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Freiburger Volkskalender

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Academic year: 2021

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In eigener Sache

Zum Gedenken an Kalendermann Anton Jungo

Yvonne Jungo, Imelda Ruffieux 3

Kalendergeschichten, Mundarttexte

Dr Jöggeli Wernu

Ueli Johner 24

Neue Senslerdeutsche Wörter

Christian Schmutz 35

Die Streiche des Eggersmatter- Schlitzohrs

Kanis Zbinden 57

Von Schusswaffen, Knochenbrüchen und Unfällen – ein Arzt erinnert sich

Robert Schwaller 77

Geschichtliches

1000 Jahre Galgenwunder und 400-Jahr-Jubiläum der Jakobsbruderschaft Tafers

Charles Folly 15

Frauengeschichte und Frauen geschichten

Katrin Utz Tremp 27

Volkskunde

Schwalben, Pferde, Ameisen und Laub frösche: Tiere als Wetterpropheten

Mario Slongo 39

Die Rose in Rittersälen und an Beichtstühlen

Thomas Perler 80

Gesellschaftliches

Zu- und Übernamen von Bösinger Familien

Anton Jungo 5

Vom Techno-Mozart und anderen Kuriositäten im Bad Bonn

Louis Riedo 45

Schweizer Tafel:

Überschüssige Lebensmittel lindern Not

Mireille Rotzetter 54

Fräschels, mon amour

Elisabeth Leu 65

Natur und Umwelt

Schwarzsee ist ein Hotspot

der Artenvielfalt im oberen Sensebezirk

Jacques Studer 32

Alpgenossenschaft Wünnewil feiert 100-Jahr-Jubiläum

Josef Jungo 49

100 Jahre Alpgenossenschaft St. Antoni

Josef Jungo 51

Biodiversität durch Vernetzungsprojekte

Emanuel Egger 70

Reportagen, Wissenschaft

Himmelsspektakel: Scheinbare Begegnung von Mars und Jupiter

Klaus Vonlanthen 12

Segelfliegen:

Engagierte Zusammen arbeit am Boden, individueller Genuss in luftiger Höhe

Christophe Zürcher 19

Staunen und Träumen

in der Miniaturwelt des Kaeserberg

Jessica Freiburghaus-Dubois 59

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Danach erhalten Sie den Volkskalender alljährlich bequem nach Hause geliefert.

Gerne informieren wir Sie auch über unser Geschenkabo.

Der Freiburger Volkskalender ist

im Abonnement erhältlich.

Ich bestelle 1 Volkskalender-Abonnement

für Fr. 22.50 inkl. Porto (ab Volkskalender 2021, erscheint im November 2020)

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(5)

Von Yvonne Jungo und Imelda Ruffieux

«Das wäre etwas für den Kalender!» – Diesen Aus­ spruch hörte man von Anton Jungo immer wieder einmal. Und zwar zu jeder Gelegenheit, oft mitten in einem Gespräch, einem Ausflug, einer Diskus­ sion über ein ganz banales Alltagsthema und nicht zuletzt während einem feinen Essen, wenn er Fa­ milie, Freunde oder Bekannte vorzüglich bekocht hat. Denn Anton Jungo lebte mit und für den Ka­ lender. Er hat sein Gespür für Themen, die in den Freiburger Kalender passen, nie ausgeschaltet, son­ dern war immer dran – ganz nach dem Mot­ to «Nach dem Kalender ist vor dem Kalender». Acht Jahre war er der Kalendermann – einen Titel, den er 2011 von seinem Vorgänger Moritz Boschung nach dessen Tod geerbt hatte. Wie dieser, hat auch er die Redaktion des Volkskalenders gewissenhaft und mit viel Energie wahrgenommen. Niemand weiss, wie viele Stunden er investiert hat. Die heu­ tigen Kalenderfrauen, die diese Aufgabe nach sei­ nem Hinschied übernommen haben, erhielten in den letzten Monaten eine leise Ahnung, wie viel dahintersteckt – selbst für ein Dreierteam. «Wie hat Toni das alles nur alleine geschafft?»: Diese Frage wurde in den letzten Monaten ein paar Mal laut gestellt und oftmals leise gedacht.

Toni Jungo hat seine ganze Leidenschaft in den Ka­ lender gesteckt. Dies, weil er das Erbe von Moritz Boschung ernst nahm, aber auch, weil es ihm per­ sönlich wichtig war. Wie bei allem, was er ange­ packt hat, gab er auch hier Vollgas – halbe Sachen waren nicht sein Ding.

Das betrifft beide Seiten des Kalenders: Das in Auf­ trag geben von Artikeln an externe Autoren und Autorinnen, das Planen der gesamten Ausgabe, das Erstellen der Chronik und all die vielen adminis­ trativen Aufgaben auf der einen Seite. Auf der an­ deren Seite war für ihn das Schreiben von eigenen Texten selbstverständlich. Über dreissig Beiträge hat Toni Jungo als Kalendermann verfasst, und er hatte noch viele in Planung. Denn für ihn als pen­ sionierten Journalisten der Freiburger Nachrichten war die Aufgabe als «Chefredaktor» des Freiburger Volkskalenders – er hätte über diese Bezeichnung sicher zuerst gelacht, sie dann aber in seiner be­ scheidenen Art als unpassend zurückgewiesen – auch eine logische Weiterführung seiner schrei­ benden Tätigkeit.

Und wie in seiner früheren Arbeit im Tagesjourna­ lismus war es ihm mit seinen Artikeln im Kalen­ der wichtig, die Leser und Leserinnen zu errei­ chen. «Es gibt so viele spannende Sachen», sagte er oft mit begeisterter Stimme. Diese Themen aufzu­ arbeiten, sie zu erforschen, in einen Kontext zu bringen und schliesslich so zu formulieren, dass sie verständlich sind – das war seine Mission und zu­ gleich seine grosse Stärke.

Manchmal hatte man das Gefühl, dass ihm das Material für seine Artikel nur so zuflog. Kein Wunder, bei seinem grossen Interesse an allem, was in der Welt, im Land und in der Region vor­ ging. Er war fleissiger Zeitungsleser und Radio­ hörer – und wenn ihn ein Thema angesprochen hat, W Ü R D I G U N G

Zum Gedenken

an Kalendermann

Anton Jungo

Vor rund einem Jahr, am 22. Oktober 2018, ist Anton Jungo, Redaktor des Freiburger Volkskalenders, unerwartet

verstorben. Er hat dieser Publikation seinen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt. Sie hat ihn im Gegenzug aber

auch geprägt, konnte er doch im Kalender sein grosses Interesse an Geschichte und Geschichten, an Kultur, Brauchtum

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besorgte er sich ein Buch darüber. Die umfang­ reiche Bibliothek, die er hinterliess, zeugt von der Vielfalt seiner Interessen, seiner Liebe für Land und Leute, seiner Verbundenheit mit Natur, Kultur und Brauchtum, seinem schier grenzenlosen Wis­ sensdurst für geschichtliche Zusammenhänge, Re­ ligion und – vor allem – für Menschen.

Auf den nachfolgenden Seiten dieses Kalenders er­ scheint mit dem Beitrag «Zu­ und Übernamen von Bösinger Familien» der letzte Artikel von Kalen­ dermann Anton Jungo. Über dieses Thema hat er am 31. März 2017 an der Generalversammlung von Pro Bösingen einen Vortrag gehalten. Dieser Text ist das beste Beispiel für seinen Forschergeist und für seine Neugier, einem Thema auf den Grund zu gehen und dieses in einer verständlichen Sprache festzuhalten. Das volkskundliche Thema passt zu ihm und die Schreibweise ist typisch für ihn – volksnah, klar, verbunden mit einer Prise Humor, die ab und zu durchkommt. Der Beitrag zeugt aber auch von seiner Liebe zu den Menschen und seiner tiefen Verbundenheit zur Gemeinde Bösingen, wo er aufgewachsen ist und auch als Gemeinderat wirkte. Unzählige Male stellte er sein Wissen und seine Unterstützung der Gemeinde zur Verfügung. Er forschte im Archiv der Gemeinde, der Pfarrei

und von Pro Bösingen und verfasste Texte zur ge­ schichtlichen Vergangenheit von Bösingen. So war Toni Jungo sehr glücklich darüber, dass die Vernis­ sage für den «Freiburger Volkskalender 2018» in Bösingen stattfinden konnte. Dass die Vernissage vom 8. November 2017 seine letzte sein sollte, ahn­ te niemand.

Anton Jungo ist am 22. Oktober 2018 bei einem Spaziergang in Richterwil bei Bösingen, wo er mit seinen sechs Geschwistern aufgewachsen ist, ver­ storben. Das war wenige Tage vor der Vernissage des Volkskalenders 2019. Er konnte sein letztes Werk nicht mehr in gedruckter Form erleben und der Öffentlichkeit präsentieren; doch wie es seine Art als Kalendermann war, hat er auch seine letzte Ausgabe gewissenhaft abgeschlossen.

«Toni hätte das gewusst!» – Auch das ein Satz, den viele Menschen im vergangenen Jahr ausgespro­ chen haben. Toni fehlt und hinterlässt eine grosse Lücke. Fachlich, vor allem aber auch menschlich. Als Kalendermann, als Kollege – doch in erster Linie

als Freund.

Anton Jungo an der Vernissage für den Freiburger Volkskalender 2017 vom 2. November 2016 im Museum Murten. Bild Archiv Lib./Charles Ellena

(7)

Von Anton Jungo sel., Schmitten

Wenn man mich früher fragte «Was bist du für einer?» oder auch «Wemse bǜschù?», habe ich ge­ antwortet «Einer von Karlis» und man wusste Be­ scheid. Als mein Grossvater Karl Jungo 1927 von Düdingen nach Bösingen übersiedelte, gab es in Bösingen schon verschiedene Familien Jungo. Also wurde unsere Familie zu Karlis.

