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Chronique Pays de langue allemande (1993)

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PETER STOT Z

PAYS DE LANGUE ALLEMAND E

An die Spitze dieses Berichtes seien wie üblich neue T e x t e d i t i o -n e -n gestellt :

Durch die Aufnahme in seinen Roman „ Der Name der Rose " hat Umberto Eco weiteren Kreisen einen sonst eher wenig bekannten Text — oder vielmehr : eine Textgruppe — nähergebracht, nämlich die „ Cena Cypriani " : Eine große Zahl biblischer Figuren (ursprünglich 472) nimm t an einem imaginären Hochzeitsmahl teil, das ein König Joel

(lohei)

veran-staltet . Jede von ihnen wird mit gewissen ihr nach der Bibel zukommende n Charakteristika gezeichnet . Von den verschiedenen Gestaltungen, in denen der parodistische Einfall uns vorliegt, handelt : Christine MODESTO . Studien zur Cena

Cypriani

und zu deren Rezeption. Diss . phil . München 1990/91 . (Classica Monacensia, Münchener Studien zur Klassischen Philologie 3) . (Münchener Universitätsschriften) . Tübingen : Narr, 1992 . XI, 305 S . Behandelt wird 1) die ursprüngliche, aus knappster Prosa bestehend e „ Caena Cypriani ", wohl in der 2 . Hälfte des 4 . Jh's oder um 400 an unbe-kanntem Orte (allenfalls in Oberitalien) von einem Anonymus verfaßt un d in über fünfzig Hss . überliefert . Es folgen vier mittelalterliche Gestaltunge n des Stoffes, nämlich : 2) die von Hrabanus Maurus 855/856 unternommen e und Lothar II . gewidmete Prosabearbeitung, 3) die von einem römische n Diakon namens Johannes 876/877 verfaßte Nachdichtung der spätantike n Fassung in rhythmisch geregelten Versen (im Hauptteil : 375 Fünfzehnsil-blern), sodann 4) eine in der Hs. Paris BN lat . 5609 fragmentarisch über-lieferte Bearbeitung in rhythmisch geregelten ambrosianischen Strophe n (4x8pp, 54 1/2 Strophen erhalten), gedichtet wohl zwi-schen 1047 und 1054 von einem Mönch Azelinus aus Reims, und schlie-ßlich 5) eine aus dem 11 ./12 . Jh. stammende, im gleichen Versmaß gehal-tene, ebenfalls nur unvollständig (mit 160 Strophen) erhaltene Fassung, überliefert in der Hs. Arras 557, in manchen Dingen wohl auf Azelins Vor-bild zurückzuführen (inc . : Prelibo

necessariu,n prefationis tituluni) .

Dies e Texte werden je kritisch ediert, Text 5) sogar zum erstenmal ; Fassung 3 allerdings wird nach der Edition von KarlSTRECKER(MG Poetae 4, S . 857 -900), und ohne den Apparat, gegeben. Parallel dazu wird jeweils eine deut-sche Übersetzung geboten, mit der die Verankerungen im Bibeltext

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ver-CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

21 1 bunden sind . Damit geht jedesmal eine ausführliche Erörterung unter -schiedlicher Aspekte einher : Entstehensumstände, Quellenkritik, literari-sche Charakterisierung u.a .m .

Das der Erzabtei Beuron angeschlossene Vetus-Latina-Institut gehört seiner Haupttätigkeit nach nicht in den zeitlichen Bereich, dem diese Zeit-schrift gewidmet ist. Doch sind innerhalb der Buchreihe, welche die Edi-tion des alten lateinischen Bibeltextes begleitet, in den letzten Jahren zwe i dem früheren Mittelalter angehörende Kommentare zu biblischen Bücher n herausgegeben worden, nämlich : Sedulius Scottus . Kommentar zum Evan-gelium nach Matthäus . [Hg . von] Bengt LÖFSTEDT . 2 Bde . (Vetus Latina : Aus der Geschichte der lateinischen Bibel 14 .19) . Freiburg 1989-91 . 706 S . (durchpaginiert) . — Anonymi Glosa psalmorum ex traditione senio-rum. Herausgegeben von HelmutBOESE . Teil I : Praefatio und Psalmen 1 -100 . (Ebenda Bd . 22) . Freiburg 1992 . 32*, 471 S ., Abb. Hierbei handel t es sich um ein zu Anfang des 7 . Jh's in monastischen Kreisen der heutige n Provence (« Rhônemönchtum ») entstandenes, auf patristischer Grundlag e beruhendes dichtes Glossenwerk . Der Herausgeber legte bereits vor eini-gen Jahren Vorarbeiten, einschließlich der probeweisen Edition einzelne r Abschnitte, vor : Helmut BOESE . Die alte ,, Glosa psalmorum ex tradition e seniorum " . Untersuchungen, Materialien, Texte (Ebenda Bd . 9) . Freiburg 1982 . 286 S .

Im ersten dieser Literaturberichte aus dem deutschen Sprachrau m (ALMA 46/47, S . 131-160), als der Ertrag einer ganzen Reihe von Jahre n in den Blick zu fassen war, ist bedauerlicherweise ein Hinweis unterblie-ben auf: Vitae sanctae Wiboradae . Die ältesten Leunterblie-bensbeschreibungen de r heiligen Wiborada. Einleitung, kritische Edition und Übersetzung, besorg t von Walter BERSCHIN . (Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte, her -ausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St . Gallen 51) . St . Gal-len : Verlagsgemeinschaft St. GalGal-len (in Kommission), 1983 . 237 S ., Abb . — Anläßlich des Ungarnüberfalls auf St. Gallen v . J . 926 erlitt die bei dem Kloster lebende Rekluse Wiborada das Martyrium . Um 960/970 verfaßte Ekkehart I . eine schlichte Vita, welche sich jedoch nur in einer geringfügi g überarbeiteten Fassung erhalten hat, die auf Ekkehart IV . zurückgehen dürfte und gewiß mit der Kanonisierung der Heiligen i . J. 1047 zusammen-hängt (EKKEH . IV . Wibor .) . Doch bereits kurze Zeit danach (um 1072/76 ) schuf ein gewisser Herimannus eine ausgebautere Fassung (HERM. SAN -GALL . Wibor.) . Hier nun werden beide Viten in einer dem Textbild de r Handschriften nahestehenden Form ediert, je begleitet von einer deutsche n Übersetzung .

Die zwischen 1214 und 1224 von dem englischen Zisterzienser Thoma s von Froidmont (Th. de Frigido Monte) abgefaßte Vita des Thomas Becket , bisher schwer zugänglich in einem überdies ganz unzulänglichen Druck,

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wird nun in einer gepflegten zweisprachigen Neuedition vorgelegt : Tho -mas von Froidmont . Die Vita des heiligen Tho-mas Becket, Erzbischof von Canterbury . Herausgegeben und übersetzt von Paul Gerhard SCHMIDT. (Schriften der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgan g Goethe-Universität Frankfurt am Main, Geisteswissenschaftliche Reihe 8) . Stuttgart : Franz Steiner, 1991 . XI, 200 S . Nachdem der Herausgeber sich kürzlich im Rahmen einer kleinen Monographie mit dem Biographen befaßt hatte (vgl . ALMA 50, S . 135), konnte er hier die Einleitung gan z knapp halten . Die Ausgabe beruht auf den drei aus dem 13 . und 14. Jh. erhaltenen Handschriften . Von der textkritischen Aufarbeitung und der — sehr lesbaren — Übersetzung abgesehen, besteht das Hauptgewicht au f dem Quellenapparat: Nebst dem Nachweis von Zitaten aus Bibel und anti -ken Autoren war vor allem der genaue Vergleich mit den Vorgängerschrif-ten zu leisVorgängerschrif-ten . Sind doch etwa neun Zehntel des Ganzen den ViVorgängerschrif-ten entnom-men, welche enge Vertraute des Erzbischofs kurze Zeit nach dessen Mar-tyrium, somit etwa ein halbes Jahrhundert vorher, aufgezeichnet hatten . (Berichtigung eines zufällig gefundenen Versehens : S . 85, 21 nich t « Mängel », sondern « Nägel a. )

In Deutschland bearbeitet und erschienen ist die kritische Neuedition der ersten erhaltenen erzählenden Geschichtsquelle Ungarns : Die „ Gesta Hungarorum " des anonymen Notars . Die älteste Darstellung der ungari-schen Geschichte . Unter Mitarbeit von Lâszló VESZPRÉMY herausgegeben von Gabriel SILAGI . (Ungarns Geschichtsschreiber 4) . Sigmaringen : Thor-becke, 1991 . VIII, 190 S ., Abb. Es handelt sich um das Werk, das ein Notar des — als verstorben erwähnten — Königs Béla (augenscheinlich : B . III.) um 1200 verfaßte. Bisher glaubte man den Anfangsbuchstabe n seines Namens (P) zu kennen (im ungarischen Wörterbuch daher zitier t als P . MAG .) . Doch dürfte es sich dabei um ein Mißverständnis handeln, und der Verfasser muß uns für gänzlich anonym gelten . Die hier vorge-legte kritische Edition ersetzt die 1937 in den „ Scriptores rerum Hungari-canrm " erschienene. Beigegeben ist dem Text eine deutsche Parallelüber-setzung. Ein hinten anschließender Anmerkungsteil liefert die nötige n historisch-sachlichen Aufschlüsse und führt in die ausgiebigen Diskussio-nen ein, welche manche Stellen dieser kostbaren Geschichtsquelle ausge-löst haben . Der Text des ursprünglichen Werkes ist in einer einzigen Hs . (aus dem 2 . Drittel des 13 . Jh's) nur zum Teil überliefert . Zahlreiche Nachrichten über die Ungarn, die sich in westlichen Texten finden, sin d eingearbeitet . Wiederholt ist auf den Alexanderroman zurückgegriffen . Die Latinität des Verfassers, der ungarischer Muttersprache ist, ist — i m Rahmen der mittelalterlichen Sprachpraxis — verhältnismäßig unauffällig . Unter den vom Herausgeber in der Einleitung genannten Besonderheite n seien hervorgehoben : die Übernahme der ungarischen Bildungsweise der

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CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

21 3 Dativform von Personennamen mit dem Affix -nec (z . B . : dux dedit

Bun-ger-nec, patri Borsu, terrain, Kap . 31) und ferner die adjektivische

Ver-wendung von paganismus (vgl. Novum Glossarium P Sp . 41, 45-42, 2) . Ferner darf die Erstedition eines geistlichen Textes angezeigt werden : Johannes von Magdeburg, O .P. Die Vita der Margareta contracta, einer Magdeburger Rekluse des 13 . Jahrhunderts . Erstmals ediert von Paul Ger-hard SCHMIDT . (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschicht e 36) . Leipzig : Benno-Verlag, 1992 . XXII, 101 S . — Die Rede ist von de r Lebensbeschreibung einer schwer behinderten Rekluse, einer mit Leide n überhäuften, doch dabei recht eigensinnigen Gottsucherin . Die Kirche hat sie nicht eigentlich unter ihre Heiligen aufgenommen, doch hatte ihre Vit a einigen Umlauf : Die vorliegende Ausgabe kann sich auf zehn Handschrif-ten aus dem 13 . bis 16 . Jh . stützen . Ein Dominikaner namens Johannes, Beichtvater der frommen Frau, verfaßte den Text, dies vermutlich gege n 1260, spätestens 1270 . Ob das von ihm Erzählte — es geht vorab um da s Innenleben Margaretas — ganz auf mündlicher Mitteilung beruht, oder o b sie selber erste Aufzeichnungen angefertigt hatte, steht dahin . Der Text ist in jenem anspruchslosen, leicht faßlichen, der Mündlichkeit nahe n Gebrauchslatein gehalten, das uns im Spätmittelalter oft begegnet, und da s dann in den Dunkelmännerbriefen karikiert worden ist .

