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Die Zielsetzung nachhaltiger Entwicklung besteht darin, den Bedarf der Gegen-wart so zu decken, dass die Möglichkeiten künftiger Generationen, ihren eigenen Bedarf zu decken, nicht beeinträchtigt werden. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung umfasst jedoch mehr als nur Nachhaltigkeit. Vielmehr setzt nach-haltige Entwicklung einen Paradigmenwechsel voraus: von einem Entwicklungs-modell auf der Grundlage von Ungleichgewichten und einer Ausbeutung von

9 Bis 2015 den Anteil der Menschen um die Hälfte senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen haben.

Ressourcen hin zu einem Modell, das neue Formen von Verantwortung, Solidari-tät und Rechenschaftslegung nicht nur auf der nationalen, sondern auch auf der globalen Ebene sowie generationenübergreifend erforderlich macht.

Die Verknüpfungen zwischen besserer Gesundheit, der Wirtschaft und der öko-logischen Nachhaltigkeit stehen außer Frage: Gesunde Menschen sind besser in der Lage, zu lernen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und positive Beiträge zu der Gesellschaft zu leisten, in der sie leben. Umgekehrt ist eine gesunde Umwelt eine Voraussetzung für gute Gesundheit (258).

Der auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 (259) angenommene Aktionsplan und die Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung (260) haben heute noch unvermindert Gültigkeit. Doch auch wenn die Europäische Region der WHO starkes Wirtschaftswachstum und erheb-liche Fortschritte im Gesundheitsbereich, insbesondere bei der Verwirklichung mehrerer Millenniums-Entwicklungsziele, verzeichnen kann, so waren diese positiven Trends doch von zunehmenden Diskrepanzen, gesundheitlichen Un-gleichgewichten, Umweltzerstörung, Klimaänderungen und wiederkehrenden Wirtschafts-, Finanz-, Energie- und Nahrungsmittelkrisen begleitet (261). Die Not-wendigkeit eines neuen kohärenteren Ansatzes in der Umweltpolitik wird auch durch die Tatsache veranschaulicht, dass 20 Jahre nach dem ersten Rio-Gipfel in vielen Ländern die zentralen Entscheidungen, die für die Umwelt von Belang sind – politische Handlungskonzepte in den Bereichen Entwicklung, Städtepla-nung, Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Wohnungsbau –, eher zu mehr als zu weniger Luftverschmutzung, Lärmbelastung, Verschmutzung durch Chemikalien und Verletzungen durch Verkehrsunfälle geführt haben.

In einer Reihe nationaler und lokaler Fallstudien wurde die Tatsache belegt, dass die Konzepte verschiedener Politikbereiche auch gesundheitlichen Nutzen schaf-fen können. Viele von ihnen verwenden Ansätze auf der Grundlage umweltver-träglichen Wirtschaftens. Bei den nachstehenden Beispielen haben Entscheidun-gen in einem Bereich (z. B. Verkehr oder Städteplanung) zu einer Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden geführt.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen (262) sind ohne echte Maßnahmen zur Beschränkung des Konsumverhaltens und der Ressourcennutzung systemi-sche Veränderungen kaum möglich. Wenn jedoch Maßnahmen ergriffen würden, um etwa den übermäßigen Energieverbrauch zu senken, die Verwendung be-stimmter gefährlicher Stoffe einzuschränken oder Veränderungen der Konsum-muster anzustoßen, so würden sie zu einer Abnahme von nichtübertragbaren Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, aber auch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Eine gesunde Ernährung, die mit einer Verringerung der Gesamtener-giezufuhr verbunden ist, könnte nicht nur zur Verbesserung der Gesundheit und zum Rückgang von Adipositas beitragen, sondern durch Verringerung verkehrs-bedingter und anderer Treibhausgasemissionen auch die Umwelt entlasten. Die Verringerung der Zufuhr von tierischen Fetten und tierischem Eiweiß würde angesichts des für ihre Erzeugung notwendigen Flächen-, Wasser- und Energie-aufwands den Nutzen weiter steigern. Es wird intensiv nach Wegen gesucht, um gesunde Ernährung zu fördern, die Entscheidung dafür zu erleichtern und po-pulär zu machen und dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung sie besser versteht.

