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Die Form evangelistra

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Academic year: 2021

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Texte intégral

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DIE FORM EVANGELISTRA

In meiner Ausgabe von Sedulius Scottus' Matthäuskommentar, Bd. 2 (Freiburg 1991) S. 388, 71f. (zu Matth. 15, 22 Miserere, inquit, [seil, mulier Chananaea], mei, Domine, fili David) lesen wir : O praeclara confessio ! Evangelistra fit mulier, deitatem eius et dispensationem adnuntians. Confitetur enim et dominationem eius et incarnationem. Ich hätte im kritischen Apparat notieren sollen, dass die beiden Handschriften evangelistra bieten, dass aber V2 dies zu evangelista korrigiert.

Noch unverzeihlicher ist es, dass ich die in den Text aufgenommene Form evangelistra im Abschnitt über die Sprache nicht besprochen habe. Dies sei hier nachgeholt.

Paul Tombeur (Louvain-la-Neuve) teilt mir mit, dass die Form evangelistra in der ihm bekannten Latinität ein Hapax ist. Die Frage erhebt sich, ob sie beizubehalten und, wenn ja, wie sie zu erklären ist.

Natürlich ist evangelistra eine lectio difficilior. Ist sie eine lectio impossibilis ? Ich glaube nicht : im Altfranzösischen erhält das Wort evangeliste bisweilen ein r, vgl. über evangelistre v. Wartburg, Französisches etymologisches Wörterbuch Bd. 3 S. 251, Tobler & Lommatzsch, Altfranzösisches Wörterbuch Bd. 3 S. 1526, 3ff. ; S. auch E. Bourciez, Précis historique de phonétique française (Paris, 1958) S. 176 über „un r parasite" in Wörter wie afrz. arbalestre < arcuballista x.

Dies sind aber altfranzösische, keine lateinischen Belege. Warum kommt die Form auf -istra nur an unserer Stelle vor, nicht in den Tausenden und aber Tausenden von Fällen mit evangelista in anderen lateinischen patristischen Texten ? Zu beachten ist, dass Sedulius das Wort als Femininum mit Bezug auf eine Frau verwendet. Feminines evangelista ist auch singulär. Die Tatsache, dass das Wort an unserer Stelle Fem. ist, könnte für eine lexikalische Neuerung sprechen.

Es wäre verlockend, das überlieferte evangelistra in evangelistria zu verbessern, und zwar nach citharista - citharistria. Dagegen spricht aber e r s t e n s die alte eiserne Maxime, dass man nie ein Hapax durch Emendation schaffen soll ; z w e i t e n s die Tatsache, dass — so viel ich sehe — sämtliche lateinischen -istria-Ableitungen Musikerinnen bezeichnen: cymbalistria, lyristria, sambucistria, tympanistria (vgl. auch psaltria) ; es ist unwahrscheinlich, dass sich * evangelistria

1. Vgl. auch Leena Löfstedt, Gratiani Decretum, Bd. 5 (Helsinki 2001) S. 6 2 : tristres, Entrecrist.

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nach diesen richten sollte. Ich neige jetzt dazu, evangelistra beizubehalten und es als Femininum, vielleicht nach Analogie von magistra zu erklären. Aber ich bin durchaus für andere Auffassungen offen und lade meine Kollegen ein, sich mit dem rätselhaften evangelistra zu beschäftigen.

Anhangsweise sei erwähnt, dass es ein anderes Beispiel für eine mittelalterliche fem. Neuerung in derselben BedeutungsSphäre gibt: N. Bériou, Mélanges de VEcole Française de Rome, Moyen-Age, 104 (1992) 283 Anm. 4 52

belegt fem. apostóla aus Honorius Augustodunensis, Spéculum ecclesiae, De S. Maria Magdalena (PL 172) S. 981 und Petr. Abelardus serm. 13 (PL 178) S. 485 A apostolorum apostóla (zweimal : beide Autoren verwenden das Wort mit

Bezug auf Maria M a g d a l e n a )3.

Bengt LÖFSTEDT

2. Fr. Dolbeau hat mich freundlicherweise auf diesen Aufsatz aufmerksam gemacht.

3. Es gibt viele Belege für apostóla. Mit Hilfe der Konkordanzen des Corp. Christ. und der Patrología Latina notiere ich: Ps. Aug. Belgicus, serm. adfratres in eremo 35 (PL 40 S. 1298); Ps. Hrab. Maur., vita Mar. Magd. 34 (PL 112 S. 1488 A ) ; 38 (S. 1495 C ) ; 45 (S. 1502 C) ; 47 (S. 1503 C ) ; Usuard., martyr. (PL 124) S. 287 B ; Petr. Damiani, serm. 56 (PL 144 S. 820 B ) ; Anon., liturg. (PL 151) S. 964 B ; Eadmer, quattuor virt. Mariae 3 (PL 159 S. 582 B) ; Hugo d u n . , comm. (PL 159) S. 952 A ; Ps. Bern. Ciar., de statu virtutum 1 (PL 184 S. 796 D ) ; mod. vivendi 22, 65 (PL 184 S. 1240 A ) ; Vita Thom. Cant. (PL 190) S. 364 C ; Gerhoh., in psalm. 67 (PL 194 S.172); Petr. Com., serm. 39 (PL 198 S. 1816 A); Petr. Bles., epist. 234 (PL 207 S. 537 A ) ; Thomas a Kempis, orationes 15 (ed. M.J. Pohl Bd. 3 S. 396, 27). — Sämtliche Belege für apostóla sind bedeutend später als unser Beleg für evangelistra.

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