Pathologe 2013 · 34:170–172 DOI 10.1007/s00292-012-1716-3 Online publiziert: 31. Januar 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 J. Friemel · Z. Varga · A. Weber Institut für klinische Pathologie, Universitätsspital Zürich, Schweiz
Tumor im Dünndarm bei
Peutz-Jeghers-Syndrom
Klinische Angaben
Bei einer 38-jährigen Patientin mit be-kanntem Peutz-Jeghers-Syndrom wurde 2 Monate zuvor ein muzinöses Adenokar-zinom der Endozervix (Adenoma malig-num) diagnostiziert. Aktuell fand sich ein verdächtiger Tumor im Jejunum.
Morphologischer Befund
Im 7 cm messenden Dünndarmresek-tat fand sich makroskopisch ein 2,5 cm großer Polyp mit intramuralen gelb-lich-schleimigen Zysten sowie eine fo-kal derb eingezogene Serosa. Histolo-gisch zeigten sich im zunächst
angefer-tigten Schnellschnitt unterhalb des Poly-pen Schleimseen und drüsige Epithel-formationen in sämtlichen Darmwand-schichten (. Abb. 1). Serosal aufgelagert fand sich Schleim. Die Epithelformatio-nen hatten teils noch ihre ursprüngliche villöse Struktur, eine Lamina propria war im Schnellschnittpräparat nicht eindeutig nachweisbar. Da sich atypische Epithelab-schnitte fanden, bestand der Verdacht auf eine „Low-grade“-Dysplasie.
Fallstrickdiagnose
F Adenokarzinom des Dünndarms auf dem Boden eines Peutz-Jeghers-Poly-pen Abb. 1 7 In die Darm-wand verschleppte Epithelverbände und intramurale Schleim- seen täuschen ein in-vasives Karzinom vor. Insert: 2,5 cm mes- sender Polyp mit se- rosaseitigen Schleim-auflagerungen in der Übersicht Redaktion C. Kuhnen, Münster170 |
Der Pathologe 2 · 2013Pitfalls
Verlauf und weitere Diagnostik
Im routinemäßig aufgearbeiteten Präpa-rat und mithilfe der Elastica-van-Gieson-Färbung konnte die den Drüsenkomple-xen teils noch anhaftende Lamina pro-pria dargestellt werden. Weiterhin zeig-te sich an den Epithelkomplexen ein er-haltener Bürstensaum und fokal eine Stratifizierung des Drüsenepithels mit Kernatypien, die als „Low-grade“-Dys- plasie interpretiert wurden (. Abb. 2). Distinkt abgrenzbare Epithelanteile mit geringer Differenzierung waren nicht nachweisbar. Auch fand sich keine des-moplastische Stromareaktion um die Drüsen, und die Schleimseen zeigten keine isolierten dysplastischen Zellkom-plexe („floating“).
Der Tumor war CK7-negativ und CK20-positiv, was zusammen mit der Morphologie gegen eine Metastase des muzinösen Adenokarzinoms der Zervix sprach.
Durch den Nachweis der erhaltenen La-mina propria um die verlagerten Epi-thelformationen, das Fehlen einer des-moplastischen Stromareaktion und die erhaltene Differenzierung des Drü-senepithels wurde die Diagnose eines Peutz-Jeghers-Polypen mit Epithelver-schleppung gestellt. Es lag keine echte Invasion und kein Adenokarzinom des Dünndarms vor.
kommen. Durch den entstehenden Defekt in der Lamina propria kann sich Epithel in die Submukosa verlagern.
In einer systematischen Analyse von 491 Peutz-Jeghers-Polypen konnte bei 10% eine Epithelverschleppung identifi-ziert werden [3]. In den analysierten Fäl-len kam die Verschleppung nur in Poly-pen des Ileum und Jejunum vor, nicht je-doch im Magen oder Duodenum. Die Autoren diskutieren, ob die in der Litera-tur angegebene Inzidenz von Peutz-Jeg-hers-assoziierten Adenokarzinomen des Magen-Darm-Traktes durch Epithelver-schleppung zu hoch eingeschätzt wird. Selten kann das verschleppte Drüsenepi-thel Dysplasien aufweisen, was die Ab-grenzung gegenüber einem malignen Tu-mor noch schwieriger macht [4].
Folgende Kriterien helfen bei der Unterscheidung von „epithelial misplace-ment“ und echter Invasion in Peutz-Jeg-hers-Polypen [3]:
F um die Drüsenkomplexe nachweisba-re Lamina propria,
F histologisch normalerweise keine Atypie im verlagerten Drüsenepithel (selten Dysplasie),
F keine desmoplastische Stromareakti-on um Epithelverbände,
F normaler Zellbesatz (Paneth-Zellen) und erhaltener Bürstensaum, F Hämosiderinablagerungen und F intramurale Schleimzysten.
Korrespondenzadresse
Dr. J. Friemel Institut für klinische Pathologie, Universitätsspital Zürich Schmelzbergstr. 12, 8091 Zürich Schweiz Juliane.friemel@usz.ch Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin gibt für sich und ihre Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.D Wie lautet Ihre Diagnose?
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Diagnose: Benigner
Peutz-Jeghers-Polyp mit
Epithelverschleppung
Diskussion
Epithelverschleppung („epithelial mispla-cement“) von intestinalem Drüsenepi-thel in andere Darmwandschichten kann zur Fehldiagnose eines invasiven Adeno-karzinoms führen und ist u. a. bei Kolon-schleimhautadenomen [1] und hyperplas-tischen Polypen beschrieben worden [2]. Bei gestielten Polypen kann es zu Torsio-nen mit fokaler Blutung und Infarzierung
Abb. 2 9 Erhaltene Lamina propria um Epithelverbände, rechts Epithel mit „Low-grade“-Dysplasie
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Zusammenfassung · Abstract
Pathologe 2013 · 34:170–172DOI 10.1007/s00292-012-1716-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 J. Friemel · Z. Varga · A. Weber