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Academic year: 2022

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Texte intégral

(1)

Inhalt

Vorwort (Erika Diehl)... XI Verzeichnis der Tabellen ... XVII Verzeichnis der Abkürzungen ... XIX

Teil I: Die Ausgangslage...1

1 Einleitung (Erika Diehl)...3

1.1 Fragestellung; Zielsetzung...3

1.2 Zum Korpus ...4

1.3 Zur Datenanalyse...9

1.4 Zur Gliederung des Bandes ...11

2 Deutsch in Genf (Helen Christen)...13

2.1 Deutsch in der französischsprachigen Westschweiz...13

2.2 Deutsch als Schulfach ...16

2.3 Zur Einschätzung des Schulfachs Deutsch und der deutschen Sprache durch die Testpersonen...17

2.4 Einstellung und schulischer Erfolg...21

2.5 „Deutsch als Fremdsprache“ in Abhängigkeit von verschiedenen Schülervariablen ...22

2.6 Ausblick ...24

3 Theorien zum Zweitsprachenerwerb: Standortbestimmung des DiGS-Projektes (Erika Diehl)...25

3.1 Forschungsstand ...25

3.2 Theorien zum Zweitsprachenerwerb ...30

3.2.1 Der mentalistische Ansatz: Das UG-Modell ...30

3.2.2 Theorien der Sprachverarbeitung ...34

3.2.3 Konnektionistische Modelle...39

3.2.4 Das dualistische Modell ...43

3.3 Explizites vs. implizites Lernen – die Rolle der Bewusstheit im L2-Erwerb ...44

3.4 Exkurs: Implizites Lernen in der Sicht der Lernpsychologie ...49

(2)

Teil II: Empirische Untersuchung ...53

4 „Wenn sprechen sie, alles gehts besser“ – Erwerb der Satzmodelle (Erika Diehl)...55

4.1 Einleitung ...55

4.2 Der Erwerb der deutschen Satzmodelle in L1 und L2: Forschungsstand ...56

4.2.1 Zum natürlichen L2-Erwerb: Das ZISA-Projekt ...56

4.2.2 Zum L1-Erwerb: Der DFG-Forschungsschwerpunkt Spracherwerb ...59

4.2.3 Bilanz ...63

4.3 Die involvierten Sprachen: Strukturvergleich ...64

4.3.1 Die Verbstellung im Deutschen...65

4.3.2 Die Verbstellung im Französischen...68

4.4 Analyse der DiGS-Daten: Satzmodellerwerb im Unterricht...71

4.4.1 Vorüberlegungen...71

4.4.2 Die frühen Stufen: Satzmodellerwerb in der Primarschule ...73

4.4.2.1 S-V-Sätze und koordinierte S-V-Sätze...74

4.4.2.2 W- und E-Fragen...76

4.4.2.3 Die Subjekt-Verb-Inversion ...78

4.4.2.4 Die Verbalklammer ...81

4.4.2.5 Zwischenbilanz...83

4.4.3 Der Ausbau: Satzmodellerwerb im Cycle d’orientation...85

4.4.3.1 Die Satzmodelle im Lehrplan...85

4.4.3.2 Verbalklammer, Inversion, Nebensatz: Erwerbsfolge ...87

4.4.3.3 Erwerbsstrategien ...87

4.4.3.4 Individuelle Unterschiede ...94

4.4.3.5 Zwischenbilanz...98

4.4.4 Die Konsolidierung der Satzmodelle im postobligatorischen Unterricht ...99

4.4.4.1 Erwerbsfolge und Erwerbsstrategien...102

4.4.4.2 Stand am Ende des postobligatorischen Unterrichts ...106

4.5 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse ...109

5 Erwerb der Morphologie ...117

5.1 Einleitung (Helen Christen) ...117

5.2 „Die Leute weissen nicht mehr sehen die positive Punkt des Leben“ – Der Erwerb der Verbalflexion (Sandra Leuenberger, Isabelle Pelvat) ...124

5.2.1 Deutsche und französische Verbalflexion: ein Vergleich...124

5.2.2 Die Verbalflexion im Genfer Deutschunterricht ...125

5.2.3 Untersuchungen zum Erwerb der Verbalmorphologie ...126

5.2.3.1 Untersuchungen zum Erstsprachenerwerb des Deutschen...126

(3)

5.2.3.2 Untersuchungen zum ungesteuerten Zweitsprachenerwerb ...128

5.2.3.3 Untersuchungen zum gesteuerten Zweitsprachenerwerb ...129

5.2.4 Der Erwerb der Verbalflexion im Genfer Deutschunterricht ...131

5.2.4.1 Korpus und Analyseverfahren ...131

5.2.4.2 Die sechs Phasen im Erwerb der Verbalmorphologie ...133

5.2.4.2.1 Phase I: Die präkonjugale Phase ...133

5.2.4.2.2 Phase II: Bearbeitung der regelmässigen Konjugation...137

5.2.4.2.3 Phase III: Bearbeitung der irregulären Verbalflexion ...141

5.2.4.2.4 Phase IV: Der Erwerb des Perfekts ...143

5.2.4.2.5 Phase V: Der Erwerb des Präteritums ...152

5.2.4.2.6 Phase VI: Ausbau und Konsolidierung ...156

5.2.4.3 Verteilung der Schülerpopulation auf die sechs Erwerbsphasen ...159

5.2.5 Zusammenfassung: Erwerb der Verbalmorphologie unter gesteuerten Bedingungen ...161

5.2.5.1 Einflussfaktor Grammatikunterricht ...161

5.2.5.2 Einflussfaktor L1-Transfer ...163

5.2.5.3 Fazit ...165

5.3 „Der Brot, die Mädchen, das Führerschein“ – Der Erwerb der deutschen Genera (Helen Christen) ...167

5.3.1 Ausgangslage ...167

5.3.2 Forschungsstand ...169

5.3.3 Genus im gesteuerten Unterricht ...171

5.3.4 Die Genuszuweisung in den DiGS-Texten...173

5.3.4.1 Quantitative und qualitative Tendenzen der Genuszuweisung ....174

5.3.4.2 Genusregeln?...176

5.3.4.3 Das Genus und die morphosyntaktische Stelle der Genusmarkierung ...182

5.3.5 Statt einer Zusammenfassung: Individuelle Pseudo- Variabilität der Genuszuweisung als Indikator für die Regularitäten des Genuserwerbs ...184

5.3.6 „Eine unermessliche Erfolg“ – Der Erwerb des syntagmatischen und paradigmatischen Genus am Beispiel der attributiven Adjektivflexion ...188

5.3.6.1 Komplexe Nominalgruppen und ihre morphologische Ausprägung: Gesamtüberblick ...189

5.3.6.2 Individuelle Verfahren zur Markierung der komplexen Nominalgruppen...192

5.3.6.2.1 Das Adjektiv als flexionsrelevante Kategorie ...194

5.3.6.2.2 Das Adjektiv als genus-, numerus-, kasusrelevante Kategorie ....194

5.3.6.3 Bilanz: Wer kann die Adjektive richtig flektieren? ...197

(4)

5.4 „Hünde und Kätze“ – Der Erwerb der substantivischen

Pluralmarkierungen (Helen Christen) ...199

5.4.1 Einleitung ...199

5.4.2 Plural aus der Lernerperspektive...201

5.4.3 Die Pluralallomorphe in den Lernertexten ...204

5.4.3.1 Zur Materialauswertung ...205

5.4.3.2 Ergebnisse ...206

5.4.3.2.1 Der 0-Plural bei pseudopluralischen Substantiven? ...208

5.4.3.2.2 Die marginale Rolle der e-Plurale ...209

5.4.3.2.3 Die Übergeneralisierung des -(e)n-Plurals ...210

5.4.3.2.4 Die „Untergeneralisierung“ des er-Plurals ...211

5.4.3.2.5 Die lernersprachlichen s- Plurale für „lexikalische Sonderfälle“ ...211

5.4.3.2.6 Bemerkungen zum Umlaut...212

5.4.3.3 Stufenabhängiges oder individuelles Lernerverhalten? ...213

5.4.3.4 Exkurs: Pluralmarker und Kompositionsfuge...216

5.4.4 Schluss ...219

5.5 „... aber den Deutsch steht katastroffisch“ – Der Erwerb der Kasus in Nominalphrasen (Thérèse Studer) ...221

5.5.1 Zum Kasus in deutschen Nominalphrasen...222

5.5.1.1 Funktion ...222

5.5.1.2 Zur Kasusmorphologie ...224

5.5.2 Der Erwerb der Kasus im Unterricht...225

5.5.2.1 „... und sie nicht verstanden“...225

5.5.2.2 Hypothese...226

5.5.3 Empirische Untersuchung ...226

5.5.3.1 Ziel der Untersuchung ...226

5.5.3.2 Das untersuchte Teilkorpus ...227

5.5.3.3 Kriterien für die Auswertung der Texte ...228

5.5.3.4 Probleme bei der Ermittlung der Phasen ...230

5.5.3.5 Die Erwerbsphasen...231

5.5.3.5.1 Phase I: Ein-Kasus-System – nur N-Formen ...232

5.5.3.5.2 Phase II: Ein-Kasus-System – beliebig verteilte N-, A- und D-Formen ...233

5.5.3.5.3 Phase III: Zwei-Kasus-System – mit systematischer Markierung von Subjekt und Objektkasus ...235

5.5.3.5.4 Phase IV: Drei-Kasus-System – mit systematischer Markierung von Subjekt, Akkusativobjekt und Dativobjekt ...236

