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Gläubigerschutz und Vertrauensschutz : zur Sorgfaltspflicht der Bank im öffentlichen Recht der Schweiz

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Gläubigerschutz und Vertrauensschutz : zur Sorgfaltspflicht der Bank im öffentlichen Recht der Schweiz

ZULAUF, Urs

ZULAUF, Urs. Gläubigerschutz und Vertrauensschutz : zur Sorgfaltspflicht der Bank im öffentlichen Recht der Schweiz. Zeitschrift für schweizerisches Recht , 1994, p. 359-535

Available at:

http://archive-ouverte.unige.ch/unige:94735

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(2)

Gliiubigerschutz und Vertrauensschutz - zur Sorgfaltspflicht der Bank im offentlichen Recht der Schweiz

von Fürsprecher URS ZULAUF

Mitarbeiter im Rechtsdienst des Sekretarîates der Eidg. Bankenkommission

(3)
(4)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen . 365

Einleitung . 369

1. Teil: Grundlagen der Sorgfalt . 371

1. Sorgfalt, Sorgfaltsinteresse und ihre Offentlich-

rcchtliche Relevanz . . 371

Il. Direkte Rechtsgrundlagen der Sorgfalt . 374

lll.

IV.

V.

1. Praventive staatliche Aufsicht als Unterscheidungs-

kriterium . . 374

2. Bankengesetz . . 374

a) Grundzügc und Stand der Gcsetzgebung . 374 b) Sorgfaltsrelevante unbestimmte Rechtsbegriffe . 376 c) GUiubigerschutz und Vertrauensschutz als

Gesctzeszwecke . 378

3. Zukünftiges Bbrscngesetz des Bundes . . . . 383 a) Grundzüge und Stand der Gesetzgebung . 383 b) Verhaltnis zum Bankengesetz . . 385

c) Sorgfaltsrelevante Normen . 386

d) Rechtsnatur und Konkretisierung der Verhaltensregeln 387 lndirekte Rechtsgrundlagen der Sorgfalt

1. Strafrecht 2. Zivilrecht

a) "Aufsichtsrecht!iche Verstarkung" zivilrechtlicher Pflichten .

b) Sittenwidrigkeit ais Rechtsverletzung 3. Normen privater Selbstregulierung

a) Standesregeln .

b) Bankinternc Statuten und Reglemente c) Al\gemcine Geschilftsbcdingungen'?

4. Übrigcs schweizerisches Verwaltungsrecht 5. Ausliindischcs offentliches Recht . 6. VOlkerrccht und internationales "sot't law"

Verwaltungspraxis als Rechtsgrundlage?

l. Rundschreibcn der Bankenkom1nission 2. Zur Bindung der EBK an das Straf-, Zivil- und

Standesrecht .

Ausstrahlung aufsichtsrcchtlicher Sorgfaltsrcgeln

. 389 . 389 . 391 . 391 . 392 . 394 . 394 . 396 . 397 . 397 . 399 . 401 . 404 . 404 . 405 . 408

(5)

362

l. Ausgangslage 2. Auslegungshilfe .

3. Sorgfaltsmassstab und andere Reflexwirkungen 4. Eingriff in Privatrechtsbeziehungen . . . 5. Bankenrechtliche Interdependenzen - ein inter-

disziplinares Programm .

Urs Zulauf

408 408 409 411 412

VI. Trager der Sorgfalt . 413

!. Bankorgane als direkt Verpflichtete 413

2. Bankorgane als Garanten . . . 415

3. Bankaktioniire . . . 419

4. Bankangestellte (und die Strafanzeigepflicht der EBK) 421

5. Banken als Gesellschatien 422

VII. Durchsetzung der Sorgfalt . . 426

1. Private Revisoren mit offentlichen Aufgaben 426

2. Eidg. Bankenkommission . . 428

3. Bundesgericht als Beschwerdeinstanz in Sach- und

Haftungsfragen . . . 431

4. Straf- und Zivilrichter . . 433

5. Aufsichtskommission über die Sorgfaltspflicht-

vereinbarung . 434

6. Zusammenwirken der Behürden und Informations-

austausch . 436

VIII. Sorgfalt und internationale Geschaftsttitigkeit . 439 l. Internationale Zustandigkeit und konsolidierte

Überwachung . . . 439

2. Schweizer Banken im Ausland . 442

3. Auslandische Banken in der Schweiz und Probleme

des Bankgeheimnisses 442

2. Teil: Sorgfalt und Gliiubigerschutz 445

IX.

X.

Allgemeine Anforderungen an Bankorgane I. Fachtechnische Anforderungen

2. Charakterliche Anforderungen 3. Bindung an die Rechtsordnung Sorgfaltige Organisation

l. Personelle Gewaltentrennung . .

2. Genehmigungspflicht für Organisationsgrundlagen 3. Anforderungen an die Organisationsgrundlagen 4. Funktionale Gewaltentrennung .

445 445 447 448 448 448 450 450 453

(6)

Glaubigerschutz und Vertrauensschutz 363

XI. Sorgfaltige Geschaftsführung . . . . 455 1. Aufsichtsrechtliche Bedeutung einer sorgfaltigen

Geschüftsführung . . . 455

2. Strukturelle Ertragsschwache und Eigenmittelmanko . . 456

3. Risikoverteilung . 458

4. Organgeschafte . . . 461

XII. Sorgfaltige Überwachung . 462

1. Überwachung ais Aufgabe des Verwaltungsrates . . 462 2. Interne Kontrolle und "controlling" ais Aufgabe der

Geschaftsführung . . 464

XIII. Sorgfalt im Kreditgeschaft . . . . 465 1. Kreditbeschrankende Wirkung des Aufsichtsrechts . 465

2. Kreditgewiihrung . 466

3. Kreditüberwachung und -bewertung . . 469 3. Teil: Sorgfalt und Vertrauensschutz . . . . 473 XIV. Eigeninteresse der Banken am Vertrauensschutz und

dessen Grenzen . . . . . . . 473

XV. Sorgfaltige Kundenidentifizierung . 474

!. Ziele . . . . . 474

2. Überlappende Grundlagen . . . 476

3. Identifizierung des Vertragspartners . 480 4. Feststellung des "wirtschaftlich Berechtigten" (!) . 482 5. Feststellung des "wirtschaftlich Berechtigten" (Il) . 485

6. Verpflichtete Personen . 490

7. Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten bei

Krediten der Bank . . . . 491 8. Rechtsfolgen unsorgfaltiger Identifizierung . 492 XVI. Sorgfaltige Abklarung der "wirtschaftlichen Hintergründe" . 493

1. Begrenzte Wirkung der Kundenidentifizierung

und der VSB . . . . . 493

2. Abklarung der "wirtschaftlichen Hintergründe" ins-

besondere bei Kredit- und Treuhandgeschüften . . . . 494 3. Zusatzliche Abklarungen über Bankkunden und die

Herkunft von Geldern im Anlage- und Vermiigens-

verwaltungsgeschaft . . . . . 500

4. Rechtsfolgen unterlassener Abklarungen . . . 505 XVII. Keine Mitwirkung an rechts- oder sittenwidrigen Geschaften . 506

!. Grundsatz . . . 506

(7)

364 Urs Zulaur

2. Kcinc Annahme und Anlage von Vermügenswerten

krimineller Herkunft . . . . 508

3. Keine aktive Beihilfc bei der Tliuschung von Dritten

und însbesondere von Steuer- und anderen Bchürden 512 4. Keinc aktive Beihilfe zur Kapitalflucht . 517 XVIII. Verhalten bei Verdacht auf strafbare Handlungen von

Kunden . . . 519

1. Verweigerung der Geschliftsbeziehung 519 2. Abbruch der Geschaftsbeziehung oder interne Sperre" 520

3. Melderecht und Meldepflicht . 524

Literatur 529

(8)

Abkürzungen a.a. O.

AB!.

ABV

AFG

AJP AS ASA BankG Bank V BBl BGE BGer BGHZ BKR

BZP CLYIB DBG DSG E EBEHG

EBK EBK-RS

EFD

am angegcbenen Ort

Amtsblatt der Europaischen Gemeinschaften

Verordnung der EBK vom 22. Miirz 1984 über die ausliin- dischen Banken in der Schweiz (Auslandbankenverordnung, SR 952.l l l).

