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Sakrale Neuromodulation bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen = Sacral neuromodulation for neurogenic bladder dysfunction

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Academic year: 2021

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Urologe 2012 · 51:179–183 DOI 10.1007/s00120-011-2779-0 Online publiziert: 25. Januar 2012 © Springer-Verlag 2012

T.M. Kessler1 · J. Wöllner1 · M. Kozomara1 · L. Mordasini2 · U. Mehnert3 1 Neuro-Urologie, Paraplegikerzentrum, Uniklinik Balgrist, Universität Zürich, Zürich 2 Universitätsklinik für Urologie, Inselspital, Bern 3 Urologische Klinik, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, Marienhospital Herne, Herne

Sakrale Neuromodulation 

bei neurogenen 

Blasenfunktionsstörungen

Patienten mit einer neurologischen Erkrankung leiden oft an Blasensym-ptomen, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Die Präva-lenz von neurogenen Blasenfunk-tionsstörungen ist abhängig von der Art und Dauer der neurologischen Er-krankung und kann gegen 100% be-tragen, so z. B. bei multipler Sklero-se [1].

Die sakrale Neuromodulation (SNM) ist ein gut etabliertes Behandlungsverfah-ren für die therapierefraktäre überak-tive Blase und die chronische nicht me-chanisch/anatomisch bedingte Blasen-entleerungsstörung [2, 3, 4, 5]. So wur-de die SNM auch in die entsprechenwur-den „Guidelines der European Association of Urology“ (EAU; http://www.uroweb.org), der „International Consultation on Incon-tience“ (ICI; [6]) sowie des „National In-stitute for Health and Clinical Excellen-ce“ (NICE; http://www.nice.org.uk) auf-genommen und ist zu einem wichtigen Bestandteil des urologischen Armamen-tariums geworden. Ursprünglich war eine neurogene Blasenfunktionsstörung ein Ausschlusskriterium für eine SNM, neu-ere Studien zeigen aber, dass gerade auch neurologische Patienten mit überaktiver Blase (OAB) und/oder chronischer Harn-retention von diesem Therapieverfahren profitieren können [7].

Technik der SNM

Die SNM wurde seit ihrer Einführung ständig weiterentwickelt und heute sind minimal-invasiv implantierbare Elektro-den und kleinere Neuromodulatoren er-hältlich, so dass die SNM ambulant oder kurzstationär in Lokalanästhesie durchge-führt werden kann [8, 9]. Durch Verbes-serung der Implantationstechnik und der einzelnen Implantatkomponenten wurde in den letzten Jahren nicht nur die Inva-sivität verringert, sondern auch die Aus-sagekraft der Testphase durch Verlänge-rung der Testzeit mit definitiven Elektro-den verbessert [10], ohne damit die Kom-plikationsrate zu erhöhen [11, 12]. Die SNM ist in ein „Mehr-Schritt-Verfahren“: In einem ersten Schritt werden die Sakral-foramina S3 und/oder S4 mit einer Fora-mennadel punktiert. Unter elektrischer

Stimulation wird die optimalste senso-motorische Antwort ausgetestet, die Test-elektrode oder die definitive Elektrode (. Abb. 1) ein- oder beidseitig in Seldin-ger-Technik implantiert, perkutan ausge-leitet und mit einem externen Impulsge-ber konnektiert. Zeigt sich während der Testphase eine Wirkung mit >50%iger Besserung der Symptome (positive Test-phase), hängt das weitere Vorgehen von der für die Testphase benutzten Elektro-de ab.

Testphase mit Testelektrode. Entweder wird gleichzeitig die definitive Elektrode und der einem Herzschrittmacher glei-chende Neuromodulator subkutan gluteal (oder seltener in die Bauchdecke) implan-tiert (. Abb. 2) oder es wird nur die defi-nitive Elektrode eingepflanzt (. Abb. 1), nochmals eine Testphase durchgeführt

Abb. 1 7  Bei der defi- nitiven Elektrode mi- nimiert eine Art Wide- rhäckchen das Dislo- kationsrisiko. Im Engli- schen wird diese Elek-trode deshalb „tined  lead“ genannt. (Bild:  Medtronic, mit freundl.  Genehmigung)

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und wenn diese positiv ausfällt, in einem nächsten Schritt der Neuromodulator im-plantiert (. Abb. 2).

