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Reference

www.nuclearwaste.info: Archiv 2015-2018

BUSER, Marcos, WILDI, Walter

Abstract

Nukleare Entsorgung ist ein wissenschaftlich und technisch umstrittenes Gebiet, welches weltweit auf effektive Lösungen wartet. Die geologische Tiefenlagerung ist die in Nationen, welche Kernkraftwerke u.a. Nuklearanlagen betreiben, am meisten verfolgte Strategie zur Beseitigung der radioaktiven Abfälle. In der Schweiz verpflichtet das Kernenergiegesetz die Betreiber der Anlagen, die Entsorgung selbst zu leisten. Der Bund stellt die Überwachungs- und Bewilligungsbehörden und leitet das Verfahren der Standortsuche im Rahmen des

«Sachplans geologische Tiefenlager». Die Autoren des Blogs «www.nuclearwaste.info»

verfolgen die nukleare Entsorgung in der Schweiz und weltweit seit über 40 Jahren. Im Rahmen des Blogs publizieren sie von März 2015 bis Juli 2018 die Resultate ihrer Analysen.

Diese betreffen wissenschaftliche und technische Themen, sodann Themen zur Regulierung und Überwachung, finanzielle Aspekte u.a.m. Der vorliegende Beitrag fasst diese Blogbeiträge zusammen.

BUSER, Marcos, WILDI, Walter. www.nuclearwaste.info: Archiv 2015-2018. Zürich et Genève : 2018, 759 p.

Available at:

http://archive-ouverte.unige.ch/unige:106583

Disclaimer: layout of this document may differ from the published version.

(2)

www.nuclearwaste.info: Archiv 2015-

2018

Marcos Buser

1

& Walter Wildi

2

1 Marcos Buser, Funkackerstrasse 19, CH-8050 Zürich, marcos.buser@bluewin.ch

2 Walter Wildi, Département F.-A. Forel des sciences de l’environnement et de l’eau Université de Genève Uni Carl Vogt, 66, boulevard Carl-Vogt, CH-1211 Genève 4. Privat : Chemin des Marais 23, CH-1218 Le Grand Saconnex, walter.wildi@unige.ch

(3)

Vorwort

Nukleare Entsorgung ist ein wissenschaftlich und technisch umstrittenes Gebiet, welches weltweit auf effektive Lösungen wartet. Die geologische Tiefenlagerung ist die in Nationen, welche Kernkraftwerke u.a. Nuklearanlagen betreiben, am meisten verfolgte Strategie zur Beseitigung der radioaktiven Abfälle.

In der Schweiz verpflichtet das Kernenergiegesetz die Betreiber der Anlagen, die Entsorgung selbst zu leisten. Der Bund stellt die Überwachungs- und Bewilligungsbehörden und leitet das Verfahren der Standortsuche im Rahmen des «Sachplans geologische Tiefenlager».

Die Autoren des Blogs «www.nuclearwaste.info» verfolgen die nukleare Entsorgung in der Schweiz und weltweit seit über 40 Jahren. Im Rahmen des Blogs publizieren sie von März 2015 bis Juli 2018 die Resultate ihrer Analysen. Diese betreffen wissenschaftliche und technische Themen, sodann Themen zur Regulierung und Überwachung, finanzielle Aspekte u.a.m. Der vorliegende Beitrag fasst diese Blogbeiträge zusammen.

Avant-propos

L'élimination des déchets nucléaires est un domaine scientifiquement et techniquement controversé qui cherche des solutions dans le monde entier. Le stockage géologique profond est la stratégie la plus largement suivie pour l'élimination des déchets radioactif par les nations, qui exploitent des centrales autres Installations nucléaires. En Suisse, la loi sur l'énergie nucléaire oblige les exploitants des installations à procéder eux-mêmes à

l'élimination. La Confédération fournit les autorités de surveillance et d’autorisation et gère la procédure de recherche de sites de stockage dans le cadre du «Plan sectoriel sur les dépôts géologiques».

Les auteurs du blog "www.nuclearwaste.info" suivent la gestion des déchets nucléaires en Suisse et dans le monde depuis plus de 40 ans. Dans le cadre du blog, ils publient les résultats de leurs analyses depuis mars 2015 jusqu’en juillet 2018. Ceux-ci concernent des sujets scientifiques et techniques, puis des sujets de régulation et de supervision, des aspects financiers, etc. Cet article résume les articles publiés dans le cadre de ce blog.

