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Manuel Baumbach, Lukian in Deutschland. Eine forschungs- und rezeptionsgeschichtliche Analyse vom Humanismus bis zur Gegenwart. 2002

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S. Plotke: M. Baumbach, Lukian in Deutschland 173 Manuel Baumbach, Lukian in Deutschland. Eine forschungs- und rezeptionsgeschichtliche Ana-lyse vom Humanismus bis zur Gegenwart. (Beihefte zu Poetica 25) Fink, München 2002. 320 S.,€ 34,90.

Die vorliegende Studie von Manuel Baumbach ist die überarbeitete Fassung seiner 1997 von der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften der Universität Heidelberg angenomme-nen Dissertation. Sie schließt eine Lücke der Forschungs- und Rezeptionsgeschichte antiker Autoren, eröffnet gleichzeitig dem heutigen Leser Lukians über den Blick früherer Rezipienten eine breitgefächerte Perspektive auf dessen Werk. Nachdem Lukian (von Samosata) in der Klassi-schen Philologie bis vor kurzem ein eher marginalisiertes Dasein gefristet hatte, sind seine Werke jüngst zu beliebten Untersuchungsobjekten avanciert, nicht zuletzt deswegen, weil die Zweite Sophistik insgesamt innerhalb der philologischen Forschung an Ansehen gewonnen hat. Baum-bachs Arbeit reiht sich damit, wenn auch mit einer anderen Blickrichtung, unter die Studien ein, die sich dem wieder entflammten Interesse an diesem griechischen Autor verdanken.

Daß die Rezeption Lukians immer schon sehr kontrovers war und die Beurteilung seiner Werke in den letzten 500 Jahren zwischen begeisterter Aufnahme und völliger Ablehnung mehr-fach hin und her schwankte, vermag die vorliegende Untersuchung nachzuzeichnen. Erklärtes Ziel des Verfassers ist es, den früheren Lukian-Lesern vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Epoche zu begegnen, indem gefragt wird: „Wer liest was, wann und warum?“ (S. 12), wobei das Interesse, das die einzelnen Rezipienten an unterschiedlichen Aspekten des lukianischen Œuvres bekundet haben, auf die Geistesgeschichte bezogen wird. Zu diesem Zweck sollen „sowohl wis-senschaftliche Rezeption in Form von Textausgaben, Übersetzungen und Abhandlungen als auch kreative Rezeption in literarischen wie künstlerischen Nachahmungen und Bearbeitungen“ (ebd.) Berücksichtigung finden, Interdependenzen zwischen kreativem und wissenschaftlichem Umgang mit dem Werk Lukians „an einzelnen Spannungsfeldern innerhalb der Gesellschaft“ (ebd.) erör-tert werden. Die chronologische Gliederung der Untersuchung legt Schwerpunkte auf das 18. und das 19. Jahrhundert. Bis auf wenige Ausnahmen wird der Gesichtskreis auf die Rezeptionsge-schichte in Deutschland beschränkt, was neben der Fülle des Materials auch mit dem für Deutsch-land spezifischen Gang der Rezeptionsgeschichte begründet wird (Faible für die Totengespräche im 18., durch Wieland hervorgerufener Lukianboom im frühen 19. und Verdrängung Lukians aus Schule und Wissenschaft im 20. Jahrhundert).

Der Aufbau der Studie ist dadurch gekennzeichnet, daß jedem Jahrhundert jeweils ein Kapitel gewidmet ist, mit Ausnahme des 19. Jahrhunderts, das auf zwei Kapitel verteilt wird. Diese Un-terteilung drängt sich vom Gegenstand her nicht zwingend auf, sondern verhindert eher das konzise Verfolgen der einzelnen Linien, betont darüber hinaus die natürlichen Schwerpunkte und Einschnitte zu wenig. Von ihrer Anlage her differieren die einzelnen Kapitel denn auch stark. Während die Lukianrezeption der Humanisten im wesentlichen exemplarisch anhand von Eras-mus von Rotterdam, Philipp Melanchthon und Ulrich von Hutten gezeigt wird, wobei das beson-dere Interesse des Humanismus am satirischen Dialog Lukians akzentuiert ist, spiegelt die sehr knapp gehaltene Darstellung des 17. Jahrhunderts die schwindende Aufmerksamkeit der Epoche gegenüber Lukian wider, was sowohl mit der Stigmatisierung des griechischen Autors als Blas-phemist als auch mit der Abwendung von der Prosasatire zugunsten der römischen Verssatire (Horaz, Persius, Juvenal) erklärt wird.