Bundesgesetz vom 18. Marzl994 über die Anlagefonds (Anlagefondsgesetz, SR 951.31), vgl. BBl 1993 1217-321 (Botschaft des Bundesrates), BBl 1994 II 297

(Referendumsvorlage) Aktuelle Juristische Praxis

Amtliche Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen Archiv für schweizerisches Abgaberecht

Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengeselz, SR 952.0)

Verordnung vom 17. Mai 1972 zum BankG (Bankenver- ordnung, SR 952.02)

Bundesblatt

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizeri- schen Bundesgerichts

Schweizerisches Bundesgericht

Entscheidungen des (deutschen) Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

Zweite Richtlinie des Rates, 89/646/EWG, vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvor- schriflen über die Aufnahme und Ausübung der Tiitigkeit der Kreditinstitute und zur Ànderung der Richtlinie 771780/EWG, AB!. Nr. L 386/l vom 30. Dezember 1989)

Bundesgesetz über den Bundeszivilprozess vom 4. Deze1nber 1947 (Bundeszivilprozess, SR 273)

The Comparative Law Yearbook of International Business Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, SR 642.1 l Bundesgesetz über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (Datenschutzgesetz, SR 235. l)

Entwurf

Entwurf zu eine1n Bundesgesetz über die Bürsen- und den Effektenhandel (Borsengesetz, BEHG), Entwurf des Bundesrates vom 24. Februar 1993, BBl 1993 I 1369-1465, Stand: 13.Dezember 1993, nach Beratung durch den StR als Erstrat

Eidgenûssische Bankenkommission

Rundscheiben der Eidgenüssischen Bankenkommission (innerhalb eines Jahres chronologisch numeriert, z.B.

EBK-RS 91/3)

Eidgenüssisches Finanzdepartement

(9)

366

EGwG

EuZW GAO GWR

!FAC IOSCO JdT KWG m.w.H.

NZZ ÔBA

RHB

recht SB Ver SIB SJ SJZ SNB SR ST StGB StHG

StR

szw

VAS VPB VSB VStrR VwVG WDR

Urs Zulauf

Entwurl eines Bundesgesetzes zur Bekfunpfung der Geldwascherei im Finanzsektor (Geldwaschereigesetz, GwG), Vemehmlassungsentwurf des EFD vom 12. Januarl 994 Europaische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

General Accounting Office (USA)

Richtlinie des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwtische (91/308/EWG), AB!. Nr. L 166177 vom 28. Juni 1991 International Federation of Accountants

The International Organisation of Securities Commissions Journal des Tribunaux

(Deutsches) Gesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 mit weiteren Hinweisen

Neue Zürcher Zeitung

Bankarchiv, Zeitschrift für das gesamte Bank- und Borsen- wesen, (Hrsg.: Osterreichische Bankwissenschaftliche Gesellschaft)

Revisionshandbuch der Schweiz 1992. Hrsg. von der Treuhand-Kammer, Schweizerische Kammer der Bücher-, Steuer- und Treuhandexperten, Zürich 1992

recht. Zeitschrift für juristische Ausbildung und Praxis Schweizerische Bankiervereinigung

The Securities and lnvestments Board (brit.) La Semaine judiciaire

Schweizerische Juristen-Zeitung Schweizerische Nationalbank

Systematische Sammlung des Bundesrechts Der Schweizer Treuhlinder

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR311.0

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmoni- sierung der direkten Steuem der Kantone und Gemeinden, SR 642.14

Standerat

Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vereinigung der amtlichen Schatzer des Kantons Bern Verwaltungspraxis der Bundesbehorden

Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken vom 1. Juli 1992

Bundesgesetz vom 22. Marz 1974 über das Verwaltungs- strafrecht, SR 313.0.

Bundesgesetz über das Verwaltungsvetfahren vom 20. Dezember 1968, SR 172.021

Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 1 O. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, AB!. Nr. L 141/27 vom

11. Juni 1993.)

(10)

Kapiteltitel

ZBJV ZSR ZStrR

Zeitschrift des bernischen Juristenvereins Zeitschrift für Schweizerisches Recht Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht

367

(11)
(12)

Einleitung

Ein Geserz darf nicht absolu/ sein.

Es muss spezifizierr werden konnen.

*

Die Sorgfaltspflicht der Banken wird regelmassig in den verschiedensten Zusammenhangen beschworen oder ihre angebliche Verletzung beklagt.

Damit droht sie, zum Allerweltsbegriff oh ne fassbare Konturen zu werden.

Ob die nachfolgende Untersuchung aus der Sicht des offentlichen Ban- kenrechts daran etwas zu andern vermag, oder ob gar das Gegenteil zutrifft, mèige der Leser beurteilen.

ln einem ersten Teil werden die materiellen und institutionellen Grund- lagen der Sorgfaltspflicht der Bank im èiffentlichen Recht und die Rolle der verschiedenen Akteure bei der Durchsetzung dargestellt. Dabei wird versucht, die Interdependenzen der verschiedenen am Bankrecht interes- sierten Disziplinen zu beleuchten. Um mehr ais eine Annaherung kann es sich keinesfalls handeln. lm zweiten Teil werden die Regeln beleuchtet, mit welchen das Bankenaufsichtsrecht versucht, Verluste für die Bank- glaubiger zu vermeiden. Es geht um das solide Grundhandwerk, welches aus der Nahe betrachtet delikat genug ist. Der lctzte Teil schliesslich behandelt die Frage, wie cin Missbrauch der Banken-und des Bankensy- stems durch seine Kunden für unlautere Zwecke verhindert oder, realisti- scher, zumindest behindert werden kann. Dabei geht es um das Vertrauen der Kundschaft und der Ôffentlichkeit in die Seriositat der Banken und des Bankensystem.

ln der (zu langen) Arbeit kommen (mindestens) zwei Punkte zu kurz.

Zum einen ist es oberstes Ziel und Eigeninteresse einer Bank, die recht- massigen Bedürfnisse ihrer Kunden sorgfàltig und gewissenhaft auf der Grundlage von fair ausgestalteten vertraglichen Grundlagen zu befrie- digen. Dazu gehèirt heute wie früher die Wahrung der Geheimhaltungs- interessen der Kunden. Schwere und erst recht strafbare Verstosse gegen diese Pflichten sind ebenso geeignet, das Vertrauen in die Bank zu erschüttern, wie Yerstbsse gegen Sorgfaltspflichten, welche den Banken in den letzten Jahren zunehmend im offentlichen lnteresse auferlegt wurden. Entsprechend kèinnen solche Verletzungen der Sorgfaltspflicht aufsichtsrechtlich relevant werden. Es ist dies eine Selbstverstandlichkeit.

Sie sci aber hier wiederholt, weil dieser Aspekt gerade wegen seiner Offensichtlichkeit in der Arbeit weniger betont wird.

*FRIEDRICH DüRRENMATT, Gedankenfuge, in: Die Dinosaurier und das Gesetz, Zürich, Diogenes J 992.

(13)

370 Urs Zulaur

Zum andern wirft die Tatigkeit der in der Schweiz vorherrschenden Universalbanken auf dern Gebiet des Effektenhandels und der Vermii- gensverwaltung vielfültige Fragen des Anlegerschutzes und des Kapital- markrechtes auf. Zu ihrer Regelung ist zweifellos einmal das Zivilrecht berufen. Allch sie sind aber teilweise schon heute von Offentlich-rechtli- cher Bedeutung. Diese Tendenz dürfte sich in Zukunft noch verstfuken.

Sie werden nachfolgend nur am Rande insbesondere im Zusammenhang mit der Vorstellung des geplanten Bërsengesetzes gestreift. Raum- und Zeitnot verhinderten eine vertiefte Behandlung. Zudem sollte den auf diesem Gebiet im Zusarnmenhang mit der Urnsetzung des Bërsengesetzes anstehenden Entscheiden nicht vorgegriffen werden.

Einige Helfer haben <las zweifelhafte Vergnügen auf sich genommen, einzelne Tcile diescr Arbeit mit kritischem Blick durchzuschen. lch nennc Frau Dr. CHRISTJNE BRE!NING-

KAL:FMANN, Zürich, Herrn Fürsprecher GEORG FRTEDU, Bern, und mcine Arbeitskollegen Dr. MARCEL AELLEN und Fürsprechcr DANIEL ZCBEREJÜHLER. Meine Kollegin DINA BALLEYGUIER hat mir bei einer mühseligen statistischen Recherche und bei Kontrollar- beiten geholfen. Ihnen allen danke ich sehr fiirdie Hilfe. Zu danken habe îch auch meinen Vorgesetzten, den Herren Dr. KL'RT HAL'RI und DAl\lEL ZuBERBU!lLER, für <las Wohlwo!- len, <las sie diesem Vorhaben entgegengebracht haben, und die Zeit, welche sie mir dafùr liessen. Dank schulde ich schliesslich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitcn1 des Verlags Helbing & Lichtenhahn. Ihre Nerven wurden unzumutbar strapaziert. Anzu1nerken bleibt:

es kom1nen im folgenden meine persünlichen Ansichtcn zum Ausdruck, welche mit denjenigen der Eidg. Bankenko1nmission nicht übereinzustimmen brauchen.