Ich kann mich gut erinnern, dass wir zuhause selbst­ verständlich Über­ oder Beinamen gebraucht haben. Damit war gewöhnlich klar, wen man meinte. Ein Beispiel: In der Mitte des letzten Jahrhunderts leb­ ten und wirkten in Bösingen zwei Männer namens «Jungo Robert». Beide bekleideten verschiedene öffentliche Ämter. Sprach man aber von Schmutze

Röbù (wohnhaft in Fendringen, Syndic von Bösingen,

Präsident der Wasserversorgung) oder Haale Röbù (wohnhaft in Grenchen, Gemeinderat, Grün dungs­ prä sident der Raiffeisenbank Bösingen), war alles klar. Heute werden Über­ und Beinamen immer seltener gebraucht und sie geraten langsam in Vergessen­ heit, was schade ist. Ich bin der Meinung, dass diese Besonderheit des Gesprächs über andere Menschen zum Kulturgut gehört, zu dem man Sorge tragen sollte. 2014 haben Kanis Zbinden aus Zumholz (1938–2019) und Roland Mülhauser aus Schmitten (geb. 1936) ein Verzeichnis der Über­ und Beina­ men von Plaffeien zusammengestellt. Das hat mich animiert, mir bekannte Übernamen aus Bösingen zu notieren. Zum Glück gibt es in Bösingen auch verschiedene Quellen, die ich nutzen konnte. Er­ wähnt seien vor allem Pfarrer Moritz Boschung von Alterswil (geb. 1927), ein ehemaliger Bösinger, und

Regina Zbinden­Zollet (1924–2017).

Schriftliche Quellen

Im Pfarrarchiv von Bösingen wird ein wohl einma­ liger Schatz aufbewahrt. Ich meine das «Geschlech­ terbuch von Bösingen», das Pfarrer Franz Xaver Piller (1812–1893) zusammengestellt hat. Er war von 1846 bis 1857 Pfarrer in Bösingen. Um 1855 hat er für alle damals in Bösingen wohnhaften Fami­ N A M E N U N D I H R E G E S C H I C H T E N

Zu- und Übernamen

von Bösinger Familien

An der Generalversammlung von Pro Bösingen vom 31. März 2017 hat Anton Jungo (1945–2018) einen Vortrag zum Thema «Zu- und Übernamen von Bösinger Familien» gehalten. Er hatte vor, diesen Text in angepasster Form im Volkskalender aufzunehmen. Leider war es ihm nicht vergönnt, diesen Wunsch umzusetzen. Zu seinem Gedenken erscheint der Beitrag über die Bösinger Übernamen

im Volkskalender 2020.

Yvonne Jungo hat den Vortrag bearbeitet.

Titelseite des Geschlechterbuches Bösingen von 1855; erstellt von Pfarrer Franz Xaver Piller.

(8)

lien den Stammbaum erstellt. Er sah sich mit der Tatsache konfrontiert, dass es damals in Bösingen zahlreiche Familien mit dem gleichen Namen gab: vor allem Käser, Rappo, Schaller, Hayo, Schmutz. Um sie auseinander halten zu können, hat er jeweils einen Bei­ oder Übernamen beigefügt. Dank dem Geschlechterbuch von Pfarrer Piller sind viele Zu­ und Übernamen schriftlich überliefert. Das ist weitherum wohl einmalig.

Drei weitere Personen, denen wir Informationen zu Zu­ und Übernamen verdanken, seien noch erwähnt. Lehrer Niklaus Schneuwly (1890–1952) wurde als Lehrerssohn in Wünnewil geboren. 1910 wurde er Lehrer in Bösingen. Neben seinen zahlreichen an­ deren Ämtern war er auch Zivilstandsbeamter. In dieser Funktion hat er für das Pfarrblatt Bösingen unzählige Nachrufe für Verstorbene geschrieben. Dabei hat er die Zu­ und Übernamen nicht nur er­ wähnt, sondern hat auch versucht zu erklären, woher sie stammen. Nach dem Tod von Lehrer Schneuwly hat vor allem Pfarrer Moritz Schwaller (1904–1984) die Nachrufe für das Pfarrblatt ver­ fasst. Er war ein guter Kenner der Verwandtschafts­ verhältnisse in seiner Pfarrei. Schliesslich sei auch Pius Käser (1932–2006) genannt. Hanslis Püssù oder

Pius hat in seinen verschiedenen Schriften auch

immer wieder Zu­ und Übernamen aufgeführt; vor allem in seinem Buch «600 Jahre Bauern erbe». Aus dem Geschlechterbuch von Franz Xaver Piller

ist ersichtlich, dass die alten Bösinger Familien ur­ sprünglich in bestimmten Weilern gelebt haben. Die Käser wohnten vor allem in Uttewil, Fendrin­ gen und Litzistorf. Mit der Zeit haben sie sich über das ganze Gemeindegebiet ausgebreitet. Die Rappo wohn ten im Dorf und in der Haala. Die Hayo, da­ mals noch ohne z geschrieben, siedelten anfangs in Grenchen. Alle heute dort noch existierenden Bau­ ernhäuser waren von Hayo bewohnt. Die Schaller, die eher von Oberbösingen und Wünnewil stam­ men, wohnten in Noflen, Unterbösingen und in der Tuftera. Die Schmutz lebten in Litzistorf, Noflen und Fendringen.

Die Familien Käser

In früheren Zeiten war Käser der am häufigsten verbreitete Familienname in Bösingen. Entspre­ chend vielfältig sind die Zu­ und Übernamen für diese Familie.

Bis zur Gegenwart wohnt in Uttewil eine Familie Käser, die als Wierhanslis bekannt ist. Das Stamm­ haus dieser Familie Käser stand offensichtlich ne­ ben dem Feuerweiher. Noch jetzt gibt es in Uttewil eine Weihermatte. Eine andere Familie Käser in Uttewil hatte den Übernamen Glattas. Ihr Stammhaus stand dort, wo heu­ te die Familie Jürg Schnyder wohnt. Woher der Name stammt, habe ich nicht herausgefunden. In Fendringen leben noch heute zwei Familien Käser. Bei der Strassenkreuzung wohnen

Han-se (heute KäHan-ser Hugo). Der Zu­

name Hanse ist seit 1744 be­ kannt. Während vielen Generationen trug der Stammhalter jeweils den Namen Johann oder Jo­ hann Jakob.

An der Strasse weiter Richtung Bösingen wohnen

Hanslis. Von hier stammte der weitherum bekannte

Pius (heute Raphael Käser).

Die Familiengeschichte der Käsers ist etwas kompli­ ziert. 1746 hat ein Johann Josef Käser (Wierhanslis) eine Anna Maria Schmutz aus Fendringen gehei­ ratet. Die Schmutz (sie trugen auch den Überna­ men Lütenants) waren eine wohlhabende Familie. Ihnen gehörte das Bauerngut, auf dem heute Ra­ phael Käser wirtschaftet, aber auch jenes unterhalb davon, das jetzt der Familie Locher gehört. Die Fa­ milie Käser hatte deshalb zuerst den Übernamen

Schmutzes. 1884 hat ein Johann Käser von Uttewil

(verheiratet mit Christina Rappo von der Haala) das Gut übernommen, auf dem heute Raphael Käser wohnt. Fortan hiess diese Familie Hanslis.

Fendringen um 1970. Geschlechterbuch Bösingen: Beginn des Stammbaumes der Familie Käser Schmutzes in Fendringen.

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Die Familie Schmutz war bereits 1820 ausgestorben und auf beiden Bauerngütern wirtschafteten fort­ an die Käser. Der Name Schmutzes blieb aber noch bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts an den Fa­ milien erhalten, die jeweils den unteren Hof (heu­ te Familie Locher) bewirtschafteten. Das gilt so­ wohl für die Familie Käser wie auch später für die Familie Jungo.

Christina Käser (aus der erwähnten Familie mit dem Übernamen Schmutzes oder Lütenants) heira­ tete 1890 einen Peter Paul Jungo aus Schiffenen. Weil ihre Familie in Schiffenen immer grösser wurde, kamen zwei ihrer jüngeren Söhne zu den le­ digen Geschwistern von Christina nach Fendrin­ gen. Bei den älteren Bösingern sind sie sicher noch gut bekannt: Robert Jungo (Schmutze Röbù oder

Lütenants-Röbù) war, wie bereits erwähnt, von 1946

bis 1951 Syndic von Bösingen. Sein Bruder Pius Jungo (Schmutze Pius oder Püssù) ist der Stamm­ vater der Jungo in Engelberg. Das Heimwesen in Fendringen hat dann mehrmals die Hand gewech­ selt. Die Nachfolger von Robert Jungo auf dem Heimwesen tragen den Übernamen Schmutzes nicht mehr.