Ein neuer Band der Gesamtausgabe der Werke Konrads von Megen-berg (1309-1374) ist anzuzeigen (s . ALMA 46/47, S . 132) : Konrad von Megenberg. Werke : Monastik. Herausgegeben von Sabine KRÜGER . (Monumenta Germaniae historica : Staatsschriften des späteren Mittelalter s 2 . Band, 4 . Stück) . Stuttgart : Hiersemann, 1992 . XVIII, 292 S . — Di e „ Monastica ", eines der lange Zeit verschollen gewesenen Werke Konrads , trägt in der einzigen erhaltenen Handschrift (Admont, Cod . 492) den Tite l „ Speculum felicitatis humane " . Sie ist, als Bestandteil einer moralphiloso-phischen Trilogie, der Individualethik gewidmet und folgt der Nikomachi-sehen Ethik des Aristoteles .

Das „ Decretum " Bischof Burchards von Worms (um 965-1025) is t bisher wohl ziemlich ausschließlich nach der Ausgabe bei Migne (PL 140 , Sp . 537-1058) benützt worden. Jetzt ist der Erstdruck aus dem 16. Jh. i n einer gut betreuten Faksimileausgabe allgemein zugänglich gemacht wor-den : Burchard von Worms . . . Decretorum libri XX . . . Ergänzter Neudruck der Editio princeps Köln 1548, herausgegeben von Gérard FRANSEN un d Theo KÖLZER . Aalen : Scientia-Verlag, 1992 . 50 S ., [20] + 240 Bl ., 31* S . Voran gehen dem reproduzierten Frühdruck eine kurze Biographie Bur-chards (Th. K.), eine überlieferungskritische Erörterung (G .F .) sowie eine kritische Edition des an den Worrnser Propst Brunicho gerichteten Wid-mungsbriefes . Den Schluß bildet ein Register der Incipits der einzelnen

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Kapitel, ausgerichtet auf den Erstdruck wie auch auf die Migne-Ausgabe . (Eine Monographie zum „ Decretum " wird weiter unten angezeigt . )

Wegen der darin enthaltenen Editionspartien sei hier zudem die fol-gende Monographie erwähnt : Vita

Walfredi

und Kloster Monteverdi . Tos-kanisches Mönchtum zwischen langobardischer und fränkischer Herrschaft , Hg . von Karl SCHMID . (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts i n Rom 73) . Tübingen : Niemeyer, 1991 . XVII, 239 S ., Abb. Dieses dem bekannten Historiker Gerd Tellenbach zum 85 . Geburtstag zugeeignete Gemeinschaftswerk gilt Walfred, einem unter die Heiligen gerechnete n langobardischen Großen des B . Jh's, der — angesichts der Interventio n Pipins in Italien — samt seiner Familie eine

conversio

unternahm und mi t seinen Besitztümern ein Männerkloster (Monteverdi) und ein Frauenkloste r (San Salvatore an der Versilia) stiftete . Bereits um 800 schrieb Andreas , dritter Abt von Monteverdi, seine Vita ; wohl er selber erweiterte sie kur z nach 809 . Ihr Text wird hier nach einer Trierer Handschrift des 12 . Jh' s ediert, begleitet von einer deutschen Übersetzung . Dazu gesellen sic h Untersuchungen zu ihrer Überlieferung (Heike MIERAU), ihrem literarisch-geistesgeschichtlichen Ort (Ulrich EIGIER) und den darin zutagetretenden monastischen und hagiographischen Aspekten (Gregor WEBER) . Es folgen Beiträge zur Geschichte des Klosters Monteverdi, darunter eine kritische Neuedition der

cartula dotis v .

J . 754 nach zwei verschiedenen Fassunge n (Stephan MOLITOR) .

Zwar kann hier nicht alle Arbeit an regionalen Geschichtsquellen ver -folgt werden, doch verdient Erwähnung :

Notitia Arnonis

und Breves

Noti-tiae .

Die Salzburger Güterverzeichnisse aus der Zeit um 800 . Sprachlich-historische Einleitung, Text und Übersetzung . Von Fritz LO§EK . (Mitteilun-gen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 130, 1990, S . 5-192, Abb .) . Von den beiden zur Rede stehenden Quellen zur Gütergeschicht e der Salzburger Kirche (MLW : NoTIT . Arnon . / BREV . NOTIT.) datiert die erstgenannte von 788/790, die zweite von 798/800 — das heißt : aus einer Zeit, in welcher Salzburg im wesentlichen im Einzugsbereich des bairi-schen Herzogtums lag . Die Überlieferung der Texte setzt im 12 . Jh . ein. Es handelt sich nicht um rein listenartige Zusammenstellungen, sondern um Aufzeichnungen weithin erzählenden Charakters . Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Neuedition, begleitet — was hier besonders hervorgehobe n sei — von einer parallel mitlaufenden Übersetzung, in welcher der Heraus-geber von seiner Auffassung des Textes Rechenschaft ablegt, und mit de r er der weiteren Forschung die Wege ebnen will . Aus der eingehenden sprachlich-historischen Einleitung sind sprachliche Einzeluntersuchungen ausgegliedert zu

mansus / manentes,

coloni

/

colonia,

zu castrum /

oppi-dum und

civitas /

locus.

(6)

CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

21 5

Nunmehr folgen einige sprachwissenschaftliche Arbeiten : Von der Bibliographie zur lateinischen Wortforschung, hg . von Otto HILTBRUNNER (vgl . ALMA 46/47, S . 135) sind inzwischen zwei weitere Bände erschienen : 3 :

atrox-causa,

4: censeo-cura, Bern 1988 bzw . 1992 , 310 bzw . 348 S . In einer besseren Druckqualität als bisher, die zugleic h für mehr Übersichtlichkeit sorgt, sind hier erneut für eine beträchtlich e Reihe signifikanter Wörter umfangreiche bibliographische Materialie n bereitgestellt, deren Ergebnisse jeweils am Schluß zu einem summarische n Bericht zusammengefaßt sind . Im Vorwort zum 4. Band teilt der Herausge-ber indessen mit, daß die Publikation in der bisherigen Form an diese r Stelle abgebrochen wird, wiewohl das dahinter stehende Unternehme n glücklicherweise fortgesetzt wird . Von jetzt an sollen die Titel nur mehr in einer Datenbank gespeichert werden . Wer an dem Material zu eine m bestimmten Wort interessiert ist, wird dieses künftig abrufen können. De n offensichtlichen Vorteilen, vor allem demjenigen dauernder Aktualität i m ganzen Alphabetbereich, stehen Nachteile gegenüber : Die Fassungen de r Titel werden nicht mehr überprüft, außerdem fällt die Ausarbeitung eine r Zusammenfassung nunmehr natürlich dahin . (Um hier davon zu schwei-gen, daß es doch auch seine Vorteile hat, in einem Buch nur eben kur z nachzuschlagen oder herumblättern zu können .) Wiewohl diese Änderung des Arbeitsprogramms nicht ganz unerwartet kommt, ist man versucht zu sagen : Schade! Anfragen können weiterhin gerichtet werden an : Westfäli-sche Wilhelms-Universität Münster, Institut für Altertumskunde (Wortfor-schung), Domplatz 20-22, D-48143 Münster (Westf.).

Mit Dankbarkeit vermerkt man die Tatsache, daß zahlreiche Arbeite n einer verdienten Erforscherin der frühmittelalterlichen Germanenrechte und ihres Wortschatzes (vgl . ALMA 50, S . 143-145) erneut abgedruckt und zu einem stattlichen, in jeder Beziehung vorbildlich gestalteten Sam-melband vereinigt worden sind : Ruth SCHMIDT-WIEGAND . Stammesrecht und Volkssprache . Ausgewählte Aufsätze zu den Leges barbarorunr . Fest-gabe . . . zum 1 .1 .1991 . Herausgegeben von DagmarHÜPFERund Clausdie-terSCHOTT . . . Weinheim: VCH, Acta humaniora, 1991 . X, 546 S . — Darin sind Aufsätze aus vier Jahrzehnten vereinigt, geordnet nach insgesamt fünf Gesichtspunkten . Aus der Gruppe « Wort- und Begriffsgeschichte, zu Auf-gaben und Methoden der Mittelalterforschung » sei herausgegriffen : Die volkssprachigen Wörter der

Leges barbarorunr

als Ausdruck sprachliche r Interferenz (1979) . Die konkreten Beiträge zu der Historisch-philologi-schen Bezeichnungsforschung sind gruppiert nach den Bereichen Sied-lungswesen, Soziale Strukturen und Rechtsterminologie . Auch hieraus sei, stellvertretend für die andern, je ein Titel genannt : Marca .

Zu

den Begrif-fen ,, Mark " und „ Gemarkung " in den

Leges barbar orurn

(1979) , sodann : Fränkische und frankolateinische Bezeichnungen für soziale

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PETER STOTZ

Schichten und Gruppen in der Lex Salica (1972), und schließlich :

Wargus .

Eine Bezeichnung für den Unrechtstäter in ihrem wortgeschichtliche n

Zusammenhang (1978) .

Angeschlossen sei der Hinweis auf die Arbeit einer Schülerin de r Genannten : Gabriele VON OLBERG . Die Bezeichnungen für soziale Stände , Schichten und Gruppen in den

Leges barbarorum .

