Schwierige Transitionen in Arbeit
und Übergangsprobleme
aus der Sicht von Jugendlichen
25. November 2016, Siège des FNEL Scouts, Luxemburg
Daniel Weis
Dr. Anette Schumacher
Übergang in die Arbeitswelt
Untersuchte Maßnahmen im
Rahmen des Jugendberichtes
Activités d’Insertion Professionnelle (AIP)/Affectation Temporaire Indemnisé (ATI): “travaux d’utilité collective“ oder “stages en entreprises“ « Service Nationale d’Action Sociale (SNAS) » Bilan de compétences “Elektroschrott”« Atelier Schläifmillen »
Contrat d’Appui-Emploi (CAE) Contrat d’Initiation à l’Emploi (CIE)
Contrat d’Initiation à l’Emploi – Expérience Pratique (CIE-EP) Entretien au bâtiment « Atelier Schläifmillen »
Formations “45 Pluspunkte“, “Gesundheitsorientierte Laufbahnberatung (GesoL)“, Assistentin“ oder ʺSprungbrett“ « Zarabina »
Formations “agent d’accueil/agent administratif”, “secrétaire médical“ oder ʺsecrétaire au cabinet d’avocat“ « Initiativ Rëm Schaffen »
Formations “assistance aux personnes“, “lavage repassage” oder ʺprojet professionnel“ « Femmes en détresse-NAXI »
Formations spécifiques “agent de fabrication“, ʺagents de sécurité“, ʺPool Commerce“, …« CNFPC »
Untersuchte Maßnahmen im
Rahmen des Jugendberichtes
Mesures spéciales (MS)/Initiatives sociales ou de réinsertion professionnelle: Maßnahmen, die von Asbls durchgeführt werden (z.B. CIGL, CIGR, CIGS, Co-labor, Centre d’Orientation Socio-
Professionnelle), Femmes en détresse-NAXI, Forum pour l’Emploi, Initiativ Rëm Schaffen, ProActif, Zarabina, …)
Occupation Temporaire Indemnisée (OTI) : ʺtravaux d’utilité publique“ Renovation « Atelier Schläifmillen »
Pool des assistants (PA): z.B. Assistant pédagogique
Stage de Réinsertion Professionnelle (SRP): professionelle Wiedereingliederungspraktika Aide socio-éducatif (ASE) « Caritas »
Classe d'insertion professionnelle divers métiers (IPDM)/Cours d’orientation et d’Initiation professionnelles (COIP) « CNFPC, Lycées Techniques »
Communication socio-professionnelle « CSEE Dreiborn »
Formations adultes z.B. “Aide bureau”, “Aide polyvalente familiale“, … « CNFPC » Formations complémentaires « Goodyear, DuPont, Hëllef Doheem, … »
Orientierungspraktika für Schulabbrecher « Association Locale pour Jeunes (ALJ) » Päerd´s Atelier Liewenshaff « Centre de propédeutique professionnelle »
Hohe Jugendarbeitslosigkeit als
Ausdruck von
Transitionsproblemen
Verhältnis von Jugendarbeitslosikeit u. Arbeitslosigkeit in ausgewählten europ. Ländern, Unter-25-Jährige, 2014
(Eurostat 2015, Arbeitskräfteerhebung) Jugendarbeitslosenquote (EU: 21,9%;
Lux.: 22,0%)
Jugendarbeitslosenquote in Lux. mehr als drei Mal so hoch wie Arbeitslosenquote in der Gesamtbevölkerung (6,0%)
Niedriger Bildungsstatus als zentraler Risikofaktor
Jugendliche ohne lux. Nationalität (bei gleichem Bildungsabschluss) häufiger arbeitslos als Jugendliche mit lux. Nationalität
Kontextbedingungen
Überregionaler Arbeitsmarkt: Hoher Anteil an Grenzgängern
Strukturwandel der Wirtschaft, gestiegene Qualifikationsanforderungen
Allgemeine Ergebnisse der
quantitativen Studie
• Es fehlt eine systematische und umfassende Darstellung der Maßnahmen
• Der subjektiv empfundene Nutzen ist abhängig von…
– Passung von Maßnahme und Bedürfnissen des Teilnehmers
– Eingehen auf die Bedürfnisse des Teilnehmers innerhalb der Maßnahme – Identifikation von Stärken und Schwächen des Teilnehmers
– Individuelle Förderung des Teilnehmers
• Jugendliche in Luxemburg zeigen eine hohe Motivation, sie wollen arbeiten
• Bildungsniveau, Alter und Sprachenkompetenz spielen eine wesentliche Rolle bzgl. des subjektiv empfundenen Nutzens einer
Allgemeine Ergebnisse der
quantitativen Studie
• Maßnahmen mit Bildungs- oder Orientierungscharakter zeigen einen höheren Nutzen als Maßnahmen, die eher Beschäftigungscharakter aufweisen.
