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Einsatz von Psychopharmaka bei Patienten mit chronischen Schmerzen

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Academic year: 2022

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262 Revue Médicale Suisse www.revmed.ch 29 janvier 2014 Revue Médicale Suisse www.revmed.ch 29 janvier 2014 0 fallbeispiel

56-jähriger Patient mit seit zwei Jahren zunehmender peripherer sensibler de- myelinisierender Polyneuropathie. Der Patient wurde von der Neurologie zur Vor- stellung überwiesen. Im Verlauf der Erkran- kung wurde eine Cortisontherapie versucht, die jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Beschwerden zeigte. Auf Grund der brennenden Schmerzen kam es jedoch bereits zu zunehmende Schlafstörungen.

Unter Cortison kam es zu einer Zunahme der Schlafstörungen sowie zur Entwicklung einer depressiven Symptomatik bei zusätz- licher Belastung am Arbeitsplatz. Bei Vor- stellung zeigten sich somit ein chronischer Schmerz bei Polyneuropathie sowie eine mittelgradige depressive Symptomatik. Im Vordergrund der depressiven Symptomatik standen ausgeprägte Schlafstörungen und gedankliche Einengung auf die Schmerzen.

Es erfolgte eine antidepressive Behandlung mit Cipralex aktuell 10 mg sowie eine Schlaf- regulation mit Mirtazapin 7,5 mg. Darunter aktuell weitgehende Remission der de- pres siven Symptomatik und Rückgang der Schmerz symptomatik.

theoretischer hintergrund Im Gehirn überschneiden sich zentrale Be reiche zur Verarbeitung von Schmerz und Affekt beispielsweise im Hypothalamus und in Anteilen des limbischen Systems. Zudem spielen Neurotransmitter wie Serotonin, His- tamin, Dopamin und Acetylcholin in beiden Systemen eine entscheidende Rolle. Die Modulation dieser Botenstoffe, wie sie durch z.B. Antidepressiva möglich ist, greift somit bei beiden Indikationen an. Man weiß, dass Patienten mit chronischen Schmerzen oft unter einer zusätzlichen depressiven Symp- tomatik leiden, die wiederum die Lebens- qualität zusätzlich beeinträchtigt. Um gekehrt,

geht eine Depression häufig mit schmerz- haften Missempfindungen einher.1,2

behandlung

Im WHO-Stufenschema zur medikamen- tösen Behandlung der Depression werden Psychopharmaka wie Antidepressiva, Neu- roleptika, Benzodiazepine und Antikon vul- siva als adjuvante Medikation auf jeder Ebene der Schmerztherapie eingesetzt. Ge rade Anti depressiva werden in der Schmerz- therapie seit langem mit gutem Erfolg ein- gesetzt. Sie potenzieren zum einen die Wir- kung der Analgetika direkt auf Transmis- sionsebene und Rezeptorebene zum Teil über Modulation z.B. an Opioidrezeptoren und Na+-Kanälen.

Zum anderen können Psychopharmaka wie Antidepressiva auch affektive und ko- gnitive Schmerzanteile, wie z.B. Schmerz- gedächtnis angreifen, welche von konven- tionellen Analgetika nicht adressiert werden.

Zudem erhofft man sich auf Grund tier- experimenteller Daten eine Extinktion be- stimmter neuroplastischer Prozesse, die mö- glicherweise zur Chronifizierung beitragen können.3-5 Auch Neuroleptika greifen über eine Modulation Modulation dopaminerger, serotonerger, opioiderger und alpha-adrener- ger Systeme direkt in das Schmerzsystem ein und können dadurch eine Veränderung der Schmerzwahrnehmung erzeugen. Zudem wirken sie teilweise auch sedierend, anxio- lytisch und können z.B. bei Tumorpatienten zur Besserung deliranter Syndrome beitragen.

Grundsätzlich besteht jedoch beim Ein- satz von Neuroleptika die Gefahr von tardi- ven Dyskinesien, so dass, wenn möglich,

auf atypische Neuroleptika zurückgegriffen werden sollte. Antikonvulsiva modulieren spannungsabhängige Na+ – und Ca2+ – Kanäle und beeinflussen so die Erregung s- leitung und Freisetzung verschiedener Neu- rotransmitter wie Substanz P und Glutamat.

