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D IE S TELLUNG DER ZWEITEN G ENERATION IM B ILDUNGSSYSTEM Die Differenzierungen des Schulniveaus innerhalb der ersten neun Schuljahre sind aus den

3 DER ZUGANG ZU BILDUNG

3.1 D IE S TELLUNG DER ZWEITEN G ENERATION IM B ILDUNGSSYSTEM Die Differenzierungen des Schulniveaus innerhalb der ersten neun Schuljahre sind aus den

Volkszählungsdaten nicht ersichtlich, es ist also nicht feststellbar, in welches schulische Niveau die Kinder im Verlauf ihrer obligatorischen Schulbildung eingeteilt waren. Bekannt ist hingegen, in welches Bildungsniveau die Kinder bzw. die Jugendlichen nach Abschluss ihrer obligatori-schen Schulzeit eintreten: Grafik 5 (Tabelle A5 im Anhang) zeigt die Verteilung von Schulabgän-gerinnen und -abgängern (17-Jährige) auf die unterschiedlichen Ausbildungsniveaus. Entspre-chend den getroffenen Annahmen zeigt sich, dass Angehörige der zweiten Generation – als Jugendliche ausländischer Herkunft und als Kinder aus Familien mit wenig Kapital – nach der obligatorischen Schulbildung in tiefere Ausbildungsniveaus einsteigen als Jugendliche schwei-zerischer Herkunft. Im Alter von 17 Jahren besuchen rund 22% der zweiten Generation eine Schule auf Maturitätsstufe gegenüber rund 26% gebürtigen Schweizerinnen und Schweizern, gleichzeitig sind rund 26% weder in eine Lehre noch in die Maturitätsschule eingetreten (gegen-über rund 16% Schweizerinnen und Schweizern). Die feststellbare „Anfangsungleichheit“ beim Einstieg in die nachobligatorische Ausbildungszeit kann als das Resultat mehrerer und bereits in den ersten neun Schuljahren wirksamer Selektionsmechanismen interpretiert werden. Dass die nationale Herkunft eines Kindes schon in frühen Schuljahren als Selektionsprinzip wirkt, ist in Studien auch für die Schweiz wiederholt nachgewiesen worden (Kronig et al., 2000; Müller, 2001)10. Eine noch tiefere Bildungsstufe als die Kinder von Immigrantinnen und Immigranten wei-sen die Angehörigen der ersten Einwanderergeneration auf, die u.U. zum Teil im Ausland die Schule besucht und keine gleichwertige (bzw. keine gleich bewertete) Grundausbildung durch-laufen haben wie ihre Altersgenossinnen und -genossen.

10) In den genannten Studien wurde insbesondere gezeigt, dass und inwiefern das in der Grundschule geltende Prinzip des Monolingualismus als Selektionsmechanismus fungiert, indem die häufig schlechten Deutschkenntnisse der Kin-der Kin-deren Gesamtbeurteilung durch die Lehrer/innen negativ beeinflussen und indem ausserdem eine möglicher-weise vorhandene Zweisprachigkeit nicht adäquat bewertet wird. Im Rahmen von biographischen Studien (Leenen et al., 1990; Juhasz und Mey, 2003) ist überdies erkennbar, wie im schulischen Kontext auch sehr feine Mechanis-men von Diskriminierung wirksam werden können, etwa wenn im Falle von ausländischen Kindern die Unterstützung beim Verfolgen von selbstgesteckten Zielen fehlt.

