C OMPOSITIO M ATHEMATICA
S TEFAN C OHN -V OSSEN
Kürzeste Wege und Totalkrümmung auf Flächen
Compositio Mathematica, tome 2 (1935), p. 69-133
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Wege Totalkrümmung
von
Stefan Cohn-Vossen Leningrad
1. Eine
topologische
Flache ist einetriangulierbare
zwei-dimensionale unberandete
Mannigfaltigkeit.
Eine solche Flache wird zu einer,,differentialgeometrischen Fläche",
wenn man voneinem
vollstândigen Umgebungssystem
dertopologischen
Flacheausgeht
undin jeder
dieser dem Kreisinnernhomôomorphen Umgebungen
eine Riemannsche Metrik einführt(§1);
wo zweiUmgebungen übereinandergreifen,
wirdÜbereinstimmung
derbeiden Metriken
gefordert (§ 5).
Die Flache(als
Flache schlecht-weg bezeichnen wir
von jetzt
an einedifferentialgeometrische Flache)
ist also definiert ohneBezug
aufEinbettung
in dengewôhnlichen
oder einen hôherdimensionalenRaum,
und alleFragestellungen
dervorliegenden
Arbeit sind ebenfalls ohneBezug
auf eine solcheEinbettung.
Natürlich lassen sich alle imFolgenden
aufzustellenden Sâtzen auf diestetig gekrümmten
reellen Flâchen des
gewôhnlichen
Raums anwenden. Die meistenAnsätze dürften sich andererseits auf den Fall
verallgemeinern lassen,
daB einetopologische
Flache mit einerallgemeineren
alseiner Riemannschen Metrik
ausgestattet
wird.2. Eine
topologische
Flache T heil3t endlich-zusammen-hângend,
wenn es eine natürliche Zahl k derartgibt, daI3 jedes System
von kpaarweise punktfremden
Jordankurven auf T den Rand eineskompakten
Teilbereichs von T enthalt. Einetopo- logische
Flache T heiBt offen odergeschlossen, je
nachdem eseine in T
divergente Punktfolge gibt
oder nicht.Jede
endlichzusammenhängende topologische
Flache T besitzt eine endliche eindimensionale Bettische Zahlpl.
Die zwTeidimen- sionale Bettische Zahlp2
von T ist 1, wenn Tgeschlossen
undorientierbar
ist,
sonst o. Die Eulersche CharakteristikX(T) ==
1 -
Pl + p2
von T ist also eine endliche ganzeZahl,
wenn T end-lichzusammenhängend.
Ist Tgeschlossen,
so endlichzusammen-70
hângend.
In diesem Fall läBt sich bekanntlich T in endlichviele Dreiecketriangulieren,
und es isty (T)
=e - le +f , wobei e, k, f
beziehentlich die Anzahlen der
Eckpunkte,
Kanten und Dreieckeirgendeiner
solchenTriangulation
von T bedeuten.Dieselbe Formel
gilt
bekanntlichauch,
w enn T eine"berandete
Flache" ist. EinePunktmenge
T heil3t eine berandeteFlache,
wenn einem
Teilsystem
T’ einerTriangulation
einertopolo- gischen
Flachehomôomorph ist, vorausgesetzt,
daB T’folgende Eigenschaften
hat: T’ besteht aus endlichvielenDreiecken;
T’ist
zusammenhängend;
esgibt
in T’ eineRandstrecke,
d.h. eineDreiecksseite,
an die nur eineinziges
Dreieckangrenzt;
dieRandstrecken setzen sich zu
paarweis punktfremden (notwendig
nur
endlichvielen )
Jordankurven zusammen.3. Jede offne
endlichzusammenhängende topologische
FlacheT ist einer n-fach
punktierten geschlossenen topologischen
Flachehomöomorph 1).
Genauer:Zu jeder
offnen endlichzusammen-hângenden topologischen
Flache T =T n gibt
es einegeschlossene
Flache
To
und aufTo n
verschiedene(im Übrigen beliebig
auf
To wàhlbare )
Punkte mi, so daBTn
einenHomôomorphismus
H auf die
Punktmenge gestattet.
Es istX(T n) = x ( To ) - n- Beispiel:
DieAbbildung
der euklidischen Ebene durchstereographische Projektion
auf die einfachpunk-
tierte
Kugeloberf lâche.
Aus dem
Homôomorphismus
H ist ersichtlich: Jede inT,, divergente Punktfolge (p)
läBt sich in hbehstens nTeilfolgen (pi)
derart
zerlegen,
dal3 für die durch H bestimmtenBildpunkt- folgen (p3 )
inTo gilt: Pi’
-> mi . Um daher aufTn
die"Erstreekung
ins
Nichtkompakte"
zuübersehen, liegt
esnahe,
aufTo jedem
Punkt mi eine dem Kreisinnern
homôomorphe Umgebung Kz
derart
zuzuordnen,
daB dieabgeschlossenen
Hüllen der-K",.
paar- weispunktfremd
undabgeschlossenen
Kreisscheiben homô-omorph
sind. Dann ist diePunktmenge
eine be-randete
Flâche,
und es istx ( B’ ) == X(To} -n,
ivie leicht aus derFormel x - e - k + f
ersichtlich. Ist M’ einevorgegebene
inT n kompakte Punktmenge,
so lâBt sich die vorstehende Konstruktionso
einrichten,
daB AJ’ C B’.Ùbertràgt
man durch H diese Konstruktion vonT’
aufT 11 ,
so
folgt:
Jede inTn kompakte Punktmenge
M ist in einem Teil- 1) Aus den Ausführungen l.e. 31) lâct sich das leicht schlieBen.bereich B von
T n folgender
Art enthalten: B ist eine berandete Flache(also kompakt
undabgeschlossen);
das Innere von B istT’Il homôomorph,
und esist X{B) == X(T n);
diePunktmenge T n
- B zerfâllt in n GebieteU’,
derenjedes
einempunktierten
Kreisinnern
homôomorph
ist.4. Nunmehr nehmen wir an,
Tn
sei einedifferentialgeometri-
seche Flâche
Fn.