5.5.3.5.5 Exkurs zu den Pronomina ...237

5.5.3.5.6 Diskussion ...242

5.5.3.6 Vergleich mit den Phasen im L1-Erwerb und im ungesteuerten L2-Erwerb ...245

(5)

5.5.3.7 Einstufung der Testpersonen – Ergebnisse...247

5.5.3.7.1 Erwerbsstufen am Ende jeder Klassenstufe...247

5.5.3.7.2 Erwerbsstand nach der Behandlung der Kasus im Unterricht ...251

5.5.3.7.3 Diskussion ...252

5.5.3.8 Und wenn alles nicht so dramatisch wäre ...258

5.5.3.8.1 Korrekte vs. abweichende NP mit eindeutigem Kasus (Maskulina) ...258

5.5.3.8.2 Korrekte vs. abweichende NP (alle)...260

5.5.3.8.3 Kommentar...262

5.5.4 Schluss ...263

5.6 „Wir lernen heraus in die Umwelt, under dem Sonne“ – Der Erwerb von Präpositionalphrasen (Thérèse Studer) ...264

5.6.1 Einleitung ...264

5.6.2 Präpositionen und Präpositionalphrasen im Deutschen und im Französischen...265

5.6.3 Präpositionen und Präpositionalphrasen im L1-und im L2-Erwerb ...269

5.6.3.1 Zum L1-Erwerb...269

5.6.3.2 Zum ungesteuerten L2-Erwerb ...272

5.6.3.3 Zum gesteuerten L2-Erwerb...273

5.6.4 Vorkommenshäufigkeiten der Präpositionen (Types und Tokens) ...274

5.6.4.1 Wechselpräpositionen (WP)...276

5.6.4.2 Präpositionen mit festem Kasus (PfK) ...280

5.6.4.3 Konsequenzen für den Unterricht...282

5.6.4.4 Frequenz und Varianz der Präpositionen auf den verschiedenen Klassenstufen...284

5.6.5 Präpositionen mit festem Kasus (PfK) ...286

5.6.5.1 Der Kasus in den für-Phrasen...287

5.6.5.2 Der Kasus in den mit-Phrasen ...290

5.6.6 Raumpräpositionen – die semantische Opposition ‘lokativ – direktiv’...300

5.6.6.1 Lokative und direktive Kontexte: Was tun die Lernenden? ...301

5.6.6.2 Gibt es „einfache“ und „schwierige“ Raum-PP? ...312

5.6.6.3 Exkurs: Lernen in festen Formeln – ja aber! ...319

5.6.7 Schluss ...322

5.7 Deklination: Fazit (Thérèse Studer) ...323

5.7.1 Die wichtigsten Ergebnisse ...323

5.7.2 Konsequenzen für den Unterricht...328

(6)

Teil III: Bilanz ...333

6 Individuelle Unterschiede (Erika Diehl) ...335

6.1 Zum Terminus „Strategie“ ...336

6.2 Erwerbsstrategien im DiGS-Korpus...337

6.2.1 Transfer aus L1 ...338

6.2.2 Chunks ...340

6.2.3 Generalisierung ...342

6.2.4 Vermeidung...347

6.2.5 Exkurs: Monitor-Einsatz ...349

6.3 Language aptitude – Sprachlernfähigkeit ...352

6.4 Intraindividuelle Variation ...355

7 Schluss: Die Ergebnisse im Überblick (Erika Diehl) ...359

7.1 Die Eigendynamik des Erwerbsprozesses ...359

7.2 Zur Frage der Korrelationen...361

7.2.1 Korrelationen in der wissenschaftlichen Diskussion ...362

7.2.2 Die DiGS-Ergebnisse: Parallelen statt Korrelationen...366

7.3 Erwerbsstand und Klassenstufe ...369

7.4 Und die Rolle des Grammatikunterrichts? ...372

7.4.1 Untersuchungen zur Effizienz des Grammatikunterrichts ...372

7.4.2 Didaktische Konsequenzen: Vorschläge ...377

7.4.3 Umsetzungsvorhaben in Genf ...383

Anhang ...385

Tabellen zu Fragen III 1, 2...386

Tabellen zu Fragen III 3, 4...387

Literatur ...389

(7)

Vorwort

Erika Diehl

Wenn man eine Fremdsprache beherrschen will, muss man „seine Gramma- tikregeln können“, das scheint eine Binsenweisheit zu sein. Wer mit dem Fremdsprachenlernen Mühe hat, macht seine Unkenntnis der Grammatikre- geln dafür verantwortlich; Schüler und Schülerinnen verlangen nach Gram- matikunterricht, und Fremdsprachenlehrer halten es für ihre Pflicht, dieses Verlangen möglichst kompetent zu befriedigen.

Andererseits ist es zugleich eine weitverbreitete Erfahrung, dass dieses Grammatikwissen nicht ohne weiteres im spontanen Sprachgebrauch aktiviert werden kann. Wohl jeder Fremdsprachenlerner befand sich schon in der Situation, dass er seine eigenen Fehler nicht „verstand“. Die Diskrepanz zwi- schen Regelwissen und Regelanwendung in Kommunikationssituationen ist eines der grossen Ärgernisse des Fremdsprachenlernens und ist es auch über alle sprachdidaktischen Revolutionen der vergangenen Jahrzehnte hinweg geblieben; weder die behavioristisch ausgerichteten audiolingualen Methoden der siebziger Jahre noch der kommunikative Unterricht der achtziger Jahre vermochten dem abzuhelfen. Wie eh und je ist beispielsweise in Genf der Satz zu hören: „Je ne sais pas l’allemand, je l’ai seulement appris à l’école.“

Die einzige „Methode“, von der übereinstimmend deutlich bessere Erfolge als im üblichen Fremdsprachenunterricht gemeldet werden, ist der immersive bzw. bilinguale Unterricht, und der überlässt es (weitgehend oder ausschliesslich) den Schülern, ihre grammatische Kompetenz selber aufzu- bauen.

Dergleichen Erfahrungen stimmen bedenklich, und seit den siebziger Jah- ren werden sie auch innerhalb der Zweitsprachen-Erwerbsforschung themati- siert. Empirische Untersuchungen legen den Gedanken nahe, das Erlernen einer zweiten Sprache – unter natürlichen, aber auch unter gesteuerten Bedin- gungen – könnte Analogien zum Erstsprachenerwerb aufweisen und ähnlichen internen Zwängen unterworfen sein wie dieser. Doch trotz der didaktischen Brisanz einer solchen Hypothese blieb sie, soweit wir sehen, bisher ohne Folgen für den institutionellen Fremdsprachenunterricht. Das mag einerseits mit der klassischen zeitlichen Verschiebung zwischen Forschungsergebnissen und Schulpraxis zu tun haben. Es mag allerdings auch darin begründet sein, dass die bisher vorgelegten Forschungsarbeiten sich nur auf schmale Korpora berufen konnten, deren Ergebnisse nicht hinreichend Beweiskraft haben, um grundlegende Revisionen des Grammatikunterrichts zu bewirken. Dafür bedarf es eines umfangreichen Datenmaterials und überzeugender Resultate.

(8)

Die Ambition unseres Forschungsprojektes ist es, diese Lücke zu schlies- sen, zumindest was den Erwerb der deutschen Grammatik durch frankophone Lerner betrifft. Dass ein solches Projekt konzipiert und durchgeführt werden konnte, ist der günstigen Konstellation verschiedener Faktoren zu verdanken:

− Deutsch ist in Genf ein ungeliebtes Schulfach. Die deutsche Grammatik gilt als unlernbar, entsprechend niedrig ist das Motivationsniveau. Genfer Deutschlehrern muss man das Missverhältnis zwischen Aufwand und Er- gebnis beim Deutschunterricht nicht lange auseinandersetzen, es ist ihre alltägliche Erfahrung. Somit besteht bei ihnen eine gewisse Bereitschaft, sich auf einen Perspektivenwechsel einzulassen.

− Seit Anfang der 90er Jahre wurden am deutschen Departement der Uni- versität Genf Untersuchungen über den Grammatikerwerb frankophoner Deutschstudierender durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigten für den Be- reich der Deklination die Hypothese von der Autonomie des Grammatik- erwerbs.1 Diejenigen Deutschlehrerinnen und -lehrer, die mit diesen Un- tersuchungen in Berührung kamen, erkannten darin vieles aus ihren eige- nen Unterrichtserfahrungen wieder. Sie waren es, die eine Untersuchung auf breiter Basis verlangten und auch durchsetzten, im Bewusstsein der didaktischen Relevanz eines solchen Projekts für die Fremdsprachendi- daktik an der Schule.

− Auch im institutionellen Bereich standen die Zeichen günstig. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre kamen auf die Genfer Erziehungsdirektion eine ganze Reihe schulpolitischer Änderungen zu, von denen der Deutschunterricht direkt betroffen war: eine neue eidgenössische Maturi- tätsverordnung einschliesslich der möglichen Abwahl des Deutschen als Schulfach auf Sekundarstufe II sowie die Einführung neuer Lehrwerke für Deutsch in der Primarschule und auf Sekundarstufe I. Ein Forschungsvor- haben, das bei der Formulierung neuer Lehrpläne, neuer Lernziele und neuer Mindestanforderungen Orientierungshilfe zu bieten versprach, hatte somit gute Aussichten auf finanzielle und organisatorische Förderung.

So konnte ein Forschungsprojekt zustandekommen, an dem über 40 Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter beteiligt waren und in dem wissenschaftliches und didaktisches Interesse ständig aufeinander bezogen blieben. Die wissen- schaftlichen Ergebnisse legen wir in diesem Buch vor; die didaktischen Um- setzungversuche sind in Genf bereits angelaufen. Alle am Projekt Beteiligten sind nach wie vor davon überzeugt, dass das Resultat ihrer Arbeit im wahr- sten Sinn des Wortes zur „Humanisierung“ des Deutschunterrichts beitragen kann.

