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Perioperative Strategien zur Regulierung des Sympathikotonus = Strategies for perioperative sympatho-modulation

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Texte intégral

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Leitthema

J. Wacker1 · T. Pasch1 · M. C. Schaub2 · M. Zaugg1, 2 1 Institut für Anästhesiologie, Universitätsspital Zürich 2 Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universität Zürich

Perioperative Strategien

zur Regulierung

des Sympathikotonus

Anaesthesist 2005 · 54:303–318 DOI 10.1007/s00101-005-0826-1 Online publiziert: 3. März 2005 © Springer Medizin Verlag 2005

D

ie Prävention perioperativer kardio-vaskulärer Komplikationen gewinnt mit zunehmendem Alter und Komorbidität chirurgischer Patienten immer mehr an Bedeutung. Veränderungen im sympathi-koadrenergen System im Rahmen der pe-rioperativen Stressreaktion können zu ei-gentlichen Maladaptationen entarten, die gefährliche Komplikationen wie Myokard- ischämien oder Herzrhythmusstörungen nach sich ziehen. Verschiedene klinische Studien haben für unterschiedliche the-rapeutische Konzepte zur Beeinflussung des adrenergen Gleichgewichts eine ein-drückliche Verminderung der periopera-tiven kardialen Morbidität und Mortali-tät dokumentiert. Dennoch finden solche Konzepte im klinischen Alltag trotz einer wachsenden Literatur nur eine zögerliche und ungenügende Umsetzung.

Die zunehmende Lebenserwartung und der Fortschritt des technischen chirur-gischen und anästhesiolochirur-gischen „Know-Hows“ führen dazu, dass sich immer mehr Patienten mit kardiovaskulären Risikofak-toren oder manifesten kardiovaskulären Erkrankungen auch größeren Eingriffen unterziehen. Perioperative kardiovaskulä-re Komplikationen müssen bei mehr als 5% einer unselektionierten Patientenpo-pulation im Zusammenhang mit nicht-kardiochirurgischen Eingriffen erwartet werden, bei Hochrisikopatienten im Rah-men von Gefäßeingriffen sogar bis zu 30% [64]. Eine Verminderung solcher Kompli-kationen ist daher eine Herausforderung, die den Einsatz aller verfügbaren

diagnos-tischen und therapeudiagnos-tischen Strategien rechtfertigt.

Längst wird es als wesentlicher Bestand-teil einer Anästhesie betrachtet, die Akti-vität des sympathischen Nervensystems zu kontrollieren [22]. Während eine mo-derate Aktivität des Sympathikus die Vo-raussetzung stabiler Kreislaufverhältnis-se schafft („Servokontrolle“), kann eine überschießende Freisetzung von Katecho-laminen und inflammatorischer Zytokine das Auftreten von kardiovaskulären Kom-plikationen begünstigen. Speziell gefähr-lich sind die Aufwachphase aus der Anäs-thesie und die anschließende schmerzhaf-te postoperative Periode (schmerzbeding-ter Symathikotonus mit Herzfrequenzan-stieg, Hypoventilation und Hypoxämie wegen Schmerzen und Anästhetikanach-wirkungen, eingriffsbedingte Gerinnungs-aktivierung), in welcher kardiovaskuläre Komplikationen geradezu kumulieren. Der an sich lebenswichtige Sympathikoto-nus kann so zu einer lebensbedrohlichen Maladaptation entarten.

Vorteilhafte Wirkungen von antiad-renergen Therapiekonzepten in der peri-operativen Medizin werden zunehmend durch Beobachtungsstudien, Metaanaly-sen [6, 57, 7] und randomisierte kontrol-lierte klinische Studien [50, 60, 64, 68, 88, 98] belegt. Dennoch bedarf das historisch gewachsene Konzept einer „Sympathikoly-se“ als einer effektiven kardioprotektiven Therapiemodalität einer beträchtlichen Weiterentwicklung im Lichte vieler neue-rer experimenteller und klinischer

For-schungsresultate. Der Ausdruck „Sympa-thikolyse“ in diesem Zusammenhang setzt irrtümlicherweise die Ausschaltung jegli-cher adrenerger Stimulation mit Kardio-protektion gleich und sollte durch den Be-griff „Regulierung des Sympathikotonus“ ersetzt werden [97]. Dies gilt insbesonde-re für herzinsuffiziente Patienten, für wel-che ein gewisser Sympathikotonus gerade-zu lebenserhaltend sein kann.

Teile dieser Arbeit sind kürzlich publi-zierten Artikeln der Autoren entnommen und wurden für die vorliegende Übersicht vor allem im Hinblick auf die Praxisan-wendung bearbeitet und ergänzt [49, 94, 95, 97].

Adrenerge Aktivität im Myokard:

Freund oder Feind?

Der pathophysiologische Einfluss des ad-renergen Systems auf die Entwicklung der Herzinsuffizienz wird besonders in-tensiv erforscht und soll hier kurz dar-gestellt werden. Erkenntnisse daraus las-sen sich paradigmatisch ebenso auf das Gebiet der koronaren Herzkrankheiten übertragen. Auch bei diesem Krankheits-geschehen spielt die adrenerge Aktivität eine zentrale Rolle sowohl bei der Entste-hung, mit Hypertonie als häufigster Ur-sache, wie auch bei den resultierenden Komplikationen, insbesondere beim aku-ten Koronarsyndrom. Die adrenergen Mechanismen bei beiden Krankheitsge-schehen spielen auch in der perioperati-ven Medizin eine bedeutende Rolle und

Redaktion

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droxylase, was eine Reduktion der Noradrenalin-Spiegel im Myokard be-wirkt, keine Verbesserung der links-ventrikulären Funktion erzielt werden konnte [73].

F In der BEST-Studie („β-Blocker Eva-luation of Survival Trial“) [] erhöh-te Bucindolol die Mortalität über-proportional in der Subgruppe von schwarzen NYHA-Klasse-IV-Pati-enten, obwohl in der gesamten Bu-cindolol-Gruppe dieses Medika-ment günstiger abschnitt als die Pla-cebo-Behandlung. Es wurde speku-liert, dass ein ausgeprägter β2

-Anta-gonismus mit starker Reduktion der präsynaptischen Noradrenalin-Aus-schüttung (sog. „Feedback-Inhibiti-on“) zusammen mit einer nicht ge-genregulierten α-Blockade für die

ungünstigen Wirkungen verantwort-lich seien (. Abb. 1).

Zusammenfassend stellten diese neuen Er-gebnisse das allzu einfache Dogma „sym-pathikolytisch gleich vorteilhaft“ ernsthaft in Frage. Eine irreversible Unterdrückung des adrenergen Tonus bei gleichzeitiger Unmöglichkeit, der drohenden hämodyna-mischen Entgleisung entgegenzuwirken, enz konnte eine erhöhte

Noradrena-linausschüttung im Sinus-Coronarius-Blut gefunden werden.

Diese Beobachtungen führten zu einem neuen therapeutischen Konzept, in wel-chem eine antiadrenerge Einflussnahme als Eckpfeiler der Herzinsuffizienzthera-pie gesehen wurde. Dieses Konzept domi-nierte rund 20 Jahre lang das therapeuti-sche Denken. Veränderte Sichtweisen er-gaben sich nun in jüngster Zeit durch fol-gende neuen Forschungsergebnisse aus kli-nischer und experimenteller Forschung [3, 4]:

F Moxonidin ist ein zentral wirksamer Imidazolin-Agonist, welcher die Nor-adrenalin-Ausschüttung im Myokard vermindert und ein Katecholamin-induziertes „Remodeling“ im Myo-kard rückgängig macht. Dieses Medi-kament vermindert zwar zentral den Sympathikotonus, erhöhte in einer kli-nischen Studie jedoch die Mortalität um über 50% [7]. Dieses Phänomen steht im Einklang mit Beobachtungen aus Tiermodellen (Herzinsuffizienz-modell am Hund), bei welchen mit ei-ner Hemmung der Dopamin-β-Hy können damit die Möglichkeiten für

kar-dioprotektive Massnahmen aufzeigen. Die wissenschaftlichen Vorstellungen über den Zusammenhang von adrener-ger Aktivität und Myokardfunktion in ge-sundem und erkranktem Myokard haben in den vergangenen Jahrzehnten wieder-holt Änderungen erfahren (. Tabelle 1). Nach Berichten anfang der 60er-Jahre über eine adrenerge Dysfunktion bei Pa-tienten mit Herzinsuffizienz [28] setzte sich die Auffassung durch, dass ein genü-gender adrenerger Tonus eine Vorausset-zung für die Funktion des gesunden und umso mehr auch des insuffizienten Myo-kards sei. Fünfzehn Jahre später (in den späten 70er-Jahren) wurde dieses Kon-zept durch folgende Beobachtungen in Frage gestellt [3, 4]:

F Eine chronische β-Blockade zeigte günstige Wirkungen bei idiopathi-scher dilatativer Kardiomyopathie. F Bei Herzinsuffizienz wurde eine

Down-Regulation β-adrenerger Rezep-toren (β-AR) als Ausdruck einer über-mäßigen adrenergen Stimulation be-obachtet.