(Arbeiten zur Frülunit-telalterforschung 11) . (Die volkssprachigen Wörter der

Leges barbaroru m

2) . Berlin : De Gruyter, 1991 . VI, 335 S . — Die Arbeit ist Teil eine s umfassenden Corpus der volkssprachigen Wörter, welche in de n frühmittelalterlichen, lateinisch geschriebenen Germanenrechten des Fest -landes vorkommen. Die Aufarbeitung des Wortgutes geschieht durch « di e alternierende Verbindung von historischer Onomasiologie und Semasiolo-gie mit Rückbezug auf die sozial- und sachhistorische Forschung » . Einlei-tend wird die hierzu entwickelte Methode dargelegt, die

Leges

werden al s sprachwissenschaftlich nutzbare Quellen näher charakterisiert, und es wir d ein Bericht über die bisherige Erforschung der Begriffsbezirke „ Adel " , „ Freiheit ", „ Halb- " und „ Unfreiheit " gegeben . Der Hauptteil der Arbei t stellt die Erörterung eines Corpus ausgewählter Sozialbegriffe dar : Bezeichnungen für Freie bzw. Unfreie, jeweils unter unterschiedlichen Aspekten. Lateinischerseits interessieren vor allem die formal latinisierte n Termini, so etwa

aldius, arimannus, (sace)bar o, faramannus,

commarca-nus, letus, adalingus, stotarius („

Pferdehirt "),

mariscalcus, seniscalcus ,

vassus u .a .m. Auf Grund der Ergebnisse wird zusammenfassend von de n

zugrundeliegenden Vorstellungen von Freiheit und Unfreiheit gesprochen . Das ausgedehnte Literaturverzeichnis umfaßt nahezu achtzig Seiten .

Als Nachtrag sei hier eine bedeutende wortkundliche Arbeit erwähnt , die schon vor einiger Zeit erschienen ist : Teja ERB . Mittellateinisch e Handwerkerbezeichnungen . (Philologus, Zeitschrift für Klassische Philolo-gie 130, 1986, S . 221-313) . Der Bearbeiter, seit einigen Jahren Leiter der Berliner Arbeitsstelle des MLW, nimmt damit ein Thema auf, zu dem e r bereits früher eine systematische Studie veröffentlicht hatte: Teja ERB. Di e Handwerkerbezeichnungen im Mittellatein — Ergebnisse einer Wortschat-zanalyse . (Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut fü r Sprachwissenschaft : Linguistische Studien, Reihe A : Arbeitsberichte 46) . Berlin 1978 . 192 S . — Die hier in Fonn eines Zeitschriftenaufsatzes publi-zierte Arbeit stellt einen alphabetischen Katalog der einzelnen Handwer-kerbezeichnungen dar und bildet mit der zuvor erschienenen ein Ganzes . Erfaßt sind rund 2600 Belege des Früh- und Hochmittelalters (bis 1280 ) aus dem deutschen Sprachraum für insgesamt 432 Bezeichnungen für di e Vertreter von 127 Handwerken. Nur der kleinere Teil, nämlich 93 Bezeich-nungen, entstammt dem Altertum . Die einzelnen Artikel weisen je nach-dem auf antike Bezeugung hin, bringen den mittelalterlichen Erstbeleg (oft

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mehrere Belege, oft mit Kontext), sodann Angaben zur Zahl der Belege , zur Herkunft bzw . Bildung eines Wortes, zu graphischen und sonstigen Besonderheiten . Etwaige weitere Angaben gelten der genaueren Bedeu-tung, der Synonymik oder auch der regionalen Verbreitung .

Beachtung verdient die folgende ausgebaute Wortmonographie : Tho-mas EICHENBERGER . Patria . Studien zur Bedeutung des Wortes im Mittel -alter (6 .-12 . Jahrhundert) . (Diss . phil . Zürich 1988) . (Nationes, Historisch e und philologische Untersuchungen zur Entstehung der europäischen Natio-nen im Mittelalter 9) . Sigmaringen: Thorbecke, 1991, 287 S . — Der Ver-fasser kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluß, daß di e Anwendungen des Raumordnungswortes patria in dem untersuchten Zeit-raum, der scheinbaren Bedeutungsvielfalt zum Trotz, sich auf zwei

Grund-funktionen zurückfuhren lassen : auf die Kennzeichnung von „ Heimat " oder aber auf die Bezeichnung geographisch, rechtlich und herrschaftlich verfaßter Räume (etwa „ Land ", „ pays " usf.) . Die Bezugnahme auf da s himmlische Paradies als die wahre Heimat der Christen ist nur ein e Variante der erstgenannten Anwendung . Was die zweite betrifft, so meint das Wort je nachdem das Territorium einheitlicher Rechtsaustibung ode r den Machtbereich einer bestimmten Herrschaft . Vor allem in drei Zusam-menhängen wird patria in den Texten immer wieder verwendet : bei de r « Legitimierung und Intensivierung von Herrschaft », bei der « Territoriali-sierung von Herrschaft und Recht » sowie bei der « Objektivierung vo n Herrschaft und der Formulierung einer transpersonalen Staatsauffassung » . Im Hochmittelalter ergibt sich als Neuerung eine Übertragung von mi t dem Begriff „ Heimat " verbundenen Elementen auf staatliche Einheite n und damit die emotionale Anreicherung des Staatsbegriffs . Im Gegensatz zum Deutschen Reich vermochte sich in Frankreich ein patria-Begriff z u halten, den der Verfasser « theokratisch » nennt . Mit der Herausbildung eines Nationalbewußtseins im fortgeschrittenen Mittelalter kam dem Wor t manches von seiner bisherigen Bedeutungsvielfalt abhanden ; mehr un d mehr wurde eine militärisch-ideologische Sinngebung herrschend .

Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Artikelgebrauches im Roma-nischen anhand ausgewählter lateinischer Rechtstexte und hagiographi-scher Werke aus der Spätantike und dem Frühmittelalter wird geleistet i n dem Werk : Maria SELIG . Die Entwicklung der Nominaldeterminanten im Spätlatein. Romanischer Sprachwandel und lateinische Schriftlichkeit . (ScriptOralia 26) . Tübingen : Narr, 1992 . IX, 238 S . — In dieser unter Lei-tung von Wolfgang Raible erarbeiteten Freiburger romanistischen Disserta-tion wird die Herausbildung des Artikels in den romanischen Volksspra-chen in subtilster Weise untersucht . Nachstehend nur ganz im Grobe n einige der Ergebnisse, die lateinischerseits von besonderem Interesse sind : Zwei Phasen lassen sich unterscheiden : In einer ersten werden die

(9)

Artikel-218

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Vorläufer hauptsächlich dazu eingesetzt, zur Erleichterung der Verständlichkeit der Sätze gewisse darin vorkommende Nominalbegriffe zu kenn -zeichnen . Dabei ist ihnen je nachdem noch eine ganz bestimmte Funktio n eigen, läuft eine bestimmte Wertigkeit mit . Später verallgemeinert sic h diese Begleitung der Nomina, während den beteiligten Artikeln die ange -stammten spezifischen Geltungen abhanden kommen . Diese zweite Phase hat sich in den lateinischen Texten wohl nur mehr selten in ausgeprägter Weise niedergeschlagen . Eine ältere Ansicht, wonach ILLE, das sich in de n meisten Gebieten der Romania in dieser Geltung behauptet hat, diese Funktion von Anfang an im wesentlichen allein wahrgenommen habe, wir d hier berichtigt : Zunächst teilte ille sich im Lateinischen mit ipse in diese Aufgabe. Dabei lassen sich in den Texten der Übergangszeit gewisse Unterschiede in der Anwendung erkennen, denen hier im einzelnen nach-gegangen wird . In bestimmten Sprachen und Dialekten dienten Fortsetzer

von ipse als bestimmter Artikel und tun es zum Teil bis heute . Überdie s

kommt ipse in zahlreichen lateinischen Texten aus unterschiedlichsten Gegenden seit etwa der Zeitenwende als Artikel-Vorläufer vor . In dem Maße, als die sprachlichen Ideale der karolingischen Bildungsreform zu m Durchbruch gelangten, trat der Gebrauch von ipse und ille in artikelartige r Anwendung zurück . Aber nicht erst daran ist das Auseinandergehen vo n lateinischer Schriftlichkeit und romanischer Mündlichkeit zu erkennen , sondern auch an gewissen anderen Erscheinungen : Die allmähliche Umla-gerung im Romanischen zuungunsten von IPSE hin zur Vorherrschaft vo n ILLE scheint in den lateinischen Texten nicht, oder nur ganz unvollständig , mit vollzogen worden zu sein . In gewissen lateinischen Texten hat sich das determinierende ipse, das im spätantiken Schriftlatein aufgekommen war, behauptet . In nachkarolingischer Zeit wurde in Textsorten, in denen ei n ausdrücklicher Rückbezug auf eine frühere Nennung einer Person ode r Sache wünschenswert war, so namentlich in den Urkunden, zunehmen d auf andere anaphorische Determinanten zurückgegriffen, so auf idem un d auf die bereits in der Spätantike üblich gewordenen metasprachlichen Aus -drücke wie suprascriptus u .ä . — dies ein Feld, auf dem sich dann die mit-telalterliche Lust an neuen Wortschöpfungen überreichlich betätigt hat ,

Angeschlossen seien Arbeiten philologischliteraturwissen -schaftlichen Charakters zu einzelnen Themen :

Begonnen sei mit einer Vorstudie zu der in Vorbereitung befindliche n Neuedition der prosaisch-dichterischen Doppelbearbeitung eines Fuldae r Abtsheiligen aus der Zeit Ludwigs des Frommen (CAND . FULD . Eigil . I . II) : Gereon BECHT-Jördens . Die Vita Aegil abbatis Fuldensis des Bru n Candidus . Ein Opus geminuin aus dem Zeitalter der anianischen Reform in biblisch-figuralem Hintergrundstil . (Fuldaer Hochschulschriften 17) . Frankfurt am Main : Verlag Josef Knecht, 1992. 48 S ., Abb . Der Verfasser

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CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

21 9 leuchtet die Hintergründe der Abfassung aus, zunächst allgemein geistes-geschichtlich, sodann im Hinblick auf die monastische Reform und auf di e besondere Krisensituation in Fulda . Er hebt die unterschiedlichen Aussa-geintentionen und Darstellungsmittel der Prosa- und der Hexameterfassun g voneinander ab .

Hinzuweisen ist sodann auf : Hartmut HOFFMANN und Rudol f POKORNY . Das Dekret des Bischofs Burchard von Worms . Textstufen , frühe Verbreitung, Vorlagen . (Monumenta Germaniae Historica : Hilfsmit-tel 12) . München: M' G' H', 1991 . 332 S ., Abb . — Ausgegangen wird vo n der Untersuchung der ältesten vier Handschriften, die alle noch aus Bur-chards eigener Schreibschule in Worms stammen und wichtige Auf-schlüsse über die Entstehung des „ Decretum " geben. Nach einem einlei-tenden Kapitel über das Wormser Skriptorium wird den einzelnen Entste-hungsstufen des Textes nachgegangen . Weitere Kapitel betreffen u. a . di e Aufnahme der fränkisch-ostdeutschen Synodalcanones aus dem Zeitrau m von 895 bis 932, sodann das Verhältnis des „ Decretum " zu der „ Collec-tio XII partium " (Freising, 2 . Viertel des 11 . Jh's, vom „ Decretum " abhängig, nicht umgekehrt) . Hierauf werden weitere frühe deutsche Hand-schriften von Burchards Werk behandelt . Beigegeben ist ein doppeltes Verzeichnis der Quellen des „ Decretum ", geordnet erstens nach desse n Büchern und Kapiteln, sodann umgekehrt, nämlich alphabetisch nach de n benützten Texten bzw. Textsammlungen. Ferner wird ein Incipitverzeich-nis der Kapitel gegeben. Ein umfangreicher Tafelteil gestattet dem Leser , sich mit den handschriftlichen Verhältnissen selber vertraut zu machen .