Und zwar sollFn
überdies eine,,vollstàndige"
Flache sein. Diese Fl,chen sind in einer Arbeit von H.
Hopf
undW.
Rinow2)
untersucht worden. Eine FlacheFn
heiBtvollstândig,
wenn sie das Postulat erfüllt
(§ 12): "Jede
inFn
beschrânkteMenge
ist inFn kompakt".
Man kann das auch so formulieren:,,Jede
inF n divergente Punktfolge
ist inFn
unbeschrânkt".Unter dieser
Voraussetzung
haben diegemaJ3
3 definierten Teil-gebiete Uz
vonF n
dieEigenschaft:
JedesUz
ist eine(differential- geometrische,
nichtvollständige)
Flache. Eine inUi divergente Punktfolge
ist dann und nur dannunbeschrânkt,
wenn sie beiH in eine gegen mi
konvergente Punktfolge
vonTo übergeht.
Aufdie
Untersuchung
von Flâchen dieserEigenschaft
werden iii dervorliegenden
Arbeit eine Reihe von Sâtzen übervollstândigen
Flâchen
zurückgeführt.
5. Wir definieren: Eine Flâche U’ heiBt ein
Fluchtgebiet,
wennU’
folgende Eigenschaften
hat:1)
Esgibt
ein Kreisinneres K’vom
Mittelpunkt
m, so daB U’ einetopologische Abbildung
Hauf das
"punktierte
Kreisinnere"K’ ---
K’ -- mgestattet. 2)
Einein U’
divergente Punktfolge
ist dann und nur dann unbeschrânkt inU’,
wenn dieFolge
durch H in eine in K’ gegen mkonvergente Punktfolge abgebildet
wird.Eine Jordankurve R in U’ heiBe ein
Gürtel,
wenn R durch H in eine solche Jordankurve von K’abgebildet wird,
die m. imInnern enthâlt. Jede Jordankurve in U’ ist entweder ein Gürtel odeur auf einen Punkt zusammenziehbar. Jeder Gürtel berandet -ein in U’ enthaltenes
Fluchtgebiet.
Es sei nun
g (> 0)
die untere Grenze derLallgen
aller rektifi-zierbaren Gürtel eines
Fluchtgebiets
U’.Minimalfolge
heiBe eineFolge
von Gürteln inU’,
derenLängen
gegen gkonvergieren.
Eine solche
Folge
heiBe beschrânkt oderunbeschrânkt, je
nach-dem es die
Punktmenge ist,
die von allen Gürteln derFolge
be-deckt wird. Dann definieren wir
(§ 18):
2) Comm. math. Helv. 3 (1931), 209-225 ; im Folgenden mit HR zitiert. Die
ent-sprechende Definition für Riemannsche Räume beliebig vieler Dimensionen wird bei E. CARTAK [Leçons sur la géometrie des espaces de RIEMANN (1928),
no. 56] untersucht.
72
Ein
Fluchtgebiet
heiBt einKelch,
wenn es eine beschränkteMinimalfolge
enthâlt. EinFluchtgebiet
heiBt einSchaft,
wenn eskeine beschrânkte
Minimalfolge
enthâlt. EinFluchtgebiet
heiBtein
eigentlicher Kelch,
wenn es keinen Schaft enthâlt.Einen
analogen Begriff
des"eigentlichen Schafts",
also eines Schaftseinzuführen,
der keinen Kelchenthâlt, erübrigt
sich nachfolgendem,
leicht zu beweisenden Satz(§ 18):
Jedes in einem
Schaft
enthaltene.Fluchtgebiet
ist einSchaft.
Beispiele
vonFluchtgebieten,
die Kelche sind: DasÄuBere
eines Kreises in der euklidischen oder
hyperbolischen Ebene,
oderauf einem
Rotationsparaboloid;
ein Kelch ist auch der von einem Breitenkreis(der
nichtdazugerechnet wird) begrenzte "halbe"
Rotationszylinder.
Bei allen diesenBeispielen gibt
es offenbarMinimalfolgen,
die sich auf den berandenden Kreis zusammen-ziehen,
also beschrânkt sind.Ein Schaft
dagegen
ist diePseudosphâre 3 ),
also die Rotations-flache einer Traktrixkurve um ihre
Asymptote;
dersingulâre
Rand der Flache
ist,
damit einFluchtgebiet entsteht,
fortzu-lassen. Auf der
Pseudosphâre
sind die Breitenkreise Gürtel. DurchOrthogonalprojektion
auf eine zur Rotationsachse senkrechte Ebene sieht man leicht:Zu jedem
beschrânktenTeilgebiet
derFlache
gibt
es einen(auùerhalb
des Gebietsverlaufenden)
Breiten-kreis,
der kürzer ist als allein jenem
Gebiet verlaufenden Gürtel.Also ist die
Pseudosphâre
ein Schaft.Dieser Schaft hat die besondere
Eigenschaft,
dal3 die Gürtelbeliebig
klein werdenkônnen,
daB also g = 0. LäBt man die Traktrixkurve nicht um ihreAsymptote,
sondern um eine Paral-lele zur
Asymptote rotieren,
die in der Kurvenebeneliegt
unddie Traktrix nicht
trifft,
so erhâlt man einen SchaftS,
auf dem gpositiv
ist.Die
eingangs
erwâhntenBeispiele
von Kelchen waren, wie leichtzu
bestätigen, eigentliche
Kelche. EinKelch,
der nichteigent-
licher Kelch
ist,
sondern einen Schaftenthâlt,
entsteht z.B. ausdem Schaft
S,
indem man den Meridian soabändert,
daB zwischenirgendzwei
Breitenkreisen eine hinreichend starkeEinschnürung entsteht,
wâhrend man aul3erhalbjener
Zone allesungeändert
la13t. Man kann es dann
erreichen,
daB der kleinste Breitenkreis derEinschnürung
der kürzeste Gürtel des entstehenden Flucht-gebiets
,S’wird,
so daB also S’ ein Kelch ist. Là2t man anderer-3) vgl. G. DARBOUX, Théorie des surfaces,
2ième éd.,
1 ière partie, livre 1, chap. VIII.seits von S’ ein
hinreichendgroùes
beschrânktes Stückfort,
sobleibt ein
Fluchtgebiet
S"übrig,
das nicht nur inS’,
sondernauch in dem Schaft S
enthalten,
also nach dem erwâhnten Satz ein Schaft ist.4)
6. Es läBt sich leicht
zeigen (§ 17),
daB es aufjedem
Flucht-gebiet
U’ einen GürtelRo gibt,
der eingeodâtisches Polygon
ist.U(Ro)
sei dieabgeschlossene
Hülle des vonRo begrenzten
in U’enthaltenen
Fluchtgebiets;
einen solchen Bereich nennen wir(§ 14)
einenFluchtbereich;
wir rechnen also den Randmit,
denwir als
geodâtisches Polygon vorausgesetzt
haben.Eine Ecke e eines
geodâtischen Jordanpolygons
P heiBe wesent-lich,
wenn von den beiden in e zusammenstoùendenBôgen
vonP nicht der eine in die
Verlängerung
des andern fâllt. Eine wesent- liche Ecke e von P heiBeeinspringend
gegen einen an P angren- zenden BereichB,
wenn einerjener Bôgen
sich über e hinaus ins Innere von B hineinverlängern
läBt. Eine wesentliche Ecke vonP,
die nicht gegen Beinspringt,
nennen wir gegen B hohl.Einen Gürtel R nennen wir
einspringend,
wenn R eingeodati-
sches
Polygon
mitwenigstens
einer wesentlichen Ecke ist und alle wesentlichen Ecken von R gegen den von R berandeten FluchtbereichU ( R ) einspringen.