Zürich & Genève 7/07/2018

(4)

Inhaltsverzeichnis / Table des matières

Verantwortung übernehmen – ja, unbedingt 1

Wenn die Diskussionskultur verkommt 1

Weinland gegen Bözberg : und wenn beide durchfallen ? 3

60 Jahre plus … 4

Gletschererosion: ein Vergleich 6

Verantwortung – eine unangenehme Frage 9

Als die Gletscher über den Bözberg zogen 13

Ressourcenkonflikte 15

Export der radioaktiven Abfälle? Sicher nicht so! 16

Zu Brillen-PR und Aufsichtsfunktion 18

Unvernünftige Machtballung 20

Kosten-Albtraum 22

Standorte Weinland und Bözberg: Gletschererosion und Ressourcenkonflikt,

eine kurze Bilanz 28

Auf der Suche nach Aus- und Lösungswegen 30

Abfallkonditionierung: Die beste, nicht die nächstbeste Lösung 30

Reflexion bezüglich Stand und Zustand des Sachplans geologische

Tiefenlager (II) 33

Geothermie 1: eine unbeschränkte erneuerbare Energie 34

Jahrzehnte des Widerstandes gegen die Verwendung wissenschaftlicher

Erkenntnisse 37

Reflexion bezüglich Stand und Zustand des Sachplans geologische

Tiefenlager (III): Anpassung des Vorgehens für Etappe 3 42

Aufschlussreiche PR 44

Paradigmen kommen und gehen, Probleme bleiben 46

Nukleargeschichte 1: Wie es dazu kam 50

Nukleargeschichte 2: Von der Meeresversenkung zum Multibarrierenkonzept 53

Das Lager für schwach und mittel radioaktive Abfälle 2: Wie der Sachplan dem

Wellenberg (fast) zur Wiederauferstehung verhalf 62

„Laudato si“: ein Kommentar 69

Zuschriften zum „Fall des Wellenberg“ 71

Der Sachplan geologische Tiefenlager: Eine Ehrenrunde in der nuklearen

Entsorgung 72

ENSI-Betriebswache 77

The World Nuclear Industry 2015, Status Report 80

Blog-Programm: was Sie und Euch erwartet 81

Zum Einstieg in den Ausstieg: eine Mogelpackung ohne Ende 83

Risiken der „Heissen Zelle“ der Oberflächenanlage eines geologischen

Tiefenlagers für hoch radioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente 85

English version of the blog – Die englische Version des Blogs 85

The objectives of our blog 86

Milestones in the History of Swiss Nuclear Power and Radioactive

Waste Disposal 87

(5)

