DER HONIGTAU ALS REIZ-
UND ENERGIEQUELLE FÜR ENTOMOPHAGE INSEKTEN Le miellat,
sourcede stimuli
etd’énergie pour les insectes entomophages
Hubert WILBERT
Entomologische Abteilung, Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz der Universität
Göttingen
SUMMARY
HONEYDEW AS A SOURCE OF STIMULI AND ENERGY FOR ENTOMOPHAGOUS INSECTS
The honeydew of phloem sucking homoptera is utilized as food by many species, espe-
cially by
entomophagous
insects. Differences in honeydew quality strongly influence longevityand
fertility
of some hymenopterous parasites as well as of thepredaceous gall midge
Aphi-doletes
aphidimyza
(Rorrn.). Many adultaphid
predators areguided
to their oviposition sites by the occurence of honeydew. With A. aphidimyza, honeydew give3an important releasingstimulus for oviposition; moreover, it proved to be attractive to the newly hatched larvae.
Little drops of a saturated
tryptophan
solution are also attractive.ZUSAMMENFASSUNG
Der Honigtau phloemsaugender Homopteren dient zahlreichen Insektenarten als
Nahrung,
von denen hier nur die
entomophagen
herausgegriffen werden. Bei einigen Schlupfwespen,aber auch bei der räuberischen Gallmücke Aphidoletes aphidimyza (ROND.), werden Lebens- dauer und Fruchtbarkeit sehr stark von der
Qualität
des Honigtaus beeinflußt. Manche erwach-senen Blattlausräuber
folgen
zur Eiablage dem Duft von Honigtau. Bei A. aphidimyza ist erauch an der Auslösung der Eiablage beteiligt und beeinflußt außerdem die Beutesuche der
jungen Larven. Tryptophan übt in gesättigter Lösung ebenfalls eine Attraktivwirkung auf
die Eilarven aus.
Die
phloemsaugenden Homnpteren
haben imÖkosystem
einewichtige
Funktion : Sie
transportieren
Phloemsaft ausgrünen
Pflanzen insFreie,
woer - wenn auch verändert - als
Honigtau
solchenOrganismen
zurVerfügung
steht,
die ihn in der Pflanze nicht erreichen können. ZoESELEm hat bereits 1956 eineumfangreiche
Liste von Insektenarten aus sechs verschiedenen Ordnun- genveröffentlicht,
die beim Besuch vonHonigtau angetroffen
wurden.In den letzten Jahren sind in dieser Hinsicht besonders die
Fruchtfliegen
sowie
entomophage
Arten untersuchtworden,
da beideGruppen
für denPflanzenschutz von
großer Bedeutung
sind. Für mancheEntomophagen
istder
Honigtau
eine willkommeneBeikost;
bei anderen sind nur dieJugendsta-
dien
entomophag,
während die Adultenüberwiegend
vonHonigtau
und ande-ren
zuckerhaltigen
Substanzen leben.Von
Schlupfwespen
im weiteren Sinne(Terebrantes)
ist schonlange bekannt,
daß sie alsImagines
teilweise dieHämolymphe angestochener Wirte,
vor allem aber
zuckerhaltige
Säfte wie Nektar undHonigtau
aufnehmen(C
LAUSEN 1940).
Zahlreiche Autoren habenberichtet,
daß dadurch die Lebens- dauer deutlichverlängert
wird. Einer der ersten war HARTLEY(1922),
dermit einem
Blattlausparasiten (Aphelinus asychis WnLxEx)
aus derÜberfamilie
der
Erzwespen
arbeitete. OhneNahrung
lebten die Tiere nur 3Tage,
mitHonigtau dagegen
11-12Tage. Allerdings
war die Zahl seiner Versuchstiere sehrgering.
Wir haben einen anderen Stamm dieser Art seit
Jahren
in Zucht. Er dientuns als Modell für
verschiedenartige Untersuchungen.
Dabei interessiert unsu.a. auch die
Ernährung
der Adulten. Wirfingen
daherHonigtau
auf Glas-platten
auf und boten ihnunbegatteten
Weibchen inZuchtgefäßen
an. Außer- dem stand ihnen in einem Wattebauschjeweils Leitungswasser
zurVerfügung.
Mit
Honigtau
vonMyzus persicae (SuLZ.)
lebten die Weibchen im Schnitt 34Tage,
ohneNahrung (nur Leitungswasser) dagegen 3,7 Tage (Abb. l).
Gaben wir statt des
Honigtaus
einen Wattebausch mitGlucoselösung,
solebten die Tiere im Mittel 33
Tage.