Testphase mit definitiver Elektrode. Der Neuromodulator wird implantiert und mit der bereits in situ liegenden defini-tiven Elektrode konnektiert (. Abb. 2). Die Patienten können den Neuromodu-lator dank einer Art kleinen Fernbedie-nung steuern, d. h. die Stimulation unter-brechen und/oder in der Intensität variie-ren. In der Regel wird eine Dauerstimula-tion durchgeführt.

Wirkmechanismus der SNM

Der Wirkmechanismus der SNM ist nicht gänzlich geklärt, doch Afferenzen dürften eine Schlüsselrolle spielen. So scheint die SNM via periphere Afferenzen zu einer Modulation von Rückenmarkreflexen und Gehirnzentren zu führen [9]. Selbst die intraoperativ während der akuten Sti-mulation beobachtete perianale Kontrak-tion ist nicht ein direkter StimulaKontrak-tionsef- Stimulationsef-fekt, sondern vielmehr eine afferenzen-vermittelte Antwort [13, 14]. Deshalb ist für diese Therapie die Bezeichnung

„sa-krale Neuromodulation“ („sacral neuro-modulation“) der immer noch weit ver-breiteten Bezeichnung „sakrale Nerven-stimulation“ („sacral nerve Nerven-stimulation“) klar vorzuziehen.

Bei Patienten mit chronischer nicht mechanisch/anatomisch bedingter Bla-senentleerungsstörung wurde postu-liert, dass die SNM eine Inhibition des „Schutzreflexes“ (d. h. der spinal vermit-telte Reflex, der durch Kontraktion des M. sphincter urethrae externus eine In-kontinenz bei plötzlicher Erhöhung des intravesikalen Druckes verhindert) be-wirkt, so dass durch Senkung des Schließ-muskeltonus eine Blasenentleerung er-möglicht wird [15, 16]. Allerdings wur-de bei Frauen mit Fowler-Syndrom (pri-märe Erkrankung mit nicht-relaxieren-dem M. sphincter urethrae externus) ge-zeigt, dass durch die SNM die Blasenent-leerung nicht durch eine Relaxation des M. sphincter urethrae externus, sondern durch eine Verbesserung der Detrusor-kontraktilität erreicht wird, d. h. durch den höheren Detrusordruck kann der immer noch überaktive M. sphincter ure-thrae externus überwunden werden [17]. Dies stimmt auch mit einer durch die SNM bewirkte Normalisierung der Ge-hirnaktivität im Mittelhirn und Vermin-derung der kortikalen Gehirnaktivität in einer Positronenemissionstomographie-studie bei Frauen mit Fowler-Syndrom überein [18].

Bei Patienten mit OAB wird ange-nommen, dass die SNM den Detrusor in-hibiert ohne den urethralen Widerstand oder die Detrusorkontraktilität während der Entleerungsphase zu beeinflussen [19]. Bei Patienten mit kompletter Quer-schnittlähmung konnte durch eine frü-he SNM im spinalen Schock die Entwick-lung eines überaktiven Detrusors und einer Urininkontinenz verhindert wer-den, was auf eine Modulation direkt auf Rückenmarkebene hindeuten könnte [20]. Falls die Resultate der frühen SNM bei Querschnittslähmung in randomi-sierten Studien bestätigt und auf Patien-ten mit anderen neurologischen Erkran-kungen übertragen werden können, wür-de dies das Management wür-der neurogenen Blasenfunktionsstörungen vollständig re-volutionieren. Abb. 2 9 Der einem  Herzschrittmacher  gleichende Neuromo- dulator wird meist sub-kutan gluteal (seltener  in die Bauchdecke) im- plantiert (Bild: Med- tronic, mit freundl. Ge-nehmigung) Studie Chartier-Kastler et al. 2000 Hohenfellner et al. 2001 Scheepens et al. 2002 Braun et al. 2003 Bross et al. 2003 Everaert et al. 2003 Ruffion et al. 2003 Schurch et al. 2003 Spinelli et al. 2003 Lavano et al. 2004 Garg et al. 2007 Roth et al. 2007 Wallance et al. 2007 Bertapelle et al. 2008 Wosnitzer et al. 2009 Marinkovic et al. 2010 Daniels et al. 2010 Gepoolt 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 (0,11 - 0,98) 0,68 (0,50 - 0,85) 0,75 (0,58 - 0,87) 0,86 (0,60 - 0,96) 1,00 (0,21 - 1,00) 0,18 (0,05 - 0,48) 0,85 (0,69 - 0,93) 1,00 (0,21 - 1,00) 1,00 (0,21 - 1,00) 1,00 (0,61 - 1,00) 0,60 (0,23 - 0,88) 0,00 (0,00 - 0,56) 1,00 (0,34 - 1,00) 1,00 (0,68 - 1,00) 0,33 (0,18 - 0,53) 0,66 (0,51 - 0,78) 0,67 (0,47 - 0,82) 0,48 (0,31 - 0,66) 0,39 (0,22 - 0,59) Anteil (95%-KI; 95%-PI)

