Originalartikel
Verteilung von Varroa jacobsoni
im drohnenfreien Bienenvolk (Apis mellifera carnica)
J Steiner
Zoologisches
Institut, LSEntwicklungsphysiologie,
UniversitätTübingen,
Auf der
Morgenstelle
28, D-7400Tübingen,
Deutschland(Eingegangen
4August
1992, angenommen 3 November1992)
Zusammenfassung —
In einem Herbstvolk vonApis
mellifera carnica wurde beobachtet, daß die Milbenweibchen nach demSchlüpfen größtenteils
ihreTrägerbienen sogleich
wechseln. Im Alter biszu 3
Tagen
waren durchschnittlich 15%, ab 6Tagen
30% der Bienen befallen.Mögliche
Ursachenfür diese
Verteilung
werden diskutiert.Varroa jacobsoni / Apis
mellifera carnica /Parasitierungsverhalten
/ WirtswahlEINLEITUNG
Mit dem Auslaufen von Bienenbrut werden in Varroatose-Völkern adulte Mil- benweibchen
freigesetzt,
und zwarsowohl Mutter- wie Tochtermilben. Je nach
Parasitierungsgrad
der einzelnen Brutzelle undReproduktionserfolg
derVarroa-Weibchen
schlüpfen
zusammenmit einer
Jungbiene
eine oder mehrere adulte Milben aus. Verbleiben sie auf"ihrer"
Jungbiene,
oder suchen sie sich andereTrägerbienen
aus ? Zu dieserFrage gibt
es kaum Daten(Ifantidis
undRosenkranz, 1988).
InKäfigversuchen
wiesen Le Conte und Arnold
(1987) nach,
daß
Milben,
die auf frischgeschlüpfte
Bienen
gesetzt
worden waren, rasch auf mindestens 2Tage
ältere überwechsel- ten. Eineauffällig geringe
Attraktivitätfrisch
geschlüpfter
Bienen für Milben be- obachteten auch Kraus et al(1986)
inArena-Versuchen. Es wurde außerdem mehrfach
beschrieben,
daß die Milben während derFortpflanzungssaison
derBienen als
Träger
Ammen ebenso wie Stockdrohnenbevorzugen (Review:
Ritter, 1981). Für
dieUnterscheidung junger
und alter Bienen soll der Gehalt der Nassanov-Drüse an Geraniol(Boch
und
Shearer, 1963),
das auf Varroa- Weibchen starkrepellierend wirkt,
verant-wortlich sein
(Hoppe
undRitter, 1988).
Diese Versuche wurden sämtlich unter
Laborbedingungen durchgeführt, Experi-
mente in Bienenvölkern standen noch
aus. Ich habe daher dort den Verbleib
frischgeschlüpfer
Milbenweibchen unter-sucht,
wobei ich im Herbst und damit unterdrohnenfreien Bedingungen
den Mil-benbesatz bei Arbeiterinnen vom
Schlupf
an
verfolgt
habe.MATERIAL UND METHODEN
Anfang September
wurden einem Volk(2- zargig, DN)
vonApis
mellifera carnica der Tü-binger Versuchsbienenhaltung
zwei Waben mit verdeckelter Arbeiterinnenbrut entnommen und im Labor zumSchlupf gebracht.
Alle binnen 24 hgeschlüpften
ca. 800Jungbienen
wurden aufdem Thorax mit einem
Farbtupfen (Modellbau-
Farben, FaRevell)
markiert, wobei zwischenVarroa-Trägerinnen
und milbenfreien Bienen unterschieden wurde(Tabelle I),
undsogleich
in das Volk
zurückgesetzt.
Anschließend wurde einen Monatlang
kontrolliert, welche der mar-kierten Bienen weiterhin
Milbenträger
waren.Außerdem wurde
stichprobenweise
der Infek-tionsgrad
des gesamten Volkes ermittelt. Hierzu wurden von Waben mit viel offener Brut unge- fähr 300 Bienenabgefegt,
betäubt und die auf-sitzenden Milben
gezählt.
Während des Ver- suchs hatte das Volk immer Brut,allerdings
wurde das Brutnest kleiner.
ERGEBNISSE
Innerhalb eines
Tages
nach demSchlupf
wechselten fast 90% der
frischgeschlüpf-
ten Milbenweibchen die
Trägerbiene (Abb 1). Gleichzeitig
wurdenungefähr
10% derzunächst als milbenfrei markierten
Jung-
bienen befallen
(Tabelle I).