Bei der Behandlung des 18. Jahrhunderts setzt Baumbach zwei Schwerpunkte: zum einen die Rezeption und Adaption von Lukians Totengesprächen in der ersten Jahrhunderthälfte, zum an-dern Christoph Martin Wieland und dessen Übersetzung des lukianischen Œuvres. Die Auseinan-dersetzung mit Wieland ist breit angelegt und beleuchtet das Verhältnis Wieland Ð Lukian aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Insofern ist es auch zu verschmerzen, daß andere Autoren der Zeit etwas zu kurz kommen (beispielsweise findet die wahrscheinlich berühmteste Adaption Lu-kians in der deutschen Literaturgeschichte, nämlich Goethes Ballade Der Zauberlehrling, an kei-ner Stelle Erwähnung).

Im 19. Jahrhundert werden verschiedene Linien der Beschäftigung mit Lukian verfolgt, die sich gegenseitig auch mehrfach überschneiden. Eine erste steht im Zeichen des Neuhumanismus und der Etablierung der Altertumsforschung als wissenschaftlicher Disziplin. Als zweiter Strang wird das sich wandelnde Verhältnis der Theologie gegenüber dem lange als Christenhasser verun-glimpften griechischen Autor untersucht, wobei der Fokus vor allem auf das „Spannungsfeld

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zwischen Theologie und Altertumswissenschaft“ (S. 151) gerichtet ist. Gleichzeitig fragt Baum-bach nach der Rolle, die das sich verändernde Wieland-Bild in bezug auf die Beurteilung von Lukians Schriften einnimmt, und welche Konsequenzen sich daraus auch hinsichtlich seiner Stel-lung als Schulautor ergeben haben. Deutlich wird hier, wie verschiedene Kräfte aus unterschiedli-chen gesellschaftliunterschiedli-chen und wissenschaftliunterschiedli-chen Positionen heraus sich an Lukian gemessen haben. Allerdings läßt die Präsentation des reichhaltigen Materials mitunter eine klare Strukturierung vermissen. Hier hätte die schärfere Konturierung der einzelnen Argumentationsstränge sowie die deutlichere Akzentuierung der verschiedenen Positionen wesentlich zur Übersicht beigetragen.

Die Auseinandersetzung mit dem 20. Jahrhundert zeigt dann in erster Linie die Kräfte auf, die die negative Haltung gegenüber Lukian, wie sie sich bereits im vorangegangenen Jahrhundert abgezeichnet hatte, weiter zementieren und vollends zur Marginalisierung dieses Autors führen. Besondere Beachtung findet dabei in der Art eines Kontrapunkts die Wertschätzung Lukians durch Schriftsteller wie Kurt Tucholsky oder Albert Ehrenstein. In diesem Sinne hätte die krea-tive Rezeption, die schon bezüglich des 19. Jahrhunderts Ð vorwiegend gegenstandsbedingt Ð stark in den Hintergrund gerückt war, auch noch weiterverfolgt werden können (etwa mit der Berücksichtigung Arno Schmidts).

Insgesamt liegt mit Baumbachs Untersuchung eine materialreiche Darstellung der Rezeptions-geschichte Lukians vor, die nicht nur zeigt, welche Wirkung dieser griechische Autor auf die Literatur und das Geistesleben der letzten 500 Jahre in Deutschland hatte, sondern auch, wie willkürlich und wandelbar der Lektürekanon ist, wie er Schulen und Universitäten in diversen philologischen Fächern beherrscht. Wesentliches Verdienst der Arbeit ist es, daß sie die vielfälti-gen Lesarten aufzeigt, die das Werk des Griechen über die Jahrhunderte evoziert hat: Lukian war in den Augen seiner Rezipienten nicht nur Satiriker, sondern auch Aufklärer, Blasphemist, Philosophenverspotter, Journalist, Sittenverderber, Christenhasser, Bildungsreformer, Sexualauf-klärer, Atheist, Nihilist oder Feuilletonist.

Universität Basel Seraina Plotke

Deutsches Seminar Nadelberg 4 CH-4051 Basel seraina.plotke@unibas.ch

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