Erfolgsrate Abb. 3 8 Metaanalyse der Erfolgsrate der Testphase (256 Patienten, 17 Studien [7]). Der „forest plot“  zeigt den Patientenanteil mit positiver Testphase (Punkte) mit dem 95%-Konfidenzintervall (-KI). Ganz  unten ist die gepoolte Erfolgsrate der Testphase mit dem 95%-CRI dargestellt. Die gestrichelten Linien  grenzen das 95%-PI ab. (Aus [7], mit freundl. Genehmigung)

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Der Urologe 2 · 2012

Leitthema

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Resultate der SNM

Im Rahmen einer systematischen Über-sichtsarbeit und Metaanalyse wurden Wirksamkeit und Nebenwirkungen der SNM bei neurogenen Blasenfunktionsstö-rungen untersucht [7]. Es wurden 26 Stu-dien mit insgesamt 357 Patienten einge-schlossen. Gemäß den Kriterien des „Ox-ford Centre for Evidence-Based Medici-ne“ [21] hatten die Studien einen Evidenz-level 2b–4 und es war keine randomisier-te Studie nachweisbar. Die Darandomisier-ten wurden mit einer „Bayesian random-effects meta-analysis“ gepoolt. Die verfügbaren Daten erlaubten allerdings keine Subgruppen-metaanalyse, d. h. es bleibt zu zeigen wel-che Typen der neurogenen Blasenfunk-tionsstörungen und welche zugrunde lie-genden neurologischen Erkrankungen am besten auf die SNM ansprechen.

Wirksamkeit

Insgesamt wurde bei 256 Patienten (17 Studien) die SNM ausgetestet. Die mitt-lere Dauer der Testphase lag bei 3–28 Ta-gen. Die gepoolte Erfolgsrate der Testpha-se (. Abb. 3) betrug 68% [“95% credibili-ty interval“ (CRI) 50–85%; „95% predicti-on interval“ (PI) 11–98%]. Eine Erfolgsrate >75% wurde mit einer 78%-Wahrschein-lichkeit erreicht.

Bei 224 Patienten (22 Studien) wur-de wur-der Neuromodulator implantiert und der mittlere Follow-up lag bei 26 Mona-ten; 87% (194/224) dieser Patienten waren unter unilateraler und 13% (30/224) unter bilateraler SNM. Die gepoolte Erfolgsrate der permanenten SNM (. Abb. 4) betrug 92% (95%-CRI=81–98%; 95%-PI=23– 100%). Eine Erfolgsrate >75% wurde mit einer 99%-Wahrscheinlichkeit erreicht.

