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Makroglobulinämie Waldenström der Tränendrüse bei einer Patientin mit Sarkoidose
HAFEZI, Farhad, et al.
Abstract
We report a case of bilateral lacrimal gland involvement as the first sign of Waldenstrom's macroglobulinaemia in a patient with sarcoidosis. Histological analysis of an incisional biopsy revealed a lymphoplasmocytic lymphoma consistent with Waldenstrom's macroglobulinaemia.
No noncaseating granulomas were encountered. Systemic treatment was initiated and resulted in complete resolution of the lesions. In a patient with a systemic disease, such as sarcoidosis, and lacrimal gland involvement, a biopsy of the lacrimal gland mass should be taken to make a correct diagnosis and start appropriate treatment.
HAFEZI, Farhad, et al . Makroglobulinämie Waldenström der Tränendrüse bei einer Patientin mit Sarkoidose. Der Ophthalmologe , 2010, vol. 107, no. 1, p. 60-3
DOI : 10.1007/s00347-009-2010-5 PMID : 19669149
Available at:
http://archive-ouverte.unige.ch/unige:22466
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Ophthalmologe 2010 · 107:60–63 DOI 10.1007/s00347-009-2010-5 Online publiziert: 9. August 2009
© Springer Medizin Verlag 2009
F. Hafezi1 · I. Moesen2 · G. Carels3 · C. Mooy4 · D. Paridaens2
1 IROC, Institut für Refraktive und Ophthalmo-Chirurgie, Zürich
2 Department of Oculoplastic and Orbital Surgery, The Rotterdam Eye Hospital, BH Rotterdam
3 Department of Haematology, Beatrix Ziekenhuis, Gorinchem
4 Department of Pathology and Ophthalmology, Erasmus Medical Centre, Rotterdam
Makroglobulinämie Waldenström der Tränendrüse bei einer
Patientin mit Sarkoidose
Kasuistiken
Anamnese
Eine 62-jährige Patientin wurde uns we- gen einer 6 Monate zuvor festgestell- ten schmerzlosen Schwellung des linken Oberlids überwiesen. Wenige Wochen vor unserer Untersuchung stellte die Pa- tientin eine ähnliche Schwellung im rech- ten Oberlid fest.
Klinischer Befund
Es lagen weder Epiphora noch eine Di- plopie vor. Die Inspektion des äußeren Auges zeigte beidseits eine solide Masse im Oberlid. Rötung oder Druckschmerz lagen nicht vor (. Abb. 1). Der bestkor- rigierte Fernvisus betrug beidseits 1,0, die Bulbusmotilität war normal und weder eine Ptosis noch ein Exophthalmus (Her- tel 14-85-14 mm) wurden beobachtet.
Diagnostik
Allgemein undComputertomographie
Die Erstdiagnose der Sarkoidose wurde bei der Patientin 1978 durch eine histo- pathologische Untersuchung der sub- mandibulären Lymphknoten und von Lebergewebe gestellt. Im Jahre 1980 wur- de die Patientin wegen einer manifesten Sarkoidose (Stufe II) mit peroralen Ste- roiden behandelt. Eine Mediastinosko- pie im Jahre 2004 zeigte fibrotische pul- monale Veränderungen ohne Aktivitäts- zeichen.
Aufgrund der aktuellen Oberlid- schwellung wurde 2008 eine Computer- tomographie der Orbitae durchgeführt, die eine diffuse Vergrößerung beider Trä- nendrüsen ohne Knochenarrosion oder Bulbusverlagerung zeigte (. Abb. 2).
Angesichts der Systemanamnese er- schien eine Beteiligung der Tränendrü-
sen im Rahmen der Sarkoidose als die wahrscheinlichste Diagnose. Die Patien- tin wurde internistisch untersucht und mit peroralen Steroiden behandelt. Die Diagnose eines Morbus Waldenström wurde aufgrund einer submandibulären und axillären Lymphadenopathie, einer Splenomegalie und erhöhter Blutsen- kung (76 mm/h), einer Hyperviskosität und v. a. aufgrund des Nachweises von IgMκ-Serumprotein (21 g/l) und erhöh- ten IGM-Level gestellt. Diese Diagnose wurde durch eine später durchgeführte Knochenmarkbiopsie bestätigt.