_______________

1 Diehl et al. (1991: 1–71).

(9)

Ein so ambitiöses Vorhaben ist auf intensive und vertrauensvolle Zusam- menarbeit angewiesen. Wir können nicht genug betonen, dass das Projekt ohne das Engagement des Lehrerteams niemals hätte durchgeführt werden können.

Unser Dank gilt an erster Stelle den Koordinatorinnen für die einzelnen Schulstufen: für die Primarschule Lucrezia Marti, für die Sekundarstufe I Annie Fayolle Dietl und Cornelia Rohner, für die verschiedenen Schultypen der Sekundarstufe II Chantal Andenmatten Gerber, Hannelore Pistorius Dia- mond und Brigitte Weber. Ihrem Organisationstalent, ihrer Ausdauer und ih- rer Diplomatie bei der Koordinierung zwischen dem wissenschaftlichen Team und der Lehrerschaft sur le terrain ist es zu verdanken, dass eine so ungewöhnlich intensive (und freundschaftliche) Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und Schulpraxis zustande kommen und bis zum Ende durchgehalten werden konnte. Zudem standen sie für unsere Rückfragen nach den Usancen der Unterrichtspraxis (und auch für Interpretationshilfen bei allzu rätselhaften Schülerproduktionen) jederzeit zur Verfügung.

Ebenso ausdrücklich sei dem Team von Deutschlehrerinnen und -lehrern gedankt, die die Arbeit „an der Basis“ leisteten: Sie liessen während zwei Jahren in ihrem Unterricht die Aufsätze schreiben, die das Korpus des For- schungsprojektes bilden, und übernahmen auch den ersten Analysedurch- gang.2 Ein Teil von ihnen beteiligte sich zusätzlich im dritten Jahr unter der Federführung der Koordinatorinnen an der Formulierung der didaktischen Konsequenzen des Forschungsprojektes; ihre Namen sind mit * bezeichnet.

Es sind dies:

− für die Primarschule: Marianne Bonenfant, Marie-Claire Godard, Nicole Good Mohnhaupt, Magali Leutwyler, Roland Pasche, Samuel Perriard, Pierre Pricat, Jean-Louis Torimbert und Claire-Lise Wünsche;

für die Sekundarstufe I (cycle d’orientation): Albert Baumgartner, Roland Battus, Sandrine Buechli*, Carmen Fatsini Marquez*, Claudine Haessig, Jacqueline Hegg, Chatrina Largiadér Lutz*, Doris Rottstock*, Arlette Schipperijn und Inge Unterlerchner*;

für die Sekundarstufe II (Ecole de Culture générale, Ecole supérieure de Commerce, Collège): Sandra Ballis*, Brigitte Bodmer Hauri*, Silvia Cre- monte, Esther Diener Willig, Blaise Extermann*, Heidi Gembicki, Chris- tine Guinand, Christophe Hauser*, Tanja Jermann*, Monique Matthey, Bettina Montavon, William Nater, Judith Rohner und Renata von Davier.

In unseren Dank seien auch unsere „Testpersonen“ einbezogen, die Schüle-

_______________

2 Bei manchen von ihnen erstreckte sich das Engagement auf nur ein Jahr. Die De- tails hierzu sind nachzulesen in der Broschüre „Recommandations DiGS – Deutsch in Genfer Schulen. A propos de l’acquisition de la grammaire allemande“, Dépar- tement de l’Instruction Publique, Genève 1998 (siehe auch Fussnote 24, S. 383).

(10)

rinnen und Schüler aus dreissig Klassen, denen das ihnen ungewohnte „freie Schreiben“ von Aufsätzen abverlangt wurde, ohne dass sie damit irgendeinen Pluspunkt verdienen konnten. Sie haben uns mit ihren Texten nicht nur Ein- blick in ihr Ringen mit der deutschen Grammatik gewährt, sondern auch in ihre Gedanken- und Erlebniswelt. Sooft wir ihre Aufsätze in den vergangenen Jahren auch hin- und hergewendet haben – immer sind uns die jugendlichen Autorinnen und Autoren gegenwärtig geblieben; immer deutlicher lernten wir ihre Erkundungswege in die komplizierte deutsche Grammatik als je individuelle Versuche zu interpretieren, mit den Anforderungen der Aus- senwelt fertig zu werden.

Den finanziellen Rahmen für das Projekt stellten verschiedene Instanzen bereit. Die wissenschaftliche Arbeit wurde überwiegend durch Mittel des Schweizerischen Nationalfonds für wissenschaftliche Forschung finanziert, dem an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Dass die Arbeit auch nach Beendi- gung dieser Förderung weitergeführt werden konnte, verdanken wir der Un- terstützung verschiedener Sponsoren. An erster Stelle sei den Stiftungen Ernst und Lucie Schmidheiny und Hans Wilsdorf für ihre ausserordentlich grosszügige Hilfe gedankt. Mit weiteren Beiträgen unterstützten uns Cater- pillar Overseas, der Touring Club Suisse, die Union Bancaire Privée, die Walter Oertli Stiftung und D.S.R. Morges. Ihnen allen gilt unser Dank, nicht nur für die finanzielle Unterstützung, sondern auch für die Ermutigung, die dieses positive Echo aus ausserakademischen Kreisen für uns bedeutete.

Die Genfer Erziehungsdirektion gewährte den mitarbeitenden Lehrerinnen und Lehrern Entlastungen von Unterrichtsstunden. Ausserdem ermöglichte sie mehrere Veranstaltungen im Rahmen der Lehrerfortbildung, auf denen über Verlauf und Ergebnisse des Projektes informiert werden konnte. Wir danken allen Verantwortlichen, insbesondere Maurice Bettens, dem Präsidenten der Commission de l’enseignement de l’allemand und Direktor des Enseignement du Cycle d’Orientation, Marie-Claire Andres, Direktorin des Enseignement primaire, und Marianne Extermann, Direktorin des Enseignement du Postobligatoire, dass sie das Projekt ermöglicht und wohlwollend bis zu seinem Abschluss begleitet haben.

Schliesslich danken wir Gottfried Kolde, der das Projekt beim National- fonds mit getragen und uns bei schwierigen Fragen beraten hat, und Horst Sitta, der uns als erfahrener Projektleiter von Anfang an mit wichtigen orga- nisatorischen und wissenschaftlichen Ratschlägen zur Seite gestanden hat.

Elizabeth Williamson und André Gigon halfen uns bei der Sponsorensuche, und Raphael Berthele erstellte die Druckvorlage – auch ihnen allen herzlichen Dank!

Und last but not least sei dankbar unserer Ehemänner und Partner gedacht, deren Geduld und Nachsicht in den vergangenen drei Jahren viel zugemutet worden ist. Wir können nur hoffen, dass die Ergebnisse dieser langen Mühe

(11)

so positive Folgen in den Klassenzimmern haben werden, dass sich alle diese Opfer im Nachhinein als gerechtfertigt erweisen.

(12)
(13)

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Satzmodelle in der Primarschule: Kontexthäufigkeit (korrekte

vs. abweichende Realisierung) ...74

Tab. 2: Satzmodelle in der Primarschule: Korrektheitsquote ...74

Tab. 3: W- und E-Fragen und Inversion in der Primarschule: Klassenvergleich (korrekte vs. abweichende Lösungen + Korrektheitsquote) ...78

Tab. 4: Inversion in Klasse 4b/5b: Selbstkorrekturen...78

Tab. 5: Inversion in Klasse 4b/5b: Bilanz nach 2 Jahren...79

Tab. 6: Fragesätze und Inversion in der 6. Klasse ...80

Tab. 7: Stand am Ende der 4., 5. und 6. Klasse (nach Schülern, ohne Klasse 4b/5b) ...83

Tab. 8: Stand am Ende der Klasse 4b/5b...83

Tab. 9: Erwerbsstand in den 7. Klassen (S-V- und Fragesätze)...87

Tab. 10: Verbalklammer, Inversion und Nebensatz im Cycle ...87

Tab. 11: Verbalklammer und Inversion in der 7. Klasse ...95

Tab. 12: Verbalklammer, Nebensatz und Inversion in der 8. Klasse...95

Tab. 13: Verbalklammer, Nebensatz und Inversion in der 9. Klasse...96

Tab. 14: Erwerbsstand in der 10. Klasse in ECG, ESC und Collège...101

Tab. 15: Erwerbsstand am Ende der 10. Klasse (nach Schülern) ...101

Tab. 16: Erwerbsstand bei Schulabschluss der ECG ...106

Tab. 17: Erwerbsstand bei der Maturität (ESC und Collège) ...107

Tab. 18: Beispiel eines Analysebogens mit 5 Testpersonen ...108

Tab. 19: Korpus für die Analyse des Verbalbereichs ...132

Tab. 20: Verwendete Verbalformen in Phase I...134

Tab. 21: Häufigste vorkommende Verbalformen ...135

Tab. 22: Generalisierungen einer Personalform ...139

Tab. 23: Bildung des Partizips ...149

Tab. 24: Verben, die als feste Wendungen im Präteritum benutzt werden...153

Tab. 25: Vorkommende Präteritaformen in der Phase V...155

Tab. 26: Einstufung der Testpersonen in die Phasen des Verbalerwerbs ..160

Tab. 27: Zusammenfassung richtiges/falsches Genus pro Arbeit ...175

Tab. 28: Die Genuszuweisung nach zielsprachlichem Genus...177

Tab. 29: Genuszuweisung nach der morphosyntaktischen Stelle der Genusmarkierung ...183