F Trotz verminderter myokardialer Nor- adrenalin-Speicher bei

Herzinsuffizi-Tabelle 1

Haupttypen der adrenergen Rezeptoren und ihre physiologischen Funktionen im Herzmuskel und den glatten Muskelzellen

Adrenerger Rezeptor-Subtyp

Hauptfunktion

Herzmuskelzelle Glatte Muskelzelle

β1 Herzfrequenzsteigerung, Inotropie, verbesserte Relaxation, gesteigerter

Metabolismus, Hypertrophie, Toxizität (Apoptose, Nekrose) β2 • Herzfrequenzsteigerung, Inotropie, verbesserte Relaxation,

gesteigerter Metabolismus, Hypertrophie, zellulärer Überlebensschutz • Präsynaptische Stimulation der Noradrenalin-Freisetzung

Relaxation glatter Muskelzellen in den Bronchien und Gefäßen

β3 Negative Inotropie, zellulärer Überlebensschutz

α1A Herzfrequenzsteigerung, Inotropie, Hypertrophie Vasokonstriktion

α1B Herzfrequenzsteigerung, Inotropie, Hypertrophie Vasokonstriktion

α1D Hauptsächlich in Gefäßen, Vasokonstriktion

α2A Präsynaptische Reduktion des Sympathikotonus bei hochfrequenter

Stimulation

Blutdrucksenkung

α2B Postsynaptischer Gegenspieler des α2A Vasokonstriktion in der Peripherie,

salzinduzierte Hypertension im zentralen Nervensystem

α2C • Präsynaptische Reduktion des Sympathikotonus

bei niedrigfrequenter Stimulation • Postsynaptisch, reduziert cAMP

• Blutdrucksenkung

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ist ganz offensichtlich schädlich. Zudem heben diese Beobachtungen die grundle-gend unterschiedlichen biologischen Fol-gen hervor, die eine unselektive Inhibiti-on des adrenergen Antriebs z. B. durch zentrale Hemmung des Sympathikotonus hat, im Gegensatz zu einer selektiven, pe-ripheren und rezeptorspezifischen Blocka-de [97].

Bedeutung dieser Ergebnisse

für die perioperative Medizin

Der gesteigerte Sympathikotonus ist ein Kennzeichen der perioperativen Stressant-wort. Adaptationen des autonomen Ner-vensystems, wie z. B. eine „Down-Regu-lation“ der adrenergen Rezeptoren, kön-nen noch Wochen nach einem chirurgi-schen Eingriff fortbestehen [2]. Die Akti-vierung des Sympathikus führt insbeson-dere via β-AR zu einem dramatischen An-stieg von Herzfrequenz und Sauerstoffver-brauch und spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung der perioperativen Myo-kardischämie. Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit, Risikofaktoren dafür oder spezifischen genetischen Poly-morphismen [95] können besonders emp-findlich gegenüber Katecholamintoxizität sein und tragen so ein erhöhtes Risiko für eine perioperative Myokardischämie und kardiale Komplikationen. Schutz vor einer maladaptiven adrenergen Hyperaktivität kann durch eine selektive medikamentö-se Modulierung (Inhibierung oder Aktivie-rung) spezifischer β- und α-adrenerger Re-zeptorsubtypen erwartet werden [96]. Die frühzeitige Identifizierung von Patienten mit kritischen genetischen Polymorphis-men, bei welchen kardiovaskuläre Kompli-kationen gehäuft vorkommen, könnte zu-sammen mit einer rechtzeitigen pharma-kologischen Intervention die perioperati-ve Mortalität senken (s. Abschnitt über Po-lymorphismen). Bezüglich Rezeptorselek-tivität ist die pharmakologische Palette bis-her leider noch begrenzt. Klar ist jedoch, dass eine „panadrenerge Hemmung“ des sympathischen Nervensystems nicht das optimale perioperative kardioprotektive Therapiekonzept darstellt. Eine irrever-sible Unterdrückung des Sympathikoto-nus mit der Unmöglichkeit, eine adäqua-te Herzfunktion aufrechtzuerhaladäqua-ten, ist si-cherlich schädlich.

Zusammenfassung · Abstract

Anaesthesist 2005 · 54:303–318

DOI 10.1007/s00101-005-0826-1 © Springer Medizin Verlag 2005

J. Wacker · T. Pasch · M. C. Schaub · M. Zaugg

Perioperative Strategien zur Regulierung des Sympathikotonus

Zusammenfassung

Obwohl für verschiedene therapeutische Konzepte zur Verminderung der kardia-len perioperativen Morbidität und Mortali-tät zunehmend Evidenz vorliegt, bleibt die tatsächliche Umsetzung solcher Konzep-te im klinischen Alltag oft aus. Zwar ist ei-nem großen Teil der klinisch tätigen Ärzte die wachsende Literatur bekannt; dieses Wissen wird aber nur in einem Teil der Fäl-le angewendet, selbst wenn allgemein ak-zeptierte Indikationen bestehen. Die vorlie-gende Übersichtsarbeit hat deshalb zum Ziel, die Gründe für die mangelnde Umset-zung aufzuzeigen und nochmals die we-sentlichen Grundlagen sowie die klinische Bedeutung einzelner Strategien einschließ-lich des α2-Agonismus, der β-adrenergen

Blockade und der Regionalanästhesien zu-sammenzufassen. Dies insbesondere im Hinblick auf die klinische Anwendung die-ser Konzepte in einem allgemeinanästhe-siologischen Umfeld. Zudem wird ein Aus-blick in die auf „gene profiling“ basieren-de individualisierte Pharmakotherapie basieren-der perioperativen Medizin von morgen ge-geben. Schlüsselwörter α2-Agonisten · β-Blocker · Regionalanästhesie · Perioperative Medizin · Sympathisches Nervensystem · Kardioprotektion · Adrenerge Polymorphismen Abstract

Despite the growing evidence for the effica-cy of different sympatho-modulatory ther-apies to lower perioperative cardiac mor-bidity and mortality, such therapeutic stra-tegies are rather infrequently used in daily clinical practice. Most physicians involved in perioperative medicine are aware of the increasing literature related to this topic, but only few comply with current clinical practice guidelines even in the absence of contraindications. This review discusses possible explanations for this reluctance and again summarizes the basic and clini-cal principles of current sympatho-modu-latory therapies including α2-agonism,

β-adrenergic antagonism, and regional an-esthetic techniques in modern anesthet-ic practanesthet-ice. In addition, the emerging peri-operative concept of a patient-tailored in-dividualized pharmacotherapy based on “gene profiling”, particularly the adrenergic

polymorphisms, is discussed. Keywords

α2-agonists · Betablockers ·

Regional anesthesia · Perioperative medicine · Sympathetic nervous system · Cardioprotection ·

Adrenergic polymorphisms

Strategies for perioperative sympatho-modulation

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Medikamentöse Regulierung

des Sympathikotonus

α2-Agonisten

Grundlagen. α2-Agonisten (α2-Ag)

entfal-ten eine kardioprotektive Wirkung in ers-ter Linie durch eine zentrale Dämpfung der Sympathikusaktivierung und damit durch eine Verminderung der stressin-duzierten Tachykardie (. Tabelle 1). Ihr hypotensiver Effekt ist Resultat eines ver-minderten zentralen Sympathikotonus in-folge Aktivierung von zentralen α2A

-Re-zeptoren sowie (pharmakologisch weni-ger gut definierten) Imidazolin--Rezep-toren. Dieses Konzept wird von der Be-obachtung gestützt, dass Clonidin (ein zentraler α2-Ag) unwirksam ist bei

tetra-plegischen Patienten mit arterieller Hy-pertonie [5]. Hingegen werden die bra-dykardisierenden Wirkungen durch para-sympathikomimetische Effekte hervorge-rufen und sind daher auch beim tetraple-gischen Patienten vorhanden [69]. Abge-sehen von ihren hämodynamischen Wir-kungen können α2-Ag analgetische

Effek-te aufweisen (insbesondere bei via Sym-pathikus vermittelten Schmerzzustän-den), ferner auch Anxiolyse und Sedati-on [37, 39]. Postsynaptische α2B

-Rezepto-ren vermitteln die kurzfristige hypertensi-ve Wirkung dieser Substanzen via Stimu-lation von L-Typ-Kalziumkanälen in den glatten Muskelzellen der Widerstandsge-fäße. Interessanterweise wurde kürzlich auch für Etomidate eine α2B -aktivierende

Wirkung beobachtet, welche die bekann-te hämodynamische Stabilität bei Verwen-dung dieses Hypnotikums erklären könn-te [6]. Präsynaptische α2A -Rezeptoren

haben antiadrenerge Effekte, postsynap-tische α2A -Rezeptoren hingegen

vermit-teln anästhetische Wirkungen via Inhibiti-on vInhibiti-on L-Typ-Kalziumkanälen in zentral-nervösen Neuronen im Bereich des Lo-cus coeruleus und Nucleus reticularis la-teralis. Eine verminderte Signalübermitt-lung in den sympathischen Ganglien und eine gleichzeitige gegenregulatorische Steigerung des Vagotonus kann die zent-ralen Effekte der α2-Ag weiter verstärken.

Die antiarrhythmischen Wirkungen der α2-Ag sind interessanterweise

ausschließ-lich vagal vermittelt; eine Vagotomie hebt diese Wirkungen nämlich vollständig auf [35]. Ein möglicher Vorteil der zentralen Inhibierung des Sympathikotonus gegen-über einer peripheren Rezeptorblockade ist die gleichzeitige Unterdrückung von Ko-Transmittern wie z. B. von Neuropep-tid Y, das eine wichtige widerstandserhö-hende Wirkung auf die Koronargefäße aufweist. Andererseits können solche Neurotransmitter trophische Wirkungen auf die Kardiomyozyten ausüben. Alle α2-Ag interagieren aufgrund ihres

Imida-zolrings mit Imidazolin-Rezeptoren. Ob-wohl der α2-Ag Moxonidin für eine

pri-märe Interaktion mit dem Imidazolin-Re-zeptor entwickelt wurde, benötigt er α2

-Rezeptoren um den arteriellen Blutdruck zu senken. Bei α2

-AR-“Knock-Out“-Mäu-sen hatte Moxonidin nämlich keinen hy-potensiven Effekt [85]. Wie β-AR kön-nen auch α-AR hochreguliert („upregula-ted“) oder herunterreguliert („downregu-lated“) werden [80]. Die physiologischen Auswirkungen dieser Regulationen sind aber wenig erforscht. Unglücklicherweise gibt es keine klinisch verfügbaren Subtyp-selektiven Agonisten. Die aktuell am häu-figsten eingesetzten α2-Agonisten sind

Clonidin und Dexmedetomidin. Rezep-torspezifität und zusätzliche Eigenschaf-ten der α2-Agonisten können . Tabelle 2

entnommen werden.

