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Was ist das Problem? Diagnostisches Handeln in der Psychotherapie

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Academic year: 2021

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Luxemburger Wort

Samstag und Sonntag, den 30./31. Januar 2016

ANALYSE & MEINUNG

17

Was ist das

Problem?

Diagnostisches Handeln

in der Psychotherapie

VON GEORGES STEFFG EN *

Bereits Bachelor-Studierende der Psychologie lernen, dass Diagnosti-zieren innerhalb der Psychotherapie weit mehr ist als nur zu klassifizie-ren. Diagnostizieren ist vielmehr ein Prozess, während dem der Psycho-therapeut wiederholt unterschiedli-che Verfahren einsetzt, um zielge-richtet problemrelevante Informati-onen über seinen Klienten/Patienten zu gewinnen. Dieser diagnostische Prozess beginnt mit dem Erstge-spräch und endet (meist) mit dem Abschluss der Psychotherapie. Nur dieses beständige Diagnostizieren während des Verlaufs einer Psycho-therapie erlaubt es, diese überhaupt effizient und gezielt durchzuführen.

Unbestritten ist, dass die interna-tional gebräuchlichen Klassifikati-onssysteme (International Classifica-tion of Diseases; ICD; Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disor-ders; DSM) sich im klinischen Kon-text etabliert haben. Sie erlauben un-ter anderem eine bessere fachliche Kommunikation durch eine einheit-liche, klar definierte Nomenklatur. Auch nutzen sie das

über-zufällige gemeinsame Auf-treten klinischer Merkmale bei spezifischen Störungen zu deren Einordnung. Un-bestritten ist aber auch, dass durch die Anwendung dieser Klassifikationssys-teme diagnostische „Eti-ketten“ – im Sinne negati-ver Stigmatisierungen – und Informationsverluste

durch mangelhafte Beschreibungen des Einzelfalls auftreten können.

Unabhängig von der berechtigten Kritik an den Klassifikationssyste-men, sind diese bereits seit Jahrzehn-ten fester Bestandteil der täglichen klinischen Arbeit von psychologi-schen als auch ärztlichen Psychothe-rapeuten, und werden von diesen zum Wohle ihrer Klienten respektive Pa-tienten systematisch genutzt.

In der Psychotherapie gilt es ne-ben dieser Form der

Statusdiagnos-tik auch im Rahmen einer Prozess-diagnostik mit Methoden, deren Zu-verlässigkeit wissenschaftlich erwie-sen ist, die auslöerwie-senden und auf-rechterhaltenden Bedingungen psy-chischer Störungen zu erkennen und die Ansatzpunkte für erforderliche Interventionsmaßnahmen festzu-stellen. Diese individuelle Diagnostik dient zwangsläufig dem Therapieziel der Erlebens- und Verhaltensände-rung. Sie prüft vornehmlich, welche spezifischen Verhaltensweisen einer

Person und/oder welche externen Verhaltenseinflüsse zu ändern sind.

Der diagnostische Prozess ist demnach keine einmalige Klassifika-tion sondern ein Vorgehen, bei dem der Psychotherapeut kontinuierlich Hypothesen über den Symptom-Trä-ger formuliert, prüft und seine In-terventionen jeweils evidenz-basiert adaptiert. Nur diese Vorgehensweise erlaubt es, den psychotherapeuti-schen Prozess angemessen zu be-gleiten und zu gestalten. Diese

stän-dige, kontinuierliche diagnostische Abklärung ist inhärenter Teil jeder psychotherapeutischen Behandlung.

Ein wissenschaftlich ausgebildeter Psychotherapeut, unabhängig davon ob Psychologe oder Arzt, verfügt über die diagnostischen Kompeten-zen, um zielgerichtet mit seinem Kli-enten beziehungsweise PatiKli-enten ar-beiten zu können. Er weiß, dass der Einsatz wissenschaftlicher Instru-mentarien unabdingbar ist, um zu ei-ner begründeten Diagnose zu gelan-gen. Erst darauf aufbauend kann er Behandlungsansätze identifizieren, die den bes-ten Erfolg für den ange-strebten Soll-Zustand er-warten lassen.

Fachlich geschulte Psy-chotherapeuten haben ge-lernt, den Menschen aus un-terschiedlichen Perspekti-ven zu betrachten und von der Vielfalt unterschiedli-cher Menschenbilder auszugehen. Eine einseitige Fixierung auf ein Menschenbild erweist sich bei dieser Herangehensweise als kontrapro-duktiv. Ziel ist es, den einzelnen Menschen in seiner Gesamtheit zu verstehen, sowie sein Verhalten und Erleben zu erklären, um ihn darin zu unterstützen, sich weiterzuentwi-ckeln.