• Den höchsten Nutzen erfahren junge, eher niedrig gebildete Teilnehmer • Das höchste Verbesserungspotential zeigt sich bei Maßnahmen, die zu
den individuellen Lernbedürfnissen des Teilnehmers eine gute Passung aufweisen.
• Teilnahme an einer Maßnahme wird teilweise als Sackgasse empfunden • Gefahr des “locking-in-effects”, d.h. die Teilnehmer sehen sich als
“arbeitend” und nicht mehr als Arbeitssuchende
• Jugendliche, die mit verschiedenen Problemen belastet sind, werden durch die bestehenden Maßnahmen nur teilweise erreicht.
Allgemeine Ergebnisse der
qualitativen Studie
Vier Transitionstypen/Formen der Transitionsbewältigung
A) Geradlinige Transition
– erfolgreiche, zügige Bewältigung der Transition
B) Alternative Transition
– individuell-kreative Bewältigung der Transition (Abweichungen, Umwege)
C) Transition mit Unterstützungsbedarf
– Transition noch nicht abgeschlossen, Unterstützung erforderlich
D) Gescheiterte Transition
Schulische Erfahrungen
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Berufs- und Ausbildungsreife
Schulische Erfahrungen
Ergebnisse der qualitativen Studie:
• „Ich habe keine guten Erinnerungen. Die zwei ersten Jahre waren für mich zum Vergessen. Wenn ich was nicht wusste, wurde ich geschlagen von der
Lehrerin. (…) Ja, dann hatte ich fast kein Interesse mehr.“ (Patricia, 29 Jahre, Transition mit Unterstützungsbedarf)
• „Schoulzäit war zimlech Schäiss, ech war ëmmer Aussesäiter, sinn oft
geschloe ginn. (...) An all Kéiers, ech hu probéiert wéi ech an der Primärschoul war, sou ze sinn wéi déi aner an sou cool, ne. An all Kéiers, all Kéiers wann ech et probéiert hunn, hunn se gesot: 'Décke Schäiss, du kanns näischt.' An da ginn et der rëm déck an d'Schnëss. Also huet sech eigentlech dat Ganzt
entwéckelt duerch d'Schoul.” (Jeff, 27 Jahre, gescheiterte Transition)
• „Schoulen hunn ech keng. Ech si bis 14 Joer an d'Schoul gaangen. Ech hat doheem vill Problemer, ech hu misste mech ëm meng Mamm këmmeren, dunn hunn ech d'Schoul ofgebrach. (…) Am Fong hunn ech vill verluer, well ech
Arbeitsmarktnutzung
Die Bandbreite des Arbeitsmarktes wird nur sehr spezifisch genutzt:
Personen mit luxemburgischer Nationalität stellen 87% der Erwerbstätigen in der öffentlichen Verwaltung und 75% der Erwerbstätigen in der Energieversorgung
Im Bau- und Gastgewerbe haben 10% der Beschäftigten die luxemburgische Nationalität
11% der Luxemburger sind in Handwerksberufen tätig
7,7% der Erwerbstätigen sind selbstständig (EU: M=14,1%)
3% der 25-29-Jährigen sind selbstständig
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Laut Umfrage würden sich 35% aller
luxemburgischen Jugendlichen in Zukunft
Berufsvorstellungen: Werte
und Motive
Ergebnisse der qualitativen Studie:
•„Wéinst der Onofhängegkeet, och wéinst der Secherheet.“ (Françoise, 30
Jahre, geradlinige Transition)
•„Dat ze maache wat mech frou mécht.“ (Danielle, 24 Jahre, alternative
Transition)
•„Jo, datt ech e geregelten Alldag hunn, datt ech weess firwat ech Moies opstinn.“ (Simone, 23 Jahre, Transition mit Unterstützungsbedarf)
Selbstwirksamkeit
Ergebnisse der quantitativen Studie:
Selbstwirksamkeit ist die Erwartungshaltung, inwiefern wir glauben in einer bestimmten Situation erfolgreich handeln zu können.