Die politisch Verantwortlichen in der Europäischen Region werden durch eine Reihe von Mechanismen und international vereinbarten Plänen zur Verringerung der Zufuhr von Transfettsäuren und Salz unterstützt, namentlich den Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Strategie für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten 2012–2016 (178).

Ein zentrales Handlungsfeld ist die Förderung aktiver Mobilität und öffentlicher Verkehrsmittel. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie öffentliche Verkehrsmittel im Zusammenwirken mit Radfahren und Zufußgehen dazu beitragen können,

Luftverschmutzung, Lärmbelastung, Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und die Zahl der Staus zu verringern, mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu schaffen und Landschaften wie auch den Zusammenhalt in Städten wirksamer zu schützen, und dass sie mehr Möglichkeiten zu körperlicher Betätigung mit sich bringen (263).

Darüber hinaus tragen solche Maßnahmen dazu bei, das Risiko in Bezug auf Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Typ-2-Diabetes, bestimmte Krebsarten und Bluthochdruck, aber auch die Gefahr von Straßenverkehrsunfällen zu sen-ken. Erst vor kurzem wurden erstmals Belege dafür gefunden, dass dieser Mix von Verkehrskonzepten auch dazu beitragen kann, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder bestehende umweltverträglicher zu machen.

Auch im Bereich Wohnen und Bauen lässt sich durch einen geeigneten Maßnah-men-Mix großer gesundheitlicher Nutzen erzielen; zu den Maßnahmen gehören die wirksamere Nutzung aktiver und passiver natürlicher Lüftung für Kühlzwecke, Maßnahmen zur Verringerung von Schimmel und Feuchtigkeit, energieeffiziente Wohnraumbeheizung, Elektrogeräte und Kochmethoden, die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser, eine verbesserte Abwasserentsorgung und eine generell solidere Bauweise. Viele Länder, Regionen und Kommunen experimentieren mit kostenwirksamen, gesundheitsförderlichen Strategien für den Klimaschutz im Wohnungsbau; diese sollten systematisch untersucht und hinsichtlich ihres ge-sundheitlichen Nutzens ausgewertet werden (264).

Grünflächen in städtischen Gebieten wirken sich positiv auf die Gesundheit aus.

Viele auf der lokalen Ebene ergriffene Maßnahmen sind mit erheblichem gesund-heitlichem Nutzen verbunden. Wo öffentliche Grünflächen und Wälder sind, wer-den sie von der Bevölkerung genutzt. Die Menschen gehen spazieren, fahren Rad oder lassen ihre Kinder spielen, und so wird körperliche Betätigung zum festen Bestandteil des Alltags, was die Gefahr von Unfallverletzungen und den Effekt der städtischen Wärmeinseln verringert, die Stress- und Lärmbelastung vermin-dert und die soziale Interaktion förvermin-dert. Öffentliche Grünflächen können auch im Hinblick auf den Hochwasserschutz von Nutzen sein (246).

