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Die Landeshauptmänner von Wallis (1699- 1729) : Johann Kraeig von Fiesen und Ernen (1699-1701), Petermann II. von Riedmatten von Munster (1701-1707), Johann Jodok Burgener von Visp (1707-1721), Eugen de Courten von Siders (1721-1729) ; Zeittafel ; Behörde

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Die Landeshauptmänner von Wallis

(1699—1729)

von

Hans Anton von Roten

Nach längerer Unterbrechung bringen die «Blätter» die Lebensbe-schreibungen jener Männer, welche von 1699 bis 1729 an der Spitze der zwar kleinen, aber gut gesicherten Alpenrepublik Wallis standen. Es wol-len diese Versuche von vier Biographien keine Landesgeschichte bieten, sondern nur als Beitrag dazu gelten; gar viele entlegene Dokumente und verlogene politische Correspondenzen hätten noch heran gezogen werden sollen.

Als Beilagen zu den Biographien seien hier noch mitgeteilt: eine sehr lückenhafte Zeittafel der Ereignisse von 1699 bis 1729 und eine summari-sche Übersicht über den politisummari-schen Aufbau des damaligen Wallis mit den Namen der Männer, die damals die wichtigern Ämter inne hatten. Möge dieser Versuch einen jungen fleissigen Forscher ermutigen, genaue und zu-verlässige Kataloge der Ämterinhaber seit dem Mittelalter für die Freunde der Walliser Geschichte zu erstellen.

Abkürzungen und urkundliche Belege:

A Archiv

BA Burgerarchiv

AD Archiv des Domkapitels von Sitten GA Gemeindearchiv PA Pfarrarchiv

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Johann Kraeig von Fiesch undErnen

(1699—1701)

Das Leben des Landeshauptmannes Kraeig ist bereits vor Jahren in diesen «Blättern» von Anton Carlen, dem leider allzu früh verstorbenen Pfarrer von Ernen mit Liebe geschildert worden1). Dennoch, so scheint

mir, wird es sich lohnen, auf diese merkwürdige Gestalt der Walliser Ge-schichte näher einzugehen.

Im Gegensatz zu den elf anderen Herren und Potentaten, welche im 18. Jahrhundert das Staatsruder führten und aus bereits fest etablierten Familien stammten, war Kraeig ein Staatsmann, dessen Vorfahren keine höhere Landesämter inne hatten, der aber durch seine Talente und Tüch-tigkeit an die Spitze des Landes gelangte.

Herkunft und Vorfahren

Die ältere Geschichte seiner Vorfahren im Gebiete von Fiesch im Zen-den Goms ist dunkel und wenig bekannt. Wie die Herkunft so würZen-den auch die Deutung des Namens «Kraeig» verdienen näher erforscht zu wer-den. Im 16. Jahrhundert treffen wir im Gebiet von Fiesch 1558 Johann und Georg, Söhne des verstorbenen Simon Kraeigig, si waren «in der Schluocht» und «an Alpachern» begütert, wo auch ihr Haus stand2).

Die-ser Georg betätigt sich 1589 als Zimmermann3), ein anderer Simon

Cregyg von Fiesch gab sich um 1611 mit dem Handel von Cristallen ab4).

Das Geburtsjahr des Landeshauptmannes ist uns nicht überliefert, da das Taufbuch von Fiesch erst 1628 beginnt5). Es mag um 1627/28 liegen,

da er als Sohn des Christian Kraeig und der Anna Bircher zur Welt kam6).

Der Vater Christian scheint vermöglich gewesen zu sein und wird in spä-tem Urkunden als «Herr» und «Hauptmann des ersten Auszuges» be-zeichnet. Im Jahre 1628 ist er im Weiler «Mos» am Eingang des Fiescher-tales wohnhaft und trifft mit den Behörden von Fiesch ein Abkommen be-treffend eine Brücke, genannt der «Schrattsteg», über das reissende Weisswasser, worauf angeblich schon mehrere Personen und Kinder

töd-1) BWC: X11I. p. 37—66 und p. 339—344.

2) A Philipp de Torrenté: N. 11 Heft 2, Fol. 27 und 45.

3) BA Sitten: Tiroir 245 Liasse 4 No 9. — Im Pfarrarchiv Fiesch soll sich unter D 76 ein sog. Jahrzeitbrief der Familie Kraeig befinden.

" M D . MinutarB 113 p. 679.

5) PA Fiesch: G 3. Es beginnt am 23. Oktober 1628, geht bis 1634, weist dann eine grosse Lücke auf bis im Mai 1693!

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lieh verunglückt waren7). 1631 ist Christian Kraeig Mitglied des

Zenden-gerichtes unter dem Meier Martin Matlis8); von den Erben dieses 1643 in

Paris erstochnen Söldnerführers und Bannerherrn hatte er 1643 Güter in Lax gekauft, die er später seinem Sohne Johann schenkte9).

Die Mutter des spätem Landeshauptmannes Anna Bircher entstamm-te einem Geschlecht, das im 17. Jahrhundert unbedingt die angesehensentstamm-te und führende Familie im Gebiet von Fiesch war. Unter den Erben des Zendenmeisters Melchior Bircher erscheinen 1685 Johann Kraeig und seine Schwester Magdalena10).

Von den Angehörigen Kraeigs kennen wir eine Schwester des Vaters namens Magdalena, welche 1650 in Sitten als Witwe des Abraham Isond ihr Testament machte"). Von den Geschwistern des Landeshauptmannes ist nur eine Schwester Magdalena bekannt, welche sich am 16. Juli 1673 mit dem angesehenen Christian Albrecht Meier von Mörel-Grengiols ver-mählte12). Sie war damals Witwe; ihr erster Mann war wohl jener Martin

Guntern, der 1647 als Schwiegersohn des Hauptmannes Christian Kraeig bezeichnet wird13).

Der Aufstieg

Wo hat der junge talentierte Kraeig die Schulen besucht? Wir wissen es nicht. In den Verzeichnissen der Studenten von Freiburg und Luzern, wo damals nicht wenige Walliser ihre Kenntnisse erweiterten, fehlt sein Name; so dürfen wir vielleicht an einen Aufenthalt an der sog. Landes-schule in Sitten denken.

Als Notar und öffentlicher Schreiber tritt Kraeig 1647 in die Öffent-lichkeit. Ein kleines Heft von Notarsminuten aus diesem und den folgen-den Jahren ist noch im Pfarrarchiv von Ernen erhalten14) und zeigt uns

wie er in Mühlebach, Ernen, Grengiols und Deisch Testamente und Kauf-verträge aufnimmt.

Der sanfte und leise Aufstieg zur politischen Macht begann für den gewandten Notaren mit der Übersiedlung nach Ernen und durch seine er-ste Heirat. Er ehelichte Apollonia, Tochter des Johann Petrig von Mühle-bach, eine anscheinend begüterte Frau und Witwe des Peter Huber15). Ihr

Tod steht zum 2. September 1658 im Sterbebuch von Ernen verzeichnet; wir dürfen annehmen, dass Kraeig damals schon in Ernen wohnhaft war.

7) AGVO: O 87. Schon 20. April 1610 werden im Weiler Mos Christian Krägig(!) und im Weiler Fuxwiler Simon Krägig als Burger von Fiesch aufgeführt (A. Andereggen-lmbie-lerland in Obergestein).

8) A Dr. L. Borten Nr. 167.

9) AGVO: B2p. 38.

10) Notiz von Ferdinand Schmid aus PA Münster: B 1. Melchior Bircher war 1677/78 Meier des Zenden Goms gewesen.

11 ) A Philipp de Torrente: N. 14 Heft 3 p. 1—2. I 2) Ehebuch von Morel.

13)/4 Dr. L. Borter: Nr. 245.

14) Das Heft enthält Gedichte und von p. 86 an verschiedene Minuten. 15)/lGKO:02p.38—42.

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Johann Kraeig von Fiesch und Ernen

(5)

Im Jahre 1653 ist Kraeig Curial oder Gerichtsschreiber des Herrn Jo-hann Jost, Statthalter des Zenden Goms16), und 1659 amtet er als Curial

des Herrn Moritz Jost, Grosskastlans von Lötschen-Niedergesteln17).

Die leider sehr lückenhaft erhaltenen Pfarrbücher von Ernen melden uns nicht, wann Kraeig zu einer zweiten Ehe schritt mit Katharina Zum Brunnen von Ernen aus einer angesehenen Ämterfamilie des Goms, wel-che der Landschaft Wallis bereits den Landeshauptmann Moritz zum Brunnen 1571 —1573 geschenkt hatte. Katharinas Vater, der Fähnrich Heinrich Zum Brunnen18), war der Bruder jener Magdalena Zum

Brun-nen, welche 1638 als erste Gemahlin des Grossen Stockalpers gestorben war, welcher ihrer in seinen Aufzeichnungen mit Ergriffenheit gedenkt. Durch diese Heirat trat Kraeig in Verschwägerung und in den nähern Verwandtenkreis des mächtigen Kaufherren und Staatsmannes und auch von dessen Schwiegersohn des Staatskanzlers und spätem Landeshaupt-mannes Petermann I v. Riedmatten + 1683.

Auf dem Landrat von Wallis tritt Kraeig im Dezember 1662 zum er-sten Male als Abgeordneter von Goms auf und heisst Statthalter des Zen-denmeiers19). Zu Anfang Mai 1663 übernimmt er selbst dieses wichtige

Amt, das er laut der von Br. Stanislaus Noti erstellten Meierliste in der Folge nicht weniger als fünfmal antreten sollte, nämlich 1671, 1675, 1683,

1687 und 1689.

Für den unternehmenden und praktischen Geist des Zendenmeiers spricht, dass er 1666, als einer der beiden Kirchenvögte der Mutterkirche von Ernen durch die Meister Georg Mattig von Morel und Hans Sigen aus Lötschen, das reiche Chorgestühl von Ernen anfertigen Hess20). Am

26. Oktober 1665 erscheint zu Ernen in Kraeigs Haus als Zeuge «der kunstreiche Johann Sigen Schreiner» als Zeuge21). Mit Recht erblickt man

am Chorgestühl nicht nur die Namen der beiden Künstler und der beiden Kirchenvögte Jost und Kraeig, sondern auch die Wappenschilder der da-maligen herrschenden Männer von Ernen, Fiesch und Lax, der Jost, Schiner, Bürcher, Zum Brunnen, Kraeig (eine Krähe!) usw. und sogar des Organisten Schwendimann. Es war ja dieses ausgedehnte Stuhlwerk nicht in erster Linie für Pfarrer und Kaplan, sondern für die angesehenen Magi-straten und weltlichen Herren bestimmt, wie es die bischöfliche Visitaz von 1623 bereits vorgeschrieben hatte22). Es mag ein merkwürdiger

An-blick gewesen sein, wenn die mächtigen und würdigen Männer unter die-sen wappengezierten Baldachinen knieten und sasdie-sen.