Ein Gürtel R heiùe
glatt,
wenn R eine(einfachgeschlossene) geodâtische
Linie ist.Ein Gürtel R heiBe ein hohles
Eineck,
wenn R ein in sich zurück- laufendergeodâtische Bogen ist,
so daB der beide Enden vereini-gende
Punkt einegegen U(R)
hohle Ecke bildet. Der inU(R)
gemessene Winkel der Ecke heiBe der Eineckswinkel.
Dann beweisen wir
(§ 17) folgenden
Satz 1 : In
jedem Fluchtgebiet gibt
es zujedem positiven -
einenGürtel,
der entwedereinspringend
oderglatt
oder ein hohles Eineckist,
wobei der Eineckswinkel w derUngleichung n
-- e W ngenügt 5).
Die in diesem Satz enthaltene
Fallunterscheidung
wird durchfolgende
beiden Sâtzen(§ 18) präzisiert:
Satz. 2 :
Auf jedem Schaft gibt
es einenGürtel,
der entwederglatt
oder ein hohles Eineck ist.
Satz 3:
Auf jedem eigentlichen
Kelchgibt
es einen GürtelR,
4) Die Unterscheidung zwischen Kelch und Schaft hat für die folgende Théorie
âhnliehe Bedeutung, wie die zwischen parabolischer und hyperbolischer 0ffnung
in der Koebeschen Uniformisierungstheorie.
5) Dieses Ergebnis habe ich bereits in einer Note der C. R. 197 (1933), 1165 - 1167, verüffentlicht.
74
der entweder
glatt
odereinspringend
ist. In dem von R berandetenFluchtbereich
gibt
es keinenGürtel,
der kürzer als R ist.An diesen 3 Sâtzen ist ihre
Iterationsfàhigkeit
zu beachten.Nachdem man einen Gürtel der
geforderten
Art bestimmthat,
kann man in dem von diesem Gürtel
begrenzten,
imursprüng-
lichen enthaltenen
Fluchtgebiet den j eweiligen
Satz von neuemanwenden,
so daB sich eine unendlicheFolge paarweis punkt-
fremder Gürtel der
geforderten Eigenschaften ergibt,
die dasFluchtgebiet
in abzàhlbarviele Zonen einteilen.Diese
Überlegung
inVerbindung
mit der GauB-Bonnetschel1 Formel führt mit einem kleinenKunstgriff
noch(§ 18)
zu fol-gendem
Satz 4 : Jedes
Fluchtgebiet nichtnegativer GauBscher Krümmung
ist ein
eigentlicher
Kelch.Damit ist offenbar
âquivalent
Satz 4’:
Auf jedem Schaft gibt
es eine Stellenegativer Gauflscher Krümmung,.
Der letzte Satz ist natürlich wieder iterierbar: Es
gibt
eineunbeschrânkte
Folge paarweis
fremder Gebietenegativer
Gauf3--scher
Krümmung auf jedem
Schaft.Aus Satz 4
folgt nachtraglich (was
natürlich leicht direkt ein-zusehen),
daB das KreisäuBere in der euklidischen Ebene oder auf einemRotationsparaboloid
und der von einem Kreisbegrenzte ,,halbe" Rotationszylinder eigentliche
Kelche sind.Satz 4’ läBt sich nicht etwa so
umkehren,
daB es aufjedem eigentlichen
Kelch eine Stellepositiver,
oder auch nur nicht-negativer
Gaul3seherKrümmung geben
mül3te. Denn das Kreis-âut3ere in der
hyperbolischen
Ebene ist offensichtlich eineigent-
licher Kelch.
7. Die Sâtze 2 und 3 werden durch
Lôsung
eines Minimum-problems
gewonnen: Zugegebenem nichtnegativem
t seix(t)
dieuntere Grenze der
Lângen
allerderjenigen
nichtzusammenzieh- barengeschlossenen
Kurven eines FluchtbereichsU(Ro),
die vomRandpolygon Ro
des Bereichs hôchstens den Abstand t haben.Unter diesen Kurven ist eine
kiirzeste,
also eine derLange x(t) gesucht.