Tab. 30: Formale Richtigkeit der Flexive in DET und ADJ in derselben Nominalgruppe ...189

(14)

Tab. 31: Formale Richtigkeit der komplexen Nominalgruppen nach dem Genus des Nomens und nach morphosyntaktischer

Umgebung ...190

Tab. 32: Komplexität verschiedener Flexionsverfahren ...193

Tab. 33: Die Stadien der Adjektiv-Flexion nach Schuljahren ...197

Tab. 34: Pluralmarker im lernersprachlichen Input der 4. bis 6. Klasse ....204

Tab. 35: Auftretenshäufigkeit von verschiedenen Pluralflexiven (Tokens) ...207

Tab. 36: Nomen nach zielsprachlichen Pluralallomorphen (Tokens) ...207

Tab. 37: Abweichende Pluralallomorphe (Tokens) und ihre zielsprachlichen Entsprechungen ...208

Tab. 38: Anzahl generalisierter Pluralmarker im Untersuchungszeitraum nach Klassenstufe...213

Tab. 39: Art der generalisierten Pluralmarker im Untersuchungszeitraum nach Klassenstufe...214

Tab. 40: Pluralaffixe in Komposita ...218

Tab. 41: Erwerbsstand – am Ende jeder Klassenstufe ...248

Tab. 42: Erwerbsstand nach Behandlung im Unterricht – nach Phasen ....252

Tab. 43: Erwerbsstand nach Behandlung im Unterricht – Ein-Kasus- System vs. Mehr-Kasus-System ...252

Tab. 44: Korrekt gewählter Kasus vs. korrektes Syntagma (NP Sg. mask.) ...259

Tab. 45: Korrekte und abweichende NP (einfache und komplexe) ...261

Tab. 46: Verbreitung der WP ...276

Tab. 47: Frequenz WP...279

Tab. 48: Verbreitung PfK ...280

Tab. 49: Frequenz PfK ...281

Tab. 50: Frequenz WP + PfK ...283

Tab. 51: Kasuswahl nach mit...291

Tab. 52: Lokative und direktive Kontexte in den Testarbeiten...303

Tab. 53: Anteil korrekter PP – 6 Gruppen...304

Tab. 54: zu Hause vs. nach Hause ...320

Tab. 55: Erwerbssequenzen...364

Tab. 56: Erwerbsstand im Verbalbereich ...370

Tab. 57: Erwerbsstand im Bereich der Satzmodelle...370

Tab. 58: Erwerbsstand im Bereich der Kasus in Nominalphrasen...370

Tab. 59: Resultate aus den Klassen der obligatorischen Schulzeit ...386

Tab. 60: Resultate aus den Klassen der nachobligatorischen Schulzeit...386

Tab. 61: Zusammenfassung nach Schultyp...387

Tab. 62: Resultate aus den Klassen der obligatorischen Schulzeit ...387

Tab. 63: Resultate aus den Klassen der nachobligatorischen Schulzeit...388

Tab. 64: Zusammenfassung nach Schultyp...388

(15)

Verzeichnis der Abkürzungen

/ statt (z. B. N/A = Nominativ statt Akkusativ)

[K: ...] Selbstkorrektur (vor der eckigen Klammer steht das Ergeb- nis der Korrektur, in der Klammer steht die ursprüngliche, noch nicht korrigierte Version)

12 (10/2) erste Zahl: Gesamtvorkommen einer Form bzw. Struktur, 1.

Zahl in der Klammer: korrekte Lösungen, 2. Zahl in der Klammer: abweichende Lösungen

A Akkusativ

ADJ Adjektiv

Anne B 7/8, 6 Quellenangabe: Vorname + 1. Buchstabe des Nachnamens der Testperson; die beiden Schuljahre des Beobachtungs- zeitraums; Nummer des zitierten Aufsatzes (dabei ist zu be- achten, dass sich die TP vom 5. Aufsatz an im nächsten Schuljahr befindet, also im Beispiel: in der 8. Klasse) C collège (entspricht dem Gymnasium)

CO cycle d’orientation, Orientierungsstufe (entspricht etwa der Sekundarstufe I)

D Dativ

DEM Demonstrativum

DET Determinans

DIR Direktiv

DO direktes Objekt

E-Fragen Entscheidungsfrage (ohne Fragewort)

ECG école de culture générale (10.–12. Klasse, Diplommittel- schule

EP école primaire (Primarschule)

ESC école supérieure de commerce (entspricht der höheren Handelsschule)

INDEF Indefinitartikel

IO indirektes Objekt

L1 Erstsprache

L2 Zweitsprache; Fremdsprache

LOK Lokativ

M in Quellenangaben bei Schülertexten: Maturitätsarbeit

N Nominativ

NGP Natürliches-Geschlecht-Prinzip

NP Nominalphrase

O Objekt

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PfK Präposition mit festem Kasus

POSS Possessivum

PP Präpositionalphrase

S Subjekt

TP Testperson

V Verb

W-Fragen Fragen mit einleitendem Fragewort

WP Wechselpräposition

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Teil I: Die Ausgangslage

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1 Einleitung

Erika Diehl

1.1 Fragestellung; Zielsetzung

In den Beiträgen dieses Bandes werden die Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojektes vorgestellt, das den Erwerb der deutschen Grammatik durch Schülerinnen und Schüler an Genfer Schulen zum Gegenstand hatte.

Der vollständige Titel des Projektes – „Grammatikerwerb im Fremdspra- chenunterricht untersucht am Beispiel Deutsch als Fremdsprache“ – wurde im Verlauf der Projektarbeit bald verdrängt durch die handlichere Kurzbe- zeichnung „DiGS“ (= Deutsch in Genfer Schulen). Wir werden diese Abkür- zung auch im Folgenden benützen.

Ziel des DiGS-Projektes ist es, die Hypothese der kognitiv ausgerichteten Zweitsprachen-Erwerbsforschung zu überprüfen, nach der der Erwerb einer Fremdsprache auch unter gesteuerten Bedingungen einer inneren Gesetzmäs- sigkeit unterliegt und in einer bestimmten Phasenabfolge verläuft, die durch Unterricht nicht verändert werden kann. Diese Hypothese ist in zweierlei Hinsicht bedenkenswert:

Aus wissenschaftlicher Sicht stellt sie die kognitive Beschaffenheit von Spracherwerb generell zur Diskussion. Denn die Hypothese von der Eigenge- setzlichkeit von Zweitsprachenerwerb auch unter gesteuerten Bedingungen behauptet ja nichts anderes, als dass eine Fremdsprache nur sehr beschränkt über explizites Regelwissen zugänglich ist, m. a. W. dass Fremdsprachenler- ner aus dem didaktisch aufbereiteten Regelwissen, das sie im Unterricht ange- boten bekommen, nur einen begrenzten Nutzen ziehen können und trotz aller Erklärungen und ungeachtet allen negativen Feedbacks, mit dem sie ja reich- lich eingedeckt werden, nicht umhin können, die Regeln der L2 selbst aus dem Input zu erschliessen. Metasprachliches Wissen über die L2 wäre dem- zufolge auf einer anderen kognitiven Ebene angesiedelt als die Fähigkeit, die L2 regelkonform in Kommunikationsakten anzuwenden.

Aus didaktischer Sicht stellt diese Hypothese die Tradition fremdsprachli- chen Unterrichts radikal in Frage. Wenn es zutrifft, dass explizite grammati- sche Instruktion für den Aufbau der grammatischen Kompetenz gar nicht oder nur eingeschränkt nutzbar gemacht werden kann, dann wurde bisher im Fremdsprachenunterricht viel Zeit vertan, die sinnvoller eingesetzt werden könnte, indem die Bedingungen natürlichen Erwerbs so weit wie möglich simuliert würden.

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Im DiGS-Projekt sind beide Erkenntnisinteressen miteinander verknüpft. Un- ser Ziel ist, die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse auf der Grundlage eines breit angelegten Korpus zu überprüfen, und zwar unter folgenden Fra- gestellungen:

a) Wie verhalten sich Grammatikinstruktion und Grammatikerwerb zuei- nander? Weicht der Grammatikerwerb unserer Probanden tatsächlich sig- nifikant von der schulischen Grammatikprogression ab? Und wenn ja, in welcher Weise?

b) Wenn (a) zutrifft, welchen Gesetzmässigkeiten gehorcht dann der Gram- matikerwerb? Welchen alternativen Erwerbswegen folgen die Schülerin- nen und Schüler? Wie bauen sie ihre grammatische Kompetenz auf?

c) Lassen sich überindividuelle Erwerbsreihenfolgen ermitteln? Gelten diese Erwerbsreihenfolgen für alle Teilbereiche der Grammatik in gleicher Weise? Bestehen Korrelationen zwischen ihnen?

d) Wenn (c) zutrifft: Gibt es zu diesen Erwerbsfolgen und Korrelationen Pa- rallelen im L1-Erwerb und/oder im natürlichen L2-Erwerb?

e) Wo verläuft die Grenze zwischen überindividuellen Erwerbsgesetzen und individuellen Unterschieden? Wie gross ist der Spielraum der individuel- len Variation; worauf können die erheblichen individuellen Unterschiede im Erwerbserfolg zurückgeführt werden?

1.2 Zum Korpus

Es war von Anfang an klar, dass ein breit angelegtes Korpus notwendig war, um zu verlässlichen Ergebnissen zu gelangen, nicht nur aus wissenschaftli- chen Gründen, sondern auch, um überzeugende Argumente für die eventuell fälligen didaktischen Konsequenzen vorlegen zu können.