Nebenwirkungen

Bei insgesamt 6 Patienten wurden Neben-wirkungen während der Testphase festge-stellt (Elektrodendislokation bei 5 Patien-ten, Schmerzen bei 1 Patienten), wobei deswegen keine chirurgische Intervention nötig war. Die gepoolte Nebenwirkungs-rate betrug 0% (95%-CRI=0–2%). Eine Nebenwirkungsrate <10% wurde mit einer 100% Wahrscheinlichkeit erreicht. Urologe 2012 · 51:179–183   DOI 10.1007/s00120-011-2779-0 © Springer-Verlag 2012 T.M. Kessler · J. Wöllner · M. Kozomara · L. Mordasini · U. Mehnert Die sakrale Neuromodulation (SNM) stellt bei  therapierefraktären neurogenen Blasenfunk- tionsstörungen eine vielversprechende The-rapieoption dar. Es bleibt allerdings zu zeigen,  welche Typen der neurogenen Blasenfunk- tionsstörungen und welche zugrunde liegen- den neurologischen Erkrankungen am bes- ten auf die SNM ansprechen. Die SNM wur-de ständig weiterentwickelt und ist heute ein  minimal-invasives, in Lokalanästhesie durch- führbares Therapieverfahren, das vor größe- ren rekonstruktiven Eingriffen zumindest er- wogen werden sollte. Es wird eine Elektro-denimplantation ins Sakralforamen S3 oder  S4 durchgeführt und in einer Testphase über  Tage bis Wochen unter Führen eines Blasen- tagebuches geprüft, ob die SNM dem Patien-ten einen relevanten Nutzen bringt. Wenn  sich eine positive Testphase zeigt, wird der  Neuromodulator gluteal (oder seltener in die  Bauchdecke) implantiert. Der Wirkmechanismus der SNM ist nicht  gänzlich geklärt, doch Afferenzen dürften  eine Schlüsselrolle spielen. So scheint die  SNM via periphere Afferenzen eine Modula- tion von Rückenmarkreflexen und Gehirnzen- tren zu bewirken. Das implantierte Neuromo- dulationssystem führt zu keiner Einschrän- kung der Aktivitäten der Patienten. Aller- dings gilt es zu beachten, dass bei Neuromo-dulatorträgern Hochfrequenzwärmetherapie  und unipolare Elektrokauterisation kontrain-diziert sind, dass bei einer extrakorporellen  Stoßwellenlithotripsie der Brennpunkt nicht  in unmittelbarer Nähe des Neuromodulators  oder der Elektrode liegen darf, dass Ultraso-nographie und Strahlentherapie im Bereich  der Implantatkomponenten vermieden wer-den sollten, dass bei Schwangerschaft der  Neuromodulator auszuschalten ist und dass  MR-Untersuchungen nur bei zwingender In- dikation und bei ausgeschaltetem Neuromo-dulator durchgeführt werden sollen. Schlüsselwörter Sakrale Neuromodulation ·   Blasenfunktionsstörungen · Neurologische  Erkrankung · Überaktive Blase · Chronische  Harnretention

Sacral neuromodulation for neurogenic bladder dysfunction

Abstract Sacral neuromodulation (SNM) represents a  promising option for managing treatment-refractory neurogenic bladder dysfunction. It  remains to be seen, however, which types of  neurogenic bladder dysfunction and which  underlying neurological disorders best re-spond to SNM. Constant improvements in  SNM have been achieved and it is now a min- imally invasive approach performed under lo-cal anesthesia which should be considered  before undertaking larger reconstructive pro-cedures. An electrode is implanted in the S3  or S4 sacral foramen and during a test phase  lasting for days to weeks the patient keeps a  bladder diary to determine whether SNM has  provided a relevant benefit. If the results of  the test phase are positive, a neuromodulator  is implanted in the gluteal area (or more rare-ly in the abdominal wall). The mechanism of action of SNM has not  been completely clarified, but the afferent  nerves most likely play a key role. It appears  that SNM produces a modulation of medul- lary reflexes and brain centers by peripher-al afferents. The implanted neuromodulation  system does not lead to limitation of the pa- tient’s activities. However, it should be not- ed that high-frequency diathermy and unipo-lar electrocauterization are contraindicated in  patients with neuromodulators, that during  extracorporeal shock wave lithotripsy the fo-cal point should not be in the direct vicinity  of the neuromodulator or the electrode, that  ultrasound and radiotherapy in the region of  the implanted components should be avoid- ed, that the neuromodulation should be dis- continued in pregnancy, and that MRI exam- inations should only be conducted when ur-gently indicated and the neuromodulator is  turned off. Keywords Sacral neuromodulation · Neurogenic   bladder dysfunction · Neurological disorder ·   Overactive bladder · Chronic urinary   retention

