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Das Hotel Jungfrau am Eggishorn

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173 Das Hotel Jungfrau am eggisHorn*

von Roland Flückiger-Seiler

Mrs. Cole entdeckt das Hotel

im september 1856 unternahmen die londoner eheleute Cole, mrs. Henry War-wick Cole und seine gattin eliza robinson1, begleitet von einem amerikanischen

Bergenthusiasten mit einem führer aus münster im goms und dessen Pferd, eine mehrtägige tour vom gotthardgebiet nach Zermatt. im Bericht über diese reise, den die bergbegeisterte frau 1859 unter dem titel «a lady’s tour round monte Rosa» 2 publizierte, sticht die grosse Begeisterung über die entdeckung des neu er-

öffneten Hotels an der Bergflanke des Eggishorns heraus, von dem die Wander-gruppe bei ihrem aufenthalt in fiesch erfuhr: «an excellent mountain inn had just been opened at a point about three-parts up the mountain.» 3 Die in ihrem

urteil sonst äusserst kritische mrs. Cole bezeichnete den Hotelier als «one of the most intelligent and civil landlords in switzerland», ein im ganzen Buch über ihre drei reisen rund um das monte-rosa-massiv nicht wiederholtes lob. Beim Be-such der englischen Bergsteigergruppe am 6. september 1856 war das Haus

be-1 geboren wurde eliza robinson be-18be-19 in stockport, manchester. im alter von 20 Jahren heiratete sie Henry Warwick Cole (1812–1876), rechtsanwalt und mitglied des British alpine-Club. ein Jahr nach dem tod ihres gatten starb sie 1877 im alter von 59 Jahren. näheres zu ihrem lebens-lauf: Ingrid Runggaldier, frauen im aufstieg. auf spurensuche in der alpingeschichte, Bozen 2011, s. 54–60.

2 Henry Warwick Cole, Mrs., a lady’s tour round monte rosa. in a series of excursions in the Years 1850–56–58, london 1859. in der Publikation werden alle drei reisen rund um das monte rosa-massiv in den Jahren 1850, 1856 und 1858 beschrieben.

3 Dieses und die folgenden Zitate, ebd., s. 64–66.

* Der autor plant eine umfassende Buchpublikation über die Walliser Berghotels im 19. Jahrhun-dert und nimmt deshalb gerne weitere informationen und abbildungen zum Hotel Jungfrau und weiteren Walliser Berghotels entgegen.

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reits seit knapp drei monaten eröffnet, aber offensichtlich noch nicht ganz vollen-det. so berichtet mrs. Cole: «He [der Hotelier] conducted us to the best rooms in his then half built inn.» Wegen dem stark rauchenden ofen im speisesaal musste die gruppe das nachtessen im führerzimmer im unteren geschoss einnehmen. im angeregten gespräch während der mahlzeit blieb der Dialekt des Hoteliers aus fiesch für mrs. Cole offenbar geheimnisvoll, dieser sprach zudem noch kein englisch, so dass sie ihn als italiener bezeichnete: «He is an italian and was de-lighted to talk in his native language with our american companion. He could not then speak english, but has since visited our country and learned our language, as an additional mean of making himself agreeable to english travellers.»4 am

folgenden Morgen unternahm die Gruppe einen Ausflug auf das Eggishorn. Eine stunde lang ritt mrs. Cole auf dem rücken von «fritz», dem Pferd des sie beglei-tenden führers, die zweite stunde legte sie zu fuss zurück. ohne unterstützung erreichte sie den gipfel, obschon der reiseführer von murray dies den frauen da-mals abriet. Voller Stolz schildert sie diesen wagemutigen Ausflug in ihrem Buch: «Without any other aid than that of my trusty alpen-stock and the occasional assistance afforded by my taking hold of the rocks on the side of the path.» Das loblied über die aussicht vom gipfel des eggishorns klingt euphorisch: «[…] the view from the summit of the horn is so immeasurably superior to what can be seen from below, that no one ought to be content with the view from the lower ridge […] Thirty-four glaciers are visible from the summit of the Aeggischhorn […].» 5

nach ihrer rückkehr im Hotel erhielt die müde aber glückliche gruppe vom auf-merksamen Hotelier zum mittagessen ein gebratenes murmeltier vorgesetzt, das sie an einen Hasenbraten erinnerte, dessen fett sie aber offensichtlich nicht leicht verdaute: «at our déjeuner the landlord supplied, among other delicacies, a roast marmot, served hot. Its flavour is not wholly unlike hare, but the food is decidedly too rich for the digestion of ordinary mortals.»6

Die Pionierregion Aletsch

Die schilderung im reisebericht von mrs. Cole wirft ein äusserst wertvolles schlaglicht auf die entstehung eines der berühmtesten oberwalliser Hotels aus-serhalb von Zermatt in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Das vorerst bescheidene Gasthaus an der Bergflanke des Eggishorns verdankte seine Entstehung der Tat-sache, dass die gegend um den aletschgletscher in der frühzeit der entdeckung 4 ebd., s. 66. auf ihrer dritten reise 1858, im Jahr vor der Publikation des Buches, stellte mrs.

Cole fest, dass der Hotelier unterdessen die englische sprache beherrschte: ebd., s. 166. 5 ebd., s. 68.

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175 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn alpiner Regionen zu den bevorzugten Gegenden gehörte. Bereits 1811 wurde der Jungfraugipfel durch die Gebrüder Johann Rudolf (1768–1825) und Hieronymus Meyer (1769–1828) aus Aarau mit Unterstützung der beiden Fiescher Führer Jo-seph Bortis und Alois Volken über den Aletschgletscher erstmals bestiegen.7 Im

folgenden Sommer verweilten Johann Rudolfs Söhne, Rudolf (1791–1833) und Gottlieb (1793–1829) Meyer, für ihre naturkundlichen Forschungen längere Zeit am Märjelensee. In den 1820er- und 1830er-Jahren hielten sich zahlreiche Glet-scherforscher in der Gegend auf, für die auch erste bescheidene Unterkünfte ent-standen. Zu den bekanntesten Forschern gehörten der Solothurner Geologe Franz Joseph Hugi (1791–1855) und der schweizerisch-amerikanische Naturforscher Louis Rodolphe Agassiz (1807–1873), welche um 1840 am Unteraargletscher die Wiege der Schweizer Glaziologie begründeten. Bald einmal wagten sich auch na-turbegeisterte Fremde, die mehrheitlich aus dem britischen Weltreich stammten, in diese alpinen Gegenden. So verbrachte beispielsweise der schottische Physiker und Gletscherforscher James David Forbes (1809–1868) zusammen mit weiteren Kollegen den ganzen Sommer 1843 im Aletschgebiet. Mit ihren Publikationen för- derten sie die Bekanntheit der Region im englischen Sprachraum.8

Bereits 1836 berichtete ein Reiseführer zum ersten Mal über die Gegend mit dem Aletschgletscher und dem Märjelensee: «Von Viesch führt ein Fussweg zum Aletschsee und Gletscher, an dem man entlang bis zu seinem Ausgang gehen kann. Auf dem, von Reisenden bis jetzt nicht besuchten Pfade stellen sich aus-serordentliche Naturscenen dar.» 9 Eine wichtige Voraussetzung für den

touristi-schen Aufschwung der Region bildete der Bau einer befahrbaren Strasse von Brig ins Goms, welche zwischen 1820 und 1838 bis Fiesch in Arbeit war. So berichtete Hans Caspar Hirzel (1746–1827) von seiner Wanderung im Sommer 1822 durch das Goms: «[…] nun aber wird an einer fahrbaren Strasse gearbeitet, die an einzel-nen Stellen bis nach Lax hinauf fertig ist.» 10 1836 bewilligte der Winter-Landrat

einen Kredit für den Ausbau der Strasse von Lax nach Fiesch11 und im Januar 1838

stellte der Staatsrat fest, dass die neue Strasse oberhalb Mörel, ausgeführt durch

7 Siehe dazu, neben der zahlreichen «Jubiläumsliteratur» von 2011, als ältere Quelle: Carl Baede-ker, Die Schweiz, Koblenz 1844ff., hier: 1853, S. 123.

8 Peter Arnold, Unterwegs zum heutigen Hotel Relais Walker in Mörel, Visp 1972, S. 11; Walter Ruppen, Die Kunstdenkmäler des Kantons Wallis, 3 Bde., hier: Band III: Der Bezirk Östlich-Raron, (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 84) Basel 1991, S. 265, Anm. 120.

9 Ludwig von Bollmann, Wegweiser der Schweiz, Bern 1836, Theil 1, S. 80.

10 Hans Caspar Hirzel, Wanderungen in weniger besuchte Alpengegenden der Schweiz und ihrer nächsten Umgebungen, Zürich 1829, S. 13.

11 Friedrich Gottlieb Stebler, Das Goms und die Gomser. Beilage zum Jahrbuch SAC, Bd. 38, Zürich 1903, Faksimile-Nachdruck, Visp 1981, S. 6.

