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Chronique Pays de langue allemande

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Academic year: 2021

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PAYS DE LANGUE ALLEMANDE

Dieser Überblick — mit dem sich der bisherige Berichterstatter von den Leserinnen und Lesern verabschiedet — soll, wie immer, mit der Vorstellung einiger neuer T e x t ­ e d i t i o n e n beginnen :

Unter den apokryphen Apostelschriften findet sich die ‘Visio Pauli’, ein Text über eine Jenseitsreise in Anknüpfung an II Cor. 12, 2-4. Am Anfang steht die griechische Paulus-Apokalypse, welche — auch in koptischer und syrischer Sprache — im Osten wirkte, und von der im 6. Jahrhundert im südlichen Italien eine lateinische Übersetzung bekannt gewesen sein dürfte, die indes handschriftlich erst vom 9. Jahrhundert an überlie­ fert ist. Wirksam geworden ist die ‘Visio Pauli’ indessen im Westen weniger durch diese — in ihrem Bestand ziemlich konsistenten — Fassungen, sondern vielmehr durch eine in vielen Gestalten auftretende kürzere Fassung. Die längere „Himmel-Hölle-Fassung“ (oder HHF, = Paulus-Apokalypse) und das Bündel kürzerer Fassungen, „Höllen-Fassungen“ (HF, « ‘Visio Pauli’) sind als zwei unterschiedliche Texte zu behandeln. Vor allem die Offenheit der „Höllen-Fassungen“, ihre Anwendung in unterschiedlichen Gebrauchs­ kontexten, auch ihre Übersetzungen in die Volkssprachen, bilden für die Forschung eine dankbare, wenn auch anspruchsvolle Aufgabe. Ihr hat sich eine Doktorandin von Peter Christian Jacobsen, Universität Erlangen-Nürnberg, unterzogen : Lenka Ji r o u s k o v a. Die Visio Pauli. Wege und Wandlungen einer orientalischen Apokryphe im lateinischen Mittelalter, unter Einschluß der alttschechischen und deutschsprachigen Textzeugen. (Mittellateinische Studien und Texte 34). Leiden: Brill, 2006. XVI, 1033 Seiten. ISBN 978-90-04-15055-2. — Die umfangreiche Arbeit gliedert sich in ungefähr zwei gleich starke Hälften. Im Untersuchungsteil wird zunächst ein Überblick über die Forschungs­ situation gegeben und werden die beiden Texttypen gegeneinander abgegrenzt. Es folgt ein minuziös gearbeiteter Katalog der westlichen Handschriften, zunächst für die lateini­ schen Versionen von HHF und HF sowie Übergangsfassungen, sodann für die alttsche­ chischen und die deutschsprachigen HF, nebst einer einzigen Handschrift, welche eine deutschsprachige HHF enthält. Die Überlieferung der HF läßt sich in drei Hauptgruppen gliedern, die jeweils mehrere Untergruppen enthalten ; hinzu kommen einige extravagante Fassungen. Danach wird erörtert, wie die jüngeren HF (und die Übergangsfassungen) auf die HHF zurückgehen, und wie sich der Bestand der Motive verändert. Auf dieser, der Inhaltsseite wird dann besonders der Schuld- und Strafbereich innerhalb der ‘Visio Pauli’ studiert. Hierauf wird den besonderen Profilierungen des Textes in bezug auf bestimmte Anwendungen nachgegangen ; besonders wichtig ist die Sonntagsheiligung und -ruhe. Sodann folgen Beobachtungen zu den Textüberlieferungen, unter anderem zur Überlie­ ferungsgemeinschaft mit inhaltlich ähnlichen Texten, zu den Überschriften der Texte

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und zu Gebrauchsspuren. Schließlich werden die alttschechischen und die mittelhoch­ deutschen Fassungen untersucht. Willkommen ist ein kurzer Überblick über den ausge­ dehnten Untersuchungsteil. Im Editionsteil wird für die lateinischen, tschechischen und deutschen Fassungen, jeweils für einen bestimmten Texttyp eine Satz um Satz voran­ schreitende synoptische Edition geboten, in welcher jeder der 115 Textzeugen mit seinem vollen Textbestand wiedergegeben ist.

Im 15. Kapitel der ‘Vita Alcuini’ erwähnt der Anonymus, der sie 821/829 im Kloster Ferneres abgefaßt hatte, libellum eius a d eundum (K arolu m ) d e ration e o ration is. Davon gibt er in groben Zügen eine Inhaltsangabe und nennt dabei verschiedene Typen von Gebeten. Dieser libellus ist zwar nicht auf uns gekommen, jedoch haben sich in den Handschriften Oxford, Bodl. Libr., d’Orville 45 (Moissac, 1067/68) und Paris, BNF lat. 2731a (Gegend von Reims, Ende 9. Jh.) zwei Fassungen eines scrip tu m Alkuins an den Herrscher mit Gebetstexten erhalten ; eine weitere wichtige Quelle ist Escorial L.III.8 (letztes Drittel 9. Jh.). Alkuins Brief 304, inc. B eatu s ig itu r D a v id, stellt sich demnach als Widmungsbrief dieses libellu s dar. In einer bereits 1995 bei Joachim Wollasch einge­ reichten Münsteraner Dissertation ist der Versuch unternommen worden, dieses Gebet­ buch Alkuins auf dem Hintergrund seines Umfeldes genauer zu erfassen und behutsam einer Rekonstruktion zuzuführen : Stephan Wa l d h o f f. Alcuins Gebetbuch für Karl den Großen. Seine Rekonstruktion und seine Stellung in der frühmittelalterlichen Geschichte der L ib elli precum . (Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 89). Münster : Aschendorff, 2003. IX, 485 Seiten. ISBN 3-402-4068-9. — Das erste, gut hundert Seiten umfassende Großkapitel führt allgemein an die Privatgebetbücher des Frühmittelalters heran. Zunächst geht es um das Wesen privaten Betens gegenüber liturgischem Beten, um dessen zeitgenössische Bezeichnungen, um seine Grundlegung in der Bibel und die Auswirkungen daher rührender Anweisungen in der Praxis sowie um den „Sitz im Leben“ der frühmittelalterlichen Privatgebetbücher. Was nun diese im Speziellen betrifft, wird zunächst ein Forschungsüberblick vermittelt. Sodann wird den insularen Ursprüngen und der dortigen Weiterentwicklung bis ins 10./11. Jahrhundert nachgegangen, darauf werden die kontinentalen libri precum besprochen und wird Alkuins Stellung innerhalb dieser frühmittelalterlichen Gebetbuchliteratur anhand der bisherigen Forschung erörtert. Das Großkapitel II enthält nun den Versuch der Rekonstruktion des alkuinischen libellu s.

Nach Besprechung der vorhandenen Quellen erfolgt ein kommentierender Gang durch das Ganze. Das abschließende Kapitel ist überschrieben mit : „Wie hat Karl der Große gebetet?“ Im Großkapitel III schließlich werden die verschiedenen Zeugnisse für die Wirkung von Alkuins Gebetbuch besprochen. In einem gewichtigen Anhang A werden die Fassungen des scriptum Alkuins in den Handschriften von Oxford und Paris synop­ tisch abgedruckt ; Anhang B enthält „tabellarische Übersichten über die zum privaten Gebet zusammengestellten Psalmenreihen“, geordnet nach verschiedenen Gebets Situa­ tionen bzw. -Intentionen, jeweils nach einer ganzen Reihe von Handschriften, die der Privatandacht dienen.

In verschiedenen Typen von Liturgiebüchem ist seit der Karolingerzeit das Vorkommen von Litaneien eine Selbstverständlichkeit. Vor allem geht es um die Allerheiligenlitanei, die in vielfältigem Gebrauch stand und wegen der (oft recht ausgedehnten) Reihe der ange­ rufenen Heiligen hagiographisch und kultgeschichtlich von großem Interesse ist, weshalb sich die Bollandisten, namentlich Maurice Co e n s, für sie interessiert haben. Über die