Wieder eine Zeitplan-Verschiebung: Chance oder Rauchpetarde? 112

Fehlende Überwachung der nuklearen Entsorgung in der Schweiz: Eingriff in die

Planungs- und Projektierungshoheit – ein Problem besonderer Tragweite 115

Nukleare Aufsicht und ihre Nöte 119

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland 2: Zum Beispiel in

Deutschland? 125

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland 2: Zum Beispiel in

Deutschland? 129

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland 3: Schweden oder

Finnland? 133

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland 4: Das Belgische

Endlagerprogramm, eine Zusammenfassung 137

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland 5: Frankreich auf

dem besten Weg? 141

Lagerung radioaktiver Abfälle der Schweiz im Ausland (6): Europa

und die Welt, eine kleine Bilanz 146

„Jemand muss das Lager nehmen“: ein Kommentar 149

“Laudato si”, „on our common home“, from Pope Francis: a comment 151

„Jemand muss das Lager nehmen“ (II): eine Nachlese 154

Lagerplanung und -Auslegung (I): Entsorgungskonzepte 157

Lagerplanung und – Auslegung (II): Grundsätzliche Überlegungen

zur Lagerplanung 162

Lagerplanung und Auslegung (IIIb): EKRA, das technische Lagerkonzept 166

Lagerplanung und Auslegung (IIIa): EKRA, die Geburt 172

Lagerplanung und Auslegung (IIIc): EKRA-Konzept, Massnahmen

und strukturelle Anpassungen 177

Nukleare Schweiz „prosit“: Herausforderungen 2016 188

Abfälle (I) 190

Abfälle (II): Abfallzusammensetzung (Teil 1) 198

Abfälle (II): Abfallzusammensetzung (Teil 2) 204

AXPO – Ausstieg: Steuerzahler rüstet Euch! 212

Abfälle (III): Abfalleigenschaften (Teil a) 218

2 x 2 ? [1]: Die Experten der Standortkantone im Sachplan Geologische

Tiefenlager haben gesprochen 224

Miese Planungen, hohe Kostenfolgen und die Frage nach der Verantwortung 230

“Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg”; nur ein Sprichwort ? 234

“Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg” (II): ein Kommentar zum parlamentarischen

Pyrrhussieg der letzten Woche 238

“Comment clore en toute sécurité un cycle industriel ?” – “Wie beendet

man bei voller Sicherheit einen industriellen Zyklus ?“ 243

nuclearwaste.info : ein Jahr 246

Das “Pleite-Szenarium”: wie weiter mit der Stilllegung der Werke und der

Entsorgung der radioaktiven Abfälle (I)? 247

Das “Pleite-Szenarium” (II): was kommt auf die Gesellschaft zu? 252

Infosperber: „Perfide Methoden gegen Atomkritiker Marcos Buser“ 256

(6)

Wasserkraft: fast erneuerbar! 257

BFE, nukleare Sicherheit und ein Zitat von Friedrich Dürrenmatt 263

Im Galopp zum nächsten Flop? Von der Notwendigkeit eines wissenschaftlich

robusten Vorgehens (I) 271

Im Galopp zum nächsten Flop? Von der Notwendigkeit eines wissenschaftlich

robusten Vorgehens (II) 274

Waterloo: Auf dem Weg zum atomaren Ende 277

Im Galopp zum nächsten Flop? Von der Notwendigkeit eines wissenschaftlich

robusten Vorgehens (III) 281

Im Galopp zum nächsten Flop? Von der Notwendigkeit eines wissenschaftlich robusten Vorgehens (IV): Standortuntersuchungen der Nagra in Etappe 3 des

Sachplans 287

Vom Kindertraum zum Albtraum, hin und zurück 291

Die Sicherheitsanalyse der Nagra in Etappe 2 des Sachplans 293

Im Galopp zum nächsten Flop? Von der Notwendigkeit eines wissenschaftlich

robusten Vorgehens (VI) 302

Informationsveranstaltung von „Hochrhein Aktiv“, Jestetten „Mittendrin und

doch nichts zu sagen“, 10. Juni 2016 309

Bauwerk „Geologisches Tiefenlager“: eine langfristige Herausforderung (Teil I) 319

Von Rückschlägen, Verzögerungen und neuen Herausforderungen: Ein Kommentar zum Jahresbericht 2015 der AGNEB und dem neusten Blog von

energeiaplus.com 322

Endlagerkommission der BRD: ein Bericht mit vielen Fragezeichen 327

Bauwerk „Geologisches Tiefenlager“ (Teil II): Geologische Tiefenlagerung versus

Endlagerung? – Ein Rückblick auf EKRA 334

Das Perpetuum mobile 2.0: Verschieben, verschieben und nochmals verschieben 340

Das Südaustralische „Pangea 2.0 plus “: eine internationale Endlager-Lösung wird

neu angedacht. Teil 1 341

Das Südaustralische „Pangea 2.0 plus “: eine internationale Endlager-Lösung wird

neu angedacht. Teil 2 345

Über Ethik und Irreführung: Wissenschaftler als Risikofaktoren im

Sachplanverfahren, Teil 1 351

Über Ethik und Irreführung: Wissenschaftler als Risikofaktoren im

Sachplanverfahren, Teil 2 356

Über Ethik und Irreführung: Wissenschaftler als Risikofaktoren im

Sachplanverfahren, Teil 3 361

Offener Brief an die Mitglieder des ENSI-Rates: PR statt Aufsicht? 367

Über Ethik und Irreführung: Ein Exkurs in die Welt der Public Affairs (Teil 4) 369