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«entrepreneur Pierre adam Buelio», inspiziert werden kann.12 im gleichen Jahr

bereits meldete der englische reiseführer von John murray: «from lax to Brieg the char-road is completed.» 13

mit der erstbesteigung des eggishorns 1840 durch den engländer arthur tho-mas malkin (1803–1888) rückte dieser aussichtsberg schlagartig ins Zentrum der Bergbegeisterung englischer Kreise.14 im Jahr darauf pries der reiseführer von

Adolphe Joanne den Ausflug zu den «glaciers d’Aletsch et de Viesch» bereits als «une des plus belles de toute la suisse», und er wies gleichzeitig auf die «vue ma-gnifique du sommet de l’Aetischhorn» hin.15 Weit herum bekannt gemacht wurde

das eggishorn als aussichtsberg durch das Panorama des alpenforschers gottlieb studer (1804–1890), das dieser 1842 vom gipfel aus zeichnete und gleich veröf-fentlichte.16 Im folgenden Jahr bezeichnete John Murray den Ausflug aufs

Eggis-horn in seinem reiseführer als «a new expedition, just beginning to be known». er empfahl eine Übernachtung in fiesch oder lax als gleichwertig: «it is worth to pass a night at one or other [fiesch oder lax], to ascend the echighorn.» gleich-zeitig warnte er aber die Damen vor einer allzu grossen anstrengung: «it is a fa-tiguing day for ladies.» 17 Auch Karl Baedeker nahm diesen Ausflug bald in seine

führer auf, riet aber vor dem Bau des Hotels am eggishorn noch dringend zum engagement eines führers und zum mitführen von genügend lebensmitteln.18

Die damaligen reiseführer lassen keinen Zweifel offen: Kurz vor der Jahrhun-dertmitte hatte sich die gegend ums eggishorn als eines der wichtigsten touristi-schen Zentren im Wallis etabliert.19

12 staatsarchiv Wallis (im folgenden zit. als staVs), fonds 1101/36, s. 158: séance du Conseil d’État du 3 janvier 1838.

13 John Murray, a hand-book for travellers in switzerland and the alps of savoy and Piedmont, london 1838ff., s. 86.

14 The Alpine Journal. A record of mountain adventure and scientific observation, XV, Feb. 1890, s. 60, london 1863ff.; William Augustus Coolidge, swiss travel and swiss guidebooks, london 1889, s. 151; und ders., Zur topografischen Geschichte des Belalp- und des Aletschgebietes, der eggishornkette und des märjelensees, in: Blätter aus der Walliser geschichte V/1 (1914), s. 67– 102, hier: s. 90ff.

15 Adolphe Joanne, Itinéraire descriptif et historique de la Suisse, du Jura français, … du Mont-Blanc, de la vallée de Chamouni, du grand-st-Bernard et du mont-rose, Paris 1841ff., s. 254f. 16 Gottlieb Studer, Topographische Mitteilungen aus dem Alpengebirge, Bern / St. Gallen 1843.

textband und atlas (Panoramabeilagen). atlas, 1. sammlung, V, Blatt 1–3; s. auch: Carl Baede-ker (anm. 7), faltkarte bei s. 144.

17 John Murray (anm. 13), s. 92f. 18 Carl Baedeker (anm. 7), s. 122f.

19 Adolf Briw, aus geschichte und Brauchtum der Pfarrgemeinde fiesch, fiesch 1961, s. 58f.; Pe-ter Arnold, licht und schatten in den 10 gemeinden von oestlich-raron im Wallis – aus der geschichte eines Zenden, mörel 1961, s. 378–381; Roland Flückiger-Seiler, alpine Hotels zwi-schen Rhonequelle und Furkapass, (= Schriften des Stockalperarchivs in Brig, H. 44) Brig 2008, s. 11ff.

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177 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn Frühe Gasthäuser im Goms und im Aletschgebiet

gasthäuser waren im goms vor 1830 nur selten anzutreffen. neben der 1830/31 am Fusse des Rhonegletschers neu entstandenen Herberge 20 gehörte das bereits

1818 erwähnte «Wirthshaus Kreuz» in Münster 21 zu den ältesten Häusern für

Ver-pflegung und Unterkunft. Mit dem Strassenbau etablierte sich auch in Lax ein gasthaus, das der genfer lehrer und Weltenbummler rodolphe toepffer mehr-mals besuchte. Bei seiner reise von 1838 schrieb er über das Weisse Kreuz: «[… ] plafond en bois orné de compartiments à moulures; poêle en pierre […] de grands portraits d’ancêtres […] une longue table antique […].» Von seiner Tour 1842 hielt er nach dem mittagshalt lakonisch fest: «a lax, l’hôtesse est toute ronde, le dé-jeuner tout court.» 22 nach der entdeckung des eggishorns durch die frühen

Berg-steiger übernahm fiesch von lax die rolle als etappenort und ausgangspunkt für die exkursionen ins aletschgebiet. so hielt bereits malkin als erstbesteiger des eggishorns in seinem tagebuch am 25. august 1840 fest: «inns very fair, both at laax and Viesch; the cuisine best at laax, the roms rather better at Viesch […] no horses or mules used in the village.» 23 im folgenden Jahr hielt der reiseführer von

adolphe Joanne erste Hotelnamen fest: «au village de Viesch ou l’on trouve un bon accueil, un bon souper et un bon gîte, chez m. meinrad nellen, à l’enseigne du Glacier de Viesch.» 24 1844 nennt die erstausgabe des Baedekers das «Wirtshaus

bei Nellen im Viescher Gletscher.» 25

mit der Zunahme der naturforscher wuchs auch das Bedürfnis zur Übernachtung in höheren regionen. Bald einmal vermochten deshalb die Hütten «im oberen Tälli» beim Märjelensee 26 dem ansturm nicht mehr zu genügen. in den

1850er-Jahren eröffnete deshalb die familie de sepibus in ihrem ferienhaus auf der rie-deralp ein erstes gasthaus im aletschgebiet.27 um diese Zeit initiierte der

initia-tive leopold Bürcher auf der Belalp ein Hotel, das 1860 eröffnet wurde und sich bis zum ersten Weltkrieg zu einem der beliebtesten aufenthaltsorte für englische 20 Roland Flückiger-Seiler (anm. 19), s. 33ff.

21 Robert Glutz-Blotzheim, Handbuch für reisende in der schweiz, Zürich 1818, s. 331.

22 Rodolphe Toepffer, Voyages en zigzag, ou excursions d’un pensionnat en vacances dans les can-tons suisses et sur le revers italien des alpes, Paris 1844, s. 138; und ders., nouveaux voyages en zigzag à la grande Chartreuse, autour du mont Blanc, dans les vallées d’Herenz, de Zermatt, au grimsel, à gênes et à la Corniche, Paris 1854, s. 271.

23 Alpine Journal (Anm. 14), XV, Feb. 1890, S. 60. 24 Adolphe Joanne (anm. 15), s. 255f.

25 Carl Baedeker 1844 (anm. 7), s. 194. 26 nach Adolf Briw (anm. 19), s. 58.

27 eröffnungsjahr 1854 (ohne Quellennachweis) genannt bei: Peter Arnold (anm. 19), s. 381; ders., riederalp, mörel 1974, s. 11; und Walter Ruppen (anm. 8), s. 265. für das eröffnungsjahr 1858 plädiert: William Augustus Coolidge 1915 (anm. 14), s. 68, anm. 115 und s. 89. Der erste nach-weis des Gasthauses findet sich in: Gazette du Valais 53 (1857), S. 3.

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touristen im oberwallis entwickelte.28 es erstaunt deshalb kaum, dass zu dieser

Zeit auch am eggishorn eine standesgemässe unterkunft für Berggänger entstand.

Der Bau des Hotel Jungfrau am Eggishorn

Das neue Hotel Jungfrau am eggishorn entstand auf initiative der gebrüder ale-xander und franz Wellig aus fiesch. finanzielle unterstützung erhielten sie laut zuverlässigen Quellen durch den englischen Bergenthusiasten John Birkbeck (1817–1890) 29, bei dem alexander Wellig zum erlernen der englischen sprache

einen Winter verbrachte und der sich offensichtlich stark um dieses Hotel küm-merte, so dass in seinem nachruf zu lesen ist: «at the aeggischhorn, therefore, mr. Birkbeck was naturally at the head oft he table. We [die engländer als gäs-te] felt ourselves to be almost his guests, and formed a pleasant society under his presidency.» 30 am 12. Juli 1856 trug sich mit «Heinrich siewert, rentier, Berlin»

der erste Besucher im gästebuch ein.31 noch im gleichen Jahr erschien in der von

Hermann alexander Berlepsch herausgegebenen revue «alpina» ein erstes gros-ses Loblied auf das Eggishorn und das neue Hotel an dessen Bergflanke: «Aeg-gischhorn; Hôtel und Pension Jungfrau. Besitzer: alexander und fr. Wellig. Die-ses neuerbaute, geräumige Bergwirthshaus, von welchem man bis zur spitze des aeggischhorn nur noch 1 ½ stunden und bis zum grossen aletsch-gletscher nur eben so weit hat, ist eröffnet worden. […] nun muss man nicht mehr in den mö-riler Sennhütten auf der Märjelen-Alp übernachten.» 32 im folgenden Jahr

melde-te die gazetmelde-te du Valais: «un excellent hômelde-tel a été nouvellement bâti au pied de l’Eggishorn; il est tenu par MM. Wellig, propriétaires, chez qui on est très-bien reçu.» 33 Wie der eingangs zitierte reisebericht von mrs. Cole nachweist, war das

gasthaus wohl seit 1856 in Betrieb, es wurde aber erst im nächsten Jahr vollen-det.34 Gemäss den ältesten erhaltenen Fotografien handelte es sich beim ersten

28 Coolidge nennt als eröffnungsdaten sowohl 1856 (William Augustus Coolidge 1915 [anm. 14], s. 67) als auch 1860 (ebd. 1889 [anm. 14], s. 152). ein zeitgenössischer Bericht belegt das er-öffnungsjahr 1860: Bei seinem Besuch im sommer 1859 ist das Hotel gemäss leslie stephen «in process of construction» (Anm. 14 [Alpine Journal XV 1890/91], S. 279). 1862 erscheint der «gasthof Belle-alpe» erstmals im Baedeker (Carl Baedeker [anm. 7], s. 294).