Was bedeuten diese Ausführun-gen nun für das autonome Arbeiten des Psychotherapeuten?

Anhand seiner vorhandenen diag-nostischen Kompetenz ist der psy-chologische sowie der ärztliche Psy-chotherapeut befähigt, eine Indikati-on zur Anwendung vIndikati-on Psychothe-rapie zu stellen.

Er ist zudem störungsabhängig verpflichtet, vor Beginn einer Psy-chotherapie durch einen Arzt abklä-ren zu lassen, ob a) eine potentielle organische Erkrankung als Ursache für das vorliegende Problem vor-liegt, sowie ob b) somatische Befun-de für eine ärztliche Begleitbehand-lung oder sogar für eine körperlich bedingte Kontraindikation zur Durchführung einer psychothera-peutischen Behandlung sprechen.

Aufgrund seiner Ausbildung kann der Psychotherapeut zudem selbst-verantwortlich darüber entscheiden, ob von Fall zu Fall eine zusätzliche psychiatrische Konsultation erfor-derlich ist.

Fachlich ausgebildete Psychothe-rapeuten verfügen aufgrund ihrer Ausbildung über die Kompetenzen zur Durchführung der erforderlichen Status- sowie Prozessdiagnostik. Sie sind deswegen dazu befähigt, neben den notwendigen therapeutischen Interventionen auch die diagnosti-schen Aufgaben im Rahmen einer Psychotherapie umzusetzen.

* Dr. rer. nat. Georges Steffgen ist Professor für Psy-chologie und Dozent für psychologische Diagnostik an der „Université du Luxembourg“

Fachlich ausgebildete

Psychotherapeuten verfügen

aufgrund ihrer Ausbildung über die

Kompetenzen zur Durchführung der

erforderlichen Status- sowie

Prozessdiagnostik.“

(ILLUSTRATION:

SHUTTERSTOCK)

Retten oder schießen?

VON GERD HÖHLER

Griechenland hat keinen leichten Stand in der Flüchtlingsdebatte. Der Strom der Schutzsuchenden, die über die Ägäis kommen, reißt nicht ab.

Jeder weiß: Der Schlüssel zur Lö-sung des Problems liegt in der Tür-kei. Nur sie kann den Schleusern an ihrer Küste das Handwerk legen und die Flüchtlinge daran hindern, in die Boote zu steigen. Doch bisher ist nicht festzustellen, dass die Regie-rung in Ankara sich an ihre Zusagen hält. Sie fordert mehr Geld von der EU. Man kann das als Gefeilsche be-zeichnen. Erpressung wäre das pas-sendere Wort.

Weil die Türkei nicht mitspielt, bekommen jetzt die Griechen den schwarzen Peter zugeschoben. Sie

müssten endlich ihre Ägäisgrenze wirksam sichern, lautet die immer nachdrücklicher vorgetragene For-derung. Das hört sich plausibel an. Die Wirklichkeit ist leider kompli-zierter.

Bei Inseln wie Lesbos, Chios, Sa-mos oder Kos, die wenige Kilometer vor der kleinasiatischen Küste lie-gen, grenzen die griechischen und die türkischen Hoheitsgewässer un-mittelbar aneinander. In den türki-schen Gewässern hat die griechi-sche Küstenwache keine Befugnisse. Überqueren die Flüchtlingsboote erst einmal die Grenze, bleibt den Griechen nichts anderes übrig, als die Menschen sicher an Land zu brin-gen.

So bestimmt es die Genfer Kon-vention, und so gebieten es unsere

Werte. Auch ein Ausschluss Grie-chenlands aus der Schengenzone än-dert nichts an diesem Dilemma. Kei-nen Flüchtling würde das an der

Überfahrt hindern, denn er hätte nach wie vor Anspruch auf Asyl in der EU.

Die jetzt von Athen geforderte „Si-cherung“ der Außengrenze in der Ägäis könnte also in letzter Konse-quenz nur darin bestehen, die Flüchtlingsboote beim Erreichen der griechischen Hoheitsgewässer zu versenken. Man müsste dann nicht Rettungs- sondern Kampfhub-schrauber aufs Meer schicken. Ge-nauso aberwitzig ist der Plan, Grie-chenland zum Flüchtlingsgefängnis Europas zu machen. Was das für die politische Stabilität des Krisenlan-des bedeuten würde, liegt auf der Hand.

* Der Autor ist Griechenland- und Türkeikorrespon-dent des „Luxemburger Wort“

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