Über Ethik und Irreführung: Die Konsequenzen? Eine Floskel! (Teil 5 und Ende

der Serie) 374

Volksabstimmung vom 27. November : Eidgenössische Volksinitiative «Für den

geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» 376

Vertrauen, Sicherheit und nukleare Aufsicht 381

AXPO & Co., Cholera oder Pest: die Atomausstiegs-Initiative als Rettungsanker 385

Vorbildsfunktion ENSI-Rat : in der Gewissenslosigkeit versunken? 388

Erzwungener oder faktischer Ausstieg? 397

(7)

Spuren im Sand: zur Volksabstimmung vom 27. November 2016 401

Nach der Schlacht; zur Volksabstimmung vom 27. November 2016 402

Gute Nachricht aus dem ENSI – wir gratulieren! 405

Schweizer Weihnachtsstrom aus “Deutschen Dreckschleudern” 406

“Malmkalk”: DIE Barriere gegen Gletschererosion? 410

Da warens nur noch . . . Eins ! 416

2 x 2 oder 2 x 3 – Entscheid: Das ENSI als Aufsicht und Experte der

Bewilligungsbehörden, oder als Substitut der Entsorgerorganisation? 418

Kostenstudie 2016 420

Rückweisung des Untersuchungsprogramms und der Sondiergesuche der Nagra in Etappe 3 des geologischen Sachplans Geologisches Tiefenlager; Aufruf zu einem

problemgerechten, zielgerichteten Vorgehen 422

Entsorgungsprogramm 2016 der Nagra: nichts gelernt! 425

Es war einmal: AREVA[1] 428

Materialfehler in Dampferzeugern ASN-ENSI: eine Gegenüberstellung (Teil 1) 429

Systemische Blindheit. ASN-ENSI: eine Gegenüberstellung (Teil 2) 432

ENSI ohne wirkliche Aufsicht (Teil 3) 436

Der Irrweg ist erkannt: nun braucht es kluges und weitsichtiges Handeln (Teil I) 441

Der Irrweg ist erkannt (Teil 2): Aber die verantwortlichen Handlungsträger sind

blockiert und das Aufsichtssystem funktioniert falsch 445

Albtraum „Dryout“ 450

Blinde Kuh: 8 Jahre KKL-Betrieb unter INES-Störfall-Bedingungen 462

Der Irrweg ist erkannt (Teil 4): Zum Mechanismus von Utopien und der

Funktionsweise von Schutz und Verdrängung 466

Standortwahlprozess (I): „Für die Füchs“ 470

Standortwahlprozess III: Was der Sachplan bezweckt oder eine „Potemkinsche

Maskerade“ 476

Standortwahlprozess IV: Hintergründe der Aufsichtsmisere 480

Verlust des Know-How bei „Creusot Forge“: Wie das Ende des AKW-Zeitalters auch

aussehen kann 486

Westinghouse im Reaktorhimmel? Krise oder Pleite? 488

Schon wieder in einem durch AXPO betriebenen Kernkraftwerk! 490

Die Hälfte fehlt: Ensi-Gutachten Etappe 3 SGT 492

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 1 497

Gegen alle Vernunft: ENSI’s Abwehrhaltung gegen vollständige Erkundung des

Permokarbontrogs 502

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 2 504

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 3 508

Wenn Stonehenge gestern war! 513

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 4 514

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 5 520

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 6 525

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 7 532

Information oder Kommunikation? Oder Informations- & Kommunikations-

manipulation? 538

Nukleare Entsorgung in der Schweiz: Der Lösungsansatz der Blog-Autoren 8 539

(8)

SGT Etappe 2: KNS-Stellungnahme zum sicherheitstechnischen Gutachten zum Vorschlage der in Etappe 3 weiter zu untersuchenden geologischen Standort-