29 Alpine Journal XV (Anm. 14 [1891]), S. 277–281, Nachruf von Leslie Stephen.

30 ebd., s. 279. siehe dazu auch: Louis Seylaz, autour de l’eggishorn. Contribution à l’histoire de l’alpinisme, in: Les Alpes XXXIV (1958), S. 52–60 und Abb. 144–146.

31 staVs, Ph 1491, livre des passages à l’hôtel Jungfrau, eggishorn 1856–1868, Kopie des original-buches.

32 alpina, hg. von Hermann A. Berlepsch, st. gallen 1856, nr. 5, s. 79, 82, 98f. 33 gazette du Valais 53 (1857), s. 3.

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179 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn Bau um ein kleines steingebäude mit vier fensterachsen und einem Walmdach35

(abb. 1, s. 180).

Das Hotel Jungfrau am eggishorn gehörte zur gruppe der frühen gebirgsho-tels im Wallis in der Zeit der «goldenen Jahren des alpinismus» der 1850er- und 1860er-Jahre. mit ihrer lage in abgelegenen seitentälern und an aussichtsreichen Bergflanken dienten diese Häuser primär als Basislager für die Eroberung der nahe gelegenen Drei- und Viertausender. Sie finden sich mehrheitlich in den Re-gionen mit diesen Berggipfeln, von denen sie oftmals ihren namen erhielten, wie beispielsweise die Hotels grand-Combin in fionnay, mont-Collon in arol-la, Dent-Blanche in Evolène, Durand in Zinal, Bella Tola in St-Luc, Monte Rosa und mont Cervin in Zermatt, Dom in saas fee oder, im aletschgebiet, das Hotel Jungfrau am eggishorn.36

Die einmalige Aussichtslage sowie der ideale Standort für zahlreiche Ausflüge ins aletschgebiet und in die Jungfrauregion machten den jungen Hotelbetrieb am eggishorn nach kurzer Zeit zum gespräch in den Clubs von london und in den englischen Zeitschriften. Das Haus etablierte sich, wohl auch dank der unterstüt-zung durch den geldgeber John Birkbeck, als bedeutender treffpunkt für engli-sche Bergsteiger. so bemerkte die genannte mrs. Cole anlässlich ihres zweiten Besuchs 1858: «the hotel has already become a favourite rendezvous for the mem-bers of the Alpine Club, who assemble here during the season in great nummem-bers.» 37

sie widersprach auch dem ängstlichen Baedeker, der die frauen damals noch vor dem eggishorn warnte.38 Der grosse andrang von engländern machte bald

ein-mal eine erste bescheidene erweiterung des Hauses notwendig, so dass der Bae-deker berichten konnte: «Hotel et Pension Jungfrau, 1856 erbaut, 1861 vergrössert, 30 Betten, viel Engländer, der Wirth Wellig sehr gefällig.» 39 im Hinblick auf die

weitere Besitzergeschichte erscheint die tatsache von Bedeutung, dass die beiden Zermatter Hotelpioniere alexander (1819–1891) und franz seiler (1827–1865), die sich im Jahre 1858 im Hotelbetrieb von gletsch zu engagieren begannen,40 im

sel-35 Beschreibung einer ansicht, die um 1960 noch in der Hotelhalle zu sehen war: Th. Chevalley, Trois hôtels de montagne historiques, in: Les Alpes XXXVIII (1962), S. 70–73 und Abb. 24–27, s. 70. leider ist bis heute keine Darstellung des alten Wellig-Hauses vor dem ergänzungsbau von 1873 bekannt.

36 siehe dazu: Roland Flückiger-Seiler, Hotelträume zwischen gletschern und Palmen. schweizer tourismus und Hotelbau 1830–1920, Baden 2001, s. 155ff.; und ders. (anm. 19), s. 22. 37 Henry Warwick Cole (anm. 2), s. 166.

38 Carl Baedeker 1859 (anm. 7), s. 133.

39 Carl Baedeker 1862 (anm. 7), s. 166. Die erweiterung wird ebenfalls erwähnt bei John Murray (anm. 13), s. 160, und bei Adolphe Joanne 1865 (anm. 15), s. 372.

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Abb. 1: Die älteste Fotografie des Hotels datiert auf 1886.

Sie zeigt den Altbau von 1856 der Gebrüder Wellig (1861 erweitert) und den 1873 auf der Westseite erstellten Neubau durch Emil Cathrein

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Abb. 2: Die Hotelanlage nach den Ausbauten in den 1890er-Jahren mit der protestantischen Kapelle

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ben Jahr auch alexander und franz Wellig ein Darlehen von 1000 franken ge-währten, das diese wohl für den 1861 vollendeten ausbau verwendeten und erst 1873, im Zusammenhang mit der Übernahme des Hotels am eggishorn durch emil Cathrein, dem schwager von alexander seiler, zurückbezahlt haben.41

1865 eröffneten die initiativen Hoteliers Wellig mit der faulberg-schutzhütte unterhalb der später erbauten Konkordiahütte eine erste einfache «Dependance» am aletschgletscher, welche die exkursionen ins Jungfraugebirge stark verkürz-te.42 nach diesen erneuerungen waren die reiseführer von John murray in den

1860er-Jahren des lobes voll über das nun bestens bekannte gasthaus in den Wal-liser Bergen. Die beiden eigentümer aus fiesch, welche sich nach anfänglichen schwierigkeiten offenbar auch mit den englischen gästen gut unterhalten konn-ten, standen nun stets im mittelpunkt von begeisterten Berichten. alexander Wel-lig wurde als exzellenter gastgeber und begabter Koch gewürdigt, sein Bruder als gewiefter unterhalter der gäste. so lobte beispielsweise murray 1867: «excellent inn, which affords more of comfort and convenience than are to be obtained else-where at an equal height and under similar natural difficulties.»43

neben den begeisterten Berichten in englischen reiseführern fallen zu dieser Zeit die ersten kritischen erwähnungen in den deutschen Publikationen auf. of-fenbar wurden die gäste aus dem britischen Weltreich von den gebrüdern Wellig bevorzugt. so liest man beispielsweise im reiseführer von Berlepsch 1862: «[Das Hotel] ist aber oft schon mittags so besetzt, dass an kein unterkommen mehr zu denken ist, besonders wenn man nicht englisch redend auftritt. […] aus serdem ist der Wirth, Hr. Wellig, ein wenig nervös aufgeregt, wenn er das Haus voll hat.» acht Jahre später erreichte die Kritik ihren Höhepunkt mit der schlussbemerkung: «Betten (seegrasmatrazen) und Bedienung lassen viel zu wünschen übrig.»44

Be-mängelt wurden damals auch die schlechten führer, welche die Hoteliers ihren gästen mitgaben, sowie die hohen führertaxen. 1870 schreibt der reiseführer von Berlepsch dazu: «Der Wirth lässt es sich zu schulden kommen, Wegesunkundi-ge Knechte seines Hauses den fremden als ‹führer› über den aletsch gletscher zu dem Preis von 15 fr. mitzugeben; reisende sind dadurch schon im lebensgefahr geraten.»45

41 seiler-archiv Zermatt, 1. rechnungsbuch, 88f. 42 William Augustus Coolidge 1915 (anm. 14), s. 94. 43 John Murray 1867 (anm. 13), s. 104f.

44 Hermann Alexander Berlepsch, neuestes reisehandbuch für die schweiz, Hildburghausen 1862, s. 466 und 1870, s. 575.

45 Hermann Alexander Berlepsch 1870 (anm. 44), s. 575. siehe dazu auch: William Augustus Coo-lidge 1915 (anm. 14), s. 93.

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183 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn Verkauf an Emil Cathrein

Die gebrüder Wellig waren offenbar müde geworden, weshalb der baldige Ver-kauf des Hotels kaum erstaunt. im oktober 1871 wechselte der Betrieb in den Besitz von emil Cathrein (1847–1916), dessen familie aus dem tirol ins Wallis eingewandert war, sowie dessen zwei schwager alexander seiler-Cathrein (1819– 1891) und felix Clausen-Cathrein (1834–1916).46 Die neuen eigentümer

began-nen sogleich mit der baulichen erweiterung des kleibegan-nen Hotelgebäudes: «l’hôtel Jungfrau […] considérablement agrandi en 1873» konnte der Baedeker deshalb bald melden.47 seit diesem Jahr wird der Betrieb gemäss steuerregister von emil

Cathrein selber geführt.48 Der auf der Westseite angefügte neubau erscheint auf

den ältesten bekannten Fotografien gewissermassen als «grosser Bruder» des Alt-baus von 1856.49 Der dreistöckige, würfelförmige steinbau mit einem dreiseitigen

Walmdach, in dem mit lukarnen ein viertes geschoss eingebaut war, dominierte den ursprungsbau deutlich. sein überhöhtes erdgeschoss mit speisesaal und di-versen salons nahm allein die Höhe von fast zwei stockwerken des altbaus ein (abb. 1, s. 180). Damit waren die aktivitäten der neuen eigentümer aber noch nicht abgeschlossen: 1876 liessen sie am aletschgletscher die sogenannte Kon-kordiahütte erstellen.50 Bald einmal waren deshalb auch die deutschen

reisefüh-rer wieder des lobes voll über das exklusive Berghotel: «Das 4-geschossige Hotel enthält 60 comfortable logirzimmer und salons, 80 gute Betten, einen speise-saal, rauch- und lesezimmer mit in- und ausländischen Zeitungen. telegraph im Hause.» 51 Zwei weitere ausbauetappen im laufe der 1890er-Jahre erhöhten die

Bettenzahl bis zum Ersten Weltkrieg auf insgesamt 120 52 (abb. 2, s. 181).