Das Bild in Grafik 5 (Tabelle A5 im Anhang) erfährt einige Verschiebungen, wenn die erste und die zweite Generation weiter differenziert werden, indem erstens der Einbürgerungsstatus berücksichtigt und zweitens die Gruppe der neu (das heisst maximal vor fünf Jahren) zugewan-derten Personen separat ausgewiesen werden. In Grafik 6 (Tabelle A6 im Anhang) fallen insbe-sondere die Unterschiede im Bildungsniveau zwischen eingebürgerten und nicht eingebürgerten Erst- und Zweitgenerations-Angehörigen auf. Besuchen etwa nicht eingebürgerte, also ausländi-sche Angehörige der zweiten Generation zu rund 19% die Maturitätsschule oder das Lehrerse-minar, so liegt dieser Anteil bei der eingebürgerten zweiten Generation bei rund 32% – und damit höher als bei den „gebürtigen“ Schweizerinnen und Schweizern, die zu rund 26% das Gymnasium bzw. das Seminar besuchen. Berechnungen, die nur die ausländischen Kinder von Immigrantinnen und Immigranten zur zweiten Generation zählen und die bildungsmässig erfolg-reichen, eingebürgerten Kinder den Schweizerinnen und Schweizern zurechnen, zeichnen dem-nach kein adäquates Bild. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Kinder von immigrierten Eltern schulisch offenbar erfolgreicher als ihre Altersgenossinnen und -genossen, die seit ihrer Geburt Schweizer/innen sind. Weiter unten wird sich zeigen, dass dieser Effekt in hohem Masse darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei den Eingebürgerten um Kinder von bereits ver-gleichsweise gut ausgebildeten Eltern handelt. Am unteren Ende der Bildungshierarchie – bei den fehlenden oder nur obligatorischen Ausbildungen (inkl. Diplommittelschule) – sind zwar ebenfalls Unterschiede zwischen Eingebürgerten und nicht Eingebürgerten auszumachen, doch hier liegen alle Zweitgenerations-Angehörigen, sowohl die eingebürgerten als auch die ausländi-schen, hinter den gebürtigen Schweizerinnen und Schweizern zurück.

Analog zeigen sich in Grafik 6 (Tabelle A6 im Anhang) auch bei der ersten Generation Unter-schiede zwischen eingebürgerten und nicht eingebürgerten Personen insofern, als die Einge-bürgerten in bessere schulische Niveaus eingeteilt sind. Allerdings ist die erste Generation, wie Grafik 5: 17-jährige Wohnbevölkerung nach Migrationsgeneration und Ausbildung

(in %), 2000

Eidgenössische Volkszählung 2000, BFS © Bundesamt für Statistik (BFS)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

1.Generation

2.Generation

Schweizer/in seit Geburt

Kein Abschluss Sekundarstufe I Sekundarstufe IIa Sekundarstufe IIb

Höchste abgeschlossene oder gegenwärtige Ausbildung, exklusive Personen ohne Angabe.

bereits oben angemerkt, insgesamt schlechter positioniert als die zweite Generation, was sich insbesondere in einem höheren Anteil an Personen zeigt, die im Alter von 17 Jahren weder in eine Lehre noch in ein Gymnasium oder Lehrerseminar eingetreten sind.

Die gesonderte Betrachtung von neu zugezogenen 17-jährigen Migrantinnen und Migranten der ersten Einwanderergeneration in Grafik 6 (Tabelle A6 im Anhang) zeigt, dass es sich hier um eine in Bezug auf das Bildungsniveau in hohem Masse ambivalente Gruppe handelt: Einerseits besucht mit rund 26% ein überdurchschnittlich hoher Anteil die Maturitätsschule oder das Leh-rerseminar, andererseits ist hier auch der Anteil jener Personen, die keine oder nur die obliga-torische Ausbildung gemacht haben, mit rund 59% deutlich höher als in den anderen Gruppen.

Es dürften vorwiegend die unterschiedlichen Wanderungsmotive sein, die sich in diesem Resul-tat niederschlagen: So ist damit zu rechnen, dass sich unter den Neuzugezogenen sowohl ver-gleichsweise privilegierte, schon vor ihrer Einwanderung gut gebildete Personen finden, die spe-ziell für ihre (höhere) Ausbildung in die Schweiz gekommen sind, als auch solche, die aus wenig privilegierten Verhältnissen stammen und in ihren Herkunftsländern keine oder nur eine minima-le Ausbildung absolviert haben.