Gebiete. Klare Sicht 543

KNS-Bericht unter der Lupe 554

KNS-Bericht unter der Lupe, Fortsetzung n°1 559

KNS-Bericht unter der Lupe, Fortsetzung n° 2 und Schlussfolgerungen 565

Das Schweizer Sachplan-Verfahren: Zur Mechanik eines dreisten Schwindels 571

Aufsichtsdefizite (I): Was eine Interpellation im Bundesparlament bestätigt 574

Aufsichtsdefizite (II): Positionspapier ENSI „konkretisiert Aufsicht“ über

Tiefenlager (und was noch alles fehlt!) 580

Ausschuss der Kantone : Sachplan geologische Tiefenlager, Stellungnahme zu

Etappe 2, September 2017, Blog-Beitrag 1: Zum Inhalt 584

Ausschuss der Kantone : Sachplan geologische Tiefenlager, Stellungnahme zu

Etappe 2, September 2017, Blog-Beitrag 2: Analyse 590

Ausschuss der Kantone : Sachplan geologische Tiefenlager, Stellungnahme zu Etappe 2, September 2017, Blog-Beitrag 3: Wissenschaftliche und technische

Aspekte, der Bericht AG SiKa / KES 594

Beznau 1: “What’s at stake”? 599

Klima, Gesellschaft und nukleare Entsorgung 602

ENSI: Blindlings in die nächste Sackgasse 606

Von gefährlichen Spielzeugen in den Händen von Primaten: ein Kommentar 611

Panne im KKL: „Ja nicht den Heuhaufen durchsuchen, man läuft sonst Gefahr,

eine Nadel zu finden!“ 613

“Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende” 617

Die Würfel sind gefallen 621

Die “Null-Lösung”, oder der vorgeplante Generationenkonflikt 625

Von der Verantwortung für die Zukunft 629

Sachplan geologische Tiefenlager, Vernehmlassung Etappe 2 633

Sachplan geologische Tiefenlager, Vernehmlassung Etappe 2, Teil 2 638

Plan sectoriel « Dépôts en couches géologiques profondes », consultation étape 2 642

Abfallkonditionierung in Bitumen : ASN sagt nein ! 651

« Déchets bitumés » : le non ! de l’ASN 654

Kupferkanister hinterfragt: der schwedische Umweltgerichtshof greift ein 657

Sehr geehrte Frau Bundesrätin 664

«Nagra angebohrt»: Eine alte Broschüre neu gelesen 666

Frankreich: “. . . der unmögliche wissenschaftliche Nachweis der Sicherheit” 671

Von der Verantwortung für die Zukunft (II): die atomare Megamaschine als

Sinnbild der heutigen „Fortschritts“-Gesellschaft 674

Die Endlagerung toxischer Abfälle in geologischen Tiefenlagern, Teil 1 679

Die Endlagerung toxischer Abfälle in geologischen Tiefenlagern, Teil 2 683

Du stockage des déchets toxiques dans des dépôts géologiques profonds 687

Stellungnahme zur Etappe 2 des Sachplans geologische Tiefenlager: Eine

unglaubwürdige Abwehr der Aargauer Regierung 696

Kleine und mittlere modulare Kernreaktoren, Teil 1 699

Kleine und mittlere modulare Kernreaktoren, Teil 2 703

Pilotlager 708

(9)

Von der „Geologischen Tiefenlagerung“ zur „Dualen Strategie“ 714

D’un dépôt en couches géologiques profondes à une double stratégie 719

Von der „Geologischen Tiefenlagerung“ zur „Dualen Strategie“. Teil 2.1: Die Duale

Strategie 724

Von der „Geologischen Tiefenlagerung“ zur „Dualen Strategie“. Teil 2.2: Die Duale

Strategie 727

D'un dépôt en couches géologiques profondes à une double stratégie.

La double stratégie (partie 2.1) 731

D'un dépôt en couches géologiques profondes à une double stratégie.

La double stratégie (partie 2.2) 734

Atomforschung in Karlsruhe und international:

´Sicherheitsforschung´ als Trojanisches Pferd 734

Der Blog ist tot, es lebe der Blog / Le blog est mort, vive le blog

751

(10)

Verantwortung übernehmen – ja, unbedingt

13. März 2015

Verantwortung übernehmen – ja, unbedingt. Aber in einem fairen offenen Prozess

Das Atommüllproblem türmt sich zu einer Plage für die Menschheit, wie dies auch Alvin Weinberg, einer der führenden Atomwissenschaftler der Vereinigten Staaten vorausgesehen hatte. Weit über 300’000 t hochradioaktive Abfälle haben sich inzwischen aus kommerziellen Anlagen weltweit angesammelt, und jedes Jahr kommen etwa weitere 10’000 t hinzu. Der Druck wächst. Und zwar massiv. Mehr als Zeit also, sich wirklich ernste Gedanken über das strahlende Erbe zu machen.

