Bedenken der riimischen Juristen gegen eine derartige Zersplîtterung an. -Zur Prob1ematik siehe: MA YER-MALY, Natura contractus (Anm. 66), S. 294 f.; KNûTEL, Contrarius consensus (Anm. 6), S. 61 ff.; SCHMIDLIN/ CANNAT A, Droit privé romain II (Anm. 7), S. 109; MELILLO, Contrahere (Anm. 40), S. 253 f.

PACTUM, CONVENTJO, CONTRACTUS

erfiillen, da andemfalls der Grundsatz der Nichtklagbarkeit der pacta um-gangen werden konnte.

Nur bei den pact a ex continenti verschwimmen die darin getroffenen Abreden und der den Vertragstyp konstituierende Konsens miteinander, da diese in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsschluss verabrede-ten pact a mit der Vorstellung des an einem bewussten Einigsein orientierten Konsenses vere in bar sind. Die pacta ex continenti sind Teil der aus den bei-den Individualwillen erzeugten Schnittmenge, die bei-den Konsens bildet (inesse), und sind daher fur beide Vertragspartner in gleicher Weise bindend. Daher resultiert aus ihnen nicht nur eine exceptio zugunsten des Beklagten, sondem auch der KHiger kann si ch auf sie berufen.

Von dem Grundsatz, dass pacta ex intervallo einem contractus nicht immanent sind, wich Papinian, dessen responsum Ulpian erwahnt, ab, indem er nur noch Vereinbarungen extra naturam contractus die Klagbarkeit ver-sagté8. Zwar konnten die pact a eine Vielzahl von Einzelabreden enthalten, sie mussten aber stets mit der natura contractus, d.h. mit den feststehenden Voraussetzungen der einzelnen Vertragstypen, vereinbar sein69 . Dann ist das pactum so eng mit dem con tractus verbunden, dass sie ais Einheit aufgefasst werden konnen und gegen eine Klagbarkeit keine Bedenken bestehen. Fehlt es an dieser Integration in die Vertragsform des contractus, gilt der Grundsatz ex nudo pacto actio non nascitur; das pactum kann Iediglich eine exceptio hervorbringen und so auf der Beklagtenseite Berücksichtigung finden.

Nicht nur das Kriterium extra naturam contractus spiegelt das Bemü-hen wider, eine klare Grenzlinie zwiscBemü-hen den BereicBemü-hen der pacta und der Vertragstypen zu ziehen. Dieser Gedanke lasst sich auch aus dem Grundsatz contra iuris civilis regulas pact a conventa non habentur70 und a us dem Ar-gument pactionem valere nec quasi contra iuris jormam factam non esse servandam ableiten 71 . Pacta konnen die unterschiedlichsten Abreden

enthal-68 Dazu: MAYER-MAL Y, Natura contractus (Anm. 66), S. 294.

69 Zur natura contractus in D. 2,14,7,5 und Papinians responsum in D. 18,1,72 pr.: MAYER-MALY, Natura contractus (Anm. 66), S. 291-297. Anders ais MA YER-MALY, S. 294, hlilt KNÜTEL, Contrarius consensus (Anm. 6), S. 66, den Hinweis extra naturam contractus in D. 2,14,7,5 fùr byzantinisch.

70 D. 2,14,28 Gaius libro primo ad edictum provinciale. Dazu: SCHMIDLIN, Rechtsregeln (Anm. 16), S. 29,47 ff., 102 f.

7! D. 2,14,7,15 Ulpianus libro quarto ad edictum. Das Fragment behandelt die Frage, welche Regelungsinhalte pacta im Zusammenhang mit einem depositum haben kôn-nen. Der Verzicht auf die actio depositi ist demnach ebenso zullissig wie die Ausdeh-nung der Haftung des Verwahrers auf jede Gefahr. Zu die sem Text: ScHMIDLIN, Rechts-regeln (Anm. 16), S. 49 ff.

RUDOLF MEYER-PRITZL

ten, sie dürfen aber nicht gegen die zwingenden Wesensmerkmale eines Vertragstypes, gegen seine forma iuris, verstossen.

Welche Bedeutung die romischen Juristen der Grenzziehung zwischen den no men con tractus der V ertragstypen und den nicht klagbaren pacta beimassen, zeigt sich auch in den Hillen der Aufuebung eines Auflosungs-paktums, in denen die Maxime ex nudo pacto actio non nascitur wiederum strikt beachtet wurde:

D. 2,14,27,2 Paulus libro tertio ad edictum

Pactus, ne peteret, postea convenit ut peteret: prius pactum per posterius elidetur, non quidem ipso iure, sicut tollitur stipulatio per stipulationem, si hoc actum est, quia in stipulationibus ius continetur, in pactis factum vers atur: et ideo replicatione exceptio elidetur. .. . idem dicemus et in bonae fidei contractibus, si pactum conventum totam obligationem sustulerit, veluti empti: non enim ex novo pacto prior obligatio resuscitatur, sed proficiet pactum ad novum contractum . ...

Wird bei bonae fidei-Kontrakten die gesamte obligatio, beispielsweise ein Kauf, durch ein pactum conventum aufgehoben, erlischt sie. Ein Kontdir-paktum lasst den ursprünglichen contractus nicht wied er entstehen 72. Doch

1 kann das zweite pactum in den Abschluss eines neuen contractus umgedeutet werden.

Diese Auslegung bestlitigt, wie streng die romischen Juristen zwischen pactum und contractus differenzierten: Ein bi osses pactum konnte nicht ei-nen einmal erloscheei-nen con tractus wieder aufleben lassen. Auch genügte ein pactum ais solches nicht den Anforderungen, die an einen Neuabschluss ei-nes contractus zu ste lien waren; vielmehr bedurfte es einer dogmatisch kon-sequenten Umdeutung des pactum in einen contractus73. Nur aus dem contractus konnte ein klagebewehrter Anspruch resultieren, wahrend aus ei-nem pactum keine actio entstand.

Emeut zeigt sich, dass eine blosse conventio oder ein pactum nicht aus-reichen, einen klagbaren Vertrag abzuschliessen. Nur wenn si ch das subjekti-ve Element des Konsenses mit der objektisubjekti-ven Vertragsform und ihrenjeweils typischen Merkmalen verbindet, entsteht ein contractus, aus dem geklagt werden kann 74 .

72 Ausfùhrlich zu dieser Problematik: KNÜTEL, Contrarius consensus (Anm. 6), S. 112 ff.

73 Dazu: KNÜTEL, Contrarius consensus (Anm. 6), S. 115; DERS., Inhiirenz (Anm. 66),

s.

151.

74 Daher ist es auch nicht moglich, durch eine auf Aufhebung eines bestehenden Vertra-ges gerichtete einfache conventio neue ob/igationes zu begrUnden. Ein pactum oder

FACTUM, CONVENTIO, CONTRACTUS

6. PACTUM, CONVENTIO UND CONTRACTUS ALS