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Patientenkompetenz... und wie sie gefördert wird

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Academic year: 2022

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Revue Médicale Suisse

www.revmed.ch

25 janvier 2012 Revue Médicale Suisse

www.revmed.ch

25 janvier 2012

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fallbeispiel

Bei der 51 jährigen Patientin wurde ein Karzinom der rechten Brust entfernt. Prog­

nose relativ günstig, pTN1 1sn/8, ER 100, PR 80, Her2­. Therapie : Segmentresek­

tion ; adjuvante Chemotherapie ; geplant Radiotherapie.

Die Patientin hatte ihren behandelnden Onkologen gefragt : «Was kann ich neben der Krebsbehandlung noch selbst für mich tun, wie kann ich mein Leben ändern ?»

Die Antwort lautete : «Sie können gar nichts tun, leben Sie einfach so weiter wie vorher».

Daraufhin sucht die Patientin mit der glei­

chen Frage die Sprechstunde zur Be ra­

tung zur Patientenkompetenz und zum Self­

empowerment auf. Sie ist in kriti scher seelischer Verfassung. Neben der Krebs­

diagnose und der Überzeugung bald ster­

ben zu müssen, fand sich ein typisches Krisensyndrom einer Frau in der Lebens­

mitte.

Es wurden in einem 90 minütigen Ges­

präch Fehlvorstellungen zur Prognose kor ­ rigiert und die Ressourcen der eigenen Leistungen zur Krankheitsbewältigung be­

wusst gemacht. Ausserdem wurde die Patientin zum längerfristigen Coaching an einen Psychologen überwiesen. Bei einer Nachkontrolle 6 Monaten später meinte die Patientin : «Ich lebe wieder normal. Was mir am meisten geholfen hat, war die Er­

kenntnis, dass ich nicht ein passives Opfer eines gnadenlosen Schicksals bin, son­

dern dass die Lösung aller meiner Pro­

bleme in mir selbst liegt».

patientenkompetenz

Patientenkompetenz wird von Betroffenen selbst definiert als Fähigkeit mit und trotz der Erkrankung ein normales Leben zu führen.

Von grosser Bedeutung ist da bei die Defini­

tion der Normalität auf individueller Ebene.

Patienten sagen : «Was normal ist in meinem Leben, sagen mir nicht Normwerte und Statis­

tiken, das sage ich. Ich habe meine persön­

liche Normalität und eigene Form von Ge­

sundheit».

Kompetente Patienten stellen typischer­

weise drei Fragen :

• wer orientiert mich im Info­Dschungel ;

• wie finde ich meinen persönlichen Weg in der Krankheit ;

• was kann ich selbst zur Krankheitsbe wäl­

tigung beitragen.

Kompetente Patienten möchten medizini­

sche Entscheide nicht treffen, aber nach voll­

ziehen können. Sie zeichnen sich durch be­

sondere Compliance und Therapietreue aus.

Sie erwarten vom Arzt die Respektierung ihrer persönlichen Denkstile und Hand lungs muster.

das modell derzweiärzte Richtungsweisend für die Handlungsmus ter kompetenter Patienten ist das sog. 2­Ärzte­

Modell der Krankheitsbewältigung. Analog dem Sprichwort medicus curat, natura sanat vertreten Patienten durchwegs die Auffas­

sung, es bedürfe zweier Ärzte zur Genesung, des äusseren und des inneren Arztes. Kom­

petente Patienten mischen sich nicht in die ärztlichen Angelegenheiten ein, sie mischen sich in die eigenen Angelegenheiten ein. Da­

her fragen Patienten : «Was kann ich selbst für mich tun ?»

