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Situationsanalyse Die Europäische Region umfasst Länder, deren Kindersterblichkeitsraten zu den

niedrigsten in der Welt zählen, und die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen in der Europäischen Region der WHO genießen ein hohes Maß an Gesundheit und Wohlbefinden. Allerdings bestehen auch signifikante Unterschiede; denn in den Ländern mit der höchsten Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren ist

die entsprechende Sterblichkeitsrate mehr als 20- bis 30mal so hoch wie in den Ländern mit der geringsten.

In der Europäischen Region beträgt die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren 9,81 pro 1000 Lebendgeburten. Die Sterblichkeit bei Kindern unter 15 Jah-ren ist in allen Ländergruppen der Europäischen Region zurückgegangen, und die Sterblichkeit der Altersgruppe unter fünf Jahren ist heute die niedrigste aller WHO-Regionen, auch wenn es zwischen den einzelnen Ländern beträchtliche Unterschiede gibt. So verzeichnen die Länder der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS),5 in denen ein Kind dreimal eher Gefahr läuft, vor Vollendung des fünften Lebensjahrs zu sterben, als in einem EU-Land, einen langsameren Rück-gang der Kindersterblichkeitsraten.

Die wichtigsten Todesursachen bei Kindern unter fünf Jahren in der Europäi-schen Region sind Neonatalerkrankungen, Lungenentzündung und Durchfall.

Etwa die Hälfte der Todesfälle sind durch Unterernährung bedingt. Auch gefähr-liche Lebensbedingungen, Fettleibigkeit und ungesunde Lebensgewohnheiten stellen Risiken für die Kinder dar. Ungünstige Lebensbedingungen verschärfen sozioökonomische Ungleichheiten in den Städten. Dort, wo entsprechende An-gaben vorliegen, lassen sich in den Sterblichkeitsraten von Kindern unter fünf Jahren markante Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten sowie zwischen Haushalten mit den niedrigsten und solchen mit den höchsten Einkommen nachweisen (27,69,82–85).

Zahlreiche Todesfälle und Behinderungen unter jungen Menschen sind auf Selbstmordversuche oder Unfälle zurückzuführen. Jeden Tag sterben über 300 junge Menschen in der Europäischen Region aufgrund weitgehend verhütba-rer Ursachen. Fast 10% der 18-Jährigen in der Europäischen Region leiden an Depression. Verletzungen sind die führende Todesursache bei Jugendlichen, und Verletzungen aufgrund von Verkehrsunfällen sind die führende Todes- und Verletzungsursache unter den 10–24-Jährigen (86–90). Junge Männer sind in al-len Ländern und in allen sozioökonomischen Schichten häufiger von Suizid und Unfällen betroffen (91).

Die Grundlage für ein gesundes Leben ist ein guter Start ins Leben. Ein guter Lebensanfang zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: eine Mutter, die in Be-zug auf ihre reproduktive Gesundheit selbstbestimmt und während der Schwan-gerschaft gesund ist und ein Kind mit einem gesunden Gewicht entbindet; und ein Kind, das im Säuglingsalter warmherzige und einfühlsame Bezugspersonen hat, Zugang zu qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung und frühkindlicher Bil-dung hat und in einer anregenden Umgebung lebt, in der es gefahrlos im Freien spielen kann. Die Erkenntnisse zeigen, dass hochwertige Leistungsangebote für die ersten Lebensjahre, die Auswirkungen auf das Verhalten der Eltern haben, die Folgen sozialer Benachteiligung auf die frühkindliche Entwicklung kompen-sieren können.

Das erste Lebensjahr ist ausschlaggebend für eine gesunde körperliche und seelische Entwicklung. Kinder und Jugendliche benötigen ein sicheres und un-terstützendes Umfeld: saubere Luft, sichere Wohnverhältnisse, nahrhaftes Essen, sauberes Wasser und eine gesunde Lebensweise. Außerdem benötigen sie Zu-gang zu freundlichen, altersgerechten Angeboten. Die Förderung der körperli-chen, sozialen und emotionalen Entwicklung schon in den ersten Lebensjahren ist für alle Kinder von grundlegender Bedeutung. Bei Kindern, die einen solchen positiven Lebensanfang erhalten, ist es wahrscheinlich, dass sie in der Schule gut abschneiden, eine besser bezahlte Beschäftigung annehmen und als Erwachse-ne körperlich und geistig gesünder sind.