Genau indieser
Größenordnung lag gleichzeitig
auch der mittlere
Befallsgrad unmarkierter
Bienen auf Brutwaben.
In der
Folge
nahm der Prozentsatz be- fallener Bienen zu. Bei den unmarkierten Bienen auf Brutwaben wurde nach 2 Wochen als höchste Befallsrate ein Mittel- wert von etwas über 40% ermittelt. Von den markierten Bienen wurden an den Kontrollterminen zunächst über 30% und gegen Versuchsende noch 10-20% wieder beobachtet(Tabelle I),
wobei von diesen20-30% Milben
trugen (Abb 1). Die Grup- pen-Durchschnittswerte
der beimSchlupf
zunächst als mit oder ohne Milben
(Tabel-
e
I)
unterschiedenen Arbeiterinnen warenspäter
stets sehr ähnlich(Abb I).
Um zu
prüfen,
ob auch im drohnen- freien Herbstvolk von den Milben Bienen bestimmter Alters-bzw. Funktionsgruppen bevorzugt werden,
habe ich die markiertenund daher altersbekannten Bienen nach normalem Ammenalter sowie als
jünger
bzw älter
gruppiert
und hierfür den mittle-ren Befall berechnet
(Tabelle II).
Einendeutlich
niedrigeren
Milbenbesatz wiesennur die
Jungbienen
auf. Der durchschnittli-che
Infektionsgrad
von Bienen im Ammen- alter und danach unterschied sichdage- gen nicht,
erlag
einheitlich bei 30%.Der
allgemeine Befallsgrad
des Ver-suchsvolkes
entsprach
imübrigem
demanderer Völker im
Tübinger Bienengarten
während des
Rückgangs
desBrutgeschäf-
tes im Verlauf des
Septembers
bisAnfang
Oktober(Tabelle I).
DISKUSSION
Im Herbstvolk nimmt bei
rückläufigem Brutgeschäft
der Anteil an Varroa-Weibchen,
die sich in derphoretischen
Phase
befinden,
rasch zu, bis er im Win- tervolk 100% erreicht. Einen deutlichenAnstieg
imBefallsgrad
der adulten Arbei- terinnen des Versuchsvolkers konnte ich während der ersten beiden Wochen desBeobachtungszeitraumes
zwarregistrie-
ren
(Abb 1), es
warjedoch
stets offeneBrut
vorhanden,
so daß die Milbenweib- chen invadieren konnten. Auch Ammen- bienen müssen daher in Funktiongewe-
sen sein.
Die
Chance,
in eine kurz vor der Ver-deckelung
stehende Brutzelle einzudrin- gen, ist amhöchsten,
wenn sich die Milben auf Ammenbienen aufhalten. Meine Be- fallsdaten der markierten Bienenzeigen klar,
daß über 6 d alte Arbeiterinnen we-sentlich
häufiger
Milbentragen
alsjüngere (Tabelle II). Allerdings
war kein Unter- schied im Befall sämtlicher bis zuungefähr
einen Monat alten Bienen festzustellen.
Dies dürfte mit dem
Übergang
zum Winter-bienen-Status
zusammenhängen.
Ein
frischgeschlüpftes
Milbenweibchen kann entweder aufderjenigen Biene,
mitder es die Brutzelle verlassen
hat,
sitzenbleiben,
bis diese zur Amme wird. Oder die Milbe kann dieTrägerbiene
mit demZiel
wechseln,
auf eine Amme umzustei- gen. MeineErgebnisse belegen,
daß dieVarroa-Weibchen offensichtlich die
letztge-
nannte
Strategie verfolgen. Sie
dürfte bei stärkererParasitierung
zudem eine besse-re
Gleichverteilung
der Milben im Volk be- wirken und außerdemverhindern,
daßmehrere Milbenweibchen auf einer Biene verbleiben. Auch dies könnte die Inva- sionschancen mindern.
Insgesamt
bestäti-gen meine in einem
starken,
drohnenfreien Volk erhobenen Daten diebislang
nur aufLaborversuchen beruhenden Vorstellun- gen über eine
Bevorzugung
zwarjunger,
nicht aber frisch
geschlüpfter
Stockbienen durch die Milbenweibchen.Es bleibt die
Frage
nach den Mechanis- men, die ein solches Verhalten der Milben steuern. In meinem Herbstvolk war das zu-sätzliche Problem einer
Diskriminierung
von Arbeiterinnen und Drohnen nicht mehr
gegeben.