In diesem Sinne teilen wir die Besorgnis, die da und dort geäussert wird und mitschwingt. Unsere Gesellschaft, wir alle, müssen die Verantwortung für dieses strahlende Erbe wahrnehmen, auch wenn wir uns schon früh und konsequent gegen diese zerstörerische Form der Atomtechnik wehrten.

Wir müssen nach Lösungen für die atomare Hinterlassenschaft suchen und diese umsetzen. Das Herausschieben auf Kosten von x- und aber-x-Generationen ist unannehmbar.

Es wird aber hierzulande nicht möglich sein, eine tragfähige Lösung für unsere radioaktiven Abfälle zu erarbeiten, solange die Entsorgungsgesellschaften die Interessen und den Willen der Atomwirtschaft vertreten. Was eine offene und weitsichtige Gesellschaft erreichen müsste, ist – statt Abseits zu stehen – sich dafür zu engagieren, dass das Problem der Entsorgung radioaktiver Abfälle endlich kompetent, sauber, fair und ehrlich angegangen wird. Ohne diese lärmende Begleitmusik mit ihren rosarot gefärbten PR-Kampagnen und Nebelpetarden, die den Strombezüger jährlich Millionen kosten und nichts, aber auch gar nichts zu einer Lösung beitragen.

In den nächsten 10 Jahren bahnen sich grosse Umwälzungen im Energiesektor an. Der Atompfad hat ausgedient. Und genau darum, müsste diese Gesellschaft die Verantwortung für diese Generationen übergreifende Erblast so zielgerichtet wie möglich übernehmen. Grundlage für einen Neuanfang sind aber faire Suchprozesse für Endlager, die mit grosser Ehrlichkeit und wissenschaftlicher Kompetenz geführt werden. Verfahren, die auch eine Mitsprache der betroffenen Kantone und Regionen bei der Ausgestaltung der betrachteten Lösungen gewährleisten. Wird dies nämlich nicht umgesetzt, ist zu befürchten, dass der heutige Suchprozess dort enden wird, wo alle seine Vorgänger geendet haben:

in der Versenkung. Dass dies nicht im Interesse unserer Kinder und Kindeskinder ist, liegt auf der Hand.

Wenn die Diskussionskultur verkommt

13. März 2015

Betrachtet man die letzten viereinhalb Jahrzehnte des schweizerischen Entsorgungsprogramms, so stellt man interessante Veränderungen in der Diskussionskultur fest, sowohl was den Austausch in

(11)

der wissenschaftlichen „Gemeinschaft“ wie auch in der Gesellschaft im Allgemeinen betrifft. Auf eine Phase der offenen Konflikte in den 1970er und 1980er Jahren, als es um Durchsetzung und

Umsetzung des schweizerischen Atomkraftwerkprogramms und insbesondere den Bau der Werke Gösgen, Leibstadt und Kaiseraugst ging, folgte eine Phase in den 1990er Jahren, die mehr Raum liess für eine offen geführte wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatte und Diskussion. Die

Auseinandersetzung um das Atom konzentrierte sich auf den Endlagerstandort Wellenberg.

Anderorts, auch im Zürcher Weinland, verlief die Diskussion zwischen den verschiedenen

Meinungsträgern und Gesellschaftsgruppen weitgehend stilvoll, auch wenn Grundsatzdifferenzen in der Beurteilung der Entsorgungskonzepte bestehen blieben.

Das Scheitern des Wellenbergprojektes erschütterte das Selbstverständnis der Schweizer Entsorger und der zuständigen Behörden. Im Anschluss an dieses Debakel unternahm das Bundesamt für Energie zum ersten Mal in der Geschichte der nuklearen Entsorgung in der Schweiz den Versuch, sich dem Prozess vorzuschalten und so die Standortwahl zu leiten und für gesellschaftliche Akzeptanz für und in diesem Auswahlverfahren zu sorgen. Zum ersten Mal wurde so etwas wie ein echter

partizipatorischer Prozess in die Wege geleitet, der die Regionen einband und den betroffenen Kantonen Raum und Mitsprache sicherte.