Für den inneren Arzt werden stellvertretend Begriffe wie Abwehr, Selbstheilung, Ich­Selbst, natürliche Heilkräfte, Lebenswille, Glaubens­

stärke etc. gebraucht. Bei der häu fig von Pa­

tienten gestellten Frage : «Was kann ich selbst für mich tun», geht es um die Akti vierung die­

ses intrinsischen, salutotropen Potentials.

metapher abwehr

Krebspatienten reden immer von Abwehr und Abehrstärkung. Der Begriff Abwehr ist eine zentrale Metapher in der Patienten­

sprache. Sie meinen damit meistens nicht eine Form der Immunabwehr, sondern die Vielzahl der körperlichen, geistigen, psychis­

chen und spirituellen Ebenen, auf denen der Patient ver sucht, sich gegen die Belastungen der Krise zu wehren.

krebs undlebensstil

Um die Sprache und Erwartungen von Krebspatienten zu verstehen, muss man wis­

sen, dass diese sehr oft andere Vorstellungen über das Wesen von Krebs haben, als Ärzte oder Naturwissenschaftler. Patienten glauben : Krebs werde vor allem durch körpereigene Faktoren ausgelöst, zum Beispiel falsche Le­

bensweise oder Stress. Diese Körperbelas­

tungen führten zu einer Schwächung der kör­

pereigenen Abwehr. Diese Schwächung wird

als eigentliche Krebsursache angesehen. Die Krankheit Krebs wird als Folgestörung, als Symptom der falschen Lebensweise interpre­

tiert. Deswegen fragt der Patient : «Wie kann ich mein Leben ändern ?» Der Patient reagiert mit Resignation, Verzweiflung, Hoffnungslosig­

keit, wenn der Arzt antwortet : «Sie können gar nichts ändern, leben sie einfach so weiter wie vor her». Der Patient aber denkt : «Weil ich vorher so gelebt habe, bin ich doch krank geworden – und jetzt soll ich weiter so leben, wie vor her, dann muss es doch wieder kom­

men».

förderungderpatienten

-

kompetenz

Karl Jaspers hat einmal gesagt : «Der Patient hat das Recht die medizinische Ordnung zu durchbrechen». Wo sich heute immer mehr Patienten auf die eigenen Ressourcen zur Krankheitsbewältigung besinnen, haben wir als Angehörige der medizinischen Heilberufe heute nicht mehr das Recht, Patienten zu de­

motivieren, selbst etwas für sich zu tun. Und es gibt Belege, dass Krebspatienten, die sich kompetent in die eigenen Angelegenheiten einmischen, Tumortherapien besser vertra­

gen, eine bessere Lebensqualität und höhere Compliance, ja, sogar eine bessere Prognose aufweisen.

Die Erlangung von Patientenkompetenz schaf fen die wenigsten Krebspatienten im Frühstadium der Erkrankung, wenn die Wei­

chen zur Heilung gestellt werden, selbst. Da­

zu brauchen sie Hilfe. Solche Hilfen werden in der heutigen, fast ausschliesslich auf das Krankheitsmanagement ausgerichteten On­

kologie jedoch nur sporadisch angeboten. Es muss gefordert werden, dass das Ressour­

censcouting zum obligatorischen Leistungs­

spektrum der modernen Onkologie gemacht wird.

Zu diesem Ressourcenscouting (Ziel der Kompetenzberatung ist die Entdeckung der Ressourcen und persönlichen Handlungs­

muster zur Krankheitsbewältigung) wurden in den letzten Jahren neue Beratungsmodelle entwickelt. Die Stiftung Patientenkompetenz wird im Jahr 2012 ein erstes derartiges Bera­

tungsmodell validieren und dazu Patienten­

berater ausbilden.

Patientenkompetenz…

und wie sie gefördert wird

Quadrimed 2012

G. Nagel

Pr Dr med Gerd Nagel Stiftung Patientenkompetenz und Brustzentrum

Facharzt Onkologie Brust-Zentrum Seefeldstrasse 214, 8008 Zürich mail@gerd-nagel.ch

Rev Med Suisse 2012 ; 8 : 194

Bibliographie

• Bopp A, Delia N, Gerd N. Was kann ich selbst für mich tun ? Patientenkompetenz in der modernen Me- dizin. Zürich : Verlag Rüffer&Rub, 2005.

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