16) A Clausen: H 16. H)/1 J o s e K 93.

18) Heinrich Zum Brunnen, dessen Todesjahr nicht überliefert ist, hatte zur Frau Maria Perren, welche 1681 starb; als seine Schwiegersöhne werden 1669 Johann Kraeig und Mathäus Matlis aus vornehmer Erner Familie erwähnt. (AGVO: O 141 und 151 bis).

19) Abschied.

20)BWG:V.p. 139.

21) .4 Clausen: G 314.

22) Visitationsakt vom 1. Mai 1623: Chorus ecclesiae claudatur cancellis et in eodem

extruantur formae seu sedilia pro magistratu seu primalibus parochiae (A Nuntiatur im

(6)

Es war um diese Zeit, da der unersättliche König von Frankreich seine blutigen Eroberungszüge begonnen hatte, da dachte auch Kraeig im Kriegsdienst sein Glück zu machen. Am 16. Mai 1666 empfahl er sich Stockalper für eine Hauptmannstelle im Dienste Frankreichs. Mit Hilarius de Sepibus warb er in der Folge Soldaten für eine Compagnie; als aber 1668 zwischen den Kronen von Frankreich und Spanien Friedensschluss in Aussicht war, scheiterte das Unternehmen und die angeworbene Compag-nie musste mit erheblichem Verlust «kassiert» werden23). Wohl durch

diese Erfahrung vorsichtig gemacht, scheint sich Kraeig später von allem fremden Kriegsdienst ferngehalten zu haben.

Unterdessen stieg im Wallis der Reichtum und das Ansehen Stockal-pers auf eine unheimliche Höhe und damit wuchs aber auch die Missgunst seiner Mitbürger und Gegner. Am 16. Mai 1676 ist Kraeig mit vielen ande-ren weltlichen Herande-ren Zeuge in Sitten auf dem bischöflichen Schlosse Ma-joria bei der Hochzeit Petermanns v. Riedmatten, Bruder des Fürstbi-schofs Adrian und spätem Landeshauptmanns, mit der edlen Witfrau Ka-tharina Anna Maria de Preux24). Zwei Jahre später im Mai 1678 erfolgte

Stockalpers jäher Sturz, der sich im Herbst 1679 auf seine reichen Güter in Domodossola zurückzog. Damals war Kraeig für den Zenden Goms Grosskastlan von Lötschen-Niedergesteln25). In den Stürmen dieser Jahre

hielt er treu zum gestürzten Stockalper; schon am 16. Oktober 1679 schrieb er aus Niedergestein, wo er als Grosskastlan amtete, an den Lan-deshauptmann de Montheys, um ihm den Sohn und die Gattin Stockal-pers in Schutz zu empfehlen26).

Der kluge und angesehene Gommer Magistrat Kraeig mit der Familie Stockalper durch Verschwägerung und Freundschaft verbunden, war auch, wie es scheint, der herrschenden Partei der de Montheys und In-Albon keineswegs verdächtig und so wurde er bereits vor dem 30. März 1680 vom Hohen Landrat als procurator supreme institutus zum Sachver-walter des Hauses Stockalper ernannt27). Als solcher veräusserte er

gewis-se Güter und erwarb andere für den jungen Petermann Stockalper. Es fin-den sich im Archiv der Familie v. Stockalper eine ganze Reihe Briefe, wel-che Kraeig als Sachverwalter nach Domodossola an den in freiwilliger Verbannung Lebenden gerichtet hat28). Im Herbst 1682 unternahm Kraeig

in Stockalpers Auftrag mit dessen Sohn Petermann eine Reise nach Sa-voyen, um in der am See von Annecy gelegenen Freiherrschaft von Duin zu Rechten zu schauen. Der Weg führte sie über Martinach, Trient und Chamonix.

Am 14. Juni 1684 durfte Kraeig an Stockalper schreiben: «Ich hoffe

das unbeständige Glück, das seinen Neid und Zorn diese Jahr über uns

23) A Stockalper: Nr. 5213 und 5517. 24),4 de Preuxd'Anchettes: II 98.

25) Staatsarchiv Sitten: L 179 fol. 88 u. Abscheid: Mai 1679. 26) BA Sitten: Tir. 107 Nr. 86.

27) A Philipp de Torrente: N. 25 fol. 71. Ebenda: Pergament Nr. 863 Verkauf von zwei Häusern in Sitten am 10. April 1680; ferner Urkunde im Archiv Alphonse de Kalbermatten.

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ausgegossen werde sich eines bessern bedenken, seinen Hass fallen lassen und uns durch göttlichen Segen mit lieblichen A ugen anschauen29). »

Die hohen Ämter

Mit den Jahren war Kraeigs Ansehen im ganzen Lande mächtig ge-stiegen. Am 21. Januar 1683 nahmen ihn die Burger von Brig gratis als Mitbürger an30). Im selben Jahre wird Kraeig nach dem frühen Tode des

Landeshauptmannes Peter I. v. Riedmatten zum höchsten Ehrenamt des Zendens, nämlich des Bannerherrn, gewählt. Nach gewissen Angaben soll Kraeig ein neues Zendenbanner oder eine neue Schärpe dazu gestiftet ha-ben31). 1684 wird er von den Leuten der Gemeinde Naters-Rischinen als

Burger angenommen32). Bischof Adrian V. v. Riedmatten überträgt ihm

am 20. Oktober 1685 die Grosskastlanei der Talschaft Eifisch (Anniviers), wo er am folgenden Tage feierlich installiert wurde33). Dieses Amt scheint

er bis zu seinem Hinschied bekleidet zu haben. Durch Tod waren um 1684 mehrere Walliser Herren von der politischen Bühne abgetreten, und als im Mai 1684 der Sittener Adrian Lambien Landeshauptmann wurde, fiel die Wahl des Vizeballivus auf Kraeig. Doch hatte er das zweithöchste Amt der Landschaft nur wenige Monate inne, da er im Dezember 1684 nach dem frühen Tod des Staatskanzlers und Landschreibers Peter de Chastonay dessen vielleicht noch wichtigeres Amt übernahm34). Im Jahr 1686 wird er

für zwei Jahre in diesem Amt bestätigt, legt es aber im Mai 1687 ab zugun-sten des Johann Stephan de Platea und wird wieder Statthalter des Lan-deshauptmannes bis im Mai 1689, da er vom aufstrebenden Arnold Blat-ter abgelöst wurde. Kraeig übernimmt als Staatskanzler wieder die «Lan-desfeder», die er nun zehn Jahre inne hatte bis zu seiner Wahl als Landes-hauptmann. In diesen Jahren ist er mit vielen wichtigen Landesgeschäften betraut: Grenzregulierungen mit Bern, Sendung zum Nuntius nach Lu-zern, Teilnahme an der feierlichen Erneuerung des Bündnisses mit den katholischen Orten in Altdorf im Jahre 1696. Auf die ihm angetragene Landvogtei Monthey verzichtete er im Dezember 1688 zugunsten seines Mitbürgers Joseph Jost, Zendenhauptmanns von Goms, der aber im No-vember 1690 fern von Ernen in Monthey seine Tage beschloss36).

Häuser und Güter

Die Nachrichten über Kraeigs Güter und Vermögen sind nicht sehr zahlreich, doch sind uns zum Glück seine Wohnhäuser in Fiesch, Ernen und Lax erhalten geblieben, die von Walter Ruppen in den «Kunstdenk-mäler» eingehend und sachgemäss beschrieben wurden, wo auch die

heuti-29) Ebenda: Nr. 8038. 30)PAGIis.

31 ) F. G. Siebter: Das Goms und die Gomser p. 55. 32) GA Naters B 48 und Staatsarchiv Wallis: AV 3. 33) A Stockalpen Nr. 15215.

34) Abschiede der Landräte von Wallis. 3 5 ) ß ( ^ G / / p . 4 3 6 .

(8)

gen Eigentümer dieser Gebäude verzeichnet sind37). Über das Haus in

Ernen hatte bereits Anton Carlen geschrieben. Das Haus in Fiesch, erbaut 1666, erwähnt in der Deckeninschrift die damals einjährige Tochter Katharina.

Wo das erste Haus Kraeigs in Ernen stand, wissen wir nicht. 1677 er-baute er sich unterhalb von Kirche und Friedhof ein mächtiges Haus von vier Stockwerken, mehreren Stuben und Kammern und redseligen In-schriften mit den Namen des Bauherrn und seiner Ehefrau Katharina zum Brunnen.

Das etwas kleinere Haus in Lax liess er 1698 für seine dritte Gemah-lin, Anna Marie Kempfen, errichten. Auch hier finden wir beredte In-schriften, darunter jene, die den sorgenvollen Vater zahlreicher Nachkom-men verrät: Heuser bauwen und vil Maeuler speusen kan einen wo! ind

Armut weusen. Von den andern Grundgütern erfahren wir folgendes: Am

1. August 1674 stipuliert er als Notar für die beträchtliche Summe von 5847 Pfunden den grossen Verkauf der Güter der altern Schiner-Linie von Mühlebach, die durch Erbgang an die Familie de Torrenté in Sitten ge-langt waren an verschiedene Notabein und Eigentümer in Goms; darunter fand sich auch eine Wiese gelegen in Fürgangen neben Kraeigs Haus, die er für sich erwarb38). Von der gleichen Familie de Torrenté erwarb er am

25. Mai 1677 den sog. Torrentigo Zehnten im Gebiet zwischen Bettilbach und Steinhaus, den er aber schon einen Monat später der Gemeinde Stein-haus verkaufte samt 1/8 in einem Stadel oder Speicher «z'Richelsmatt im

Dorm»39).

Die Brüder Martin (?) und Joseph Jentsch schenkten 1685 dem edlen Herrn Staatskanzler für geleistete Dienste den Viertel eines Hauses gelegen z'Rufinen bei Steinhaus genannt Bodmerhaus40). Zu Fiesch erwirbt er

1694 von Nikolaus, Sohn des Peter Mageran Burgers von Bern, für 4800 Pfund ausgedehnte Güter im Gebiet von Morel, Termen und Matachern41).