Im Hintergrund schmiedete die Atombranche derweil ihre Pläne für drei neue Werke, und die offene Diskussionskultur, wie sie auch formal von internationalen Organisationen vorgesehen ist, wurde wieder von der Realität eingeholt. Das Sachplanverfahren, in den Hinterzimmern der Nagra geschrieben, wurde von den zuständigen Behörden mehr oder weniger im Masstab 1 zu 1 übernommen und wird nun stur Etappe um Etappe umgesetzt.

Die Diskussion um die Entsorgung der radioaktiven Abfälle ist wieder da angekommen, wo sie historisch bereits war: die Atomwirtschaft und die zuständigen Behörden überhören Einwände und Befürchtungen und wischen Kritik beiseite. Es braucht enorme Kräfte, um dieses System zu bewegen.

Die offene Diskussionskultur, die längere Zeit mit Respekt und Achtung geführt wurde, beginnt darunter zu leiden. Die Gräben zwischen den unterschiedlichen Diskussionsteilnehmern wachsen. Die Debatte wird härter und unversöhnlicher. Bei den zuständigen Behörden wie dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat und dem Bundesamt für Energie zeigen sich Abschottungseffekte.

Man igelt sich ein und beginnt wieder vermehrt, den alten autoritären Stil zu pflegen. In der Kurzform: man hört Bedenken an, hört aber nicht wirklich zu, sondern entscheidet nach längst festgelegten Beschlüssen. Eine ganz schlechte und beunruhigende Entwicklung. Vor allem aber:

dieses erneute Verludern der Gesprächs- und Diskussionskultur führt nicht zur Bewältigung der vielen offenen Fragen und Probleme der nuklearen Entsorgung, die heute offen auf dem Tisch liegen.

„Safety first“ heisst auch offener Umgang mit Kritik und Bedenken, auch wenn diese den Gang des heutigen Sachplankonzeptes fundamental betrifft. Es gilt darum, die offene Kultur der

Meinungsfreiheit und den Umgang mit fundamentalen Werten der Wissenschaft – Selbsthinterfragung und Kritik – einmal mehr herzustellen, um zu verhindern, dass die

Entsorgungsprojekte wieder dort landen, wo sie in der Vergangenheit gelandet sind: nämlich in der Wand. Dies setzt hohe Ansprüche, vor allem an die leitenden und führenden Gremien dieses Verfahrens. Und man darf mit Fug und Recht erwarten, dass diese titanische Aufgabe, welche das Wohl der künftigen Generationen derart einschneidend betrifft, tatsächlich auch in einer

selbstkritischen und offenen Art und Weise angepackt wird, so wie es zahlreiche Berichte der Nuclear Energy Agency oder der Internationalen Atomenergieagentur auch einfordern.

(12)

Weinland gegen Bözberg : und wenn beide durchfallen ?

13. März 2015

Das Kernenergiegesetz ist klar (§ 30.2) : «Die in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle müssen grundsätzlich im Inland entsorgt werden». Eine Lagerung im Ausland ist gemäss Gesetz nur im Sinne einer Ausnahme und mit festen Auflagen möglich. Das heute laufende Entsorgungsprogramm bzw.

der «Sachplan nukleare Entsorgung» sollen deshalb zu einem geologischen Tiefenlager aller radioaktiven Abfallkategorien in der Schweiz führen. In Etappe 2 des Sachplans wurden im Januar 2015 von der Nagra – wie erwartet (siehe Nagra Aktennotiz AN 11-711) – zwei mögliche

Lagerstandorte vorgeschlagen (Bözberg und Zürcher Weinland). Daraus soll in Etappe 3 der definitive Vorschlag mit Rahmenbewilligungsgesuch für je ein Lager für beide Abfallkategorien entstehen.

Sind damit der Bözberg und/oder das Weinland für ein Lager fest gesetzt? Geht es wirklich nur noch darum, die beiden Standorte bzgl. Langzeitsicherheit miteinander zu vergleichen?