46 Fred Ammann, genealogische Kartei traditionsreicher Hoteliers- und gastwirtefamilien (gK), Biel 1976ff., 27, s. 10f.

47 Carl Baedeker (anm. 7) 1874, s. 149.

48 Bis und mit 1873 bezahlt alexander Wellig die gewerbesteuern für den Hotelbetrieb, ab 1874 erscheint emil Cathrein im steuerregister, d.h. Wellig hat das Hotel bis und mit sommersaison 1872 geführt, 1873 ist das umbaujahr unter der neuen eigentümerschaft, ab 1874 wird das erneu-erte Haus unter der leitung von emil Cathrien geführt. 1875 bezahlt Cathrein deutlich höhere steuern für das vergrösserte Haus (1874: 130 franken, 1875: 300 franken), staVs, fonds 2101: registres de l’impôt sur l’industrie.

49 Peter arnold aus mörel spricht als einziger von einem abbruch des Wellig-Hauses (Peter Arnold [anm. 19], s. 383, übernommen von Walter Ruppen, Die Kunstdenkmäler des Kantons Wallis, Bd. ii: Das untergoms [Die Kunstdenkmäler der schweiz, Bd. 67], Basel 1979, s. 350), was aber die ältesten fotos widerlegen.

50 William Augustus Coolidge 1915 (anm. 14), s. 94.

51 Hans Loetscher, Schweizer Kur-Almanach. Die Kurorte, Bäder und Heilquellen der Schweiz, Zürich 1886, s. 180.

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Abb. 3: Das Hotelreich des Emil Cathrein (1847–1916) auf dem Aletschplateau um 1900 (Sammlung des Autors)

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Abb. 4: Berggänger verabschieden sich vom Hotelierehepaar, um 1900 (aus: Antonietti [Anm. 61], Abb. 191)

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Roland Flückiger-Seiler

Ein Leben in Glanz und Gloria

Die Zeit von emil Cathrein als gastgeber am eggishorn kann als grosse erfolgs-geschichte bezeichnet werden. Das bescheidene unternehmen wuchs zu einem imposanten Hoteldorf an der Bergkante hoch über dem rhonetal, das in der Hoch-saison oftmals nicht in der lage war, alle anreisenden gäste standesgemäss zu logieren und zu bewirten. in der einsamkeit der oberwalliser Berglandschaft funktionierte das leben im Hotel Jungfrau wie in der geschlossenen Welt eines ozeandampfers. es liess sich kaum unterscheiden vom geschehen in den zeitge- nössischen grand Hotels von montreux, interlaken oder luzern.53 gemäss einem

erhaltenen inventar wies das Hauptgebäude bei Kriegsausbruch 1914 insgesamt 102 gästezimmer auf. für die verwöhnte Kundschaft standen vornehme aufent-haltsräume zur Verfügung, wie fumoir, salon, Hotelhalle, speisesaal und gaststu-be. in weiteren gebäuden fanden sich das Postbüro, zahlreiche magazine und Kel-ler, eine metzgerei und ein Waschhaus. Dazu kamen Werkstätten, wie eine eigene schmiede und eine schreinerei, sowie verschiedene stallgebäude für Kälber und schweine.54 1883 wird im Baedeker erstmals eine englische Kapelle erwähnt.55

neben den annehmlichkeiten im innern des Hauses gehörten die grosszügige aussichtsterrasse, ein eigener tennisplatz sowie ein neu angelegter reitweg von fiesch bis fast aufs eggishorn und zum märjelensee zu den exklusivitä ten in der umgebung. Bereits 1875 erwähnt der Baedeker, dass der reitweg bis ¼ stunde unter den gipfel des eggishorns führt.56

1887 und 1888 erwarb der initiative Hotelier emil Cathrein zusätzlich noch die gasthäuser auf der riederalp und der riederfurka.57 ein Jahrzehnt danach

eröff-nete er beim Konkordiaplatz am aletschgletscher eine weitere Dependance. Der reiseführer von murray berichtete dazu: «in 1898 the Club hut [die Konkordia-hütte] was repaired, while near by a small inn (14 beds) has been opened by Herr Cathrein of the Eggishorn Hotel.» 58 mit diesen aussenstellen auf riederalp und

53 siehe dazu Roland Flückiger-Seiler (anm. 36); und ders., Hotelpaläste zwischen traum und Wirklichkeit. schweizer tourismus und Hotelbau 1830–1920, Baden 2003.

54 inventarbuch für die Hotels Jungfrau und riederalp 1914 (Kantonales museum für geschichte, sitten).

55 Carl Baedeker 1883 (anm. 7), s. 281. 56 Ders. 1875 (anm. 7), s. 150.

57 Kauf der «Hotel Pension riederalp» von alfons von sepibus am 23. april 1887 (Peter Arnold [anm. 19], s. 383; ders. [anm. 27], s. 12) oder am 23. Juli 1887 (staVs, fonds alexander Perrig, Zeittafel 1839–1982). Kauf des gasthauses auf der riederfurka, genannt die «restauration», von Dr. Peter speckly, sowie des Chalets von der familie alfons de sepibus am 2. Januar 1888 (staVs, fonds alexander Perrig, Zeittafel 1839–1982). – 20.3.1889: emil Cathrein kauft zusam-men mit alexander seiler und felix Clausen von der gemeinde fieschertal den «gasthof Con-cordia» (staVs, fonds alexander Perrig, Zeittafel 1839–1982).

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187 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn riederfurka sowie am Konkordiaplatz besass Cathrein auf dem aletschplateau ein eigentliches Beherbergungsmonopol (abb. 3, s. 184). auf über 2000 m ü. m. inszenierte er eine eigene, autonome Hotelwelt und pflegte dabei beste Beziehun-gen zur englischen finanzaristokratie. Zu seinen gästen gehörten unter anderen sir ernest Cassel, der finanzgewaltige der londoner City sowie engster freund und Berater von König edward Vii. Cassel liess sich 1902 auf der riederfurka ein eigenes ferienhaus bauen, in dem sich später die damaligen grössen der europä-ischen und amerikaneuropä-ischen finanzwelt trafen.59 im Hotel Jungfrau am eggishorn

war das Zimmer mit der nummer 10 und dem Baldachinbett bis zur aufgabe des Hotelbetriebs in den 1960er-Jahren als sogenanntes Churchillzimmer bekannt.60

im inventarbuch des Hotels widerspiegelte sich auch die noble gästeschar des Hauses. für den hoteleigenen Basar werden 1901 folgende Verkaufsgegenstände aufgezählt: Kleidungsstücke wie loden, Hüte, Halstücher, strümpfe; freizeitarti-kel wie Botanisierbüchsen, Pflanzenpressen, Wander- und Bergstöcke, Spielkar-ten, schachspiele, Zeichnungsmappen; souvenirartikel wie aschenbecher, Vasen, «melchterchen» (kleine milchtransportgefässe), serviettenringe, «gläser mit Ho-tel Jungfrau», Fotografien, Ansichtskarten, Panoramen, Bilder vom Aletschglet-scher usw.61 (abb. 4, s. 185).

gleich neben dem Berghotel voller glanz und gloria lebte in der gegend eine von armut und elend gebeutelte Bergbevölkerung, wie damals in den meisten gebieten der schweizer alpen. mancherorts wurden touristen aufs unangenehm-ste von alten und jungen Bettlern und Bettlerinnen verfolgt. Zahlreiche zeitgenös-sische reisehandbücher beklagten diese belästigende erscheinung.62 es war die

Zeit, in der die einheimischen ihr alphorn nicht aus inbrunst spielten, sondern ihr musikalisches repertoire aus armut für einen Batzen anboten und hungern-de Bauernmädchen versuchten, mit ehungern-delweiss und enzian zu einem geldstück zu kommen.63 es mutet im rückblick beinahe unglaublich an, dass in dermassen

ver armten gegenden pompöse Palasthotels erstellt werden konnten. Während das sein neues «gästehaus» in der gemeinde fieschertal, das ab 1899 als «hôtel» bezeichnet wird (staVs, fonds 2101: registres de l’impôt sur l’industrie).

59 Bau der Villa für sir ernest Cassel nach Plänen des architekten louis Bezencenet aus lausanne, Bauführung durch alfred lanzrein aus thun (Walter Ruppen [anm. 8], s. 272ff.). Korrespon-denz und Bauabrechnung im musée Vs, fonds Hotel Jungfrau eggishorn, «copies de lettres». 60 freundliche mitteilung von Herbert Volken, fiesch, im Dezember 2006.

61 inventar Hotel eggishorn 1901, Kantonales museum für geschichte, sitten. siehe dazu auch: Thomas Antonietti, Bauern, Bergführer, Hoteliers. fremdenverkehr und Bauernkultur Zermatt und aletsch 1850–1950, Baden 2000, s. 128ff. und 140.

62 Rudolf von Tavel, Die wichtigsten aenderungen in der lebenshaltung der schweizerischen Hoch- gebirgsbewohner im Laufe des XIX. Jahrhunderts, Inaugural-Dissertation der hohen philosophi-schen fakultät der universität Heidelberg, Bern 1891, s. 3f.