Wir werden
zeigen (§
15,16),
daB einederartige
KurveR(t) existiert,
daB fernerR(t) doppelpunktfrei,
also ein Gürtelist,
und daB endlich dieser Gürtel stets entweder
einspringend
oderglatt
oder ein hohles Eineck ist. Und zwarliegt,
fallsR(t)
ein-springend ist, jede
wesentliche Ecke vonR(t)
aufRo,
fâllt nâmlich mit einer gegenU(R,) einspringenden
Ecke vonRo
zusammen.Man kann diesen Sachverhalt mechanisch veranschaulichen:
Auf
U(Ro} liege
eingeschlossener
inRo
deformierbarer Gummi- fadenR,
der durch einen undehnbaren Faden F derLange t
mit
Ra
verbunden sei. Der eineEndpunkt
von F darf also aufRo gleiten,
der andere ist mit einem Punkt p von R festverknüpft.
Im
übrigen
sei das ausF,
R bestehendeSystem
frei und ohneReibung
aufU(Ro) beweglich.
Dann wird der Faden R entwederdurch seine elastische Kraft soweit
von Ro fortgetrieben werden,
bis F
gestrafft
ist und einenZug
auf Rausübt ;
esdurfte
anschau-lich
plausibel sein,
daB dann R die Gestalt einesh6’hlen
Einecks mit derEcke p
annimmt. Oder aber R findet eine stabileLage,
ohne daB F
notwendig gestrafft ist;
dann wird R entweder einegeschlossene geodâtische Linie,
alsoglatt sein,
oder R erfährtKnickungen,
indem R durcheinspringende
Eckenvon Ra
auf-gehalten
wird.Es ist
plausibel,
daB R bei hinreichenderLange
von F nichtzum
Rand Ro
des Fluchtbereichshingleiten wird,
wenn derFluchtbereich auf einem Schaft
liegt.
Aus eineranalogen tjber- legung ergibt
sichumgekehrt,
daB bei hinreichenderLange
vonF der Fall der
Einecksfigur
nichteintritt,
wenn der Fluchtbereich keinen Schaft enthält.Es hat natürlich etwas
willkürliches,
bedeutet aber eine sicht- licheErleichterung
derAufgabe,
dal3 wir auf denFluchtgebieten
solche Teilbereiche
bevorzugen,
die von einemgeodâtischen Poly-
gon berandet sind. Für die
Anwendung
der Sâtzen auf offne voll-stândige
Flâchen ist unsercspezielle Problemstellung
doch schonallgemein
genug.8. Um Satz 1 zu
erhalten,
bedarf es noch eines besonderen Verfahrens. Daseinzig
verbleibende Problem ist offenbar dieAbschâtzung
des Winkels bei etwa auftretenden Einecken. Nun steht der Eineckswinkel(vgl.
Satz 4aus § 16)
inBeziehung
zumVerlauf der im
vorigen
Abschnitteingeführten,
offensichtlich nicht wachsenden Funktionx,(t).
Durch eine einfache anschau-liche
Überlegung
findet man: IstR(t)
ein hohlesEineck,
so istder hintere
Differenzenquotient voi-i x(t),
also der Ausdruck fürpositives d
umso stärkernegativ, je
kleiner der Eineckswinkel. Da nunx(t)
sich alsstetig
erweist(§ 16)
und für allepositiven t
definiert und nichtnegativ ist,
läBt sich(§ 17)
zujedem positiven e
einto finden,
so daB für allepositiven d gilt: D(to, d) > -
E. Der zu diesemWert to geh5rige
Gürtel
R (to )
besitzt dann die in Satz 1gcforderten Eigenschaften,
76
9. Einen
kompakten abgeschlossenen
Teilbereich B einerFlache,
der vonendlichvielen,
etwa n,paarweis punktfremden einfachgeschlossenen geodâtischen Polygonen Ri
berandetwird,
nennen wir
(§ 6)
einen Normalbereich. Wir werden beweisen(§ 13),
daB ein NormalbereichB, topologisch beurteilt,
eine be-randete Flache
ist,
und daB für die curvaturaintegra
oderTotalkrümmung C ( B )
von B die Formelgilt:
dabei bedeutet
Si
die Summeund w’ k
bedeutet den in B gemessenen Winkel an einer Ecke vonRi;
esmôge Ei
solcher Eckengeben.
Nur die wesentlichen Eckenvon
Ri geben
demnach von Null verschiedene Summanden vonSi.
Diese sind
positiv
odernegativ, je
nachdem die Ecke hohl odereinspringend
ist.Sei nun M eine beschrânkte
Teilmenge
einervollstândigen
Flache
F n.
Dann ist Minfolge
derVollständigkeit
vonFn
kom-pakt.
Wir kônnen alsogema13
dem 3. und 4. Abschnitt n zuein- ander und zu M fremdeFluchtgebiete Ui,
aufFn
finden. IstRi
ein Gürtel auf
Uz,
so bilden dieRi
den Rand einer M enthaltenden berandeten Flache B mitx ( B )
=Z (F.).
Sind nun aber bei vorge-gebenem positivem e
dieRi gemaI3
Satz 1bestimmt,
so ist Bein Normalbereich. Ist
Ri glatt,
so ist in(1) Si = 0
zu setzen.Ist
Ri einspringend,
sind also die wesentlichen Ecken vonRi einspringend
gegen den inUz
enthaltenen vonRi
berandetenFluchtbereich
U(Ri),
so sind diese Ecken hohl gegenB,
dennB und
U(Ri) liegen
zu verschiedenen Seiten vonRi.
In die-sem Fall ist also
Si
> 0. Ist endlichRi
ein hohlesEineck, und wi
derEineckswinkel,
in(,"(Ri)
gemessen, so wirdAlso in diesem Fall nach Satz 1:
Si> -e.
In den erstenbeiden Fallen
gilt
dieseUngleichung
afortiori,
alsofolgt
ausSatz l, aus Formel
( 1 )
und aus dentopologischen
Vorbemer-kungen folgendes
1. Lemma : Zu
jeder
beschrânktenMenge
Mund jedem posi-
liven e
gibt
esauf Fn
einen M enthaltenden NormalbereichB, für
dessen
Totalkrümmung C(B) gilt :
Nehmen wir nun an, alle
Fluchtgebiete
vonFn
seieneigent-
Liche
Kelche, oder, negativ ausgedrückt (was
den Fall der ge- schlossenen Flâchenmitumfa13t), F n
enthalte keinenSchaft;
dannkann man statt Satz 1 Satz 3 anwenden und erhâlt einen Normal- bereich B ohne
einspringende Ecken;
ein solcher Bereichmôge
extremalkonvex
heiùen 6)
undHülle jeder
in ihm enthaltenenMenge 7).