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Gebetsformulare als ganze ist nur wenig geforscht worden. Auch in der Untersuchung, die hier anzuzeigen ist, zurückgehend auf eine bei Johannes Fried an der Universität Frankfurt am Main 2000 eingereichte historische Dissertation, ging es zunächst um eine ganz konkrete Fragestellung, die in diesem Buch dann allerdings ausgeblendet worden ist, nämlich um die in dem „Forscher Rotulus“ enthaltene Litanei : Astrid Kr ü g e r. Lita­ nei-Handschriften der Karolingerzeit. (Monumenta Germaniae Histórica, Hilfsmittel 24). Hannover : Hahn, 2007. L, 842 Seiten, 8 Abb. ISBN 978-3-7752-1131-4. — Ein erstes, allgemein gehaltenes Kapitel unterrichtet über den Begriff Litanei — in den Texten gewöhnlich l(a )eta n ia — , über die Ursprünge dieser Gebetsform und die Herausbildung der Allerheiligenlitanei, über deren Verhältnis zu den laudes regiae, über die Typen litur­ gischer Handschriften, welche Allerheiligenlitaneien enthalten und über deren liturgische Verwendungen. Hierauf folgt ein Forschungsbericht und eine systematische Betrach­ tung zur Verwendung der Litaneien als historischer Quelle. Ein erster großer Hauptteil ist einer Typologie und Quellenkunde der Allerheiligenlitaneien des 8. und 9. Jahrhun­ derts gewidmet, von der Autorin (wohl wegen ihres ursprünglichen Forschungsanliegens) „Vergleichslitaneien“ genannt. Zunächst werden zwei große Gruppen unterschieden : Die insularen Litaneien — nebst den dortigen Verbindungen von Litanei und lau des — einer­ seits und die „Produktionszentren“ Paris / Saint-Amand sowie St. Gallen / Salzburg ande­ rerseits. In 14 kurzen Kapiteln werden dann andere Litanei(grupp)en besprochen. Darauf folgt, alphabetisch nach Aufbewahrungsort geordnet, ein Katalog der herangezogenen Handschriften ; am Rande ausgeworfen ist jeweils die Nummer der darin enthaltenen Litanei. Eine Liste der Litaneien nach laufender Nummer ordnet diese den einzelnen Handschriften zu. Der zweite Hauptteil ist der statistischen Auswertung der Litaneien gewidmet. Unter den Heiligen werden diejenigen des Alten Testamentes, die Apostel und diejenigen des canon m issa e besonders berücksichtigt. Es folgen dann eine Aufstel­ lung der negativen und der positiven Bitten (hier „Fürbitten“ genannt) in der zweiten Hälfte der Litanei: die ßZ?...-Sequenz, die wf...-Sequenz, verbunden durch die meist nur kurze per...-Sequenz. Im Anschluß an diese Darstellung der Ergebnisse wird in Tabel­ lenform das umfangreiche statistische Material geboten : Anrufungen einzelner Heiligen aller Kategorien alphabetisch nach Namen, summarische Anrufungen nach Heiligenka­ tegorien, dann die konkreten a b...-, p e r ...- und u t...-Bitten nach (deutsch formulierten) Themen. Hinzu kommen die rahmenden oder Übergänge bildenden „kleinen“ Bitten. Zum Schluß werden, nach laufender Nummer, alle bis dahin ungedruckten Litaneien vollständig ediert. — Die (zum Teil stark verbreiteten) verifizierten Allerheiligenlita­ neien (siehe deren Verzeichnis bei Peter St o t z, Ardua sp e s m undi, Bern 1972, S . 43f.) bleiben hier gänzlich ausgeklammert.

Im vorigen Bericht (ALMA 64, S. 308) war von der Edition der ‘Collectio Danieliana’ die Rede, einer Frühform der ‘Capitula Angilramni’ (CA). Die letzteren sind „eine kleine Strafprozeßordnung für das Anklageverfahren gegen Bischöfe“, ein Text bestehend aus 71 kurzen Bestimmungen (ca p itu la ), numeriert von 1-51 und l bls-20bls. Er gehört dem Komplex der pseudoisidorischen Fälschungen an, welche im Kloster Corbie seit den späten 830er Jahren fabriziert wurden. Die CA sind in 64 Handschriften, die sich in fünf Klassen gliedern lassen, überliefert. Einesteils sind sie mit anderen pseudoisidorischen Texten „verfilzt“, andemteils waren sie bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts, bis zum

D ecretu m Gratians, von großer Wirkung, werden sie bis dahin doch über 230mal zitiert. Der Editor der ‘Collectio Danieliana’ hat noch im selben Jahr die Ausgabe der CA fertig­

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gestellt : Karl-Georg Sc h o n. Die C apitu la A ngilram n i. Eine prozessrechtliche Fälschung Pseudoisidors. (Monumenta Germaniae Histórica, Studien und Texte 39). Hannover : Hahn, 2006. XIX, 198 Seiten. ISBN 3-7752-5739-X. — Die Einleitung umfaßt eine Schilderung eines „Bischofsprozesses“ nach dieser Quelle, die Darlegung der komplexen Überlieferung und die weitreichende Wirkungsgeschichte. Dementsprechend begleiten den — an sich kurzen — Text drei Apparate : „CA-Handschriften“ / „Quellen und Paral­ lelfälschungen“ / „Rezipierende Sammlungen“. Der Edition ist am Schluß eine deutsche Übersetzung beigegeben. — Bei dieser Gelegenheit sei auf die Intemetausgabe der Pseu- doisidorischen Dekretalen hingewiesen : „http ://www.pseudoisidor.mgh.de/html/“.

Vor gut zehn Jahren ist eine kritische Ausgabe von Hrabans Schrift ‘De institutione clericorum’ erschienen. Nunmehr hat derselbe Bearbeiter davon eine e d itio m in o r veran­ staltet : eine benutzerfreundliche lateinisch-deutsche Parallelausgabe : Hrabanus Maurus. De institutione clericorum / Über die Unterweisung der Geistlichen. Lateinisch-deutsch. Übersetzt und eingeleitet von Detlev Zi m p e l. 2 Teilbände. (Fontes Christian! 61/1-2). Tumhout: Brepols, 2006. 695 Seiten. ISBN 978-2-503-52149-7 / ... 52151-0. — Auf die Beigabe des textkritischen Apparates wurde verzichtet. In den Sachanmerkungen wurde selbstversändlich die Angabe der Quellen beibehalten, doch daneben finden sich neu Hinweise etwa auf spezifische Formulierungen Hrabans oder auf allgemeinere Forschungsliteratur. Das, was der Leser zu nutzbringendem Umgang mit diesem Text wissen muß, ist in einer knapp hundert Seiten starken, bequem zu lesenden Einleitung zusammengefaßt. Die Darbietung des Textes selber ist geringfügig verbessert worden, auch konnte noch auf eine neue Handschrift mit umfangreichen Exzerpten aus dem dritten Buch aufmerksam gemacht werden.

Vor kurzem war an dieser Stelle (ALMA 63, S. 275f.) von einem „Legendenroman“ um Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, die Rede. Nun gibt es jedoch über sie auch eine Vita, die mehr in das übliche hagiographische Genre schlägt ; in ihrem Mittelpunkt steht Helenas Reise nach Jerusalem und die Auffindung des Kreuzes. Die Vita stammt von Almannus, Mönch des Klosters Hautvillers in der Diözese Reims (um 830-889). Er verfaßte sie im Auftrag Erzbischof Hinkmars, wahrscheinlich in der Zeit vor 853 ; an ihrer Seite steht ein Bericht über die Translation ihrer Gebeine von Rom nach Hautvillers im Jahre 841 und stehen Wunderberichte (BHL 3772 / 3773 / 3774/5 ; NGML: Al m a n. Hel. vita / transi. / mirac.). Vor kurzem hat die Vita eine ausführliche Bearbeitung von derselben Seite und in ähnlichem Stile erfahren wie der genannte Legendenroman, dies in einer Arbeit mit dem barocken Titel : Vita seu potius homilía de S. Helena ... / Lebens­ beschreibung oder eher Predigt von der heiligen Helena gemäß der Verfasserschaft Almanns, eines Klosterbruders von Hautvillers. Aus den Acta Sanctorum (1737/1867), verglichen mit der Handschrift der Stadtbibliothek Trier, herausgegeben, zum ersten Mal in eine fremde Sprache übersetzt und kommentiert von Paul Dr ä g e r. Zweite Edition des Herausgebers zum Trierer Constantin-Jahr 2006. Trier: Kliomedia, 2007. 340 Seiten, Abb. ISBN 978-3-89890-113-0. — Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht ein Abdruck des Textes nach den Bollandisten, unter Beizug der Hs. Trier, Stadtbibi. 1179, samt einer deutschen Übersetzung — zu welcher hier mancherlei zu bemerken wäre — in Parallel­ druck, und begleitet von einem ausführlichen, zuweilen etwas umständlichen Kommentar sprachlich-inhaltlicher Ausrichtung, ausgerichtet auf Lemmata, die der deutschen Über­ setzung entnommen sind. Der Schluß des Buches enthält eine Einführung ins Werk

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Almanns allgemein, Ausführungen zum Inhalt und zum Aufbau, zu den Quellen und zu der literarischen Technik der Helena-Vita. Diese Arbeit versteht sich als Beitrag zu der in Trier 2006 gefeierten 1700. Wiederkehr der Proklamation Konstantins zum Augustus.