Ein Sohn des oben erwähnten Johann Käser­ Rappo

(Hanslis) war Alfons Käser. Er war verheiratet mit

Regina Hayoz aus Überstorf. Er hat in der Haala das Bauerngut seiner Mutter Christina Käser­Rappo übernommen. Das Ehepaar hatte zwölf Kinder. Alfons Käser hatte den Zunamen Haale-Funs und

die Nachkommen, die heute noch in Bösingen le­ ben, tragen den Zunamen Haale. Allseits bekannt in Bösingen waren:

• Haale-Noudi, auch bekannt als Kasse-Noudi, weil er Verwalter der Spar­ und Leihkasse war • Haale-Hans, Viehinspektor und Baumwärter,

Alkoholkontrolle

• Haale-Bärtù oder Haale-Albert, Strassenwärter • Haale-Felix, ein bekannter Schütze

• Haale-Othmar, Briefträger von Laupen

Wenn wir schon in der Haala sind, sei erwähnt, dass es auch einen Zweig der Familie Jungo gibt, die den Zunamen Haale trägt. Es sind die Haale-Josis, die heute in Grenchen zuhause sind. Der Stammvater von Haale-Josis war Joseph Jungo (1878–1934) aus der Haala. 1900 heiratete er Anna Maria Käser aus Grenchen. Das junge Paar übernahm in Grenchen ein Heimwesen, das zum Stammsitz von Haale-

Josis werden sollte. Dieses Heimwesen war 1901 bei

einer Erbteilung vom grös seren Heimwesen, das heute Heinrich Käser bewirtschaftet, abgetrennt worden. Die Nachkommen von Haale-Josis sind heute in Bösingen noch allseits bekannt: Der ein­ gangs erwähnte Robert Jungo (Haale-Röbù), der in Bösingen verschiedene öffentliche Ämter innehat­ te sowie seine Brüder Eduard Jungo (Haale-Edù, Vater von Gemeinderätin Yvonne Jungo) und Jakob Jungo (Haale-Köbù, dessen Tochter Edith heute auf dem Heimwesen der Haale-Josis lebt).

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Ich finde es interessant, dass heute auf dem Hof von Haale-Josis in Grenchen Nachkommen von beiden Familien mit dem Zunamen Haale wohnen. Othmar Käser stammt von der Familie Haale-Fùns ab und seine Frau Edith Jungo von der Familie

Haale-Josis.

Aber nicht nur in Uttewil und Fendringen gab und gibt es Familien Käser, auch in Noflen. Eine dieser Familien sind Auers. 1821 heiratete ein Jakob Käser

(Sifait) aus Riederberg eine Anna Gobet aus der

Noflenau. Er zog nach Noflen zu seiner Frau. Diese Familie Käser hiess von da an Auers. Ein Nach­ komme war der Auer-Josi (1859–1953). Er war Bäcker in Wünnewil. Nach der Heirat mit Anna­ Maria Schmutz aus Staffels (1864–1947) zieht er wieder auf das väterliche Heimwesen in der Au in Noflen. Sie werden Eltern von vierzehn Kindern. Mehrere von Auers Kindern waren in Bösingen bestens bekannt: Gregor, Agathe, Anna Bäriswil­ Käser, Sr. Marie Françoise (Dominikanerin in Esta vayer).

Der erwähnte Jakob Käser aus Riederberg hat sei­ nen Übernamen Sifait seinem Vater Franziskus Pe­ ter Käser zu verdanken. Dieser weilte längere Zeit im Welschen und hatte die Gewohnheit, bei jeder Gelegenheit «c’est fait» zu sagen. Daher der Name

Sifait. Die Familie Käser Sifait stammte ursprüng­

lich auch aus Uttewil, wo die Familie den Überna­ men Klopfis hatte.

Eine Familie Käser, die ebenfalls den Zunamen

Lü-tenants trug, hatte in Litzistorf ihren Stammsitz.

Sie hatte ihren Zunamen Johann Peter Käser (1767– 1833) zu verdanken, der als Leutnant diente.

Lü-tenants lebten dort, wo heute die Familie Käser­

Bächler wohnt und nun den Zunamen Jäggis hat.

Lütenants haben in verschiedene Familien einge­

heiratet. Sie hatten Besitz in Fendringen, Grenchen und im Dorf Bösingen. In Oberbösingen heiratete einer von Lütenants in eine Familie Rappo mit dem Übernamen Josts ein. Ein anderer heiratete in Grenchen in eine Familie Hayo mit dem Überna­ men Fähnders (heute Heinrich Käser­Zahno) ein. Der erwähnte Johann Peter (1767–1833) heiratete 1796 in die Familie Rappo im Dorf Bösingen ein, die Eigentümerin des Bauerngutes neben der Pfarr­ kirche war. Sein Enkel Johann (Jean) Käser kam in Freiburg als Kaufmann zu einigem Reichtum. Er konnte sich 1867 neben seinem Gut das «Schlöss­ li» bauen. Ab 1865 wurde der Bauernhof verpach­ tet. Von 1890 bis 1904 war Jakob Käser, ein Neffe von Jean, Pächter dieses Hofes. Als sich eine güns­ tige Gelegenheit ergab, verschaffte Jean seinem

Neffen wieder den Stammsitz der Lütenants in Lit­ zistorf. Dieser Jakob Käser (1864–1950) war eine so bekannte und beliebte Persönlichkeit, dass alle ihn einfach Jäggi nannten. Von ihm stammen die

Jäg-gis ab, die heute noch in Litzistorf leben.

Das Gut des Jean Käser ging 1958 durch Erbschaft an die Familie Bourgknecht aus Freiburg, welche mit Nachkommen von Jean Käser verwandt war. Von 1932 bis 2018 wurde der Hof von der Familie Bucheli in Pacht bewirtschaftet.

Es gibt und gab in Bösingen noch zahlreiche weite­ re Familien Käser mit den entsprechenden Über­ namen. Ohne Problem könnte man ihnen einen ganzen Vortrag widmen. Einige seien noch kurz erwähnt:

• Käser Gabriels, die aus Bagewil stammten, das früher zu Bösingen gehörte

• Käser Wullis, abgeleitet von Wilhelm, in der Tuftera

• Käser Schwyzersch in der Tuftera. Hier ist interessant, dass früher die Familie Schmidhäus­ ler, die aus dem Kanton Schwyz eingewandert war, diesen Übernamen hatte. Dann hat aber ein Johann Josef Käser aus der Tuftera eine Tochter Schmidhäusler geheiratet und der Übername ging an diese Familie über. • Käser Buchses, ein Ernst Buchs hatte eine

Tochter Käser geheiratet.

• Käser Schuhmachers in der Tuftera • Käser Nantus/Ferdinands in Riederberg • Käser Müllersch, kamen ursprünglich aus der

Mühle Noflen

Die Familien Hayo

Die Hayo sind eine weitere wichtige Bösinger Fami­ lie. Ihnen gehörte zeitweise der ganze Weiler Gren­ chen, der aus drei grossen Bauernhöfen bestand. Im obersten Haus (heute Hugo Jungo­Käser) wohnten einst Hayos mit dem Übernamen

Salz-mann. Es ist erstaunlich, wie lange der Name Salz­

mann schon mit diesem Haus verbunden ist, ob­ wohl in der Zwischenzeit die Besitzerfamilie mehrmals gewechselt hat. Schon 1694 ist ein Jo­ hann Hayo bekannt, der den Übernamen

Salz-mann hatte. In der Zwischenzeit wohnte auf die­

sem Hof aber eine Familie Wäber und jetzt die Familie Jungo.

Es hat immer geheissen, der Name Salzmann kom­ me daher, weil die Familie Hayo früher im Auftrag des Staates Freiburg das Salzregal für Bösingen ge­ führt habe. Ich wollte das nicht so recht glauben und habe im Staatsarchiv nachgeforscht. Tatsäch­ lich habe ich verschiedene Mitglieder der Familie

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Hayo gefunden, die für Bösingen den Salzhandel führten. Das war ein wichtiger staatlicher Auftrag. Man muss wissen, dass das sogenannte Salzregal bis 1975 eine kantonale Angelegenheit war. Die Kantone erhoben auf dem Salz Steuern. Das führ­ te dazu, dass im Kanton Freiburg das Salz doppelt so teuer war wie im Kanton Bern. Man kann sich ja leicht vorstellen, dass die Bösinger versucht wa­ ren, das Salz in Laupen einzukaufen, was sie auch taten.

Die Familie Hayo Salzmann ist auch deshalb inte­ ressant, weil aus ihr der bisher einzige Freiburger Staatsrat aus Bösingen stammt. 1792 heiratete Josef Hayo (Salzmann) von Grenchen eine Maria Elisa­ betha Jeckelmann aus Litzistorf und übernahm deren Heimwesen (heute Familie Krummen). Die Familie Jeckelmann hatte den Übernamen Hüslers. Josef Bartholomäus, ein Sohn dieses Josef Hayo, war während der Sonderbundswirren (1847/1848) Staatsrat. Weil er sehr wohlhabend war und der konservativen Partei angehörte, musste er nach dem verlorenen Krieg eine gewaltige Reparations­ summe zahlen.

Den älteren Bösingern ist die Familie Hayo Hüslers aus Litzistorf aber noch aus einem anderen Grund bekannt. Jakob Peter Hayo, ein Sohn des Staatsrates, hat 1872 eine Anna Maria Grossrieder geheiratet. Sie hatten sieben Kinder. Die Eltern starben 1919 und die Kinder mussten den grossen Hof weiter­ führen. Dann kam die Krisenzeit und der Hof musste 1936 schliesslich verkauft werden. Drei Töchter waren verheiratet. Die vier ledigen Ge­ schwister Josef, Kanis, Rosa und Kathrin nahmen Wohnsitz im alten Schulhaus von Bösingen. Hüslers

Kathrin war eine äusserst liebenswürdige Person

und hat sich als Schulsuppen köchin vor allem bei den Schulkindern beliebt gemacht. Sie starb 1961 im Alter von 78 Jahren.

Auch die Familie Hayo auf dem mittleren Bauern­ gut in Grenchen (heute von der Familie Baeriswyl in Pacht bewirtschaftet) trug den Übernamen

Salz-mann. Die Familie Hayo auf dem untersten Bau­

ernhof (heute Heinrich Käser­Zahno) hatte den Übernamen Fähnders. Der Name stammt daher, weil Humbert Hayo (1743–1820) Landesvenner des Aupanners war. Es gab in Grenchen auch eine Fa­ milie Hayo Majas. Ich habe allerdings nicht heraus­ gefunden, wo sie gewohnt hat.