63 Hans Peter Treichler, Die magnetische Zeit. alltag und lebensgefühl im frühen 19. Jahrhundert, Zürich 1988, s. 228f.

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Abb. 5a (oben) und b (unten): Jeeptransport nach dem Zweiten Weltkrieg (Sammlung des Autors)

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Abb. 6: Fahrplan der Transportmittel auf das Aletschplateau im Sommer 1950 (Sammlung des Autors)

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Roland Flückiger-Seiler

Kellerinventar für das Hotel eggishorn im Jahr 1901 unter anderem zehn verschie-dene Champagnermarken, «sardines, Zwiback, 12 kilos amandes, 1 Baril Câpres, Asperges: 29 ½ Boîtes, Fonds d’Artichauds: 20 Boîtes, Safran» auflistet, gehören die benachbarten alphirten mit einem Kilo Käse, einem roggenbrot und einem Weissbrot pro Kuh und sommer bereits zu den reichlich gut verköstigten Berg-bewohnern.64

Bahnträume

in den Jahren des grossen erfolgs um die Jahrhundertwende entstanden auch die ersten Projekte zur erschliessung der gegend mit der schiene. 1907 entwickelte der junge, initiative Jules Cathrein (1878–1949), der sohn von emil, zusammen mit einem initianten aus Paris, ein Projekt zum Bau einer schmalspurbahn von Brig über Bitsch und die riederalp zum Hotel Jungfrau am eggishorn und zum märje-lensee. Dem an den Bundesrat im Dezember 1907 gerichteten Konzessions gesuch wurde nach langen Verhandlungen im Jahre 1911 stattgegeben.65 als wohl

kurio-sestes unter allen schweizerischen Bahnprojekten gilt das der Bundesversamm-lung ebenfalls 1907 von einem internationalen Konsortium vorgelegte Projekt mit einer Kombination aus Zahnradbahn von Brig an den rand des aletsch gletschers (Zenbächen) und einer anschliessenden schlittenseilbahn in drei sektionen auf dem aletschgletscher bis zum Jungfraujoch. an die zur Verhinderung des einfrie-rens ständig in Betrieb gehaltenen seilschlaufen hätten je nach Bedarf zehnplät-zige Holzschlitten angehängt werden können. Das zuständige Departement des Bundes lehnte das Konzessionsbegehren ab mit der Begründung, das Vorhaben sei zu wenig studiert.66

nachdem keines der erwähnten Projekte eine Verwirklichung fand, der Bau der eisenbahn durchs goms aber Wirklichkeit wurde, stellte Hotelier Cathrein zu-sammen mit den ingenieuren Chapuis aus lausanne und römer aus Zürich im Dezember 1913 ein Konzessionsgesuch für eine 18.5 Kilometer lange Zahnrad- und adhäsionsbahn von fiesch zum Hotel Jungfrau mit fortsetzung zum märje-lensee und zum faulberg auf 2845 m ü. m. als Variante war eine Drahtseilbahn in zwei sektionen von fiesch zum Hotel Jungfrau im gespräch. auch dieses Pro-jekt blieb, wie viele andere BahnproPro-jekte in den Walliser alpen, unausgeführt.67

64 Roland Flückiger-Seiler (anm. 36), s. 44ff.

65 schweizerische Bauzeitung. Wochenschrift für Bau-, Verkehrs- und maschinentechnik, Zürich 1883ff., hier: 1910/lVi, s. 24; Peter Arnold (anm. 27), s. 24.

66 La Revue polytechnique et le moniteur de l’industrie 1907, S. 285; Gaston Maison, les Chemins de fer du Haut-Valais, aigle 1975, s. 55ff; Walliser Bote, 21.12.1995, s. 21.

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191 Das Hotel Jungfrau am Eggishorn Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg

Wie bei zahlreichen anderen Projekten bedeutete der ausbruch des ersten Welt-kriegs das endgültige aus für die Bahnträume am eggishorn. Das Hotel hinge-gen überstand die Zwischenkriegszeit relativ unbeschadet. Die einstige noble Kli-entel aus dem englischen Königreich blieb nun allerdings aus. trotzdem konnte sich der Hotelbetrieb in der Zwischenkriegszeit dank zahlreichen schweizer gäs-ten phasenweise gut behaupgäs-ten. in der Zeit des touristischen aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich aber die fehlende Bahnverbindung schmerz-haft bemerkbar, der tägliche maultiertransport von fiesch zum Hotel konnte nun nicht mehr genügen. mit der eröffnung der ersten luftseilbahnen im aletschge-biet – 1950 auf die riederalp und ein Jahr später auf die Bettmeralp – geriet das Hotel am eggishorn endgültig ins abseits. in der sommersaison 1950 etablier-ten die initiativen Hoteliers deshalb erstmals eine tägliche autoverbindung nach fiesch. um 16 uhr, in der Hochsaison auch um 12.10 uhr, führte ein hoteleigener Jeep die angemeldeten gäste auf dem mittlerweile erstellten fahrweg über die la-xeralp und Kühboden zum Hotel Jungfrau am eggishorn68 (abb. 5 und 6, s. 188

und 189).

Bald einmal übernachteten in dem nun leicht heruntergekommenen Berghotel aber mehrheitlich Schulklassen auf ihren Ausflügen. In den 1960er-Jahren erhielt die gegend dann endlich eine Bahnerschliessung, initiiert durch den aufkommenden skisport. Die 1966 eröffnete luftseilbahn zum Kühboden und in einer zweiten sektion zum eggishorn liess das alte Hotel Jungfrau allerdings auf der seite lie-gen. als die 1969 in den Besitz des Hotels gelangten eigentümer aus der Kantons-hauptstadt drei Jahre später die Liquidation ihres alten Hotelbaus mit Hilfe von Zündschnur und feuer in auftrag gaben, schlug leider die letzte stunde dieses historischen traditionshotels in den Walliser alpen.69 1980 wurden die letzten

Überreste des einstigen nobelhotels am eggishorn weggeräumt. eine generation später wäre das alte Hotel wohl längst wieder zum beliebten treffpunkt einer an der historischen Hotelkultur interessierten gästeschar geworden.

68 amtliches Kursbuch, ausgaben sommer 1949 und sommer 1950, fahrplanfeld 946.

69 Der von den eigentümern angeheuerte Brandstifter wurde am ostermontag 1972 «auf frischer tat» angehalten und die eigentümer im anschliessenden gerichtsverfahren als auftraggeber verurteilt.

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Der autor dankt seinen bisherigen gewährsleuten zu fiesch (martin und fabian albrecht, Brigitte Karlen-michelet, stephan Wellig, Herbert Volken und Josephi-ne Volken-speckly aus fiesch, andreas Cathrein aus mörel, Hugo (†) und mari-ann gutzwiller-Cathrein in Brig sowie luzia Carlen vom alpinen museum Bern) für kleinere und grössere Hinweise, welche die vorliegende geschichte in irgend-einer form geprägt haben. ein grosser Dank geht an thomas antonietti vom ge-schichtsmuseum Wallis in sitten sowie an staatsarchivar Hans-robert ammann. Roland Flückiger-Seiler

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193 Die inDustrietaxe von 1856 als Quelle

für wirtschaftsgeschichtliche forschungen. eine stuDie zum val D’anniviers 1865 bis 1920

von Martin Fenner

Die walliser gewerbesteuer/industrietaxe des späten 19. Jahrhunderts ist bisher noch nicht allzu oft als Quelle für regionalhistorische forschungen benutzt wor-den. Der verfasser ist auf dieser grundlage am beispiel des val d’anniviers der frage nachgegangen, inwieweit sich die wirtschaftliche struktur dieses bergtals mit dem aufkommen des hoteltourismus ab 1860 verändert hat und wie das ins-trument der industrietaxe als geschichtliche Quelle zu beurteilen ist. ein teil der hier abgebildeten resultate wird künftig in einem buch des verfassers zur ge-schichte des val d’anniviers publiziert.

1  Die Industrietaxe von 1856 1

Datiert auf den 31. mai 1856 verabschiedete der grosse rat ein neues finanzge-setz, welches unter anderem die einführung einer industrietaxe vorsah. unter die neue Steuer fielen alle Kantonsangehörigen, die im Haupt- oder Nebenerwerb ei-nen freien beruf ausübten: gewerbetreibende, händler, gastwirte, notare, Ärz-te usw. angesÄrz-tellÄrz-te (zum beispiel das hoÄrz-telpersonal) waren von dieser taxe nicht betroffen.

ein gleichzeitig erlassenes Dekret zählte die zu besteuernden berufe und die Steuersätze auf. Der Tarif, der jährlich zu entrichten war, betrug für die herkömm-lichen dörfherkömm-lichen Gewerbebetriebe zwischen 2 und 50 Franken, nur für Hotels war er höher (bis 350 Franken, in einem Fall nach 1900 sogar 700 Franken). Teil- und saisonbetriebe wurden entsprechend entlastet, tätigkeiten mit nur minimaler ak-tivität von der steuer oft ganz befreit. im staatsarchiv sitten sind die verzeich-nisse in doppelter ausführung erhalten: einmal als urschrift der gemeindebüros, zum andern – nach gemeinden und bezirken geordnet – in einer nach der fest-1 staatsarchiv wallis (im folgenden zit. als aev), fonds 2fest-10fest-1: registre de l’impôt sur l’industrie.