Mit dem Gedicht inc .

Mundus

finem

properans vergit ad occasw n

(Walther, Initia 11462), als Nachtrag in die Handschrift der „ Carmin a Burana " eingetragen (CARM. Bur . 9*), beschäftigt sich Udo KÜHNE (d. i . Udo WAWRZYNIAK, vgl . ALMA 48/49, S . 191f.) in seiner kurzen Studie: . . .

ex

opere

dicuntur Paukte . Zu

Marner CB 9* . (Beiträge zur Geschicht e der deutschen Sprache und Literatur, Tübingen, 113, 1991, S . 251-256) . Mit

Paulite

(Str . 10,2) sind die

fr•atres praedicatores

gemeint, welche — wie hier belegt wird — auch sonst oft nach Paulus, dem großen Predige r der Urkirche, benannt worden sind . Ebenfalls auf die Dominikaner bezieht sich

(fratres) maiores (9,2),

analog nach

fi•atres

minores für die

Franziska-ner . Mit Magdalen

ite

(10,1) sind die Magdalenerinnen oder Reuerinne n gemeint, Angehörige eines weiblichen Pönitentenordens .

Wir gehen über zu einigen Werken, welche den weiteren Rahmen de r Literaturgeschichte betreffen :

Bereits vor geraumer Zeit (1975) hatte Franz BRUNHÖLZL den ersten Teil einer breit angelegten literaturgeschichtlichen Darstellung vorgelegt , die nun ihre Fortsetzung findet : F . B . Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters . 2 . Band : Die Zwischenzeit vom Ausgang des

(11)

karolingi-220

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schen Zeitalters bis zur Mitte des elften Jahrhunderts . München : Fink , 1992 . 672 S . — Nach einer kurzen allgemeinen Charakterisierung de r lateinischen Literatur in dieser Zeit führt ein erster Abschnitt von der Karolingerzeit ins zehnte Jahrhundert . In einem zweiten Abschnitt wir d diese « Zwischenzeit » in den verschiedenen Regionen — Frankreich / Lothringen / Italien / Deutschland nebst Osteuropa / England mit Irland / Spanien — behandelt . Man steht — das gilt auch für diesen Band — mi t Bewunderung vor einem Werk, das von gründlicher Belesenheit, breitem Überblick, gutem Urteilsvermögen und hervorragender Darstellungsgab e zeugt, einem Werk, das nicht lediglich als Auskunftsmittel täglich sein e Dienste leistet, sondern in dem sich auch mit Genuß und Gewinn einfac h lesen läßt . Das Werk sei unzeitgemäß, ist eingewendet worden . Ja, aber dies ist es im besten Sinne des Wortes : Während heute weithin Durch-gänge durch den Stoff jeweils nach einzelnen Parametern das Bild bestim-men, widmet sich hier der Verfasser in kompetenter und verantwortungs-voller Weise der Mitte, dem Ganzen, und zwar eben so, daß sich der Ein-zelne das Ergebnis zu eigen machen kann, ohne selber zum Forscher wer-den zu müssen . Aber gerade das ist heute vonnöten und ist — unbeschade t der Verdienste von MaxMANITIUS —in diesem Bereich noch nie geleiste t worden . Daß für die Detailarbeit daneben auf weitere Auskunftsmittel zurückgegriffen werden soll, verstellt sich . Der Verfasser selber stellt uns übrigens für später einen Ergänzungsteil « Quellen und Nachweise » i n Aussicht. Man wünscht ihm für den weiteren Fortgang und den glückli-chen Abschluß dieses monumentalen Werkes Kraft und gutes Gelingen .

Von der umfassenden und eingehenden Geschichte der Biographie , welcher WalterBERSCH1N sich gewidmet hat (s . ALMA 48/49, S . 195), is t ein weiterer, starker Band erschienen : W .B. Biographie und Epochensti l im lateinischen Mittelalter . III : Karolingische Biographie, 750-920 n . Chr. (Quellen und Untersuchungen zur Lateinischen Philologie des Mittelalters 10) . Stuttgart 1991 . XII, 484 S ., Abb .

Am 10 . März 1992 ist mit Karl Langosch einer der markantesten Ver-treter der Lateinischen Philologie des Mittelalters in Deutschland, im Alte r von knapp 89 Jahren verstorben . An dieser Stelle ist auf seine letzte Buch-publikation hinzuweisen : Karl LANGOSCH, Europas Latein des Mittelal-ters. Wesen und Wirkung — Essays und Quellen . Darmstadt : Wissen-schaftliche Buchgesellschaft, 1990 . 171 S ., Abb . Der erste Teil enthält vier Studien im Nachgang zu seinem Buch „ Mittellatein und Europa " (siehe ALMA 48/49, S . 195f.), überschrieben mit : „ Das Mittellatein und di e Anfänge der europäischen Buchliteraturen ", „ Die Vatersprache ", „ Di e Originalität " und „ Die Wirkung auf die Volkssprachen " . Der umfangrei-chere zweite Teil vereinigt in Form einer Anthologie vier Texte bzw . Text-stücke in lateinischer Fassung und in parallel gedruckter deutscher

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Nach-CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

22 1 dichtung, nämlich GALTER . CASTIL. Alex. 10, 1-454 (Rückkehr und End e Alexanders), NIVARD . Ysengr. 7, 1-442 (Tod des Wolfes), ARCHIPOETA 5 („ Vision ") und GAUFRID . MONEM . hist. 8, 19-11, 2 (zur Artussage [in Auswahl]) . Es sind jeweils eine knappe Einleitung sowie Anmerkunge n beigegeben.

Nunmehr der Hinweis auf ein Repertorium : Im Rahmen des Son-derforschungsbereiches „ Träger, Felder, Formen pragmatischer Schrift-lichkeit im Mittelalter " (vgl . ALMA 50, S . 142f.) ist die Erarbeitung eine s höchst schätzenswerten Nachschlagewerkes zur Geschichte präskriptive r Sprachpraxis im lateinischen Mittelalter in Angriff genommen worden : Repertorium der Artes dictandi des Mittelalters. Teil I : Von den Anfänge n bis um 1200. Von Franz Josef WORSTBROCK, Monika KLAEs und Jutta LOTTEN . (Münstersche Mittelalter-Schriften 66) . München : Fink, 1992 . XXIV, 183 S . Gegliedert wird zunächst nach Lehrschriften mit bekannte m Autor, nach solchen, die anonym überliefert sind, und nach Fragmenten , innerhalb davon je alphabetisch. In der ersten Gruppe finden wir bekannte Namen wie Adalbertus Samaritanus, Alberich von Montecassino, Peter von Blois und manchen anderen, in der zweiten etwa die „ Aurea gemma Gal-lica ", die Halberstädter Ars dictandi und viele weitere, meist nach ihre m Incipit gekennzeichnete Texte. Die einzelnen Artikel sind nach einem gleichbleibenden Schema aufgebaut : Ein Kopfteil enthält Incipit und Explicit, eine kurze Charakterisierung des Textes, summarische Hinweis e zu Zeit und Ort seines Entstehens . Es folgen bibliographische Angaben , sodann eine ausführlichere Textbeschreibung, u . a. betreffend Inhâlt, Auf-bau, Entstehensumstände, Quellenbenutzung und Wirkungsgeschichte . Unter der Rubrik „ Überlieferung " werden die einzelnen Handschriften , welche den Text enthalten, ihrem jeweiligen Gesamtinhalt nach beschrie -ben . Die Artikel werden durch Register gut erschlossen .

Ferner sind einige Sammelwerke zu erwähnen, von denen jeweil s mehrere Beiträge in unseren Gegenstandsbereich fallen :

Ein verdienter Kirchenhistoriker (und der Quellenforschung zugewand-ter Allgemeinhistoriker) wird geehrt mit : Aus Archiven und Bibliotheken . Festschrift für Raymund Kottje zum 65 . Geburtstag. Herausgegeben vo n Hubert MORDEK . (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 3) . Frankfurt am Main : Lang, 1992 . XI, 658 S ., Abb . — Von den 34 Beiträgen betreffen die meisten die kirchliche oder die weltliche Rechtsgeschichte . Nur wenige von ihnen können hier einzeln erwähnt werden : Eugen EwIG . Markulfs Formular „ De privilegio " und die merowingischen Bischofspri-vilegien (S . 51-69) . [Betrifft FoRM . Marculfi 1, 1 .] — Hubert MORDEK / Roger E . REYNOLDS . Bischof Leodegar und das Konzil von Autun (S . 71 -92) . [Besprechung und erste kritische Edition eines um 670 in Autun abge-haltenen Konzils .] — Letha BÖHRINGER . Zwei Fragmente der römischen

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222

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Synode von 769 im Codex London, British Library, Add. 16413 (S . 93 -105) . [Betrifft CONC . Karol . 14, Bd . 2, S . 86f. ; mit Edition.] — Diete r SCHALLER . Briefgedichte als Zeitzeugen : Theodulfs Sturz 817/818 (S . 107 -119) . [Aus Andeutungen in gewissen Gedichten Th's fällt neues Licht au f die Gründe für sein Lebensende in Klosterhaft .] — Martina STRATMANN .

De niinistris Renzensis ecclesiae .

Eine Schrift Ebos von Reims zur Diöze-sanverwaltung (S . 121-135) . [Betrifft Text wohl etwa v . J. 816, mit Edi-tion.] — Rudolf SCHIEFFER. Der

Pittaciolus

Hinkmars von Laon in einer Salzburger Handschrift aus Köln (S . 137-147) . [Mit Edition einiger sons t unbekannter Capitula wohl aus karolingischen Kapitularien .] — Reinhold HAGGENMOLLER . Zur Rezeption der Beda und Egbert zugeschriebenen Bußbücher (S . 149-159) . — Franz KERFF. Das

Paenitentiale

Pseudo-Gre-gorii.