Die Familien Rappo

Rappos waren eine weit verbreitete und sehr wohl­

habende Familie in Bösingen. Meines Wissens ist sie heute in Bösingen ausgestorben. Es gibt aber an­ dernorts noch Rappo, die Bürger von Bösingen sind. Praktisch das ganze Dorf Bösingen gehörte ihnen. Sie hatten aber auch Besitztum in Ober­ bösingen, in der Bachtela, in Noflen und Unterbö­ singen. Mehrmals stellten sie den Ammann von Bösingen. Bei den älteren Bösingern ist wohl noch Grossrat Johann Rappo, Syndic von 1895 bis 1930, in Erinnerung. Entsprechend der weiten Verbrei­ tung der Rappos waren auch die Übernamen. Eine Familie Rappo im Dorf hatte den Übernamen

Josts, von einem Vorfahren Jodocus, der 1693 gestor­

ben ist. Die Familie bewirtschaftete das Bauern gut oberhalb des Schulhauses. Aus dieser Familie stammt der erwähnte Ammann und Grossrat Rappo. Er wohnte im Haus, das heute den Familien Waeber

Der ganze Weiler Grenchen gehörte zeitweise der Familie Hayo. Die Familien Haale-Josis und Salzmann wohnen noch heute hier.

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gehört. Auch das Bauerngut neben der Kirche ge­ hörte der Familie Rappo Josts.

Eine weitere Familie Rappo im Dorf hatte den Übernamen Chüer oder Kühers. Bezeugt ist dieser Übername schon 1657. Dieser Familie gehörte das Bauerngut neben der Pfarreiwirtschaft, das heute von der Familie Aebischer in Pacht bewirtschaftet wird. Der Übername Kühers kommt offensichtlich davon, dass Rappos jeweils mit einer grossen Kuhherde zur Sömmerung in den Plasselbschlund zogen und dort eine Alpkäserei betrieben.

Auch die beiden Bauernhöfe in der Haala waren einst Eigentum der Familie Rappo Josts, die auch den Übernamen Haale hatte, dem wir schon zwei­ mal begegnet sind.

In Noflen gab es eine Familie Rappo, die den Über­ namen Brüggers hatte. Auf dem gleichen Hof wohnt heute die Familie Schmutz, die auch den Beinamen Brüggers hat. In Unterbösingen wohnte eine weitere Familie Rappo, die den Übernamen

Chlinas hatte. Ein Vorfahre hiess Kleinpeter.

In Oberbösingen gab es zwei Familien Rappo: Maris und Hansjaggis.

Die Familien Jungo

Neben den bereits erwähnten Familien Jungo

Haa-le-Josis, Salzmanns und Schmutzes möchte ich

noch die Familie Jungo Glasers vom Rebacker nennen. 1878 heiratete ein Johann Joseph Martin Jungo aus Düdingen eine Anna­Maria Tanner vom Rebacker. Die Familie Tanner hatte den Überna­ men Glaser. Als Ende des 18. Jahrhunderts in Bö­ singen die St. Jakobskirche neu gebaut wurde, hat ein Niklaus Tanner, Glaser vom Rebacker, die Gla­ serarbeiten gemacht. Durch die erwähnte Heirat einer Tochter Tanner mit Johann Jungo ging der Übername Glaser auf die Familie Jungo über. Bei älteren Bösingern sind einige Familienmitglieder wohl noch bekannt:

Glaser-Josy oder Coupon-Josy hat während des

2. Weltkrieges für die Gemeinde die Lebensmittel­ Coupons verwaltet. Glaser Hans oder Schmoli war Gemeindekassier und auch Verwalter der Spar­ und Leihkasse. Glaser-Jäggeli besass ein Messbuch in Stenographie.

Die Familien Schmutz

In Noflen gibt und gab es verschiedene Familien Schmutz. Es gab eine Familie Schmutz In der Mühle, die die Noflen­Mühle betrieb. Ein Johann aus der Familie Schmutz, die auf dem heutigen Heimwe­ sen Bäriswyl wohnte, heiratete in das benachbarte Haus Brügger ein. Die Familie erhielt den Beina­ men Brüggers.

In Unterbösingen wohnte eine Familie Schmutz mit dem Beinamen Stuckeli. Diese Familie stamm­ te ursprünglich aus Litzistorf. Ein Niklaus Schmutz, der Urgrossvater von Stuckeli Jesi, an welchen sich ältere Bösinger vielleicht noch erinnern, hatte eine Maria Stucki aus Düdingen geheiratet: daher der Beiname Stuckeli.

Die Familien Schaller

Ein besonders häufiger Familienname in Bösingen ist auch Schaller. Die Familien Schaller scheinen früher eher in Wünnewil und Oberbösingen ge­ wohnt zu haben. Später siedelten sie sich in Noflen, in der Tuftera und in Unterbösingen an. Entspre­ chend häufig sind auch die Bei­ und Übernamen. In guter Erinnerung ist wohl noch die Familie Schaller Nolli, die in Noflen wohnte. Woher der Übername stammt, weiss ich nicht. In einem Nach­ ruf habe ich gelesen, dass man früher Nolet ge­ schrieben hat. Ebenso gut könnte er aber auch von einem Vorfahren herrühren, der Arnold hiess. In der Familie Nolli muss es viele originelle Personen gegeben haben, sonst wären Hänsi, Josi, Pauli und Rösi nicht so lange in Erinnerung geblieben. Sie waren Besenbinder und Korbflechter.

Neben der Kirche in Bösingen liess Johann (Jean) Käser 1867 das «Schlössli» erbauen.

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Eine andere Familie Schaller wohnte in Noflen im Mösli und hatte daher den Übernamen Müslersch. Diese Familie war gebürtig von Wünnewil und wohnte eine Zeitlang mit dem Übernamen Beatlis in Richterwil.

In Noflen wohnte eine weitere Familie Schaller. Sie hatte den Übernamen Fischers. Josef Schaller (1870–1940) soll der letzte Fischer an der Sense ge­ wesen sein. Er war auch Schwellenarbeiter an der Saane und an der Sense. Sein Vater war einer von

Grossmüeslers aus Noflen. Eine weitere Familie

Schaller (Peter) in Noflen nannte man

Schuh-machers. Die Familie stammte ursprünglich aus

Elswil.

Bekannt ist auch noch die Familie Schaller

Brief-trägers vom Hubel. Der Vater Briefträger-Waru

muss eine originelle Person gewesen sein. Aus der grossen Familie stammen die beiden Lehrer Mar­ cel und Meinrad Schaller, die als Dichter in allge­ meiner Erinnerung sind.

Schon früher gab es in Unterbösingen eine Fami­ lie Schaller mit dem Übernamen Facteurs. Ob sie etwas mit der Familie Briefträgers zu tun hat, ist mir nicht bekannt.

In der Lischera wohnte früher eine Familie Schal­ ler mit dem Übernamen Pigga. Pigga-Seppù war Korber. Seine Frau Rosa hatte den Übernamen

Gräueli, weil sie schon sehr früh graue Haare hatte.

Ältere Bösinger wissen von ihnen manche Anek­ dote zu erzählen.

Von Wünnewil her zog Anfang des letzten Jahr­ hunderts eine Familie Schaller Panggi in die Li­ schera. Wie ich von Wünnewilern erfahren habe, existiert dieser Übername in Wünnewil immer noch.

Die Schallers im Mösli in Fendringen waren die

Musersch. Ein Vorfahre war offensichtlich Gemeinde­

mauser.

In Unterbösingen wohnten zwei weitere Familien Schaller. Die eine hatte den Beinamen Wagners, die andere Pankers.

In Amtmerswil, das bis zur Grenzbereinigung von 1977 zu Bösingen gehörte, wohnte eine Familie

Schaller mit dem Übernamen Waeber. Der Haus­ vater war Weber. Man findet später Nachkommen in Noflen und Unterbösingen. Aus dieser Familie stammte Wäber Pauli, der aber eigentlich Peter hiess. Er war mit Rosa Schaller Nollis verheiratet.

Weitere Übernamen

Es gäbe noch über manchen Über­ oder Beinamen etwas zu erzählen. Ich möchte nur noch einige we­ nige Personen erwähnen, die einen besonderen Übernamen hatten.

Da ist einmal Guggujaggi, Jakob Brülhart. Er wohnte mit zwei ledigen Schwestern im Haus, in dem heute die Familie Clément­Schaller in Fen­ dringen zu Hause ist. Die ganze Familie galt als Original. Guggujaggi war ein grosser Naturfreund und konnte Vogelstimmen imitieren.

Der Lahme Josi: Johann­Joseph Käser; ihm gehör­ te einmal das Heimwesen, an dessen Stelle heute das Pflegeheim Bachtela steht.

Nasset Häsa: Elisabeth Schaller; sie war die Haus­

angestellte der Gebrüder Nasset, die im Bauern­ haus ausgangs Dorf an der heutigen Freiburgstras­ se wohnten.

Ds Jaunerli: Anna Buchs; eine ledige Frau, die in

der Haala wohnte und aus Jaun stammte.

Chüers Bäbi: Anna Maria Barbara Auderset­Rap­

po aus Unterbösingen. Sie liess 1893 im Dorf einen Speicher umbauen, die heutige Kaplanei.

Das soll hier genügen. Ich hoffe, dass ich nieman­ dem zu nahegetreten bin, denn Über­ und Zuna­ men wurden nicht von allen akzeptiert. Deshalb zum Schluss noch ein Inserat aus dem Jahr 1889 aus der «Freiburger Zeitung».