(14)

1. Teil: Grundlagen der Sorgfalt

1. Sorgfalt, Sorgfaltsinteresse und ihre offentlich-rechtliche Relevanz

l. "Sorgfalt ist Künnen, Kunst; Unsorgfalt ist mangelndes Kûnnen, Kunstfehler" 1Die auftragsrechtliche Treuepflicht appelliert demgegen- über mehr an den Charakter des Beauftragten2. lm folgenden wird beides in Betracht stehen, wie überhaupt eine genaue Unterscheidung von Treue und Sorgfalt schwierig ist. Unter Sorgfalt des Bankiers wird deshalb hier die Pflicht verstanden, die Bankgeschafte entsprechend den Vorgaben der Rechtsordnung, nach bester Bankenpraxis und den legitimen Erwartun- gen ihrer Kunden abzuwickeln. Die Bank bewegt sich dabei in einem Spannungsfeld privater und offentlicher Interessen an ihrer Sorgfalt. Zum Teil decken sich diese Interessen oder überlappen sich zumindest, zum Teil sind sie gegensiitzlich.

2. An ihrer Sorgfalt haben allen voran die Bank selbst und ihre Eigentü- rner ein manifestes Eigeninteresse. Gewissenhafte Sorgfalt ist eine Vor- aussetzung für langfristigen Geschtiftserfolg. Die sorgfültige Abwicklung der Bankgeschiifte ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts. Nur die sorgfaltige Bank wird sich auf die Dauer irn hartumkampften Markt mit Erfolg behaupten konnen.

3. Zum Eigeninteresse der Bank tritt das Interesse der verschiedenen Gruppen von Bankkunden. Als Einzelne haben sie ein privates Interesse an der sorgfültigen Etfüllung ihrer mit der Bank abgeschlossenen Vertrage und an einer sorgfaltigen Geschaftsführung überhaupt. Dabei k6nnen die Interessen der verschiedenen Kundengruppen durchaus gegensatzlich sein. Erhüht sich das allgemeine Zinsniveau, so ist den Gliiubigem der Bank an einer müglichst raschen, den Schuldnem an einer müglichst verzügerten Anpassung der Zinssatze durch die Bank gelegen. Bei sinken- den Zinsen vertauschen sich naturgemass die Rollen. Die Interessen eines kommerziellen Kreditschuldners an einer günstigen Finanzierung am Kapitalmarkt künnen im Widerspruch zu denjenigen der von der Bank beratenen Kapitalanleger an umfassender und wahrheitsgetreuer Informa- tion stehen.

4. Wendet man den Blick von der individuellen Geschiitisbeziehung zwischen den einzelnen Kunden und der Bank ab und blickt auf die Gesamtheit der Bankkunden, beginnen Offentliche Interessen diese Indi-

1 BGE 62 Il 276; BGE 70 Il 210.

2 GEORG GAL!TSCH!, Auftrag und Geschaftsführung in der Schweiz, Zürich 1953, 147.

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372 Urs Zu!auf

vidual- und Gruppenintercssen zu erganzen und zu überlagen1. Sie sind gerade in der Schweiz angesichts der hohen binnen- und aussenwirtschaft- lichen Bedeutung des Bankwesens bedeutsa1n. Die Wirtscha,ftsunterneh- m.en sind an einer wettbewerbsfahigen und sorgfiiltigen Kreditwirtschaft, einer ausreichenden Vcrsorgung init müglichst günstigen Krediten sowie effizienten und transparenten Kapitalmtirktcn interessiert. Die Gliiubiger der Banken wollen ihre Einlagen gesichert und vor Verlusten geschützt wissen. Die Kapitalanleger legen Wert auf sorgftiltige und getreue Kapi- talanlage und Bcratung. Die privaten Bankkonstanenten wünschen eine gute und prcisgünstige Bctreuung durch ihre Bank.

S. Die als bffentliche Interesscn verstandcnen Gruppeninteressen an der Tatigkeit der Banken reichenjedoch über die direkten Kundcn der Banken hinaus. Noch unmittelbar mit den Banken verbundcn sind die Bank- angeste!Lten. Angesichts ihrer hohcn Zahl sind ihre Beziehungen zu den Banken nicht rnehr reine Privatsache. Weitere gesellschaftliche Gruppen sind nicht notwendigerweise vcrtraglich mit ciner Bank vcrbunden, aber dennoch wirtschaftlich an deren Ttitigkeit interessiert. Zu nennen sind etwa die Mieter. Ihr Mietzins hangt angesichts seiner (diskutablen) recht- lichen Verknüpfung wescntlich vo1n Hypothekarzins ab, den die Banken entsprechend der Marktverhaltnisse verlangen. Entschcide grüsserer Ban- ken, den Hypothekarzinssatz zu andern oder beizubehalten, stehen dcshaib regelmassig im Zentrum des Offentlichen Intcresses. Die Ge- schiift\JJartner von Kreditne!unern der Banken künnen sehr an der Kredit- entscheidung der Bankcn interessiert sein, von welcher zum Bcispie\

die Zahlungsmbglichkeit oder die Sanierung eines Schuldners abhangen kaon.

6. Der Staat bat es sich in sciner Gesetzgebung zur Aufgabe ge1nacht, einzelnc (nicht alle!) dieser kollektiven Gruppcninteressen als üffentliche Interessen zu schützen. Daneben ist er zurn Teil in gcgensatzlicher Wei se direkt an der Sorgfalt der Banken interessiert. Sorgfliltige und erfolgreiche Banken schaffen 11virtschqfilichen Wohlstand und damit auch Steuerer~

triige. Sie sind Zeugnis der internationalen Wetthewerb.~fiihigkeit des Landes. lhre international ausgerichtete Tatigkeit bestim1nt die Vertrau- cnswürdigkcit der Bankcn und angesichts ihrer wirtschaftlichcn Bedeu- tung auch dasAnsehen und den Ri{f'der Sclnveiz ùn Ausland. Un1nittelbar aussenpolitische Interessen sind darnit berlihrt. Ohne Banken künnen keine grüsscren und ko1nplexeren finanziellen Transaktionen abgcwickelt werden. lhre Dîenste sind deshalb auch für Wirtschaftskriminelle attraktiv, bei deren Verfolgung das Verhalten und die Stcllung der Banken für die Strafverfolgungsbehürden und mithin die Verbrechensbekiùnpfung von Intercsse ist.

7. Weder Medien noch einzelne unzufriedene Bankkunden geizen tnit dem Vorwurf der Sorgfaltspflichtverletzung gcgcnüber cinzelnen Bankcn

(16)

G\liubigerschutz und Vertrauensschulz 373

oder diesen als Gesamtheit. Wann immer in einer Bank nach <lem Urteil der jeweiligen Kommentatoren etwas schief Jauft, rnuss eine Sorgfalts- pflicht verletzt worden sein. Der Vorwurf erfolgt zuweilen pauschal. Nach dem lnhalt der verletzten Sorgfaltsregel wird nicht irnrner gefragt, eben- sowenig nach ihrer rechtlichen Relevanz und in wessen Interesse die Regel besteht, wenn sie besteht. Gegenstand dieser Untersuchung soll es demgegenüber sein, in ausgewlihlten Bereichen des Bankgeschafts Sorg- faltsregeln der Bank zu beleuchten, soweit sie Offentlich-rechtliche Pflich- ten der Banken beinhalten und mithin Offentliche lntercssen wahren. Sie künnen mit den Mitteln des Offentlichen Rechts durchgesetzt und bci Verstüs,1;en sanktîoniert werden. Nicht jede Sorgfalt ist jedoch rechtlich relevant und nicht jede rechtlich relevante Sorgfalt ist von Offentlich- rechtlicher Bedeutung.

8. Diese Unterscheidung wirkt sich insbesondere wegen der unterschied- lichen Durchsetzung allfalliger Pflichten aus. Die Beziehung einer Bank zu ihren Kunden unterliegt in erster Linie dern auf <las einzelne Bankge- schlift anwendbaren Zivilrecht. Dieses bezweckt einen ange1nessenen Ausgleich der privaten Interessen der Bankkunden und der Banken. Es geht dabei gedanklich von der grundsatzlichen Gleichordnung von Kunde und Bank aus:i. Allftil!ige Ansprüche aus der Verletzung einer zivilrecht- lichen Sorgfaltspflicht der Bank bat der Kunde notigenfalls auf dem Zivilweg durchzusetzen4. Deingegenüber werden Offentlich-rechtliche Sorgfaltspflichtcn der Banken im wesentlichen von Verwaltungs- und Stratbehûrden durchgesetzt. Daran mügen irn Einzelfall auch Private ein Interesse haben, die Behürden haben aber unabhlingig von einem Antrag von Amtes wegen üitig zu werden.