Im Turtig bei Raron besass Kraeig Güter und ein Haus im Jahre 169142). Diese Grundgüter waren wohl als Zwischenstation gedacht bei

den häufigen Reisen von Goms nach Sitten zu den Tagungen des Land-rates. Ohne Zweifel war Kraeig auch glücklicher Besitzer von Weinbergen im gesegneten Gebiet des mittleren Wallis. Zu diesen gehörten jene Wein-berge, samt Haus, Scheune, Stall und Weinpresse, die sein Sohn 1724 ver-äussert hat43). Durch Kauf oder Schenkung Stockalpers hatte er 1685 ein

verfallenes Haus im Gebiet von Ayent und einen Weinberg in St-Clément bei Lens erworben.

37) Kunstdenkmäler Band II p. 81—83, p. 376—377 und p. 437 mit Abbildungen der Häuser in Lax und in Ernen.

38) A Flavien de Torrenle: Pergament 87. 39) GA Steinhaus: D4.

40)AGVO:O192.

41) Ebenda: Regest Ferdinands Schmids aus einer Urkunde der Familie Johann Josef Erpen.

42) A Carlen-Lanwer: R 4 b fol. 40 verso. Auch Landvogt Johann Schiner aus Ernen besass Gut im Tunig.

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Mit Glücksgütern gesegnet und frommen Sinnes stiftete er um 1680 in der Kirche von Fiesch einen Altar (elegans altare) zur Ehre der hl. Familie und der heiligen Antonius und Magdalena. Den Wappenschild für den Al-tar hat er 1681 bei seinem alten Bekannten, dem Meister Hans Sigen, be-stellt44) und 1687 dotierte er den Altar mit einem Kapital von 1000

Pfun-den unter der Verpflichtung von 12 hl. Messen im Jahre45).

Die dritte Vermählung

Am 28. Oktober 1692 machte zu Fiesch, wo die Familie Kraeigs da-mals wohnte, seine zweite Ehefrau Katharina zum Brunnen in schwerer Krankheit ihr Testament mit Vergabungen an die Kapelle im Ernerwald, an den St.-Katharina-Altar in Ernen und den neuerrichteten Familienaltar in Fiesch. Bald darauf muss sie gestorben sein, obwohl ihr Begräbnis we-der in den Sterbebüchern von Fiesch noch von Ernen verzeichnet ist. Im folgenden Jahre ging das Gerede, der verwitwete Staatskanzler bewerbe sich um die Hand der Tochter des Obersten Peter v. Riedmatten46); aber

es wurde nichts daraus, als Ehemann wurde ihr ein verwitweter Junker de Mpntheys zugedacht.

Schon 1690 zu Lebzeiten seiner zweiten Ehefrau fühlte sich Kraeig melancholisch und vereinsamt. Vom 18. Mai 1690 datiert ein merkwürdi-ger Brief, geschrieben zu «Fiesch einem kalten Ort» an seine Gevatterin Anna Maria Ganioz, die junge Witwe des Landvogtes Peter Stockalper und lebenslustige Schwiegertochter des damals noch lebenden Grossen Stockalpers47). Um seine «elende Melancholie» zu verscheuchen, wünscht

er in Leukerbad durch ihre Gesellschaft erheitert zu werden. Er schreibt auf französisch:

Noble, très vertueuse et généreuse Dame,

Estant informé que vous y estes de l'entière resolution de vous trans-porter avec sa noblesse Monsieur votre fils au bain de Luesch, a quel voy-age je vous souhaite toute sorte de prospérité avec assurance que je suis aussi de la mesme intention dont je voudrais bien sohaiter savoir le logis qui vous l'est plus agréable a celle fin que je puisse gaudir voustre très agréable discours et société pour tant mieux éviter et chasser la miserable melancholic Plus une autrefois. Je me recomende seulement pour un pe-tit billet de response. Cependant je vous prie, Madame de croire que je suis avec tout le respect votre bien affectioné et dédié serviteur

Kreyg

Wir wissen nicht, ob die Reise nach Leukerbad und das Treffen mit der jungen Witwe zustande kam, welche bald darauf den Mailänder Canzi ehelichte und in Mailand ihre Tage beschloss.

44)BfVGBandXVIlp.93.

4 5 ) A G V O : 0 196. 46) A Louis de Riedmallen. 47) A Stockalper Nr. 8359.

(10)

Am 9. November 1695 stieg der «Hochadelige Herr Staatskanzler und Bannerherr» zum Heiligtum im Ernerwald, um dort seine dritte Ehe einzugehen vor dem Pfarrer Ignaz Grand von Ernen, dem Kaplan Mos-mann und Martin Pollen, Pfarrer von Grengiols48). Die Auserkorene war

Anna Maria Kämpfen, Tochter des Landvogtes Bartholomäus Kämpfen von Brig und Witwe des Offiziers Joseph Mangold, der als Leutnant im französischen Dienst zu Lax im Juli 1694 gestorben war. In die Ehe brach-te sie Kraeig einen Knaben, den späbrach-teren Landvogt Johann Joseph Man-gold + 1762, der später viel zu reden gab; ihrem zweiten Manne schenkte sie noch mehrere Kinder49).

Der Höhepunkt und schnelle A usgang

Als nach zehnjähriger Regierung der alte und zähe Johann Stefan de Platea im Mai 1699 sein Amt endgültig niederlegte, wurde der verdiente Staatskanzler Kraeig Landeshauptmann vom Wallis und de Platea sein Statthalter. Nicht ohne Genugtuung vermerkt der Staatskanzler im Ab-schied des Landrates «der unwürdigste zu End verzeichnete Landschrei-ber» sei gewählt worden und übergebe nun «Papiere, Schriften, Standes-briefe, Schlüssel und Siegel» dem hohen Landrat.

Die 12 Jahre der Regierung Kraeigs und seines Vorgängers de Platea dürfen wir als glückliche Periode der Walliser Geschichte ansehen. An den Grenzen und im Lande herrscht Ruhe und Frieden; es blüht ein gewisser Wohlstand, an nicht wenigen Orten baut die neu erwachte Frömmigkeit des Volkes und der Regierenden Kapellen und Heiligtümer und schmückt sie mit den reichen Kunstwerken der Bildhauer Ritz, Sigristen und anderer Künstler; ja am 21. Juli 1699 lässt der Bischof Adrian v. Riedmatten den Landeshauptmann Kraeig bitten, er möge den Leuten von Blitzingen den Bau einer neuen Kapelle auf dem sog. Hasenboden unter Strafe verbie-ten50).

Auf dem Landrat im Mai 1701 wurde Kraeig in seinem Amte für zwei weitere Jahre bestätigt. Unter seinem Vorsitz kassierte derselbe souveräne Landrat am 13. Mai das höchst ungeschickte Testament des Vizedom von Siders, Johann Anton de Montheys, welcher für den Fall des Erlöschens seiner edlen Familie das Vizedominat von Siders der Stadt Sitten vermacht hatte51). Dies musste die Leute der Noblen Contrée von Siders aufs

höch-ste verdriessen, da die Stadt Sitten im Gebiet des Zenden Siders bereits die Herrschaft Gradetsch besass.

4 8) Ehebuch der Pfarrei Ernen.

4 9) Kreygs Schwiegervater Bartholomäus Kämpfen, damals Witwer der Maria Perrig, vermählte sich in Ernen am 19. April 1700 mit Katharina Owlig, einer vornehmen Brigerin und mutterseits Halbschwester des Landeshauptmannes Petermann I. v. Riedmatten. Diese Katharina Owlig hatte bereits zwei Männer begraben, den Zendenmeier Johann Joseph Josl von Ernen und bald darauf einen Joseph Holzer von Niederernen. Kämpfen war 1701/1703 Landvogt von Monthey, starb aber schon im Januar 1704.

50) A Louis de Riedmatten: Brief des Bischofs Adrian an seinen Bruder. -sl ) Abschied des Landrates von Mai 1701.

(11)

Vor seiner Abreise auf den Landrat machte der Landeshauptmann am 20. April 1701 in Ernen sein Testament52); er wählt darin seine

Grab-stätte auf dem Gottesacker von Ernen, «im innern Winkel des obern Por-tals am Beinhaus». Zum Begräbnis sollen 12 Geistliche geladen werden und für den Leichenredner verordnet er zwei Kronen. Die Stiftung seines Altares in Fiesch wird bestätigt. Seiner Gemahlin vermacht er das Haus in Lax und jährlich zwei Säume guten Weines; der Sohn Johann erhält das Haus in Fiesch in der sog. Klostermatte und der andere Sohn Josue das Haus in Ernen. Diese Söhne tadelt er, weil sie sich nicht besser aufführten und dem Vater wenig Freude bereiteten. Es heisst da: Ich will schweigen

und nichts melden, wie viel Geld mich meine Söhne gekostet und die Tochter Catharina zu Luzern. Viel Geld habe er auch verwendet für die

zwei Töchter, welche den Schleier nahmen. Den drei Kindern aus der letz-ten Ehe mit Anna Maria Kämpfen gibt er die Güter z'Matt, die er von den Herren Mageran, Kämpfen und den Erben des Meiers Zum Stadel erwor-ben hatte.

Zu Anfang Mai 1701 zog er das letzte Mal gen Sitten, wo die Ereignis-se sich bald überstürzen sollten. Er wird für zwei Jahre in Ereignis-seinem Amt be-stätigt, Bischof Adrian, der am Landrat noch teilgenommen hatte, er-krankt an einem tödlichen Leiden, macht am 14. Mai sein Testament53)

und stirbt am 20. desselben Monats. Eine Stunde vor dem Hinschied des Bischofs kam, wie es in einem zeitgenössischen Bericht54) heisst, «Seine

schaubare Grossmächtigkeit», Landeshauptmann Kraeig, vom Unterwal-lis her in Sitten an und stieg im sog. «Grossen Wirtshaus» ab. Dort wird ihm der Tod des Fürstbischofs gemeldet, und auch die zwei Domdekane und der Grosskantor finden sich dort ein. Begleitet von diesen Herren, steigt der Landeshauptmann ins bischöfliche Schloss Majoria hinauf, wo ihm Oberst Peter v. Riedmatten als Bruder des Verstorbenen die Schlüssel des Residenzschlosses übergibt. Darauf betritt er mit den drei Würdenträ-gern des Domstiftes die sog. Kanzlei, wo sie das berühmte Regalien-schwert herausnehmen und die Türe der Kanzlei mit des mannes und des Domkapitels Siegel zupetschieren. Der Landeshaupt-mann nimmt Einsitz im Schloss und zwar im Schlafzimmer des Verstorbe-nen, welcher unterdessen von Klerikern pontificaliter aufgebahrt wurde; dem Grossdekan Jergen wird als Wohnung das Zimmer des Schlosska-plans angewiesen.

Drei Tage später nach dem Begräbnis des Bischofs, am 23. Mai, mel-det Kraeig vom Schlosse Majoria aus den Zenden den Hinschied des Fürstbischofes, «der 29 Jahre lang mit Jedermans Satisfaction friedsam und gottselig dem lieben Vaterlande vorgestanden» und ladet die Abge-ordneten ein nach Sitten zu kommen, um am 1. Juni zur Wahl eines neuen Oberhirten zu schreiten55).

52) Abschrift, die sich 1941 im Besitz von Präsident Eduard Schmid befand, der sie mir gütig zur Verfügung stellte.

53) A Alphonse de Kalbermalten.

54) A Louis de Riedmallen. Der Bericht stammt von einem Neffen des Bischofs Adrian, vermutlich von Peter de Chastonay.

(12)

Aber die Tage des 73jährigen Staatsmannes waren gezählt; er mochte sich, wie der Historiker de Rivaz meint56), glücklich fühlen als höchste

Person auf dem fürstlichen Schlosse zu residieren, als am 29. Mai ein plötzlicher Schlagfluss seinem Leben ein Ende setzte. Wir wissen nicht, wo er in Sitten seine letzte Ruhestätte fand; war es in der Domkirche, wo auch seine Vorgänger Roten und de Montheys ruhten? Im Abschied des Rats-tages, welcher am 2. Juni einen neuen Bischof wählte, heisst es, am 29. Mai habe der Herr Landeshauptmann die Regierung samt dem Leben abgetreten und in echt biblischer Sprache lautet der Kommentar über die Flüchtigkeit des Lebens: «Wyr sterben alle dahin und werden gleich dem

Wasser, so von der durstigen Erde verschluckt wird; ein Tag verstosst den andern, ein Jahr volgt auf das andere. »

Wie es bei reichen und mächtigen Persönlichkeiten nicht selten vor-kommt, fehlte es auch Landeshauptmann Kraeig nicht an Gegnern und böswilligen Nachreden57). Ja eine alte Überlieferung wollte sogar wissen,

dass er der Unglückliche gewesen sei, der noch mehr als 50 Jahre nach sei-nem Hinscheiden im Schlosse Majoria als unermüdlicher Landschreiber büssen musste, angeblich, weil er im Leben zu viel auf seine Titel «Schau-bare Weisheit» und «Schau«Schau-bare Grossmächtigkeit» Gewicht gelegt habe58).

Die Nachkommen

Gross muss in Lax der Jammer gewesen sein beim Eintreffen der un-erwarteten Todeskunde: die jüngste Tochter Esther, einen Monat alt, war noch ein Wiegenkind. Begleitet von ihrem Vater Bartholomäus Kämpfen, damals Landvogt von Monthey, traf die Witwe Anna Maria am 11. Juni in Lax ein Übereinkommen mit den Erben ihres Mannes. Das am 19. Juni in Lax aufgenommene Inventar verzeichnet in den Stallungen acht Stück Vieh und im Wohnhaus 8 Stück Silbergeschirr, darunter 4 sog. «Stützen» von hohem Wert. Doch heisst es dabei: «es liesse sich mit aller Vernunft vermuten, dass die beweglichen Güter und Habschaften Seiner Exzellenc nicht alle in seinem Hause zu Lax sich befinden, sondern diese vielmehr zu Ernen und zu Fiesch in seinen Häusern aufbewahrt seien»59).

Die Witwe Kraeigs beschloss ihre Tage am 6. Juni 1733; das Sterbe-buch von Ernen nennt sie nobilis et virtuoso Domina; ihre finanzielle Lage scheint in ihren letzten Jahren nicht die beste gewesen zu sein60).

Von den Nachkommen des Landeshauptmanns sind uns folgende überliefert:

56) A J. de Rivaz: Opera Historica V. p. 616: «le bail/if Kreig s'établit au château de la

Majorie et se pavanait d'y jouer un moment le rôle de prince, mais il y mourut de mort subite d'une attagned 'apoplexie. »

57) A G V O : 0 255.

58) Walliser Sagen I p. 196—198. Dass sich die Sage auf Kreyg bezog, erzählte mir vor Jahren Rektor Rafael von Roten (1860—1953), welcher die Überlieferung von dem 1794 geborenen Grosskastlan Roman v. Roten übernahm.

59)AGVO:0 252.

6 0) Schuldverschreibungen der Witwe von 1718, 1724 und 1731 finden sich im Archiv Clausen (D 43, 45 und 52), ebenso solche ihres Sohnes, des Meiers Johann Joseph Ignaz.

(13)

1. Apollonia, aus der ersten Ehe stammend, erscheint noch am 11. April 1660 als Eigentümerin in Mühlebach61); sie ist wohl als Kind

gestorben, da ihrer später nicht mehr gedacht wird. Aus zweiter Ehe stammen:

2. Anna Maria, getauft am 5. Juni 1660 zu Ernen, hatte als Patin

Anna, die Tochter des Grossen Stockalpers; vermutlich als Kind gestor-ben.

3. Johann, getauft am 28. Dezember 1666 in Ernen, erhielt durch des Vaters Testament das Haus in Fiesch; er bekleidete keine höheren Ämter; am 1. Mai 1691 vermählte er sich mit der edlen Anna Cäcilia Jost von Ernen und zeugte mit ihr 7 Kinder. Da die Pfarrbücher von Fiesch und Ernen sehr lückenhaft sind, wissen wir nicht, wann diese Eheleute starben. •

4. Johann Emanuel 1669 als Kind gestorben.

5. Josue: sein Geburtsjahr ist nicht überliefert. Als Student der Rhetorik in Brig tritt er dort am 1. Juni 1688 als Schauspieler auf in dem Stück Constanty et Chariessa oder Hochzeitliches Jubeljahr, das zu Ehren der 50 Jahre der Hochzeit des Grossen Stockalper aufgeführt wurde. Im Jahr 1691/92 ist er Meier und Abgeordneter des Zenden Goms, scheint aber in der Folge dem Vater Sorgen bereitet zu haben. Er warb um die Hand der reichen Maria Stockalper vom Vogelthurm bei Grengiols, doch diese erklärte: «Sie wollte den Meier Josue gern, wenn er nur huslich were»62). Am 11. Januar 1695 vermählte er sich mit Maria Biderbosten,

Tochter des Peter, Witwe eines Christian Biderbosten aus der Grafschaft. Über den Ausgang des Meiers Josue ist nichts Sicheres bekannt. Vermut-lich war er am 11. Januar 1709 nicht mehr am Leben, als Herr Moriz Odoard Jost als Vogt seiner Kinder ein Gut «an den Waldachern» veräus-serte63). Josues Witwe ehelichte später Johann Seiler von Ritzingen und

wurde am 22. Dezember 1744 in Biel begraben, wo ihr Sohn Ignaz Kraeig damals Pfarrer war64).

6. Johann Franz war Leutnant in Piémont und starb vor dem 7. März 1708 mit Hinterlassung vieler Schulden, die beinahe zwei Drittel seines Vermögens ausmachten65).

7. Mo/v'z als Jungmann gestorben am 5. Juni 1691.

8. Katharina, vermählt 3. Januar 1692 mit Notar Johann Jost von Lax, später Gerichtsschreiber, wurde am 1. Juni 1703 in Ernen bestattet.

9. Magdalena trat wie mehrere vornehme Oberwalliser Töchter in das Kloster St. Ursula in Brig, wo sie am 20. September 1725 ihre Tage be-schloss66).

61) A Clausen: G 304. 62)AGVO:0 227. 63) A Schiner: Nr. 384.

64) Sterbebuch der Pfarrei Biel und A Clausen: B 3. 65) A Clausen: H 13.

(14)

10. NN., eine Tochter die ebenfalls den Schleier nahm und im Testa-ment erwähnt wird. Auch der Namen des Klosters ist nicht bekannt.

Aus der dritten Ehe stammen:

11. Patientia, getauft am 31. Januar 1697; die nobilis virgo Patientia

filia magnifici ballivi starb vor ihrer Mutter am 20. Februar 1730.

12. Johann Joseph Ignaz, getauft am 26. Juli 1699, zwei Monate nach der Wahl des Vaters zum Landeshauptmann; als Paten wurden ge-wählt sämtliche ehrwürdigen Väter Jesuiten des Briger Kollegiums und der

16jährige Baron Peter Joseph v. Stockalper (dessen Taufpate Kraeig ge-wesen war) und sämtliche Klosterfrauen von St. Ursula in Brig, vertreten durch die Frau Meierin Maria Christina Jost-de Court en67).

Am 29. April 1730 vermählte er sich mit Maria Theresia, Tochter des Meiers Moriz Odoard Jost und der Maria Katharina de Lovina68);

1733/34 war Joseph Ignaz Kraeig Meier und Abgeordneter des Zenden Goms. Diese Familie wohnt zuerst in Fiesch, später in Lax, trug 9 Kinder zur Taufe, unter ihnen jenen Eugen, der ein gelehrter Geistlicher 1776 als Frühmesser in Ernen starb. Das Todesjahr des Meiers Joseph Ignaz ist nicht bekannt, seine Witwe wurde am 21. Dezember 1792 in Ernen zu Grabe getragen.

13. Esther, getauft am 11. April 1701, wenige Wochen vor des Vaters Tod, lebte noch am 11. November 1734; ihr Ausgang ist nicht bekannt.

Es haben sich von diesem verdienten Staatsmann zwei Porträte erhal-ten. Das eine hängt in der Sammlung des Stockalperschlosses in Brig. Ohne Zweifel ist es das im Rechnungsbuch des Bannerherrn Petermann Stockalper + 1688 erwähnte Bildnis, das dieser durch den Maler Johann Georg Koller anfertigen Hess69). Ein zweites Bild von 1680 und der

Inschrift aetatis suae 52 und Wappen blieb bei seinen Nachkommen im Goms. Laut Angabe von Walter Ruppen in den KD befindet es sich heute in Zürich in Besitz von R. Giacometti-Haslinger. Beide Bilder zeigen einen würdigen, selbstsicheren Magistraten mit langem, ergrautem Haupthaar und Knebelbart. Lebhaft erinnert sein Aussehen an die Bildnisse der ländlichen Potentaten und Landammänner von Appenzell-Ausserrhoden, wie sie in den Ratsälen jenes Standes in Ehren gehalten werden.

Als ich vor mehr als 40 Jahren im Goms den Spuren der mächtigen al-ten Landeshauptmänner vom Wallis nachging, war das Andenken an den berühmten Kraeig keineswegs erloschen. Herr Eduard Schmid (1884—1964), der langjährige Präsident der Gemeinde Ernen, dessen Mutter eine der letzten Kraeig gewesen war, konnte mir noch das Testa-ment vorweisen, das oben erwähnt wurde. Am mächtigen Familienhaus bewunderte ich die gusseiserne Wappentafel der Stockalper, versuchte ich

6 7) Eintrag des Pfarrers Heinrich Schiner im Taufregister von Ernen.

ft8) Ehebuch von Fiesch und Ehevertrag im Bezirksarchiv Morel: B 12 bis p. 443.

69) A Stockalper: L 40. «Mehr hat er mihr gemalet des Lanshaitbltnan-Slathalter Kreig

Abgantrafeit kostet 2 Kronen.» Da hier der Dargestellte als Statthalter des

Landeshaupt-mannes bezeichnet wird, dürfte das Bild von etwa 1684 datieren und somit jünger sein als das oben erwähnte von 1680.

(15)

die Inschriften zu lesen und fand im oberen Stock eine Kammer; als Tapis-serien dienten darin alte Dokumente und Schriften von früheren Magistra-ten. Im Hotel des Alpes in Fiesch sah ich eine würdige alte Dame Feller, wie es hiess, die letzte Trägerin des Namens Kraeig und im Hausgang hing das oben erwähnte Porträt des Staatsmannes, von dem mir auch einige Schriften vorgewiesen wurden.

(16)

Petermann II. von Riedmatten von Münster

(1701—1707)

In der Geschichte der Familie v. Riedmatten und auch in der Geschichte des Dorfes Münster bedeuten die Lebensjahre des zweiten Landeshauptmannes einen äusseren Höhepunkt.

Eltern und Geschwister

Am 11. April des traurigen Pestjahres 1638, welches auch den Hin-schied Michel Magerans und Hildebrand Josts sah, wurde Petermann in Münster zur Taufe getragen. Seine Paten waren Meier Christian Gon, Pe-ter Lagger und Margareta Biderbosten1). Der Vater Johannes v.

Riedmat-ten, Bruder des Bischofs Adrian III. und der Cäcilia, Ehefrau des Landes-hauptmannes Kaspar Stockalper, hatte in französischem Solddienst ge-standen, geriet 1644 in der unglücklichen Schlacht von Lerida in Gefan-genschaft2) und diente später seinem Zenden als Meier und Abgeordneter.

Er starb im November 1672 zu Münster nicht lange, nachdem er die Freude erleben durfte, seinen jüngeren Sohn Adrian zum Fürstbischof von Sitten gewählt zu sehen3).

Die Mutter Margareta Schmideyden aus einem längst erloschenen Münstiger Geschlecht muss eine geizige und habsüchtige Frau gewesen sein. Als solche wird sie 1672 von ihrem Sohne geschildert «sie hat nie ge-nug»4). Als sie am 10. Mai 1677 in Sitten im bischöflichen Schloss

Majo-ria bei ihrem Sohn Bischof AdMajo-rian totkrank ihr Testament machte, wählt sie ihr Grab in der Domkirche und sendet für sich zwei Wallfahrer nach Einsiedeln. Besonders aber erwähnt sie die Gelder in Silber und Gold, welche in Sitten in Truhen und Kisten aufbewahrt seien, ferner in ihrem Haus zu Münster die 24 Dublonen, die eigentlich ihrer Enkelin Cäcilia Perrig gehören und weitere 300 Dublonen, welche in Münster in Truhen und Kästen wohl versorgt seien5).

Von den Geschwistern haben wir den Bischof Adrian V. bereits er-wähnt. Im Gegensatz zur Mutter zeichnete er sich durch fürstliche Freige-bigkeit aus, wie es die Altäre von Brig und Münster und die herrlichen kirchlichen Gefässe und Gewänder noch heute bezeugen.

1 ) Taufbuch Münster. 2) A Stockalper Nr. 2323.

3) A Louis de Riedmatten; diese reiche Sammlung früher in Münster, später zum Teil in Paris, wird im Staatsarchiv Wallis aufbewahrt und enthält die wichtigsten Dokumente über Petermann II. Das Testament Johannes datiert vom 23. November 1672; am 25. wird er in der Gruft vor dem St.-Michaels-Altar in Münster beigesetzt.

4) A Louis de Riedmatten: Brief Adrians an den Bruder vom 28. Oktober 1672: »Uxor

vestra moratur Leucae ut torvas faciès parenlum effugial praesertim matris quae nunquam satis habet nee nobis sed sororibusfavet. »

(17)

Kurz seien auch die drei Schwestern erwähnt:

Maria, vermählt mit Stefan Jost, Burger von Sitten, starb daselbst

1706 und wurde im Familiengrab der Jost in der Kathedrale beigesetzt6).

Margareta, zuerst vermählt mit Jakob Monderessy von Venthen,

Landvogt von St-Maurice, der 1667 starb; in zweiter Ehe vermählt mit Pe-ter de Chastonay, Bannerherr von Siders und Staatskanzler von Wallis, starb sie im Jahre 1694 und hinterliess sieben Kinder7). Endlich Maria

Cäcilia, welche zuerst die vierte Ehefrau des Grosskastlans Barlholomäus

Perrig von Brig war8) und nach dessen Tod des Moriz Bürcher, Landvogts

von St-Maurice9), wo er bereits im Mai 1676 starb. Seine kinderlose

Wit-we beschloss ihre Tage in Münster am 21. September 1705l0).

Die politisch-militärische Laufbahn

Über die Jugend und den Studiengang des späteren Landeshaupt-mannes fehlen uns leider die Nachrichten. Seine erfolgreiche politische Laufbahn beginnt er als 24jähriger im Mai 1662 in der Eigenschaft als Meier und Abgeordneter des Zenden") Goms. Doch die politischen Riva-len fehlten auch im Goms nicht und so suchte er wie zahllose Zeitgenossen ein weiteres Auskommen im fremden Kriegsdienst im wenig ehrenvollen Sold des Königs Ludwig XIV., welcher ohne Unterlass auf Eroberungen und widerrechtliche Beutezüge ausging und vom Geschichtsschreiber Ja-cob Burckhardt mit Recht als der «feierliche Bluthund» bezeichnet wurde.

Am 16. März 1668 übernimmt Peter v. Riedmatten mit Anton Lam-bien von Brig zwei Kompanien im französischen Dienst12). Ob er damals

wirklich nach Frankreich zog? Denn im Dezember 1669 ist er als Zenden-statthalter auf dem Landrat und wird von diesem zum Hauptmann der Soldaten in der Landvogtei Monthey gewählt13). Vom Mai 1670 bis April

1671 hat er wieder als Meier das höchste Richteramt des Zendens inne. Doch am 20. November 1671 erhält er wieder eine Kompanie und heisst am 24. April 1673 gentilhomme et capitaine d'une compagnie franche de

200 hommes14). Er weilte in der Stadt Arras in Nordfrankreich, als im

August 1672 die Wahl seines Bruders Adrian zum Fürstbischof von Sitten erfolgte15). Dieser bittet ihn dringend in einem Schreiben vom 28.

Okto-ber 167216), heim ins Wallis zu kehren, auch wenn er noch arm und

schul-denbeladen sei.

6) Testament vom 28. September 1706 ('A Louis de Riedmatten). 7) PA Münster: B 10 und B II; Walliser Jahrbuch 1950p. 25.

8) Testament des Bartholomäus Perrig vom 17. Juni 1661 (A Louis de Riedmatten), worin als seine Ehefrauen genannt werden: Anna an den Bieten, Barbara, Tochter des Meiers Georg Albrecht von Morel, Christina Kalbermatter von Raron und Cäcilia von Riedmalten.

9) Ehevertrag vom 18. Dezember 1673 zu Sitten im bischöflichen Schloss (A Sloekal-per: 1479 nach alter Zählung).

10) Sterbebuch Münster. 11) A bschied des Landrates. 12) A Louis de Riedmatten. 13) Abschied: Dezember 1669. 14) A Louis de Riedmatten.

15) Ebenda: Brief Adrians vom 31. August 1672, der der seine Wahl, seine Helfer und Widersacher schildert.

(18)

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Petermann II. von Riedmatten von Münster

(19)

Im Dezember 1674 erfolgt seine Wahl zum Landvogt von Monthey, wo er bis im Spätwinter 1677 seinen Wohnsitz hatte und im Sommer 1675 seine erste Ehefrau durch den Tod verliert. Nach dem Sturz seines Oheims Kaspar Stockalper wird Peter im Juni 1681 vom Bischof Adrian zum Grosskastlan von Martinach bestellt und hält dort am 23. Juni seinen fei-erlichen Einstand, begleitet von den beiden Domdekanen und den Sittener Burgermeistern Udret, Waldin und Lambien17). Um diese Zeit waltet er

auch als Hofmeister oder Ökonom des bischöflichen Bruders18). Die

Brie-fe, die Bischof Adrian in späteren Jahren an seinen Bruder nach Münster schrieb, sind höchst wertvoll und aufschlussreich; eine kleine Anzahl da-von hat sich im Archiv Louis de Riedmatten erhalten.

Als im Februar 1683 sein Vetter, der Landeshauptmann Petermann I., in Münster starb, kam das Zendenbanner an Ernen und Johann Kreyg; Petermann IL wird Zendenhauptmann von Goms und im Mailandrat 1683 zum wichtigen militärischen Amt eines Oberst der Truppen unter-halb der Mors erwählt. Im Dezember des Jahres 1684 wird er Statthalter des Landeshauptmannes Adrian Lambien und hat dieses Amt inne bis im Mai 168719).

An anderen Ehrungen fehlte es ihm in diesen Jahren keineswegs; schon 1672 wird er wie sein Vetter Petermann I. in Turtmann als Burger angenommen20). Am 24. Januar 1684 wird er in Brig gratis als Burger

angenommen21). 1689 bis 1690 ist er für den Zenden Goms Grosskastlan

von Lötschen und Niedergestein22).

Die drei Heiraten

Bevor wir zum letzten Lebensabschnitt und Ende des Landeshaupt-mannes übergehen, müssen wir seiner drei Ehen gedenken; diese sind merkwürdig und beleuchten die Sitten der damaligen lebenslustigen Walli-ser.

Der «Film», wenn man so sagen darf, des ersten Ehebundes ist fol-gender: 1662, 17. Mai wird in der Abteikirche von St-Maurice die edle Apollonia de Platea, die 45jährige Ehefrau des Landvogtes Johannes Jost beigesetzt23). Sieben Monate später, 1662, 25. Dezember: Der Witwer

Landvogt Jost ehelicht in Leuk die 18jährige Anna Maria Gasner, Tochter des verstorbenen Staatskanzlers Nikolaus Gasner, und der Barbara Schwytzer24). Ein Jahr später: 1663, am 8. Dezember wird in der gleichen

Abteikirche von St-Maurice der 48jährige Landvogt Johannes Jost

feier-17) Ebenda.

18) PA Münster: B 12; Verkaufeines Weinberges in Grimisuat. 19) Abschiede von 1683 und /684.

20) Beide Diplome im A Louis de Riedmatten. 21) PA G lis.

22) G A Niedergestein: B 9.

23) Sterbebuch der Pfarrei St. Maurice: sepulta in conventuali ecclesia St. Mauricii prope tesaurum nobilis et virtuoso Dna Apolonia de Platea conjux magnifie! Dni Jois Jost gubernatoris Agauni quae pridie febri putrida correpta obiit in Dno aetatis circiter 45 anno-rum».

(20)

lieh zu Grabe getragen25). Vier Wochen später: 1664, 6. Januar zu Leuk

die Witwe Anna Maria Jost-Gasner ehelicht den edlen Petermann v. Ried-matten26). Diese erste Gemahlin des späteren Landeshauptmannes machte

im Schloss von Monthey, wo ihr Mann damals als Landvogt amtete, am 17. Juli 1675 ihr Testament. Darin, macht sie ein Legat an den St.-Katha-rina-Altar in der Kirche von Leuk, den sie als Familienaltar der Gasner bezeichnet27). Bald darauf muss sie gestorben sein.

Einige Monate später, am 14. Mai 1676, vermählte sich der verwitwe-te Landvogt im bischöflichen Schlosse bei seinem Bruder Adrian in Sitverwitwe-ten mit Katharina de Preux, Tochter des Junkers und Schlossherrn von An-chettes, Hans Anton de Preux, und der Maria de Platea28). Auch sie war

eine junge Witwe; ein Jahr vorher, am 13. Januar 1675, war sie in Anchet-tes mit Bartholomäus de Torrente aus Sitten vermählt worden29). Auch

diese zweite Gattin schenkte v. Riedmatten mehrere Kinder, von denen ei-nige im zarten Kindesalter starben. Sie selbst verschied schon nach 5 Jah-renzu Münster am 11. November 1681.

Drei Jahre darauf entschloss sich Petermann zu einer dritten Ehe mit Anna Maria Burgener, Tochter des Obersten und Landvogtes Johann Burgener und der Maria Christina In-Albon30). Auch sie war Witwe und

die erst 23jährige hatte bereits zwei Männer begraben: den jungen Leut-nant Hans Owlig von Brig + 1676 und den hochgelehrten Staatskanzler Anton Lambien von Brig, der im Februar 1683 allzu früh seine Tage

be-schloss. Diese dritte Gemahlin, Anna Maria Burner, starb im September S»»?*-* 1687 zu Brig, wo Petermann v. Riedmatten vermutlich bereits ein Haus

besass.

Wie viele heitere, aber auch traurige Stunden und Tragödien sind hin-ter diesen Daten verborgen! Anderseits werden wir aber doch lebhaft an die Verse des Zeitgenossen Lafontaine erinnert:

La perte d'un époux ne va point sans soupirs, On fait beaucoup de bruit, puis on se console, Sur les ailes du temps la douleur s'en vole Et le temps ramène les plaisirs

Entre la veuve d'un jour et la veuve d'une année La différence est grande . . .

Der reiche Oberst v. Riedmatten

Aus den Jahren vor seiner Wahl zum höchsten Landesamt haben wir nur wenige Nachrichten. Im Februar 1690 weilt er in Oberwald, um dort für die Kompanie des Vetters Chevalier (v. Riedmatten??) Soldaten zu

25) Sterbebuch St. Maurice. 26) Ehebuch Leuk.

27) A Louis de Riedmatten: »Allan S. Calharinae exstrueto in ecclesia parochiali

Leucaefamiliae eiusdem Gasnero proprio. »

28) A de Preux: II 98. 29) A Marthe de Torrente.

30) A Louis de Riedmatten; Ehedispens vom 21. Juni 1684 durch den Nuntius Odoar-do Cybo. Eine Türe mit dem Wappen von Riedmatten-Burgener im Hause von Herrn Paul Eugen Burgener in Visp.

(21)

werben. Damals schreibt er dem Staatskanzler Kreyg «er müsse erfahren, dass es nit die Zeit sei vill Soldaten zu machen»31). Seinen Bruder, den

Bischof Adrian, begleitet er am 26. Juli 1693 nach Obergestein zur Weihe der neuen Kirche, wie er bereits den gleichen Bruder 1678 bei der Kirch-weihe von Münster grossartig bewirtet hatte32). Mit Paul Zen Höfen ist er

am 10. November 1694 Gewaltshaber und Vertreter der Gemeinde Mün-ster33).

Dazwischen erwirbt er Güter und pflegt seine ausgedehnten Besitzun-gen. Petermann v. Riedmatten war, wie aus einer Bemerkung des Chroni-sten Johann Jakob v. Riedmatten hervorgeht, sehr reich und begütert, so-wohl von Haus aus als aus dem Erbe des Landeshauptmannes Petermann I. und des Bischofs Adrian, die ihn zum Erben einsetzten.

In Münster besass er ausgedehnte Güter und mehrere Häuser: neben dem alten Familiensitz «im Feld» das merkwürdige Haus Petermanns I., welches nach Ansicht von Br. Stanislaus Noti wahrscheinlich der spätere Wohnsitz des Landeshauptmannes war. Von diesem Hause (der ältere Teil des heutigen Hotel Post) hatte er 1695 durch Kauf von Peter Imsand die Hälfte erworben, jene Hälfte, welche Katharina Jost-Owlig, die Halb-schwester Petermanns L, dem besagten Peter Imsand verkauft hatte34).

Am 9. November 1694 erwirbt er ein anderes Haus «im mittleren Viertel» von Münster und 1703 den Drittel des sog. Merisch-Hauses ebenda35).

In dem schattenhalb fern der Landstrasse still gelegenen Landgut Z'Matt hatte er Güter und ein Haus36). Hier soll nach Überlieferung sein

Bruder Bischof Adrian zur heissen Sommerzeit sich erholt haben und hier stiftete des Landeshauptmanns Sohn, Adrian, 1710 eine Kapelle zu Ehren der hl. Barbara, deren Mauerreste man noch vor einigen Jahren sehen konnte37). In die Jahre 1696 und 1700 fallen Erwerbungen von

Zehnten-rechten im Gebiet der sog. Grafschaft und ins Jahr 1693 eines grösseren Gutes im Massaboden bei Bitsch38). Durch seine zweite Ehefrau hatte er

auch Güter und Hausrechte in Leukerbad, welche seine Söhne nach sei-nem Tode 1708 an die Familie de Preux veräusserten39). In seinem Hause

in Veyras oberhalb Siders erwarb Petermann 1691 andere Gebäude, Gar-ten und eine Weinpresse gelegen in Veyras neben dem ruinierGar-ten Gebäude des Geistlichen Ignaz de Lovina40).

31) A Jost: JJ 149. — Am 21. September 1696 schreibt er aus Münster seinem Sohne Adrian Hauptmann einer Freikompanie in Turin: «Nous avons megre vendanse (!) et fori

peu de vin. Monseigneur a consacré la église de Glise le 9 7bre a resté 3 jours a Brigue et moy quasi un mois entier. » (A Louis de Riedmatten).

32) PA Obergestein: Weiheurkunde. — A Jean de Kalbermatten: Liber C p . 131. 33)GAObergesteln:D26.

34) PA Münster: B 12. 35) A Louis de Riedmatten.

36) PA Münster: B 11. — Auch im Dorf «Zum Loch» bei Ulrichen besass er Gut und eine Scheune «neben der Hofstatt der alten Kapelle». Ebenda: B 12.

37) A Louis de Riedmatten. 38) Ebenda.

39) A de Preux: 1840.

(22)

Landeshauptmann vom Wallis

Im Mai 1701 starben kurz nacheinander Bischof Adrian und Landes-hauptmann Kreyg; an dem noch vom letzteren einberufenen Ratstag vom 1. Juni schritten die Abgeordneten unter dem Vorsitz des Landesstatthal-ters de Platea zuerst zur Wahl des neuen Landeshauptmannes, aus welcher Petermann v. Riedmatten hervorging «in Anschauw seines hohen Alters, langer Übung und Erfannus in Standessachen»4'). Das Domkapitel hatte

seine Stimme dem Bannerherrn von Brig, Kaspar Georg Schnidrig, gege-ben aus Dankbarkeit für seine Hilfe in einem Prozess des Domstiftes mit der Stadt Sitten42).

Am folgenden Tage leitete Petermann v. Riedmatten die Wahl des Bischofs. Hier zeigten sich die Abgeordneten zuerst befremdet, dass die Domherren unter die vier Kandidaten nur Herren aus Sitten und Goms ge-setzt hatten. Die Domherren aber baten diese Präsentation für diesmal als gültig anzusehen und versprachen, das nächste Mal «mehr Deferenz» zu bezeugen. Gewählt wurde der Sittener Stadtpfarrer und Dekan von Vale-ria, Franz Joseph Supersaxo, und der Landeshauptmann übergab ihm das Regalienschwert43).