Es hiess dort unter «Bekanntmachung»:

Richterliche Strafandrohung:

«Dem geehrten Publikum zu Stadt und Land mache ich hiemit bekannt, dass, wer mir oder meinen An­ gehörigen, nochmals sich erlaubt den unbegründeten Zunamen Chly Schwyzerler zu geben, ich mit einer Busse von Fr. 10.– vom zuständigen Richter bestra­ fen lassen werde.» Niederbösingen, den 27. März 1889, Johann Josef Käser, Fabrikarbeiter (vgl. 600 Jahre Bauernerbe von Pius Käser, S. 59).

Anmerkung: Anton Jungo hat den ursprünglichen Text

in der Ich-Form geschrieben; diese wurde bewusst belassen. Jedoch sind gewisse Fakten wie Lebensda-ten von erwähnLebensda-ten Personen, veränderte Besitzver-hältnisse aktualisiert worden.

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Klaus Vonlanthen, Düdingen, Mitarbeiter der Sternwarte Ependes

Die Sonne, unser Stern, versorgt uns mit Licht und Wärme. Rund um unsere Sonne kreisen nach der heutigen Definition acht Planeten, aufgezählt von innen her: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Sa­ turn, Uranus und Neptun. Um sich diese Reihen­ folge zu merken, lernen die Schulkinder den Spruch: «Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren

Nachthimmel». Die Anfangsbuchstaben dieses Sat­ zes ergeben die Anfangsbuchstaben der Planeten. Im Wort Nachthimmel ist ausserdem noch die Zahl acht versteckt für die Anzahl der Planeten in unse­ rem Sonnensystem.

Bei der Entdeckung 1930 wurde auch noch Pluto als äusserster Planet dazugezählt, bis er 2006 zu einem Zwergplaneten zurückgestuft wurde. Dieser Verlust wird mehr als wettgemacht durch die Entdeckung von Planeten, die um andere

Sterne kreisen. Der erste solche Exoplanet wurde 1995 an der Uni Genf entdeckt, bis heute wurden über viertausend gefunden. Schät­ zungen gehen heute davon aus, dass zwischen zwanzig und fünf­ zig Prozent aller Sterne Planeten haben.

Die Planeten kreisen mit unter­ schiedlicher Geschwindigkeit um die Sonne und haben auch un­ terschiedlich lange Bahnen: So braucht Merkur nur 88 Tage für eine Umkreisung, die Erde bekanntlich 365,24 und Mars schon 687 Tage. Generell gilt, je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, desto langsamer be­

wegt er sich auf seiner Bahn. So überholen die in­ neren Planeten Merkur und Venus die Erde von Zeit zu Zeit, während wir als Erde unsererseits die äusseren Planeten überholen.

Konjunktion

Wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Planeten, kann es ab und zu vorkommen, dass zwei Planeten von der Erde aus gesehen in der glei­ chen Richtung sichtbar sind, sich also scheinbar einander nähern. Dies nennt man eine Konjunk­ tion. Dabei brauchen sich die beiden Körper nicht direkt zu bedecken, auch eine Annäherung auf einige Winkelgrade gilt bereits als Konjunktion. Da die Planetenbahnen nur ungefähr auf einer Ebene – der sogenannten Ekliptik – liegen, treffen sie sich nicht bei jeder Überholung exakt.

A S T R O N O M I E

Himmelsspektakel –

Scheinbare Begegnung

von Mars und Jupiter

Am 20. März 2020 kommen sich Mars und Jupiter

am Himmel scheinbar sehr nahe, sie bilden eine Konjunktion. Zudem sind in den Morgenstunden auch noch Saturn, die Mondsichel und Merkur zu sehen.

Stellung der Planeten bei der Konjunktion von Mars und Jupiter am 20. März 2020. Alle Bilder Klaus Vonlanthen

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Eine solche Konjunktion von Mars und Jupiter fin­ det am 20. März 2020 statt. Der kleinste Winkelab­ stand von 42 Bogenminuten findet um 11.43 Uhr statt.

Sicht um sechs Uhr

Da tagsüber die Planeten ja nicht sichtbar sind, be­ trachten wir die Situation am 20. März 2020 um sechs Uhr in der Früh. Zufälligerweise gesellen sich noch zwei weitere Planeten, Merkur und Saturn, sowie die Mondsichel dazu. Kurz vor Sonnenauf­ gang bietet sich in südöstlicher Richtung, knapp über dem Horizont, das folgende Bild:

Der Himmel färbt sich schon langsam rötlich. Im schwach leuchtenden Sternbild des Steinbocks sieht man die dünne, erleuchtete Sichel des abneh­ menden Mondes. Die restliche Mondkugel er­ scheint in einem fahlen Licht, verursacht durch das Licht der fast voll beleuchteten Vollerde, das auf den Mond zurückscheint, analog zum Licht des Vollmondes auf die Erde.

Links erblickt man den Merkur. Als innerster Planet ist er immer nur in der Nähe der Sonne zu finden, sei es im Abendrot, sei es wie hier im Morgenrot, und nur wenn er sich weit genug von der Sonne entfernt hat.

Rechts von der Mondsichel und etwas höher am Himmel stehen zuerst Saturn und dann eben Mars und Jupiter in Konjunktion.

Von den acht Planeten unseres Sonnensystems sind insgesamt nur fünf von blossem Auge sichtbar. Wenn man bedenkt, dass Merkur nur alle andert­ halb Monate für einige Tage sichtbar ist, sieht man an diesem Morgenhimmel doch eine bemerkens­ werte Ansammlung von Objekten unseres Sonnen­ systems: vier Planeten und den Mond.

Abends oder morgens sichtbar

Auf unserem Bild fehlt als sichtbarer Planet also lediglich die Venus, die im Frühjahr 2020 als heller Abendstern zu bewundern ist. Um zu entscheiden,

ob die Venus oder generell Planeten am Abend oder am Morgen sichtbar sind, gibt es eine ein fache Regel: Wir blicken, wie in der ersten Abbildung, von oben auf das Sonnensystem. Die Planeten krei­ sen im Gegenuhrzeigersinn um die Sonne. Wir suchen die Richtung von der Erde zur Sonne. Alle Objekte, die sich nun rechts von dieser Richtung befinden, sind am Morgenhimmel sichtbar, die links davon am Abendhimmel.

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Wie kommt der Mond dazu?

Während Planeten um einen Stern oder eben um unsere Sonne kreisen, kreisen Monde um einen Planeten. Unser Mond ist bei der oben besproche­ nen Ansicht also viel näher bei der Erde als die übrigen Objekte. Um die Mondbahn zu sehen, muss die nächste Umgebung der Erde stark vergrös­ sert werden, was in der Abbildung mit der starken Vergrösserung eines gestrichelten Quadrates ge­ schieht. Dadurch wird auch die Stellung des Mon­ des sichtbar, rechts von der Sonne, also auch am Morgenhimmel und zwischen den Richtungen von Merkur und Mars/Jupiter.

Von allen sichtbaren Himmelskörpern hat der Mond übrigens die komplizierteste Umlaufbahn: Weil er der Erde so viel näher steht als die Planeten oder gar die Sterne, bewegt er sich vor dem Hinter­ grund des Sternenhimmels viel schneller als alle anderen.

Gegenüber der Sonne «verspätet» er sich jeden Tag um rund fünfzig Minuten: Bei Neumond steht der Mond bekanntlich fast exakt vor der Sonne und geht auch mit der Sonne unter. Am nächsten Tag geht er aber schon rund fünfzig Minuten später un­ ter als die Sonne und wir sehen abends knapp links von der Sonne eine dünne, zunehmende Mond­ sichel. Nach etwa sieben Tagen beträgt die Verspä­ tung schon rund sechs Stunden, d.h. der Mond steht bei Sonnenuntergang als Halbmond im Süden. Nach nochmals rund sieben Tagen geht der Mond im Osten auf, wenn gleichzeitig die Sonne im Wes­ ten untergeht. Und weil wir so die gleiche Sicht auf den Mond haben wie die Sonne, ist der Mond von uns aus gesehen voll beleuchtet, es ist also Voll­ mond. Dies setzt sich fort, bis der Mond als Neu­ mond wieder vor der Sonne steht.

Bei dieser Rückwärtsbewegung durchläuft der Mond in 29 Tagen zudem alle Positionen, die die Sonne im Verlaufe eines Jahres einnimmt, d.h. unter anderem auch die höchste Sonnenposition im Juni und die tiefste im Dezember.

Die Bewegungen der Planeten in unserem Sonnen­ system laufen wie ein gut geöltes Uhrwerk. Des­ halb lassen sich solche Konjunktionen auch auf die Minute genau voraus berechnen. Als grösster Un­ sicherheitsfaktor kommt das Wetter dazu. Hoffen wir, dass wir das himmlische Schauspiel am Mor­ gen des 20. März 2020 auch geniessen können.

Quellen:

• https://de.wikipedia.org/wiki/Konjunktion_ (Astronomie)

• https://de.wikipedia.org/wiki/Exoplanet • Illustrationen aus den Simulationsprogrammen

Stellarium und Celestia, vom Autor selber nach-gezeichnet

So fügt sich die Mondsichel am 20. März 2020 zwischen Merkur und Mars/Jupiter.