Eine kritische Edition (S . 161-188). [Betrifft den Text PL 89, Sp . 587ff ] — Ludger KÖRNTGEN . Ein italienisches Bußbuch und seine fränki-schen Quellen. Das anonyme Paenitentiale der Handschrift Vatikan, Arch . S . Pietro H 58 (S . 189-205) . [Mit Incipit-Explicit-Edition und Quellen-nachweisen .] — Georg KREUZER . Zur Ernennung eines Notars durch einen Hofpfalzgrafen (S . 413-419). [Mit Edition einer Urkunde von etwa 1378 . ] — Michael F . FELDKAMP . Die Amtsbezeichnung des bischöflichen Stell-vertreters an der Kurie zu Osnabrück (S . 459- 476) . [Betrifft

officialis,

vicarius,

vice

gerens,

auditor,

conunissarius

(mit präzisierenden Zusät-zen) ]

Vor allem in Köln, wo sie ihre Grabstätte gefunden hat, wurde 199 1 das tausendeste Todesjahr der Kaiserin Theophanu begangen . Im Zusam-menhang damit steht das folgende reichhaltige und prächtig ausgestattet e Werk : Kaiserin Theophanu . Begegnung des Ostens und Westens um di e Wende des ersten Jahrtausends . Gedenkschrift des Kölner Schnütgen -Museums zum 1000 . Todesjahr der Kaiserin. Herausgegeben von Anton VON Euw und Peter SCHREINER . 2 Bde . Köln 1991 . Das Werk enthält 54 Beiträge, die in acht Hauptabschnitte zusammengefaßt sind . Die Rede ist zunächst von der Bedeutung Kölns im 10 ./11 . Jh., dann vorn griechisch -lateinischen Mittelalter allgemein, von Kartographie und Reiseberichten , sodann von der byzantinischen Geisteswelt zur Zeit der makedonischen Dynastie . Theophanu wird gesehen als Prinzessin und Kaiserin, sodann al s Frau und Regentin . Weitere Abschnitte sind der Verwandtschaft und Nach-kommenschaft des ottonischen Kaiserhauses sowie dem Nachleben de r Kaiserin gewidmet .

Die Mehrzahl der Beiträge gehört der allgemeinen, der Kultur- und de r Kunstgeschichte an . An literaturgeschichtlichen Arbeiten seien die folgen -den erwähnt : Odilo ENGELS . Ruotgers

Vita Brunonis

(1,

S . 33-46) . —

Heribert MOLLER . Die

Vita

sancii

Heriberti

des Lantbert von Lüttich (1 , S . 47-58) (Betrifft LAMB . TUIT . Herib .) . — Carl August LUCKERATH . Die

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CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

22 3 Kölner Erzbischöfe von Bruno I. bis Hermann II . in Annalen und Chroni-ken (1, S . 59-70) . — Heinz Erich STIENE. Kölner Heiligenlegenden im 10 . und 11 . Jahrhundert (1, S . 125-135) . (Betrifft PASS. Ursulae, TRANSL . Albini, STEPH . COL. Maurin ., PASS . Ger . Col .) — Gudrun SPORBECK. Frou-mund von Tegernsee (um 960-1006/12) als Literat und Lehrer (1, S . 369-378) . — Uta LINDGREN . Gerbert von Reims und die Lehre des Quadri-viums (2, S . 291-303) . Allen diesen Beiträgen sind Illustrationen beigege-ben .

Etwas genauer sei eingegangen auf : Peter ChristianJACOBSEN . Lateini-sche Dichtung in Köln im 10. und 11 . Jahrhundert (1, S . 173-189, 9 Abb .). Ausgehend von einzelnen Kölner Erzbischöfen (vor allem Brun und Heri-bert) mustert der Vf. die mit Köln in Zusammenhang stehenden dichteri-schen Produktionen der Zeit : vorwiegend kurze Stücke, die teils ein e bestimmte Person betreffen oder einzelnen Handschriften beigegeben sind . Unter anderem kommen zur Sprache :

- das Gedicht

Scribere

qui tibi

digna putat

(Schaller / Könsgen, Initi a 14782), das kaum von Brun von Köln stammt (vgl . ALMA 48/49, S . 202) , — die Kölner Überlieferung der Werke Hrotsvits und die Frage nach de n

sapientes huius

libri

fautores,

— das Figurengedicht Uffings von Werden, in welchem Bitten für (wel-chen ?) Otto und den (Erz)Bischof von Köln geäußert werden (Schaller / Könsgen, Initia 642, vgl . ALMA 48/49, S . 190) ,

— die hexametrischen Tituli in Handschriften der ottonischen Kölne r Malschule, u.a . zu der

Maiestas

Domini,

zu

Hieronymus und den vier Evangelisten (mit Neuedition im Anhang), einschließlich derjenigen i m Mailänder Evangeliar von ca . 996/1002 ,

— liturgische Dichtungen auf den als Heiligen verehrten Erzbischof Her-ibert,

— eine Gruppe von Gedichten aus St. Avold bei Metz.

Der Gelehrte und Schulmann Dietrich ENGELHUS (um 1362-1434) hat , nebst einer Weltchronik und geistlichen Schriften, mit dem „ Vocabularius quadriidiomaticus " ein viersprachiges Wörterbuch (lateinisch / grie-chisch / hebräisch / deutsch) und mit dem „ Promptus " ein Sachlexiko n

geschaffen . 1989 fand an seinem Geburtsort Einbeck (Niedersachsen) ein e ihm gewidmete Tagung statt ; hierauf geht zurück : Dietrich Engelhus. Bei -träge zu Leben und Werk . Herausgegeben von VolkerHONEMANN.(Mittel -deutsche Forschungen 104) . Köln : Böhlau, 1991 . VI, 240 S . — Eingangs (S . 1-9) legt der Herausgeber des Bandes lateinische Texte zum Leben de s Gelehrten vor . Helge STEENWEG steuert (S . 11-29) Beiträge zu seiner Bio-graphie bei, Martin KINZINGER (S . 31-48) Überlegungen zur Institutionen-geschichte des Schulwesens im Spätmittelalter . Dem Psalmenkommentar

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224

PETER STOT Z

von Engeihus sind die Beiträge von Christine WULF (S . 49-65) und Fidel RADLE (S . 67-94) gewidmet . Udo KÜHNE befaßt sich (S . 95-108) au s Anlaß seiner neulich aufgefundenen „ Biblia metrica " allgemeiner mi t spätmittelalterlichen Zusammenfassungen der Bibel in Versform . Abgese-hen von hier weniger einschlägigen Beiträgen handelt Robert DAMME (S . 167-178) über den „ Vocabularius " und Nikolaus HENKEL (S . 179-202 ) sowie Volker HONEMANN (S . 203-236) über den „ Promptus " (hiervon j e Textproben) .

Mit dem weiter oben erwähnten Sonderforschungsbereich stehen auc h die folgenden Tagungsakten im Zusammenhang : Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter . Erscheinungsformen und Entwicklungsstufen . Heraus -gegeben von Hagen KELLER, Klaus GRUBMÜLLER und Nikolaus STAU-BACH . (Akten des Internationalen Kolloquiums, 17 .-19 . Mai 1989) . (Mün-stersche Mittelalter-Schriften 65) . München: Fink, 1992 . VII, 304 S ., Abb. Aus den vierzehn Beiträgen seien die folgenden herausgegriffen : Klau s SCHREINER . Verschriftlichung als Faktor monastischer Reform . Funktionen von Sehriftlichkeit im Ordenswesen des hohen und späten Mittelalters (S . 37-75) . — Gerd ALTHOFF / Stephanie CouÉ . Pragmatische Geschichtsschreibung und Krisen : I . Zur Funktion von Brunos Buch vom Sachsen -krieg ; II . Der Mord an Karl dem Guten (1127) und die Werke Galberts vo n Brügge und Walters von Thérouanne (S. 95-129) . [Betrifft BRUNO MAGD . bell . und GALE . Karol . bzw . WALTH .TER . Karol .] — Franz Josef WORST-BROCK. Die Frühzeit der Ars dictandi in Frankreich (S . 131-156) . [Mi t einem Verzeichnis französischer Arles dictandi des 12 . Jh's .] — Christe l MEIER . Vom homo coelestis zum homo faber . Die Reorganisation der mit-telalterlichen Enzyklopädie für neue Gebrauchsfunktionen bei Vinzenz vo n Beauvais undBrunetto Latini (S . 157-175, Abb . 1) . — Ulrike BODEMANN / Klaus GRUBMÜLLER . Schriftliche Anleitung zu mündlicher Kommunika-tion : die Schülergesprächsbüchlein des späten Mittelalters (S . 177-193) . [Mit einer Zusammenstellung der einschlägigen Texte und ihrer hand-schriftlichen Überlieferung . ]

Zur Situierung des mittelalterlichen Lateins gehört nicht nur die Unter-suchung der Formen, in denen dieses im einzelnen auftritt, sondern, zuma l für die zweite Hälfte des Mittelalters, auch diejenige der Bedingungen sei-ner Anwendung im Verhältnis zu den inzwischen voll schriftfähig gewor-denen Volkssprachen . Von dem Ineinanderwirken von Latein und Deutsc h handelt unter mannigfachen Aspekten : Latein und Volkssprache im deut-schen Mittelalter, 1100-1500 . Regensburger Colloquium 1988 . Herausge-geben von Nikolaus HENKEL und Nigel F . PALMER . Tübingen : Niemeyer, 1992 . IX, 402 S ., Abb . Von den 22 Beiträgen können hier nur wenige

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CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

225 genannt werden: Einleitend (S . 1-18) erstatten die beiden Herausgebe r einen Forschungsbericht zu dem Themenbereich. Ernst HELLGARD T bespricht (S . 19-31) lateinisch-deutsche Textensembles in Handschrifte n des 12 . Jh's . ; unter anderm handelt er von Williram von Ebersberg un d Notker dem Deutschen . Peter OCHSENBEIN erörtert (S . 42-51) den Grad der Lateinkenntnisse in oberrheinischen Dominikanerinnenklöstern des Spät-mittelalters . In ihrem Aufsatz über „ das althochdeutsche Lied , Hirsch un d Hinde in seiner lateinischen Umgebung " (S . 74-122) behandelt Ute SCHWAB nebenher auch die wegen ihrer frühmittelalterlichen Rhythme n bedeutsame Hs . Bruxelles Bibl . royale 8860-8867, die darin befindliche n Antiphonen auf den heiligen Otmar von St. Gallen und ferner das rhythmi-sche Gedicht auf Petrus, inc . Solve, lingua, moras (Schaller / Könsgen, Ini-tia 15515), je mit Edition . HartmutFREYTAG berührt in seiner Erörterung von Antonomasie im „ Gregorius " Hartmanns von Aue (S . 142-157) auch die Fassung Arnolds von Lübeck (vgl . ALMA 48/49, S . 207f.) . Ebenfalls um eine lateinische Version eines zunächst deutsch gestalteten Stoffes geh t es in dem Beitrag von Paul Gerhard SCHMIDT (S . 158-163) zu einer der beiden lateinischen Prosafassungen (Fassung C) der Herzog Ernst-Sage , deren Neuedition er vorbereitet . (Zu der lateinischen Versfassung vgl . ALMA 50, S . 158f.) Unter anderen führt er Beispiele an für vermeintlic h auf Volkssprachen (Anglonormannisch, Mittelhochdeutsch) zurückgehende Sprachzüge in lateinischen Texten, die in Wirklichkeit auf der Vulgata beruhen . Ursula HENNIG vergleicht (S . 164-177) die Sequenz Planctu s

ante nescia Gotfrids von St-Victor(CARM . Bur,14*) mit deutschsprachige n Marienklagen . Hartmut BECKERSbespricht (S . 209-222) eine aus dem 15 . Jh . stammende kölnisch-ripuarische Fassung des Hohelied-Kommentar s Willirams von Ebersberg . JuttaFLIEGEmacht (S . 223-232) auf eine lateini-sche Fassung der Legende von Zeno oder den Heiligen Drei Königen auf-merksam (mit einer Textprobe) : eine Fassung, welche die Rückübersetzung eines ostfälischen Spielmannsgedichtes sein dürfte . Klaus KIRCHERT han-delt (S . 296-309) von den „ Termini iuristarum ", einer Sammlung latei-nisch-deutscher Merkverse zur Befestigung der lateinischen Wortkenntnisse . Einem verwandten Thema, nämlich den Merkversen in lateinisch -deutschen Vokabularen, geht (S . 337-350) Dorothea KLEIN nach. Ulrike BODEMANN präsentiert (S . 351-359) ein Projekt innerhalb des bereit s genannten Sonderforschungsbereiches „ Träger, Felder, Formen pragmati-scher Schriftlichkeit im Mittelalter ", nämlich die Untersuchung spätmitte-lalterlicher Kommentare zu grammatischen Schriften, dies am Beispiel de s „ Speculum grammaticae " von Hugo (und Conrad) Spechtshart und de n „ Flores grammaticae " des Ludolfus de Luco .