Esgab
also keinen Unterschied zumMyzus- Honigtau.
Das deutet daraufhin,
daß vomHonigtau hauptsächlich
derZucker
genutzt
wird.Allerdings
hat sich inzwischengezeigt,
daß verschiedene Zuckerarten das Leben von A.asychis
unterschiedlichlange
unterhalten.Glucose
gehört
mitFructose,
Maltose und Saccharose zu dengünstigsten
Zuckern.
Aber auch verschiedener
Honigtau
ist nichtgleichwertig.
Schon ZOEBE-LEIN konnte Unterschiede in der Lebensdauer von
Schlupfwespen
bei Verfüt-terung
vonHonigtau
unterschiedlicher Herkunft feststellen. In Abb 1 ist oben zumVergleich
dieWirkung
desHonigtaus
der Wickenlaus(Megoura
viciae
(BucxT.))
auf A.asychis angegeben :
Die mittlere Lebensdauer derWeibchen
betrug
nur6,7 Tage.
DieserHonigtau
ist also zurErnährung
vonA.
asychis
kaumgeeignet (W ILBERT
u. LAUENSTEIN1974).
Abb. 1
zeigt
unten dasErgebnis entsprechender
Versuch!, mit einer anderenBlattlaus-Schlupfwespe,
die von STARY(Tschechoslowakei)
mit Vorbehaltals Praon
gallicum
STARY(Aphläiidae)
bestimmt wurde. Siegehört
zurÜber-
familie der
Ichneumonoidea,
ist also mit A.asychis
nurwenig
verwandt. Da die Lebensdauer dieser Art viel kürzerist,
wurde die Ordinate unten anderseingeteilt.
Männchen und Weibchen lebten etwagleich lange.
ZwischenMyzus-Honigtau
und Glucosegab
es wieder keinensignifikanten Unterschied;
beide führten zu einer wesentlichen
Lebensverlängerung gegenüber Hunger-
tieren. Mit
Honigtau
von Me. viciaedagegen
war die Lebensdauer kaum ver-längert. Honigtau
verschiedener Blattlausarten kann also überraschendgroße
Qualitätsunterschiede
fürSchlupfwespen
aufweisen.Beide
Schlupfwespenarten
entwickeln sich inMy. persicae,
nicht aber in Me. viciae. Hier scheint also einZusammenhang
zu bestehen zwischen derEignung
der Läuse für die Larven und desHonigtaus
für die Adulten. Einensolchen
Zusammenhang gibt
es freilich nichtgenerell;
denn derHonigtau
wird auch von
Schlupfwespen genutzt,
die statt Blattläusen andere Wirte befallen. Me. viciae hat offenbar besondereEigenschaften :
Manche räube- rischen Feindezeigen
nach dem Verzehr von WickenläusenVergiftungser- scheinungen.
Die Ursachen sind unbekannt. EHRHARDT(1962)
hat denHonig-
tau von Me. viciae untersucht. Aus seinen
Angaben
läßt sich aber keine Erklä- rung für die schlechteNahrungsqualität gewinnen.
Neben Parasiten nehmen auch räuberische Insekten
Honigtau
auf.Von Ameisen ist das uns allen
geläufig.
Aber auch andereGruppen
ernährensich so, vor allem
Syrphiden,
Coccinelliden undChrysopa-Arten.
Wir arbeiten in
Göttingen
seiteinigen Jahren
mit einerGallmückenart,
die sich als Larve räuberisch von Blattläusen ernährt
(Aphidoletes aphidi-
myza
(R OND .». Imagnies
von Gallmücken nehmen in derRegel
keineNahrung
auf. Aber schon UYGLN
(1971)
konnte bei unsnachweiser,
daß die Weibchenvon A.
aphidimyza
auf Pflanzen mitHonigtau länger
leirn als auf Pflanzenohne
Honigtau.
SELL(1975) bestätigte
das auch für die Mennchen. Er konnte die Aufnahme vonHonigtau
direkt beobachten undzeigte außerdem,
daßetwa die Hälfte der Eier aus larvalen Reservestoffen
gebildet wird,
die andereHälfte nach Aufnahme von
Honigtau.
Auch für A.
aphidimyza gibt
es Unterschiede in derHonigtau-Qualität.