Ebenso war klar, dass nur dann Aussicht auf die Mitarbeit einer hinreichen- den Anzahl von Deutschlehrerinnen und -lehrern bestand, wenn sich die Da- tenerhebung ohne allzu nachhaltige Störungen in den Schulalltag integrieren liess. Es mussten also akzeptable Kompromisse zwischen dem wissenschaft- lich Vertretbaren und dem praktisch Zumutbaren gefunden werden.

Im Auftrag der Commission de l’Enseignement de l’Allemand (CEA) der Genfer Erziehungsdirektion wurde deshalb zunächst von einer kleinen Gruppe von Deutschlehrern unter Leitung von Erika Diehl eine Pilotstudie entworfen und im Schuljahr 1993–94 mit einem schmalen Sample von Schülern aller Klassenstufen durchgeführt.1 Dabei wurden die ersten Fassun-

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1 An der Pilotstudie waren beteiligt: für die Primarschule Nicole Good Mohnhaupt

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gen von Erhebungsbögen erstellt und Analysemethoden getestet. Gestützt auf die Erfahrungen dieses Probelaufs wurde dann das eigentliche DiGS-Projekt entworfen, die Datenerhebung geplant, die künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen und die Analyseverfahren verfeinert. Im September 1995 begann die Datenerhebung; im Juni 1997 wurde sie abgeschlossen.

In 30 Schulklassen, von der 4. Primarschulklasse an (in der der erste Deutschunterricht stattfindet) bis zur 12. Klasse, wurden im Verlauf von zwei Schuljahren acht Aufsätze geschrieben; hinzu kamen die Deutscharbeiten der Maturitätsprüfungen. In jeder Klasse wählten die Deutschlehrerinnen und -lehrer für die Untersuchung zehn Schüler aus, die in etwa den Klassendurch- schnitt repräsentierten – also schwache, durchschnittliche und gute Schüler.

Um die Lehrervariable zumindest etwas zu reduzieren, war jede Klassenstufe mit mindestens zwei Parallelklassen vertreten. An den Schulübergängen er- höhten wir die Zahl der Parallelklassen, um die erwartbarenVerluste zwischen dem ersten und dem zweiten Beobachtungsjahr (durch Schulwechsel unserer Testschüler, Nichtversetzung, Schulabgänge usw.) auffangen zu können. Auf diese Weise gelang es, von den im ersten Jahr erfassten 300 Schülern immerhin noch 220 im zweiten Jahr beizubehalten.

Das Korpus des DiGS-Projektes wurde, so weit irgend möglich, auf fran- kophone Schüler beschränkt, da wir von der Annahme ausgingen, dass die Erstsprache den Verlauf des Zweitsprachenerwerbs beeinflussen könnte.

Wenn in einer Klasse keine zehn frankophonen Schüler zu finden waren, wur- den nach Möglichkeit solche mit anderen romanischen Muttersprachen – ita- lienisch, spanisch, portugiesisch – hinzugenommen. Prinzipiell ausgeschlos- sen waren alle Schüler mit regelmässigen Deutschkontakten ausserhalb der Schule, etwa in der Familie. – Zur Klärung des jeweiligen sprachlichen Kontextes innerhalb der Familien (Muttersprache[n], eventuelle Zweitspra- chen, deren Beherrschungsgrad, Kontaktpersonen usw.) wurde den Schülern zu Beginn des Projektes ein Fragebogen vorgelegt, in dem sie auch nach ihrer Einstellung zum Deutschen gefragt wurden.2

Erhoben wurden ausschliesslich grammatische Formen und Strukturen.

Diese Einschränkung legte die gegenwärtige Forschungslage in der Sprach- erwerbsforschung nahe, die sich generell auf die Analyse grammatischer Strukturen konzentriert. Es war also sinnvoll, dass wir denselben Untersu- chungsgegenstand wählten, um unsere Ergebnisse mit denen anderer Unter- suchungen (zum Erstsprachenerwerb sowie zum gesteuerten und ungesteu- erten Zweitsprachenerwerb) vergleichen zu können. Allerdings konnten wir dank des grossen Mitarbeiterstabs unseren Untersuchungsbereich breiter an-

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und Jeanne-Marie Killisch; für die Sekundarstufe I Annie Fayolle Dietl und Ro- land Battus, für die Sekundarstufe II Chantal Andenmatten Gerber, Hannelore Pis- torius Diamond und Brigitte Weber.

2 Ein Exemplar dieses Fragebogens ist im Anhang wiedergegeben.

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legen als bisherige Forschungsarbeiten und parallel die drei grammatischen Hauptbereiche bearbeiten, die auch im Schulunterricht zentral sind: den Satzbau (insbesondere die Verbstellung), den Verbalkomplex (Konjugation, Tempora, Modi) und die Deklination (Genus, Numerus, Kasus). Für eine sol- che Ausweitung des Untersuchungsbereichs sprach zum einen das wissen- schaftliche Interesse, auf diese Weise auch die Existenz möglicher Korrela- tionen beim Erwerb der verschiedenen Bereiche zu überprüfen, zum andern der Wunsch des Lehrerteams, sich für eventuelle didaktische Umsetzungen auf eine möglichst breit gefächerte Untersuchungsbasis stützen zu können.

Im Verlauf der Projektarbeit sind dann allerdings einige der ursprünglich erhobenen Strukturen wieder aus der Untersuchung eliminiert worden, und zwar solche, die – obwohl Unterrichtsgegenstand – in den Schülerarbeiten so selten auftauchten, dass keine Schlüsse daraus gezogen werden konnten. Dies gilt beispielsweise für Passiv-Konstruktionen, auf die sich nur ganz wenige Schüler der Oberstufe einliessen, ebenso wie für den Genitiv.

In einem weiteren Punkt weicht unsere Datenbasis von der aller anderen uns bekannten Untersuchungen zum Zweitsprachenerwerb ab: wir verwenden schriftliche, nicht mündliche Daten. Zu dieser Entscheidung veranlassten uns zunächst rein arbeitsökonomische Gründe: die Transkription hätte einen unverhältnismässig hohen Zeitaufwand in Anspruch genommen, zudem wäre die Aufnahme mündlicher Sprachdaten nicht ohne weiteres in den üblichen Schulalltag integrierbar gewesen.

Das freie Schreiben deutscher Texte war allerdings für unsere Probanden eine höchst ungewohnte Übung. Für die Primarschulkinder der 4. und 5.

Klasse bedeutete es sogar einen ausgesprochenen Verstoss gegen die Didaktik des Lehrwerks,3 das während des ersten Jahres jede Form von Schriftlichkeit vermeidet und erst im zweiten Jahr die Lektüre einführt, weshalb die deutsche Orthographie der Viert- und Fünftklässler ein teilweise überaus originelles Schriftbild aufweist.4 Und die Schüler des cycle d’orientation waren durch ihr der audiovisuellen Methode verpflichtetes Lehrwerk5 eher an Mündlichkeit gewöhnt, insofern sie sich überhaupt des Deutschen als Werkzeug der Kommunikation bedienten... Somit wurde ihnen eine im Unterricht üblicherweise nicht trainierte Leistung abverlangt, was von den einen als Gelegenheit genutzt wurde, ihrer Mitteilungslust und Phantasie freien Lauf zu lassen, was aber bei anderen ebenso offensichtlich zu Blockaden und Verweigerung führte. Für die Zwecke unserer Untersuchung sind freilich auch solche Minimaltexte noch aufschlussreich. Erst auf den weiterführenden Schulen findet allmählich das Schreiben freier Texte Eingang in die Unter-

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3 Es handelte sich um den „Cours romand“ (1983/1984/1985).

4 Siehe das Textbeispiel in separater PDF-Datei : digs_complete_anhang2.pdf.

5 Vorwärts International (1972, 1974). – Beide Lehrwerke, sowohl der „Cours ro- mand“ als auch „Vorwärts“, wurden seitdem durch andere Lehrwerke abgelöst.

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richtspraxis, in den ersten beiden Klassen zunächst eher sporadisch, in der 12.

und 13. Klasse dann als weitgehend regelmässig wiederkehrende Übung – dies in Vorbereitung der Maturitätsprüfung, in der neben einer mündlichen Prüfung auch die Redaktion eines Aufsatzes verlangt wird.

Die Aufsatzthemen wurden mit den Lehrerinnen und Lehrern abgespro- chen und so formuliert, dass sie zwar einerseits offen genug waren, um noch genügend Spielraum für die anvisierte Textsorte „freies Schreiben“ zu lassen, andererseits aber doch auch bestimmte Formen und Strukturen elizidieren sollten (so etwa das Thema: „Erfinde ein Interview mit deinem Idol“ zur Eli- zidierung von Fragekonstruktionen; Bildbeschreibungen, um den Gebrauch von Präpositionalphrasen und/oder Adjektiven nahezulegen, oder die Wei- tererzählung einer Geschichte, deren Anfangssatz in der Vergangenheit vor- gegeben wurde). Soweit möglich, wurden die Themen zwischen den ver- schiedenen Klassen abgestimmt, unter Berücksichtigung der jeweiligen Al- tersstufen. Hilfsmittel (Wörterbücher, Lehrbücher) waren nicht erlaubt. Kor- rekturen sollten den ursprünglichen Text noch erkennen lassen. Den Schülern wurde klargemacht, dass diese Arbeiten nicht benotet würden und dass sie als Grundlage eines Forschungsprojektes dienten. Auf diese Weise sollten sie dazu ermuntert werden, auch Strukturen zu benützen, deren sie sich noch nicht sicher waren.