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Von Charles Folly, Alterswil

Alle Jakobspilger, die nach Tafers kommen, verwei­ len vor der Jakobskapelle, auf deren Nordseite ein Bilderzyklus die bekannte Jakobslegende, das Gal­ gen­ oder Hühnerwunder, zeigt. Die Kapelle wird 1665 erstmals erwähnt, die Eingangsseite mit der Darstellung des Galgenwunders und den Figuren der Apostel und Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes, hat Jakob Stoll von

Unter dem Himmel 1769 gemalt. Die Legende erzählt von Vater und Sohn, die auf ihrer Pilger­ fahrt nach Santiago in Toulouse/ Tolosa übernachten. Weil der Sohn das Werben der Wirts­ tochter missachtet, versteckt der böswillige Wirt einen kostbaren Becher in der Pilgertasche des Vaters. Der Wirt eilt ihnen nach

und beschuldigt sie des Dieb­ stahls. Daraufhin wird der Vater zum Tod verurteilt. Der Sohn aber anerbietet sich, die Todes­ strafe des Vaters auf sich zu neh­ men und wird öffentlich ge­ hängt. Der Vater setzt seine Pilgerfahrt fort und fleht am Grab des Heiligen Jakobus Gott um Gerechtigkeit an. Auf der Rückreise findet er seinen Sohn lebend am Galgen. Der Heilige Jakobus hat ihn während der ganzen Zeit gestützt und gehal­

ten. Man schenkt der Geschichte des Vaters aber keinen Glauben, und der verbrecherische Wirt spot­ tet, der Sohn sei etwa so lebendig wie die Hühner am Bratspiess. Auf diese Bemerkung hin flattern die Hühner davon, die herbeigeeilten Leute erken­ nen den wahren Schuldigen, und der Wirt wird an den Galgen gebracht.

G R U P P E S A N T I A G O , TA F E R S

1000 Jahre Galgen wunder

und 400-Jahr-Jubiläum

der Jakobsbruderschaft

Fällt der 25. Juli, der Gedenktag des Hl. Jakobus,

auf einen Sonntag, spricht man von einem Jakobsjahr, einem Heiligen Compostelanischen Jahr. Obwohl dies nach

2010 erst 2021 wieder der Fall sein wird, wird der Heilige Jakobus 2020 in Tafers besonders gefeiert. Anlass

dazu sind das 400-jährige Bestehen der Jakobsbruderschaft und 1000 Jahre Galgenwunder.

Jakobus der Ältere, Statue von Otto Rappo 2007 (Ausschnitt), Kopie der Jakobsstatue aus dem 16. Jh. von Hans Gieng. Bild Charles Folly

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Diese Legende findet sich im «Liber Sancti Jacobi» (Buch des Hl. Jakobus) oder «Codex Calixtinus», einer Sammelhandschrift aus dem 12. Jahrhundert, wie auch in der «Legenda aurea» des Dominikaners Jacobus de Voragine (1228/29–1298), der um 1264 diese Sammlung mit Biografien von Heiligen und Heiligenlegenden verfasste. Hier findet sich auch der Hinweis auf das Jahr 1020, in dem dieses Wun­ der stattgefunden haben soll. Andere Versionen der «Legenda aurea» nennen auch das Jahr 1090.

Solche Wundererzählungen waren im Mittelalter nicht selten, viele Legenden berichten, wie auf die Fürsprache eines Heiligen Gott in die menschliche Rechtssprechung eingreift und so letztlich mit ei­ nem Gottesurteil auch für irdische Gerechtigkeit sorgt.

...sub invocatione S. Jacobi Apostoli majori

In Europa entstanden ab dem Mittelalter Bruder­ oder auch Schwesternschaften nach dem Vorbild von Ordensgemeinschaften. Ihre Mitglieder waren meist mit Aufgaben religiöser und wohltätiger Art betraut.

Erstes Zeugnis einer Jakobsbruderschaft in Tafers gibt uns das Bruderschaftsverzeichnis von 1620, wonach Papst Paul V. auf Ersuchen von General­ vikar und Probst des Nikolausstifts Kämmerling den Mitgliedern und allen Christgläubigen, die am Jakobstag «die Capell Sancti Jacobi zu Tavers und die Pfarrkirche daselbst andächtiglich besuchen», beichten und zur Kommunion gehen einen voll­ kommenen Ablass gewährt. Ob die Jakobsbruder­ schaft bereits vorher bestand, wissen wir nicht, da keine Errichtungsurkunde vorhanden ist.

Im Pfarreiarchiv Tafers finden sich die Errichtungs­ urkunden für die Rosenkranzbruderschaft (1633) und für die Herz­Jesu­Bruderschaft (1833). Da für beide Bruderschaften das Jahr der Errichtungsur­ kunde und der Beginn der Einträge in das Bruder­ schaftsbuch identisch sind, könnte man annehmen, dass auch die Jakobsbruderschaft in Tafers ihre Er­ richtungsurkunde 1620 erhalten hat. Im Sensler Museum ist die Urkunde von 1701 für die Errich­ tung einer Jakobsbruderschaft an der Pfarrkirche Bösingen zu sehen, ausgestellt von Peter von Mon­ tenach (Bischof 1688–1707). Auch in Freiburg be­ stand eine Jakobsbruderschaft (1471/1475), und un­ terhalb des Staldens befand sich ein Jakobshospital für erkrankte und verletzte Pilger.

Aus dem Mitgliederverzeichnis der Jakobsbruder­ schaft Tafers ersieht man, dass es zwei Kategorien von Mitgliedern gab. Diejenigen, die Beiträge und Vergabungen entrichten, werden Jakobsbrüder ge­

nannt. Wer überdies auch die Wallfahrt nach San­ tiago unternommen hat, heisst Jakobspilger. Das Fest des heiligen Jakobus, das Titularfest der Bruderschaft, wurde jeweils feierlich begangen. Jakobsbrüder und ­pilger aus der näheren und wei­ teren Umgebung fanden sich in Tafers zum Gottes­ dienst ein. In einer Prozession wurde die Staue des Heiligen Jakobus vorangetragen und die Wallfah­ rer folgten bekleidet mit ihrer Pilgertracht. Wie häufig bei Wallfahrten und Prozessionen durfte der nachfolgende Teil, das gemütliche Beisammen­ sein, nicht fehlen. Allerdings wurde dieser Teil so gemütlich, dass Bischof Tobias Jenny 1830 und 1831 die Brüder zu Mässigung im Essen und Trinken, zum Besuch des nachmittäglichen Gottesdienstes und zu frühzeitiger Heimkehr ermahnte.

«Heiliger Jakobus, bitte für uns», erste Seite des Bruderschaftsverzeichnis von 1620.

Bild Moritz Boschung: Auf Jakobswegen, Deutschfreiburger Heimatkundeverein, 1991

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Pilger benötigten zu dieser Zeit für ihre Wallfahrt zum Grab des Apostels gut zwei Monate. Aus dem Bruderschaftsbuch erfahren wir beispielsweise, dass sich am 20. September 1754 Johann Sturny von Niedermonten, Matthäus Zosso von Winterlingen und Johann Krebs aus Heitenried auf die Pilger­ reise machen und nach vier Monaten, am 18. Janu­ ar 1755, wieder in ihrer Heimat eintreffen.

Andere Pilger kehren nicht mehr von der gefahr­ vollen Reise zurück, wie etwa Hans Brügger vom Krommen, der 1686 in Santiago gestorben ist. Einige ziehen alleine los, so Jakob Wohlhuser vom Juchholz, der am 11. April 1761 nach Compostella aufbricht und am 15. August wieder in Tafers ein­ trifft.

Jakob Wohlhuser macht sich am 5. September 1764 zusammen mit Johann Egger von Engertswil, Chris­ tian Egger von Hermisberg und Peter Kurzo von Weissenbach erneut auf den Jakobsweg. Von dieser Gruppe kehrt aber am 1. Februar 1765 einzig Johann Egger wieder zurück.

1783 kommt Joseph Jeckelmann von Luggiwil von seiner Wallfahrt zurück. In den folgenden Jahr­ zehnten kommt es, bedingt durch die Wirren der französischen Revolution und die napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel (1807–1814), zu einem Stillstand der Wallfahrten nach Santiago. Danach erfahren wir nur noch von einer Wallfahrt: Peter Aebischer von Niedermonten, Ulrich Zosso von Niedermonten und Jakob Götschmann von Ueberstorf machen sich am 5. November 1832 nach Santiago auf. Nach ihrer Rückkehr am 6. April 1833 werden sie in die Bruderschaft aufgenommen. Der letzte Mitgliedereintrag im Bruderschaftsbuch er­ folgt 1842. Danach scheint die Bruderschaft erlo­ schen zu sein, aufgelöst wurde sie jedoch nicht. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts er­ lebte die Pilgerschaft nach Santiago einen gewalti­ gen Aufschwung. 1987 wurde der Jakobsweg zum europäischen Kulturgut erklärt. Vermehrt kamen nun auch Jakobspilger in Tafers vorbei. Solche, die auf dem Weg von Konstanz her nach Santiago un­ terwegs waren, aber auch solche, die nur einen Teil­ abschnitt des Jakobswegs abliefen. So wurde in Tafers am 21. Juni 2005 die Gruppe Santiago ge­ gründet. Sie hat als Nachfolgeorganistion der Ja­ kobsbruderschaft das Interesse an der Geschichte der Bruderschaft und an den vorhandenen Gebäu­ den und Darstellungen wieder geweckt und geför­ dert und bringt sie seither der Pfarrbevölkerung wie auch den vielen Jakobspilgern näher.

Welch ein Theater!

Nicht nur auf der Jakobskapelle ist die Legende des Galgenwunders ein Thema. Dieser Stoff verlangt fast danach, auch auf der Bühne dargestellt zu wer­ den. So hat die Musikgesellschaft Tafers am 22. und 23. Juni 2012 diese Legende in einer neu gedeuteten Version mit Texten von Beat Ramseyer und Musik,

ausgewählt und arrangiert von Benedikt Hayoz, als Freilichtspiel aufgeführt. Auch Marius Schneuwly, Mitglied der Gruppe Santiago, hat in den vergan­ genen Jahren mehrere Stücke über Jakobs pilger ge­ schrieben, inszeniert und an besonderen Anlässen öffentlich aufgeführt. Der spätere Stadtpfarrer Adolf Aebischer (1925–2010) soll anfangs der 1950er­Jahre ebenfalls eine szenische Aufführung

dieser Legende geplant haben, doch gelangte das Stück nicht zur Aufführung.