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226

PETER STOT Z

Und nun ein Blick auf einschlägige Zeitschriften :

Vor kurzem neu begründet worden ist : MEDIAEVISTIK, International e Zeitschrift für interdisziplinäre Mittelalterforschung . . . Frankfurt am Main : Peter Lang, 1 (1988) — . Sie will vor allem dem Zwecke dienen, interdiszi-plinär erarbeitete Studien bekanntzumachen . Der zeitliche Rahmen er-streckt sich vom 5 . zum 16 . Jahrhundert, der räumliche über das ganze Gebiet der lateinischen Christenheit in seiner hochmittelalterlichen Aus-dehnung . Beiträge in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch sin d willkommen . Schriftleiter ist der in Salzburg lehrende Peter DINZELBA-CHER, bekanntgeworden u .a . durch seine Arbeiten auf dem Gebiete de r Jenseitsvisionen. Durch Aufsätze sind in den ersten Bänden vertreten u .a. Sozialgeschichte, Kunstgeschichte und mittelalterliche Archäologie, di e Literaturwissenschaften der verschiedenen volkssprachlichen Literature n sowie komparatistischer Ausrichtung, Motivforschung und Volkskunde. Der Anteil dessen, was näherhin der lateinischen Sprache und Literatur de s Mittelalters zugehört, ist zwar insgesamt nicht sonderlich groß, immerhin enthält bereits der erste Band die reich kommentierte Erstedition eine s Visionsberichtes vom Ende des 12 . Jh's : Robert EASTING / Richard SHARPE (edd .) . Peter of Cornwall . The visions of Ailsi and his sons (S . 207-262), außerdem einen Aufsatz über Gregor von Tours : Jochen ZWICK . Zur Form und Funktion übernatürlicher Kommunikationsweisen in der Frankengeschichte des G' v' T' (S . 193-206) . Im 3 . Band (1990) ist die-sem Autor ein Aufsatz von Giselle DE Nm gewidmet : A broken lamp o r the effluence of holy power? Common sense and belief-reality in Gregory of Tours' own experience (S . 269-279) . In demselben Band findet sich fer-ner ein umfangreicher Aufsatz über Otto von Freising von Elisabet h MÉGIER :

Tarnquam

lux

post terebras,

oder : Ottos von Freising Weg vo n der Chronik zu den Gesta Friderici (S . 131-267) . Jedem Band ist ein e große Zahl von Buchbesprechungen beigegeben, dazu je nachdem auc h Ankündigungen, Berichte, Mitteilungen und dergleichen .

VOMMITTELLATEINISCHEN JAHRBUCHsind in der Berichtszeit als Dop -pelband 24/25 die Akten des Heidelberger Kongresses von 1988 erschie-nen (s . die Einzelbesprechung weiter unten) . Aus dem regulären Band 2 6 (1991) seien in diesem Rahmen die folgenden Beiträge besonder s erwärmt : Brigitta STOLL . Drei karolingische Matthäus-Kommentare (Clau-dius von Turin, Hrabanus Maurus, Ps . Beda) und ihre Quellen zur Bergpre-digt (S . 36-55) . — Mark GUSCIN . „Versus de Iacob et Ioseph " . A reas-sessment of the Verona Codex (S . 56-69) . [Betrifft Tercio

in

flore

mundus

(RHYTHM . 4, Schaller / Könsgen, Initia 16306 . Mit Neuedition .] — Pete r STOTZ . Ein bisher ungedrucktes sapphisches Liebesgedicht in der Londo-ner Horazhandschrift der Jahrtausendwende aus dem Besitz des Nikolau s von Kues (S . 85-102) . [Inc .

Flante

cum terrain

Zephiro solutam .

Mit

(18)

Edi-CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

22 7

tion und Übersetzung .] — Jan M . ZIOLKOWSII . Eupolemiana (S . 117-132) . [Beträchtliche Anzahl von Textbesserungen und Interpretationshilfen zu m „ Eupolemius " .] — Danuta R . SHANZER . Parturition through the nostrils ? Thirty-three textual problems in Alan of Lille's ,, De planctu nature " (S . 140-149) . — Terence O . TUNBERG . The Latinity of Lorenzo Valla's Let-ters (S . 150-185) . — Dazu treten Aufsätze mehr literaturgeschichtlichen Charakters von Alexandra CIZEK, Robert LEVINE, Carolinne WHITE und Pere J . QUETGLAS . — Der Band enthält ferner rund sechzig Buchbespre-chungen, dazu einige Forschungsmitteilungen . Einzeln erwähnt sei die von Wilken ENGELBRECHT vorbereitete Erstedition der „ Bursarii Ovidianorum ", eines um 1200 von einem Wilhelm von Orléans verfaßten Ovid -Kommentars (S . 357f.) . Der Band wird eröffnet mit einer Würdigung von Bernhard Bischoff, der 1991 verstorben ist, aus der Feder von Franz BRUNHÖLZL .

Aus dem Band 47 (1991) desDEUTSCHEN ARCHIVS FÜR ERFORSCHUN G DES MITTELALTERS (DA) seien folgende Beiträge herausgegriffen : Harald WILLJUNG . Zur Überlieferung der „ Epistola de processione Spiritus sanctì " Smaragds von Saint- Mihiel (S . 161-166) . — Bruce C . BRASING-TON . Zur Rezeption des Prologs Ivos von Chartres in Süddeutschland (S . 167-174) . — Jürgen MIETHKE . Der Abschluß der kritischen Ausgabe vo n Ockhams akademischen Schriften (S . 175-185) . — Walter KOLLER . Stu-dien zur Überlieferung der Chronik des Saba Malaspina (S . 441-507) . [Mit dieser ausgedehnten Studie wird die Edition dieses Textes in den MG H vorbereitet. Sie umfaßt die Abschnitte I : Handschriften und Textüberliefe-rung (u .a . mit vielen Angaben zu graphischen Besonderheiten), und II : Beziehungen zwischen den Handschriften . Nur ein ganz kurzer Abschnitt ist in allen drei Textzeugen enthalten ; dieser wird hier (S . 482-486) vorab ediert . ]

Aus dem 25 ., 1991 erschienenen Band der FRÜHMITTELALTERLICHEN STUDIEN seien hier folgende Beiträge erwähnt : ChristianGNILKA . Pruden-tius über die Statue der Victoria im Senat (S . 1-44, Tafel I) . [Betrifft PRVD . C . Symm. 2, 1-66 .] — Theodore JohnRIVERS .The manorial system in the light of „ Lex Baiuvariorum " I, 13 (S . 89-95) . — Karl SCHMID . Vo n den

fr•atres conscripti

in Ekkeharts St . Galler Klostergeschichten (S . 109 -122) . — Wolfgang Christian SCHNEIDER .Die

Generatio inlperatoris

in der

Generatio Christi .

Ein Motiv der Herrschaftstheologie Ottos III . in Trierer, Kölner und Echternacher Handschriften (S . 226-258, Tafeln XVI-XXIV) . — GerdALTHOFF .

Huld.

Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittel-alterlichen Herrschaftsordnung (S . 259-282) . [Betrifft lateinischerseits vo r allem gratia .] — PeterVONMoos . Zwischen Scluiftlichkeit und Mündlich-keit : Dialogische Interaktion im lateinischen Hochmittelalter (Vorstellun g des neuen Teilprojekts H im SFB 231) (S . 300-314) . — Heinz MEYER .

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228

PETER STOT Z

Ordo

rerum und Registerhilfen in mittelalterlichen

Enzyklopädiehand-schriften (S . 315-339) . — Dein Sonderforschungsbereich 231, „ Träger , Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit " (s . weiter oben) gehöre n noch weitere, hier übergangene Beiträge an ; S . 462-466 wird über dies e Unternehmen insgesamt kurz Bericht erstattet .

Unter den Beiträgen des Bandes 26, 1992, ist hier zu erwähnen : Flo-rent CYGLER.

Conrpilatio diffinitionum capituli generalis Cluniacensis .

Le manuscrit nouv . acq. lat . 2263 de la Bibliothèque nationale de Paris : écri t préparatoire aux statuts de Jean II de Damas-Cosans, abbé de Cluny (1399) (S . 389-439, S . 406-439 : Annexe : Édition) . — Auch hier finden sich zum Schluß (S . 440-471) Arbeitsberichte aus dem genannten Sonderforschungs-bereich .

Zürich

PeterSTOT Z

Lateinische Kultur im X Jahrhundert. Akten des I. Internationalen

Mittel-lateinerkongresses, Heidelberg, 12.-15. IX 1988. Herausgegeben von

Walter

BERSCHIN . (Mittellateinisches Jahrbuch 24/25, Jahrgang 1989/1990) . Stuttgart 1991 . XI, 619 S ., Abb .

Erstmals ist im Herbst 1988 in Heidelberg ein Kongreß veranstalte t worden, welcher als ganzer ausschließlich der Lateinischen Philologie de s Mittelalters gewidmet war. In nicht zu großen Abständen sollen nun regeI -mäßig solche Zusammenkünfte stattfinden, so zunächst im Herbst 1993 in Florenz . Die Tagung, von dem wohl alle Teilnehmer starke Impulse mi t sich genommen haben, zeigte innerhalb eines fest umgrenzten themati-schen Rahmens, wie vielfältig die Forschungsinteressen und Arbeitsmetho-den in unserer Disziplin heute sind . In dem folgenArbeitsmetho-den Überblick ist der nicht ganz leichte Versuch unternommen, die Beiträge nach einzelnen The-menkreisen zu bündeln .