Schriftliche Daten haben ihre Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist zweifel- los, dass Unsicherheiten wie bei der Transkription mündlicher Daten entfal- len. Ein weiterer Vorteil ist, zumindest bei unseren Genfer Schülern, dass wir ihnen innerhalb des oben beschriebenen Rahmens vermutlich mehr deutsche Äusserungen entlocken konnten, als dies bei einer mündlichen Datenerhebung möglich gewesen wäre. Andererseits impliziert die Verwendung schriftlicher Daten auch Nachteile, deren wir uns durchaus bewusst sind:

Schriftliche Daten können keinesfalls in gleichem Masse als

„Spontandaten“ interpretiert werden wie mündliche Daten. In der reichlich vorhandenen Literatur zur Schriftlichkeit wird auf den wesentlichen Faktor Zeit verwiesen, der in schriftlichen Produktionen die Möglichkeit bewusster Planung, Regelanwendung und Selbstkorrektur offenhält.6

Dass manche Schüler diese Möglichkeit reflektierter Sprachproduktion in der Tat zu nutzen verstehen, liess sich auch unseren Daten entnehmen, am deutlichsten natürlich dort, wo sich die Schüler selbst korrigiert hatten. Un- sere Daten zeigten aber auch, dass bei vielen Schülern das Bedürfnis – oder die Fähigkeit – einer solchen Selbstkontrolle doch eher gering, wenn nicht inexistent ist. Bei einem recht grossen Anteil der Schüler dürfen wir wohl

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6 Zu den Unterschieden zwischen gesprochener und geschriebener Sprache vgl. bei- spielsweise Sieber/Sitta (1986: 124ff.), dort auch weitere Literatur. Eine sehr aus- führliche Behandlung der Problematik des Schreibens ist nachzulesen bei Paul Portmann (1991).

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zuversichtlich davon ausgehen, dass die Spontaneität ihrer schriftlichen Pro- duktion derjenigen ihrer mündlichen Äusserungen kaum nachsteht. Nicht nur das Schriftbild, sondern auch semantische Inkonsequenzen nähren eine solche Vermutung.

Eine weitere Einschränkung sind die Aufsatzthemen selbst. Sie waren zwar zum Elizidieren bestimmter Strukturen notwendig (wie z. B. Fragesätze mit dem Thema „Interview“), schlossen aber zugleich die Verwendung anderer Formen und Strukturen weitgehend aus (im Thema „Interview“ ist bei- spielsweise die Auftretenswahrscheinlichkeit von Vergangenheitsformen ge- ring). Es war also nicht möglich, alle grammatischen Phänomene kontinuier- lich über alle acht Schüleraufsätze hinweg zu beobachten.

Ein weiterer Nachteil unseres Korpus liegt – unvermeidlich bei allen mehr oder weniger „freien“ Sprachproduktionen – in den Ausweichmöglichkeiten, den „Vermeidungsstrategien“, die gerade von einer durch Evaluation und Fehlersanktion traumatisierten Schülerpopulation extensiv in Anspruch ge- nommen werden. Die Ankündigung, ihre Texte würden nicht benotet, ver- mochte dieses Handicap nur teilweise aufzufangen. Um den Schülern bei- spielsweise attributive Adjektive abzuverlangen, bedurfte es sehr stark ge- lenkter Anweisungen (etwa der Beschreibung farbiger Bilder); manchen Schülern gelang es auch, im Verlauf der beiden Beobachtungsjahre ein Mi- nimum von Präpositionalphrasen zu verwenden. So aufschlussreich auch sol- che Vermeidungsstrategien sind – indem sie sehr genau erkennen lassen, welche Strukturen von Schülern als fehlerträchtig und deshalb als vermei- dungsbedürftig interpretiert werden –, so behutsam sind Beobachtungen über Erwerbsverläufe in diesen Bereichen in ihrer Aussagekraft zu werten (in den entsprechenden Kapiteln dieses Buches werden wir die nötigen Einschrän- kungen immer explizit benennen).

Viel prinzipieller als alle obengenannten Einwände ist jedoch jener, dass mit schriftlichen Produkten nur ein bestimmter Ausschnitt aus der gesamten Sprachkompetenz erfasst wird, nämlich die Fähigkeit, gespeichertes Wissen – wo immer es auf der Achse bewusst- unbewusst angesiedelt sein mag – in

„Handeln“ umzusetzen, mit anderen Worten: aus unseren Daten geht nicht hervor, welches Mehr an grammatischem Wissen unsere Probanden eventuell bereits als declarative knowledge7 gespeichert haben, ohne es schon aktiv in ihrer Sprachverwendung einsetzen zu können. Wir erfassen also nur denjeni- gen Teil ihrer Deutschkompetenz, der sich in ihren Aufsätzen als procedural

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7 Bei O’Malley/Chamot definiert als „a special type of information in long-term memory that consists of knowledge about the facts and things we know. This type of knowledge is stored in terms of propositions, schemata, and propositional net- works. It may also be stored in terms of isolated pieces of information, temporal strings, and images.“ (O’Malley/Chamot 1990: 229)

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knowledge8 niederschlägt. Bestenfalls die Selbstkorrekturen der Schüler sind als sichtbare Spuren von Transferprozessen zwischen deklarativem und pro- zeduralem Wissen greifbar; doch lässt sich aus solchen einzelnen, unsystema- tischen Beobachtungen sicher kein anderer Schluss ziehen als der, dass im sprachlichen Wissensbestand offensichtlich konkurrierende interimsprachli- che Regeln existieren, die in schriftlicher Produktion abgerufen werden kön- nen (wobei solche Selbstkorrekturen ja durchaus nicht immer zu normkonfor- men Lösungen führen müssen). Was unsere Daten zugänglich machen, ist demnach nur diejenige grammatische Kompetenz von frankophonen Schü- lern, die in schriftlichen Äusserungen aktiviert werden kann.9

1.3 Zur Datenanalyse

Für die Auswertung der rund 1800 Schüleraufsätze des DiGS-Korpus musste ein arbeitsteiliges Verfahren gefunden werden. Eine erste Voranalyse wurde von den Deutschlehrerinnen und -lehrern vorgenommen. Sie übertrugen die Texte der zehn ausgewählten Testschüler auf Erhebungsbögen, die abwei- chenden Formen und Strukturen ebenso wie die normkonformen. Je ein Bo- gen war vorgesehen für die Satzmodelle, den Verbalbereich, die Nominal- phrasen und die Präpositionalphrasen. Ein fünfter Bogen diente als

„Sammelbogen“ für alle Äusserungen, die nicht auf den vier anderen Bögen rubriziert werden konnten oder nicht eindeutig entscheidbar waren, sowie für Beobachtung und Bemerkungen der Lehrerinnen und Lehrer.10

Diese Voranalysen bildeten die Arbeitsgrundlage für das Team der fünf wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen. Die Hoffnung, diese Detailanalyse ei- nem elektronischen Datenverarbeitungsprogramm überlassen zu können, ver- flüchtigte sich mit zunehmender Vertrautheit mit dem Datenmaterial. Es wa- ren zu viele Variablen zu berücksichtigen; viele Fragen konnten nur durch einen Blick auf den grösseren Kontext entschieden werden – eine rein quan- titative Auswertung der Daten hätte zu geradezu absurden Ergebnissen ge- führt; eine qualitative Analyse wäre unverhältnismässig aufwendig gewesen.

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8 „Knowledge that consists of the things that we know how to do. It underlies the execution of all complex cognitive skills. [...] Procedural knowledge includes mental activities such as problem solving, language reception and production, and using learning strategies“. (O’Malley/Chamot 1990: 231)

9 Entsprechende Überlegungen zum Problem des Verhältnisses zwischen grammati- schem Wissen und Sprachgebrauch sind auch nachzulesen bei Clahsen/Meisel/Pie- nemann 1983: 74 und 89ff.

10 Im Anhang sind diese Erhebungsbögen abgedruckt.

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Welche spezifischen Analyse- und Interpretationsprobleme in den verschie- denen untersuchten Grammatikbereichen aufgetreten sind, wird in den ein- schlägigen Kapiteln diskutiert.

Neben der eigentlichen Datenerhebung brauchten wir auch genaue Aus- künfte über den behandelten Grammatikstoff. Wir erhielten sie von der Leh- rerschaft direkt, sei es durch entsprechende Notizen als Beilage zu den Schüleraufsätzen, sei es als Angabe der behandelten Lektion im Lehrbuch.

Zudem konnten wir uns auf sehr detaillierte, ebenfalls vom Lehrerteam auf unsere Bitte durchgeführte Lehrbuchanalysen stützen, in denen zwischen dem

„expliziten“ Grammatik-Input (dem „Grammatikstoff“ der jeweiligen Lektion) und dem „impliziten“ Input (der blossen Verwendung der entspre- chenden Formen und Strukturen in den Texten der Lektion) unterschieden wurde. Zusätzlich hatten wir Einblick in die Grammatikbroschüren, die von Genfer Deutschlehrern erstellt worden waren, um dem „Manko“ an systema- tischer Grammatikpräsentation in dem audiovisuell orientierten Lehrwerk

„Vorwärts“abzuhelfen. Gestützt auf all diese Informationen war es möglich, die „Inkubationszeit“ zu ermitteln, die eine grammatische Regel braucht, be- vor sie in den Schülertexten produktiv eingesetzt werden kann. Eine erhebli- che zeitliche Verschiebung zwischen Präsentation im Unterricht und produk- tiver Verwendung in Texten interpretieren wir als Indiz für eine Diskrepanz zwischen der schulischen Grammatikprogression und der natürlichen Er- werbsfolge; kann jedoch eine Regel relativ kurz nach ihrer Einführung inte- griert werden, so sehen wir darin einen parallelen Verlauf von Grammatikin- struktion und natürlichem Erwerb.