5 Zum Zeitpunkt der Datenerhebung gehörten der Gemeinschaft unabhängiger Staaten Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kasach-stan, KirgisiKasach-stan, die Republik Moldau, die Russische Föderation, TadschikiKasach-stan, TurkmeniKasach-stan, die Ukraine und Usbekistan an.

Die für das Wohlbefinden ausschlaggebenden persönlichen Stärken wie Prob-lemlösungskompetenz, Beherrschung der Gefühle und physische Sicherheit sind positive Grundlagen für Gesundheit und Entwicklung in der frühkindlichen Pha-se. Durch Weiterentwicklung dieser Fähigkeiten und die Herbeiführung größt-möglichen Wohlbefindens in der frühen Kindheit wird der Grundstein für lebens-langes Wohlergehen gelegt.

Kinder, die in benachteiligte häusliche und familiäre Verhältnisse hineingebo-ren werden, sind verstärkt durch spätere Wachstums- und Entwicklungsdefi-zite gefährdet. Ein Höchstmaß an Gesundheit und Wohlbefinden im späteren Leben setzt Investitionen in eine positive frühkindliche Erfahrungswelt und Entwicklung voraus. Eine gute soziale, emotionale und psychische Gesundheit trägt dazu bei, Kinder vor emotionalen und verhaltensbezogenen Problemen, Gewalt und Kriminalität, frühzeitiger Schwangerschaft sowie Drogen- und Al-koholmissbrauch zu bewahren, und prägt entscheidend ihr Abschneiden in der Schule (92–100).

Viele ernste Krankheiten und Belastungen durch Risikofaktoren (wie Tabakkon-sum, ungünstige Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten) nehmen in Kind-heit und Jugend ihren Anfang. So können Tabakkonsum, psychische Störungen, sexuell übertragbare Infektionen (einschließlich HIV) sowie ungünstige Ernäh-rungs- und Bewegungsgewohnheiten alle im späteren Leben zu Krankheit oder vorzeitigem Tod führen. Die Prävalenz von Übergewicht bei Kindern unter 16 Jahren liegt in der Europäischen Region zwischen 10% und 20%, wobei die Raten in den Ländern Südeuropas höher sind. Die Ernährungsgewohnheiten junger Menschen sind gesundheitlich gesehen nicht optimal; unter anderem werden weniger Obst und Gemüse verzehrt als die empfohlene Menge, dafür aber umso mehr zuckerhaltige Getränke. Die körperliche Betätigung nimmt bei Heranwach-senden ab, insbesondere bei Mädchen. In der Europäischen Region liegt die Prä-valenz von Rauchen für 13-Jährige bei 5% und steigt bei 15-Jährigen auf 19%.

Fast zwei Drittel der 16-Jährigen konsumieren mindestens einmal pro Monat Al-kohol. Der prozentuale Anteil der 15-Jährigen, die angeben, Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, reicht in den Ländern der Europäischen Region von 12% bis 38% (58,101–103). In Bezug auf die Verwendung von Kondomen und anderen Verhütungsmitteln gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Ländern, aber auch zwischen Jungen und Mädchen.

Das Jugendlichenalter ist in der Regel eine Zeit, in der Mädchen wie Jungen ge-sund sind und in der ihnen Wachstums- und Entwicklungschancen offen ste-hen. Heute erreichen junge Menschen generell in einem jüngeren Alter die Ge-schlechtsreife als früher. Das Jugendalter kann allerdings auch eine risikoreiche Zeit sein, insbesondere was sexuelle Aktivität, Substanzmissbrauch und Unfälle angeht. Ausschlaggebend für das von Jugendlichen entwickelte Verhalten ist oft das soziale und ökonomische Umfeld, in dem sie aufwachsen (93). Unter-suchungen belegen, dass Jungen und Mädchen gesundheitlichen Risiken bzw.

Erkrankungen (z. B. depressive Störungen, Verletzungen, Substanzmissbrauch, Essstörungen, sexuell übertragbare Infektionen, Gewalt, Suizid, Selbstverlet-zung) in unterschiedlichem Maße ausgesetzt und so in unterschiedlichem Um-fang gefährdet sind (91).