Klinische Aspekte. Eine neuere Metaana-lyse über die Wirksamkeit von Clonidin zur Prävention von perioperativen Myo-kardischämien umfasste sieben Studien und kam zum Schluss, dass Clonidin sig-nifikant kardiale Ischämien vermindert bei Patienten, die eine koronare Herz-krankheit oder Risikofaktoren dafür ha-ben, ohne das Risiko von Bradykardien zu erhöhen [57]. Die Reduktion des kar-dialen Ischämierisikos durch Clonidin wurde dabei für herzchirurgische eben-so wie für nichtherzchirurgische Eingrif-fe beobachtet (allerdings nur mit der per-oralen, meist präoperativ verabreichten Behandlungsform und nicht in der intra-venösen Behandlungsgruppe). Aufgrund der zu geringen Zahl von Myokardinfark-ten oder kardial bedingter Todesfälle war der Effekt von Clonidin auf die periopera-tive Morbidität und Mortalität in dieser Metaanalyse nicht beurteilbar.

Eine andere neuere Metaanalyse von α2-Ag-Studien fand eine niedrigere

kar-diale Morbidität unter der Wirkung die-ser Substanzen bei Hochrisikopatienten mit gefäßchirurgischen und anderen grö-ßeren Eingriffen [93]. Ebenso ist für Mi-vazerol bei Patienten mit koronarer Herz-krankheit und gefäßchirurgischen Ein-griffen eine Verminderung von periope-rativen Ischämieereignissen und von kar-dialen Todesfällen (9,5% gegenüber 4% mit Placebo, p =0,02), nicht aber von Myokardinfarkten beschrieben worden [60]. Allerdings hatte Mivazerol dabei kei-ne Auswirkung auf die Gesamtmortalität, kardiale Mortalität und die Inzidenz von Myokardinfarkten in der gesamten Kohor-te von StudienpatienKohor-ten (mit verschiede-nen chirurgischen Eingriffen).

Eine kürzlich publizierte Studie [9] mit Clonidin bei Patienten mit korona-rer Herzkrankheit oder kardialen Risiko-faktoren gibt vor, bei verminderten peri-operativen Ischämien eine reduzierte 30-Tage- und 2-Jahres-Mortalität als Folge einer perioperativen Therapie mit Cloni-din nachweisen zu können. Beim Weglas-sen der perioperativ β-blockierten Patien-ten verliert diese Studie jedoch ihre statisti-sche Signifikanz, was für den kardioprotek-tiven Effekt der β-adrenergen Antagonis-ten (β-AA; β-Blocker) und nicht des Clo-nidins spricht. Diese Studie weist weitere bedeutende methodologische Mängel auf

Abb. 1 8 Schematische Darstellung der ad-renergen synaptischen Signalübermittlung im zentralen und peripheren Nervensystem und im Bereich der Zielorgane. Die Effektor-zellen umfassen Kardiomyozyten, glatte Muskelzellen und Endothelzellen. NA Nor- adrenalin; SNS sympathisches Nervensys-tem; TV Transmitter-Vesikel. Eine Linie mit „stumpfem“ Ende bedeutet Hemmung

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wie z. B. einen Verlust von 50% der Patien-ten im Follow-Up und kann deshalb nicht als konklusiv betrachtet werden. Zudem wurden für den postoperativen Follow-Up bei den wenigen verbleibenden Patienten nicht sehr verlässliche Telefoninterviews durchgeführt und die Verblindung des Stu-dienpersonals bleibt weitgehend unklar. Die Ergebnisse dieser Studie erscheinen im Licht der großangelegten EMIT-Studie [60] doch auch eher überraschend.

Aktuell besteht für die α2-Ag weniger

Evidenz als für die Betablocker hinsicht-lich ihrer Wirksamkeit zur Reduktion der perioperativen kardiovaskulären Mortali-tät. Abgesehen von ihren direkten kardio-vaskulären Wirkungen können α2-Ag aber

indirekte günstige Einflüsse durch ihre nichtsättigbaren analgetischen, antishiver-ing- und sedativen Eigenschaften periope-rativ entfalten. Clonidin soll ferner die an-ästhesiebedingte Abschwächung des Baro-rezeptorenreflexes vermindern und somit den Blutdruck stabilisieren. Ein abruptes Absetzen sollte bei diesen Substanzen auf-grund der Gefahr eines Entzugssyndroms unbedingt vermieden werden [96].

Der Einfluss von α-Ag auf die koronare Perfusion wird in der Literatur kontrovers beurteilt. Theoretisch können α2-Ag die

ko-ronaren Flow-Reserven beeinträchtigen, da gezeigt wurde, dass die intrakoronare Verabreichung des α2-Antagonisten

Yohim-bin die Einschränkung des koronaren Blut-flusses nach koronarer Stentimplantation abschwächte [32]. Umgekehrt vermindert eine α-adrenerge Vasokonstriktion den sy-stolischen retrograden koronaren Blutfluss und begünstigt so eine genügende Perfusi-on im subendokardialen Myokard bei ad-renerger Stimulation [54].

Bradykardie als Nebenwirkung der α2

-Ag sollte primär mit Atropin behandelt werden. Höhere Dosen von Clonidin

kön-nen den Effekt von Atropin allerdings deutlich abschwächen [55]. Umgekehrt kann Clonidin den vasopressorischen Ef-fekt von Katecholaminen signifikant po-tenzieren [56]. In höherer Konzentration können α2-Ag gerinnungsfördernd

wir-ken [86]. Obschon über schädliche kardia-le Auswirkungen (Rhythmusstörungen) nach langfristigem Gebrauch von α2-Ag

bei Herzinsuffizienzpatienten berichtet wurde, kann aufgrund des aktuellen Wis-sensstands der kurzfristige Einsatz von α2

-Ag bei Patienten ohne manifeste Herzin-suffizienzzeichen in moderaten Dosen ( cave: bei hohen Dosen Gefahr von throm-botischen Komplikationen) für die peri-operative Medizin empfohlen werden. Ei-ne selektivere Beeinflussbarkeit von α2

-ad-renergen Rezeptoren wäre außerordent-lich wünschenswert, ist im Moment aber nicht möglich.

β-adrenerge Antagonisten

(β-AA; β-Blocker)

Grundlagen. Auch wenn einige Effek-te der β-AA durch zentrale Wirkungen zustande kommen können [77, 99], wir-ken sie im Wesentlichen auf der Rezep-torebene in den Endorganen, indem die β-adrenerge Signalübertragung ver-mindert wird (. Tabelle 1). Dies ist ein grundsätzlicher Unterschied verglichen mit den meisten Wirkungen der α2-Ag.

Wichtige Mechanismen der β-AA-ver-mittelten perioperativen Kardioprotekti-on sind [96]:

F Abschwächung der stressbedingten Steigerung der Herzfrequenz, wo-durch die Sauerstoffbalance im Myo-kard verbessert und atheroskleroti-sche Plaques stabilisiert werden (Ab-nahme der Scherkräfte).

F Verbesserung des Kalziumhaushalts und der Bioenergetik verlagern die ATP-Produktion von der Fettsäureoxi-dation zur weniger Sauerstoff verbrau-chenden Glukoseoxidation.

F Die Verhinderung der Hyperphos-phorylierung von Schlüsselproteinen führt zu einer verminderten Rezeptor-desensibilisierung und zu einem klei-neren diastolischen Kalziumionenleck via Ryanodin-Rezeptor.

F Hemmung der β-AR-vermittelten

Zy-totoxizität (veränderte Genexpression, mechanische Entlastung des Ventri-kels, verminderte Apoptose und Nek-rose).

F Antiarrhythmische Effekte.

Im Gegensatz zu α2-Ag können beim

Ein-satz von β-AA ungünstige periphere Wir-kungen durch die gegenregulatorische Produktion von Katecholaminen ausgegli-chen werden, was teilweise die gute Tole-rabilität dieser Substanzklasse erklärt [30, 50, 64, 98]. Andererseits kann ein direk-ter Block auf Rezeptorebene undirek-ter einer supramaximalen autonomen Stimulation stärker zytoprotektiv wirken (flacher Be-reich der sigmoiden Dosis-Wirkungs-Kur-ve) als eine ledigliche Verminderung der Katecholaminspiegel, wie sie bei einer α2

-Ag-Therapie beobachtet wird. Schließlich lässt eine selektive Hemmung der β

-AR-vermittelten toxischen Effekte die günsti-gen Effekte einer moderaten β2

-Stimulati-on unbeeinflusst und kann so die hämo-dynamische Verträglichkeit weiter verbes-sern [96]. Bemerkenswerterweise steigert ein β-AR-Antagonismus (β-Blockade)

die inotrope Antwort auf β2-Stimulatoren

[34]. Wie Clonidin verbessern auch die β-AA die Baroreflex-Empfindlichkeit bei älteren hypertensiven Patienten und tra-gen so zur Stabilisierung des arteriellen

Tabelle 2

Spezifische Eigenschaften der α2-Agonisten

Substanz Selektivität α 2/α 1 Selektivität α 2/I1* Plasma- Halbwertszeit [h] Lipid- löslichkeit Ausscheidung Spezielle Wirkungen • Clonidin • Mivazerol • Dexmedetomidin • Moxonidin 40 400 1600 / 16 215 30 70 9 4 2 2 + + + + Hepatisch/renal Hepatisch/renal Hepatisch/renal Hepatisch/renal Sedativ, analgetisch, anti-shivering, antisialogen, muskelrelaxierend