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194 Martin Fenner

legung der endgültigen steuerentscheide verfassten abschrift aus der kantonalen verwaltung. letztere Dokumente sind vor allem im bereich der touristischen be-triebe detaillierter als die gemeindelisten. hier sind auch die eingeforderten steu-erbeträge vermerkt. Darüber hinaus sind nur wenige unterschiede fassbar. ein Dekret vom 15. Januar 1921 ersetzte die alte industrietaxe durch ein neues be-steuerungssystem, das die industriellen tätigkeiten von den übrigen nicht mehr unterschied.

2 Das historische Umfeld und die Zielfragen

Die industriesteuer ist eine interessante Quelle zur geschichte des wirtschaftli-chen und sozialen Wandels in der Zeit der «Frühindustrialisierung» eines Kan-tons, der bis um 1860 noch fast vollständig in agrarstrukturen verharrte.2 Das

wort industrie wurde 1856 noch in seiner alten, umfassenden bedeutung verstan-den; es umschloss alle tätigkeiten des zweiten und dritten sektors, die verarbei-tenden betriebe und die Dienstleistungen (soweit sie privat waren). eine unter-suchung zu den industriesteuern zwischen 1856 und 1920 kann also aufschluss darüber geben, wieweit sich das wallis in dieser zeit vom reinen agrarkanton hin zu moderneren formen des wirtschaftens entwickelte. Dabei kann unter anderem eine abweichende entwicklungsgeschwindigkeit der regionen und insbesondere zwischen dem rhonetal und den berggebieten vermutet werden.

auf eine nähere skizzierung der geschichte des val d’anniviers kann, mit be-schränkung auf wenige hinweise, verzichtet werden. Das tal stand im ruf einer besonders konservativen und wirtschaftlich auf eigenproduktion ausgerichteten berggemeinschaft und hatte bis 1860, abgesehen vom ersten sektor, kaum etwas anderes als die für das Funktionieren des dörflichen Lebens wichtigen und üb-lichen gewerbebetriebe gekannt. gerade um diese zeit manifestierten sich aber zwei Innovationen: Erstens öffneten die ersten Hotels im Tal (Durand in Zinal und Bella Tola in St-Luc) ihre Tore, wenn auch nur mit wenigen Unterkunftsmög-lichkeiten. zweitens: eine voraussetzung für das touristische zeitalter waren mo-dernere verkehrsbedingungen, konkret die für fuhrwerke befahrbare strasse von siders bis nach vissoie, das Dorf im zentrum des tales (1863), und die vom gen-fersee herführende eisenbahn (1868 in siders).

2 vgl. dazu Beat Kaufmann, Die entwicklung des wallis vom agrar- zum industriekanton, Diss., Basel 1965, S. 5–17, 18–32.

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195 Die Industrietaxe von 1856 Tab. 1: Die Entwicklung der Wohnbevölkerung 3 1860 1880 1900 1910 1920 ayer 769 818 789 536 516 chandolin 123 169 200 204 203 grimentz 227 224 353 237 236 st-Jean 307 364 395 418 425 st-luc 462 436 501 549 383 vissoie - - - 309 238 anniviers total 1888 2011 2238 2253 2001 siders 1095 1448 1833 3076 3763 bezirk siders 8302 9656 11567 14441 15740 Kanton Wallis 90792 100190 114438 128381 128246

Bemerkungen zur Bevölkerungsentwicklung: Während des gesamten 19. Jahrhun-derts nahm die Talbevölkerung zu. Das Tal wies noch in der Jahrhundertmitte eine deutlich höhere Einwohnerzahl als Siders auf, was sich danach aber rasch än-derte. Der deutliche rückgang von 1910 zu 1920 markiert den beginn einer ent-wicklung, die bis 1973 andauerte. Im 19. Jahrhundert existierten 5 Talgemeinden. 1904 entstand zusätzlich die gemeinde vissoie. sie setzte sich aus teilen der bis-herigen gemeinden ayer und grimentz zusammen.4

bei der untersuchung sind folgende fragestellungen massgeblich:

● gab es im val d’anniviers im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert so etwas wie eine Protoindustrialisierung, das heisst ein anwachsen der verarbeitenden und verteilenden betriebe?

● was sagen die Quellen über die entwicklung und das gewicht der hotellerie aus? übten sie eine schrittmacherfunktion auf andere tätigkeiten im zweiten und dritten sektor aus?

● gab es abgesehen vom tourismus überhaupt moderne Dienstleistungen? ● Lassen sich Entwicklungsunterschiede zwischen den Dörfern ausmachen? ● vereinigten sich verschiedene betriebe in ein und derselben hand? waren die

tätigkeiten im zweiten und dritten sektor fest in männerhand oder tauchten in den listen auch frauen auf?

3 Eidgenössische Volkszählungen.

4 zur komplizierten gemeindeentwicklung vgl. Bernard Crettaz, nomades et sédentaires. com-munautés et communes en procès dans le Val d’Anniviers, Genève 1979.

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196 Martin Fenner

Abb. 1: Karte des Val d’Anniviers mit seinen Gaststätten 5

5 AEV (Anm. 1). Zinal Vissoie Siders Chippis Niouc Chandolin St-Luc Ayer Grimentz St-Jean Durand, 1856 Trift, 1891 Diablons, 1894 Besso, 1895 National, 1906

Becs de Bosson, 1894 Rothorn, 1899

Anniviers, 1876 des Alpes, 1885

Bella Tola, 1859 Bau – 1860 Eröffnung Weisshorn, 1882 Bau – 1884 Eröffnung Cervin, 1893

Des Alpes, 1889

Grand Hôtel, 1898

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197 Die Industrietaxe von 1856 ● welchen erkenntniszuwachs besitzen die am vorliegenden beispiel erarbeite-ten Quellen und ihre aussagekraft für sozial- und wirtschaftsgeschichtliche forschungen?

Das intervall von 1865 bis 1920 wurde unter zweierlei gesichtspunkten betrach-tet: während die entwicklung von gewerbe und Dienstleistungen in zehnjahres-schritten untersucht wurde, mit dem ziel, deren ausformung während eines hal-ben Jahrhunderts darstellen zu können, erfolgte die Analyse der Hotellerie und der mit ihr verbundenen freien erwerbszweige (fuhrleute, bergführer) in Jahres-schritten.

3 Die Ergebnisse der Untersuchung I: die Entwicklung der Hotellerie

Seit 1865 figurieren Daten, ab denen zum ersten Mal Steuern für die Industrieta-xe bezahlt wurden. für die hotels Durand und bella tola, die bereits zuvor gebaut worden waren, werden weitere unterlagen hinzugezogen. Dasselbe gilt in einzel-nen fällen auch für andere gaststätten. Jene, die nur kurze zeit bestanden, wur-den in der Darstellung nicht berücksichtigt (siehe abb. 1, s. 196).

3.1 Interpretation

Den anfang machten zinal und st-luc: 1856 wurde das hotel Durand in zinal eröffnet – mit einem einzigen Gästezimmer und vier Betten, 1859 das Hotel Bel-la toBel-la in st-luc, das unmittelbar nach dem zweiten Dorfbrand von 1858 in der Dorfmitte seinen betrieb aufnahm – auch mit nur wenigen schlafgelegenheiten. Der überblick in tab. 2 zeigt, dass anschliessend nicht kontinuierlich weitere ho-telbauten folgten. erst in den 1890er Jahren setzte eine gedrängte bautätigkeit ein, die bis 1906 andauerte. unübersehbar war nun die überragende stellung zinals als touristenort und von st-luc als zweitem touristischen schwerpunkt. Den gegen-pol bildete die gemeinde st-Jean, wo bis heute nie ein hotel errichtet wurde. ein blick auf die steuern, welche die hotels zu bezahlen hatten, belegt, dass sich der Hotelboom finanziell erst im Laufe der 1890er Jahre manifestierte und 20 Jahre später, mit dem Kriegsbeginn 1914, in die Krise geriet. Die Hotels waren im Som-mer drei bis vier Monate geöffnet.

Die Entwicklung im Val d’Anniviers: Ein zögerlicher Beginn, ein grosser Bau-boom in den 1890er Jahren bis über die Jahrhundertwende hinaus (was auch in der Besteuerung der Hotels Niederschlag findet) und die Krise mit dem Ausbruch des Krieges 1914 lassen sich in vielen Tourismusgebieten der Schweiz feststellen. Das tal ist insofern eher normal- als spezialfall.

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198 Martin Fenner

Tab. 2: Besteuerung der Hotels (ohne Restaurants) in Franken, nach Gemeinden 6

Ayer (Zinal) Chandolin Grimentz St.Luc Vissoie Total

1870 25 - - 20 - 45 1880 50 - - 50 50 150 1890 300 - - 100 80 480 1900 600 300 50 600 100 1650 1910 700 350 100 600 130 1880 1920 120 100 50 285 160 715

4 Die Ergebnisse der Untersuchung II:

Die Gesellschaft der Anniviarden verändert sich – aber nur ein bisschen

eine entwicklung, die von aussen kommt – hotellerie und tourismus –, vermag eine bis anhin eher isolierte region zu verändern. Dies soll im folgenden mit hil-fe von statistischen angaben nachgezeichnet werden.

Die berufsstruktur des val d’anniviers zwischen 1865 und 1920 wurde in der unten stehenden tabelle in zahlen festgehalten. eine interpretation der ergebnis-se folgt im anschluss.

Tab. 3: Die Entwicklung von Gewerbe und Dienstleistungen im Val d’Anniviers (5 bzw. 6 Gemeinden) 1865 bis 1920 7 Jahr 1865 1870 1880 1890 1900 1910 1920 Einwohner (erste Zahl: 1860) 1888 1975 2011 2167 2238 2253 2001 Baugewerbe maurer 2 2 schreiner 2 1 2 8 9 10 5 sägerei 5 5 6 10 8 3 4 total 7 6 8 18 17 15 11 6 aev (anm. 1). 7 Ebd.