Bewährte Lösungen Morbidität und Mortalität bei Kindern und Heranwachsenden lassen sich

weit-gehend verhindern. Mit kostengünstigen, wirksamen Maßnahmen könnten zwei Drittel der Todesfälle vermieden werden. Verschiedene Kinderkrankheiten lassen sich durch Impfung und mit relativ einfachen, kostengünstigen Maßnahmen ver-hüten. Die Strategie der WHO für ein Integriertes Management von Kinderkrank-heiten (IMCI) setzt sich für ein Paket einfacher, erschwinglicher und wirksamer

Interventionen für das kombinierte Management der wichtigsten Kinderkrank-heiten und der Mangelernährung ein, zu dem Antibiotika, die Behandlung von Anämien, Impfmaßnahmen und die Förderung des Stillens gehören (104,105).

Bei Maßnahmen zur Bekämpfung des Tabakkonsums und des schädlichen Alko-holkonsums muss der Schutz von Kindern einen höheren Stellenwert erhalten:

durch wirksame, bevölkerungsweite Maßnahmen und Regulierungsrahmen wie etwa Werbeverbote, das Verbot des Verkaufs an Minderjährige, die Förderung rauchfreier Umgebungen und Maßnahmen der Preisgestaltung. Kinder sind auf-grund ihrer Anfälligkeit dem Einfluss der Werbung besonders stark ausgesetzt, und durch geeignete Interventionen können die Auswirkungen der Werbung für Lebensmittel mit hohem Anteil an gesättigten Fetten, Transfettsäuren, freiem Zu-cker und Salz auf Kinder verringert werden. Körperliche Betätigung kann durch umweltpolitische Maßnahmen gefördert werden, etwa im Bereich der Städtepla-nung oder der Gestaltung des Schulalltags.

Eine strategische Schwerpunktlegung auf gesunde Lebensbedingungen für jüngere Menschen ist von erheblicher Bedeutung. Das soziale und emotionale Wohlbefinden der Kinder wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, angefan-gen von ihrer individuellen Veranlagung und ihrem familiären Hintergrund bis hin zu der Gemeinschaft, in der sie leben, und der Gesellschaft insgesamt. Es bedarf daher einer breiter angelegten, organisationsübergreifenden Strategie, zu der die Menschen selbst beitragen können. Zur Unterstützung von Programmen, die der Gesundheitsförderung dienen, einschließlich generationsübergreifender Maßnahmen, kann ein breites Spektrum von Akteuren mobilisiert werden. Für junge Menschen betrifft dies etwa folgende Handlungsbereiche: Maßnahmen zur Anhebung des sozialen und ökonomischen Status von Kindern, die unter be-nachteiligten Lebensbedingungen leben (91,92,95,106–109); gesamtschulische Konzepte für schulische Aktivitäten, die darauf abzielen, das soziale und emotio-nale Wohlbefinden der Kinder zu fördern und zu schützen (u. a. durch schulische Programme zur Förderung der Gesundheitskompetenz); und den Aufbau von Jugendorganisationen. In diese Programme und Aktivitäten müssen vor allem gezielte Anstrengungen zur Förderung der psychischen und der sexuellen Ge-sundheit eingebunden werden.

Die einschlägigen Strategien der WHO auf der globalen Ebene bzw. der Ebene der Europäischen Region betreffen folgende Bereiche: Gesundheit und Entwick-lung von Kindern und Jugendlichen (110); Prävention und Bekämpfung sexuell übertragener Infektionen (76); Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern (77);

und Aktionsplan zur Verbesserung von Umwelt und Gesundheit der Kinder in der Europäischen Region (83). Die Arbeit zur Verwirklichung der einschlägigen Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, wie MZ 1 (Senkung der Kindersterblichkeit) und MZ 2 (Verwirklichung der allgemeinen Grundschulbil-dung), ist bereits im Gange. Es gibt deutliche Belege für die Notwendigkeit, bei der Verbesserung der Gesundheit von Jugendlichen in maßgeblichen Bereichen wie psychische Gesundheit, Adipositas, Verletzungsprävention, HIV, chronische Krankheiten, sexuelle und reproduktive Gesundheit, Gewaltprävention und Wohlbefinden geschlechtsspezifische Konzepte anzuwenden (91).