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Blutdrucks bei. Eine β-Blockade kann

die koronare Flow-Geschwindigkeitsreser-ve postischämisch und pharmakologisch nach Adenosinapplikation erhöhen [7]. Obwohl viele Zusatzeigenschaften einzel-ner β-AA mit ihrem klinischen Nutzen und ihrer Tolerabilität in Verbindung ge-bracht werden [82], muss dies für die peri-operative Medizin noch genau untersucht werden. Dies gilt insbesondere für Patien-ten mit anamnestischer Herzinsuffizienz. Die Bevorzugung eines spezifischen Präpa-rats aufgrund des pharmakologischen Pro-fils kann jedoch in bestimmten klinischen Situationen von Vorteil sein (. Tabelle 3). Klinische Aspekte. Die Evidenz für den praktische Nutzen von β-AA zur Redukti-on perioperativer kardialer Ereignisse („ef-fectiveness“) ist wiederholt eingehend dis-kutiert worden [3, 67]. Basierend auf den klinischen Ergebnissen von hauptsächlich zwei randomisierten Studien [50, 64] wur-de wur-der perioperative Einsatz von β-AA in den revidierten Guidelines der American Heart Association (AHA) und des Ameri-can College of Cardiology (ACC) über die perioperative Evaluation von Patienten für nichtherzchirurgische Eingriffe aus-drücklich empfohlen [2]. Mangano et al. [50] fanden in einer Kohorte von älteren männlichen Patienten mit koronarer Herz-krankheit oder Risiken dafür und größe-ren (hauptsächlich abdominalen und

vas-kulären) Eingriffen eine Reduktion der 2-Jahresgesamtmortalität um 55% und der kardialen Mortalität um 65% bei kurzfristi-ger perioperativer Verabreichung von Ate-nolol verglichen mit Placebo. Poldermans et al. [64] fanden eine 0-fache Redukti-on der perioperativen Inzidenz kardial be-dingter Todesfälle und nichtfataler Herz-infarkte bei Patienten mit positiver Dobu-tamin-Stressechokardiographie anlässlich von Gefäßeingriffen, wenn sie periopera-tiv mit Bisoprolol behandelt wurden.

Obschon diese Studien aus einer Rei-he von Gründen wiederholt und zum Teil richtigerweise kritisiert worden sind [49, 67], stellt eine perioperative β-Blockade zweifellos die effektivste Therapiemodali-tät zur Prävention perioperativer kardialer Komplikationen dar. Gemäß den genann-ten Guidelines der ACC/AHA sollgenann-ten al-le Patienten mit chronischer β-Blockade oder etablierter koronarer Herzkrankheit für größere (Gefäß)eingriffe perioperativ β-blockiert werden (gemäß Evidenzklassi-fikation der ACC/AHA Klasse ). Alle an-deren Indikationen für die präventive pe-rioperative β-Blockade sind weniger klar evidenzbasiert und müssen in weiteren randomisierten klinischen Studien einge-hender geklärt werden [4]. Dies gilt insbe-sondere für Patienten mit anamnestischer Herzinsuffizienz. In einem kürzlich publi-zierten Editorial, begleitend zu einem Ar-tikel von London et al. [49] über die

phy-siologischen Grundlagen und klinischen Kontroversen der perioperativen β-Blocka-de, empfahlen Kertai et al. [38] die breite Anwendung einer perioperativen β-Blo-ckade bei allen chirurgischen Patienten mit sogar nur einem einzigen koronaren Risikofaktor sowie eine langfristige Fort-führung der perioperativen β-Blockade nach der Operation. Es muss hier betont werden, dass derart weitreichende Emp-fehlungen auf solideren Grundlagen beru-hen müssen, namentlich auf randomisier-ten kontrollierrandomisier-ten Studien. Keinesfalls soll-ten solche unbedachsoll-ten Vorschläge zum Hindernis für notwendige zukünftige For-schungsprojekte auf dem wichtigen Ge-biet der perioperativen Kardioprotektion werden oder sogar die Durchführung von randomisierten kontrollierten Studien zur Evaluation der perioperativen β-Blockade verunmöglichen aufgrund ungerechtfertig-ter Bedenken oder mangelhafungerechtfertig-ter Wahrneh-mung der aktuellen Evidenzlage.

Obschon die Titration von β-AA unter Verwendung der individuell bestimmten Ischämieschwelle (ermittelt durch nichtin-vasive Stresstests, z. B. Fahrradergometrie) ein rationales Konzept darstellen würde, vor allem was potentielle Nebenwirkungen betrifft [68], so ist ein solches Vorgehen aus praktischen Gründen im klinischen Alltag kaum umsetzbar (hohe Kosten, erschwer-te oder unmögliche Inerschwer-terpretierbarkeit auf-grund von vorbestehenden

ST-Veränderun-Tabelle 3

β-adrenerge Antagonisten: Effekte und Zusatzwirkungen

Substanz Selektivität β 1/ β 2 Membran- stabilisierende Aktivität Intrinsische sympathomimeti-sche Aktivität Lipid- löslichkeit Ausscheidung Spezielles

Propranolol 2,1 + +++ Hepatisch Inverser Agonist Metoprolol 74 + Hepatisch, stereoselektiv Inverser Agonist, β-ARd

Atenolol 75 Renal

Esmolol 70 Erythrozyten-Esterase

Bisoprolol 119 (+) Hepatisch/renal

Celiprolol ~300 β2+ Hepatisch/renal β2-Agonist

Nebivolol 293 + Hepatisch NO-Freisetzung,

Bronchodilatation Carvedilol 7,2 β1+(?) + Hepatisch, stereoselektiv Antioxidans,

Antiadhäsivum, α1-Antagonist, β-ARc

Bucindolol 1,4 + (?) + Hepatisch α1-Antagonist NO Nitric Oxide; + Effekt vorhanden; – Effekt fehlend; ? noch kontrovers beurteilt.

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gen im EKG oder bei Linksschenkelblock). Nichtinvasive Stresstests können zudem nur unvollständig die tatsächlichen kom-plexen perioperativen Bedingungen simu-lieren, zu denen auch Veränderungen der Blutgerinnung und die Zytokinausschüt-tung gehören. Keinesfalls jedoch sollte ei-ne perioperative β-Blockade als Rechtferti-gung dafür missbraucht werden, wichtige präoperative Risikostratifizierungen oder indizierte invasive präoperative Interven-tionen zu unterlassen [25]. In diesem Zu-sammenhang ist von Bedeutung, dass bei kardialen Risikopatienten mit stabiler ko-ronarer Herzkrankheit, die sich einem grö-ßeren Gefäßeingriff zu unterziehen haben (Bauchaortenaneurysma, periphere arteri-elle Verschlusskrankheit) eine präoperative Revaskularisierung (koronare Intervention im Herzkatheterlabor oder eine koronare Bypasschirurgie) keine Verminderung der kardiovaskulären Kurz- oder Langzeitmor-bidität und -mortalität mit sich bringt [52]. Die Aktivierbarkeit von α- und β-AR kann durch „Down-Regulation“ (feedbackregu-lierte Verminderung der Rezeptorendichte bei anhaltender erhöhter Stimulationsinten-sität) und Desensibilisierung bei Patienten mit Sepsis, Verbrennungen, Leberzirrhose, hämorrhagischem Schock und bei Herz-operationen am kardiopulmonalen Bypass vermindert sein [80]. Polymorphe Metabo-lisierungswege von β-AA können deren kli-nische Wirkung tiefgreifend beeinflussen. So können beispielsweise langsame Me-tabolisierer mit verschiedenen Varianten von CYP23D6 (Zytochrom P450-Isoform) erhöhte Plasmaspiegel von Metoprolol ha-ben [36]. Dies ist nicht der Fall für Bisopro-lol, welches unabhängig von genetischen Polymorphismen des Oxidationsweges me-tabolisiert wird [43]. Pharmakogenetische Unterschiede scheinen ebenfalls eine Ursa-che für die Variabilität der klinisUrsa-chen Wirk-samkeit von β-AA bei schwarzen und asiati-schen Patienten zu sein []. Schließlich sind β-AA von fraglichem Nutzen bei herzinsuf-fizienten Patienten mit Vorhofflimmern [27], und es ist möglich, dass dies in der pe-rioperativen Periode ebenso der Fall ist.

Die koronare Herzkrankheit ist ein schwerer entzündlicher Prozess, der den ganzen koronaren Gefäßbaum befällt („Pan-koronaritis“). Da die Lokalisation eines pe-rioperativen Myokardinfarkts sich nur in 50% der Fälle im Bereich einer (bekannten)

koronaren Hauptläsion („culprit lesion“) oder der kritischen Koronarstenose befin-det [8], stellen präoperative Koronarinter-ventionen wie perkutane koronare Interven-tionen oder koronare Bypasschirurgie mög-licherweise eine Ergänzung bzw. Vervoll-ständigung des Schutzes dar, der durch ei-ne perioperative β-Blockade bewerkstelligt wird, aber auf keinen Fall eine Alternative dazu. Eine präoperative Revaskularisierung scheint jedoch bei stabiler koronarer Symp-tomatik keinen Vorteil zu bringen [52]. Ob die Schutzwirkung einer perioperativen β-Blockade durch zusätzliche Gabe von Stati-nen noch potenziert werden kann und bei welchen Patientengruppen dies sinnvoll ist, muss in künftigen randomisierten kontrol-lierten Studien evaluiert werden; retrospek-tive Analysen sind unzulässig.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine perioperative β-Blockade auf-grund der verfügbaren Daten unbedingt nach den Richtlinien der AHA und des ACC [2] durchgeführt werden soll. Praktische Durchführung. Eine periope-rative β-Blockade sollte so früh wie mög-lich begonnen werden, idealerweise Wo-chen vor dem geplanten Eingriff. Patien-ten mit chronischer β-Blockade benötigen perioperativ häufig eine Dosiserhöhung. Das heißt, eine chronische β-Blockade ist nicht mit einem effektiven Schutz gleichzu-setzen. Postoperativ sollte die perioperati-ve β-Blockade mindestens eine Woche bis einen Monat (bei gefäßchirurgischen Pati-enten) weitergeführt und dann vorsichtig ausgeschlichen werden, um eine adrener-ge Entzugssymptomatik zu vermeiden. Der aktuell empfohlene Gebrauch von Ate-nolol, Bisoprolol und Metoprolol ist ausge-sprochen kostengünstig und sicher, wenn das Medikament sorgfältig und vorsich-tig titriert wird [74]. Falls im Verlauf eine Bradykardie auftritt, ist es wichtig im Ein-zelfall abzuwägen, ob ein Therapieunter-bruch auch wirklich notwendig ist.