Sakrale Neuromodulation

bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen

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Bei der permanenten SNM berichteten 69 Patienten über Nebenwirkungen (am häufigsten waren Elektrodendislokation und Schmerzen im Bereich des Neuro-modulators) und bei 45 Patienten erfolgte deswegen eine chirurgische Intervention (meist Explantation der Elektrode und/ oder des Neuromodulators). Die gepool-te Nebenwirkungsragepool-te betrug 24% (95%-CRI=6–48%). Eine Nebenwirkungsrate <20% wurde mit einer

54%-Wahrschein-lichkeit erreicht.

Vorsichtsmaßnahmen

Das implantierte Neuromodulationssys-tem führt zu keiner Einschränkung der Aktivitäten der Patienten. So ist grund-sätzlich auch Sport problemlos möglich. Bei extremer Gesäßbelastung wie bei Rollstuhlpatienten ist die Implantation des Neuromodulators in die Bauchdecke zu erwägen.

Nach Implantation eines Neuromo-dulators erhalten die Patienten einen Im-plantatausweis, den sie stets auf sich tra-gen sollten. Bei Neuromodulatorträgern sind Hochfrequenzwärmetherapie und unipolare Elektrokauterisation (bipolare Elektrokauterisation erlaubt) kontraindi-ziert. Falls eine extrakorporelle Stoßwel-lenlithotripsie erforderlich ist, darf der

Stoßwellenbrennpunkt nicht in unmit-telbarer Nähe des Neuromodulators oder der Elektrode liegen. Ultrasonographie sowie Strahlentherapie im Bereich der Implantatkomponenten sollten vermie-den wervermie-den. Die Herstellerfirma rät von einer MR-Untersuchung ab und über-nimmt in diesem Fall auch keine Garan-tie für eine allfällige daraus resulGaran-tierende Schädigung. Obwohl in einer klinischen Studie bei 8 Patienten keine Probleme bei MR-Untersuchungen mit 1,5 Tesla auftra-ten [22], sollte eine MR-Untersuchung nur bei zwingender Indikation durch-geführt werden. In diesem Falle ist der Neuromodulator zuerst auf 0 zu stellen und dann auszuschalten. Ferner wird ein Ausschalten des Neuromodulators wäh-rend der Schwangerschaft empfohlen, da diesbezüglich keine Daten vorliegen. Im Zweifelsfall ist der Neuromodulator aus-zuschalten und mit dem zuständigen Arzt (Adresse ist auf Implantatausweis zu fin-den) Kontakt aufzunehmen.

Fazit für die Praxis

F  Die SNM stellt bei therapierefraktären  neurogenen Blasenfunktionsstörun- gen ein vielversprechendes Therapie-verfahren dar. F   Die publizierten Arbeiten bei Patien-ten mit neurologischer Erkrankung  zeigen eine ausgezeichnete Wirksam- keit bei relativ geringen Nebenwir-kungen. F   Obwohl bis dato keine randomisier-ten Studien bei SNM zur Behandlung  neurogener Blasenfunktionsstörun-gen vorliegen, scheint die Evaluation  einer SNM gerechtfertigt, bevor grö- ßere rekonstruktive Eingriffe erwo-gen werden. F   Die SNM ist ein „Mehr-Schritt-Verfah- ren“. Erst nach einer positiven Test-phase, d. h. >50%ige Besserung der  Symptome, wird der Neuromodulator  implantiert. Für die Testphase kann  eine Testelektrode oder eine definiti-ve Elektrode verwendet werden. F  Bei Neuromodulatorträgern sind  Hochfrequenzwärmetherapie und  unipolare Elektrokauterisation kon- traindiziert, bei einer extrakorporel-len Stoßwellenlithotripsie darf der  Brennpunkt nicht in unmittelbarer  Nähe des Neuromodulators oder der  Elektrode liegen, Ultrasonographie  und Strahlentherapie im Bereich der  Implantatkomponenten sind zu ver-meiden, bei Schwangerschaft ist der  Neuromodulator auszuschalten und  MR-Untersuchungen sollen nur bei  zwingender Indikation und bei aus- geschaltetem Neuromodulator durch-geführt werden.