In dem 934 gegründeten Klosters Einsiedeln entfaltete sich eine Annalistik, deren Entwicklung sich über 300 Jahre hin beobachten läßt. Allerdings ist sie nur zum geringen Teil selbständig. Immerhin kann sie im schwäbischen Raum neben der Annalistik der Bodenseeklöster Reichenau und St. Gallen einen gewissen Platz behaupten. Zu unter­ scheiden sind 1] die ‘Annales Meginradi’, nach dem heiligen Meinrad, dem Patron des Klosters, benannt, bis in die 960er Jahre reichend, 2] die ‘Annales Heremi’ 1, anschei­ nend zu Beginn der 990 Jahre — anhand von Materialien aus Regino und dessen Fortset­ zung sowie der ‘Annales Augienses’ — nach einem bestimmten Plan angelegt, sodann 3] die ‘Annales Heremi’ 2, ungefähr aus derselben Zeit stammend, nach Orosius, Beda, Regino samt Fortsetzung und der regionalen Annalistik kompiliert, und 4] die ‘Annales Einsiedlenses’, bestehend aus zwei Abschnitten, mit Einträgen zum Zeitraum 746/1039 und zu 1051/1280. Soeben hat diese Einsiedler Annalistik eine eingehende Behandlung und Edition erfahren in : Die Annalen des Klosters Einsiedeln. Edition und Kommentar. Herausgegeben von Conradin v o n Pl a n t a. (Monumenta Germaniae Histórica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 78). Hannover : Hahn, 2007. X, 331 Seiten, 16 Tafeln. ISBN 978-3-7752-5478-6. — In der ausführlichen Einleitung geht es nebst anderem um die nicht einfachen kodikologisch-paläographischen Verhältnisse, die Einpassung der Annaleneinträge in den jeweiligen Rahmen (komputistische Tabellen) und um die sorgfältige Unterscheidung der einzelnen Schreiberhände und deren chrono­ logische Eingrenzung.

Manche Texteditionen der ‘Monumenta Germaniae Histórica’ haben eine jahrzehnte­ lange Geschichte hinter sich. Dies gilt auch für die älteste Vita von Papst Leo IX. (,sedit

1049-1054): einem Grafensohn mit dem Taufnamen Bruno, der zunächst Bischof von Toul gewesen, dann von Heinrich III. zum Papst ausersehen worden war. Bereits zu seinen Lebzeiten, 1049/50, hatte ein Oberlothringer, der mit Brunos Herkunft, Ausbildung und früher Wirksamkeit bestens vertraut war, mit der Abfassung einer Vita begonnen. Erst etwa zehn Jahre danach arbeitete er die endgültige, aus zwei Büchern bestehende Fassung aus. Man hatte die Vita einem Archidiakon Wibert oder dann Kardinal Humbert von Silva Candida zugewiesen, indessen muß sie uns für anonym gelten. Bereits in den 1970er Jahren ging man daran, diese für die Geschichte des frühen Reformpapsttums wichtige Quelle kritisch zu edieren; nunmehr liegt das Ergebnis, zu dessen Gelingen mehrere beigetragen haben, vor : Die Touler Vita Leos IX. Herausgegeben und übersetzt von Hans-Georg Kr a u s e unter Mitwirkung von Detlev Ja s p e r und Veronika Lu k a s. (Monumenta Germaniae Histórica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 70). Hannover: Hahn, 2007. VII, 314 Seiten. ISBN 978-3-7752-5391-8. — Von dem Werk haben sich 23 Handschriften erhalten ; zudem hat man Kenntnis von einigen nunmehr verlorenen. Die Überlieferung teilt sich in einen Touler Zweig (sechs Handschriften), eine Reimser Fassung mit enthaltend, und einen Metzer Zweig (17 Hand­ schriften), bei welchem eine sekundäre Fassung unterschieden wird, zu der u. a. sechs Handschriften des Österreichischen Legendars gehören. Die beiden ältesten, noch aus dem 11. Jahrhundert stammenden, heute in Bern liegenden Handschriften verkörpern die beiden Überlieferungszweige, und sie bilden die Grundlage der neuen Edition. Dies gilt

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auch schon für die Edition von Michel Pa r i s s e / Monique Go u l l e t (Paris 1997), nur daß nun hier die ganze Breite der Überlieferung, also namentlich die späteren Fassungen, mit dokumentiert werden. In der Einleitung wird eingehend von der Verfasserfrage, dem Quellenwert, den herangezogenen Quellen, von Sprache und Stil und, natürlich, von der Überlieferung gehandelt. Die Edition zeichnet sich durch einen reichhaltigen, doch knapp gefaßten Kommentar aus. Die dem lateinischen Text beigegebene deutsche Übersetzung wird manchen die Lektüre erleichtern.

Immer wieder kommt es vor, daß hier unter der Rubrik „Editionen“ auf Arbeiten hinzuweisen ist, die zwar eine Textausgabe enthalten, deren Hauptgewicht jedoch in der monographischen Aufarbeitung eines bestimmten Problems besteht. Dies gilt auch für die folgende Erlangener theologische Dissertation von 2001/2002: Julia Eva Wa n n e n­ m a c h e r. Hermeneutik der Heilsgeschichte. D e sep tem sig illis und die sieben Siegel im Werk Joachims von Fiore. (Studies in the history of Christian traditions 118). Leiden: Brill, 2005. XIII, 393 Seiten, 3 Abb. ISBN 90-04-13750-5. — Es geht um die Interpre­ tation der Vision von den sieben Siegeln in der Apokalypse nicht allein in der kurzen Schrift mit diesem Titel, sondern im Werk Joachims von Fiore (um 1135-1202) insge­ samt, ja (eingangs) auch um die Deutung in der älteren Bibelexegese. Im Untersuchungs­ teil, welcher weit mehr als die Hälfte der Arbeit einnimmt, geht es um die (Be-)Deutung alttestamentlicher Figuren, Größen und Begebenheiten im Lichte der joachitischen Geisteswelt — etwa von Nebukadnezar, Holofernes oder Haman, weiter von Ägypten und Babylon oder der Prophetien über Gog und Magog — , um die Sicht der christlichen Kirche in der Zeitlichkeit, aber auch um die Eschatologie : den Antichrist, das Millen­ nium und die Vollendung aller Dinge. Der schmalere Editionsteil enthält in Bezug auf den Traktat ‘De septem sigillis’ eine Diskussion der Echtheitsfrage, die zu einem beja­ henden Schluß führt ; dies sei eines der letzten Werke Joachims gewesen. Ausgiebig wird der handschriftliche Befund erörtert ; zwölf Textzeugen stehen zur Verfügung. Dann wird über das Verhältnis der Handschriften zueinander und über die Gestaltung der Edition Rechenschaft gegeben. Der Text selber — bestehend aus Kapitelpaaren je über Verfol­ gungen der Israeliten (prim um [usw.] sigillu m ) und der Kirche (a p ertio eiu sdem ) umfaßt nur wenige Seiten. Darauf, daß inzwischen gegen Einzelheiten der Textgestal­ tung Einwände erhoben worden sind (siehe Gian Luca Po t e s t à im Deutschen Archiv für Erforschung des Mittelalters 62, 2006, S. 283-285), kann an dieser Stelle nur eben hingewiesen werden.

In der Diplomata-Abteilung der ‘Monumenta Germaniae Histórica’ hat man schon vor geraumer Zeit damit begonnen, die Königsurkunden des Interregnums, von Heinrich Raspe (sowie dessen Gemahlin Beatrix) und Wilhelm von Holland, herauszugeben. Der dazu ausersehene Bearbeiter — der leider das Erscheinen des Bandes ganz knapp nicht mehr erleben durfte — hatte schon bald Unterstützung durch einen niederländischen Forscher gefunden, in dessen Verantwortung die Publikation von rund einem Viertel der etwa 400 Diplome liegt. Wie so viele andere Projekte erfuhr auch das vorliegende die tatkräftige Unterstützung durch hauseigene Kräfte. Insbesondere hat Alfred Gawlik viele Diplomata-Projekte intensiv begleitet, und so auch dieses: Heinrici Rasponis et Wilhelmi de Hollandia diplomata / Die Urkunden Heinrich Raspes und Wilhelms von Holland. Bearbeitet von Dieter Hä g e r m a n n und Jaap G. Kr u i s h e e r unter Mitwirkung von Alfred Ga w l i k. (Monumenta Germaniae Histórica, Diplomata regum et

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impe-ratorum Germaniae / Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 18). Hannover : Hahn, 1989-2006. X, 743, CXI Seiten, Abb. ISBN 978-3-7752-2018-7. — Die bereits 1989 erschienene Pars I enthält die 16 Diplome Heinrich Raspes (und die 2 Diplome der Beatrix) sowie die ersten 218 Diplome Wilhelms. Der jetzt erschienene Textfaszikel (Pars II) enthält den ganzen Rest der Urkunden Wilhelms, einschließlich einiger Zusätze und verbesserter Textfassungen der zuerst publizierten Stücke, anhangsweise auch einige urkundliche Stilübungen und moderne Fälschungen. Besonders erwähnt sei das sehr detaillierte Wort- und Sachregister. Der römisch paginierte Introductio-Faszikel enthält die kanzleigeschichtliche Einleitung, das Literaturverzeichnis und einen großzügig bemessenen Tafelteil.