Und wenn es auch überflüssig erscheinen mag, so möchten wir doch noch einmal ausdrücklich betonen, dass unsere Analysen nur für die Genfer Schü- lerpopulation Anspruch auf Gültigkeit erhebt. Dass deren Lernmotivation für Deutsch sich in Grenzen hält, wurde bereits angedeutet; in Kapitel 2 wird noch näher darauf eingegangen. Wir wollen nicht ausschliessen, dass mögli- cherweise in anderen Kontexten, in anderen Lernkulturen bei gleichem Un- terrichtsaufwand höhere Erwerbsstände erreicht werden können, so wenig wir ausschliessen wollen, dass auch die Genfer Schülerinnen und Schüler weiter kommen können – vielleicht mit Hilfe einer Fremdsprachendidaktik, die sich von unseren Projektergebnissen anregen lässt. Unsere Resultate sollen also nicht missverstanden werden als Festschreiben dessen, was im Schulunterricht überhaupt möglich ist.

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1.4 Zur Gliederung des Bandes

Das Buch ist aus einer Teamarbeit hervorgegangen, in der zunächst gemein- sam die Analysemethoden erarbeitet wurden; erst in einem zweiten Schritt wurde die Bearbeitung der einzelnen Grammatikbereiche aufgeteilt.

Wir bemühten uns, die Kapitel so zu redigieren, dass sie auch einzeln gelesen werden können. Wer also beispielsweise weniger an theoretischen Fragen des Spracherwerbs interessiert ist, kann Kapitel 3 überschlagen; wer sich nur über Kasuserwerb informieren möchte, kann sich mit der Lektüre der Abschnitte 5 und 6 aus Kapitel 5 begnügen. Beziehungen zwischen den einzelnen Kapiteln werden durch entsprechende Querverweise hergestellt. Wer auf keines der Ka- pitel verzichten möchte, wird auf die eine oder andere Wiederholung stossen, was sich bei einer solchen Konzeption nicht vermeiden liess.

Der Band ist folgendermassen aufgebaut: Als Hintergrundsinformation schil- dert Helen Christen im 2. Kapitel zunächst die Situation des Deutschen in der Westschweiz und des Deutschunterrichts in Genf. Zur Ergänzung und Illustra- tion zieht sie die Ergebnisse einer punktuellen Auswertung der Schüler-Frage- bögen hinzu, die zu Beginn der Datenerhebung ausgefüllt worden waren. – Die theoretische Ausgangslage des DiGS-Projektes umreisst Erika Diehl (3. Ka- pitel), um einen Einblick in die Hauptströme der gegenwärtigen theoretischen Diskussion zum Erst- und Zweitsprachenerwerb zu vermitteln. Mit Kapitel 4, dem Erwerb der Satzmodelle (E. Diehl), beginnt der eigentliche Hauptteil, die Analyse des DiGS-Korpus. Im umfangreichen Kapitel 5 wird der Erwerb der Morphologie vorgeführt, die Verbalmorphologie von Sandra Leuenberger und Isabelle Pelvat, der Genus- und Numeruserwerb von Helen Christen und der Kasuserwerb in Nominal- und Präpositionalphrasen von Thérèse Studer.

Diesem Kapitel 5 werden Überlegungen zum derzeitigen Stand der wis- senschaftlichen Diskussion um Beschreibung und Kategorisierung der Morpho- logie vorangestellt (H. Christen); Th. Studer beschliesst das Kapitel mit zusam- menfassenden Beobachtungen zum Nominalbereich. Kapitel 6 geht auf die in- dividuellen Unterschiede und die beobachteten Erwerbsstrategien ein; das Schlusskapitel fasst die Ergebnisse zusammen und diskutiert die didaktischen Konsequenzen, die aus dem DiGS-Projekt gezogen werden könnten (E. Diehl).

In allen Beiträgen führen wir zahlreiche Beispiele aus unserem Korpus vor – zur Veranschaulichung, als „Beweismaterial“ – und sicher auch zur Erhei- terung. Bei den Quellenangaben verzeichnen wir, zusätzlich zu den jeweiligen Vornamen (deren allermeiste mehrmals im Korpus vorkommen), den ersten Buchstaben des Nachnamens. Auf diese Weise können Testpersonen identifiziert werden, die in verschiedenen Kapiteln zitiert werden. In Anbe- tracht der grossen Anzahl von Probanden ist die Anonymität der einzelnen Testpersonen dennoch hinreichend gewährleistet. Nur diejenigen Vornamen,

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die auf Grund ihrer Originalität eventuell doch zu einer Identifizierung führen könnten, haben wir geändert.

Abschliessend noch einige Bemerkungen zu unserer Verwendung einiger Termini. Wir verwenden als Synonyme die Termini „I n t e r i ms p r a c h e “ und

„Le r n e r s p r a c h e “, ebenso „u n g e s t e u e r t e r “ und „n a t ü r l i c h e r “ Erwerb in Opposition zum g e s t e u e r t e n Erwerb. Auch die Opposition zwischen F r e md - u n d Zwe i t s p r a c h e n e r we r b halten wir nicht konsequent durch;

wir folgen dem Usus, nach dem sich in Komposita mit „Erwerbsforschung“

der Terminus „Zweitsprache“ eingebürgert hat, und verwenden ansonsten ohnehin weitgehend das Symbol „L2“ zur Bezeichnung des Deutschen bei un- seren frankophonen Probanden. Für diejenigen, die an der Differenzierung

„Zweitsprache“ vs. „Fremdsprache“ festhalten, sei präzisiert, dass Deutsch in Genf für unsere frankophonen Lerner selbstverständlich eine Fremdsprache ist, mit allen nur denkbaren Assoziationen von „Fremdheit“.11 Bedenklicher mag erscheinen, dass wir auch die Termini S t r a t e g i e n und V e r fa h r e n austauschbar verwenden, da es für beide ja unterschiedliche Defintionen gibt.

In Kapitel 6 werden wir begründen, weshalb wir unseren Sprachgebrauch dennoch für legitim halten. Ausserdem sprechen wir von G e n e r a l i s i e r u n g in Fällen, wo in der Literatur gewöhnlich von Ü b e r g e n e r a l i s i e r u n g die Rede ist. Uns scheint der Terminus „Generalisierung“ den gemeinten Sach- verhalt schon deutlich genug zu benennen. Andere Termini wie C h u n k oder F o s s i l i s i e r u n g werden jeweils bei ihrer ersten Verwendung in den einzel- nen Kapiteln erläutert. Zu Chunk ist in Kapitel 6 Genaueres nachzulesen.

Und eine letzte Präzisierung betrifft die Bezeichnung weiblicher Personen.

Wir haben uns keine einheitliche Sprachregelung auferlegt; jede Autorin wählte diejenige Lösung, die ihr angemessen erschien. Jedenfalls verbergen sich hinter unseren individuellen Varianten keine grundlegenden weltan- schaulichen Divergenzen.

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11 Wolfgang Klein schlägt als Definitionen vor: „Mit ‘Fremdsprache’ ist [...] eine Sprache gemeint, die ausserhalb ihres normalen Verwendungsbereichs – gewöhn- lich im Unterricht – gelernt und dann nicht neben der Erstsprache zur alltäglichen Kommunikation verwendet wird. [...] Eine ‘Zweitsprache’ hingegen ist eine Spra- che, die nach oder neben der Erstsprache als zweites Mittel der Kommunikation dient und gewöhnlich in einer sozialen Umgebung erworben wird, in der man sie tatsächlich spricht“. (1984: 31)

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2 Deutsch in Genf

Helen Christen

2.1 Deutsch in der französischsprachigen Westschweiz

Deutsch ist in der französischsprachigen Westschweiz – so die gängige Mei- nung – eines der unbeliebtesten Schulfächer überhaupt. Womit hängt dieses negative Bild zusammen? Sind entsprechende Haltungen auch bei den Test- personen der vorliegenden Untersuchung anzunehmen? Das obligatorische Unterrichtsfach „Deutsch“ an Westschweizer Schulen, seine immer wieder formulierte Unbeliebtheit, kann gewiss nicht isoliert von der schweizerischen Sprachsituation betrachtet werden: Der schulische Stellenwert einer Sprache, die Motivation, eine Sprache (im Unterricht) zu lernen, und ihr soziokultu- reller und politischer Status in einem mehrsprachigen Land sind miteinander verzahnt.

Deutsch ist neben Französisch, Italienisch und Rätoromanisch eine der vier Landessprachen der Schweiz. Die Landessprachen sind regional verteilt und haben – das Rätoromanische in eingeschränktem Rahmen – auf gesamt- schweizerischer Ebene den Status von verbindlichen Amtssprachen. Deutsch ist in der Schweiz die Sprache der Mehrheit und gleichzeitig die Sprache der wirtschaftlich dominanten Regionen. Die französisch- und italienischsprachi- gen Sprachgemeinschaften sind wesentlich kleiner, durch die Sprache jedoch mit ihren „grossen“ Nachbarn Frankreich und Italien verbunden, während der rätoromanischen Sprache mit ungefähr 40’000 Sprecherinnen und Sprechern ohne Anschlussmöglichkeit an eine gleichsprachige Nachbarschaft ein ei- gentlicher Minoritätenstatus zukommt.2

Das Zusammenleben der vier Sprachregionen ist nun keineswegs so un- getrübt, wie das vielleicht von einer Aussenperspektive her gesehen werden kann. So hat eine Umfrage des Forschungsinstituts der Schweizerischen Ge-

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1 Die Basisarbeit für den Abschnitt 3 ist von Chantal Andenmatten Gerber und An- nie Fayolle Dietl geleistet worden, die in verdankenswerter Weise die Rohdaten der Fragebogen tabelliert und zusammenfassend dargestellt haben (vgl. Kapitel 9.3). Sandra Leuenberger und Isabelle Pelvat haben sich der Korrelationen von Daten des Fragebogens mit Sprachdaten angenommen und durch ihre aufwändige Arbeit Kapitel 2.3 und 2.4 ermöglicht.