Das Gesundheitswesen ist ein intensiver Energienutzer, eine wesentliche Quelle von Arbeitsplätzen und ein erheblicher Verursacher von Abfällen, einschließlich biologischer und radioaktiver Abfälle. Deshalb würde eine umweltverträglichere Beschaffungspraxis im Gesundheitswesen beträchtliche Chancen zur Verbesse-rung der Umwelt mit sich bringen. Durch Energieeffizienzmaßnahmen wie die Entwicklung von medizinischen Geräten mit niedrigem Energieverbrauch, die Nutzung erneuerbarer Energien, den sparsamen Verbrauch von Wasser und seine sichere Lagerung, die Verbesserung des Beschaffungswesens, die Wieder-verwertung von Abfällen und die Verwendung lokal erzeugter Nahrungsmit-tel kann in Krankenhäusern und Arztpraxen erheblicher gesundheitlicher und wirtschaftlicher Nutzen erzielt werden. Das Gesundheitswesen muss auch eine wesentliche Rolle bei der Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels und der Verringerung von Umweltbelastungen spielen, indem es Maßnahmen zur Begrenzung seines eigenen beträchtlichen ökologischen Fußabdrucks und seiner negativen Auswirkungen auf die Umwelt ergreift. Unabhängig davon sind das Potenzial und die Kapazitäten für eine umweltverträglichere Gestaltung des Gesundheitswesens von Land zu Land sehr unterschiedlich und weisen ein deut-liches West-Ost-Gefälle auf. Geeignete Rechtsvorschriften, Anreize zum Ausbau der Fähigkeit der Institutionen zur Anschubfinanzierung, die Bereitstellung rege-nerativer und energieeffizienter Technologien sowie Maßnahmen zur Bewusst-seinsbildung können allesamt dazu beitragen, die Hindernisse für die Verwirkli-chung zu überwinden.

In dem Maße, in dem das Thema umweltverträgliche Entwicklung an Profil gewinnt, mehren sich auch die Erkenntnisse, die belegen, wie diese zu mehr

Gesundheit und Chancengleichheit beitragen kann (251). Zu den wichtigen Forschungsbereichen zählen die gesundheitlichen Auswirkungen von neuen Technologien und Innovation sowie der Nutzen umweltverträglicher und inte-grativer Wachstumskonzepte in anderen Politikbereichen für die Gesundheit und die Chancengleichheit. Umweltverträgliches Wachstum und umweltver-träglicher Wohlstand werden nicht zwangsläufig integrativ wirken oder zum Ab-bau von Armut führen, wenn sie nicht von Konzepten zugunsten einkommens-schwacher Menschen und von Maßnahmen zur Förderung von Gesundheit als festem Bestandteil eines umweltverträglichen Entwicklungsansatzes begleitet werden. Wirtschaftliche Erschwinglichkeit ist nur eine Komponente von inklu-sivem Wachstum und chancengerechtem Zugang. In Bezug auf den Zugang zu Wasserversorgung, Nahrungsmitteln, sanitären Einrichtungen und Energie für den Haushaltsbedarf sind eine Reihe von sektorübergreifenden ökonomischen Unterstützungsmaßnahmen vorgeschlagen worden. Diese reichen von direkter finanzieller Unterstützung und technologischen Verbesserungen bis zu einer Ba-sisversorgung der Bedürftigsten.

Der Nachweis der Zusammenhänge zwischen nachhaltiger Entwicklung und Ge-sundheit ist ein gewichtiges Argument zur Unterstützung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen im Besonderen sowie von nachhaltiger Entwicklung allgemein. Gesundheitsergebnisse lassen sich messen und können das Interes-se von Bevölkerung und Politik auf sich ziehen. Gesundheit wird ein wichtiges Kriterium dafür sein, wie nach Rio +20 die Fortschritte und die Auswirkungen nachhaltiger Entwicklung beurteilt werden.

Durch Ausweitung der interdisziplinären und sektorübergreifenden Zusammen-arbeit für die menschliche Gesundheit, eine gesunde Umwelt und gesunde Tie-re erhöht sich die Wirkung der Arbeit zugunsten der öffentlichen Gesundheit.

Dazu gehört die Arbeit zur vollständigen Umsetzung multilateraler Umweltab-kommen sowie der Empfehlungen aus dem Prozess Umwelt und Gesundheit für Europa, die zügige Erweiterung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, die Abschätzung der Gesundheitsfolgen des Handelns anderer Politikbereiche und insbesondere der Folgen für die Gesundheit wie auch die Umwelt, die Sicherung der kontinuierlichen Entwicklung und Anpassung der Angebote im Bereich Um-welt und Gesundheit und die Aufforderung an das Gesundheitswesen, verstärkt Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen.