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Jean-Claude Colbus, La Chronique de Sébastien Franck (1499-1542). Vision de l'histoire et image de l'homme. 2005

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Y. Dellsperger: J.-C. Colbus, La Chronique de Se´bastien Franck 299

Jean-Claude Colbus, La Chronique de Se´bastien Franck (1499Ð1542). Vision de l’histoire et image de l’homme. (Contacts III 66) Lang, Bern u. a. 2005. XX/484 S.,€ 69,70.

Bei Sebastian Francks erstmals im Jahr 1531 in Straßburg erschienener mo-numentalen welt- und kirchengeschichtlichen Enzyklopädie mit dem Titel

Chronica Zeitbuoch vnnd Geschichtbibell handelt es sich um ein Werk, das

unmittelbar nach seinem Erscheinen großes Aufsehen erregt und dem Verfas-ser, der sich in kühnen Thesen und vielschichtigen Reflexionen zu Toleranz, Glaubensfreiheit und Gewaltverzicht äußerte, eine vorübergehende Kerker-haft eingetragen hat. Dem französischen Philologen Jean-Claude Colbus ist es in seiner Untersuchung ein besonderes Anliegen, die von den Zeitgenossen früh bemerkte subversive Natur von Sebastian Francks Gedankenwelt in den Vordergrund zu rücken (S. 10).

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Y. Dellsperger: J.-C. Colbus, La Chronique de Se´bastien Franck 300

Er behandelt folgende Themenbereiche: Nach einer kurzen Skizze der leitenden Fragestellun-gen sowie nach einem Überblick über die wichtigsten Lebensstationen Sebastian Francks beschäf-tigt sich Colbus in einem ersten Teil mit den der Geschichtbibell vorausgegangenen Werken, um die Motive für Francks Hinwendung zur Geschichte zu zeigen. Während im zweiten Kapitel die Struktur der drei großen Chronikteile durchleuchtet und ebenso ein Vergleich zwischen den beiden Editionen von 1531 und 1536 erbracht wird, nimmt Colbus im dritten Kapitel die Vorre-den zu Vorre-den einzelnen Chronikteilen in Vorre-den Blick. Bei seiner Vorstellung der Weltchronik geht Colbus dann auf einige für Franck zentrale Bezugstexte und Quellen ein, erörtert im fünften Kapitel die Leitprinzipien der kompilatorischen Tätigkeit und zeichnet in zwei weiteren Teilen die eschatologische Gedankenausrichtung sowie die in der Geschichtbibell entwickelte „philoso-phie de l’historie“ (S. 264) nach. In den beiden nachfolgenden Kapiteln behandelt Colbus einige für Franck charakteristische Schreibstrategien sowie dessen Kritik an jedweder Ausprägung insti-tutioneller Vorherrschaft. Zwei Schlußkapitel, in denen die von Franck intendierte Wirkungsab-sicht der Geschichtbibell im Mittelpunkt des Interesses steht, runden die Untersuchungen ab.

In Colbus’ Darstellung fehlt eine Auseinandersetzung mit einigen wichti-gen älteren Forschungspositionen, so vor allem auch mit den grundlewichti-genden Thesen Alfred Heglers,1 auf denen die Darstellungen zu Sebastian Francks

Gesamtwerk heute noch aufbauen. Bemerkenswert ist zwar, daß Colbus das Augenmerk auf Kompilationsprinzipien und Schreibstrategien Sebastian Francks richtet und damit einer neueren Forschungstendenz Rechnung trägt, die nicht mehr nur die lange Zeit vorherrschende historiographische, philo-sophie- und theologiegeschichtliche Betrachtungsweise, sondern auch eine literaturwissenschaftliche Perspektive in den Mittelpunkt des Interesses stellt. Doch erfordert die Komplexität von Francks Quellenadaptation eine noch in weit höherem Maße minuziöse und auf Details konzentrierte Analyse der herangezogenen Zitate. So erscheint beispielsweise problematisch, daß Col-bus den Begriff „liberte´ du chre´tien“(S. 390) ohne Hinweis auf Luthers Frei-heitstraktat verwendet. In diesem Zusammenhang läßt sich noch ein weiterer grundsätzlicher Einwand vorbringen: Colbus’ Erkenntnisinteresse richtet sich in den beiden Schlußkapiteln vor allem auf die von Franck intendierte Wirkungsabsicht der Geschichtbibell: Er erörtert hier die These, daß Francks vornehmliches Anliegen darin bestehe, auf der Grundlage abschreckender Beispiele den Leser mit der Verworfenheit des Menschengeschlechts zu kon-frontieren, um vor dem Hintergrund dieser dunklen Kontrastfolie die Hin-wendung zu einer neuen Humanität, einer eigentlichen „humanisation de l’homme“ (S. 411) zu propagieren. Damit sind die maßgeblichen Komponen-ten einer von Franck begründeKomponen-ten Friedensethik jedoch nur unzureichend umrissen. Denn Francks radikalreformatorischer Spiritualismus gründet Ð wie bereits Bruno Quast in seinen Untersuchungen zu Sebastian Francks

Kriegbüchlin des Frides aufgezeigt hat2 Ð auf einem die Werke konstitutiv

mit einbeziehenden Glaubensbegriff, der die Bereitschaft zur Leidensnach-folge voraussetzt und zur Wiedergeburt hinführt. Dieser Gedanke, den Franck in seinen Werken häufig in Auseinandersetzung mit der Theologia

deutsch entwickelt und in Abgrenzung zu Luthers Rechtfertigungslehre

gel-1Alfred Hegler, Geist und Schrift bei Sebastian Franck. Eine Studie zur Geschichte des

Spiri-tualismus in der Reformationszeit. Freiburg/Br. 1892.

2Bruno Quast, Sebastian Francks ,Kriegbüchlin des Frides‘. Studien zum

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301 tend macht, bildet Dreh- und Angelpunkt einer Friedensethik, die sich kei-neswegs nur in einem „paradoxe de l’inhumanite´“ (S. 375), einem Sichtbar-machen der Verdorbenheit des Menschengeschlechts, erschöpft.

Auch wenn Colbus weitere Voraussetzungen einer „humanisation de l’homme“ (S. 411) namhaft macht und etwa auf den für Franck sehr zentralen Gedanken einer Emanzipation des Individuums von jedweder institutionel-len Vormundschaft breit darlegt, führt die Lückenhaftigkeit der Argumenta-tion notgedrungen zu einer wenig präzisen InterpretaArgumenta-tion dessen, was Franck mit seiner Idee einer weltumspannenden unsichtbaren Geistkirche im Blick hat. Francks eigenwilliger Kirchenbegriff ist mit Wertvorstellungen wie „fra-ternite´, e´galite´, liberte´“(S. 431) wenig treffend umrissen, da bekannt ist, daß Franck die Vorstellung einer unsichtbaren Geistkirche in einem frühneuzeit-lichen Kontext in Auseinandersetzung mit einem von Erasmus inspirierten Gedankengut und ebenso als scharfer Kritiker seiner Zeit entwickelt hat.

Ungeachtet dieser Einwände sind in Colbus’ Untersuchung wesentliche gedankliche Leitlinien und strukturelle Ordnungsmuster dieses riesigen Wer-kes herausgearbeitet worden, auf deren Grundlage in weiterführenden Stu-dien die Komplexität der Geschichtbibell erforscht werden kann.

Universität Bern Yvonne Dellsperger

Institut für Germanistik Längassstrasse 49 CH-3000 Bern 9

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