Erneut kann hier ein Band der Kölner Ausgabe der Werke des Albertus Magnus ange­ zeigt werden (siehe zuletzt : ALMA 63, 2005, S. 277): Alberti Magni De sex principiis. Edidit Ruth Me y e r. — Liber divisionum. Edidit Hannes Mö h l e. (Alberti Magni Opera omnia tomus 1, Pars 2; numerus currens 27). Monasteri! Westfalorum : Aschendorff, 2006. LXVI, 165 Seiten. ISBN 3-402-04756-X. — Der Band enthält zunächst den dritten Teil der Paraphrase Alberts zum aristotelischen Organon ; die Echtheit von ‘De sex prin­ cipiis’ ist unangefochten ; entstanden ist die Schrift wohl zwischen 1251/52 und 1257. Die Edition beruht auf 19 vollständigen und 5 unvollständigen Handschriften aus dem

13. bis 15. Jahrhundert. Soweit möglich, wird die Hs. Cambrai, Bibi. mun. 961 (859) als Leithandschrift zur Textgestaltung herangezogen. Zwei Kapitel werden, beispielshalber, mit Nachweis der gesamten Überlieferung vorweg gedruckt. Für ‘De divisione’, einen Kommentar zu der gleichnamigen Schrift des Boethius, stand Albertus lange Zeit als Verfasser nicht fest : Weil sie in den alten Werkverzeichnissen nicht aufgeführt ist, fehlte sie auch in den früheren Ausgaben von Alberts Werken ; ihre E ditio p rin c e p s stammt aus dem Jahre 1913. Daß der Text von Albertus stammt, steht jedoch aus vielen Gründen fest, vor allem wegen der darin enthaltenen Verweise auf andere seiner Schriften und umge­ kehrt. Zeitlich ist sie eher etwas vor als nach 1260 anzusetzen. — Der Eingang dieses Bandes enthält eine gemeinsame Beschreibung aller Handschriften, Fragmente und alten Drucke, welche die Werke enthalten, die in den verschiedenen Teilbänden von Tomus 1 dieser Ausgabe erschienen sind bzw. erscheinen werden (außer den hier edierten : De quinqué universalibus’ / De praedicamentis’ / Peri hermeneias’).

Während seiner frühen Lehrtätigkeit in Paris, in den Jahren 1256/58 — nach dem Sentenzenkommentar und vor der ‘Summa contra gentiles’ — , verfaßte Thomas von Aquin seinen Kommentar zu dem kurzen, aber folgenreichen Traktat des Boethius über die Trinität ; die Schrift des Thomas hat sich zum Teil autograph erhalten. Hiervon hat eine handliche Studienausgabe auf kritischer Grundlage zu erscheinen begonnen : Thomas von Aquin. Expositio super librum Boethii De trinitate I / Kommentar zum Trinitätstraktat des Boethius I. Lateinisch-Deutsch. Übersetzt und eingeleitet von Peter Ho f f m a n n in Verbindung mit Hermann Sc h r ö d t e r. (Herders Bibliothek der Philoso­ phie des Mittelalters 3/1). Freiburg : Herder, 2006. 247 Seiten. ISBN 978-3-451-28504-2. — Der lateinische Text beruht auf der Edition von Bruno De c k e r (Leiden 1955), mit Beizug seitheriger Besserungen seitens des Herausgebers und von Pierre-Marie Gi l s; auch wird über die Abweichungen gegenüber der neueren kritischen Ausgabe im Rahmen der Leonina (tomus 50, Romae 1992) Rechenschaft abgelegt. Die Übersetzung wird von Sachanmerkungen begleitet, die insbesondere dem Nachweis der Quellen dienen.

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Selten nur besteht Veranlassung, hier auf hymnologische Arbeiten einzugehen. Auch die jetzt anzuzeigende Untersuchung, eine Mainzer Dissertation, schlägt nicht voll in das mediävistische Gebiet, geht es doch um die Rezeptionsgeschichte eines bestimmten Weihnachtsliedes bis in die Neuzeit. Es geht um ein Lied, das — nicht zuletzt durch seine lateinisch-deutsche Mischform — nachhaltige Berühmtheit erlangt hat : das wohl auf den Anfang des 14. Jahrhunderts zurückgehende In du lci iu bilo : Anne-Dore Ha r z e r.

In d u lci iubilo. Fassungen und Rezeptionsgeschichte des Liedes vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart. (Mainzer hymnologische Studien 17). Tübingen: Franche, 2006. 319 Seiten, 5 Abb. ISBN 3-7720-8128-2. — Ein erster großer Hauptteil ist der hand­ schriftlichen Überlieferung bis zur Reformationszeit gewidmet. Unterscheiden lassen sich eine längere und eine kürzere Fassung, die je beträchtliche Varietäten aufweisen, wie sich versteht, vor allem in den deutschen, weniger in den lateinischen Textbestandteilen. Von beiden Typen wird je eine zeilenweise Synopse aller erfaßten Textzeugen geboten. Ein großer Teil der Untersuchung gilt sodann den Überlieferungsformen in katholischen und evangelischen Gesangbüchern. Beiderseits ist es zu völligen Eindeutschungen des Mischtextes gekommen. Doch wird auch die Rezeption des Mischliedes im 17. und 18. Jahrhundert und bis in die Gegenwart untersucht. Unter den Beigaben sei der Parallel­ druck verschiedener ausgewählter Fassungen hervorgehoben.

Völlig unterschiedliche sachgebundene Interessen können zu kritischen Editionen lateinischer Texte des Mittelalters führen. So etwa die Beschäftigung mit der Herausbil­ dung und Fortentwicklung des Zivilprozeßrechtes im Abendland unter den Impulsen des römischen Rechtes. Ein Schlüsseltext hierfür ist der ‘Tractatus testimoniorum’ des gefei­ erten Rechtslehrers Bartolus de Saxoferrato (1313/14-1357). Dieser Text ließ sich bisher einzig nach Drucken der frühen Neuzeit benützen. Im Rahmen einer an den Sachpro- blemen orientierten Untersuchung ist nun die kritische Erstedition vorgelegt worden in Form einer juristischen Dissertation der Universität Frankfurt am Main : Susanne Le p s i u s. Der Richter und die Zeugen. Eine Untersuchung anhand des T ractatus testim on ioru m

des Bartolus von Sassoferrato. Mit Edition. (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 158). Frankfurt am Main: Klostermann, 2003. XVIII, 439 Seiten. ISBN 3-465-03240-3. — Der eigentlichen Editionspartie stehen als erster Teil der Arbeit „Annäherungen an einen Text“ gegenüber. Ausgegangen wird dabei von der Entwicklung des gerichtlichen Beweisverfahrens von der Antike bis zur Gegenwart bei Annahme eines Fortschrittes im Zeichen der Begriffstrias „Rationalität / Wahrheit / Freiheit“. Ein zweites Kapitel gilt dem Traktat des Bartolus : seinen Überlieferungsträgem : das sind, von heute her gesehen, zunächst die alten Drucke, dahinter stehen die spätmittelalterlichen Handschriften. Dabei interessiert, wie sie das Verständnis des Lesers anbahnen oder auch verbauen, wie teils der Autor, teils seine gelehrten Leser juristische Allegationen hinzufügten, und anderes mehr. Hierauf folgt eine ausgedehnte Analyse des Textes selber. Vor dem Abschreiten des Inhaltes im Einzelnen erfolgen Hinweise zur Arbeitsmethode des Bartolus und zu den scholastischen Kategorien, die er an wendet ; am Schluß wird nach den Zielgruppen des Textes gefragt. Im editorischen Teil wird den einzelnen Überlieferungsträgem und deren Verhältnis zueinander nachgegangen. Der Text ist in Formen von unterschiedli­ cher Länge überliefert. Die Langform, an welcher Bartolus bis zu seinem Tode arbeitete, wird am besten vergegenwärtigt durch die Hs. Vat. Barb. lat. 1398, welche der Edition als Leithandschrift zugrundegelegt wird. Unter den Varianten figurieren auch die des ersten Druckes (Venedig 1472). Ein erster Anhang enthält die detaillierte Beschreibung

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der 43 herangezogenen Handschriften, ein zweiter die Edition der Randglossen, die sie aufweisen.

Kürzlich konnte an dieser Stelle (ALMA 63, S. 281 f.) die kritische Edition der politi­ schen Schriften Lupolds von Bebenburg (um 1300-1363) angezeigt werden. Inzwischen ist sein ‘Tractatus de iuribus regni et imperii Romanorum’ in einer vereinfachten, dafür von einer deutschen Übersetzung begleiteten Studienausgabe erschienen : Lupoid von Bebenburg. De iuribus regni et imperii / Über die Rechte von Kaiser und Reich. Heraus­ gegeben von Jürgen Mi e t h k e. Au sdem Lateinischen übersetzt von Alexander Sa u t e r. (Bibliothek des deutschen Staatsdenkens 14). München : Beck, 2005. 336 Seiten, 1 Abb. ISBN 3-406-53449-X. — Die Vereinfachung besteht unter anderm darin, daß die zahl­ reichen Zusätze einzelner Handschriften weggelassen worden sind. Beigegeben ist als Nachwort ein einführender Text des Herausgebers : „Lupoid von Bebenburg : kanonisti- sches Staatsdenken in der Krise des Reiches im 14. Jahrhundert“.

