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5. Empirische Untersuchung

5.2 Quantitative Analyse der Realienübersetzung

5.2.1 Häufigkeit der Übersetzungsstrategien für die Realien

Um die Häufigkeit der Übersetzungsstrategien für Realien in Der Zorn der Einsiedlerin zu un-tersuchen, wurden alle relevanten Realien im engeren Sinne aus Quand sort la recluse heraus-gesucht und in einem Excel-Dokument mit ihrer jeweiligen Übersetzung eingetragen. Unter Realien im engeren Sinne werden, wie bei der Zusammenstellung des Korpus erklärt (vgl.

4.2.1), jene Realien verstanden, die eng mit der französischen Ausgangskultur verbunden sind und daher je nach Übersetzung einen Fremdheitseffekt erzeugen könnten. Als relevant wer-den diejenigen Realien angesehen, die im Deutschen auf unterschiedliche Art und Weise wie-dergegeben werden könnten und die im Rahmen einer Untersuchung der gewählten Überset-zungsstrategien deshalb von Interesse sind. Aus diesem Grund wurden zum Beispiel die Na-men jener französischen Städte weggelassen, für die es keine deutsche Entsprechung gibt und

59 für die daher nicht verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ausser-dem wurden die in Quand sort la recluse für Restaurants, Cafés oder Hotels verwendeten Be-zeichnungen nicht in die Analyse der Realienübersetzung miteinbezogen, weil die meisten die-ser Namen frei erfunden und daher nicht eng mit der Ausgangskultur verbunden sind. Zudem wirkt auch die wörtliche Übersetzung solcher Namen im Deutschen oft idiomatisch, weshalb diese Lehnübersetzungen ansonsten als Analogieverwendungen klassifiziert werden müssten.

Auch alle Wiederholungen von Realien in Quand sort la recluse wurden herausgeschrieben und als solche gekennzeichnet. Im Zusammenhang mit der Methodik unter 4.3.1 wurde er-wähnt, dass bei wiederholt vorkommenden Realien nur jene Übersetzungsstrategien berück-sichtigt werden, die in Der Zorn der Einsiedlerin für diese Realien vermehrt zur Anwendung kamen. Falls für eine Realie keine wiederholt verwendeten Übersetzungsstrategien festge-stellt werden konnten, zum Beispiel weil sie in Quand sort la recluse nur zweimal vorkommt und in Der Zorn der Einsiedlerin dafür jeweils unterschiedliche Übersetzungen stehen, wurden beide Übersetzungsstrategien in die Analyse aufgenommen. Auch für oft wiederholte Realien wurden zum Teil zwei bis drei verschiedene Übersetzungsstrategien vermehrt verwendet, die in diesem Fall alle berücksichtigt wurden. Wenn für die Übersetzung häufig vorkommender Realien nebst diesen vorwiegend eingesetzten Übersetzungsstrategien einmalig ein weiteres Verfahren zum Zuge kam, wurde dieses der Vollständigkeit halber in Klammern angegeben, aber nicht in die Analyse miteinbezogen.

Interessanterweise ist die Übersetzung von häufig vorkommenden Realien in Der Zorn der Ein-siedlerin jedoch konsistenter als bei selten anzutreffenden Realien. So wurden zum Beispiel auf die sehr häufig auftretenden französischen Realien Brigade und lieutenant stets die Über-setzungsstrategien Direktübernahme oder Auslassung angewandt, während für die – unter Einbezug des Oberbegriffs tomme – nur fünfmal vorkommende Realie tomme de brebis vier verschiedene Übersetzungsstrategien eingesetzt wurden: So wurde „une tomme de brebis vieillie“ (Vargas, 2017, S. 78) mit „einen reifen Tomme de brebis“ (Vargas, 2018, S. 83; Direkt-übernahme und Explikation); „son assiette de tomme“ (Vargas, 2017, S. 79) mit „sein Teller mit dem Schafskäse“ (Vargas, 2018, S. 83; Zielkulturelle hyponymische Übersetzung); „la tomme de brebis“ (Vargas, 2017, S. 161) mit „den Käse“ (Vargas, 2018, S. 173; Hypero- nymische Übersetzung) und „la tomme“ (Vargas, 2017, S. 249) mit „den Tomme“ (Vargas, 2018, S. 264; Direktübernahme) übersetzt. Dieses Vorgehen ist interessant, weil man eher bei

60 häufig vorkommenden Realien Variation erwarten würde, um nicht immer die gleichen Be-griffe zu verwenden. Bei seltenen Realien hingegen könnten konsistente Übersetzungen der Leserschaft verdeutlichen, dass jeweils derselbe Gegenstand oder dasselbe Konzept gemeint ist. Allerdings dürfte eine Inkonsistenz bei der Übersetzung von wiederholten Realien der Le-serschaft eher auffallen oder sogar störend wirken als bei selten auftretenden Realien.