Gleichzeitig erfolgt über eine Modulation der GABAergen Transmission eine Beein- flussung der NMDA- und AMPA/kainate vermittelten exzitatorischen Neurotrans mis- sion, wodurch eine Reduktion der Schmerz- leitung und Reduktion von Chronifizierungs- prozessen vermittelt wird.6-7

auswahldes anti

­

depressivum

Klassische Tri- und Tetrazyklische Anti- depressiva sind in der Literatur in kontrol- lierte Studien bisher am besten untersucht.

Diese Substanzklassen adressieren ver- schiedene Transmittersysteme wie Acetyl- cholin, Dopamin, Serotonin und Noradre- nalin mit einer relativen Selektivität für ein oder zwei Botenstoffe. Gleichzeitig haben diese Substanzen jedoch auch ein Ne ben- wirkungsprofil z.B. im kardialen Bereich (Rhythmusstörungen, Kardiotoxizität), das in jedem Fall beachtet werden sollte. Auch bei älteren Patienten, die an kognitiven Ein- schränkungen leiden, sollten diese Subs- tanzen nur zurückhaltend eingesetzt wer- den, um eine weitere kognitive Verschlech- terung oder das Auftreten eines Delirs zu vermeiden. Neuere Substanze wie Selek- tive Serotonine Reuptake Inhibitors (SSRI) und die dual wirkenden noradrenalin-sero- tonin Reuptake Inhibitors (NaSSA) zeigen auf Grund ihrer verbesserten Selektivität

Einsatz von Psychopharmaka bei Patienten mit chronischen Schmerzen

Quadrimed 2014

Rev Med Suisse 2014 ; 10 : 262-3

H. Künzel

PD Dr Heike Künzel

Psychosomatische Beratungsstelle und Ambulanz

Klinikum Innenstadt Medizinische Klinik

Ludwig-Maximilians-Universität München

Pettenkoferstrasse 10/4.OG Postanschrift: Pettenkoferstrasse 8a 80336 München

Antidepressivatherapie

Vorteile Nachteile

• Fehlen einer Toleranzentwicklung • Direktes Eingreifen in das Schmerzsystem • Verhinderung von Chronifizierungsprozessen über Extinktion neuroplastischer Vorgänge • Mitbehandlung depressiver Symptome • Günstige Beeinflussung kognitiver Prozesse

• Notwendigkeit der kontinuierlichen Einnahme über einen längeren Zeitraum

• Bekannte Nebenwirkungen wie Obstipation, Sehstörungen, Müdigkeit, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme

• Furcht vor Stigmatisierung durch Behandlung mit einem Antidepressivum

Tabelle 1. Vor- und Nachteile des Antidepressivatherapie (angepasst von 23).

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0 Revue Médicale Suisse www.revmed.ch 29 janvier 2014 Revue Médicale Suisse www.revmed.ch 29 janvier 2014 263 auch ein geringeres Nebenwirkungsprofil.

Auch bei ihnen sollten jedoch regelmäßig Blutwerte und EKG kontrolliert werden. In verschiedenen Studien konnte auch hier ein gutes Potential für einen co-analgeti- schen Einsatz gezeigt werden.8-22

Die Dosis eines jeden Antidepressivums sollte zunächst niedrig gewählt werden und in Abhängigkeit von der depressiven Symp- tomatik angepasst werden. Vor- und Nach- teile des Therapie müssen berücksichtigt sein (Tabelle 1).

Wichtige Punkte für die Praxis

Psychopharmaka können die oft zusätzliche depressive Symptomatik gut beeinflussen und so zu einer verbesserten Lebensqualität führen

Sie potenzieren über biologische Wege die Wirkung herkömmlicher Antidepressiva Sie adressieren Schmerzkomponenten, die herkömmlichen Antidepressiva nicht ange- sprochen werden

Das Nebenwirkungsprofil sollte entsprechend Alter und Komorbidität angepasst werden E

E E E

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