Dannfolgt
also aus unsernBetrachtungen
Satz 5:
Auf
einervollstândigen endlichzusämmenhängenden Flâche,
die keinenSchaft enthâlt,
besitztjede
beschrânkteMenge
eine
extremalkonvexe Hülle,
derenlnneres der Flächehomôomorph
ist.Ist B ein extremalkonvexer
Bereich,
sofolgt
aus(1)
wegenSi >
0 die für mancheAnwendung wichtige
Formel:Für
jede
von derKugeloberf lâche topologisch
verschiedeneFlàche T,
offen odergeschlossen,
berandet oderunberandet, gilt
bekanntlichX(T)
1.Für jeden
von derKugeloberf lâche topologisch
verschiedenen extremalkonvexen Bereich Bgilt
alsoC(B)
2n. Aus dieserBemerkung folgt
leicht die Existenz voll-stândiger endlichzusammenhàngender Fl,chen,
auf der es be-schrânkte
Mengen
ohne extremalkonvexe Hüllegibt;
natürlichmuB eine solche Flache einen Schaft enthalten.
Beispiel:
Manverschlieùe das
kreisfôrmige
Loch der weiter oben erwâhnten Traktrixfläche durch ein daraufpassendes
Stück einerKugel-
flâche von
geeignetem Radius;
den Meridian der entstehenden Rotationsflâche kann man(durch beliebig
kleineÀnderung
einerUmgebung
derNahtstelle)
sodeformieren,
daB eine voll-Rotations- flache K von überallstetiger
Gaul3scherKrümmung
entsteht.6 ) Insbesondere sind alle geschlossnen Fh,chen extremalkonvex. Der Ausdruck
entspricht dem in der Variationsrechnung üblichen; vgl. l.c. 13).
7) In der Theorie der linearen Räume wird "konvexe Hülle" oft in der Bedeu- tung von "kleinste konvexe Hülle" gebraucht. In unserm Fall soll das Wort Hülle
nur die im Text angegebene Bedeutung haben. Die Definition einer "kleinsten"
extremalkonvexen Hülle einer Menge ist nicht in so einfacher Weise wie bei kon-
vexen Bereichen linearer Räume môglich. Wâhrend der Durchschnitt gewôhnlicher
konvexer Bereiche wieder konvex ist, braucht der Durchschnitt extremalkon-
vexer Bereiche nicht einmal zusammenhängend zu sein. Der Unterschied der beiden Konvexitatsbegriffe rührt daher, daB im Riemannschen Raum zwei Punkte mehrere kürzeste Verbindungen haben kônnen, im linearen Raum dagegen nicht.
Ferner kann im Riemannschen Raum ein geodâtischer Bogen kürzeste Verbindung
seiner Endpunkte sein, wenn man zum Vergleich nur Wege einer gewissen Um- gebung des Bogens heranzieht, dagegen diese Illinimaleigenschaft bei Vergrâl3erung
der zugelassenen Umgebung einbüBen; in linearen Râumen gibt es dazu kein Analogon.
78
K ist
vollstândig,
der euklidischen Ebenehomôomorph,
und Kenthâlt einen Schaft. K hat etwa das Aussehen einer Keule mit
unendlichlangen
Stiel. Derkugelige Kopf
der Keule umfaBt offen- bar mehr als eineHalbkugel,
und aus dersphärischen Abbildung
von K ist leicht
ersichtlich,
daBjedes
beschrânkte denKopf
vonK umfassende
Teilgebiet
von K eineTotalkrümmung hat,
die2n übertrifft. Eine
Teilmenge
vonK,
die denKopf enthâlt,
kannalso auf K keine extremalkonvexe Hülle besitzen.
Jetzt wollen wir
umgekehrt annehmen,
daB alleFluchtgebiete
einer
endlichzusammenhângenden vollstandigen
Flache Schäfte enthalten. Dann kônnen wir für die Ränder eines einegegebene Menge umfassenden
Normalbereichs B solche GürtelRi wâhlen,
die Satz 2 erfüllen. Dann hat B keine hohle
Ecke,
ici(1)
ist alsodiesmal
Si
0 für alle i. Somit haben wirfolgendes
2. Lemnia. I st F eine
endlichzusammenhängende vollstândigen Flâche,
die keineneigentlichen
Kelchbesitzt,
sogibt
esauf
F zujeder
beschriinktenMenge
M einen AI enthaltenden NormalbereichB,
sodaB
10. Die beiden Lemmata kônnen wir auf eine
Folge
beschränk-ter, also
kompakter Mengen anwenden,
dieFn erschôpfen,
d.h..die die
Eigenschaft haben, daB jede kompakte Teilmenge
vonFn
in fast allenMengen
derFolge
enthalten ist. Es ist eine be- kannteTatsache,
daBauf jeder topologischen
Flache eine solcheerschôpfende Folge
existiert.Sei F eine
(differentialgeometrische,
nichtnotwendig
voll-stândige)
Flache. Ist Fgeschlossen,
so hat .Fbekanntlich 8)
dieTotalkrümmung
2n .X(F).
Ist Foffen,
so kann die Totalkrüm-mung,
wie jedes Gebietsintegral
über einnichtkompaktes
Inte-grationsgebiet,
nur als Grenzwert vonIntegralen
überkompakte
Teilbereiche erkl,rt
werden,
die das Gebieterschôpfen.
Wirwollen uns auf
erschôpfende Folgen
von Normalbereichen be- schränken und definieren: Einedifferentialgeometrische
FlâcheF besitzt eine
Totalkrümmung
dann und nurdann,
wenn dieTotalkrümmungen jeder Folge
von Ferschôpfenden
Normal-bereichen gegen einen Grenzwert
konvergieren,
der für alle solcheFolgen
dergleiche
ist. Dieser heil3t dann dieTotalkrümmung C(F)
von F.Dabei nennen wir
Folgen
reellerZahlen,
die überjede positive
1) vgl. I . c. 1°) und § 13 der vorliegenden Arbeit.