Zur Aufführung gelangte aber am 28. Juli 1816 ein deutsches Trauerspiel «Der Geldgeizige Wirth oder Der Pilger nach St. Jacob von Compostel». «Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer­Bote» vom 26. September 1816 berichtet ausführlich über das «Meisterstück des Joseph Kolly, Exstudent, Ex­

Titelblatt des Programmhefts für das Schauspiel von 1816, in 500 Exemplaren für 16 Franken 8 Batzen gedruckt. Bild Staatsarchiv Freiburg, F.L.J. Piller, 1816, AEF Carton 197.14 (Fotokopie)

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soldat, Exschulmeister usw.». Die zweite Auffüh­ rung, die für den darauffolgenden Sonntag geplant war, konnte aber leider nicht mehr stattfinden. «Das Trauerspiel hatte bei der Aufführung grossen

Beifall. Der Engel (Maria Birbaum von Tafers) da­ rin gefiel Manchem; aber die beiden Teufel (Benz Zosso von Niedermuhren und Joseph Vonlanthen von Rohr) entzückten Alles, was Geschmack hatte. Nachdem das Stück Sonntags den 28. Juli gegeben war, sollte es im August noch einmal aufgeführt werden, zur Beförderung der guten Sitten. Allein die hohe Regierung verbot uns das, auf Ansuchen des Bischofs. Wie beneiden wir unsere Bundes­ brüder im Kanton und in der Stadt Luzern um ihr Glück! Sie spielen Komödie, wie sie wollen, mit und ohne Teufel; letzterer hat dort sogar seit Einfüh­ rung der neuen Ordnung, wieder mehr Kredit, denn jemals erworben.»

Es folgt die ausführliche «Freudens­ und Leidens­ rechnung der Komödienkosten in Tafers», aus der hervorgeht, dass bei der Aufführung nebst den 27 Schau spielerinnen und Schauspielern aus der Pfarrgemeinde Tafers auch 18 Musikanten und 32 Soldaten daran teilnahmen, dass der Wirt drei gebratene Hühner geliefert hat, und dass für drei lebende Tauben 1 Franken 5 Batzen bezahlt wurden. «Leidensrechnung», weil bei Ausgaben von 599 Franken 7 Batzen und 7½ Rappen wegen des Ver­ bots der Regierung ein Verlust von 196 Franken 4 Batzen 7½ Rappen resultierte.

Vor allem wegen des belächelten obrigkeitlichen Verbots der zweiten Aufführung fand diese Anek­ dote auch in Zeitschriften aus Deutschland ihren Niederschlag.

2020

Mehrere Veranstaltungen werden sich 2020 in Tafers dem tausendjährigen Galgenwunder und dem 400­Jahr­Jubiläum der Jakobsbruderschaft widmen.

Im Sensler Museum wird von Ende März bis Ende Juli der Heilige Jakobus Thema einer Ausstellung sein. Die Gruppe Santiago lädt alle zu ihrer Pfingst­ montagswanderung ein, dieses Mal wird wieder­ um die Strecke Schwarzenburg–Tafers unter die Füsse genommen, Ende Juli gedenkt die Pfarrei an einem feierlichen Gottesdienst der beiden Jubiläen, und eine Broschüre wird die Geschichte der Jako­ busverehrung in Tafers zum Thema haben.

Quellen:

• Johann Zurkinden: Die St. Jakobs-Bruderschaft in Tafers, Beiträge zur Heimatkunde Band 1, 1927 • Kathrin Utz Tremp: Eine spätmittelalterliche

Jakobsbruderschaft in Bern, Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte, Band 77, 1983 • Notizen Monika und Otto Kolly

Zeitschriften:

• Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote, Nr. 39 vom 26. September 1816

• Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 222 vom 14. September 1816

• Ernst und Scherz oder der alte Freimüthige Nr. 63 vom 9. November 1816

Mitteilungen:

• Otto und Monika Kolly, Tafers;

Marius Schneuwly, Tafers; Walter Haas, Freiburg

Bahnhofstrasse 6,1700 Freiburg

Tel. 026 322 13 45, freiburg@buchhaus.ch

Kanisiusbuchhandlung

Freiburgs deutschsprachige Buchhandlung

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Von Christophe Zürcher, Merlach

Sanft wiegen sich die Getreidehalme, welche den Landwirtschaftsweg säumen, im Wind. Es ist ein etwas kühler Morgen Mitte Mai 2019, und wir sind unterwegs zum Flugplatz Bellechasse. Wer den ein­ zigen rein aufs Segelfliegen ausgelegten Flugplatz in weitem Umkreis – von Neuenburg und Yverdon aus starten zusätzlich Motorflugzeuge – besuchen will, braucht ein waches Auge: Auf der Schnellstras­ se zwischen Sugiez und Ins hat man den kleinen Weg rasch übersehen, welcher in nordöstlicher Richtung geradewegs vors Klubhaus der Segelflug­ gruppe (SG) Freiburg führt. Im und ums von dunklem Holz geprägten Gebäude tummeln sich an diesem Samstagmorgen etwa zwanzig Personen.

Eine neuer Wettbewerb

Offen und freundlich wird der Besuch begrüsst, ungezwungen stellt man sich einander gleich mit Vornamen vor. «Beim Segel­ fliegen ist man per Du», erklärt Petra Schneuwly von der SG Freiburg. Die Stimmung ist ent­ spannt, wobei sich in die Locker­ heit auch eine Portion Erwar­ tungsfreude mischt: An diesem dritten Maiwochenende steht in der Gruppe eine Premiere an. Erstmals findet der von Flugleh­ rerin Daniela Nowak kreierte «Bellechasse­Cup» statt. Der ver­

einsinterne Wettbewerb soll die

Wettkampffliegerei in der SG Freiburg fördern. Das sei sinnvoll und nötig, meint Schneuwly: «Die Wettbewerbsfliegerei ist bei uns momentan eher schwach ausgeprägt.»

Die zirka fünfzig aktiven Vereinsmitglieder muss­ ten in den letzten Jahren altersbedingt von einer sehr aktiven Generation von Wettkampfpiloten Abschied nehmen. Die Freiburger würden sich ge­ wissermassen in den nationalen Trend einfügen, erklärt Petra Schneuwly: Heute habe der Segelflug­ verband der Schweiz noch etwa 2500 Mitglieder. Damit habe sich die Mitgliederzahl innert zehn Jahren praktisch halbiert.

S E G E L F L U G G R U P P E F R E I B U R G

Engagierte

Zusammen-arbeit am Boden,

individueller Genuss

in luftiger Höhe

Seit mehr als achtzig Jahren heben vom Flugplatz Bellechasse Segelflugzeuge ab. Die Freunde des motorlosen Fliegens haben sich kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in der Segelfluggruppe Freiburg zusammengetan. Auch in diesem Jahr wurde das Vereinsleben aktiv gepflegt – ein Augenschein anlässlich des «Bellechasse-Cups» Mitte Mai.

Nach der Landung wird das Flugzeug mittels «Autoschlepp» zurück zum Startbereich gebracht. Bild Christophe Zürcher

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Hoffen auf Wetterglück

Bei Gipfeli und Kaffee sammeln sich die sechs Cup­ Teilnehmer um Fluglehrerin Novak, welche mittels Beamer ein Briefing hält. Die Piloten haben einein­ halb Stunden Zeit, um in der Luft verschiedene Auf gaben zu bewältigen. Die geografischen Eck­ punkte, welche heute angeflogen werden, sind Servion im waadtländischen Lavaux­Gebiet, der Vue des Alpes­Pass in der Jurakette sowie Hagneck im Kanton Bern. Man habe aufgrund der etwas un­ sicheren Wetterlage eher einfache Aufgaben ge­ wählt, erklärt Nowak.

An den beiden vorangehenden Wochenenden wäre der jährliche Schnuppertag der SG Freiburg auf dem Programm gestanden, welcher wetterbedingt zwei Mal abgesagt werden musste. Verständlich, dass man nun in der Runde gespannt auf die Mittagszeit hinfiebert, wo sich klären wird, ob ein normaler Flugbetrieb heute möglich ist. Auch der Berner Raphael Kurmann kann kaum erwarten, dass es losgeht: «Ich bin gespannt, wie die Teil­ nehmer das heute meistern.» Der gelernte Elektro­ zeichner, welcher das Segelflugbrevet 2018 gemacht hat, verfolgt den Wettbewerb an diesem Samstag als interessierter Beobachter. Er habe eine strenge Arbeitswoche hinter sich und deshalb auf einen

Start verzichtet. «Lieber am Boden sein und sich wünschen, man sei in der Luft, als umgekehrt», zitiert Kurmann ein in der Segelflieger­Szene be­ kanntes Sprichwort.

Petra Schneuwly stimmt ihm sofort zu. Ihre ersten Erfahrungen mit dem Segelfliegen machte sie im Frühling 1973. Damals nahm sie ihr späterer Ehe­ mann mit auf einen kurzen Flug im Doppelsitzer. «Einmal und nie wieder!» – Schneuwly lacht herz­

lich. Sie habe die natürlichen Schwankungen, wel­ che ein Segelflugzeug in der Luft vollzieht sowie die engen Kurven im Aufwind, welche dem Höhen­ und Ge schwin digkeitsgewinn dienen, nur schlecht vertragen.