Verschiedene praktische Konzepte zur Durchführung einer perioperativen β-Blo-ckade sind beschrieben worden. In . Ta-belle 4 werden die in den wichtigsten klini-schen Studien überprüften Therapiesche-men kurz dargestellt.

Das therapeutische Ziel ist in jedem Fall eine optimale Kontrolle der Herzfrequenz unter Vermeidung von Nebenwirkungen.

Da eine – an sich optimale – Bestimmung der individuellen, herzfrequenzbezoge-nen Ischämieschwelle [68] im klinischen Alltag oft nicht durchführbar ist, müssen in der Praxis als empirische Regeln absolu-te Herzfrequenz-Limiabsolu-ten dienen. Dabei ist eine obere Limite von 00/min für β-blo-ckierte Patienten vermutlich in vielen Fäl-len zu hoch, da eine β-AA-Therapie per se „paradoxerweise“ die Ischämieschwel-le erniedrigt, weshalb ein β-blockierter Pa-tient bereits bei einer Frequenz von viel-leicht 90/min (oder noch weniger) unter Umständen eine „relative Tachykardie“ aufweist [87].

Klinische Studien zu Indikationen au-ßerhalb der perioperativen Kardioprotek-tion lassen die Vermutung zu, dass Biso-prolol gegenüber Atenolol in seiner kar-dioprotektiven Wirkung möglicherweise überlegen ist [24]. Im klinischen Einzel-fall werden die spezifischen Umstände im Wesentlichen das Vorgehen bestimmen (z. B.: Eintritt am Operationstag? Medika-tion p.o. möglich?).

Dass bei Patienten mit sehr hohem kar-dialen Risiko eine perioperative β-Blocka-de keinen Schutz mehr bietet, wurβ-Blocka-de auf-grund retrospektiver Daten behauptet, scheint aber in dieser Darstellung nicht ganz korrekt. Vielleicht kann die Inzidenz der kardiovaskulären Ereignisse nicht mehr stark beeinflusst werden, wohl aber ihr Aus-maß (Herzinfarktgröße, Arrhythmien, In-farktmortalität). Wichtig ist, dass Patienten mit Diabetes mellitus, COPD oder kompen-sierter Herzinsuffizienz bei vorsichtiger Ti-tration und sorgfältiger Überwachung für die kurze perioperative Zeitspanne eine pe-rioperative β-Blockade mit einem β

-selekti-ven β-AA in den meisten Fällen gut tolerie-ren [24]. Auf keinen Fall sollten β-AA bei klinisch dekompensierter Herzinsuffizienz zum Einsatz kommen. Bei unklarer Tolera-bilität kann mit Esmolol die Veträglichkeit eingeschätzt werden [92].

Klinische Umsetzung der perioperati-ven β-Blockade. Forschungsresultate be-züglich der perioperativen Regulierung des Sympatikotonus erfahren erhebliche Beachtung in Fachkreisen [90]. Dies zeigt sich insbesondere für die perioperative β-Blockade etwa durch die vielen Publika-tionen in renommierten Fachzeitschriften und durch das häufige Diskutieren dieses

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Themas an internationalen Kongressen. Dennoch mehren sich Berichte darüber, dass diese Erkenntnisse oft nur zögerlich in der klinischen Praxis umgesetzt wer-den, selbst wenn Studienresultate bereits in Empfehlungen zum klinischen Vorge-hen oder sogar in formale Richtlinien in-tegriert worden sind. VanDenKerkhof et al. [90] führten eine schriftliche Befra-gung von 234 (83%) Mitgliedern der ka-nadischen Anästhesisten-Fachgesellschaft CAS durch, welche von 54% der Ange-schriebenen beantwortet wurde. Während 95% der Antwortenden angaben, die rele-vante Fachliteratur über die perioperative β-Blockade zu kennen und 93% eine peri-operative β-Blockade für Patienten mit be-kannter koronarer Herzkrankheit im Zu-sammenhang mit einem nichtherzchirur-gischen Eingriff für vorteilhaft hielten, ga-ben nur 57% von diesen an, in einer sol-chen Situation dann tatsächlich auch „re-gelmäßig“ oder „immer“ perioperativ β-Blocker zu verordnen. Für Patienten oh-ne manifeste koronare Herzkrankheit, je-doch mit koronaren Risikofaktoren gaben nur 4% der Befragten mit Kenntnis der Li-teratur an, „regelmäßig“ oder „immer“ in solchen Situationen β-Blocker zu verord-nen. Nur 9% der Befragten gaben an, ei-ne formale Richtlinie zur perioperativen β-Blockade in ihrer Institution zu besitzen.

Eine e-mail-gestützte Befragung von An-ästhesisten, Chirurgen, Kardiologen und

In-ternisten der amerikanischen Gesundheits-organisation „Department of Veterans Af-fairs“ (DVA; [48]) kam zu ähnlichen Re-sultaten. Bei Antwortraten von 40–60% je nach Fachgruppe waren 92% der Antwor-tenden der Ansicht, eine perioperative β-Blockade senke die kurzfristige periope-rative Komplikationsrate und nur 60% wa-ren auch der Ansicht, dass längerfristig Komplikationen reduziert würden. Für Pati-enten mit bekannter koronarer Herzkrank-heit wurde der Einsatz einer perioperativen β-Blockade von deutlich mehr Antworten-den für wirksam erachtet (87%) als für Pati-enten, bei welchen lediglich Risikofaktoren vorlagen. Unterschiedlich fiel auch die Beur-teilung der Effektivität einer perioperativen β-Blockade bei verschiedenen Risiken und bezüglich des Verabreichungsplans aus (ver-schiedene operative Eingriffe, Zeitpunkt des Therapiebeginns, Therapiedauer). Von den befragten Anästhesisten gaben wiede-rum nur 3% an, eine formale Richtlinie für die perioperative β-Blockade in ihrer Insti-tution zu besitzen.

Bei beiden zitierten Studien ist davon auszugehen, dass aufgrund des Designs einer schriftlichen Befragung ein positi-ver Bias vorliegt, d. h. Nichtantwortende möglicherweise weniger Interesse respekti-ve Kenntnisse hinsichtlich perioperatirespekti-ver β-Blockade besitzen. Dies würde bedeu-ten, dass in solchen Fällen die Anwendung einer an sich indizierten perioperativen

β-Blockade noch häufiger unterlassen wird als es bei den Befragten schon der Fall war. Über die Ursachen dieser zöger-lichen Haltung zur perioperativen β-Blo-ckade lässt sich nur spekulieren.

Eine postulierte Ursache ist, dass die pe-rioperative β-Blockade in der Literatur teil-weise kontrovers beurteilt wird [48, 90]. Ein Teil der Interviewten gab etwa an, grö-ßere randomisierte kontrollierte Studien abwarten zu wollen. Weitere mögliche Ur-sachen sind die Angst vor Nebenwirkun-gen, unklare perioperative Zuständigkeit für den Patienten (Anästhesisten beispiels-weise sind nur teilbeispiels-weise für die perioperati-ve Betreuung des Patienten perioperati-verantwortlich) und nicht zuletzt auch Zeitmangel. Diese Befragungsresultate bestätigen verschiede-ne Untersuchungen, welche für Patienten mit klaren Indikationen die Einleitung ei-ner perioperativen β-Blockade nur in et-wa 30–40% der Fälle verzeichnen konnten [0, 75].

Epidemiologische Einschätzung des Be-nefits einer konsequenten perioperati-ven β-Blockade. Eine retrospektive Ana-lyse von Lindenauer et al. [45] untersuch-te Fälle von postoperativen Myokardin-farkten daraufhin, ob die Patienten ei-ne perioperative β-Blockade erhalten hat-ten oder nicht. 8% dieser Patienhat-ten erwie-sen sich retrospektive als ideale Kandida-ten für eine perioperative β-Blockade

(ge-Tabelle 4

Praktische Therapieschemen

Medikament Referenz Applikation und Dosierung Besonderheiten Wirkdauer Atenolol Mangano

1996 [50] Zaugg 1999 [98]

Atenolol 5 mg-weise 5-minütlich i.v. titrieren auf 5–10 mg; nach OP-Ende nochmals 5 mg i.v. Ab 1. postoperativem Tag Atenolol p.o. entweder 1x tgl. 50 mg (Hf 55–65, BD syst. ≥100 mmHg) oder 1x tgl. 100 mg (wenn Hf >65, BP syst. ≥100 mmHg)

Beginn unmittelbar präoperativ i.v., postoperativ für ganze Hospitalisation 12–24 h (oder länger, besonders bei älteren Patienten) Bisprolol/ Metoprolol Poldermans 1999 [64]

Bisoprolol 5 mg 1x tgl., Steigerung auf 10 mg 1x tgl. falls Hf >60/min. Falls p.o. nicht möglich: Metopro-lol i.v. titrieren z.B. 10 mg alle 6 h.

Beginn 1 Woche präoperativ; peri- und postoperativ weiter für 30 Tage nach Operation

Bisoprolol: 12–24 h Metoprolol: 6–8 h Esmolol/

Metoprolol

Urban 2000 [88] Esmolol-Infusion 300 mcg/kg/min für 1 min, dann ca. 50 mcg/kg/min, Ziel: Hf <80/min. Anschließend Metoprolol 2x 25 mg nach Hf.