9. Wic noch naher ausgeführt wird, andert diese subordinations- und rnodaltheoretische Unterscheidung nichts an mannigfaltigen Wechselbe- ziehungen zwischen privatem und Ciffentlichem Bankrecht. Dies erstaunt nicht. So ist insbesondere die klare Trennung von privaten und Offentli- chen Interessen und, daran teilweise anknüpfend, zwischen privatem und

J Auf die Prob!ematik dieser Annahrne in der wirtschaft!ichen Rcalitat \Vegen durchge- hcnder Verwendung einseitig forrnulierter und nicht aushande\barer Allge1neiner Ver- tragsbedingungcn kann i1n Rahrncn dieser Arbeit nur am Rande eingcgangen wcrden.

vgl. hinten Rz. 34 ff. Zu zivilrechtlichen Fragestcllungen in bezug auf AGB allgcmein und der Bankcn irn hcsonderen vgl. zulctzt: WtEGAt\D, ( !994) Rcchtsheziehung Bank-Kunde.

4 Scit dem l. April 1993 verrniltelt cin Bankenornbudsrnan auf Anfrage von Bankkunden kosten!os bei Auscinandersetzungen zwischen dicsen und ihrer Bank, so!'ern die Bank Mitglicd der Schwcizerischen Bankiervereinigung ist. Er hat (auch in Ffülcn mit sehr gcringern Streitwert) keine Enlschcidungsbefugnîssc und isl nicht zustündig, wcnn ein Fall bereit,; Gegcnstand eines behürdlîchen Verfahi-ens ist. vgl. Zirkulai- der Schwcize- rischen Bankiervcreinigung Nr. 10520 vorn 15.12.1992.

(17)

374 Urs Zulauf

Offentlichem Recht anerkanntermassen schwierig5. Dies gilt ausgespro- chen für <las offentliche Bankrecht6, welches zur Wahrung offentlicher Interessen vorfrageweise zivilrechtliche Fragen zu beurteilen hat, umge- kehrt aber wieder auf das Privatrecht zurückwirkt.

Il. Direkte Rechtsgrundlagen der Sorgfalt

1. Priiventive staatliche Aufsicht als Unterscheidungskriterhun

1 O. lm folgenden werden direkte und indirekte Rechtsgrundlagen der offentlich-rechtlichen Sorgfaltspflichten einer Bank unterschieden.

Grundlage der Unterscheidung bildet die offentliche Aufsicht des Bundes über die Banken und, nach dem Inkrafttreten des geplanten Bürsengeset- zes, die Effektenhiindler7. Ais direkte Rechtsgrundlagen gelten die Nor- men, welche diese Aufsicht unmittelbar begründen. Indirekt setzt das offentliche Aufsichtsrecht jedoch au ch andere N orrnen um.

11. Der Erkenntniswert der Unterscheidung sei nicht überbewertet. So sind Sorgfaltsnormen des Strafrechts auch gegenüber Bankangestellten direkt anwendbar. Die Anwendung erfolgt aber der Natur des Strafrechts entsprechend repressiv durch die Strafverfolgungsbehürden. Demgegen- über hat die Bankenaufsicht und auch die zukünfrige Bundesaufsicht über die Effektenhtindler klar prtiventiven Charakter. Es ist nicht ihre Aufgabe, Verletzungen der Sorgfaltspflicht nachtriiglich zu ahnden und an den handelnden Personen zu vergelten. Aufsichtsrechtliche Massnahmen sind nur (aber irnrner dann) zu treffen, wenn und soweit sie nütig sind, urn eine Gefàhrdung der durch die Aufaicht verfolgten Ziele für die Zukuntt zu vermeiden. In der Vergangenheit liegende Sachverhalte sind für die Aufsicht nur insoweit von Bedeutung, als sie, die Vertrauenswürdigkeit der tùr die Bank auch in Zukunft tlitigen Personen in Frage stellen.

2. Bankengesetz

a) Grundzüge und Stand der Gesetzgebung

12. Zentraler Anknüpfungspunkt offentlich-rechtlicher Sorgfaltspflich- ten für Banken bildet das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen

5 Vgl. BLAISE KNAPP, in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge- nossenschaft vom 29. Niai 1874, Basel/Zürich/Bern, Loseblattsammlung, Stand April 1986, Rz. 20 zu Art. 64 BV.

6 VgL den '·Treuhtinder-Fall'', BGE 109 lb 146 (!49 ff.).

7 Welche angesichts der im schweizerîschen Bankensystem vorheffschenden universellen Geschii.ftstll!igkeit in ihrer Mehrheit Banken sein werden.

(18)

Glaubigerschutz und Vertrauensschutz 375

vom 8. November l 9348. Es machtden rechtmiissigen9 Betrieb einer Bank in der Schweiz von einer Bewilligung abhangig. Es regelt die Vorausset- zungen für die Bewilligung und sieht Geschiiftsführungsvorschriften vor.

Es unterstellt die Banken einer Aufsicht durch die staatliche EBK10 und die privaten bankengesetzlichen RevisionssteUen. Die Bankenaufsicht ist eine polizeiliche, hoheitliche und mithin der Eingriffsverwaltungl! zuzurech- nende staatliche Tatigkeit. Bisher herrscht keine Klarheit, was Wirtschafts- recht genau ist12, jedenfalls aber gehürt das Bankenaufsichtsrecht dazu.

13. Das Bankengesetz 1934 wurde erstaunlicherweise seit seiner Schaf- fung vor bald 60 Jahren13 bisher nur ein1nal im Jahre 197114 teilweise revidiert. Eine zweite Teilrevision im Rahmen der Eurolex- beziehungsweise Swisslex-Gesetzgebung wurde im Miirz l 994abgeschlossen15lm Rah- men des GATS-Vertrages über die Liberalisierung der internationalen Dienstleistun9en 16 und der Revision des Schuldbetreibungs- und Kon- kursgesetzes1 werden sich Ànderungen des Bankengesetzes ergeben, welche hier nicht von Interesse sind. In den 80er Jahren wurden Projekte

8 Bankengesetz, BankG, SR 952.0.

9 Zu den Folgen und dem Vorgehen der EBK bei unbewilligter Banktatigkeit vgl. ZuLAUF, WuR 42 (l 990), 146 (154 ff.) sowie EBK Bulletin 20 (l 990), 16; 23 (1993). 9, 13.

10 lm folgenden wird. wo nicht anders angegeben, mit EBK die (nebenamtliche) Banken- kommission zusam1nen mit ihrem (vollamtlîchen) Sekretariat verslanden. Zur Organisa- tion der EBK vgl. MULLER ( l987). 65 f. und ANDRÉÜR!SEL, La Cmnmission fédérale des banques sous le regard du juriste. in: Eidg. Bankenkommission (Hrsg.), 50 Jahrc eidgen6ssische Bankenaufsicht. Zürich J 985, ! 51-165.

11 Zu diesen verwaltungsrechtlichen Kategorien vgl. KNAPP (1992), Rz. 108 ff.

12 Dazu SCHNYDER (1990). Rz. 18 ff.

13 Vgl. die Botschaft des Bundesrates BBI l934 I ! 7 !-20 l. Zur Entstehungsgeschichte mit Darste!lung des wirtschaftlichen und politischcn Umfelds BA:-.iz1GER (1986), 102 ff.

14 Vgl. die Botschaft des Bundesrates BBl !97011144-1203 und die Beratungen in den Raten StR 1970, 296-312 und NR 1970, 741-781.

15 Vg!. BBJ 1992 V 693-719, StR 1992, 944-947, NR 1992, ! 402-1417; BBl 19931970-974 (Botschaft), BBl 1994 I 85-99 (Zusatzbericht EFD für WAK Standerat), StR 1993.

762-775, NR 1993, 2491-2497, Schlussabstimmung 18.3.!994, Referendumsvorlage BBI 1994 II 229; sowie ZL'LAUF (1993). internationale Zusammenarbeit und HAL'Rl (1994). Swisslex. Der verabschiedete Text wurde ün EBK Bulletin 24 pub!iziert Die Gesetzestinderung dürfte am 1 . 1. 1995 in Kraft treten.

16 Der Vertrag wîrd voraussîchtlich im Dezember 1994/Januar 1995 im Parlament behan- delt. Die Anderungen des BankG betreffen nur die ausliindischcn und ausJandisch beherrschten Banken (Fakultatîve Gegenrechtsbestimmung wie in Art. 35 EBEHG.

gesetzliche Verankerung der konsolidierten Aufsicht auch für Tochtergesellschaften analog Art. 10 Abs. 5 EBEHG).