Zu den vielen im Quattrocento literarisch Tätigen, die in ihrer Zeit mit ihren Werken eine gewisse Aufmerksamkeit erregten, in der Folge jedoch völliger Vergessenheit anheimfielen, gehört Antonio Geraldini (1448/49-1489). Er stammte aus Umbrien, war in Florenz eine Zeitlang Schüler Francesco Filelfos, wirkte dann in unterschiedlichen Funk­ tionen am Hofe König Johanns II. von Aragon und stand ab 1479 in den Diensten von Ferdinand II. und Isabella von Kastilien. 1469 wurde er zum p o e ta laureatus gekrönt. Nebst ändern Werken stammt von ihm ein ‘Carmen bucolicum’, worin in zwölf Eklogen (im Wesentlichen) das Erdendasein Jesu beschrieben wird : In bukolischer Staffage, unter Vergabe antikischer Namen, jedoch mit Personen der Gegenwart als Rollenträger, werden die Stationen von der sa lv a to r is n ativita s und der regum a d oratio bis zur em issio san cii sp iritu s durchmessen ; die letzten beiden Stücke gelten dem Jüngsten Gericht und der vita bea ta . Die erste Ekloge etwa besteht aus einem Wechselgesang zweier bethlehemitischer Hirten, der eine, Mopsus, stellt den Widmungsträger des Zyklus, Ferdinands illegitimen Sohn Alfons, vor, der eben zum Erzbischof von Saragossa ernannt worden war. Geraldini hatte als dessen Erzieher gewirkt und schuf diese Eklogen zu seiner Weihe i. J. 1484. Die Dichtung wurde im folgenden Jahr gedruckt ; bis 1597 folgten elf weitere Drucke. In neuerer Zeit wurde sie durch Wilfred P. Mu s t a r d (Baltimore 1924) herausgegeben. Vor kurzem nun ist sie in einer Bochumer Dissertation in umfassenderer Weise kritisch ediert, übersetzt und besprochen worden : Sigrun Le i s t r i t z. Das „Carmen Bucolicum“ des Antonio Geraldini. Einleitung, Edition, Übersetzung, Analyse ausgewählter Eklogen. (BAC, Bochumer altertumswissenschaftliches Colloquium 61). Trier : Wissenschaftli­ cher Verlag Trier, 2004. 276 Seiten, Abb. ISBN 3-88476-690-2. — Einleitend spricht die Bearbeiterin vom Lebenslauf dieses wenig bekannten Literaten, zählt seine — zum Teil noch unveröffentlichten — Werke auf, beschreibt die alten Drucke des ‘Carmen buco­ licum’ und ordnet sie zu einem Stemma zusammen. Auf die Edition / Übersetzung folgen in einem monographischen Teil eine Übersicht über die Geschichte der Eklogendichtung seit der Antike ; dabei ist vor allem diejenige der frühen Renaissance, und hier die reli­ giöse Ekloge, von Gewicht. Geraldinis Eklogen werden in diese Tradition eingeordnet und im Einzelnen charakterisiert, auch wird auf Motive aufmerksam gemacht, die in ihnen häufiger wiederkehren. Drei der zwölf Stücke werden einer eingehenderen Unter­ suchung unterzogen. In einem Schlußkapitel geht es einesteils um die Beweggründe zur Abfassung dieser Dichtung, andemteils um deren Wirkung.

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Im Jahre 1492 trat Konrad Celtis an der — 1472 gegründeten — Universität Ingol­ stadt eine Lehrtätigkeit an, wie dies üblich war, mit einer programmatischen Antrittsvor­ lesung. Noch im selben Jahr ließ er diesen Text drucken, zusammen mit einer Reihe von Gedichten : An der Spitze steht ein an Celtis gerichtetes Epigramm des Henricus Euticus in phaläkeischen Hendekasyllaben (I), sodann wendet sich Celtis in einem distichischen Kurzgedicht an den Leser (II). Das erste Hauptstück ist ein Lobgedicht (pan egyris) in 156 Hexametern, gerichtet an die Fürsten, denen er seine Berufung nach Ingolstadt verdankte (III). Darin werden sie für ihre Bemühungen um die Hebung der universitären Bildung gelobt ; der Hauptinhalt des Gedichtes ist indessen die Schilderung der von ihnen geförderten Disziplinen. Es folgt die Antrittsrede selber (IV) ; sie stellt einen Appell dar, sich um höhere Bildung zu bemühen und wird als das Mittel empfohlen, Deutschland aus der gegenwärtigen politischen Krise herauszuführen. An den Schluß stellt Celtis zwei sapphische Gedichte. Mit dem einen will er seinen Freund Sigismund Fusilius aus Breslau dazu anhalten, junge Leute in den Wissenschaften zu unterweisen (V). Mit dem Imperativ Perge ... reiht er katalogartig verschiedene Lehrgegenstände aneinander. Den Ausklang bildet ein Hymnus an Maria mit der Bitte um Frieden und Eintracht unter den deutschen Fürsten (VI). Diesem Ensemble von Texten ist die folgende Arbeit gewidmet : Conradi Celtis Protucii Panegyris ad duces Bavariae. Mit Einleitung, Übersetzung und Kommentar herausgegeben von Joachim Gr u b e r. (G r a tia, Bamberger Schriften zur Renaissanceforschung 41). Wiesbaden: Harrassowitz, 2003. LXIV, 178 Seiten. ISBN 3-447-04697-X. — In der ausführlichen Einleitung werden die Anfänge der genannten Universität und werden die ersten Jahrzehnte des Lebens von Celtis geschildert, auch wird seine Tätigkeit an der Universität Ingolstadt charakterisiert. Dann wird das literatur­ geschichtliche Umfeld sowie der bildungsprogrammatische Inhalt der p a n e g y ris erörtert. Die kurzen Bemerkungen zu Sprache und Stil beziehen sich auf alle sechs Stücke. Für die Edition wird, nebst dem genannten Druck, für die Texte I bis IV eine Prager Hand­ schrift zugrunde gelegt ; die beiden sapphischen Gedichte, die der Sammlung der Oden des Celtis angehören, sind in weiteren Textzeugen erhalten. Die kritische Edition ist von einer parallelen deutschen Übersetzung begleitet; daran schließt sich ein ausführlicher Kommentar, welcher die Dispositiion der Texte klarlegt und die zahlreichen Anspielungen in ihnen erläutert. Anhangsweise sind acht Briefe des Celtis ediert und übersetzt, die mit dem Antritt seines Lehramtes Zusammenhängen. Die Textsammlung veranschaulicht den pädagogisch-didaktischen Impetus, den Celtis mit so vielen deutschen Humanisten teilt.

Nicht ohne Interesse sind für die Leserschaft dieser Zeitschrift lexikographische Arbeiten aus dem Spätmittelalter oder der Wende zum 16. Jahrhundert. Zu den letzteren gehört die in ihrer Zeit sehr erfolgreiche ‘Pappa’ des niederländischen Dichters und Schul­ mannes Johannes Murmellius (1480-1517), später auch ‘Pappa puerorum’ oder ‘Pappa nova’ genannt. Aus dem Zeitraum zwischen 1513 und 1576 lassen sich nicht weniger als 53 Drucke namhaft machen ; hinzu kommen Bearbeitungen, welche nicht mehr den Titel ‘Pappa’ tragen. Dieses dem Lateinunterricht dienende Werk besteht in seiner Grundan­ lage aus vier Teilen ; der weitaus wichtigste davon ist ein lateinisch-deutsches Sachgrup­ penglossar, aufgeteilt in 48 semantische Bereiche. Dadurch sollte den jungen Leuten der lateinische Wortschatz beigebracht werden und zwar, in Abgrenzung zu den mittelalter­ lichen Lehrmitteln, vermehrt auf die p r o b a d au cto res ausgerichtet. Hinzu kommt eine Sammlung von Mustersätzen aus dem Schüleralltag, eine Reihe moralischer Maximen sowie eine Anzahl Sprichwörter. Anhangsweise ist eine Konjugationstabelle beigegeben.

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Der Inhalt der Drucke ist im Einzelnen recht unstabil. Vor kurzem ist eine Faksimile- Ausgabe zweier wichtiger Fassungen erschienen: des 1513 in Köln bei Quentel erschie­ nenen Druckes mit niederdeutschen Übersetzungen, sodann der hochdeutschen Bear­ beitung durch Gervasius Sopherus (Sauffer), gedruckt 1517 in Basel bei Adam Petri : Johannes Murmellius. Pappa, Köln 1513 und Basel 1517. Mit einer Einführung von Peter O. Mü l l e r. (D ocu m en ta lin g u istica, Quellen zur Geschichte der deutschen Sprache des 15. bis 20. Jahrhunderts [ohne Bandnummer]). Hildesheim: Olms, 2006. ISBN 3-487- 12732-6. — Die Einführung orientiert umfassend über die Anlage und die Verbreitung dieses frühneuzeitlichen Schulbuches.