Histologie
Zur Bestätigung der Beteiligung der Tränendrüse bei Makroglobulinämie Waldenström führten wir eine Inzisi- onsbiopsie des palpebralen Anteils der linken Tränendrüse durch. Die mikros- kopische Untersuchung zeigte eine dif- fuse Infiltration mit monoklonalen klei- nen B-Zellen mit plasmazytoider Diffe- renzierung (. Abb. 3). Granulome wur- den nicht identifiziert. Die Durchflusszy- tometrie zeigte für CD19, CD20, SmIgκ and SmIgM positive B-Zellen und für CD5 und CD10 negative B-Zellen, was mit einem Morbus Waldenström verein- bar ist. Die Ergebnisse der Durchfluss- zytometrie wurden durch Färbungen der histologischen Schnitte bestätigt, die keine Färbung für Cyclin D1 und CD5 zeigten, aber positiv für IgM und IgK färbten.
Abb. 1 9 Beidseitige indolente Schwellung der Oberlider
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Der Ophthalmologe 1 · 2010Therapie und Verlauf
Die Patientin wurde systemisch mit Chlor- ambucil behandelt. Zwei Monate nach Be- handlungsbeginn waren die Schwellungen im Bereich der Tränendrüsen nicht mehr vorhanden.
Diskussion
Die Makroglobulinämie Waldenström, auch Morbus Waldenström genannt, ist eine seltene hämatologische Neoplasie und für 1–2% aller hämatologischen Neo- plasien verantwortlich [5]. Gemäß der De- finition der WHO (World Health Orga- nization) handelt es sich bei der Makro- globulinämie Waldenström um ein „lym- phoplasmozytäres Lymphom (LPL) mit Knochenmarkbeteiligung und einer mo- noklonalen IgM-Gammopathie jedwel- cher Konzentration“ [15]. In der Fachlite- ratur finden sich eine Reihe von Fallserien über Lymphome der okulären Adnexe im Allgemeinen [1, 3, 4, 8] und verschiedene
Kasuistiken über eine Beteiligung der Tränendrüse bei Morbus Waldenström im Speziellen [10, 11, 12, 16]. Die Inzidenz eines LPL variiert in der Literatur zwi- schen 4 und 8%. Dies könnte daran liegen, dass es mitunter sehr schwierig ist, ein LPL von einem extranodalen marginalen B-Zell-Lymphom (EMZL) zu unterschei- den, inbesondere wenn keine früheren klinischen Unterlagen einer IgM-mono- klonalen Gammopathie oder Knochen- markbeteiligung vorliegen [1, 3, 14].
Sarkoidose ist eine granulomatöse Er- krankung unklarer Genese, die neben dem orbitalen System multiple weitere körpereigene Systeme befallen kann. Die Tränendrüse stellt im orbitalen System die Prädilektionsstelle dar [2, 13].
Kornacker et al. berichteten über 2 Fälle einer Sarkoidose, die im Anschluss an eine Chemotherapie bei Non-Hodg- kin-Lymphom auftrat [9]. Ein möglicher Grund hierfür könnte eine durch die anti- neoplastische Therapie bedingte Immun- suppression sein, die das Aufkommen der
Abb. 3 9 Histolo- gische Analyse: dif- fuse Gewebsinfiltration durch Proliferation von kleinen lymphoiden Zellen mit plasmazy- toider Differenzierung.
Insert: alle Zellen fär- ben deutlich positiv für CD20. (Giemsa- Färbung, Vergr. 400:1) Abb. 2 9 Computerto- mographie der Orbitae mit koronarem Schnitt.