Intraoperativ keine β-Blockade, Esmolol innerhalb 1 h postopera-tiv und bis nächsten Morgen, dann Metoprolol für 48 h

Esmolol: 10 min Metoprolol: 6–8 h

Voraussetzungen zur Therapie mit β-AA: Gegebene Indikation nach AHA/ACC-Richtlinien und keine Kontraindikation. Allgemeines Vorgehen: Therapiebe-ginn idealerweise so früh wie möglich präoperativ. In den zitierten Studien wurde der TherapiebeTherapiebe-ginn zwischen einer Woche präoperativ [64], über unmittelbar präoperativ [50, 98], intraoperativ [98], bis sofort postoperativ [88] gewählt. Vorsichtige Titration des Medikaments insbesondere bei i.v.-Applikation nach Blutdruck und Herzfrequenz. Keine Medikamentenverabreichung bei Herzfrequenz <50–55/min und/oder systolischem Blutdruck <100 mmHg [50, 64, 98]. Die Herzfrequenz sollte dabei auf eine Zielfrequenz von <80/min gesenkt werden. Das notwendige Monitoring richtet sich nach dem Patientenprofil.

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gebene Indikation aufgrund der Literatur, keine Kontraindikationen); von diesen hat-ten aber wiederum nur 52% eine periope-rative β-Blockade erhalten. Wichtig ist die zusätzliche Beobachtung, dass die Mortali-tät bei Patienten, die trotz perioperativer β-Blockade einen perioperativen Myokard-infarkt erlitten, markant tiefer war als bei Patienten mit Myokardinfarkt ohne peri-operative β-Blockade. Die Autoren schät-zen, dass durch eine konsequente periopera-tive β-Blockade aller „idealer“ Kandidaten etwa 40% der perioperativen Myokardin-farkte hätten vermieden werden können.

Schmidt et al. [75] haben eine Einschät-zung der potentiellen Auswirkung der Ein-führung einer klinischen Richtlinie für die perioperative β-Blockade auf die periopera-tive kardiovaskuläre Morbidität und Mor-talität erarbeitet. Die Patienten eines gro-ßen Operationstrakts wurden während ei-ner einmonatigen retrospektiven Beobach-tungsperiode bezüglich der Einschlusskri-terien (Alter ≥8 Jahre, große nichtherz-chirurgische Eingriffe, keine vorgängigen Eingriffe während der gleichen Hospitali-sation) selektioniert. Von den selektionier-ten 58 Patienselektionier-ten erschienen 67 (42,4%) als ideale Kandidaten für eine periopera-tive β-Blockade (vorhandene Indikation aufgrund des kardialen Risikoprofils; kei-ne Kontraindikation). Lediglich 25 (37%) dieser Idealkandidaten erhielten zu irgend-einem Zeitpunkt perioperativ einen β-Blo-cker. Eine Extrapolation der retrospekti-ven Daten der einmonatigen Zeitperiode auf die zu erwartenden Jahreszahlen ergab 560 bis 80 Patienten pro Jahr, die trotz kla-rer Indikationen keine perioperative β-Blo-ckade erhielten. Zur Einschätzung der Ri-sikoreduktion durch eine perioperative β-Blockade wurden Studienresultate von Mangano et al. [50] beigezogen, in welchen die „number needed to treat“ zur Verhin-derung eines Todesfalls über ein Jahr 9 be-trug. Zudem erfolgte ein Abzug von etwa 30% der Patienten, die im Verlauf wegen se-kundär auftretender Kontraindikationen nicht mehr weiter therapiert werden konn-ten, und weiteren 50% der Patienten auf-grund des Umstands, dass eine klinische Richtlinie erfahrungsgemäß nur zu etwa 50% wirksam ist. So berechnet ergaben sich nach dem genannten Abzug für die untersuchte Institution 22 bis 3 Patienten pro Jahr, denen durch eine konsequente

perioperative β-Blockade das Leben hätte gerettet werden können (ohne Abzug hin-gegen 62 bis 89 Patienten pro Jahr). Ana-log erfolgte eine Berechnung von 80 bis 4 kardiovaskulären Komplikationen pro Jahr, die durch eine perioperative β-Blocka-de verhinβ-Blocka-dert werβ-Blocka-den könnten („number needed to treat“ zu deren Verhinderung beträgt 7 gemäß Mangano et al. [50]). Die Gesamtkosten pro Jahr für die perioperati-ve β-Blockade aller „idealer“ Patienten die-ser Institution wurde auf 33.66–40.20  berechnet (inklusive Medikamenten-Kos-ten, administrative Kosten der Richtlinien-Implementation einschließlich der entspre-chenden Löhne) oder umgerechnet 297– 530  pro gerettetes Leben. Aufgrund der zu erwartenden Reduktion kardiovaskulä-rer Komplikationen wurden Gesamt-Ein-sparungen von 352.464–503.520  berech-net (Grundlage: Kosten eines Myokardin-farkts in dieser Institution etwa 2.588 ). Auch wenn diese Studie bedeutende me-thodische Grenzen aufweist und teilweise nicht endgültig bewiesene Umstände als gegeben verwendet, kann sie doch einen Hinweis auf die potentielle Möglichkeit ge-ben, durch eine konsequente perioperative β-Blockade die perioperative kardiovasku-läre Mortalität und Morbidität zu senken und dabei deutlich Kosten einzusparen.

Fleisher et al. [24] haben mit Hilfe eines computergestützten Modells die Kostenef-fektivität verschiedener Strategien zur pe-rioperativen β-Blockade abgeschätzt. Da-bei wurden für 596 Patienten (elektive Aor-tenchirurgie), deren Daten einer Medicare-Datenbank entnommen wurden, einerseits der tatsächliche Verlauf aus der Datenbank rekonstruiert (im Spital verstorben, entlas-sen mit Diagnose akuter Myokardinfarkt, entlassen ohne Myokardinfarkt) und an-dererseits die entsprechend dem Verlauf entstandenen Kosten erfasst. Ein periope-rativer Todesfall war dabei mit Zusatzbe-lastungen von 2.909  für den Kostenträ-ger (Medicare) verbunden, ein periopera-tiver Myokardinfarkt mit Zusatzbelastun-gen von 5.000 . Die entsprechenden Kosten für die Spitäler wurden mit durch-schnittlich 75% der Kostenträgerbelastung eingeschätzt, für die genannten Risiken also 6.432  respektive .250 . Unter Ein-bezug von Informationen aus der Literatur über die Risikobeeinflussung für verschie-dene Risikogruppen durch

unterschiedli-che Therapiestrategien zur perioperativen β-Blockade wurde berechnet, welche Kos-ten der jeweilige Fall bei Anwendung ver-schiedener Konzepte zur perioperativen β-Blockade verursacht hätte (. keine peri-operative β-Blockade; 2. Bisoprolol präope-rativ 7 Tage, dann Metoprolol i.v. und/oder Bisoprolol nach Titration; 3. kurz präope-rativ Atenolol i.v., dann Atenolol p.o.; 4. in-traoperativ Esmolol, postoperativ i.v. und dann p.o. Atenolol; 5. intraoperativ und bis 8 h p.o. Esmolol, dann Atenolol). Für ei-ne Strategie mit Titration eiei-nes β-Blockers 7 Tage präoperativ wurde eine Netto-Kos-teneinsparung von 500  berechnet. Zwar erwiesen sich alle Strategien der periopera-tiven β-Blockade aufgrund dieser Berech-nung als kosteneffektiv und wirksam, die Festlegung einer optimalen Strategie wird aber erst nach Vorliegen weiterer klini-scher Studien möglich sein.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aufgrund der genannten Studien schätzungsweise nur etwa 30–40% derjeni-gen Patienten eine perioperative β-Blocka-de erhalten, die aufgrund ihres Risikopro-fils eine solche erhalten sollten. Die genann-ten Schätzungen beziehen sich allerdings auf Beobachtungsperioden, die teilweise bereits mehrere Jahre zurückliegen. Auf-grund der wachsenden Literatur ist nicht auszuschließen, dass eine perioperative β-Blockade aktuell eine etwas bessere Ak-zeptanz findet. Während die Schätzungen bezüglich Reduktion von Morbidität und Mortalität durch eine konsequente periope-rative β-Blockade weitgehend auf den kli-nischen randomisierten kontrollierten Stu-dien über eine perioperative β-Blockade beruhen (vgl. weiter unten), kommen ver-schiedene Hochrechnungen aufgrund die-ser Risikoreduktion zum Schluss, dass eine konsequente perioperative β-Blockade zu bedeutenden Kosteneinsparungen in der perioperativen Medizin beitragen kann.

Regulierung des

Sympathikotonus durch

regionalanästhesiologische

Verfahren

Allgemeine Bemerkungen

Etwa ein Drittel der chirurgischen Pati-enten hat eine Regionalanästhesie für den operativen Eingriff. Die analgetische

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Wirksamkeit der Epiduralanästhesie wur-de kürzlich wiewur-der durch Berichte über koronare Bypassoperationen an wachen Patienten mit hohen Epiduralanästhesien eindrücklich dargelegt [4]. Im Allgemei-nen reduzieren Regionalanästhesien die neurohumorale „Stress-Antwort“ auf ei-nen chirurgischen Eingriff effektiver als Allgemeinanästhesien, insbesondere im Hinblick auf die Ausschüttung von Hor-monen aus der Nebenniere. Obschon verschiedene Meta-Analysen geltend ma-chen, Regionalanästhesie- und Analgesie-verfahren seien der Allgemeinanästhesie bezüglich kardiovaskulärer und anderer Outcome-Indikatoren (tiefe Venenthrom-bosen, Lungenembolien, Transfusionsbe-dürftigkeit, Pneumonien und andere In-fektionen, Ateminsuffizienz, Niereninsuf-fizienz, Hirnschlag) überlegen [5, 6, 7], haben die meisten großen randomisier-ten Studien klar gezeigt, dass die Auswahl der Anästhesietechnik die kardiale Morbi-dität und Mortalität nicht beeinflusst [58, 62, 63, 70]. Daher überwiegt aufgrund der vorliegenden klinischen Daten aktuell die Ansicht, dass andere Faktoren als die Art des Anästhesieverfahrens wohl wichtiger für das kardiale „Outcome“ der Patienten sind. Bezüglich einer endgültigen Netto-Benefit-Einschätzung von Regionalanäs-thesieverfahren vs. Allgemeinanästhesie-verfahren bleibt jedenfalls nach wie vor Ungewissheit bestehen.