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199 Die Industrietaxe von 1856 Gewerbe und Handwerk

schmied 1 1 1 1 mühle 3 4 4 5 4 4 3 nagelschmied 1 1 1 3 hufschmied 4 2 2 2 4 1 2 Küfer 4 3 1 4 1 3 4 wagner 2 1 2 gerber 2 2 2 1 schneider 2 1 3 2 4 1 weber 3 3 1 3 schuster 2 4 6 7 10 10 7 verschiedenes 3 2 2 2 1 1 1 total 26 21 21 28 29 24 18 Geschäfte bäcker 1 1 2 3 1 metzger 2 2 viehhändler 1 1 1 holzhändler 3 3 4 3 5 weinhändler 1 3 5 3 4 9 4 tabakladen 2 4 5 5 12 8 basar 3 4 3 7 7 übrige geschäfte 1 1 1 2 4 4 total 4 4 17 18 21 40 31 Tourismus hotel 2 2 5 7 12 14 14 fuhrmann 10 21 22 7 bergführer 2 4 3 10 22 23 6 total 4 6 8 27 55 59 27

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200 Martin Fenner Übrige Dienstleistungen feldvermesser 1 1 6 1 2 2 1 tierarzt 1 steuereintreiber 1 notar 1 1 1 1 bank raiffeisen 1 total 3 2 8 2 2 2 2 Gesamttotal 44 39 62 93 124 140 89 in % der Bevölkerung 2,3 2,0 3,1 4,3 5,5 6,2 4,4

Personen, die gemäss Industrietaxe verschiedene Tätigkeiten ausgeübt haben, fi-gurieren entsprechend mehrfach. Dies betrifft vor allem den bereich der geschäf-te.

4.1 Kontinuität und Bewegung

gesamtüberblick: Die verschiedenen wirtschaftszweige ausserhalb des landwirt-schaftlichen sektors haben sich zwischen 1865 und 1910 personell insgesamt mehr als verdreifacht und sind dann innert weniger Jahre wiederum drastisch zu- rückgegangen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung verbleibt der Anteil der Be-schäftigten im nichtlandwirtschaftlichen bereich mit 4,4 % 1920 (gemessen an der Bevölkerungszahl) in einem bescheidenen Rahmen. Die Zahlen belegen auch, wie stark das Ausbleiben der ausländischen Touristen nach dem Ausbruch des Kriegs 1914 das tal in grosse wirtschaftliche schwierigkeiten stürzte. Der beschäftig-tenrückgang betraf alle tätigkeitsbereiche, wenn auch in unterschiedlicher inten-sität.

einerseits existierten berufsgruppen, die sich in ihrer personellen zusammen-setzung kaum veränderten: das gewerbe und das handwerk und der bereich «üb-rige Dienstleistungen», der praktisch inexistent war. andere berufszweige erleb-ten einen aufschwung. zu den gewinnern der epoche zählte das baugewerbe, dann (in stärkerem ausmass) die geschäfte und der touristische sektor. letzte-rer war vor 1890 noch kaum von Bedeutung, stand 1900 und 1910 auf dem Höhe-punkt und reduzierte sich im Gefolge des Kriegs wiederum um über die Hälfte. Die diesbezüglichen zahlen bestätigen die statistik der steuereinnahmen (tab. 2).

weiter für die thematik relevant sind etwa mehrfachnennungen und damit mehrfachtätigkeiten einzelner Personen. Das kommt zwar nicht allzu oft vor, doch können zwei Grundmuster ermittelt werden: Die besonders Ambitionierten, die

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201 Die Industrietaxe von 1856 ein hotel leiteten und gleichzeitig als bergführer, fuhrmann und warenhändler tätig waren, sind in der zehnjahresstatistik je zweimal in vissoie und zinal und einmal in St-Luc anzutreffen. Häufiger scheinen die Berufe Hotelier und Berg-führer / Fuhrmann kombiniert worden zu sein. Daneben existiert eine Kategorie erwerbstätiger, die in verschiedenen verkaufsbereichen auftreten oder – eine be-sonderheit in st-Jean – gleichzeitig in mehreren gewerbe- und handwerkssparten tätig sind. insgesamt wird über die auswertung der steuerregister eine generati-on vgenerati-on hoteliers fassbar, die weit mehr als nur leiter des betriebs waren.

Die vorliegende statistik umfasst alle damaligen gemeinden und sagt damit nichts über die Entwicklung der einzelnen Ortschaften aus. Die berufliche Ent-wicklung wurde hingegen für jede gemeinde einzeln verfolgt. ein vergleich ge-staltet sich deshalb nicht ganz einfach, denn vissoie erscheint erst 1904 als selb-ständige gemeinde und war vorher zwischen ayer und grimentz aufgeteilt. Die zahlen von 1910 und 1920 zeigen, dass vissoie in den arbeitsbereichen baugewer-be, gewerbe und handwerk sowie im bereich der geschäfte über deutlich mehr freischaffende verfügte als die anderen gemeinden. ayer (zinal ist teil dieser gemeinde) und st-luc folgen dem allgemeinen trend zu mehr beschäftigten bis 1910, wobei ayer seit 1890 in der tourismusbranche praktisch eine monopolstel-lung innehat. Die Gemeinde St-Jean weist nur sehr wenige Steuerpflichtige im zweiten und dritten sektor auf. ihre zahl verändert sich während des gesamten zeitraums nicht. ins auge springt zudem das vollständige fehlen von touristi-schen aktivitäten im analysierten intervall. auch chandolin und grimentz ver-fügen über nur wenige beschäftigte ausserhalb der landwirtschaft. in grimentz nimmt ihre zahl ab 1890 allerdings in einigen bereichen etwas zu.

männer und frauen: in den steuerverzeichnissen tauchen nur selten frauen-namen auf. Julienne epiney-antille führte nach dem tod ihres mannes von 1885 bis 1902 das hotel Durant in zinal. erwähnt werden darüber hinaus einige frau-en, die als weberinnen tätig waren: drei in ayer, je zwei in grimentz und st-luc. Daneben begegnen uns zwei frauen mit tabakladen und basar in st-luc und vis-soie sowie zwei weitere, die hier als schneiderin und fuhrhalterin tätig waren. Die selbständige berufliche Tätigkeit von Frauen ausserhalb der Land- und Hauswirt-schaft ist also selten.

4.2 Interpretationsansätze

Der hoteltourismus des späten 19. Jahrhunderts schuf arbeitsplätze, die es zuvor im tal nicht gegeben hatte. unmittelbar mit der hotellerie verbunden waren die verantwortlichen für den hotelbetrieb, die bergführer und fuhrleute. letztere besorgten den transport von Personen und gepäck in die tourismusorte, die noch nicht durch fahrstrassen erschlossen waren (vor allem chandolin und st-luc).

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202 Martin Fenner

Indirekt profitierten von der neuen Situation auch das Baugewerbe und die Ver-käufer von waren. Der ertrag all dieser aktivitäten war aber aus zwei gründen begrenzt: Die hotelsaison dauerte nur drei bis vier monate im Jahr, und die ho-telbauten wurden noch nicht durch ein angebot an ferienhäusern usw. ergänzt. inwieweit am hotelbau auch einheimische unternehmungen beteiligt waren, geht aus den statistischen unterlagen nicht hervor.

Die massive vervielfachung der anzahl der als händler tätigen Personen (von 4 im Jahr 1865 auf 40 im Jahr 1910) betrifft die gemeinden ayer, st-luc und vis-soie. ein zusammenhang mit der hotelwirtschaft scheint also plausibel, mag das Phänomen aber nicht vollständig zu erklären. Die zahlen in diesem bereich sind aus verschiedenen gründen nach unten zu korrigieren: in der regel handelt es sich um für wenige Monate im Jahr geltende Kleinpensen. Zudem tauchen ver-schiedene Steuerpflichtige gleichzeitig in mehreren Bereichen auf. Erscheint der hotelier auch in dieser rubrik, kann angenommen werden, dass die basare und Wein- und Tabakverkaufsstätten zum Hotel gehörten und von den Einheimischen nicht beachtet wurden. Das zaghafte aufkommen von restaurantbetrieben (ne-ben den hotels) und von bäckereien und metzgereien gegen ende des 19. Jahrhun-derts mag bedeuten, dass im tal neben selbstversorgung und tausch bereits ein gewisser anteil an privater geldwirtschaft vorhanden war.

Die stagnation des um 1865 starken sektors von gewerbe und handwerk er-staunt. vielleicht liefert willy gyr, der die Jahre um 1940 untersucht hat, eine plausible erklärung dafür:8 in traditionellen berggesellschaften spielten diese

tä-tigkeiten bloss eine ergänzende rolle zur landwirtschaft.

beschäftigungen in akademischen Dienstleistungsberufen kommen kaum vor, und es gibt in diesem bereich kaum Personen, die in den statistiken über einen längeren Zeitraum hinweg aufleuchten.

insgesamt zeigen die statistiken, dass der tourismus des späten 19. Jahrhun-derts einige neue tätigkeiten für die sommermonate stimulierte, ohne dass aber die bisherige, weitgehend auf selbstversorgung beruhende wirtschaftsform in frage gestellt worden wäre. Der tourismus trat einfach als neuer, sich nur saisonal entfaltender Zweig neben die herkömmliche Landwirtschaft. Es lassen sich weder ansätze einer industriellen entwicklung noch eine übermässige ausformung des dritten sektors erkennen.