BirgerMUNK OLSEN präsentiert (S . 341-347) eine Statistik zur Zahl de r aus dem 10 . Jh . erhaltenen Handschriften der einzelnen Klassiker im Ver -gleich zum 9 . Jh . und kommentiert einige Ergebnisse . Mit berücksichtigt werden die Angaben über den Lektürekanon der Schule Gerberts in Reim s und diejenigen bei Walther von Speyer . Man erfährt Genaueres über di e Überlieferung u.a . von Horaz, die „ Ilias Latina ", die beiden Epen des Sta-tius und von Livius .

Auf seiner gründlichen Kenntnis der Überlieferung aufbauend, beleuch-tet Louis HoLTZ (S . 163-173) verschiedene Aspekte der Aneignung de r antiken Grammatikerschriften im (9 . und) 10 . Jh ., vor allein derjenige n Donats und Priscians . Hervorgehoben wird die Zweiteilung von Priscian s „Institutiones " in den

Priscianus maior

(Bücher 1-16) und den

Pr.

(20)

CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

22 9

minor : die ihrem Inhalt (Satzbau) nach neuartigen (und schwerer zu

verar-beitenden) Bücher 17 und 18 . Das anspruchsvolle Werk konnte erst all-mählich, und mit regionalen Unterschieden, der vollen Nutzung im Unter-richt zugeführt werden.

Ursula WINTERwirft (S . 553-558) einen Blick auf Werke des 10 . Jh's , deren Vorhandensein an bestimmten Orten durch Bibliothekskataloge aus-gewiesen ist. Anschließend geht sie auf zwei Fälle aus ihrer eigenen Arbei t näher ein : zunächst auf einen Katalog, zu dem heute die Bücher fehlen — Berlin, Staatsbibl . Phill . 1657, Chelles, 9 . Jh . --- und auf Überreste eine s Bücherbestandes, zu dem nicht nur ein Katalog, sondern auch sonst jed e Nachricht fehlt, nämlich denjenigen des 961 gegründeten Kanonissenstifte s Gernrode, von dem man in Bucheinbänden Fragmente zahlreicher Hand-schriften aufgefunden hat .

Mirella FERRARI widmet sich (S . 105-115) der Wanderung von Hand-schriften zwischen der Lombardei und Deutschland. Teils durch Raub, teils durch Schenkungen — namentlich solche an Otto III . — sind zahlreiche Manuskripte aus Italien nach dem Norden gelangt . Auf einige heute i n Bamberg liegende Codices wird näher eingegangen. Auch von Schriftstel-lern, die nach dein Norden abgewandert sind, wird gesprochen (Liudprand , Gunzo) . Eine besonders aktive Rolle übte Mailand unter Erzbischo f Arnulf II . aus. Deutschland bezog aus Italien mit der römischen Geschicht e die antike Kaiseridee, während (Nord-)Italien aus Deutschland das zeitge-nössische Herrscherbild übernahm, dies u.a. in Form des Pontifical e

Romano-Germanicum mit seinem Krönungsordo .

Margaret GIBSON geht (S . 117-124) der Verbreitung der Werke de s Boethius im 10 . M. nach . Seine Texte zum Quadrivium wurden wohl gele-sen, scheinen aber nicht zu Schultexten geworden zu sein . Dagegen waren die logischen und rhetorischen Schriften, oft begleitet von Kommentaren , in der Schule in regem Gebrauch . Die Opuscula sacra wurden bereits i m 8 ./9 . Jh. aus theologischem Interesse gelesen; Kommentare zu ihnen zeu-gen von ihrem Gebrauch im Unterricht . Zur „ Philosophiae consolatio " dürften zwar zwei Kommentare noch auf das 9 . Jh . zurückgehen . Di e Schrift — welche vom Standpunkt enger Rechtgläubigkeit aus gewiss e Risiken bot, doch recht vielseitig verwendbar war — kam allerdings ers t im 10 . Jh . so richtig in Gebrauch .

Pierre RicHE zeichnet (S . 413-421) ein Bild des Schulwesens im 10 . Jh. Dabei geht er auf die spezifischen Bedingungen der Kloster-, der Kathe-dral- und der Pfarrschulen ein, wozu da und dort noch Privatunterricht tritt. Weitere Themen sind die Benennungen des Lehrers und dessen Arbeits-und Lebensbedingungen . Der zweite Teil des Beitrags ist Gerbert vo n Reims gewidmet: seinem Studienprogramm, seiner Unterrichtsmethode , seinen sonstigen wissenschaftlichen Aktivitäten sowie seiner Schülerschaft .

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PETER STOT Z

Guy LOBRICHON entwirft (S . 277-294) ein Bild des äußeren und de s

geistigen Lebens an zwei geistlichen Zentren des nördlichen Burgund , nämlich dem Erzbischofssitz Sens und dem Bischofssitz Auxerre . Die Rede ist von Rivalitäten zwischen Mönchs- und Klerikergemeinschaften i n der nämlichen Stadt, vorn Wechselspiel zwischen den weltlichen Mächten und dem Episkopat, von Versuchen, dem eigenen Sitz Ansehen zu ver-schaffen, etwa durch Abfassung von „ Gesta episcoporum " (Auxerre) oder durch Umformung alter Bischofsviten im Sinne eines Apostolizitätsanspru-ches (Sens) . Auf dem Hintergrund des spannungsreichen Hin und Her de s äußeren Lebens wird die Herstellung von Handschriften und von — größe-renteils eher unscheinbaren — Texten behandelt . Hervorgehoben wird die umfangreiche Buchproduktion im Kloster St-Germain in Auxerre. Anhangsweise wird ein vorläufiger Versuch einer Rekonstruktion der Bestände der alten geistlichen Bibliotheken der beiden Städte geboten , nach heute noch vorhandenen, jedoch in alle Winde zerstreuten Hand-schriften .

Nach einer allgemeinen Einführung in die Geschichte des Klosters Ech-ternach beschäftigt sich Jean-Claude MULLER (S . 319-340) mit dem

dorti-gen Skriptorium und der Bibliothek. Die Zeit, während welcher das Klo-ster als Kanonikerstift geführt wurde (9 . Jh . bis zur Reform i . J . 973) is t in dieser Hinsicht nicht so dunkel, wie man ihr später nachsagte : Augen-scheinlich datieren etliche Handschriften aus diesen 125 Jahren . Manche Blattfolge oder Einzelseite in ehemaligen Echternacher Codices hat sich i n neuerer Zeit als Palimpsest erwiesen ; nicht alle davon sind lesbar . Beige-geben ist eine Liste von solchen in heute in der Pariser Nationalbibliothe k liegenden Manuskripten und sind ferner vier Tafeln nach Aufnahmen unte r Ultraviolettlicht .

Über die Benützung der Tragödien Senecas durch Eugenius Vulgariu s handelt (S . 383-391) Stefano PITTALUGA . Er stellt die bisherige Annahm e

in Frage, die Zitate und Anspielungen gingen auf eine Handschrift de r Familie E zurück . Weiter vermutet er, daß Eugenius die Tragödien al s

ganze gekannt habe . Er selber habe nutzbare Stellen vorgängig zu eine m motivischen Repertorium geordnet . Der Adressat, Papst Sergius III ., habe die Anführungen aus Seneca als solche nicht erkennen und in ihre m gewollt doppelbödigen Charakter nicht werten können . Doch hätten Ken-ner der Tragödien im Raume Neapel / Montecassino die Intentionen de s Eugenius zu durchschauen vermocht .

Paolo CHIESA widmet sich (S . 67-86) der Schule von Übersetzer n hagiographischer Texte, die in Neapel vom Ausgang des 9 . Jh's bis zur Mitte des 10 . Jh's, somit zwischen Anastasius Bibliothecarius und de m Archipresbyter Leo, am Werke war . Zumal in den fortgeschrittenen Ent-wicklungsphasen, verkörpert durch Johannes Diaconus und Petrus

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Subdia-CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

23 1

conus, wurden die griechischen Vorlagen nicht wörtlich übersetzt, sondern teils recht weitgehend umgestaltet . Näher besprochen werden die Bearbei-tung der „ Passio Theodori " und der „Passio Blasii " durch den Subdia-kon Bonito sowie diejenige der ,, Miracula Cosmae et Damiani " durc h Cicinnio ; letztere werden anhangsweise ediert . (S . 76 wird

Dardanus

al s angebliche Bezeichnung eines Falben [Pferdes von gelblich-brauner Farbe ] besprochen . )

Mit der lateinischen Fassung des Alexanderromans Leos von Neapel beschäftigt sich Dennis M . KRATZ (S . 225-234) hauptsächlich unter über-setzungstheoretischen Aspekten, dies im Kraftfeld der Pole

verbum pr o

verbo

/ sensum de

sensu bzw . mit den — in der literarischen Produktio n

allgemeiner gültigen — Leitbegriffen imitatio /

aemulatio .

Darüber, daß der Archipresbyter eine Alexander in den Mund gelegte hintersinnig e Zweideutigkeit in der Zielsprache nicht nachzubilden versteht, und demzu-folge die Szene etwas umgestaltet, wird recht ungünstig geurteilt . Über-haupt wird Leos Arbeit — immerhin eine Pionierleistung in ihrer Art — mit raschen Worten als äußerst mangelhaft eingestuft.

José E . LOPEZ PEREIRA charakterisiert (S . 295-310) die Asturischen Chroniken (Prophetische Chr ., Chr . von Albelda, Chr. Alfons' III .) nach dem in ihnen zutage tretenden Kontinuitätsstreben und andererseits nac h darin vorkommenden Neuerungen . Der asturisehe Hof, mit der in seine m Bereich wieder neu erstandenen literarischen Produktion, sucht allenthalben, im Sachlichen wie auch im SprachlichStilistischen, am Westgoten -reich und an dessen Historiographie anzuknüpfen, doch auch an der Moz-arabischen Chronik v . J . 754. Näher ins Auge gefaßt werden (nebst ande-rem) gewisse früher unterlaufene Fehlinterpretationen von Textstellen , wird die Sprache der aufgereihten schematischen Herrscherbiographie n und wird sodann die Stilisierung einzelner Szenen nach biblischen und hagiographischen Formulierungsmustern . Im weitem werden einige lexika-lische Besonderheiten besprochen .