Korrespondenzadresse

PD Dr. T.M. Kessler Neuro-Urologie, Paraplegikerzentrum,   Uniklinik Balgrist, Universität Zürich, Forchstraße 340, CH-8008 Zürich, Schweiz tkessler@gmx.ch Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor  weist auf folgende Beziehung hin: T.M. Kessler hatte  ein „Consultancy Agreement“ mit Medtronic und Al-lergan.

Literatur

  1.  Seze M de, Ruffion A, Denys P et al (2007) The neuro- genic bladder in multiple sclerosis: review of the lite-rature and proposal of management guidelines. Mult  Scler 13:915–928   2.  Brazzelli M, Murray A, Fraser C (2006) Efficacy and sa- fety of sacral nerve stimulation for urinary urge in-continence: a systematic review. J Urol 175:835–841 Studie Hohenfellner et al. 1998 Ishigooka et al. 1998 Chartier-Kastler et al. 2000 Spinelli et al. 2001 Hohenfellner et al. 2001 Everaert et al.2003 Ruffion et al. 2003 Spinelli et al. 2003 Lavano et al. 2004 Minardi et al. 2005 Garg et al. 2007 Roth et al. 2007 Sutherland et al. 2007 Wallace et al. 2007 Lombardi et al. 2008 Bertapelle et al. 2008 Lombardi et al. 2009 Wosnitzer et al. 2009 Sievert et al. 2010 Marinkovic et al. 2010 Daniels et al. 2010 Gepoolt 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Erfolgsrate (0,23 - 1,00) 0,92 (0,81 - 0,98) 0,75 (0,55 - 0,88) 1,00 (0,76 - 1,00)0,8 (0,49 - 0,94) 1,00 (0,21 - 1,00) 0,83 (0,64 - 0,93) 1,00 (0,34 - 1,00) 1,00 (0,82 - 1,00) 0,89 (0,73 - 0,96) 0,60 (0,31 - 0,83) 1,00 (0,21 - 1,00) 1,00 (0,21 - 1,00) 1,00 (0,57 - 1,00) 1,00 (0,61 - 1,00) 1,00 (0,44 - 1,00) 1,00 (0,34 - 1,00) 0,75 (0,41 - 0,93) 0,08 (0,01 - 0,35) 1,00 (0,81 - 1,00) 1,00 (0,70 - 1,00) 0,75 (0,30 - 0,95) 0,82 (0,52 - 0,95) Anteil (95%-KI; 95%-PI)

Abb. 4 8 Metaanalyse der Erfolgsrate der permanenten SNM (206 Patienten, 21 Studien, [7]).  Der „forest plot“ zeigt den Patientenanteil mit erfolgreicher permanenter SNM (Punkte) mit dem 95%-KI. Ganz unten ist die gepoolte Erfolgsrate der permanenten SNM mit dem 95%-CRI dargestellt. Die  gestrichelten Linien grenzen das 95%-PI ab. (Aus [7], mit freundl. Genehmigung)