Die Höhe der Selbstwirksamkeit bestimmt, ob überhaupt
Handlungsversuche gestartet werden und ob wir bei auftretenden Schwierigkeiten mit unseren Bemühungen weitermachen und wie lange wir dies tun.
Selbstwirksamkeit beeinflusst unsere Zielsetzungen, Ausdauer und die Nutzung von Strategien.
Eine hohe Selbstwirksamkeit hat in der Regel eine positive
Auswirkung auf das Handeln und den damit verbundenen Erfolg!
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Jugendliche Maßnahmenteilnehmer zeigen
sehr niedrige Selbstwirksamkeitswerte
Kontrollüberzeugungen
Ergebnisse der quantitativen Studie:
Internal:
Verlauf des Lebens kann durch eigenes Verhalten beeinflusst werden (Anstrengungen und Fähigkeiten als Begründung für Situationsabläufe, glauben, dass ihr Verhalten zum Erfolg führt)
External:
Eigenes Verhlten hat kaum/keinen Einfluss auf das, was im Leben passiert (Zufall, Pech, Glück, äußere Umstände begründen
Situationsabläufe; Glaube kaum Kontrolle zu haben)
Jugendliche Maßnahmenteilnehmer zeigen sehr
niedrige Werte im Bereich der internalen
und
Selbstwirksamkeit und
Kontrollüberzeugung
Ergebnisse der qualitativen Studie:
•„Also meng ganz Entwécklung ass relativ fléissend verlaf, wou ech einfach der Meenung sinn 'Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied'.“ (Gilles, 29 Jahre,
geradlinige Transition)
•„Ech weess, dass ech mech gutt verkafe kann, wann ech an eng Firma era kommen. Ech war ëmmer zimlech zouversiichtlech, dass dat geet an et sinn net esou vill Leit hei am Land, déi deen Beruff hei geléiert hunn.“ (André, 26 Jahre,
alternative Transition)
•„Es hat sich angefühlt wie eine Niederlage. (...) Wenn ich jemandem die Schuld geben müsste, dann am meisten mir selbst.” (Paolo, 27 Jahre, Transition mit
Unterstützungsbedarf)
•„Wat ech gutt kann? Näischt. Also, wierklech näischt. (...) Bis elo weess ech nach net, wat ech gutt kann.“ (Jeff, 27 Jahre, gescheiterte Transition)
Bürgerschaftliches
Engagement
Ergebnisse der quantitativen Studie:
Bildungseffekte durch bürgerschaftliches Engagement:
Erwerb berufsrelevanter sozialer und personaler Kompetenzen Erwerb von Handlungskompetenzen
Weiterentwicklung der Persönlichkeit Integration in die Gesellschaft
Stärkung des Selbstbewusstseins
Non-formale Lernprozesse ergänzen den Bildungs-
und Erziehungsauftrag der Schulen und fördern die
Bürgerschaftliches
Engagement
Ergebnisse der qualitativen Studie:
•„Ech géif soen, dass et déi Punkten waren, wou och ausschlaggebend waren, dass d'Leit mech geholl hunn. Well et einfach dann anescht war vis-à-vis vun aneren, déi och kandidéiert hunn.“ (Steve, 23 Jahre, geradlinige Transition) •„An och vläit dat politescht, de politeschen Interessi an de kriteschen Geescht asw. dat ass och eppes wat een definitiv vill méi bei deenen Leit rëmfënnt, déi sech engagéieren. Also ech mengen dat sinn wierklech déi Saachen wou och erausstiechen.“ (Sara, 18 Jahre)
•„Ech mengen bei mer war dat zimlech kloer, well ech eben ëmmer Scout-Chef war. Datt ech do einfach gesinn, dat läit mer awer lo méi, mat Kanner an
Jugendlechen zesummen ze schaffen, wéi déi ganz Zäit nëmmen Zuelen ze gesinn an am Büro ze sëtzen.“ (Jean, 32 Jahre, geradlinige Transition)
Auswirkungen problematischer
Transitionen
Beeinträchtigung der Gesundheit und des Wohlbefindens:
•„Iergendwann schléit et op d'Selbstvertrauen, dann denkt een: 't kann een näischt. Also, et kann een näischt an dowéinst gëtt ee mol net geruff an d'Virstellungsgespréicher.“ (Simone, 23 Jahre, Unterstützungsbedarf)
•„Also well ech keng Aarbechtsplaz hunn, ass kee Rhythmus méi dran a mengem Dagesoflaf. Ech denken dann: Jo, wat méchs du da lo? Wéi bréngs du d'Zäit ëm?“ (Linda, 22 Jahre, Unterstützungsbedarf)
•„C'est affreux. (…) Oui, c'est le moral qui en prend un coup. Rester comme ça deux ans à la maison, c'est à taper la tête contre le mur.“ (Madeleine, 29 Jahre, Transition mit
Unterstützungsbedarf)
•„Ech wousst net méi wouhi mat mir, well déi Aarbecht, dat huet mir e Sënn gi fir ze liewen och, well ech menge wann ee schafft, dann ass een och iergendeppes wäert an dono war ech iergendwéi verluer eng Zäit. (…) Nee, do gëtt ee krank.“ (Nadine, 29 Jahre,
gescheiterte Transition)
•„C'est tout bête. Comme quoi, des choses simples peuvent se transformer en un mur. (…) Parce qu'au niveau de ma santé, cela fait aussi plus ou moins ‚Yo-yo‘.“ (Jeanne, 33
Auswirkungen problematischer
Transitionen
finanzielle Sorgen:
•„Miess, well et ass net däin eegent Geld, do muss ech nach meeschtens ëmmer d'Elteren froen fir Geld, dat ass scho miess.“ (Jeremy, 19 Jahre, gescheiterte Transition)
•„Bon, ech wunnen lo bei mengen Grousselteren, ech hu 27 Joer, fir éierlech ze sinn, ass dat net genial. Ech wéilt scho gären méi op mengen eegenen Been stoen.“ (Caroline, 27 Jahre, alternative Transition)
soziale Exklusion:
•„Ziemlich beschissen. (…) Ich bin erst mal in ein tiefes Loch gefallen. Also, man ist als Arbeitsloser ja, ob man will oder nicht, irgendwo stigmatisiert. Ich kann nicht richtig am sozialen Leben teilnehmen.“ (Paolo, 27 Jahre, Transition mit
Unterstützungsbedarf)
•„“Depressioun. (...) Déi Zäit wou ech keng Aarbecht hat war ech praktesch ëmmer doheem, hu mat kengem geschwat, jo.“ (Jeff, 27 Jahre, gescheiterte Transition)