Jetzt ist auf einige M o n o g r a p h i e n einzugehen : An der Universität Bochum ist 2003 eine theologische Dissertation eingereicht worden, die eine der folgenreich­ sten Schriften aus dem Ausgang der lateinischen Patristik zum Thema hat, die ‘Regula pastoralis’ Gregors des Großen : Silke Fl o r y s z c z a k. Die Regula p a sto ra lis Gregors des Großen. Studien zu Text, kirchenpolitischer Bedeutung und Rezeption in der Karolinger­ zeit. (Studien und Texte zu Antike und Christentum 26). Tübingen: Mohr Siebeck, 2005. X, 444 Seiten. ISBN 3-16-148590-4. — Im ersten Hauptteil dieser ausgedehnten Studie geht es um die Schrift selber, in dem etwas kürzeren zweiten um deren Wirkungen bei der Beschäftigung mit dem regim en anim arum in der Karolingerzeit. Am Anfang steht eine begriffsgeschichtliche Untersuchung von (singularisch oder pluralisch gebrauchtem)

regula in der römischen Jurisprudenz, in der altkirchlichen Theologie und im Sinne einer Lebensordnung — was dann in den Gebrauch des Wortes im Titel von Gregors Pastorai­ regel mündet. Nun geht es um diese selber : ihren Adressaten, ihre Intention und Funktion und ihre griechischen und lateinischen Quellen. Der Text wird dann analysiert nach Inhalt, Argumentationsstruktur, Sprache und Stil, Terminologie sowie Bildlichkeit und Motivik. Dann wird nach der kirchenpolitischen Bedeutung der Pastorairegel gefragt. Im zweiten Teil wird ihre Rezeption zunächst bei Bonifatius und Chrodegang beleuchtet, dann ihre Bedeutung für die kirchenpolitische Gesetzgebung Karls des Großen und Ludwigs des Frommen, auch für die Reform des Bischofsamtes unter Ludwgis Söhnen — hierbei wird in einem Exkurs besonders auf Hrabans ‘De institutione clericorum’ eingegangen. Hierauf werden die Wirkungen von Gregors Schrift in der „Spiegelliteratur“ der Karo­ lingerzeit dargestellt : in Alkuins De virtutibus et vitiis’, in Smaragds ‘Via regia’, in den Schriften De institutione regia’ und ‘De institutione laicali’ des Jonas von Orleans, in Dhuodas ‘Liber manualis’, in dem Fürstenspiegel De rectoribus christianis’ des Sedulius Scotus und schließlich in den Traktaten Hinkmars von Reims.

Der C odex (e p isto la ris) C arolinu s (Co d. Karol., ed. Wilhelm Gu n d l a c h, MGH Epist. 3, S. 469-653), jene Sammlung von 99 Papstbriefen an die fränkischen Hausmeier und Könige aus der Zeitspanne zwischen 739 und 791, welche sich in einer — aus Köln stammenden — Wiener Handschrift des 9. Jahrhunderts erhalten hat (ÖNB 449), ist zum Gegenstand einer in ihren Dimensionen geradezu monumentalen Untersuchung gemacht geworden : Achim Thomas Ha c k. C odex Carolinus. Päpstliche Epistolographie im 8. Jahr­ hundert. (Päpste und Papsttum 35, 172. Halbband). Stuttgart : Hiersemann, 2006-2007. XXII, 696 und VIII, 594 Seiten, Abb. ISBN 978-3-7772-0609-7. — Einleitend beschäf­ tigt sich der Verfasser mit der Geschichte der Textsorte Brief und ihrer Erforschung allge­ mein und kommt dann auf die frühen Papstbriefe und -urkunden zu sprechen. Im ersten Hauptteil befaßt er sich mit dem C odex Carolinus als ganzem : mit der Vorrede zu dieser

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Sammlung, den darin angebrachten Lemmata, mit der Handschrift als solcher sowie mit den (modernen) Bezeichnungen der Sammlung. In Cod. Guelf 254 Heimst., welche zehn Briefe Leos III. an Karl den Großen enthält, sieht er den Ansatz zu einer Fortsetzung dieser Sammlung. Der nahezu 240 Seiten starke Teil II enthält eine differenzierte Bespre­ chung der formelhaften Elemente im Protokoll und im Eschatokoll der Briefe — dies mit einem Seitenblick auf die Normen des L ib e r d iu m u s — , sodann der Brieftopik — wobei ausgiebig auch die Briefe Gregors des Großen, sodann die der Bonifatius-Korrespondenz zur Sprache kommen. Darauf ist von dem Schlußgebet und dem Schlußwunsch in den Briefen die Rede. Teil III enthält die Untersuchung der Anrede des Königs und der Selbst­ bezeichnung des Papstes — sprachlich interessant ist hierbei der Gebrauch des Numerus sowie der abstrakten Anreden — . In Teil IV sind auf rund 440 Seiten unterschiedliche kommunikative Aspekte behandelt, auch solche, an die man angesichts dieses Titels nicht unbedingt denkt, z. B. die Onomasiologie des Briefes. Vor allem geht es jedoch um prag­ matische Aspekte : Bezugnahmen in Briefen auf andere Briefe, um Fälschungen, abge­ fangene oder verheimlichte Briefe oder um den Aufbau einer ganzen Korrespondenz. Höchst detailliert wird das Verhältnis der Sendung von Briefen zu der Entsendung von Gesandten erörtert. Bei den Empfehlungs- und Auftragsformeln für Gesandte etwa wird sogar auf Adverbien wie tantopere oder m agn opere geachtet. Ein weiteres Großkapitel betrifft die Sitte, zusammen mit einem Brief Geschenke zu übersenden. Die ausgedehnte Studie wird schließlich auf 60 Seiten resümiert. Der umfangreiche Anhang enhält : 1] eine Liste von Protokoll- und Eschatokollformeln in den Papstbriefen von Gregor dem Großen bis Leo III., 2] ein Verzeichnis der Briefe der Karolinger von Karl Martell bis zu Ludwig dem Frommen, 3] die Regesten der nachgewiesenen Deperdita : von Briefen von Päpsten, Königen und Dritten, 4] eine Prosopographie der fränkischen und der päpstli­ chen Gesandten und 5] ein Verzeichnis der Geschenke, die erwähnt sind im Briefregister Gregors des Großen, in der Bonifatius-ZLullus-Korrespondenz und im C odex C arolinus.

Es folgen tabellarische Übersichten zu der Wiener Handschrift und den Editionen, zur Datierung der einzelnen Stücke und zu deren Erwähnungen in den (modernen) Jahrbü­ chern des fränkischen Reiches. Unter den allgemein üblichen Beigaben nimmt hier das Quellen- und Literaturverzeichnis allein schon 145 Seiten in Anspruch.

Von dem lateinisch-deutschen Hoheliedkommentar Willirams von Ebersberg (um 1060), sind innerhalb weniger Jahre zwei höchst schätzenswerte Ausgaben erschienen (vgl. ALMA 60, S. 264f. und 63, S. 272f.). Dabei steht jeweils eine der grundlegenden, automahen Handschriften im Vordergrund, die Breslauer (Wroclaw, Univ.-Bibl. R 347, nachstehend Br) und die Ebersberger (München, Staatsbibi. Cgm 10, Eb) aus dem Ende bzw. der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die Überlieferungsgeschichte des Werks insgesamt ist jedoch recht vielgestaltig : 25 Handschriften (und Fragmente) enthalten die lateinische Vers- wie auch die deutsche Prosafassung, ihrer 16 nur die lateinische Fassung, vereinzelte nur die deutsche Fassung oder auch nur das eine davon : die Para­ phrase oder den Kommentar. Die Aufhellung der Verwandtschaftsverhältnisse ist an die Hand genommen durch folgende Arbeit, eine in Trier bei Kurt Gärtner 2004/05 einge­ reichte Dissertation: Niels Bo h n e r t. Zur Textkritik von Willirams Kommentar des Hohen Liedes. Mit besonderer Berücksichtigung der Autorvarianten. (Text und Textge­ schichte 56). Tübingen: Niemeyer, 2006. X, 260 Seiten, Abb. ISBN 978-3-484-36056-3. — Die beiden „Kronzeugen“, die Breslauer und die Ebersberger Handschrift, zeigen zahlreiche Unterschiede, welche vom Autor herrühren müssen ; Eb hat meist die bessere

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Lesart, setzt aber Br voraus. Williram hat seine Arbeit nach ihrer Fertigstellung sukzes­ sive in Einzelheiten verbessert ; so sind schon zu seinen Lebzeiten acht unterschiedliche Fassungen in Umlauf gekommen. Um und nach 1100 erfolgte zu zweien Malen eine Kontamination. Um Br und um Eb scharen sich die Textzeugen zu zwei Hauptgruppen (b bzw. e). Der Hauptteil der Arbeit gilt deren feinerer Gliederung. Bei der Hauptgruppe b hat man es im Wesentlichen mit konkreten Abschriften von Br zu tun, bei e mit fünf erschließbaren (Hyp-)Archetypen. Schließlich waren einige Varianten zu behandeln, welche sich der stemmatischen Gliederung zu entziehen scheinen : Autorvarianten und Fehler. Anhangsweise werden (nebst anderem) geboten : ein Verzeichnis der Autorvari­ anten, wie sie im Laufe der Arbeit behandelt worden sind, eine Zusammenstellung der prosodischen Besonderheiten der lateinischen Wortformen, die Publikation und Auswer­ tung eines Krakauer Fragmentes, ein Verzeichnis von Wiederholungen in Willirams Text, eine Stellungnahme zu der Ausgabe von Lä h n e m a n n / Ra p p(vgl. ALMA 63, S. 272f.) sowie schließlich eine Darstellung des Stemmas, wie es sich aus den voranstehenden Untersuchungen ergibt.