Konkret stellt sich dieFrage,
anhand welcher Parameter eine Milbe das Alter einer Biene erkennen kann. Vieles
spricht
für das Pheromon-Bukett des Wirt- sindividuums. Alterskorreliertequantitative Veränderungen
wurden zB fürdas
Muster volatiler Kohlenwasserstoffe des Stachel-apparates
beschrieben(McDaniel
etal, 1987).
In Olfaktometer-Tests stellten Kraus et al(1986)
ebenso wie Rosenkranz(1990) generell
eine erhöhte Attraktivitätvon Ammen bzw. Stockbienen für Varroa- Weibchen fest. Ob die Milben bei dieser Wirtswahl die
gleichen
Reizmuster verwer- ten wie bei derEntscheidung
für eine alte Bienenlarve(Le
Conteet al, 1990),
bleibtzu klären.
DANKSAGUNG
Dem DAAD danke ich für ein
Promotionsstipen-
dium und CAPES für
Übernahme
von Reiseko- sten.Summary —
Distribution of Varroaja-
cobsoni within a drone-free
honey
beecolony (Apis
melliferacarnica).
In an au-tumn
colony
≈ 800newly emerged
workerswere checked for
carrying mites,
markedproperly,
and reintroduced into the hive.Then over a
period
of 30 d the marked bees were controlled every fewdays
formite infestation
(table I).
It was observedthat within a short time after emergence, most Varroa females switched their carrier host bees
(fig 1). Of
the workers up to 3 d old ≈ 15% were observed withmites,
and after d 6 this infestation increased to≈ 30%. There was no difference between
bees which at emergence were
carrying
mites or not. Since no drones were
present,
the female mites inchoosing
theircarrier bee
evidently
consideredonly
the age of the workers. In order tooptimize
their chance to invade a brood cell
prior
tooperculation,
the mites mayprefer
nursebees. In this
experiment
there was no dif-ference in infestation of workers
beyond nursing
age,probably
because of theswitch to winter conditions. The average mite infestation of unmarked workers sam-
pled
from brood frames wasnearly
thesame as in the marked bees. The distribu- tion of mites
reported
here for acolony
isin
agreement
with data obtained in labora-tory experiments. According
to the litera- ture, the behavior of Varroa females in se-lecting optimal
hoststages presumably depends
on thepheromone bouquet
of theindividual bee.
Varroa
jacobsoni / Apis
mellifera carni- ca/ parasite
behaviour / host selectionRésumé —
Répartition
de Varroajacob-
soni au sein d’une colonie d’abeilles
(Apis
mcarnica) dépourvue
de mâles.On a vérifié la
présence/absence
de l’aca-rien Varroa
jacobsoni
sur environ 800 abeilles récemment écloses etprélevées
dans une colonie à l’automne. Les abeilles ont été
marquées, puis
réintroduites dans la ruche. L’infestation par les acariens desabeilles
marquées
a étérégulièrement
contrôlée
pendant 30 j (tableau I).
Durantune courte
période
suivantl’émergence
laplupart
des femelles de Varroachangent
d’abeille hôte
(fig 1). Environ
15% des ou-vrières
âgées
de 1 à3 j
sontporteuses
d’acariens et
après 6 j
l’infestation atteint environ 30%. Iln’y
a pas de différence entre les abeilles infestées àl’émergence
et celles
qui
ne l’étaient pas.Puisqu’il n’y
apas de
mâles,
les acariens femelles neprennent
encompte
quel’âge
des ouvriè-res lors du choix de l’abeille comme vec- teur. Pour
optimiser
les chances d’envahirune cellule de couvain avant
l’operculation,
les acariens femelles devraient
préférer
lesnourrices. Dans notre
expérience
iln’y
apas de différence dans l’infestation des ou- vrières de classe
d’âge supérieure
à celledes
nourrices, probablement
à cause du passage aux conditions hivernales. L’infes- tation moyenne des ouvrières non mar-quées prélevées
sur les rayons de couvain est presque samblable à celle des ouvriè-res
marquées.
Larépartion
des acariens décrite ici au sein d’une colonie est en ac-cord avec les données obtenues par les
expériences
faites en laboratoire. Selon lalittérature,
lecomportement
des femelles de Varroa lors du choix du stadeoptimal
de l’hôte
dépend
vraisemblablement dubouquet phéromonal
de l’ouvrière considé- rée.Varroa
jacobsoni
/ choix de l’hôte / com-portement parasite
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