17 Dazu URS ZuLAUF, Schutz für Bankeinlagen in der Schweiz - eine Fata Morgana?, in:

NOBEL (Hrsg.), Aktue\le Rechtsprobleme des Finanz- und Bürsenplatzes Schweiz. Bern 1994, 79-94 mit den relevanten Materialien îm Anhang.

(19)

376 Urs Zulauf

sowohl für eine Totalrevision (1982)18 und anschliessend für eine Teilrc- vision ( l 984) 19 ausgearbcitet, aber schliesslich nicht weiterverfolgt20.

14. Diese Stabilitiit auf der Ebene der Gesetzgebung ist im international en Vergleich absolut erstaunlich. Als Grund wird imrner wieder angeführt, die Regelung habe sich bewahrt. Das trifft durchaus zu. Wichtig dürften aber auch andere Gründe sein. Als Folge des schweizerischen politischen und verfassungsrechtlichen Systems ist in der SchweizjedeGesetzgebung langwierig und beschwerlich. Ohne relativ grossen (politischen) Leidens- druck wird sic kaum in Bewegung gesetzt. Zum andern überllisst das Bankengesetz dem Bundesrat als Verordnungsgeber einerseits, der EBK und dem Bundesgericht als rechtsanwendendcn Behürden anderseits ei- nen grossen Spielraum und damit eine grosse Verantwortung. Dadurch wurden teilweise wesentliche neue Fragen durch die Verordnung21 oder die Verwaltungs- und Gerichtspraxis22 geregelt.

b) Sorgfaltsrelevante unbestimmte Rechtsbegriffe

15. Das Bankengesetz enth3.lt verschiedene auslegungsbedürftige unbe- stimmte Rechtsbegriffe, aus welchen die Praxis Anforderungen an die Sorg- falt der Banken abgeleitet hat. So darf eine Bank nur bewilligt werden, wenn sie "in ihren Statuten, Gesellschaftsvertragen und Reglementen ...

die ihrcr Geschaftsttitigkeit entsprechende Verwaltungsorganisation vor- sieht"23. Zudem müssen "die mit der Verwaltung und Gesch3.ftsführung der Bank betrauten Personen einen guten Ruf geniessen und Gewahr für eine einwandfreie Gesch3.ftstatigkeit bieten" (sogenannter "Gewahrsarti-

18 Vorentwurf und Bcricht der Studiengruppe zur Überprüfung des Bankengesetzes vom August !982. Bern EDMZ sowie HAURI (1985), Ausblick.

19 Ein verwaltungsinterner Entwurf wurde nie publizicti, ist aber teilweise vorgeste!lt und besprochcn bei SCl!MID, ZSR 104 (1985), IL 135 (273 !".).

20 Zn den Gründen Geschiiftsbericht des Bundcsratcs ! 986. 289; EBK Jahresberîchte l 984, 14, und 1985, !4.

21 Die gcltende Verordnung über die Ban ken und Sparkassen (Bankenverordnung, Bank V.

SR 952.02) stam1nt vom 17. Mai 1972 und wurde seither fünfmal tei!rcvidîcrt: 1976 (Ausbau des Sekretarîates der EBK). 1980 und 1989 (Eigenmîttelvorschriftcn), l 988 (Liquiditiitsvorschriften), 1989 (Geltungsbereich, Definîtion der Bank). Zur Zeit sind Teilrevisionen zur Umsetzung der Bankenverordnung an das an1 18.3.1994 geiinderte Bankengesetz und zur Anpassung der Eigenmitte! sowie der Bîlanzierungsvorschriften hiingig, vg!. EBK Jahrcsbcricht 1993, 22 L Im Jahr 1995 sollen die Risikovertei!ungs- und erneut die Eigcnmittelvorschriften (Erfassung von Marktrisiken) geiindert werden.

22 Die von der EBK in Einzelfiillen getroffenen Verfügungcn waren von teilweise weitrei- chender Bedeutung über den Einzelfall hinaus, vgl. z.B. den Entscheid SKA/CS-Holding in EBK Bulletin 21 (1990), 39 (= BGE 1 l 6 lb 33 J ), dazu die Kontroverse zwischen BEAT KLEINF.R/BENNO LUTZ, Das Eigenkapital im Bankkonzern, szw 63 ( 1991 ), 141-154 und GÉRARD HERTIG, Considérations supplémentaires à propos de la décision CS, ebcnda.

155-159.

23 Art. 3 Abs. 2 Bst. a BankG. Dazu hinten Rz. 182 ff.

(20)

Gliiubigcrschutz und Verlrauensschutz 377

ke1")24. Diese weite Umschreibung der Bewilligungsvoraussetzungen für eine Bank bewirkteinen entsprechenden Beurteilungsspielraum der EBK, wcnn sie die Notwendigkeit von verwaltungsrechtlichen Massnahmen zu beurteilen hat25. Die EBK hat die nütigen Verfügungen zu erlassen, wenn sie von Gesetzesverletzungen oder "sonstigen Missstanden" erflihrt26.

16. Die Bedeutung dieser unbestimmten Rechtssatze darf nicht unter- schiitzt werdcn. Zahlreiche der im folgenden dargestellten Sorgfaltspflich- ten sind durch die Verwaltungs- und Gerichtspraxis aus ihnen abgeleitet worden. Auch dienen sie als Einfallstore für die vorfrageweise Anwen- dung von Bestimmungen aus anderen Rechtsgebieten und von privaten Selbstregulierungen und Usanzen durch die EBK und das Bundesgericht.

Gelegentlich wurden Vorbehalte gegen eine derart unbestimmte Banken- gesetzgebung geaussert. Insbesondere die dargestellte Schwierigkeit einer raschcn Gesetzgebung 13.sst es aber wohl als klug erscheinen, zur Rege- lung des sich sehr rasch entwickelnden Bankgeschlifts auf Gesetzesstufe Generalklauseln zu verwenden27. Diese Erfahrung zeigte si ch auch im

BOrsengeschiift28.

17. lm Ausland wird teilweise versucht, Generalklauseln zu vermeiden.

Ob das Ergebnis besser ist, bleibe dahin~estellt. Jedenfalls wird die Gesetzgebung dadurch kaum transparenter 9. Mitunter bleibt trotz aller Bemühungen um Detailregelung letzten Endcs dennoch ein grosses Tor für Entscheidungsspielraum otfen30. ln anderem Zusammenhang sind die Befugnisse einzelner ausllindischer Aufsichtsbehürden im übrigen beacht-

24 Arl. 3 Abs. 2 Bst. c BankG.

25 Art. 23quimiu1" ' BankG.

26 Art. 23wr Ab8. 1 BankG.

27 BGE 109 la 273 (284). Gl.M. wohl auch Rl-l!l\OW/BA YERDÜRFER ( 1990), Rz. 40 ff. ebenso BoRGlll (!992), dall'antonomia alla vigîlanza. 1 (7).

28 Erinnert scî hier an die guten allen "rcc!Jen kaufm~innischen Grundsatze". deren Einhal- tung durch Zürcher Wertpapierhündlcr <las Zürcher Bürscnkmntnissariat seit 1912 zu prüfen hat, Paragraph 4 des Zürcher Wcrtpapiergesetzes vo1n 22.12. J 912 (in der Fassung vmn 27.9.92. in Kraft seit dem 1.1. 1993). Zum EBEHG ais Rahmengesetz, hinten Rz.

26 ff.

29 Sa hat die britischc Banking Coordination (Second Council Directive) Regu!ations 1992 (HMSO SI l 992/3218) zur Umsetzung der 2. Bankenrichtlinie der EG von ! 989 (89/646 EG, AB!. Nr. L 386/! vom 30. !2.1989) eincn Umfang von 60 Druckseiten. lm Eurolex- Verfahren versuchtc der Schweizer Gesctzgcber, die gleiche Aufgabe auf 5 Seitcn wahrzunehmen (BB! 1992 V 715-719) .

. io Als Beispiel sei hier der "Gewahrsartikel" des britischen Banking Act l 987 angeführt. Die Bank of England hat beî der Beurteilung, ob einc Person ''fit and propcr" zur Führung einer Bank sei, u.a. zu berücksichtigen: "thal he has ... (c) engaged in any business practices appearing to the Bank to be deceitful or oppressive or otherwise i1nproper (whether unlm+fu! or not) or which otherwise reflect discrcdit on his 1nethod of conducting business:"

(Schedule 3 section 3 (b) zum Banking Act l987, HMSO SI 1987/1664, Hervorhebung durch den Verfasser). Wic hk'f AELLE.'I (1990), 205 fL welcher die entsprcchenden Fundstellen wiedergibt.