Vor einiger Zeit ist hier eine umfassende Publikation zum ‘Liber ad honorem Augusti...’ des Petrus de Ebulo kurz angezeigt worden (ALMA 53, S. 218). Wenn hier eine kunstgeschichtliche Arbeit — hervorgegangen aus einer Zürcher Dissertation — genannt wird, welche dieser süditalienischen Bilderhandschrift (Bern, Burgerbibi. 120II) gewidmet ist, so vor allem deshalb, weil die Bebilderung dieses Werkes mit dem Text eng verknüpft ist : Sibyl Kr a f t. Ein Bilderbuch aus dem Königreich Sizilien. Kunsthi­ storische Studien zum L ib e r a d honorem Augusti des Petrus von Eboli (Codex 120 II der Burgerbibliothek Bern). (Zürcher Schriften zur Kunst-, Architektur- und Kultur­ geschichte 5). Weimar: Hain, 2006. 360 Seiten, Abb. ISBN 978-3-89807-102-4. — Nach einleitenden Kapiteln über das Königreich Sizilien von 1189 bis 1194 und über den Verfasser der Dichtung geht es zunächst um das künstlerische Umfeld (Vorlagen, Konzepte der Illustration u. a. m.), sodann um Studien zur Beziehung von Text und Bild im vorliegenden Falle. Die detaillierte Behandlung des ersten und zweiten Buches des ‘Liber . . . ’ ist unter den Titel „Geschichte in Worten, Geschiebe in Bildern“ gestellt. Nach einer Erörterung des Verhältnisses von Frauen- und Männerrollen geht es um die „Bild- panegyrik im dritten Buch“. Die — selber reich illustrierte — Arbeit schließt mit einem Blick auf Auftraggeber und Adressaten und mit einer kurzen Zusammenfassung.

Kurz sei hier noch eine kleine Arbeit erwähnt, welche einem Corpus von 25 Briefen gilt, die in den Jahren 1463 und 1464 an Adrian de But SOCist, einen flämischen Chro- niste gerichtet wurden, und die bis dahin als fiktive Schreiben beurteilt worden waren : Thomas Ha y e. Briefe aus der Studentenzeit. Die Pariser Korrespondenz des Adrian de But (1437-1488). (Analecta Cisterciensia 55, 2005, S. 269-299).

Im Folgenden sei auf einige T a g u n g s a k t e n hingewiesen : Zum Gedenken an die 1150. Wiederkehr des Todestags von Hrabanus Maurus wurde — nebst dem großen wissenschaftlichen Kongreß in Amiens und Lille — auch an der Stätte seines Wirkens als Erzbischof, in Mainz, eine Tagung abgehalten, an welcher in wenigen Vorträgen das Wirken und die Bedeutung Hrabans beleuchtet wurden. Hierauf geht zurück : Hrabanus Maurus. Gelehrter, Abt von Fulda und Erzbischof von Mainz. Herausgegeben von Franz J. Fe l t e n und Barbara Ni c h t w e i s s. Mit Beiträgen von Karl Le h m a n n ... [et al.]. (Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz, Beiträge zur Zeit- und Kulturgeschichte

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der Diözese 2006). Mainz: Publikationen Bistum Mainz, 2006. 194 Seiten, Abb. ISBN 978-3-934450-26-4. — An der Spitze steht eine Einführung von Franz J. Fe l t e n : Hrabanus Maurus : Mönch, Gelehrter, Abt von Fulda und Erzbischof von Mainz (S. 9-19), sowie ein Festvortrag, gehalten von Hrabans Nachfolger, Karl Kardinal Le h m a n n : Hrabanus Maurus : eine Säule der Kirche von Mainz (S. 21-34). Daran schließen sich die acht eigentlichen Tagungsbeiträge an : Mechthild Dr e y e r. Alkuin und Hrabanus Maurus : wozu Wissen? (S. 35-49). — Marc-Aeilko Ar i s. Hrabanus Maurus und die B ib lio th e ca F uldensis (S. 51-69). — Michele C. Fe r r a r i. Dichtung und Prophetie bei Hrabanus Maurus (S. 71-91,4 Abb.). [Es geht um bestimmte Aspekte seines ‘Liber sanctae crucis’.] — Wolfgang Ha u b r i c h s. Fulda, Hrabanus Maurus und die theodiske Schriftlichkeit (S. 93-120). [theodisk, die althochdeutsche Vorgängerform von d e u tsch, steht hier für Schriftwerke in den Dialekten der einzelnen Stämme, die zunächst noch nicht zu dem Gesamtbegriff ‘deutsch’ zusammengewachsen waren.] — Emst-Dieter He h l. Kirchliches Leben und kirchliches Recht bei Hrabanus Maurus (S. 121-140). — David Lu s c o m b e. Hrabanus Maurus and the Predestination Controversy (S. 141-158). [Mit einer deutschen Zusammenfassung.] — Stephanie Ha a r l ä n d e r. Hrabanus Maurus und die Verbind­ lichkeit des Klostereintritts von „Kindermönchen“ (S. 159-176). — Rudolf Sc h i e f f e r. Hrabanus Maurus : der erfolgreichste Autor des 9. Jahrhunderts (S. 177-187). [Mit einem Exkurs : Hrabanus Maurus im D ecretu m G ratian i.] — Den Abschluß des Bandes bildet der Abdruck der anläßlich des Jubiläums gehaltenen Festpredigt von Kardinal Le h m a n n: „Nichts ist dem Gottesdienst vorzuziehen“.

Im Jahre 2002 fand in Heidelberg eine Tagung statt, an welcher im transdiszipli­ nären Gespräch Produktionen lateinischer und volkssprachiger Texte im Umkreis dreier bestimmter kontinentaler Universitäten, allesamt Gründungen des 14. Jahrhunderts, behandelt wurden, und deren Akten nunmehr vorliegen : Schriften im Umkreis mitteleu­ ropäischer Universitäten um 1400. Lateinische und volkssprachige Texte aus Prag, Wien und Heidelberg : Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Wechselbeziehungen. Herausgegeben von Fritz Peter Kn a p p, Jürgen Mi e t h k e und Manuela Ni e s n e r. (Education and society in the middle ages and renaissance 20). Leiden : Brill, 2004. XXIX, 310 Seiten, Abb. ISBN 90-04-14053-0. — Eingangs entwirft der Anreger dieser Tagung, F. P. Knapp, ein Konzept in sechs Punkten, das er der Tagung hatte zugrundelegen wolle, das jedoch, wie er selber feststellt, in den konkreten Ergebnissen nicht voll durchschlägt. Die elf Forschungsbeiträge sind in zwei Gruppen gegliedert, lateinisches und volkssprachiges Schrifttum betreffend. So reinlich läßt sich die Grenze allerdings nicht ziehen : auch in der zweiten Hälfte ist das Ausgangsmaterial zum Teil lateinischsprachig. Hiernach die Beiträge im einzelnen: Jana Ne c h u t o v ä. Konrad von Soltau: ‘Lectura super caput Firmiter’ (S. 3-19). [Dieser Autor wirkte 1368-1387 an der Prager, von 1387-1399 an der Heidelberger Universität. Der Gegenstand ist das 1. Kapitel des 1. Titels der Dekre- talen Gregors IX ] — Dorothea Wa l z. Konrad von Gelnhausen : Leben und Predigt (S. 20-39, 1 Abb.). [Von dem Kanonisten Konrad von Gelnhausen (ca. 1320/22-1390), dem Verfasser der ‘Epistola concordiae’ von 1380, sind zahlreiche Predigten überliefert; diese werden hier im Hinblick auf seine Biographie ausgewertet. Besonders behandelt werden drei in Heidelberg gehaltene Predigten von 1382/83.] — Matthias Nu d i n o. Geschäft und Moral : Schriften De contractibus’ an mitteleuropäischen Universitäten im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert (S. 40-62). [Thema sind sieben Lehrschriften von Theologen über Vertragsgeschäfte kurz vor und nach 1400.] — Frantisek Sm a h e l. Die