Spinalanästhesie

Grundlagen. Die Blockade von sympathi-schen Nerven (aus den Segmenten Th-L2; kardiale sympathische Innervation, Nn. accelerantes aus den Segmente Th-Th5) kann während Spinalanästhesien zu plötzlichen und ausgeprägten physiologi-schen Veränderungen führen. Eine rasche Ausbreitung des Lokalanästhetikums im Subarachnoidalraum führt zur Blocka-de aller Fasern Blocka-der anterioren und poste-rioren Nervenwurzeln einschließlich der sympathischen afferenten und efferenten Fasern. Auch direkte Wirkungen des Lo-kalanästhetikums im Rückenmark nach Penetration können für spezifische Anäs-thesiewirkungen verantwortlich gemacht werden. Der kurze Diffusionsweg zu B- und C-Fasern mit geringem Durchmes-ser exponiert diese Wirkung von

Lokalan-ästhetika besonders. Das Ausmaß der sym-pathischen Nervenblockade ist bei Spinal-anästhesien oft viel ausgeprägter und weni-ger vorhersagbar als bei Epiduralanästhesi-en, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit-spanne. Wichtig ist die Feststellung, dass die sympathische Blockade normalerwei-se etwa zwei Dermatome über der normalerwei- sensi-blen Blockade liegt, wobei dies aber bis zu sechs Dermatome sein können [6]. Die Ausbreitung der Blockade wird unter ande-rem durch das Alter des Patienten und sei-ne Körperposition beeinflusst. Eisei-ne Aus-breitung nach proximal über das Niveau von Th hinaus führt nicht nur zu einem verminderten venösen Rückfluss zum Her-zen und dabei zu einer Verlangsamung der Herzfrequenz, sondern kann auch die sympathische Stimulation des Herzens vollständig aufheben. Ein Blutdruckabfall während Spinalanästhesie ist in erster Li-nie eine Folge der starken Verminderung des venösen Rückflusses, die einen Abfall des Herzminutenvolumens um etwa 20% und des Schlagvolumens um etwa 25% verursacht. Der systemische Gefäßwider-stand bleibt abgesehen von einer minima-len arteriolären Vasodilatation nahezu un-verändert (−5%).

Interessanterweise wurde eine Down-Regulation von lymphozytären β-AR nach Sectio caesarea nur bei Patientinnen, wel-che eine Allgemeinanästhesie für diesen Eingriff erhielten, nicht aber nach Spinal-anästhesien beobachtet. Günstige Auswir-kungen auf die Aufrechterhaltung der β-Rezeptorendichte sowie auf die Stressant-wort und Hämodynamik wurden unlängst auch für Patienten nachgewiesen, bei wel-chen für koronare Bypass-Operationen ei-ne hohe Spinalanästhesie als Ergänzung zur Allgemeinanästhesie angelegt wurde [42]. Klinische Aspekte. Die Inzidenz von Herz-stillständen während Spinalanästhesien ist bedeutsam (gemäß Schätzungen etwa :0.000 oder häufiger) und wird in erster Linie auf eine Dysbalance zwischen Sym-pathikus und ParasymSym-pathikus zurückge-führt [5]. Risikofaktoren für einen Herz-stillstand unter Spinalanästhesie (und Epi-duralanästhesie) sind [5, 65]:

F männliches Geschlecht, F Herzfrequenz unter 60 pro min, F ASA-Klasse  (!),

F Einnahme von β-Blockern (keine Daten aus prospektiven Studien!), F Alter unter 50 Jahren,

F sensible Ausbreitung der Blockade proximal über Th6 hinaus.

Ein starker Blutdruckabfall kann bei bis zu 30% und eine Bradykardie bei 5% der Patienten auftreten. Prä-Hydrierung, lang-same Injektion des Lokalanästhetikums und unilaterale Anlage der Blockade kön-nen eikön-nen Beitrag zur Verminderung von hämodynamischen Nebenwirkungen leis-ten [46]. Wenn die Ausbreitung der Spi-nalanästhesie vorsichtig und schrittweise mit einer Kathetertechnik erfolgt („konti-nuierliche Spinalanästhesie“) kann das Ri-siko hypotensiver Episoden und kardialer Ischämieereignisse im Vergleich mit der üblichen Bolusinjektion deutlich gesenkt werden [23]. Kardiovaskuläre Nebenwir-kungen können aber während Spinalan-ästhesie jederzeit auftreten, auch Stunden nach dem Eingriff [66].

Zusammenfassend ist die sympathi-sche Nervenblockade, die durch eine Spi-nalanästhesie erreicht werden kann, eher unvorhersagbar, zeitlich limitiert (außer bei kontinuierlicher Spinalanästhesie) und mit einem beträchtlichen Risiko für hämodynamische Instabilität und Herz-stillstände verbunden.

Epiduralanästhesie

Grundlagen. Dorsale und ventrale Wur-zeln sind der primäre Wirkort der Epidu-ralanästhesie. Lokalanästhetika können allerdings auch die Dura passieren und in das Rückenmark eindringen. Im Allge-meinen hat sich eine genügende Anästhe-sie eingestellt bevor eine Sympathikusblo-ckade so ausgeprägt wird, dass ein syste-mischer Blutdruckabfall eintritt. Verände-rungen von arteriellem Blutdruck, Herzfre-quenz und Herzminutenvolumen spiegeln die Ausbreitung der Nervenblockade wi-der, sind aber normalerweise weniger aus-geprägt als bei der Spinalanästhesie. Bei ei-ner Blockade unterhalb von Th5 tritt sel-ten eine ausgeprägte Hypotonie ein, da ei-ne kompensatorische Vasokonstriktion in nichtblockierten, höheren Segmenten mög-lich ist. Bei proximalerer Ausbreitung als Th5 kann die sympathische Innervation des Herzens von der Blockade

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mitbetrof-fen sein und das Ausmaß einer kompen-satorischen Vasokonstriktion abnehmen, was zusammen zu ausgeprägten Hypoto-nien führen kann, insbesondere bei hypo-volämen Patienten []. Ausbreitungen der Epiduralanästhesie bis zu einem proxima-len Niveau von Th0 führen zwar zu einer Verstärkung des Blutflusses in den Beinen, vermindern aber den koronaren Blutfluss nicht, solange kein arterieller Blutdruck-abfall eintritt [78]. Hohe epidurale Blocka-den (>Th5) können zu einem Abfall des koronaren Blutflusses um bis zu 50% und zu einer Zunahme des koronaren Perfusi-onswiderstands führen. Da aber die myo-kardiale Arbeit gleichzeitig in noch grö-ßerem Ausmaß reduziert wird (Vermin-derung von Herzfrequenz und Kontrakti-lität), können unerwünschte Wirkungen ausbleiben. Eine Hypotonie bei lumbaler Epiduralanästhesie kann allerdings eine entgegengesetzte Auswirkung auf die myo-kardiale Sauerstoffbilanz haben. Eine kom-pensatorische sympathische Reflexaktivi-tät in nichtblockierten thorakalen Segmen-ten kann die koronare Blutversorgung be-einträchtigen und zu Motilitätsstörungen in betroffenen Myokardarealen („wall mo-tion abnormalities“) führen [72]. Eine Hy-potonie bei lumbaler Epiduralanästhesie (proximales Niveau Th6-Th2) kann da-her bei Risikopatienten grundsätzlich kri-tischer werden als bei thorakaler Epidural-anästhesie. Andererseits wurde sowohl bei lumbalen als auch bei thorakalen Epidural-anästhesien eine Verminderung der links-ventrikulären Nachlast und eine Verbesse-rung der globalen und regionalen Ventri-kelfunktion bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit beobachtet. Eine thoraka-le Epiduralanästhesie kann zudem einen erweiternden Einfluss auf den Durchmes-ser stenotischer Koronararterien ausüben [8]. Wie bei einer Therapie mit β-AA fin-det auch bei einer thorakalen Epiduralan-ästhesie eine Umverteilung des Blutflusses von epikardialen zu endokardialen Perfu-sionsgebieten statt [40]. Die Anwendung einer thorakalen Epiduralanästhesie führt dazu, dass nach Koronarokklusion ST-Seg-mentveränderungen weniger ausgeprägt und eine allfällige Infarktausdehnung we-niger groß ist als ohne Epiduralanästhesie. Zusätzlich ist die postischämische funktio-nelle Erholung des Myokards deutlich bes-ser (weniger „stunning“) [53].