(21)

378 Urs Zulauf

li ch grbsser ais diejenigen der EB K. So stellt zum Beispiel die Bank of England im Rahmen des EG-Rechts selbst Regeln auf über Eigenmittel und Liquiditat der Banken31.

18. Ebenso wie mit der Ermachtigung zur Rechtsetzung übertragt der Gesetzgeber durch die Schaffung eines unbestimmten Rechtssatzes den rechtsanwendenden Instanzen Regelungsbefugnisse. Sie haben den Sinn der Normen durch Auslegung zu ermitteln. Weder die EBK noch das Bundesgericht bedienen sich bei der Auslegung des Bankengesetzes einer einheitlichen Methode32. Jede Auslegung muss sichjedoch innerhalb der vom Gesetz verfolgten Ziele bewegen. Das Bankengesetz enthiilt aber keineZweckbestimmung. lm Zusammenhang mit der Praxis der EBK und des Bun<lesgerichts zur vorne erwtihnten "Gewahrsbestirnmung" des Ban- kengesetzes33 hat der Zweck des Bankengesetzes denn auch zu Kontro- versen Anlass gegeben.

c) Gliiubîgerschutz und Vertrauensschutz als Gesetzeszwecke

19. Durch das Bankengesetz sollen in ers ter Li nie, als "Hauptzweck", die Gesamtheit der Bankglaubiger geschützt werden. Soweit besteht Einig- keit34. Wo ein "Hauptzweck" besteht, rnuss es "Nebenzwecke" geben.

Auch dies wird noch allgemein anerkannt35. lm Entscheid betreffend den Bewilligungsentzug der Spar- und Leihkasse Thun16 fasste das Bundes- gericht irn Jahre 1991 die Ziele des Gesetzes wie folgt zusa1nrnen: "Das Bankengesetz verfolgt rnehrere Ziele. Seine Bestünrnungen sollen dern Schutz der Bankglliubiger und insbesondere der Sparer dienen, der Ge- sarntwirtschaft notwendige Kredite zu vertretbaren Bedingungen sichern und eine übermilssige Kapitalausfuhr verhindern, der Nationalbank <las für ihre wtihrungs- und kreditpolitischen Aufgaben nütige Instrurnentari- um zur Verfügung stellen sowie die Banken selber vor massiven Kapital-

31 Schedule 3 zum Banking Act 1987. Die Eigemnittelanfordcrungen werden nach gc1nein- samen Grundsatzen und unter Einhaltung der vom EU-Recht verlangten Mindestsiitze, aber fürjede Bank individuell bestîmmt, vgl. Bank ofEngland, Banking Act 1987 Section 16: Statement of Principles, Ziff. 2.4 ff.

32 Dazu statt vieler und mit bemerkenswcrter Klarheit GYG! ( 1986), Verwaltungsrccht, J 33 ff.

33 Art. 3 Abs. 2 Bst. c BankG.

34 BBI 1934 I ! 7 l (175), 1970 1 1144 (1145); BGer, II. Ôffentl.-rechtl. Abteilung.

20.11.1991 i.S. Spar- und Leihkasse Thun, EBK Bulletin 22 (1992), 9 ( 15); BGE 1!7 II 315 (318); BOE 111lb126 (127); BOE 108 lb 78 (81); BOE 108 lb 513 (522); BOE 106 lb 357 (363); BRÜHLMAN"1 (1935), 22 f.; HIRSCH (1985), objectifs, 269 (271); JFNOD (1987), activité irréprochable, 91 (93); RHJNOW/BA YëRDÔRFER ( ! 990), Rz. 6 ff. KLE!NER (199111993), Kommentar, N. 7 zu Art. 1 und N. 27 zu Art 3_3ter.

35 Vgl. z.B. RHINOWIBAYERDÔRFER (1990), Rz. 10 ff.

36 BGer, II. Ôffentl.-rechtl. Abteilung, 20.11.1991 i.S. Spar- und Lcihkasse Thun, EBK Bulletin 22 (1992), 9 (15).

(22)

Gliiubigerschutz und Vertrauensschutz 379

rückzügen schützen ( ... )."Auch dieser Umschreibung dürfte mit Blick auf die geltende Gesetzgebung kaum Opposition erwachsen.

20. Weniger gefiel dagegen, was die EBK mit nicht einheitlicher Termi- nologie als Schutz des Vertrauens, des guten Funktionierens und des guten Rufes der Schweizer Banken oder des Schweizer Finanzplatzes bezeich- net ("Vertrauens-, Funktions- oder Rufschutz")37. Die EBK benutzte diese Begründung unter anderem38 zur Auslegung des "Gewi:ihrsartikels" des Bankengesetzes39 und traf Verfügungen betreffend Banken, welche an rechts- oder sittenwidrigen Geschiiften ihrer Kunden mitwirkten40. Das Bunde.sgericht schützte diese Praxis und formulierte den Gesetzeszweck 1985 im "Schiffshypothekenfall"41 folgendermassen: "Auch wenn das Bankengesetz hauptstichlich bezweckt, die Bankglaubiger vor Verlusten zu bewahren ( ... ), so bezieht sich die Bankenaufsicht nicht allein auf die Solidittit und Sicherheit der Banken, sondern insgesamt auf deren Vertrau- enswürdigkeit ( ... ). Die Verwicklung in rechts- oder sittenwidrige Ge- schiifte kaon das Vertrauen nicht nur in die betroffene Bank, sondern in die Schweizer Banken ganz allgemein beeintrtichtigen"42.

21. Dieses Versti:indnis des Gesetzeszweckes bat überwiegend Zustim- mung gefunden43, aber auch Kritik vor allem seitens der Banken44. Die

37 Vg\. die Zusammenfassung der Praxis bei RmNow/BAYERDÙRFER (l 990), Rz. 9 fL unter dem Titel "Der Schutz des Schweizerischen Bankwesens", bci A ELLE~ (1990), 85 ff. und bei ZuLAllf, recht 7 (1989), 79 (81 f.),

38 Hier nicht relevant ist die ausdehnende Interpretation des Geltungsbereiches des Geset- zes in der Verordnungsrcvîsion vom 23.8.1989 (AS 1989 1772), dazu Urs ZL'LAl.TF.

Banken und Parabanken - Zum Geltungsbcrcîch des Bankengesetzes, Der Schweizer Treuhünder 62 ( 1988), 430-439.

39 Art. 3 Abs. 2 Bst. c BankG.

40 V gl. im einzelnen hinten Rz. 305 ff.

41 BGE 111 lb 126 (127). Die (bemerkenswerle) Differenz zur Umschreîbung des Geset- zeszweckes im Bundesgerichtscntscheid in Sachen SLT (vgL vorne Rz. 19) erklürt sich durch den vO!lig unterschiedlichcn Hîntergrund der zu entscheidcnden Fi:î.lle.

42 Bereits in früheren Entscheidungcn finden sich iihnliche Formulierungen, vgl. BGE 97 l 84 (88) und insbesondere den unverüffentlichten Entscheid vom 16.6. ! 978 i.S. Bam-1uc Commerciale SA, Delémont: "D'autre part, la loi sur les banques vise également d'autres buts que la protection des créanciers; elle a notanuncnt pour objectif de conforter la confiance du public dans les institutions bancaires suisses. Or i! ne paraît nulletnent exclu que, suivant les circonstances, cette confiance ne puisse plus être rétablie, même si les iITégularités commises n'ont pas lésé de manière grave ou n'ont pas sérieuse1ncnt mis en péril les droit<; des créanciers." (S. 31 ).

43 Vgl. insbesondere AELLEN (1990), 87 ff. m.w.H.; nachzutragen würen SCllÜRMANN (1994), Oberaufsicht, 1 !3 (119), ZoBL (1990), Interessenkonflîkte, 438 (450), NOBEL (1989), Zivil-und Aufsichtsrccht, 235 (237, 253), LussER, Quartalsheft SNB 1988, 236 (237) sowic (allerdings in andcrem Zusain1ncnhang) KLAUSER. WuR 37 (1986), 369 (375) und HOPT, WuR 38 (1986), !01 (123).