Schranke
wachsen,
oderunter jede negative
Schrankeabnehmen,.
konvergent
gegen + oo, bzw. gegen - oo, lassen also auch diese Werte alsTotalkrümmung
zu. Unter diesen Umständenergibt
sich aus bekannten Sâtzen über monotone
Zahlenfolgen:
Ist dieGaul3sche
Krümmung
einer Flache Fnirgends negativ
oder nir-gends positiv,
so besitzt F eineTotalkrümmung.
Besitzt eine Flache keine
Totalkrümmung,
so lassen sich stetserschôpfende Folgen
von Normalbereichenangeben,
deren Total-krümmungen
gegen + 00, oder gegen - ookonvergieren.
Wieder-um handelt sich um eine auf alle
uneigentlichen Gebietsintegrale bezügliche Erscheiiiung 9).
Satz 6
5 ) :
Wenn einevollstiindige endlichzusammenhängende
Flâche F eine
Totalkrümmung C(F) besitzt,
so istBeweis:
Mk
sei eineFolge kompakter
Teilbereiche vonF,
die Ferschôpfen.
Ich wende das 1. Lemma an auf F =F n
undMk =
kM,
wobei ich e= --
setze;Bk
sei einBereich,
der die For-k k
derung
des Lemmaserfüllt,
esgilt
also für alle k:Dabei ist
Mk
CBk,
also bilden auch dieBk
eine Ferschôpfende Folge.
WeilC(F) existiert, gilt def initionsgemâl3 C(Bk) -> C(F).
Das in
Verbindung
mit(5) ergibt (4 ),
wenn manbeachtet,
daB.n eine von F allein
abhangige
feste Zahl ist.Satz 7: Wenn eine
vollstiindige endlichzusammenhängende
FZiiche-F eine
Totalkrümmung C(F) besitzt,
und wenn F keineneigent-
lichen Kelch
enthâlt,
sogilt
Beweis: Man ändere den
vorigen
Beweis nur insofernab,
dal3man
Bk
nicht nach dem ersten, sondern nach dem zweiten Lemma bestimmt. Dannfolgt C(F) >
2n .X(F)
und hieraus(6)
wegen(4).
11. Eine
voustândige
FlacheE,
die der euklidischen Ebene9) Sind A i , B erschôpfende Folgen von Normalbereichen der Flâche derart, daB C (A i) -+ a, C (B i) -+ b, a > b, so gibt es für jedes hinreichend groue i ein k(i), so daB . Es gibt unendlich viele paarweis punktfremde solche Bereiche Ak ; - Bi. Sie führen leicht zur Konstruktion einer
erschôpfenden Folge D, rxdt C(D,)->+oo. Entsprechende Bereiche Bk-A..
erledigen den andem Fall. (Zusatz bei der Korrektur, 25. Februar 1935.) )
homôomorph ist,
heil,ie einevollstândigen
Riemannsche Ebene. Es.ist X(E) ==
1, also nach Satz 6, falls dieTotalkrümmung C(E) existiert,
Die Existenz von
C(E)
istgesichert,
wenn E überallpositive
Gau13sche
Krümmung
hat. Aus dieserBemerkung folgt
in Ver-bindung
mit(7)
Saiz
8 5) :
Jedevollstiindige
Flâche überallpositiver Gaul3scher h’rümmnng
ist entweder derK ugelfliiche
oder derprojektiven
Ebeneoder der euklidischen Ebene
homôomorph.
Beweis: Jede
vollstândigen
FlacheF,
die keiner der drei er-wâhnten Flâchen
hombomorph ist,
hat eine Riemannsche Ebene E zurunendlichvielblàttrigen Überlagerungsfh,che.
Wie schonin HR
2)
bewiesen und wie wir(§ 12)
unterallgemeineren
Vor-aussetzungen
beweisenwerden,
istjede
relativ unberandeteÜber- lagerungsflàche
einervollstândigen
Flache wiedervollständig.
Hâtte also F überall
positive
GauBscheKrümmung,
so auchE,
also existierte
C(E)
und wâre wegen derUnendlichvielblättrig-
keit von E über F
notwendig
+ oo,entgegen (7).
An Satz 8 ist
hervorzuheben,
daB weder die Existenz derTotalkrümmung
nochirgend
etwas über dietopologische
Struk-tur der Flache
vorausgesetzt wird;
es wirdumgekehrt
vom Ver-halten der Flâche im Kleinen
(positive
GauBscheKrümmung)
auf ihre
topologische
Strukturgeschlossen. 10)
Satz 5
ergibt
für den Fall der Riemannschen EbeneSatz 9 :
Auf
einervollstândigen Riemannschen
Ebenenirgends- negativer GauBscher Krümmung
besitztjede
beschrânkteMenge
eineextremalkonvexe Hülle.
Denn eine solche Flache enthâlt nach Satz 4 keinen Schaft.
Natürlich ist nicht das Vorzeichen der GauBschen
Krümmung
1°) Über diesen Problemkreis vergleiche man z.B.: H. HOPF, Differentialgeo-
metrie und topologische Gestalt [Jahresbericht DMV 41 (1932), 209].
Herr H. HOPF hatte mir gegenüber als Vermutung geâul3ert, daB die Total-
krümmung einer vollstândigen Riemannschen Ebene positiver GauBscher Krüm-
mung % 2n sein müsse; er zeigte mir ferner, wie daraus Satz 8 folgen würde. Ich
verdanke diesen ÄuBerungen die Anregung zur vorliegenden Arbeit; auch mehrere andere in dieser Arbeit behandelte Fragen sind durch den Gedankenaustausch mit Herrn H. HOPF angeregt.
Wir hatten nicht erwartet, daB die Abschâtzungen in Wirklichkeit nur durch
Vollständigkeit und Existenz der Totalkrümmung der Flâche bedingt werden.