Diffuse bilaterale Ver- größerung der Tränen- drüse ohne Knochen- arrosion oder Bulbus- verlagerung
Zusammenfassung · Abstract
Ophthalmologe 2010 · 107:60–63 DOI 10.1007/s00347-009-2010-5
© Springer Medizin Verlag 2009 F. Hafezi · I. Moesen · G. Carels · C. Mooy · D. Paridaens
Makroglobulinämie
Waldenström der Tränendrüse bei einer Patientin mit
Sarkoidose
Zusammenfassung
Wir berichten von einer bilateralen Beteili- gung der Tränendrüse als Erstmanifestation einer Makroglobulinämie Waldenström bei bekannter Sarkoidose. Die Analyse einer Inzisionsbiopsie zeigte das histologische Bild eines lymphoplasmozytären Lymphoms, vereinbar mit einem Morbus Waldenström.
Nichtverkäsende Granulome wurden nicht identifiziert. Eine systemische Behandlung führte zu einem vollständigen Rückgang der Läsionen. Bei Patienten mit Systemerkran- kungen wie einer Sarkoidose und Beteiligung der Tränendrüse sollte eine Biopsie zur kor- rekten Diagnosestellung und Einleitung einer geeigneten Therapie durchgeführt werden.
Schlüsselwörter
Makroglobulinämie Waldenström · Tränen- drüse · Sarkoidose
Waldenstrom’s
macroglobulinaemia of the lacrimal gland in a patient with sarcoidosis
Abstract
We report a case of bilateral lacrimal gland involvement as the first sign of Walden- strom’s macroglobulinaemia in a patient with sarcoidosis. Histological analysis of an inci- sional biopsy revealed a lymphoplasmocyt- ic lymphoma consistent with Waldenstrom’s macroglobulinaemia. No noncaseating gran- ulomas were encountered. Systemic treat- ment was initiated and resulted in complete resolution of the lesions. In a patient with a systemic disease, such as sarcoidosis, and lac- rimal gland involvement, a biopsy of the lac- rimal gland mass should be taken to make a correct diagnosis and start appropriate treat- ment.
Keywords
Waldenstrom’s macroglobulinaemia · Lacri- mal gland · Sarcoidosis
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Der Ophthalmologe 1 · 2010Sarkoidose begünstigt. Gooneratne et al.
vermuten nach der retrospektiven Analy- se von mehr als 3000 Patienten mit malig- nen hämatologischen Erkrankungen und 10 Fällen einer Sarkoidose eine Assozia- tion zwischen beiden Erkrankungen [6].
Die Gründe hierfür sind noch nicht er- forscht, was unter anderem auch an der noch unklaren Pathogenese der Sarkoi- dose liegt. Das Fehlen einer Subpopula- tion von regulatorischen T-Zellen, den sog. „CD1d-restricted natural killer T-cel- ls (NKT)“ im Blut von Patienten mit Sar- koidose könnte hier eine Rolle spielen, da NKT-Zellen in vitro antitumuröse und speziell antileukämsiche Effekte vermit- teln können [7].
Fazit für die Praxis
Bei Patienten mit Systemerkrankungn wie z. B. einer Sarkoidose und dem Auf- treten einer Schwellung im Bereich der Tränendrüse sollte unseres Erachtens ei- ne Biopsie der Tränendrüse durchgeführt werden, um den (seltenen) Befall der Trä- nendrüse bei Morbus Waldenström aus- zuschließen und die Patienten ggf. ei- ner angemessenen Therapie zuführen zu können.
Diese Arbeit wurde durch die SWOO-Flieringa-Stiftung Rotterdam unterstützt.
Korrespondenzadresse
Dr. Dr. D. Paridaens
Department of Oculoplastic and Orbital Surgery, The Rotterdam Eye Hospital
Schiedamsevest 180, 3011 BH Rotterdam Niederlande
paridaens@icapi.nl
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Interdisziplinarität in der Onkologie
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