Innerhalb der im Ganzen eher ärmlichen literarischen Produktion de r Iberischen Halbinsel im 10 . Jh. greift Manuel C . DIAZYDfAZ (S . 95-104 ) aus Texten (bzw. Textstücken), die literarisch besonders stilisiert sin d (Gedichten, Widmungsbriefen, Prologen u . lexikalische Besonderheite n auf, welche die Autoren oft zum Zwecke des Schmuckes verwendet haben . Er nennt eine große Zahl griechischer Wörter. Bei den selteneren unter ihnen geht er der Herkunft bzw . den Vermittlungswegen nach ; nur wenig e scheinen Glossaren entnommen zu sein. Der häufige Gebrauch von Graec a läßt die Fortdauer einer aus der Westgotenzeit bekannten Stilhaltung erkennen . Im weiteren werden auffällige Adverbien besprochen, vor alle m solche auf -tim . Es folgen sonstige, z . T . semasiologische, Besonderheiten , etwa die Anwendung von

oriens i . S . v . „ orientalis " .

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232

PETER STOTZ

José MARTINEZ GnZQuEZ befaßt sich (S . 311-317) mit Glossaren i n Handschriften aus dem Kloster Ripoll, welche für das Editionsvorhaben Corpus glossariorum Cataloniae " von Bedeutung sind, und stellt insbe-sondere die ins Gebiet der Naturwissenschaften schlagenden Materialie n zusammen . Anhangsweise ediert er ein griechisch-lateinisches Glossar i m Zusammenhang.

Juan GOMEz PALLARÉS befaßt sich (S . 133-142) mit komputistischen Texten in westgotischen Handschriften des 10 . und 11 . Jh's .

Paul Gerhard SCHMIDT legt (S . 439-447) die Erstedition einer Visions-erzählung vor, die in einer Hs . des 10. Jh's aus Corbie nur mehr fragmen-tarisch auf uns gekommen ist ; sie ist in Distichen abgefaßt. 184 Verse sind ganz oder in Resten vorhanden ; unter andelm fehlt der Anfang . Es geht um die Vision einer Gott geweihten Frau, nach welcher ein der Jagdleiden-schaft und dem Trunk ergebener deutscher Bischof vor den Richterstuh l gestellt ist. Auf Bitten seines Amtsvorgängers wird ihm eine letzte Fris t zur Besserung eingeräumt . Doch der Schuldige läßt sie ungenutzt verstrei-chen, weswegen er dein endgültigen Verderben anheimfällt . Der Herausge-ber weist auf manche Anklänge an die ,, Aeneis " hin .

iudicis ante tribuna l

in Vs . 57 könnte aufVEN . FORT . Mart . 1, 177 zurückgehen . (Ob gar moti-vische Abhängigkeit von der dortigen Szene vorliegt ?) Eine Besonderhei t des für uns anonymen Textes ist die bis zum Überdruß, nämlich neunmal, vorkommende — sonst anscheinend kaum gebräuchliche — Verwendun g von

inspector

(ohne Genitivus obiectivus) als rein-lateinische Wiedergabe von

episcopus

(ähnlich wie das häufige

speculator) .

In einer Gemeinschaftsarbeit wird (S . 11-37) das älteste Offizium de s heiligen Gallus (des Patrons der Abtei St. Gallen) erschlossen, das textlic h weitgehend auf Walahfiid Strabos Vita beruht : WalterBERSCHIN legt ein e auf drei Handschriften (aus dem Zeitraum zwischen ca . 890 und 1011 ) beruhende Edition vor, dies in der von ihm allgemein praktizierten konser-vatorischen Textdarbietung. Peter OCHSENBEIN steuert einen quellenkriti-schen, liturgiekundlichen und literarischen Kommentar bei . Hartmut MOL-LER erörtert auf Grund der (je unterschiedlichen) Neumenüberliefelunge n dieser Handschriften Charakteristika der Melodien der einzelne n Offiziurnselemente .

Peter STOTZ unternimmt (S . 489-505) die Erstedition zweier Hymnen auf den heiligen Bertinus, die in zwei heute in BoulognesurMer liegen -den Handschriften der Zeit um 1000 überliefert sind ; inc .

O Deus clernens,

moderator orbis

(sechs sapphische Strophen) und :

Caeli

cives

tripudiant

(sieben Strophen zu je vier Achtsilblern) . Es wird dazu je eine Übersetzung und ein ausführlicher Kommentar geboten, in welchem neben philo -logischen und verstechnischen Fragen auch das Verhältnis der beide n Hymnen zu den hagiographischen Texten über Bertinus erörtert wird .

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CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

23 3 I DEuo-Su spürt (S . 175-184) neuen menschlichen Valeurs in hagiogra-phischen Texten des 10. Jh's nach. Auch wenn letztlich asketische Ideal e (Josephsehe, Christusminne u . L) stets den Sieg davontragen, wird den Äußerungen der natürlichen Liebe oft ein gewisses Verständnis zuteil . Ähnliches gilt für die frauliche Schönheit . Züge menschlichen Verständnis-ses, auch der Gewaltlosigkeit sind erkennbar . Es werden einige Fälle nam-haft gemacht, in denen eine Frau durch eine piafi•aus den Mann von

sei-nem Vorhaben, sie zu ehelichen, abbringt.

Guy PHILIPPART geht (S . 355-367) von einer Zusammenstellung der hagiographischen Texte Belgiens aus dem 10 . Jh . aus, geordnet nach dein jeweiligen Bezugsrahmen : Bischofssitze, Klostergründungen,

Reliquien-translationen, Wunderberichte, erbauliche Hagiographie . Er gliedert die Texte in bezug auf die geplante bzw . erreichte Verbreitung nach vier Gra-den. Dabei sind die großen Sammlungen, in die ohne Ansehen des Einzel-falles alles Erreichbare aufgenommen wurde, in Abzug zu bringen . Manch-mal wird ein zweiter, externer Ausgangspunkt ersichtlich, so im Falle de r „ Acta Servatii " St . Gallen für den südostdeutschen Raum . Thesenartig stellt der Verfasser heraus, daß die hagiographischen Texte über eine n lokalenpatranusfür kleine Gemeinschaften Identität stiften halfen, daß si e das christliche Gedankengut eingängiger machten, und daß die Verherrli-chung geistlicher Kämpfer und Helden in gewisser Weise das irdische Feu-dalsystem der Zeit abbildeten .

Michael LAPIDGE stellt (S . 249-260) die fiinf erhaltenen hagiographi-schen Epen vor, die im Gefolge der benediktinihagiographi-schen Reform in der 2 . Hälfte des 10 . Jh's in England gedichtet worden sind und veranschaulich t ihr — zumeist sehr enges — Verhältnis zu der jeweiligen Prosavorlage j e mit einem Beispiel . An der Seite zweier wohnbekannter Texte — nämlic h Frithegods „ Breviloquium vitae Wilfridi " und der „ Narratio metrica de s . Swithuno " Wulfstans von Winchester — steht die (vielleicht auf Veran-lassung von Æthelwold in Abingdon gedichtete) Eustachiusvita (vgl . ALMA 48/49, S . 218), sodann das neulich von François DOLBEAU aufge-fundene „ Breviloquium de omnibus sanctis ", welches, nach einem einge-wobenen Akrostichon, von einem Wulfstan (gewiß W . von Winchester) stammt, und endlich die vom Verfasser selber entdeckte, bisher unge -druckte Vita des heiligen Iudocus . Alle diese Texte folgen dein Modell eng nacherzählender — nicht demjenigen ausdeutender — Versifikation, wie es von Juvencus, dann von Aldhelm und Alcuin vergegenwärtigt wurde . Die Texte galten, worauf schon ihre jeweils nur schmale Überlieferung schließen läßt, als Probestücke im Schulbereich ; sie dienten nicht de r kirchlichen Heiligenverehrung .

Karl Ferdinand WERNER befaßt sich (S . 517-551) mit der früher kau m beachteten Vita der hl . Chrothildis (Clotilde), der Gemahlin Chlodwigs .

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PETER STOT Z

Indem er geistesgeschichtlichen Standort und Aussageintentionen des Ver-fassers sorgfältig auf ihre Hintergründe und Parallelen befragt, kommt er zu dem Schluß, daß dieser Text — der gleichsam aus dem Nichts da s Modell eines neuen Heiligkeitstypus, den der verwitweten Königin, vo r Augen stellt — bald nach 956 für Gerberga, die Witwe Ludwigs IV . und Mutter Lothars, geschaffen worden sei, und zwar von Adso von Montier-en-Der, der seine bekannte Schrift „ De ortu et tempore Antichristi " j a ebenfalls Gerberga gewidmet hat, Nebst vielem anderen wird Adso s Lebensgang nachgezeichnet, dies im Zusammenhang mit den Geschehnis -sen im westfränkischen Reiche .

Letaldus, Mönch des Kloster Micy bei Orléans (2 . Hälfte 10 . Jh .) wird aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln behandelt : GiuseppeCREMASCOL I wirft (S . 87-93) einen Blick auf dessen hagiographische Werke, nämlic h die Vita Julians, des ersten Bischofs von Le Mans, und die Miracula Maxi-mins, des Gründers von Micy . Ferruccio BERTINI beschäftigt sich (S . 39 -48) vor allem unter motivgeschichtlichen Gesichtspunkten mit der i n Hexametern gehaltenen Erzählung von Within piscator : „ De quodam pis-catore, quem ballena absorbuit " — und der sich unter abenteuerliche n Umständen zu befreien vermag. (Eine Einzelheit : Nach dem biblische n Wortlaut ist Jonas die Prophetengabe nicht erst im Fisch zuteil geworden , wie hier, S . 46, zum Zwecke einer mythensymbolischen Deutung behaup-tet wird . )

Zur „ Navigatio Brendani " gibt Jerzy STRZELCZYK (S . 507-515) einen Überblick über die Lage der Forschung mit ihren Deutungsversuchen , Datierungs- und Lokalisierungsvorschlägen . Er schließt sich der Meinung an, wonach das Werk von einem Iren in Irland geschrieben worden sei un d scheint einer Datierung ins 9 . Jh . zuzuneigen . (Skepsis ist am Platz e gegenüber angenommenen Hibernismen . Zumindest mißverständlich sind auch Begriffe wie , MerowingerLatein ` und , archaisch ` in bezug auf die -ses Werk .)

Nikolaus HENKELbehandelt (S . 151-162) , literarische Gegenkonzeptio-nen ` zur „ Ecloga Theodoli " : die „ Synodus " des Warnerius von Basel (11 . Jh .) und den — verlorenen, doch im „ Registrum multorum aucto-rum " Hugos von Trimberg besprochenen — „ Pistilegus " . Beide Werke sollten den in dem berühmten Werk zutage tretenden Mangel an Bezügen zur neutestamentlichen Heilsgeschichte beheben . Anhand zweier Beispiel e wird ferner gezeigt, wie in Kommentaren durch entsprechende Ausle-gungsmethoden der „ Ecloga " neue Wissens-, Glaubens- und Lebensberei-che eingegliedert wurden, die ihr der littera nach fernstanden (Artes , christliche Moral, Mariologie) .

Zwei Beiträge gelten einer wenig behandelten, sprachlich nicht ebe n einfachen geistlichen Dichtung, nämlich der „ Occupatio " Odos von

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