Klinische Aspekte. Es gibt Berichte über die Wirksamkeit von thorakalen Epidu-ralanästhesien bei Patienten mit therapie-refraktären Myokardischämien unter kon-ventioneller Behandlung. Unter besonde-ren Umständen kann also eine thorakale Epiduralanästhesie in der Behandlung ei-ner Angina pectoris der konventionellen antianginösen Therapie überlegen sein [53]. Einzelne Studien haben im Zusam-menhang mit dem Einsatz der Epiduralan-ästhesie (alleine oder in Kombination mit einer Allgemeinanästhesie) eine Verbes-serung des perioperativen kardialen Out-comes verzeichnet, allerdings lassen sich diese Beobachtungen bisher nicht genü-gend mit Daten aus randomisierten kon-trollierten Studien mit großen Patienten-zahlen belegen. Eine große randomisier-te, nicht doppelblinde Multicenter-Stu-die mit 973 Patienten zeigte keine niedri-gere Mortalität nach 30 Tagen bei Patien-ten, die sich abdominalchirurgischen Ein-griffen in kombinierter Anästhesie (thora-kale oder lumbale Epiduralanästhesie und postoperative epidurale Analgesie kombi-niert mit Allgemeinanästhesie) unterzo-gen im Vergleich mit Allgemeinanästhe-sie alleine [62]. Dieses Resultat bestätigt die Beobachtungen anderer Untersucher [59, 89]. Hinsichtlich des pulmonalen Ver-laufs hingegen fand eine Metaanalyse auf-grund der einbezogenen Studien eine sig-nifikante Verbesserung des pulmonalen Outcomes bei Patienten mit postoperati-ver Epiduralanästhesie [5]. Bei Patienten nach koronaren Bypassoperationen wur-den ferner weniger pulmonale Funktions-einschränkungen, Insulte, Verwirrtheit und akute Niereninsuffizienzen beobach-tet, wenn postoperativ eine thorakale Epi-duralanästhesie verwendet wurde [76]. Ei-ne thorakale Epiduralanästhesie kann im Gegensatz zu Clonidin oder Dexmedeto-midin durch die Hemmung spinaler sym-pathischer Reflexbögen den vorteilhaften Effekt haben, dass es nach abdominalchir-urgischen Eingriffen weniger häufig zu Darmfunktionsstörungen kommt und die Erholung des Gastrointestinaltrakts ra-scher abläuft. Wichtig ist im Weiteren die Feststellung, dass eine thorakale Epidural-anästhesie bei Patienten mit bronchialer Hyperreaktivität sicher angewendet wer-den kann [33]. Obschon auch ein direkter Vergleich im Hinblick auf

Kardioprotekti-on bisher fehlt, lässt sich für die lumbale Epiduralanästhesie diesbezüglich weniger Schutzwirkung postulieren als für die tho-rakale Epiduralanästhesie. Bei thotho-rakaler Einlage der Epiduralanästhesie ist im Wei-teren offenbar auch die Komplikationsra-te kleiner (einschließlich Kopfschmerzen nach Durapunktion, Verletzungen am Nervensystem und epidurale Hämatome (<:00.000) mit Paraplegie.

Zusammenfassend ist die thorakale Epi-duralanästhesie eine einzigartige Therapie-modalität, welche eine effektive Schmerz-behandlung mit antiadrenergen Eigen-schaften verbindet. Theoretisch, jedoch bislang unbewiesen, hat sie auch den Vor-teil einer geringeren kardialen Komplikati-onsrate bei Hochrisikopatienten, die sich großen chirurgischen Eingriffen unterzie-hen müssen [47].

Macht es Sinn,

„sympathikomodulierende“

Therapien zu kombinieren?

Verschiedene antiadrenerge Therapien be-einflussen das autonome Nervensystem durch unterschiedliche Mechanismen und verändern daher die Hämodynamik auf verschiedene Weise (. Tabelle 5). Deshalb stellt sich die Frage, ob diese un-terschiedlichen Therapiemodalitäten kom-biniert werden sollten, um einen optima-len kardioprotektiven Gesamteffekt zu er-zielen. Einzelne Kombinationen wie z. B. β-AA oder α-Ag in Kombination mit Re-gionalanästhesie werden gelegentlich ange-wendet, ohne dass bisher eine prospektive Evaluation bezüglich eventuell vermehr-ter Nebenwirkungen und bezüglich des kardialen Outcomes vorliegt. Es gibt nur spärliche klinische und experimentelle Da-ten über Wirksamkeit und eventuell uner-wünschte Effekte von kombinierten an-tiadrenergen Therapiekonzepten. Ein tier-experimenteller Vergleich zwischen thora-kaler Epiduralanästhesie und β-AA bezüg-lich der Auswirkung auf hämodynamische Parameter bei wachen Ratten mit akutem Myokardinfarkt ergab folgende interessan-ten Resultate [9]: Während eine thoraka-le Epiduralanästhesien den linksventriku-lären enddiastolischen Druck erniedrig-te und der syserniedrig-temische Widerstand unver-ändert blieb, erhöhte Metoprolol dagegen beide Parameter. Herzfrequenz und

(12)

Herz-minutenvolumen („cardiac output“) wur-den bei beiwur-den Behandlungsgruppen glei-chermaßen vermindert. Sehr wichtig ist der Befund in dieser Studie, dass die Anla-ge einer thorakalen Epiduralanästhesie un-ter maximaler Dosierung von Metoprolol keinerlei weitere hämodynamische Verän-derung verursachte, insbesondere keinen weiteren Blutdruckabfall. Vergleichbar mit diesen Resultaten sind die Ergebnisse einer klinischen Studie über die Auswir-kungen einer thorakalen Epiduralanästhe-sie (Th-Th2) auf die kardiovaskulären Funktionen bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit unter β-AA-Therapie. Da-bei trat kein weiterer Abfall von Herzfre-quenz und arteriellem Blutdruck ein [83]. Es lässt sich daher vermuteten, dass die günstigen hämodynamischen Auswirkun-gen der thorakalen Epiduralanästhesie zu-sammen mit den belegtermaßen „lebens-rettenden“ Wirkungen der β-AA einen synergistischen Gesamteffekt entwickeln können. Eine gute hämodynamische Tole-rabilität der perioperativen Kombination von β-AA mit Epiduralanästhesien wurde auch in klinischen, allerdings kleineren Studien beobachtet [64, 88].

Clonidin (oral oder intrathekal) kann zwar die Wirkung von Reginalanästhe-sien oder regionalen AnalgeReginalanästhe-sien verlän-gern, erhöht aber auch die Inzidenz von Hypotonie und Bradykardie [9]. Wichtig ist die Beobachtung, dass die Korrektur ei-ner epiduralanästhesieinduzierten Hypo-tonie eine vorübergehende

Myokardisch-ämie verursachen kann [72]. Obgleich die Inzidenz von bradykarden und hypotonen Episoden im Rahmen einer Kombination von zentralen Nervenblockaden mit β-AA oder α2-Ag signifikant erhöht sein kann,

ist es durchaus möglich, dass eine solche Kombination insgesamt eine Reduktion von ischämischen kardialen Ereignissen sowie kurz- und längerfristigen kardialen Komplikationen bewirken kann. Diese Hy-pothese muss allerdings in künftigen ran-domisierten klinischen Studien überprüft werden. Die Kombination von β-AA mit α2-Ag erscheint dagegen weniger sinnvoll

mit Ausnahme der Regionalanästhesie-er-gänzenden intrathekalen oder epiduralen Applikation von α2-Ag. Es liegen nämlich

Berichte vor über eine erhöhte Inzidenz von Bradykardie und Hypotonie bei Ver-abreichung von Mivazerol und Dexme-detomidin alleine [84], welche bei gleich-zeitiger Verabreichung von β-AA noch verstärkt werden könnten. Die Kombina-tion von β-AA mit α2-Ag erscheint auch

aufgrund der folgenden Beobachtungen problematisch: Die gleichzeitige Verabrei-chung von Clonidin mit dem nichtselekti-ven β-AA Sotalol hebt die hypotensinichtselekti-ven Effekte auf und führt eher zu einer Erhö-hung des arteriellen Blutdrucks, während der β-selektive β-AA Atenolol die

hypo-tensiven und bradykardisierenden Wir-kungen von Clonidin bei Patienten mit ar-terieller Hypertonie (im Gegensatz zum nichtselektiven β-AA Propranolol) ver-stärkt [44]. Verabreichung des selektiven

α-Antagonisten Prazosin zusammen mit

Clonidin führt zu einer stärkeren Blut-drucksenkung, beeinflusst aber die Herz-frequenz nicht. Während Clonidin ein ge-eignetes Medikament zur Therapie des β-AA-Entzugssyndroms ist, kann umge-kehrt der Einsatz von β-AA bei einem α2

-Ag-Entzugssyndrom gefährlich sein (blut-drucksteigernde Wirkung von β-AA wäh-rend Clonidin-Entzugssyndrom).

Zusammenfassend bestehen zur Zeit keine Anhaltspunkte für eine vorteilhaf-te Auswirkung einer Kombination von an-tiadrenergen Therapien mit Ausnahme der Kombination von Regionalanästhesie-verfahren mit β-AA oder vor allem intra-thekal verabreichten α2-Ag. Aufgrund

ih-rer einfachen Verabreichung, ihrem guten Sicherheitsprofil und ihrem wesentlichen und vorteilhaften Einfluss auf grundlegen-de physiologische Abläufe im Herzen sind die β-AA zur Zeit die therapeutische Maß-nahme der Wahl zur Prävention von peri-operativen kardialen Komplikationen.

Klinische Bedeutung adrenerger

Polymorphismen: Ein Ausblick

in die perioperative Medizin von

morgen

Genetische Heterogenität bildet die Grundlage der interindividuellen Vari-abilität und beeinflusst damit nicht nur den kardiovaskulären Phänotyp sondern auch den Krankheitsverlauf vieler kardio-vaskulären Erkrankungen [79, 95]. Im

Un-Tabelle 5

Hämodynamische Auswirkungen sympathikomodulierender Therapien

Parameter Therapieform

β-AA α 2-Ag LEA TEA SA

Herzfrequenz c c c/x c c

Arterieller Blutdruck c (d)/c c c c

Systemischer Gefäßwiderstand (d) c c (x) (x)

Linksventrikuläre Nachlast c c c (x) (x)

LVEDP d d c c c

Herzminutenvolumen (Cardiac Output) c c d c c

Koronarer Gefäßwiderstand x x x/(d) (c) x/(d)

Myokardiale VO2 c c (d) c (d)

Arrhythmien c (c) x c x

β-AA β-adrenerge Antagonisten; α 2-Ag α2-Agonisten; LEA lumbale Epiduralanästhesie; TEA thorakale Epiduralanästhesie; LVEDP linksventrikulärer

Figure

Abb.  2  8  Strukturschema des menschlichen β 2 -adrenergen Rezep- Rezep-tors (β 2 -AR) in Homologie zur 3D-Struktur des  Rinder-Photorezep-tors Rhodopsin

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