In Satz 8 genügt es offenbar vorauszusetzen, daB die GauBisehe Krümmung stellenweise positiv und nirgends negativ ist.
sondern die Abwesenheit von Schäften die für die
Behauptung
wesentliche
Eigenschaft
derFlache ;
denn auch diehyperbolische
Ebene hat die
Eigenschaft,
daBjede
auf ihr beschrânkteMenge
eine extremalkonvexe Hülle besitzt.
Satz 10:
Auf
einervollstândigen
Riemannschen Ebene vonüberall
positiver Gauf3scher Krümmung gibt
es keineeinfachge-
schlossene
geodiitische
Linie.Beweis: Da die GauBsche
Krümmung
auf einer solchen Ebene E das Vorzeichen nichtwechselt,
existiertC(E),
und es istC(E)
2n;jedes
echteTeilgebiet
von E hat demnach eineTotalkrümmung
2n, wâhrend das Innere einereinfachge-
schlossenen
geodâtischen
Linie nach der GauB-Bonnetschen Formel dieTotalkrümmung
2n hat.11)
Ein
Beispiel
einer RiemannschenEbene,
auf die Satz 7 anwend- barist,
bildet die in 9 erwâhnte"Keule"
K. Diese besitzt in derTat einen Schaft und keinen
eigentlichen
Kelch. Die Total-krümmung jedes hinreiehendgrol3en Teilgebiets
ist > 2n, wie wir schonerwâhnten;
beierschôpfenden Bereichfolgen
nimmt dieTotalkrümmung
gegen 2n ab.DaB in Satz 8, und ebenso in Satz 6 und 7, die
Voraussetzung
der
vollstândigkeit
nichtfortgelassen
werdenkann,
lehrt dasBeispiel irgendeines hinreichendgroBen einfachzusammenhängen-
den Gebiets der
Kugeloberflâche.
Man kann aber diese Voraus-setzung
auch nicht soabschwachen,
daB man etwa die,,Nicht-
fortsetzbarkeit" anstelle derVollständigkeit
fordert(Vgl. HR,
211,
221).
Z.B. ist die universelleÜberlagerungsflâche
einer zwei- fachpunktierten Kugelflâche
eine nichtfortsetzbare Riemann- sche Ebene derTotalkrümmung
+ oe ; natürlich ist diese Flache nichtvollstândig.
12. Die zweifach
punktierte Kugel
oder der beiderseits un-endliche
Rotationszylinder
dürfte nächst der euklidischen Ebene den einfachstentopologischen Typ
einer offnen Flâche darstellen.Sei Z eine dem
Rotationszylinder homôomorphe vollstândigen
Flache. Dann ist
X(Z) ==
0, also falls dieTotalkrümmung C(Z) existiert, C(Z)
0. Offenbar sind drei Fâlle zuunterscheiden, je
nachdem Z keinenSchaft,
einen Schaft und eineneigentlichen Kelch,
oder keineneigentlichen
Kelch enthâlt.1) Man kann übrigens zeigen, daf3 auf- auch geschlossene geodatisehe Linien
mit Doppelpunkten nicht auftreten kônnen, weil dann entweder ein Teilbogen
dieser Linie ein einfachgeschlossenes Eineck mit einer gegen sein Inneres ein-
springenden Ecke bilden würde oder zwei Einecke ohnc gemeinsalmen innern Punkt auftreten mÜBten; in jedem Fall hatte man ein Gebiet einer Totatkrummung > 2n.
Der erste Fall tritt z.B. beim
einschaligen Hyperboloid
ein.Die Gauùsche
Krümmung
ist überallnegativ;
man sieht an diesemBeispiel (was
ohnehinplausibel
seindürfte),
daB imAllgemeinen
die
Ungleichung (4)
nicht durch dieGleichung (6)
ersetzt werdenkann.
12 )
Ein
Beispiel
des zweiten Falls erhâlt man, indem man in einemrechtwinkligen
ebenenKoordinatensystem
dieExponentialkurve,
y = eX
betrachtet,
und diese Kurve um diex-Achse, y =
0, imRaum rotieren la13t.
Ein
Beispiel
des dritten Falls bietet die Rotationsfl,che derKurve y
= e-x2 um die x-Achse. In diesem Fall tritt offenbar eine Zonepositiver
Gau13scherKrümmung
auf. Aus Satz 7 und Satz 4folgt,
daB eine demRotationszylinder homôomorphe vollstândigen
Flache Z ohne
eigentlichen
Kelch stets ein Gebietpositiver
Gaul3-scher
Krümmung
enthâlt. Denn wâre die Gaul3scheKrümmung
auf Z
nirgends positiv,
so existierteC(Z),
und nach Satz 7 wâreC(Z)
= 0. Also wâre die GauBscheKrümmung
auf Z identischNull,
also wären nach Satz 4 alleFluchtgebiete
von Zeigentliche Kelche,
gegendie Voraussetzung.
13. Wir haben
gezeigt,
daB die Sâtzen 5 -10 aus den Sâtzen1- 4 sowie drei weiteren Sâtzen
folgen; nàmlich, daB jedes
ineinem Schaft enthaltene
Fluchtgebiet
ein Schaftist,
daB dieTotalkrümmung
eines Normalbereichs durch(1) gegeben wird,
und daB die universelle
Überlagerungsflàche
einervollstândigen
Flâche selbst
vollstândig
ist.Diese sieben Sâtzen werden in den
folgenden
dreiTeilen
dieserArbeit bewiesen werden. Jedoch sollen noch andere
Ergebnisse
gewonnen
werden,
die teils für sich Interessebieten,
teils zurVorbereitung spâterer geplanter
Arbeiten dienen. Es handelt sich vor allem um einegründliche Untersuchung
der Existenz undVerteilung
kürzesterWege
auf Flâchen und auf solchen Teilbereichen vonFl,chen, die,
wie z.B. dieFluchtbereiche,
vongeodâtischen Bôgen
berandet werden. Die bisher bekannten Existenzsätze reichen für unsre Zwecke nicht weit genug. Es ist nichtschwer,
aber rechtunbefriedigend,
aus dem bisher bekanntendie jeweils gebrauchte Verallgemeinerung
von Fall zu Fall abzu-leiten. Ich habe es trotz der dadurch
bedingten
Breite der Dar-stellung
vorgezogen, die Theorie der kürzestenWege
aus dem12 ) Man kann allgemein verifizieren : Zu jeder vorgegebenen endlichzusammen-
hângenden offnen topologischen Flache T und zu jeder reellen Zahl c im Intervall - oo c 2nx(T) gibt es eine T homôomorphe vollstandige Flâche F mit der
Totalkrümmung C ( F ) = c.
