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Die in der Einleitung beschriebenen Entwicklungen haben zu intensiven Auseinandersetzungen in der deutschen Hörgeschädigtenpädagogik geführt, wie die Bildung hörgeschädigter Kinder gestaltet werden soll. Heute suchen zwar immer mehr Förderschulen nach Wegen, sowohl oral-aurale und bilingu-ale Angebote unter einem Dach zu vereinen. Ob aber hörgeschädigte Schüler in einer Förderschule ein bilinguales Angebot bekommen, hängt immer noch von den Einstellungen und personellen Ressourcen der jeweiligen Schule ab.

Darüber hinaus wird heute diskutiert, welche Schule für ein hörgeschädigtes Kind am besten geeignet ist. In der Diskussion um die Inklusion von Kindern mit Behinderung, wird zurzeit das deutsche Förderschulwesen grundsätzlich in Frage gestellt. Die Diskussion um die gemeinsame Beschulung von hörenden und hörgeschädigten Schülern birgt allerdings die Gefahr, dass die speziellen

Claudia Becker

-development support and education of children and youth with hearing impairment – comparative analysis on the example of five European countries aborniak-Sobczak, Katarzyna Ita Bieńkowska, Edyta Tomińska Wydawnictwo APS Warsaw 2017

Bedürfnisse hörgeschädigter Schüler in der Regelschule bagatellisiert wer-den. Die Besonderheiten in der Kommunikation in einem hörenden Umfeld, die erschwerte Sprachentwicklung in der Kindheit und die Besonderheiten des Lernens mit einer Hörschädigung werden von Regelschullehrern oft übersehen.

Die Feststellung dieser Bedürfnisse wird erschwert, wenn das Kind und seine Familie aufgrund des Anpassungsdrucks selbst die Auswirkungen der Hörschä-digung verdrängen und Verstecktaktiken ausbilden. Unterstützungsangebote von Hörgeschädigtenpädagogen werden deshalb von Regelschullehrern nicht selten mit Argumenten wie “Die Schülerin ist doch ganz ruhig und unauffällig und will auch gar keine Sonderrolle” abgewehrt.

Um der Bagatellisierung der Auswirkungen einer Hörschädigung in einer

“Schule für alle” entgegenzuwirken und um ein bilinguales Bildungsangebot sowohl in den Förderschulen als auch in den Regelschulen zu implementie-ren, werden Qualitätsstandards für die Bildung hörbehinderter Kinder benötigt, die sowohl für die Förderschulen als auch für die Regelschulen gelten. Hierzu gehören folgende Qualitätskriterien (Becker, 2012):

1. An jeder Schule muss die Möglichkeit bestehen, die Sprachkompetenzen je nach den Bedürfnissen der Schüler zu fördern. Kinder müssen sowohl den Zugang zur Laut- als auch zur Gebärdensprache bekommen, um eine individuelle Wahl in der sprachlichen Orientierung zu ermöglichen. Das bedeutet unter anderem, dass jede Schule auch ein offenes bilinguales Angebot bereithalten muss, das von einem Kind je nach Bedarf genutzt werden kann.

Maßnahmen sind zum Beispiel:

– Die Schüler erhalten eine Hör- und Sprecherziehung.

– Das Unterrichtsfach Deutsche Gebärdensprache wird angeboten.

– Es wird eine zusätzliche Förderung im Fach Deutsch durchgeführt.

2. Die aktive Partizipation am Unterricht und am gesamten Schulleben wird durch die Sicherstellung der Kommunikation in allen Situationen des schulischen Alltags erreicht. Dazu gehört sowohl der Einsatz von Hör-technik, von entsprechenden Kommunikationsstrategien und von Gebär-densprache in allen Bereichen des schulischen Lebens. Das bedeutet auch, dass alle, dass auch bei Bedarf hörende Schüler geeignete Kommunikati-onsformen erlernen, damit eine vertiefte Kommunikation und Integration hörgeschädigter Schüler in die Peergruppe möglich ist.

Bilinguale Bildung hörgeschädigter Kinder in deutschen Schulen...

-development support and education of children and youth with hearing impairment – comparative analysis on the example of five European countries aborniak-Sobczak, Katarzyna Ita Bieńkowska, Edyta Tomińska Wydawnictwo APS Warsaw 2017

Maßnahmen sind zum Beispiel:

– DGS und Deutsch werden als Unterrichtssprachen verwendet (z.B.

durch Team-Teaching in zwei Sprachen).

– Die hörakustische Situation wird durch Einsatz von Hörtechnik und raumakustischen Maßnahmen (z.B. geeignete Sitzordnung, kleine Klassengröße) optimiert.

– Geeignete Kommunikationsstrategien werden verwendet.

– Hörende Mitschüler lernen DGS / Lautsprachbegleitende Gebärden und geeignete Kommunikationsstrategien.

– Bei Bedarf werden Gebärdensprachdolmetscher eingesetzt.

3. Eine umfassende Bildung wird ermöglicht, indem die Auswirkungen der Hörschädigung und der Mehrsprachigkeit auf die gesamte Lernentwick-lung berücksichtigt und der Unterricht entsprechend methodisch-didak-tisch gestaltet wird.

Maßnahmen sind zum Beispiel:

– Das methodisch-didaktische Vorgehen wird an die Lernstile hörge-schädigter Schüler angepasst.

– Hörgeschädigte Schüler erhalten nach Bedarf zusätzlich individuelle Förderung.

– Die Förderplanung wird auf der Grundlage einer prozessbegleitenden Diagnostik erstellt, die sowohl die kommuni kative Kompetenz (Laut-, Gebärden- und Schrift sprache) als auch die kognitive und sozial-emo-tionale Entwicklung im Blick behält.

– Binnendifferenzierende und indivi dualisierende Maßnahmen werden in allen Fächern durchgeführt.

– Der Fremdsprachunterricht wird in Anpassung an die Hörschädigung methodisch-didaktisch gestaltet.

– Es wird mehr Zeit für Lernprozesse ge ben z.B. durch die Einrichtung von Übergangsklassen.

4. Die sozial-emotionale Entwicklung wird unterstützt, indem die Ausein-andersetzung mit der eigenen Hörschädigung gefördert wird. Inhalte der Kultur hörgeschädigter Menschen sind an allen Schulen zu unterrichten.

Außerdem werden Kontakte zu anderen hörgeschädigten Kindern und Erwachsenen ermöglicht.

Maßnahmen sind zum Beispiel:

Claudia Becker

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– Hörgeschädigte Schüler besuchen - wenn möglich - in einer Gruppe mit anderen hörgeschädigten Kindern eine Klas se mit hörenden Schülern.

– Gehörlose und schwerhörige Pädagogen und Lehrkräften werden in den Unterricht einbezogen.

– Inhalte der Kultur hörgeschädigter Menschen und Themen rund um die eigene Hörschädigung werden vermittelt, wobei auch Behinderungser-fahrungen thematisiert werden.

– Kontakte mit regiona len und überregiona len Selbsthilfeverbän den werden hergestellt.

– Hörende Kinder ler nen DGS/Lautsprachbegleitende Gebärden bzw.

hörge schädigtenge rechte Kommunika tions strategien.

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