Die fast 6jährige Regierung Petermanns ist gekennzeichnet durch die Schwierigkeiten und Bedrängnisse, welche der Passstaat Wallis infolge des spanischen Erbfolgekrieges zu bestehen hatte, da sowohl im Norden als im Süden der Eidgenossenschaft der Krieg tobte. Die Politik der Walliser in diesen Jahren hat vor Jahren Dr. Albert Julen in diesen Blättern einge-hend geschildert44). Zum Jahre 1702 schreibt der Zeitgenosse Johann

Jakob v. Riedmatten, Pfarrer von Münster, der 1701 mit dem Landes-hauptmann einen kleinen Zwist hatte, in seinem Tagebuch oder Chro-nik45): «Schon im verflossenen Jahre war unter dem Volk ein gewisses

Misstrauen entstanden gegen die weltlichen Herren Vorsteher und zwar wegen des herrschenden Krieges in der Lombardei um das Herzogtum Mailand zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich. Dieser letztere hatte von den Herren Landsleuten von Wallis das Recht des Durchganges und der Rückfahrt erhalten.

Darob entstanden in verschiedenen Zenden Reklamationen und Tu-multe und es kam zur Abhaltung des sogenannten Ross-Ratstages. In Raron und Münster wurden einige Herren verprügelt. In Leuk wurde dem getreuen Bannerherr Johann Willa das Zendenbanner gewaltsam genom-men. Völlig unschuldig starb er vor Verdruss am 5. Mai. Sein Nachfolger als Bannerherr wurde Hans Stefan Al/et. Auch der Zendenhauptmann Otschier wurde seines Amtes enthoben und Stefan Piaschi an seine Stelle gesetzt. So kam die seit drei Jahren zusammengekochte Missstimmung zum Ausbruch.»

41 ) Abschied des Ratstages.

42) AD: Kalendale; Notiz des Domherrn Peter Hugo. «(Abschied.

44) BWG Band IX p. 426—455. 45) Walliser Jahrbuch 1951, p. 34.

(23)

Als im Februar 1703 Adrian, des Landeshauptmannes Sohn und da-maliger Meier des Zendens Goms, die Landvogtei Monthey antrat, vertrat ihn sein Vater im Amt eines Zendenrichters und heisst am 25. Februar 1703 pro tempore denominatus judex Deseni Gomesiae46). Mehr als

ein-mal heisst es in den Abschieden des Landrates, der Herr Landeshaupt-mann sei unpässlich und kränklich, doch wird er im Mai 1705 für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Da machte am 2. Februar 1707 ein plötz-licher Tod seinem Leben ein Ende47). Seine Leiche wurde in Sitten

bestat-tet, sein Herz in Münster beigesetzt.

Von der Anhänglichkeit an den Heimatort Münster und von der Frei-gebigkeit Petermanns II. zeugt auch der reiche Aufsatz des Taufsteines von Münster, welcher 1698 auf seine Kosten errichtet wurde48). Mit dem

Pfarrer Guntern, dem Kapellenvogt Balthasar Zen Höfen und den Dorf-leuten von Münster stiftet er 1684 vier hl. Messen in der St.-Antonius-kapelle oberhalb des Dorfes, dessen prächtiger Altar eine Stiftung des äl-teren Petermann von Riedmatten ist49). Wir dürfen annehmen, dass

Petermann IL an die Errichtung des reichen St.-Michaels-Altares in Mün-ster beigetragen hat, den Bischof Adrian im Frühjahr 1693 von Sitten nach Münster bringen liess; er weist neben des Bischofs Wappen jenes der Patronatsfamilie von Riedmatten auf. Das gleiche dürfte gelten vom Hochaltar der Kollegiumskirche in Brig, welcher bis ca. 1936 am Giebel die Inschrift trug: ADRIANUS V ET FAMILIA DE RIEDMATTEN.

Das einzig erhaltene Bildnis des Landeshauptmannes zeigt uns einen älteren Herrn mit ungesund aufgedunsenen Zügen, auf denen Ernst, Be-sorgnis und etwas wie Enttäuschung sich kundtun50).

Die Nachkommen

Seine erste Ehefrau Anna Maria Gasner schenkte ihm sechs Kinder, von denen aber vier im zarten Altar starben. Die andern sind:

1. Petermann, geboren um 1665 (?), machte am 11. Mai 1679 zu Brig als Student im Hause des Arztes Dr. Balthasar Perren von heftiger Krank-heit ergriffen sein Testament zugunsten des St.-Michaels-Altares in Mün-ster und seiner SchweMün-ster. Drei Tage darauf wurde er in Glis begraben51).

2. Maria Cäcilia Ignatia, getauft zu Münster am 2. August 1668, ver-mählte sich in Sitten am 17. November 1697 mit dem Junker Franz Joseph de Montheys, einem Enkel des damals noch lebenden Landeshauptman-nes Johann de Montheys52). Sie starb zu Sitten im Januar 1728. Ein

46) PA Münster: B 11.

47) Staatsarchiv Wallis: L 388 p. 178. Der Tod soll zwischen 11.00 Uhr und Mitter-nacht eingetreten sein.

48) Walliser Jahrbuch 1950p. 28. 49) PA Münster: B 12.

50) Die Fotografie des Bildnisses wurde mir vor Jahren von + Herrn Albert de Wolff vermittelt. Der Standort des Originals ist mir nicht bekannt.

51 ) A Louis de Riedmatten und Sterbebuch Glis. 52) Staatsarchiv Wallis: AV 109.

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Schrank mit den Initialen dieses Ehepaares befindet sich bei Bernhard von Roten in Raron. Ein köstliches Relief mit der Darstellung Unserer Lieben Frau und des hl. Antonius und den Wappen dieser Eheleute wird im Ka-puzinerkloster von Sursee aufbewahrt53).

Aus der zweiten Ehe mit Katharina de Preux stammen:

3. Adrian, dessen Geburtsjahr unsicher ist, war Hauptmann in Pié-mont, 1701 nach Kreygs Tod wird er Bannerherr des Zenden Goms,

1703—1705 Landvogt von Monthey; vermählt mit Anna Maria Josepha v. Stockalper. Beide sterben im Januar 1719 zu Münster.

4. Anna Maria Katharina, geboren 1679 zu Münster. Der Chronist Johann Jakob von Riedmatten schreibt von ihr: «Sie wird im jungfräu-lichen Stande sterben.» Sie besann sich jedoch anders und wurde die Ehe-frau des verwitweten Obersten Ignaz de Sepibus von Morel. Hier wurde sie die Stifterin des Gemäldes am reichen Hochaltar, welches den Kirchen-patron St. Hilarius darstellt. Als kinderlose Witwe starb sie zu Münster am 3. Februar 1753. Pfarrer Garin Ritz nennt sie «Berühmt durch Reich-tum, Tugend und Verdienste»54).

5. Peter Anton, geboren zu Münster 1681, war seit 1706 mehrmals Meier und Abgeordneter des Zenden Goms und 1718—1720 Landvogt von St. Maurice. Seit 1707 war er in kinderloser Ehe vermählt mit Anna Maria Katharina, Tochter des Adrian von Riedmatten und der Maria Andereggen. Aus ihrem Wohnhaus «im Feld» in Münster stammen zwei reich geschnitzte Türen, welche im Gasthof zu Gletsch aufbewahrt wer-den53). Peter Anton und seine Gattin starben bald nach einander im

Januar 1743, in welchem einzigen Monat Januar in Münster 24 Personen zu Grabe getragen wurden.

Das grosse Haus in Sitten

In der kurzen Lebensgeschichte Petermann IL müssen wir auch das mächtige Haus in Sitten erwähnen, welches er vollendete und wo er auch mutmasslich sein würdiges Leben beschloss. Im Sommer 1699 berichtet ihm sein Bruder Bischof Adrian, er habe am 6. Juli «den ersten Stein an unser Hausgebauw legen lassen». Als der Fürstbischof zwei Jahre später zum Sterben kam, vermachte er in seinem Testament vom 14. Mai seinem Bruder Petermann und dessen männlichen Nachkommen das «neuer-baute, aber noch etwas auszubauende Haus» mit dem Auftrag, den Bau zu vollenden57); Petermann IL vollendete den imposanten Bau, der mit

reich geschnitzter Haustür und anderer Zierart verschönert wurde.

Am 20. November 1742, zwei Monate vor seinem Tode, schenkte zu Brig alt Landvogt Peter Anton, der letzte männliche Nachkomme des Landeshauptmannes, seine Rechte an diesem Hause dem Zenden Goms

53) Abgebildet in den Kunstdenkmälern 11 p. 443. 54) Pfarrbücher von Münster.

55) Kunstdenkmäler I p. 123 und 152. 56) A Louis de Riedmatten.

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unter Vorbehalt lebenslänglicher Nutzniessung58). Aber schon vorher

hat-te der 1719 verstorbene Bannerherr Adrian seinen Anhat-teil am Hause dem Zenden Goms vermacht, eine Schenkung, die aber wohl erst 1741 nach dem Hinschied des Sohnes des Schenkers wirksam wurde59). Nach dem

Sinne der beiden edlen Brüder sollte das Haus als Absteige für die Herren von Goms dienen, welche nach Sitten zum Landrat kamen. Doch wurde, wie es scheint, das schöne Haus den Zendenleuten von Goms durch Frau Elisabeth v. Kalbermatten-de Montheys, die Nichte und Erbin der beiden Wohltäter, streitig gemacht60). Um einen Prozess zu vermeiden, kam es

am 8. Dezember 1743 zu einer Übereinkunft: Die Gommer traten ihre Rechte der besagten Dame für die beträchtliche Summe von 900 Kronen oder 200 Dublonen ab, wie sie sagten «als Belohnung für die vielen Wohl-taten, welche das edle Haus der Riedmatten dem Zenden Goms erwiesen habe»6').

Durch die 1849 erfolgte Vermählung der Henriette de Kalbermatten + 1900 mit Notar Joseph Brindlen kam das Haus an die Familie Brindlen. Als ich Student in Sitten war, hiess das Haus «Maison Brindlen» und zwei vprnehme alte Damen dieses Namens bewohnten das oberste Stockwerk. Mit seinen stattlichen Proportionen, den weiten gewölbten Gängen und Stiegenhaus und der prachtvollen Haustüre ist das Haus trotz seiner wenig günstigen Lage eine Zierde der Stadt Sitten. Die Haustüre und die heute verschwundenen Schnitzwerke im Innern waren vermutlich Werke des Gommer Künstlers Moritz Bodmer62). Neulich an einem kalt

unfreund-lichen Januartag hatte ich Gelegenheit, das ehrwürdige Haus des Landes-hauptmannes an der Ecke der engen Schlossgasse und der Rue du Vieux Collège zu besuchen. Es gehört heute zum Teil der Burgerschaft Sitten, die eine Art Keller im Erdgeschoss als Ausstellungsraum vermietet. Vor etwa 30 Jahren hat der damals bekannte Freiburger Antiquar Leopold Rey ei-nen Teil des Hauses durch Kauf an sich gebracht, das bedenklich verwit-terte Gebäude renovieren lassen und ihm den Namen «Maison de la Diète» gegeben. Genauer wäre die Bezeichnung «Maison des députés à la Diète» gewesen.