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Verschriftlichung der Quodlibet-Disputationen an der Prager Artistenfakultät bis 1420 (S. 63-91). [Mit zwei Anhängen : Verzeichnis der bekannten Prager Quodlibeten in den Jahren 1394-1417 / Quodlibet des Mag. Heinrich von Ribenicz.] — Christoph Fl ü e l e r. Ethica in Wien anno 1438 : die Kommentierung der aristotelischen ‘Ethik’ an der Wiener Artistenfakultät (S. 92-138, 3 Abb.). [Mit zwei Anhängen : Die Wiener Ethikkommen­ tare des 15. Jahrhunderts (chronologische Reihenfolge) / Verzeichnis der Magister der Wiener Artistenfakultät, denen ein Werk der Moralphilosophie zugeteilt wurde.] — Wolf­ gang Eric Wa g n e r. P rin cep s litteratu s au t illitteratus ? Sprachfertigkeiten regierender Fürsten um 1400 zwischen realen Anforderungssituationen und pädagogischem Huma­ nismus (S. 141-177). — Dietrich Sc h m i d t k e. Pastoraltheologische Texte des Matthäus von Krakau (S. 178-196). [Der Theologe Matthäus von Krakau lebte von 1345 bis 1410. — Anhangsweise ein kurzer deutscher Text.] — Christoph Ro t h. Lateinische und deut­ sche Predigten im Umfeld von Universität und Hof in Heidelberg um 1420 (S. 197-230). [Anhang : Zeittafel zu den deutschen Predigten in Heidelberg zwischen ca. 1350/1450.] — Václav Bo k und Freimut Lö s e r. Der Widerruf des Peter von Unicov vor der Prager Universitätsgemeinde (1417) (S.231-250). [Der Genannte, ein Dominikaner, sagte sich von seiner feindseligen Haltung gegenüber dem Wyclifismus los.] — Alfred Th o m a s. ‘Die Wyclifsche’. Frauen in der Hussitenbewegung (S. 251-267). [Thema ist eine tsche­ chische Satire auf die Hussiten.] — Fritz Peter Kn a p p. Liebeslieder im Universitätsmilieu (S. 268-271). — Der Band wird durch ein ausführliches Nachwort beschlossen : Jürgen Mi e t h k e. Rückblick eines Historikers auf eine interdisziplinäre Tagung (S. 275-299).

Die Arbeit an der großangelegten, erstmaligen historisch-kritischen Ausgabe der Werke des Nikolaus von Kues, welche seit 1932 läuft, und über deren Fortschritte in den letzten Jahren in ALMA berichtet wurde, ist Ende 2004 offiziell beendet worden, wiewohl die letzten Bände noch nicht ausgedruckt Vorlagen. Aus diesem Anlaß wurde im Februar 2005 an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften eine festliche Abschluß­ tagung durchgeführt, deren Vorträge jetzt im Druck vorliegen : Nicolai de Cusa Opera omnia. Symposium zum Abschluß der Heidelberger Akademie-Ausgabe. Heidelberg, 11. und 12. Februar 2005. Herausgegeben von Werner Be i e r w a l t e sund Hans Gerhard Se n g e r. (Supplemente zu den Schriften der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse 19; Cusanus-Studien 11). Heidelberg: Universi­ tätsverlag Winter, 2006. XIII, 190 Seiten, 3 Tafeln. ISBN 3-8253-5127-0. — Auf eine Grußadresse des Akademiepräsidenten, Peter Graf Ki e l m a n s e g g, folgt zunächst eine kurze, von Worten des Dankes geprägte Rückschau des Präsidenten der herausgebenden Kommission, Werner Be i e r w a l t e s. Hierauf erhält der Verleger der Ausgabe — und so vieler weiterer philosophischer Texte — , Manfred Me i n e r, das Wort. Anschließend geht Hans Gerhard Se n g e r auf die Geschichte dieser Edition in all ihren Einzelheiten ein. Sodann folgen drei Vorträge bzw. Aufsätze zu inhaltlichen Aspekten des Werkes selber : Kurt Fl a s c h. D o c ta ign oran tia und negative Theologie (S. 79-100). — Walter Ha u g. Gotteserfahrung bei Nicolaus Cusanus, dargestellt aus der Perspektive der Analo­ gieformel von der unähnlichen Ähnlichkeit (S. 101-145). — Wolfhart Pa n n e n b e r g. Die bleibende Relevanz der Erkenntnislehre des Kusaners (S. 147-162). — Den Abschluß bildet ein musikgeschichtlicher Beitrag : Peter Gü l k e. Mutmaßendes Komponieren — über die Musik zur Zeit des Cusanus (S. 163-190).

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Hier noch ein kurzer Blick auf die Akten einer Tagung, welche allerdings nur zum kleineren Teil das Mittelalter, größerenteils die Frühe Neuzeit betrifft. Es geht um das Aufkommen der Bildungsreise, im Wesentlichen bei den Humanisten, mit älteren Wurzeln immerhin. Davon rühren zahlreiche lateinische und volkssprachliche Berichte her; die ersteren sind bisher nur ganz mangelhaft erforscht, und schon gar nicht unter literarischen Gesichtspunkten. Diesem Desiderat wurde der 3. Erfurter Humanismus- Kongreß (2005) gewidmet, dessen Ertrag jetzt vorliegt : Gerlinde Hu b e r- Re b e n i c h / Walther Lu d w i g (Herausgeber). Frühneuzeitliche Bildungsreisen im Spiegel lateini­ scher Texte. (Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt: Acta Academiae scientiarum 11, Humanismusstudien 2). Weimar : Hain, 2007. 235 Seiten, Abb. ISBN 978-3-89807-103-1. — Der Band wird eröffnet mit einem Aufsatz von Walther Lu d w i g über „die Bildungsreise in der lateinischen Reiseliteratur“. Gerlinde Hu b e r- Re b e n i c h hebt das besondere Interesse an den Sehenswürdigkeiten des antiken Rom hervor, das aus der ‘Narrado de mirabilibus urbis Rome’ des Magisters Gregorius (12. oder 13. Jahr­ hundert) spricht. Folker Re i c h e r t beschäftigt sich mit zwei italienischen Griechen­ landreisenden des 15. Jahrhunderts, Cristoforo Buondelmonti und Ciriaco d’Ancona. Topographische, archäologische und epigraphische Interessen führten sie in die Ägäis, etwa zum Berg Athos und nach Kreta. Reinhold F. Gl e ibefaßt sich mit den Reisen des Hythlodaeus, einer Figur in der ‘Utopia’ des Thomas Morus (1477-1535) ; dabei stellt er einzelne „Toposfelder“ literarischer Reisebeschreibungen in Rechnung und geht Spuren realer Reisen nach. Es folgen sechs weitere, literarisch und geistesgeschichtlich ergiebige Aufsätze zu Reisetexten vom 16. bis ins frühe 18. Jahrhundert. Unter anderm geht es um die Gattungen des Propemptikon, des Hodoeporicon und des L ib e r am icoru m (Stammbu­ ches) als Reisebegleiter.

Unter der Rubrik G e s a m m e l t e A b h a n d l u n g e n sei hier zunächst ein Band erwähnt, in welchem eine Anzahl inhaltlich zusammenhängender Arbeiten von Fritz Wagner wiederabgedruckt sind. Der langjährige Inhaber des Mittellatein-Lehrstuhls an der Freien Universität Berlin hat sich seit den 1960er Jahren mit dem Schrifttum des Zisterzienserordens beschäftigt. Und immer wieder hat er sich in kurzen Studien oder Betrachtungen zu geistlicher Dichtung, zum Teil solcher von Angehörigen dieses Ordens, geäußert, die vielfach an entlegener Stelle erschienen sind. Neunzehn von ihnen, aus dem Zeitraum von gut drei Jahrzehnten stammend, sind nunmehr — unter einem etwas zu eng gefaßten Titel — nachgedruckt worden : Fritz Wa g n e r. P h ilo lo g ia sa c ra C istercien sis.

Untersuchungen zur mittelalterlichen Dichtkunst der Zisterzienser und ihrer Tradition. (Quellen und Studien zur Zisterzienserliteratur 9). Langwaden: Bemardus-Verlag, 2005. XI, 176 Seiten. ISBN 9-937634-47-9. — Die Sammlung enthält die folgenden Beiträge: Zur Dichtkunst des Konrad von Haimburg (S. 1-15). [Betrifft den Kartäuserprior Konrad von Gaming / Haimburg (1*1360).] — Versus d e sa n cto A lexi (S. 16-20). [Gedicht, inc.

Verus ch risticola san ctus A lexis era t ; mit Edition.] — Der P la n ctu s an im ae con tritae e t com patien tis des Christan von Lilienfeld (S. 21-30). [Betrifft das Gedicht Chri- stans (1. Hälfte 13. Jh.), inc. F iere v o lo , m e fier e iu vat, v o lo nil nisi fiere.] — Ein Pium dictam en auf den heiligen Alexius (S. 31-41). [Betrifft das Lied inc. O Alexi, flo s a m o ris;

mit Abdruck des Textes.] — Das Benedikt-Gebet des Christan von Lilienfeld (S. 42-52). [Inc. Ave, p a s to r et p a tro n e ; mit Abdruck des Textes.] — Ein Klagelied Christans von Lilienfeld (S. 53-66). [Betrifft seine Zeitklage, inc. Cor, m a ero ris n u b ilo ; mit Abdruck des Textes.] — Das Bernhard von Clairvaux-Gebet des Christan von Lilienfeld (S. 67-76).

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