Verlauf der
geodâtischen
Linien im Kleinen von neuem herzu-leiten.
Der Fall der
gebrochenen
Extremalen wird dabei mitumfaBt,
ohne sich besonders herauszuheben. Es sei daher hier auf denHauptunterschied
zwischen dengeodâtischen Bôgen
und den-jenigen
kürzestenWegen hingewiesen,
die aneinspringenden
Ecken des Bereichrandes
geknickt
sind: Wâhrend eingeodä-
tischer
Bogen
eines offnen Bereichs überjeden Endpunkt
hinauseine
eindeutige
bestimmtegeodâtische Verlängerung besitzt,
kônnen
geknickte
Extremalen offenbar einen von einem Knick-punkt begrenzten Teilbogen gemein haben,
ohne zusammen-zufallen ;
über einenKnickpunkt
hinaus läBt sich eine Extremale nicht nur in einerRichtung,
sondern in allenRichtungen
einesgewissen
Winkelraums extremalverlângern.
Die ersten beiden Teile der
folgenden Darstellung
sind aus-schliel3lich der
verallgemeinerten
Theorie der kürzestenWege gewidmet.
Sie dürfte sich ohne wesentlicheÀnderung
aufallge-
meinere als Riemannsche
Ma13bestimmungen übertragen lassen,
aber auch für den Fall der Riemannschen Metrik
einiges
Neueenthalten;
manvergleiche
insbesondere§§
10 -12.Im dritten Teil wird die Theorie auf die
Fluchtgebiete
ange-wandt ;
das in 7 formulierteMinimumproblem
wird auf die Diskussiongewisser
kürzesterWege
auf der universellenÜber- lagerungsflâche
des Fluchtbereichszurückgeführt.
INHALTSVERZEICHNIS.
Seite I.
Betrachtungen
im Kleinen ... [16] 84§ 1. Differentialgeometrisches Grundgebiet ... [16] 84
§ 2. Geodâtische Linien ... [17] 85
§ 3. Kreisscheiben und Sektoren ... [18] 86
§ 4. Verkürzungsformeln ... [22] 9a II.
Differentialgeometrische
Fl,chen undgeodâtische
Bereiche... [23] 91
§ 5. Differentialgeometrische Flache... [23] 91
§ 6. Geodâtische Bereiche ... [24] 92
§ 7. Die geodâtischen Bereiche als metrische Räume ... [26] 94
§ 8. G-Strecken, G-Strahlen, Normalmengen von G-Strecken [28] 96
§ 9. G-Strecken im Kleinen ... [31] 99
§ 10. G-Strecken im GroBen. Verteilungssatz ... [331 101
§ 11. Folgerungen aus dem Verteilungssatz. Divergente be-
schränkte G-Strahlen und Verbindbarkeit beliebiger
Punkte durch G-Strecken ... [38] ] 106
§ 12, Vollständige Bereiche, B . 1
Cberlage-
Seite§ 12. Vollständige Bereiche, wegsame Bereiche,
Überlage-
rungsbereiche ... [43] 111
§ la. Zerlegung, Eulersche Charakteristik und Totalkrüm-
mung kompakter geodàtischer Bereiche ... [48] ] 116
III.
Fluchtgebiete
und Fluchtbereiche ... [52] 12o§14. Definitionen ... [52] 120
§ 15. Lôsung eines Minimumproblems ... [54] 122
§16. Gestalt von R(t) ... [ 57] 125
§ 17. Hauptsatz über Fluchtgebiete ... [60] 128
§ 18. Schaft, Kelch, eigentlicher Kelch... [62] 130
---
1.
Betrachtungen
im Kleinen.§
1.Differentialgeometrisches Grundgebiet.
In der ganzen euklidischen
(xi, X2)-Fbene E
seien drei reelle zweimalstetig
differenzierbare Funktionen gll’ g12 = g21’ g22 der Koordinatengegeben,
so daB diequadratische
Differentialform ds2== S gikd--idxk positiv-definit
ist. EinePunktmenge
U seiik = 1, 2
auf E
topologisch abgebildet;
ist x ein Punkt vonL’,
und hatder
Bildpunkt
von x in E dieKoordinaten Xi’
, so heil3en diese auch Koordinaten von x. Sindx(t)
fürirgendein
t-Intervall stückweisstetig
differentiierbare Funktionen von t, und istx(t)
C U für alle t dieses Intervalles der Punkt mit den Koordinatenxi(t),
so heiI3tx(t)
eine rektifizierbare Kurve in U. IhreLange
ist
gegeben
durchdt,
erstrecktüber jenes
1-Intervall.
Die
Richtung
einer rektifizierbaren Kurve in einem Punkt wird imFall,
daBdx, dX2
nicht beideverschwinden,
durch dendt dt
Einheitsvektor in E
gegeben,
dessenKomponenten jenen
Zahlenproportional
mit einempositiven
Faktor sind. Der Winkel zweierRichtungen
wird durch die bekannte cosinus-Formelgegeben.
Die
Festlegung
wirdeindeutig,
wenn manverlangt,
daB einWinkel nur im
abgeschlossenen
Intervall(0, n)
variieren darf.Flächeninhalt,
GauBscheKrümmung, Totalkrümmung
in Usind durch die bekannten Formeln
bestimmt;
die GauBscheKrümmung
ist einestetige
Funktion inU,
weil sie keine hÕheren als zweiteAbleitungen
der gik enthâlt.Im Sinn dieser
Beziehung
zu E heiBt U eindifferentialgeometri-
sches