Das mittlere Stockwerk gehört heute einer älteren Fräulein Esther Zermatten, deren Mutter in erster Ehe mit einem Herrn Brindlen aus der früheren Besitzerfamilie vermählt war. In ihrer Wohnung bewunderte ich die prachtvoll geschnitzte Stubentüre, einen mächtigen Giltsteinofen von 1794 mit dem aufgemalten Wappen von Kalbermatten und einen reich ge-schnitzten Wandschrank, dessen Türen, wie die Besitzerin bemerkte, frü-her die Vorderseiten von zwei Truhen gebildet hatten. Diese mögen noch aus dem Nachlass des prachtliebenden Landeshauptmannes stammen.

58)AJost: K 165.

59) Johann Adrian von Riedmatten-Lambien, Hauptmann in spanischen Diensten, starb im Februar 1741 zu Brig ohne Nachkommen.

6 0) Die Enkelin Petermanns II. war seit 1726 mit dem.Landvogt Joseph Bartholomäus Kalbermatter vermählt.

61 ) A Louis de Riedmatten.

62) Am 30. Januar 1707 — wenige Tage vor dem Tode des Landeshauptmannes — wurde in Sitten getauft Maria Apollonia, Tochter des Moritz Bodmer und der Cäcilia Blat-ter. Pate war des Landeshauptmanns Sohn Peter, damals Meier von Goms (Taufbuch Sitten).

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Von besonderer Schönheit ist das oberste Stockwerk, wo der Blick aus den Fenstern gegen Westen und Norden bereits freier ist. Die Gänge und Zimmerflucht hat der heutige Eigentümer, Herr Marcel Luy, gewese-ner diplomatischer Gesandter und Minister der Eidgenossenschaft, mit Liebe und Sorgfalt auf das geschmackvollste herrichten lassen. Imposant ist vor allem die hohe reichvertäfelte Stube auf der Westseite, deren Fel-derdecke mit geschnitzten Akanthuswerk verziert ist und deren Türe reich-ste Schnitzwerke aufzeigt. Auf der Mittagsseite dieses Piano nobile befin-det sich eine kleine, aber reizvolle und stille Gartenterrasse, welche gegen Osten durch eine hohe Mauer vor dem einst lärmigen Platz vor den frühe-ren Knabenschulhäusern getfrühe-rennt ist. Der glückliche Besitzer zeigte uns auch eine reiche Türe, wahrscheinlich aus älteren Bruchstücken zusam-mengefügt, mit dem bescheiden angebrachten Wappen Leopold Reys, eine ländliche Statue des hl. Theodul aus dem Nachlass von H. Generalvi-kar Delaloye, eine reich geschnitzte Truhe aus dem Besitz eines Geistlichen und ein seltsames kleines Möbel aus Nussbaum von 1674 mit den Wappen des Bischofs von Riedmatten und des Zenden Goms oder des Dorfes Mün-ster, eine Truhe, deren Bedeutung und Herkunft gar viele Rätsel aufgibt.

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Johann Jodok Burgener von Visp

(1707—1721)

Im Frühjahr 1707 hatte der Tod die beiden Häupter der Republik, den Landeshauptmann von Riedmatten und seinen Statthalter de Platea gefällt. So war es Aufgabe und Pflicht des Staatskanzlers und Landschrei-bers Johann Jodok Burgener als «damaliger ad interim bestellter Herr

Administrator der Republik Wallis» die sieben Zenden zum Landrat zu

berufen. Anfangs Mai 1707 wird Burgener zum Landeshauptmann ge-wählt; als sein Statthalter oder Vizeballius wird Burgeners Neffe (par al-liance) Eugen de Courten und als Staatskanzler Burgeners Schwager Ar-nold Blatter gewählt! So gelangte das hohe Regiment der Republik für Jahrzehnte in den Machtbereich einer kräftigen Visper Dynastie und ihrer Verwandten: auf Burgener folgten im höchsten Amt die genannten Cour-ten und Blatter und nach kurzem Unterbruch Burgeners Schwiegersohn Johann Fabian Schiner und nach ihm Johann Jodoks hochbegabter Sohn Franz Joseph, der von 1742 bis 1761 das Staatsruder führte.

Die Burgener im Zenden Visp

Die ältere Geschichte der Familie Burgener ist noch zu erforschen und wäre gewiss sehr aufschlussreich. Ihren Namen hat sie wohl von dem auf einer Felsenhöhe fast burgartig kühn hingebauten malerischen Weiler

Burgen bei Törbel. Von dieser Siedlung nannte sich im 13. Jahrhundert

eine Herrenfamilie, aus welcher zu Beginn des 14. Jahrhunderts Söhne und Nachkommen eines Herrn Kuon oder Cono, eines Herrn Matheus und eines Herrn Gerung «ab Burguna» erwähnt werden1). Im 15.

Jahr-hundert ist die Familie schon weiter verbreitet, so 1424 in Zermatt2) und

1443 im Saastal3).

Die nähere Herkunft des seit dem 17. Jahrhundert im Zenden Visp dominierenden Geschlechtes ist wohl im Saastal zu suchen. Eine dunkle Erinnerung wird sich daran in Visp und Saas erhalten haben, da Landes-hauptmann Johann Jodok als Wohltäter im Jahrzeitbuch der alten Talkir-che von Saas eingetragen wurde: Ihre schaubare Grossmächtigkeit Johann

Jost Burginer, Hauptmann in Frankreich, Zendenhauptmann und 14 Jahr regierender Landthauptmann in Wallis»*). Auch im Jahrzeitbuch der

1) AD: Minutar 5 p. 139 und 101. Schon 1289 erscheint als Zeuge in Visp Johann de Burguna. (BA Visp: D l ) .

2) AD: Minutar B 173 Fragment. Henslin, genannt Burguyner, von Zermatt heissl 1424 wohnhaft im Tale Eifisch (Aniviers).

3) PA Visp: H 7. — 1456 werden als Burger von «Vee» erwähnt die Kinder des + Tho-mas Burginers und Jans Sohn des Peter Burginers (GA Saas-Fee: B 1).

4) PA Saas-Grund: D 30. — Die Einträge im «Anniversarium Burgineren» beginnen mit Arnold Burginer am Undergritz (Almagell) und Margareth seiner Hausfrow.

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Familie Schiner steht Burgeners Name, da seine Tochter Elisabeth den Stammhalter des Hauses Schiner geehelicht hatte.

Die Bedeutung und Macht der Familie in Visp geht aber schon auf des Landeshauptmannes Grossvater, jenen Johannes Burgener, zurück, wel-cher 1671 im Alter von 66 Jahren starb. Von Beruf Jurist wird er 1643 mit seinem Sohne Johann in der Burgschaft Visp als Mitbürger angenom-men5) und hat hohe Landesämter inne wie Bannerherr des Zenden,

Land-vogt von St. Maurice und Oberst über die Truppen des Unterwallis. Durch seine zweite Ehe mit Christina, der Tochter des Landeshauptman-nes Heinrich In-Albon, trat er in den Kreis der damals dominierenden Familien6). Sein Sohn Johann amtete 1663/66 als Kastlan oder Landvogt

von Vionnaz-Bouveret, stirbt aber schon 1667 vor seinem Vater.

Leider ist das gewiss sehr reiche Archiv der Familie Burgener, das mutmasslich auch viele Dokumente über andere Visper Geschlechter wie In-Albon, Venetz und Blatter enthielt, gänzlich zugrunde gegangen, als um 1895 nach dem Tode von Präfekt Adolf Burgener der Estrich des Stammhauses gründlich geräumt wurde; so müssen wir uns mit wenigen da und dort aufgelesenen Notizen begnügen.

Eltern und Geschwister

Das Taufbuch von Visp verzeichnet die Taufe unseres Johann Jodok zum 12. November 1657; sein oben erwähnter Vater Johann war damals Curial von Visp und Familiaris des Landeshauptmannes. Die Mutter war Maria de Preux (Probi auch Fromm) aus vornehmem Geschlecht des Zen-den Siders, Tochter eines früh verstorbenen Johann und Enkelin des mächtigen Staatskanzlers und Obersten Angelin de Preux7). Von seinen

Geschwistern kennen wir zwei wohl früh gestorbene Brüder Johann Josef *1656 und Johann Theodul * 1659. Ein anderer Bruder muss jener Johann Franz Burgener gewesen sein, der 1685/86 als Kammerherr des Bischofs Adrian erwähnt wird8). Von den Schwestern wissen wir, dass die 1660

geborene Anna Katharina später die Gattin des Landeshauptmannes Ar-nold Blatter wurde und die 1662 geborene Anna Maria den Landvogt Phi-lipp Jakob Venetz zum Manne erhielt.

Nach dem frühen Tode ihres Mannes ehelichte Maria de Preux 1675 Anton Zum Brunnen aus Turtmann, den angesehenen Meier und Abge-ordneten des Zenden Leuk9). Im Jahre 1682 wird sie in Turtmann noch als

5) BA Visp: BB 8. — Schon am 2. Januar 1639 hatte er um Aufnahme gebeten und dabei bemerkt «sein Vater selig habe Tag und Jahr in Visp zugebracht».

6) Sie wurde am 7. März 1663 begraben, nachdem sie im April 1662 einer Tochter Anna Maria das Leben geschenkt hatte, der spätem dritten Gattin des Landeshauptmanns Petermann II. von Riedmatten.

7) In seinem Testament vom 30. September 1643 vermachte Angelin de Preux der Maria Christina und Maria, Töchtern seines verstorbenen Sohnes Johann, 400 Kronen. (A de Courten: Cn 7 Nr. 2). Die Mutter der zwei Töchter war Ursula, Tochter des Landeshaupt-mannes Sebastian Zuber.

8) PA Erschmatt: Urkunde vom 21. Februar 1686 — Ade Torrente: Collect. III 49. 9) Ehebuch Visp — In den Urkunden der Sammlung Bregy im Staatsarchiv heisst Zum Brunnen auch de Fonte, Zbrun, Zprun und am 10. März 1673 amtierender Meister und alt Kastlan des Zenden Leuk. Noch am 14. Juni 1699 wird er als lebend erwähnt.

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