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Der Urologe 2 · 2012

Leitthema

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Syst Rev:CD004202   4.  Kessler TM, Buchser E, Meyer S et al (2007) Sacral neu- romodulation for refractory lower urinary tract dys- function: results of a nationwide registry in Switzer-land. Eur Urol 51:1357–1363   5.  Kerrebroeck PE van, Voskuilen AC van, Heesak- kers JP et al (2007) Results of sacral neuromodulati- on therapy for urinary voiding dysfunction: outco-mes of a prospective, worldwide clinical study. J Urol  178:2029–2034   6.  Abrams P, Andersson KE, Birder L et al (2010) Fourth  International Consultation on Incontinence Recom- mendations of the International Scientific Commit- tee: evaluation and treatment of urinary incontinen-ce, pelvic organ prolapse, and fecal incontinence.  Neurourol Urodyn 29:213–240   7.  Kessler TM, La Framboise D, Trelle S et al (2010) Sacral  neuromodulation for neurogenic lower urinary tract  dysfunction: systematic review and meta-analysis.  Eur Urol 58:865–874   8.  Spinelli M, Sievert KD (2008) Latest technologic and  surgical developments in using InterStim Therapy for  sacral neuromodulation: impact on treatment suc-cess and safety. Eur Urol 54:1287–1296   9.  Kessler TM, Fowler CJ (2008) Sacral neuromodulation  for urinary retention. Nat Clin Pract Urol 5:657–666 10.  Kessler TM, Madersbacher H, Kiss G (2005) Prolonged  sacral neuromodulation testing using permanent le-ads: a more reliable patient selection method? Eur  Urol 47:660–665 11.  Kessler TM, Burkhard FC, Madersbacher H et al (2008)  Safety of prolonged sacral neuromodulation tined le-ad testing. Curr Med Res Opin 24:343–347 12.  Huwyler M, Kiss G, Burkhard FC et al (2009) Microbio- logical tined-lead examination: does prolonged sa-cral neuromodulation testing induce infection? BJU  Int 104:646–650, discussion 650 13.  Fowler CJ, Swinn MJ, Goodwin RJ et al (2000) Studies  of the latency of pelvic floor contraction during pe- ripheral nerve evaluation show that the muscle re-sponse is reflexly mediated. J Urol 163:881–883 14.  Schurch B, Reilly I, Reitz A, Curt A (2003) Electrophy- siological recordings during the peripheral nerve eva- luation (PNE) test in complete spinal cord injury pati-ents. World J Urol 20:319–322 15.  Jonas U, Fowler CJ, Chancellor MB et al (2001) Effica-cy of sacral nerve stimulation for urinary retention:  results 18 months after implantation. J Urol 165:15– 19 16.  Leng WW, Chancellor MB (2005) How sacral nerve sti-mulation neuromodulation works. Urol Clin North  Am 32:11–18 17.  Fowler CJ, Christmas TJ, Chapple CR et al (1988) Ab-normal electromyographic activity of the urethral  sphincter, voiding dysfunction, and polycystic ova-ries: a new syndrome? BMJ 297:1436–1438 18.  Dasgupta R, Critchley HD, Dolan RJ, Fowler CJ (2005)  Changes in brain activity following sacral neuromo-dulation for urinary retention. J Urol 174:2268–2272 19.  Groen J, Ruud Bosch JL, Mastrigt R van (2006) Sacral  neuromodulation in women with idiopathic detrusor  overactivity incontinence: decreased overactivity but  unchanged bladder contraction strength and ureth-ral resistance during voiding. J Urol 175:1005–1009,  discussion 1009 20.  Sievert KD, Amend B, Gakis G et al (2010) Early sacral  neuromodulation prevents urinary incontinence af-ter complete spinal cord injury. Ann Neurol 67:74–84 21.  Oxford Centre for Evidence-based Medicine (2011)  Levels of evidence. Oxford Centre for Evidence-based  Medicine, Oxford, http://www.pdptoolkit.co.uk/Files/ ebm/cebm/Doing%20ebm/levelsofevidencetable. htm. 22.  Elkelini MS, Hassouna MM (2006) Safety of MRI at  1.5Tesla in patients with implanted sacral nerve neu-rostimulator. Eur Urol 50:311–316

Figure

Abb. 1  7  Bei der defi-  Bei der defi- nitiven Elektrode mi- nimiert eine Art Wide- rhäckchen das Dislo- kationsrisiko. Im Engli- schen wird diese Elek-trode deshalb „tined  lead“ genannt. (Bild:  Medtronic, mit freundl.  Genehmigung)
Abb. 4  8  Metaanalyse der Erfolgsrate der permanenten SNM (206 Patienten, 21 Studien, [7]).   Der „forest plot“ zeigt den Patientenanteil mit erfolgreicher permanenter SNM (Punkte) mit dem 95%-KI. Ganz unten ist die gepoolte Erfolgsrate der permanenten SN

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