44 Insbesondere RHJNOW/BAYERDùRFF.R ( 1990), Rz. 122 ff. und ihnen folgend KLEINER (1993), Kommentar, N. 27a zu Art, 3_3rcr, sowie (moderater) JLTNOD ( 1987), activité irréprochable, 91 (115 ff.). Vgl. die Kontroverse über die ais Gutachten für die Schwcizerische Bankicr-

(23)

380 Urs Zu!auf

Kritiker wendcn insbesondere ein, die Zielsetzung des Vertrauens-, Funk- tions- beziehungsweise Rufschutzes sei wenn nicht verfassungs-, so doch gesctzeswidrig. Beide Kritiken basieren auf eine1n zu cngen Versti:indnis der bankengesetzlichen Bestimrnungen. Eine unvoreingenomrnene Bc- trachtung der einzelnen Gesetzesbestün1nungen bringt eine Yielzahl von Vorschriften zu Tage, welche nicht oder zumindest nicht direkt den Gltiubigerschutz bezwecken, sondern: Aussenwirtschaftspolitik zur Ôff- nung fren1der Mi:irkte für Schweizer Banken45 , die wirtschaftspolitische Zinssteuerung46, die Vermeidung von Anfeindungen des Schweizer Bank- geheirnnisses in der Ôffentlichkeit und durch staatliche Stellen des Aus- landes47, den Schutz des Yertrauens und des guten Rufes einer Bank48, den Schutz der Bankj?enossenschafter vor angeblich riskanten kommerziellen Bankgeschi:iften 9 oder der Pfandschuldner der Banken vor unüberlegter Zustimmung zur Weiterverpfi:indung50 oder aller Bankkunden var Verlet- zung des Bankgeheimnisses und damit ihrer Privatsphi:ire51 beziehungsweise auslandischer Kunden vor ungesetzlichen Übergriffen ausli:indischer Be- h0rden52.

22. Diese Beispiele zeigen, wie der Gesetzgeber 1934 und 1971 ein eklektisches und nicht auf den Gli:iubigerschutz fixiertes Verstandnis des Gesetzeszweckes besass53. Dazu gchürt auch der Schutz des Ansehens der

vereinîgung erstaltete Studie von RHI'.'IO\V/BA YERDÔRFER zwischcn einem Mitarbeiter des Sckrctariatcs der EBK (AELLEN) und dem Vorsitzendcn der juristischen Kommission der Bankiervereinigung (W. DE CAPITAN!) in SZW 64 ( 1992), J 82 lT.. 187 ff.

45 Art. 3b1.' Abs. 1 Bst. a BankG (Gegenrecht).

46 Art. 7-10 BankG. hn Zuge der hiingigen "Swisslex-Revision" des BankG sol!en die heute angesichts der (nicht mehr kontroversen) lîberalen Praxis der Schweizerischen National- bank weîtgehend bedeutungslosen Bestîmmungen über Kapitalexport (Art. 8) und Zîns- steuerung (Art. 10) modifiziert (Art. 8). bczichungsweise ganz aufgehoben (Art. 10) werden. Bei der Schaffung des BankG im Jahrc l 934 wurden diese Bestimmungenjedoch ais absolut zentral erachtet, vgl. B.ii.NZ!GER (1986), 106 ff., 112 ff.

47 Art. 4quater BankG, der [ 969 zuerst beschrünkt für ausHindisch beherrschte Banken und 1971 für alle Brn1ken eingeführt wurdc, vgl. KLEIN ER (1987), 49 f. Für RHlNOW/BA YF.R- DÔRFER (1990), Rz. ! 37. folgt daraus aber kein grundsiitzlicher Sinneswandcl des Gesetzgebers. Dies überzeugt angesîchts der dargestellten Zie!vielfalt und ii.usserungen von Bundesrat und Parlament in anderem Zusain1nenhang nicht.

48 Arl. 48 BankG (Kreditschadigung), vgl. MULLER (1976), K01nmentar, N. 1 zu Art. 48.

49 A11. 12 BankG, vgl. Urs ZUJ.AllF (l 987), "Genossenschaftsbank", in: Handbuch ... , 327.

su Art. 17 BankG.

51 Art. 47 BankG.

52 Wie Bii.'.'IZJGER ( ! 986), 1 14 ff. nachwcist, halle der strafrechtliche Schutz des Bankgc- heimnisses wie der spfüer geschaffcnc Art. 273 StGB Staatsschutzcharakter.

53 Nicht weîter erfüutert, aber ebcnso unzutreffend ist der Zweifel an der Verfassungsmüs- sigkeit der Praxis der EBK, vgl. J!JNOD (1987). activité irréprochable, 9 l ( 1 16 ff.) und RH1Now/BAYERDÔRFER (!990), Rz. 124 ff. Verfügungen der EBK sind a!s Prajudîz Hir al!e Banken g!eichermassen von Bcdcutung. Es isl schwer einsicht!ich, wnrîn der von der Hande!s- und Gewerbefreîheit vcrpOnte Eingriff in den Marktmechanismus Jîegt.

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G\aubigerschutz und Vertrauensschutz 381

Schweizer Banken in der Ôtfentlichkeit, was neben dem Bundesgericht54 auch der Bundesrat in verschiedenen Zusammenhlingen vorn Parlament unwidersprochen besttitigte55. lm Grunde anerkennen dies sogar die Kri- tiker, indem sie beispielsweise die Sorgfaltsptlichtvereinbarung56 als für die Aufsichtspraxis massgebende Auslegungshilfe ansehen57. Sie tun dies, obschon die Sorgfaltspfiichtvereinbarung k!ar und zu Recht keinen Glau- bigerschutz zu betreiben vorgibt. Sie will vielmehr "<las Ansehen des schweizerischen Bankgewerbes im In- und Ausland wahren", "in der Absicht, die bei der Entgegennahme von Gcldern und im Zusammenhang 1nit dcm Bankgeheimnis geltenden l< .. egeln einer einwandfreien Ge- schaftstatigkeit zu umschreiben"58.

23. Eine gegenüber <lem Glaubigerschutz erweiterte Zielsetzung der Ban- kenaufsicht ist keine schweizerische Spezialitat. Sie findet sich unter Titeln wie "Bankensicherheit", "Funktionenschutz", "protection of the integrity of the banking system" auch in andern Lfuldern59. Teilweise verlief die Entwicklung iln Ausland jedoch gerade umgekehrt zur Schweiz

54 Ygl. vornc Rz. 20

55 Yg!. z.B. folgcnde Stellungnahmen des Bundesratcs: vom 11.11.92 aufMotion Carobbio (Zentrales Kundenregistcr, 92.3253), vom 30.12.90 auf Motion Ziegler (Anonyme Bankkonten .. 90 .. 843), vo1n 16.12.88 auf Motion SP (Sorgfaltspflicht der Banken, 88.804), vom 16.3.87 auf Motion Magnin (Finanzplatz Schwciz. Gesundung .. 86.990) und vom 1. 12.86 auf Motion Leucnbcrger (Bankengesetz. Prioritiit für Teilrevision, 86.956). In dererwtihnten Antwort auf die Motion Magnîn führte der Bundesrat aus: "Die Bankenko1n1nission hat die Aufgabe. darüber zu wachen, dass die Banken vcrantwor- tungsbewusst handeln, mit dem Ziel, die Gliiubigcrinteressen zu schützen und den guten Ruf des Finanzplatzes zu wahren".

56 Dazu hintcn Rz. 50 tr., 118 ff., 144 tr.. 243 ff

57 K.LEINER ( l993), K01n1ncntar, N .. 35 zu Art. 3-31er; RH!NOW/BAYERDÜRFER (1990), Rz. 193.

f<l)GLISTER ( 1993), Standesregeln, 229 (247 f.). RHINOW/BA YERDÔRFER glauben offenbar selbst nicht in lelzter Konsequenz an die von ihnen postulierte Fixierung auf den Gtaubigerschutzzweck. Sonst müsstcn sie nicht nur die Begründungen einze!ner Ent- scheide wie des Schill:~hypothekenfalls (BGE 111 lb 126), sondern auch <las Resultat der Entscheidc ablehnen. Die Entscheidc lassen sich nun eimnal nîcht mit <lem GHiubiger- schutz bcgründen, was RH1Now/BA YERDÜRf'ER, Rz. J 86 f., i1n Grunde selbst zugestehcn.

Die von RH!NO\V/BA YERDÜRFER postulierte Beschrânkung auf den Glaubigerschutz sol!

zudem offenbar nichl gclten, wenn durch die Untersuchung der EBK der gutc Ruf einer Bank wicdcr hergestdlt \oterden kann, vg!., a.a. O., Rz. 222. Eine .'laiche "Pcrsilschein- Optik" ist abzu!ehnen.

58 Art. l VSB 1992. Die in den Versioncn von 1977 und 1982 noch enthaltenen Absichten

"Bekfünpfung der WirtschaftskriminalîtaC, zur "Wahrung des guten Rufes des Finanz- platzes Schwciz" und zur Umschreibung "der geltcnden Regeln einer den guten Sitten cntsprechcndcn Bankführung'' sind ab 1987 nichl mchr in der VSB enthalten. Vgl. hi men Rz. 275 ff.