Die epoche brachte also keinen radikalen, raschen bruch mit der bisherigen beschäftigungspraxis wie nach dem zweiten weltkrieg. über die vorhin erwähn-ten gründe hinaus war dafür die mentalität der anniviarden verantwortlich, die vom festhalten an einer eigenständigen nahrungsmittelversorgung und generell der Pflege einer fast ausschliesslich landwirtschaftlichen Kultur geprägt war. Zu 8 Willy Gyr, le val d’anniviers. vie traditionelle et culture matérielle basées sur le patois de

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203 Die Industrietaxe von 1856

dieser Mentalität gehörte auch, dass die Anniviarden nicht wie Bewohner anderer Täler nach Übersee auswanderten, obwohl die ständige Bevölkerungszunahme bei gleichbleibender wirtschaftlicher leistungskraft immer mehr zum Problem wurde. eine «auswanderung» fand dann nach 1900 doch statt, aber in die unmit-telbare nähe: in die aluminiumfabrik in chippis.

5 Erfahrungen mit den Steuerregistern: thematische Beispiele Die Eröffnungsjahre der Hotels

Den ausgangspunkt stellt die überlegung dar, das erste in den steuerverzeich-nissen erwähnte Jahr sei das erste betriebsjahr. gelegentlich existieren unsicher-heiten, ob die steuer nicht erst im zweiten betriebsjahr erstmals erhoben wurde, doch kommt das nicht allzu oft vor. aber generell muss mit einer ungenauigkeit von einem Jahr gerechnet werden. Das Eröffnungsjahr ist auch nicht unbedingt identisch mit dem baujahr. in zwei fällen wurden beide Daten aufgeführt; nicht etwa, weil sie die einzigen fälle darstellen, bei denen die beiden Daten nicht

iden-Abb. 2: Anzeige für das Hotel Weisshorn, aus «Sierre et le Val d'Anniviers» von Jules Monod, Genève 1913, S. 80

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204 Martin Fenner

tisch wären, sondern weil das Datum an der hotelfassade auch berücksichtigt werden muss. auf der fassade des bella tola steht 1859. Das ist das baujahr (al-lerdings des Vorgängerbaus in der Dorfmitte). Es wurde 1860 eröffnet. Auf der Fassade des Hotels Weisshorn steht das Baujahr 1882, dieses öffnete 1884 seine türen. gemeint ist mit 1884 übrigens auch der erste bau, der 1889 niederbrann-te; das jetzige Hotel wurde 1891 eröffnet, ab 1892 taucht das Hotel wieder in den steuerstatistiken auf.

lücken verweisen darauf, dass in den entsprechenden Jahren keine steuer er-richtet werden musste. Diese fanden nicht niederschlag in den Quellen. als bei-spiel wird nochmals das hotel weisshorn oberhalb von st-luc herangezogen: Die steuervakanz von 1889 bis 1891 wird in den Dokumenten nicht begründet. eine weitere steuerbefreiung 1902–04 wird ebenso wenig begründet wie die vierjäh-rige steuervakanz 1916–19. rein aus den steuerunterlagen lässt sich dieser sach-verhalt indirekt und teilweise dadurch erklären, dass für 1917/18 generell keine hotelsteuern erhoben wurden. aber das reicht nicht für eine hieb- und stichfeste Deutung.

mit blick auf eine einzige gaststätte («Des alpes» in vissoie) erscheint das steuerregister nicht zuverlässig: sie taucht in der steuerstatistik erstmals 1895 auf, was aber nicht korrekt sein kann, wenn man die hotelgeschichte berücksichtigt.9

Deshalb wurde die angabe aus der Publikation von Paul-andré florey übernom-men (1885).

hotel oder restaurant? von den aufgeführten gaststätten werden drei auch als restaurant erwähnt: «Des alpes» niouc (nur als restaurant), «Des alpes» vis-soie, «rothorn» ayer. mit einer einzigen ausnahme wurden von den beiden letz-teren häusern aber nur restauranttaxen bezahlt (diese drei gaststätten sind in tab. 2 nicht berücksichtigt).

Die Eröffnungsdaten der Hotels lassen sich mit Hilfe der Steuerregister also nicht in allen fällen genau ermitteln. es muss auf zusatzquellen zurückgegriffen werden wie baedeker, zeitungen (gazette du valais, Journal du valais) und Pub-likationen zur orts- und hotelgeschichte.10 für viele hinweise bin ich Dr. roland

flückiger-seiler dankbar. in zweifelsfällen konnte ich auf seine reichhaltige Do-kumentation zurückgreifen.11

9 Paul-André Florey, vissoie. village médiéval du val d’anniviers, sierre 2003, s. 141f.

10 Wesentliches zum Thema, auch unter Einschluss von Daten zur Industrietaxe, ist veröffentlicht worden in: historische hotels im val d’anniviers. museum schweizer hotellerie und tourismus, Zollikon 1998. Der gleiche Text in französischer Fassung unter: Hotels historiques dans le Val d’anniviers.

11 vgl. Roland Flückiger-Seiler, aussichtshotels im val d’anniviers. Die touristische erschliessung der Walliser Südtäler, in: Die Alpen. Zeitschrift des Schweizer Alpen-Clubs 11 (2005), S. 35–37.

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205 Die Industrietaxe von 1856

insgesamt sind die steuerregister eine zuverlässige, wenn auch in ihrem aussa-gewert beschränkte Quelle für die hotelforschung. sie erlauben zum beispiel dort, wo in der historischen Literatur bisher Hinweise fehlen oder unpräzise sind, Klä-rung. Die entsprechenden Daten zur geschichte der hotels wurden im übrigen

be-reits in einer Publikation berücksichtigt, betrafen aber nur die grösseren Hotels.12

5.1 Berufsgruppen

Das Dekret von 1856 zählte die zu besteuernden gruppen nicht abschliessend auf. Die hoteliers und bergführer – man hatte sie im Dekret vergessen – wurden dann sofort aufgenommen, die nicht weniger wichtigen fuhrleute (voituriers) dagegen erst um 1890. gar nie werden beispielsweise bergwerksunternehmer genannt (es wären allerdings nicht viele gewesen). Dagegen verschwanden die Jäger nach we-nigen Jahren wieder aus dem verzeichnis, offenbar aufgrund ihrer nähe zum ers-ten wirtschaftssektor. sie wurden in der statistik nicht berücksichtigt.

Hotelangestellte mit Spezialfunktionen (Portier, Koch, Chef de service) gehör-ten als angestellte gemäss den gesetzlichen vorgaben nicht zu den Personen, die besteuert wurden. trotzdem tauchen sie auf, aber nur zwischen 1905 und 1910 und nur für einige wenige hotels.

5.2 Zweierlei Mass

Die aufteilung der statistischen Daten in zwei zeitliche erhebungskategorien (jährlich bzw. im zehnjahresschritt) kann durchaus sinnvoll sein, wenn einerseits ein tour d’horizon über ein halbes Jahrhundert gegeben wird und andererseits einzelne themen genauer unter die lupe genommen werden. Das zusammen-bringen beider aspekte kann gelegentlich zu unstimmigkeiten führen. Das be-trifft hier – rein statistisch betrachtet – die Positionierung der am schluss rasch wachsenden berufsgruppen bergführer und fuhrleute: Die zahlen für 1890 und 1900 stimmen mit den berechnungen aus diesen Daten nicht überein. aber der-artige Befunde sind im Fall rasch wachsender oder sinkender statistischer Grös-sen eigentlich plausibel. in anderen fällen, bei denen sich die zahlen eher linear entwickeln, sind grössere Diskrepanzen kaum zu erwarten. Das Auswerten einer jährlichen Statistik in einem zeitlichen Längsschnitt verschafft mehr Konturen zu ausgewählten Teilthemen. Ein solches Vorgehen könnte auch ergiebig sein für Un-tersuchungen zu Berufsbiografien.

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206

6 Schluss

Untersuchungen unter Hinzuziehung der Industrietaxe können lohnenswert sein. mit hilfe dieser Quelle kann manches rekonstruiert werden, was anderen Doku-menten und der sekundärliteratur nicht zu entnehmen ist. besonders geeignet ist die Quelle zur Darstellung von entwicklungslinien und (in ansätzen) von berufs-biografien. Begrenzt man sich auf einen Raum wie Seitentäler oder Bezirke, kön-nen mit vertretbarem zeitlichem aufwand ergiebige resultate erzielt werden.

Gewisse Unwägbarkeiten, die im 5. Kapitel angesprochen wurden, bedeuten wenig angesichts der doch sehr gut lesbaren «Partitur» der im staatsarchiv über-lieferten steuerdokumente. Die im rahmen dieses artikels erarbeiteten hinweise sind vor allem als empfehlung zu einem pragmatischen umgang mit diesen mate-rialien zu verstehen. Der umgang mit diesen Quellen vermochte rasch aufzuzei-gen, mit blick auf welche themenfelder die Dokumente ergebnisse versprechen oder auch nicht.

Figure

Abb. 1: Die älteste Fotografie des Hotels datiert auf 1886.
Abb. 2: Die Hotelanlage nach den Ausbauten in den 1890er-Jahren  mit der protestantischen Kapelle
Abb. 3: Das Hotelreich des Emil Cathrein (1847–1916) auf dem Aletschplateau um 1900  (Sammlung des Autors)
Abb. 4: Berggänger verabschieden sich vom Hotelierehepaar, um 1900  (aus: Antonietti [Anm
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