Die für die Analyse relevanten Übersetzungsstrategien wurden im Excel-Dokument zusammen mit der jeweiligen ausgangssprachlichen Realie und ihrer Übersetzung farblich hervorgeho-ben. Dabei wurden für die elf möglichen Übersetzungsstrategien (vgl. 4.3.1) jeweils unter-schiedliche Farben gewählt, sodass die Anzahl Realienübersetzungen pro Übersetzungsstrate-gie durch Excel ausgewertet werden konnte. Diese Auswertung lässt sich mit den in Excel ver-wendeten Farben im folgenden Diagramm darstellen, welches die Häufigkeit zeigt, mit der die elf Übersetzungsstrategien für Realien in Der Zorn der Einsiedlerin eingesetzt wurden:

Legende:1) Direktübernahme, 2) Direktübernahme und Explikation, 3) Lehnübersetzung, 4) Lehnüber-setzung und Explikation, 5) Ausgangskulturelle hyponymische ÜberLehnüber-setzung, 6) Ausgangskultureller zielsprachlicher Ausdruck, 7) Erklärende Übersetzung, 8) Hyperonymische Übersetzung, 9) Auslassung, 10) Analogieverwendung, 11) Zielkulturelle hyponymische Übersetzung.

Abbildung 4: Häufigkeit der Übersetzungsstrategien für die Realien

Die für die Übersetzungsstrategien verwendeten Zahlen 1 bis 11 entsprechen jeweils ihrer Reihenfolge im Kontinuum des Fremdheits- oder Vertrautheitseffektes von Realien (vgl. Kapi-tel 4.3.1, Abbildung 1). Insgesamt wurden gemäss den obengenannten Kriterien 142 Realien-übersetzungen für die Analyse berücksichtigt.

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61 Wie dieser Tabelle zu entnehmen ist, wurden die Übersetzungsstrategien 4) Lehnübersetzung und Explikation, 5) Ausgangskulturelle hyponymische Übersetzung, 8) Hyperonymische Über-setzung, 9) Auslassung und 11) Zielkulturelle hyponymische Übersetzung sehr selten (nur für ein bis drei Realien) verwendet.

Die Verfahren 10) Analogieverwendung und 7) Erklärende Übersetzung kamen etwas mehr, nämlich bei fünf bis sechs Realien zur Anwendung. Erklärende Übersetzungen wurden doppelt so häufig eingesetzt wie das Verfahren 9) Auslassung.

Die Verfahren 3) Lehnübersetzung (11 Realien), 2) Direktübernahme und Explikation (15 Rea-lien) und insbesondere 6) Ausgangskultureller zielsprachlicher Ausdruck (30 ReaRea-lien) wurden hingegen sehr viel häufiger verwendet. Das Verfahren 3) Lehnübersetzung wurde doppelt so oft angewendet wie die Übersetzungsstrategie 7) Erklärende Übersetzung. Gleichzeitig wur-den zweimal mehr Realien mit dem Verfahren 6) Ausgangskultureller zielsprachlicher Aus-druck als mit 2) Direktübernahme und Explikation übertragen.

Für die Mehrheit der Realienübersetzungen wurde schliesslich auf die Übersetzungsstrategie 1) Direktübernahme zurückgegriffen. 65 der 142 Realienübersetzungen wurden mithilfe einer Direktübernahme übertragen. Demzufolge wurden weit mehr als zweimal so viele Realien mit Direktübernahmen als mit ausgangskulturellen zielsprachlichen Ausdrücken wiedergegeben.

Im Folgenden werden die Tendenzen innerhalb der Übersetzungsstrategien für die Realien genauer untersucht, wobei vor allem der Frage nachgegangen wird, ob der Themenbereich der Realien einen Einfluss auf die Übersetzungsstrategien hatte. Zudem werden Beispiele für die verschiedenen Übersetzungsstrategien angeführt und diskutiert.