59 Vgl. die Übersicht bei \.VERNHARD MOSCl-IEL, Eine Systematik von Bankregulierungszie-

\en, in: LurrERIMARTENS/ULMSR (Hrsg.), f<'estschrift für WALTER STIMPEL, Berlîn/Ne\V York !985, 1064-1085 (1070 ff.) sowie ùie Interventionen von HoPT (D), RuYNEEL (B) und CooKE (UK) auf diL~ Referat von GY Gr ( 1984), in: Colloque, 173 ff. Für Frankreich:

BRUNO Houis, Das Recht der Bankenaul\icht in Frankrcîch, Berlin 1991, 21 f.

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382 Urs Zulauf

und auch nicht immer geradlinig60. Auch ist die Bedeutung ail dieser Begriffe im einzelnen nach wie vor unklar. Zumeist wird mit <lem Funk- tionsschutz das Bemühen ausgedrückt, durch die Regulierung der Banken die Stabilitiit des Banken- und Finanzsystems nicht nur im Interesse der Bankgltiubiger, sondern der ~esamten Volkswirtschaft zu erreichen61. Der Begriff "Funktionsschutz"6 wird im folgenden nur in diesem Sinne verwendet63.

24. Der Schutz des Vertrauens in die Banken und des Rufes und Ansehens des Finanzplatzes mit dem oben beschriebenen Inhalt stellte wohl lange Zeit eine schweizerische Besonderheit dar. Diese ist nur vor dem Hinter- grundjahrzehntelanger Diskussionen in der in- und auslfuldischen Ôffent- lichkeit um Ausgestaltung und (behauptete oder wahre) Missbrliuche des Bankgeheilnnisses zu verstehen. Mit der weltweiten Jnpflichtnahme nicht nur der Banken, sondem auch der Bankenaufsichtsbehûrden für die Zwek- ke der Geldwlischereibekiimpfung und Beklimpfung der Wirtschaftskri- rninalitat, besteht diese Sonderstellung grundsatzlich nicht mehr64. In diesem Sinne bildet trotz der dagegen erhobenen Kritik auch die Bekamp- fung der Wirtschaftskriminalitat ein Nebenziel der Bankenaufsicht65.

25. Unter Berücksichtigung der neuesten Gesetzesanderung von 199466 kann der Zweck des Bankengesetzes und der Bankenaufsicht somit fol-

60 Soin Deutschland. Vor der Revision des KWG von 1984 war der Schutz îndividueller Einleger nicht eindeutig ausgeschlossen. Der deutsche Bundesgerichtshof bcjahte des- halb in den "Wetterstein"'- und "Herstatt""-Urteîlen (BGHZ 74,144 und 75,120) eine grundsatzliche Staatshaftung für die Bankcnaufsicht. Ais Reaktion des Gesetzgebers auf diesc Urteile wird die Aufsicht seit 1984 wiedermn "nur im OffenHichen Interesse"

wahrgenommen (Para. 6 Abs. 3 KWG).

61 In dicse1n Sinne auch ERNST BALTENSPERGER, The Economie Theory of Banking Regu- lation, in: FERL'BOTN/RJCHTER (Hrsg.), The Economies and Law of Banking Regulatîon, Center for the Study of the New Institutional Economies, Universitiil des Saarlandcs, Occasional Papers Vol. 2, Saarbrticken 1989/90, 1 ff. hn gleichen Sinne wurde der Funktionsschutz als Begründung zur Revision der BankV von 1989 betreffend den Geltungsbereich des BankG verwendet.

62 Zu Geschîchte und Begriff des Funktionsschutzes im Kapitalmarktrecht ZuFFEREY (1994), 150 fr.

63 Anders A ELLEN ( l 990), 85 ff., der Vertrauens-und Funktionsschutz synonym verwendet.

Wie hier ZUPFEREY (1994), 150 ff.

64 V gl. den Bericht der FATF vorn 7 .2.1990 mit Hinweis insbesondere auf die Erklarung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht vom 12.12.1988, EBK Bulletin 20 ( ! 990), 33 (46 ff.); eine klare Mitverantwortung der Aufsichtsbehürden !lir die Geldwtlscherei- bekampfung anerkennt auch die EG-Geldwüschereirichtlinie (vgl. Art. 1, letzter Satz, und Art. 10 GWR.

65 Vgl. ZCLA.t.:F, rccht 7 (l 989), 79 (83) und die Kritîk bei RHl'.'JOW/BA YERDÔRFER ( l 990), Rz. 222 f. Wîe hier LusSER, SNE Quartalsheft 3/!988, 236 (246). Die Differenz liegt woh! mehr in der Formulierung, machen <loch auch RH!NOW/BAYERDôRFER zu Recht nicht geltend, die EBK solle strafbare Handlungen nur in Fiillen einer konkreten Gefahr für die Bankglüubiger anzeigen.

66 Welche durch die Revision von Ait. 8 (Kapltalexport) und die Aufhebung von Art. l 0

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Gltiubigerschutz und Vcrtraucnsschutz 383

gendermassen zusammengefasst werden: Das Gesetz will zum einen die Bankgfaubiger schützen ("Gliiubigerschutz") und dadurch zur Stabilitiit des Bankensystems beitragen ("Funktionsschutz") und anderseits das Vertrauen der Kunden und der in- und ausliindischen Ôffentlichkeit in ein korrektes Bankensystem bewahren ("Vertrauens- oder Rufschutz"). Hin- zu kommen andere vorne genannte Aspekte wie die wirtschaftspolitische Wahrung der Bankeninteressen im Ausland67 oder der Schutz der Banken selbst in Krisensituationen68.

3. Zukü71ftiges BOrsengesetz des Bundes a) Grundzüge und Stand der Gesetzgebung

26. Das geplante Bundesgesetz über die Bürsen und den Effektenhan- del69 wird einen zweiten Angelpunkt zur Regelung und Anknüpfung èiffentlich-rechtlicher Sorgfaltspflichten für Banken und Effekten- hiindler bilden. Setzt sich das von den Riiten 1993 und 1994 vorgelegte Beratungstempo70 fort, wird die Gesetzgebunfi in sehr unschweizerischer Geschwindigkeit vollendet werden künnen 1Das Bundesgesetz wird die in den Bürsenkantonen bestehenden kantonalen Regelungen der Bürsen aufheben 72.

27. Anders als das Bankengesetz bringt das Bürsengesetz nicht nur eine Aufsicht über einzelne Marktteilnehmer, sondern auch über den Sekun- diirmarkt in Effekten. Mehr ais das Bankengesetz beruht es auf weitge- hender Selbstregulierung73. Das Gesetz enthiilt eine Zweckbestimmung.

(Müglichkeit, ZinserhOhungen bei Kassenobligationen zu beschrtinken) insbesondere die (auf das BankG gestützten) wirtschaftspolitischen Eingriffsbefugnîsse der SNB erheb-

!ich einschrünkt, was der Politik der SNB der letzten Jahre entspricht, vg!. die Fundstellen vorne in FN 15.

67 Vgl. die Gegenrechtsbestîmmung von Art. 3h;, Abs. l Bst. a BankG.

68 Vgl. Ait. 25 Il. BankG über Ftilligkeitsaufschub und Bankcnstundung.

69 Bürsengesetz, BEHG; Botschaft des Bundesrates vom 24.2.1993, BBJ 1993 I 1369-1465;

Stand nach den Bcratungen im StR vom 13. 12. 1993 (Amtl Bull StR 1993, 998-1014).

Vgl. die Übersicht bei WATTER, AJP 1994, 294 ff.

70 Die Beratungen i1n StR dauerten rund 2 Stunden, wobei der Rat al!en Antrtigen seiner vorbereitenden Kommission folgte. Das Gleiche geschah am 15. Junî 1989 im National- rat.

71 Der eigentliche Anstoss zum Bôrsengesetz ed'olgte am 5.9. 1988 durch das EFD mit der Einsetzung einer Sludicngruppe über das Bürsenwesen unter dem Vorsitz von Daniel Kaeser, ehemals EFD (5.9.1988). Gestützt auf deren Bericht vom 21. ! 2.1989 (Bern, EDMZ) erarbeilele eine Expertengruppe unter Vorsitz von Prof. ALAIN HIRSCH im Mürz 1991 einen Vorentwurf (Bern, EDMZ, in frz., dt und engl. publiziert in: Kolloquium, 1992, Bürsen, 291 fi'.), der Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens bildete.

72 Art. 47 EBEHG.

73 Augenfiilligster Ausdruck davon wliren die Aufgaben der (privaten) Bürsen (Art. 4 ff.) und die vom StR vorgeschlagenen privaten Überwachungsorgane: prîvate Beschwerde-

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