Kuo
(1976/77)
zog Pfirsichläuse auf Rosenkohl und Ackerbohne und fütterte mit ihremHonigtau
die Gallmücken. Eszeigte sich,
daß derHonigtau
vonAckerbohne
minderwertig
war : Die Weibchen lebten im Schnitt nur 3Tage gegenüber
10Tagen
beiHonigtau
vonRosenkohl;
sie bildeten durchschnittlichnur 12 Eier
gegenüber
99 beiFütterung
mitRosenkohl-Honigtau.
Hier beein- flußt also die Pflanze den Räuber über die Blattlaus. Wir wissen nochnicht,
ob dieser Einfluß
ernährungsphysiologisch bedingt
ist oder ob die Tiere denHonigtau
von Ackerbohne vielleicht kaum aufnehmen. Ein Substrat istja
nur dann als
Nahrung geeignet,
wenn es auch dienötigen
Schlüsselreize für dieNahrungsaufnahme abgibt.
Schlüsselreize von
Honigtau
sind aber auch noch in anderem Zusammen-hang wichtig :
Sie können Blattlausfeinde zu ihrer Beute führen. Ein solcher Effekt kommt schon dannzustande,
wenn die Adulten denHonigtau
nur zurErnährung
aufsuchen und anschließend in seiner Nähe Eierablegen;
dieLarven haben dann
größere Aussicht,
Blattläuse als Beute zu finden. Soetwa dürfte der Effekt auf
Chrysopa-Arten
zu deutensein,
die ihre Eierwenig
gezielt ablegen,
aber vonHonigtau
oderLösungen
von Zucker undEiweißhy-
drolysaten angelockt
werden(S CHIEFELBEI1V
u. CHIANG1966,
HAGEN et al.1970,
BEN SAAD u. BISHOP1976a).
Andere Blattlausfeinde
legen
ihre Eiergezielter
in die unmittelbare Nähevon Blattläusen. VOLK
(1964)
hatnachgewiesen,
daß bei derSchwebfliege Syrphus
corollae dafür ein Musterverschiedenartiger
Reizeausschlaggebend
ist,
wobei eineDuftkomponente
desHonigtaus
eine entscheidende Rollespielt.
Die Gallmücke A.
aphidimyza legt
ihre Eier nach AZAB et al.(1965)
undU
YGUN
(1971)
fast nur bei Blattläusen ab. Nach EL TITI(1972!73)
und MIESNER(1975)
besteht einepositive
Korrelation zwischen derBesiedlungsdichte
derBlattläuse auf einer Pflanze und der Anzahl der dort
abgelegten
Eier. MIESNERhat außerdem
gezeigt,
daß sich die Weibchen durch den Duft besiedelter Pflanzen leiten lassen. AKEL(im Druck)
hat denAnflug
auf einzelne Blätter beobachtet : Einwaagerechtes
Blatt ohneDuftquelle
wurde beiDämmerung (10 lux)
in vier Stunden 42malangeflogen;
alleAnflüge erfolgten
von unten,wo
ja
in derRegel
die Beute zu finden ist. War die Unterseite mitHonigtau bespritzt,
sogab
es untergleichen Bedingungen
81Anflüge,
wiederum ausnahms- los zur Unterseite. DerHonigtau
wirkte also attraktiv.Trug dagegen
dieOberseite einen
Honigtaubelag,
so wurde ein Teil der Tiere zur Oberseiteabgelenkt :
16flogen
dorthin und 44 zur Unterseite.Aber nicht nur für die
Anlockung
derWeibchen,
sondern auch zurAbgabe
von Eiern scheint der
Honigtau Bedeutung
zu haben : AKEL konnte bei fehlen- demHonigtau
dieAnlockung
aucherreichen,
indem er mit Duftangerei-
cherte Luft an einer blattlausfreien Pflanze ausströmen ließ. Wenn er auf die Blattunterseite dann Exuvien von Blattläusen
klebte,
wurden Eierabgelegt.
Künstliche
Attrappen dagegen (kleine Glaskügelchen
mitBorsten)
hattenkeine
Wirkung.
Ihnen fehlte also etwas, das die Exuvien besaßen. Gab erjedem Glaskügelchen
einen kleinenTropfen Honigtau,
so war dieWirkungs-
lücke
geschlossen :
Es kam wie bei den Exuvien zurEiablage.
E L
TITI
(1974)
hat denHonigtau
vonMy. persicae analysiert
und diewesentlichen Aminosäuren dann einzeln in
Saccharose-Lösung
den Weibchenangeboten.
Die stärksteEiablage
erhielt er mitArginin
undTyrosin.
OhneZucker hatten die Aminosäuren keine
reproduzierbare Wirkung.