Umso wohler fühlt sich Schneuwly am Boden, wo sie zu den langjährigsten und engagiertesten Mit­ gliedern der Segelfluggruppe Freiburg gehört. «Segel flugpiloten sind aufeinander angewiesen»,

sagt sie. Man werde in der Szene ganz klar nach der Hilfsbereitschaft beurteilt, ergänzt Raphael Kur­ mann. Es komme nicht darauf an, wo jemand her­ komme, so der Mittdreissiger. «Vom Handwerker bis zum Firmeninhaber kann bei uns jeder mit­ machen, häufig kennt man den genauen Hinter­ grund des Gegenübers gar nicht», meint er. Dann macht er sich mit den anderen Anwesenden auf zu den beiden Hangars, um die Flugzeuge für den Wettbewerb startklar zu machen. In Zweier­ teams werden so etwa die Flügel montiert, beim Rollen Richtung Startpiste packen meist mehr als vier Hände an. Ein Segelflugzeug wiegt in der Regel zwischen 250 und 550 Kilogramm. Die Spannweite kann stark variieren, die aktuellen Segler der Gruppe

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messen von Flügelspitze zu Flügelspitze aber meist zwischen fünfzehn und achtzehn Metern. Entschei­ dend ist jeweils die Gleitzahl, welche offenbart, wie viele Meter weit das Segelflugzeug in horizontaler Richtung kommt, während es einen Meter sinkt. Verbaut ist bei den meisten Exemplaren glasfaser­ verstärkter Kunststoff, wobei ein Vorjahresmodell auf dem Flugplatz vor allem aus Carbon, also Kohlen stofffaser, besteht. Dieser Hightech­Flieger des grossen deutschen Herstellers Schempp­Hirth erntet in der Gruppe einige bewundernde Blicke. Sein Besitzer musste sich nach der Bestellung etwa drei Jahre gedulden, bevor er damit erstmals abhe­ ben konnte. «Ab 20 000 bis 25 000 Franken ist man mit einem Occasionflugzeug dabei, nach oben ist die Preisskala offen», meint Raphael Kurmann schmunzelnd.

Die meisten Mitglieder der SG Freiburg sind aber keine so genannten Selbststarter, sondern benut­ zen eines der sieben clubeigenen Segelflugzeuge. Diese – teilweise über 30 Jahre und in einem Fall 43 Jahre alt – werden liebevoll gepflegt und erhal­ ten je einmal jährlich einen Service, womit jeweils zwei bis drei Vereinsmitglieder während eines Ta­ ges beschäftigt sind. Kein Wunder also glänzen die Segler mit ihrem weissen Grundton und einigen roten, orangen, schwarzen und blauen Farbakzen­ ten nun in der Sonne, welche zaghaft hervorguckt. Nach den Flugzeugen wird der Platz des Flug­ dienstleiters am Rand der Piste bereit gemacht: Der Schmittner Urs Bächler nimmt heute unter dem brandneuen Sonnenschirm Platz, um sämtliche Flüge mit ihren Eckdaten im Computer festzuhal­ ten. Zudem wird er in stetigem Funkkontakt mit den aktiven Piloten stehen.

Motorisierte Unterstützung

Unter den wachsamen Augen des Flugdienstleiters ist es aber kein Cup­Teilnehmer, welcher sich als Erster zu luftigen Höhen aufschwingt. Heute ist diese Ehre Bächlers vierzehnjährigem Sohn Lucas vorbehalten: Er darf auf dem Sitz hinter Fluglehrer Markus Balmer Platz nehmen und seinen ersten Schnupperflug absolvieren.

Ganz ohne motorisierte Unterstützung kommt man im Segelfliegen nicht aus: Die allermeisten Starts vom Flugplatz Bellechasse erfolgen als Schleppstarts. Dazu dienen zwei kleine Motorflugzeuge, welche die Segler an einem Schleppseil auf 1200 Meter Höhe bringen, wo das Seil ausgeklinkt wird. Die beiden clubeigenen Schleppflugzeuge des Typs Piper Super Cup sind wahre Arbeitstiere: Beide

wurden in gebrauchtem Zustand erstanden, wobei eines bereits vor 66 Jahren gebaut wurde, wie Petra Schneuwly zu berichten weiss. Nach dem Ausklinken setzen die beiden Schlepppiloten schnellstmöglich wieder zur Landung in Bellechasse an. So entstehen für die am Boden aufgereihten Piloten in ihren Seglern keine langen Wartezeiten.

Zudem ist bei den Schleppflugzeugen Zeit buch­ stäblich Geld: Nebst dem Jahresbeitrag und der Flugpauschale – zusammen zwischen 1700 und 1900 Franken pro Jahr – bezahlt jedes Vereinsmit­ glied 7.50 Franken pro Schleppminute, das heisst pro Minute, in welcher sich das Motorflugzeug seinetwegen in der Luft befindet.

Als Vorhut und erste Wettbewerberin begibt sich in der Folge Daniela Nowak auf die Ausklinkhöhe. Die Funksprüche der promovierten Meteorologin machen deutlich, dass die Suche nach der Thermik, also geeigneten Aufwinden, heute kein Selbstläu­ fer werden dürfte. Dennoch folgen ihr nach einer halben Stunde die anderen Teilnehmer, sie werden nach und nach in die Luft befördert.

«Alle sieben müssen sich auf der richtigen Höhe in einem definierten Raum befinden, erst dann flie­ gen sie über die Startlinie und die Zeit läuft», er­ klärt Martin Wyss. Der erfahrene Segelflugpilot wollte ursprünglich seine Ferientage nutzen, um in der Provence zu fliegen. Dann habe ihm das Wet­ ter aber einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass er nun im Seeland geblieben sei.

Nach letzten Anweisungen von Pilot Martin Wyss ist der Autor bereit zum Abheben. Bild Petra Schneuwly

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Der Doppelsitzer mit Bächler und Balmer ist in­ zwischen bereits wieder im Landeanflug, mit lei­ sem Pfeifen nähert sich das Flugzeug der Rasen­ piste. Nach dem Bodenkontakt werden die beiden Insassen ordentlich durchgeschüttelt, was mit dem nicht ganz ebenen Untergrund zu tun hat – der Rasen an sich wäre perfekt gemäht. «Die Mäh­ arbeiten übernehmen die Insassen der benachbarten Strafanstalt, im Gegenzug bezahlt die SG Freiburg eine jährliche Platzmiete von 3200 Franken», er­ klärt Petra Schneuwly. Lucas Bächler lächelt nach dem Ausstieg aus dem Cockpit verschmitzt. «Viel­ leicht reicht’s später am Tag auch noch für einen ersten Akrobatikflug», hofft er. Das Segelflugvirus scheint ihn jedenfalls bereits fest im Griff zu haben. Der Flugbetrieb ist in vollem Gange, parallel zum Wettbewerb finden noch einige Checkflüge statt. Dabei fühlt ein Fluglehrer den Brevetierten ein Mal pro Jahr auf den Zahn und überprüft ihre Fähig­ keiten. Auch wer das Segelflugbrevet im Sack hat, hat noch lange nicht ausgelernt: «Wir haben vier unterschiedliche Typen bei den Clubflugzeugen, da muss man den Umgang jeweils immer wieder neu lernen», macht Schneuwly deutlich.

Auch dem heutigen «Bodenpersonal» wird es wei­ terhin nicht langweilig: Bei jedem Schleppstart rennt jemand neben dem Segelflugzeug her und stabilisiert im Sprint einen Flügel, damit dieser in der Startphase nicht den Boden touchiert. Danach beschleunigt das Motorflugzeug bis auf 120 Stun­ denkilometer und hebt gemeinsam mit dem Segler im hintersten Pistenviertel ab.

Im Cockpit ist dies eine ungewohnte Erfahrung, einzig das Ziehen im Bauch beim Take­Off kommt einem von Starts in einem Passagierjet her bekannt

vor. Glücklicherweise weiss der Passagier mit Mar­ tin Wyss jetzt einen routinierten Segelflieger vor sich: Der Wettbewerbsbeobachter Wyss hat es sich nicht nehmen lassen, zumindest für einen kurzen Flug hinter dem Steuerknüppel Platz zu nehmen.

Hinweise durch Wolken und Vögel

Vor dem Start hat Martin Wyss sämtliche – im Doppelsitzer je zwei Mal vorhandenen – Hebel, Pe­ dale und Instrumente erklärt und dem Passagier in seinen Fallschirmrucksack geholfen. «Im Notfall würde ich dir sagen, wann der Moment gekommen ist, um die Cockpithaube zu öffnen und das Flug­ zeug zu verlassen.» Nach dem Absprung wäre mit­ tels des inneren Zählens «21 – 22 – 23» sicherzustel­ len, dass man genug weit vom Segler entfernt ist, bevor man nach drei Sekunden freien Falls den Schirm auslöst. «In über vierzig Jahren Segelfliege­ rei habe ich den Fallschirm noch nie verwendet», beruhigt Martin Wyss aber sogleich.

Glücklicherweise erlebt Wyss während der folgen­ den Dreiviertelstunde in dieser Hinsicht keine Pre­ miere: Der Flug führt von Schiffenen aus über den Galmwald Richtung Bielersee. Routinier Wyss hat nebst den Teilnehmern des «Bellechasse­Cups» dabei stets Raubvögel und Wolkenformationen im Blick. So kann er abschätzen, wo sich eine Thermik­ säule befinden könnte, welche es dem Segelflieger ermöglicht, länger in der Luft zu bleiben. Sobald man eine solche Zone mit Aufwind erreicht, wird das Piepsen eines Sensors im Cockpit schneller. Dann geht Martin Wyss sofort in einen engen Kur­ venflug über, welcher das Segelflugzeug schrauben­ artig in die Höhe bringt. Über der Schnellstrasse Richtung Sugiez erwischt der Pilot eine besonders vielversprechende Thermik, welche innert weniger

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