2 Die Eidgenössische Volkszählung 1990 hat in Bezug auf die gesamte schweizeri- sche Wohnbevölkerung die folgenden Sprecheranteile ermittelt: Deutsch 63,6%, Französisch 19,2%, Italienisch 7,6%, Rätoromanisch 0,6%. Zur Sprachenstatistik der Schweiz vgl. Lüdi u.a. (1997).

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sellschaft für Marketing (1985) ergeben, dass über die Hälfte der 15- bis 29- jährigen Schweizerinnen und Schweizer von Problemen zwischen den Be- völkerungsgruppen der vier Sprachregionen ausgeht und über die Hälfte die- ser Gruppe diese Probleme direkt den jeweiligen Sprachen und Dialekten anlastet. Das „Wissen“ um die Sprache und die Mentalität der anderssprachi- gen Mitschweizerinnen und -schweizer ist durch verbreitete Stereotypen überformt (vgl. Kolde 1981), bei denen kaum zwischen den Wertungen, die die Sprechenden und jenen, die die Sprachen betreffen, unterschieden wird rsp. unterschieden werden kann.

Eine Reihe von Einstellungsmessungen haben nun wissenschaftlich er- härten können, dass beträchtliche Unterschiede bestehen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Bevölkerung der verschiedensprachigen Landes- teile.3 Was die Einstellung der französischsprachigen Schweizerinnen und Schweizer zu ihren deutschsprechenden Landsleuten rsp. zu deren Sprache betrifft, so zeigt sich in entsprechenden Umfragen, dass die Westschweiz die Deutschschweiz eher unsympathisch findet, dass umgekehrt jedoch die Welschen in der Deutschschweiz über einen hohen Sympathiegrad verfügen (vgl. Pedretti 1994: 98), ein Befund, den Pedretti (1994: 113) zur folgenden These ausführt: „Einer natürlichen Unbekümmertheit der Mehrheit ist es zu- zuschreiben, dass einerseits Probleme zwischen Sprachgruppen eher von den Minderheiten wahrgenommen werden, andererseits die Mehrheit den Min- derheiten gegenüber durchwegs positiver eingestellt ist als umgekehrt.“

Was die Deutschschweiz in den Augen vieler Romands sprachlich auffällig macht, ist ihr diglossischer Dialekt-/Standardgebrauch, den die Frankophonen häufig missbilligen und dessen identitätsstiftenden Charakter sie nur schwer nachvollziehen können (zur welschen Perspektive der deutschschweizerischen Diglossie vgl. Schläpfer u.a. 1991: 240ff.). Oft werden denn auch binnenschweizerische Verständigungsprobleme auf die Dialektfrage re- duziert, oder wie Kolde (1986: 134) hintergründig in Erwägung zieht: „Der relativ unbeteiligte Zuschauer hat gelegentlich den Eindruck, die Diglossie der Deutschschweizer diene manchem Romand als willkommener Vorwand, sich gar nicht erst ernsthaft auf Sprache, Lebensweise und Kultur der deutschsprachigen Eidgenossen einzulassen“. Dieser Gedanke wird von Ped- retti (1994: 122) in einer These wieder aufgenommen und dezidiert verall- gemeinert: „Bestehende Probleme wirtschaftlicher, politischer und psycholo- gischer Natur werden nicht selten auf reine Sprach- und Identitätsprobleme reduziert.“

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3 Vgl. zu den Einstellungen zu den verschiedenen Sprachregionen: Kolde (1981, 1986); Camartin (1984); Forum Helveticum (1990); Schläpfer/Gutzwiller/Schmid (1991); Bickel/Schläpfer (1994).

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Inwiefern sich nun die Einstellungen der Genfer Bevölkerung, deren Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen, allenfalls von jenen in anderen (französischsprachigen) Landesteilen unterscheiden, kann nicht genau abgeschätzt werden. Immerhin erwägen Kolde/Rohner (1997: 211), dass „Genf geographisch, historisch und menta- litätsmässig der am weitesten von der deutschsprachigen Schweiz entfernte Kanton ist“. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass Genf nicht nur die Westschweizer Metropole ist, sondern durch seine internationalen Organisa- tionen auch einen besonderen Status hat, was sich ja durchaus auf das kol- lektive Selbstwertgefühl seiner Einwohnerinnen und Einwohner auswirken kann. Die grosse mentalitätsmässige Entfernung von der deutschsprachigen Schweiz, von der Kolde/Rohner ausgehen, mag auch durch den hohen Anteil an ausländischer Bevölkerung zustande kommen, die hier nicht wie in ande- ren Landesteilen in erster Linie aus Arbeitsmigranten und -migrantinnen be- steht, sondern das ganze soziale Spektrum umfasst.4

Was den schulischen Alltag des Deutsch-als-Fremdsprache-Unterrichts betrifft, so ist also einerseits die sozialpsychologische Einbettung einer Spra- che entscheidend, die im vorliegenden Fall wenig günstig zu sein scheint.5 Sozusagen „verschärfend“ kommt aber noch dazu, dass sich nicht nur nega- tive Einstellungen zum (Schweizer-) Deutschen auf die Motivation des Ler- nens dieser Sprache auswirken können, sondern auch das Faktum, dass das Sprachenlernen überhaupt – wie Otto Stern (1998: 5) ausführt – als ein in vielerlei Hinsicht problematischer Fremdsprachenunterricht konzipiert ist:

„[Fremdsprachenunterricht] ist obligatorisch, er findet in vorgegebenen Ge- fässen und in verordnetem Rhythmus statt, und die Sprache kann nicht ge- wählt werden; die Lernenden tragen somit wenig Verantwortung für ihr sprachliches Lernen.“

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4 Der hohe Ausländeranteil hat sich direkt auf die Datenerhebung des DiGS-Projekts ausgewirkt: in vielen Schulklassen (insbesondere solchen der école de culture générale) bestand eine gewisse Schwierigkeit darin, genügend „rein“ frankophone Testpersonen zu rekrutieren, weil die meisten aus anderssprachigen Elternhäusern stammen.

5 Zur Interdependenz von Einstellungen und Spracherwerb vgl. weiterführende Lite- ratur in Klein (1987: 48); Wode (1988: 300); Ellis (1997: 36ff.).

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2.2 Deutsch als Schulfach

Genf ist offiziell eine französischsprachige Stadt,6 Französisch wird folglich in den öffentlichen Schulen als Muttersprache unterrichtet, alle übrigen (Landes-) Sprachen als Fremdsprachen.

Die Schülerinnen und Schüler begegnen dem Deutschen erstmals in der 4.

Primarklasse, wo die Sprache täglich während zehn bis zwanzig Minuten in spielerischer Form und ohne Benotung unterrichtet werden sollte. Während der beiden ersten Schuljahre konzentriert sich der Unterricht auf die gespro- chene Sprache. Werden von den Kindern – wider das didaktische Konzept – trotzdem schriftliche Texte verlangt, wie dies beim vorliegenden Projekt nicht umgangen werden konnte, so orientieren sie sich bei der Umsetzung von Mündlichem ins Schriftliche an der französischen Orthografie (vgl. Kapitel 9.2).

In der Sekundarstufe I (cycle d’orientation „Orientierungsstufe“, 7.–9.

Schuljahr) ist Deutsch reguläres Selektionssfach und nimmt 4 bis 5 Unter- richtsstunden pro Woche in Anspruch. Von der 8. Klasse weg sind die Schü- lerinnen und Schüler nach Leistungsniveaus in verschiedenen Klassenzügen gruppiert: in den classes prégymnasiales – mit den Ausrichtungen latines, scientifiques, modernes – sind die leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler, die den gymnasialen Weg ins Auge fassen, in den classes générales und pratiques besuchen, die leistungsschwächeren, wobei in der Orientie- rungsstufe die Durchlässigkeit zwischen den Niveaugruppen garantiert ist.

Nach der obligatorischen Schulzeit gab es zur Zeit der Datenerhebung verschiedene weiterführende Schulen: das Gymnasium (collège, 10.–13.

Schuljahr mit abschliessender Maturität), die Handelsoberschule7 (école su- périeure de commerce, 10.–13. Schuljahr mit abschliessender Maturität) und die Diplommittelschule (école de culture générale, 10.–12. Schuljahr), die meist von solchen Schülerinnen und Schülern besucht wird, die kein Studium anstreben, sondern später eine Berufsausbildung absolvieren wollen, aber – wie etwa für medizinische Pflegeberufe – noch nicht das geforderte Mindest- alter haben.

Im Lehrplan für den postobligatorischen Unterricht der genannten Schulen sind für Deutsch drei bis vier Wochenstunden vorgesehen. Wer in Genf die

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6 Die französische Sprache geniesst wegen des Territorialitätsprinzips einen beson- deren Status: offizielle Sprache in Stadt und Republik Genf ist das Französische.

Von den im Kanton Genf Ansässigen geben aber nur 70,4% das Französische als Hauptsprache an (Lüdi u.a. 1997a: 161). Insgesamt nennen 5,5% der Genfer Wohnbevölkerung Deutsch als ihre Hauptsprache (Lüdi u.a. 1997b: 292).

7 Seit 1998 ist die Differenzierung zwischen Handelsoberschule und Gymnasium aufgehoben.

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