Dabei blieboffen,
ob der Zucker als chemischer Reiz oder durch seineKlebrigkeit
alsphysikalischer
Reiz wirkt. Inzwischen hat AKELgezeigt,
daß Blüten- undWaldhonig
allein imGegensatz
zumHonigtau
dieEiablage
nicht auslösen.Die
Klebrigkeit
scheint also keine Rolle zuspielen.
AlsNahrung
für die Weib- chen sind beideHonigarten geeignet. Eiablage
undNahrungsaufnahme
sindalso bei A.
aphidimyza
von unterschiedlichen Auslösernabhängig.
Die
Orientierung
des Räubers ist mit derEiablage
noch nicht beendet.Die
schlüpfenden
Larven sind nur etwa0,3
mmlang,
und ihr Aktionsradiusbeträgt
nurwenige
cm. Wenn sie auf diesem kurzenWeg
keine Blattlausfinden, gehen
siezugrunde.
Deshalb wurden dieKriechwege schlüpfender
Larven
beobachtet,
denen seitlich in 3 mmEntfernung
vom Ei einSuchobjekt angeboten
wurde. DieUmgebung
war in vier Sektoreneingeteilt,
und ausge- wertetwurde,
in welchem Sektor die Larve einegedachte
Kreislinie von 3 mmRadius überschritt.
Zunächst standen eine erwachsene Pfirsichlaus und ein Steinchen
glei-
cher Größe zur Wahl
(Abb. 2a).
Beide warenfestgeklebt.
100schlüpfende
Larven
bevorzugten hochsignifikant
den Sektor der Blattlausgegenüber
dem des Steichens. In Versuch 2b wurde seitlich ein
Tropfen Honigtau
derSchwarzen Bohnenlaus
(Aphis fabae Sco p .)
und zumoptischen Ausgleich
auf der anderen Seite ein
Tropfen Glucoselösung angeboten.
Der erhöhte Zulauf zur Seite desHonigtaus
ist ebenfallssignifikant.
Offenbarliegt
alsoeine
Duftorientierung
vor. In Versuch 2c stammte derHonigtau
vomApfel- blattsauger (Psylla mali),
der nicht zu den Beutearten der Gallmückegehört.
Dieser
Honigtau
übte keinensignifikanten
Einfluß aus.In der letzten Versuchsreihe befand sich seitlich ein
Tropfen
einergesät- tigten Tryptophanlösung.
HAGENet al. haben 1976berichtet,
daßTryptophan
erwachsene
Florfliegen (Chrysopa carnea)
anlockt. Nach BEN SAAD u. BISHOP(1976b)
lassen sich auch mehrere Coccinelliden-Arten sowie die WanzeLygus hesperus
durchTryptophan
sehrgut
ködern. Wie dieAbbildung zeigt, reagieren
auch die Larven von A.
aphidimyza
auf dieseAminosäure,
aber nur, wenn sie ingesättigter Lösung angeboten
wird. VerdünnteLösungen
waren unwirk-sam. Die Attraktivität des
Honigtaus
für die Eilarven dieser Gallmücke kann also wohl nicht nur auf denetwaigen
Gehalt anTryptophan zurückgeführt
werden.
Tryptophan
hat einen sehrgeringen Dampfdruck.
DieAttraktivwirkung
muß also von einem Metaboliten
ausgehen.
Durch Oxidation entsteht derflüchtige Indol-Acetaldehyd,
und VAN EMDEN u. HAGE1V(1976)
wiesennach,
daß davon dieFlorfliegen
besonders starkangelockt
werden. Es istdenkbar,
daßderartige
Metaboliten vomHonigtau
relativ stärkerabgegeben
werden alsvon reiner
Tryptophanlösung.
Unbekannt ist noch dieWirkung
auf die erwach-senen
Aphidoletes- Weibchen. Entsprechende
Versuche sind bei uns imGange.
Eingegangen im Mai 1977.
Re V
u pour pu6lication en mai 1977.
RÉSUMÉ
Le miellat des homoptères suceurs de phloème est utilisé comme nourriture par de nom- breux insectes, dont en particulier les entomophages. Les différences de qualité du miellat ont
une forte influence sur la longévité de certains hyménoptères parasites et de la cécidomyie prédatrice Aphidoletes aphidimyza (Rond.). De nombreux prédateurs de pucerons sont guidés
vers leur lieu de ponte par l’odeur de miellat. Chez A.
aphidimyza
le miellat est un stimulusimportant qui déclenche la ponte; il s’est montré en outre attractif par les larves fraîchement écloses. Le tryptophane en solution saturée exerce également une action attractive.
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