Welches Bild zeigt sich nun zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe der Bildungskarriere? Ver-schärft sich die festgestellte Anfangsungleichheit zwischen Kindern von Immigrantinnen und Immigranten und Schweizer Kindern über die Jahre, oder ist im Gegenteil ein Aufholeffekt der zweiten Generation feststellbar? Grafik 7 (Tabelle A7 im Anhang) weist die Ausbildung im Alter von 25 Jahren aus. In der Grafik zeigt sich unter anderem, dass die Anteile an Personen, die das Gymnasium besuchen bzw. die mittlerweile in eine Ausbildung auf der Tertiärstufe eingetreten sind, bei allen Gruppen – erwartungsgemäss – zugenommen haben. Auffallend ist, dass die ein-Grafik 6: 17-jährige Wohnbevölkerung nach Migrationsgeneration,

Einbürgerungsstatus und Ausbildung (in %), 2000

Eidgenössische Volkszählung 2000, BFS © Bundesamt für Statistik (BFS)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Neu Zugewanderte

1.Generation nicht eingebürgert

1.Generation eingebürgert

2.Generation nicht eingebürgert

2.Generation eingebürgert

Schweizer/in seit Geburt

Kein Abschluss Sekundarstufe I Sekundarstufe IIa Sekundarstufe IIb

Höchste abgeschlossene oder gegenwärtige Ausbildung, exklusive Personen ohne Angabe.

gebürgerte zweite Generation ihren Vorsprung in den hohen Bildungsgängen gegenüber den Schweizerinnen und Schweizern erhalten und gleichzeitig ihren Rückstand am unteren Ende der Bildungshierarchie aufholen konnte: Es sind im Alter von 25 Jahren in etwa gleich viele gebürti-ge Schweizer/innen wie eingebürti-gebürgebürti-gerte Zweitgebürti-generations-Angebürti-gehörigebürti-ge, die keine oder nur die obli-gatorische Schulbildung besitzen (Schweizer/innen seit Geburt rund 7%, eingebürgerte zweite Generation rund 6%). Demgegenüber ist die nicht eingebürgerte Generation im Vergleich zu der eingebürgerten zweiten Generation bildungsmässig noch stärker zurückgefallen. Insbesondere ist ihr Anteil an Personen ohne weiterführende Schulbildung im Alter von 25 Jahren mit rund 17%

beinahe dreimal so hoch wie jener der eingebürgerten Kinder von Immigrantinnen und Immi-granten (rund 6%). Was die Vertretung auf der Tertiärstufe betrifft, so sind im Alter von 25 Jah-ren nebst der eingebürgerten zweiten Generation auch die eingebürgerte erste Generation und die neu Zugewanderten sehr gut – und besser als die gebürtigen Schweizer/innen – positio-niert: So liegt etwa der Anteil an Personen, die eine Fachhochschule oder Universität besuchen, bei den neu Zugewanderten bei 28%, bei der eingebürgerten ersten Generation bei 26% und bei der eingebürgerten zweiten Generation bei 27%, gegenüber 17% bei den gebürtigen Schweize-rinnen und Schweizern.

Grafik 7: 25-jährige Wohnbevölkerung nach Migrationsgeneration, Einbürgerungsstatus und Ausbildung (in %), 2000

Eidgenössische Volkszählung 2000, BFS © Bundesamt für Statistik (BFS)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Neu Zugewanderte

1.Generation nicht eingebürgert

1.Generation eingebürgert

2.Generation nicht eingebürgert

2.Generation eingebürgert

Schweizer/in seit Geburt

Kein Abschluss Sekundarstufe I

Sekundarstufe IIa Sekundarstufe IIb

Tertiärstufe a Tertiärstufe b

Höchste abgeschlossene oder gegenwärtige Ausbildung, exklusive Personen ohne Angabe.