Die Sachlage ist etwas komplizierter. Einerseits ist es denkbar, dass die Sicherheitsbehörde ENSI, oder die Bewilligungsbehörde Bundesrat in den Prozess eingreift, sei es mit ergänzenden sachlichen Forderungen, oder politisch motivierten Entscheiden, z.B auf Druck der betroffenen Kantone. Aber auch rein sachliche Motive könnten noch immer zum Aus für beide Standorte führen. Folgende Fakten könnten namentlich zu einem definitiven Projekthalt führen :

Der Machbarkeitsnachweis (Entsorgungsnachweis) fällt dahin:

• Für schwach und mittel radioaktive Abfälle (SMA) wurde der Entsorgungsnachweis im Jahr 1995 am Oberbauenstock, mit den sogenannten „Valanginianmergeln“ als Wirtgestein erbracht. Heute soll das Projekt im Opalinuston realisiert werden. Problem: bautechnisch und bezüglich der Langzeitsicherheit ist der Opalinuston weniger stabil. Er bietet als Barriere gegen radioaktive Stoffe andere Vorteile, ist aber bezüglich der Stabilität offener Stollen heikler als die Valanginianmergel. Dazu kommt die Gasproblematik, die besonders im Opalinuston schwer zu bewältigen ist. Im Opalinuston müsste der Entsorgungsnachweis deshalb mit neu dimensionierten Anlagen und Abfallbarrieren und einem entsprechenden Betriebskonzept neu erbracht werden. Auch die Zugangsanlagen müssten sicher angepasst und Abfälle entsprechend konditioniert werden. Alle Dimensionen (Lagerstollen,

Betriebsanlagen, Abfallgebinde) müssten dabei wohl gegenüber dem heutigen Projekt schrumpfen.

• Für hoch radioaktive Abfälle erfolgten seit dem Entsorgungsnachweis (Jahr 2002) im Opalinuston im Zürcher Weinland wesentliche Projektänderungen, welche das

Barrierensystem stark veränderten. War im ursprünglichen Entsorgungsnachweis praktisch ein direkter Einbau der Lagerbehälter in Bentonit und die Einbringung dieses Tonminerals in den nackten (oder allenfalls mit etwas Spritzbeton konsolidierten) Opalinuston vorgesehen, so werden heute im Labor Mont Terri Experimente durchgeführt, in denen zur

Konsolidierung der Stollen massive technische Barrieren getestet werden. Dabei werden bedeutende Mengen Stahl und Beton eingesetzt, die sowohl die Durchlässigkeit des Opalinustons beeinflussen, als auch die chemischen Reaktionen im Nahfeld des Lagers. Die dem Entsorgungsnachweis zu Grunde gelegten Bedingungen sind damit nicht mehr

eingehalten und der Nachweis fällt dahin.

(13)

Die Langzeitszenarien für die geologische Sicherheit erweisen sich als zu riskant:

• Im Zürcher Weinland könnte sich beispielsweise die mögliche Erosion durch Gletscher als grosses Risiko erweisen. Muss in der nähern Umgebung mit dem Abtrag einer Deckschicht von etwa 200 m über dem Lagerstandort gerechnet werden, so ist zu prüfen, ob die

verbleibende Überlagerung noch genügend Schutz bietet, und ob die Grundwasserzirkulation nicht in unvorhersehbarer Weise verändert werden kann und die Lagersicherheit bedrohen kann.

• Am Bözberg könnten sich z.B. Fragen bezüglich der Risikozunahme bei der Gewinnung von Ressourcen stellen (fossile Kohlenwasserstoffe, Geothermie), oder die Zunahme der Risiken bei der Konstruktion neuer Kommunikationswege (Swissmetro, u.a.m.).

Trifft eines, oder treffen mehrere dieser (oder anderer) entscheidenden Szenarien ein, wird sich die Schweiz mit der Frage konfrontiert sehen, ob denn die gesetzliche Auflage überhaupt eingehalten werden kann. Denn es ist sehr wohl vorstellbar, dass die Antwort auf diese wissenschaftliche und ethische Frage negativ ausfallen könnte. Und gerade in diesem Punkt ist eine möglichst baldige Antwort erforderlich! Sowohl was die Eignung der Standorte betrifft wie auch die energiepolitische Antwort.

60 Jahre plus …

20. März 2015

… bis ein Endlagerstandort in der Schweiz bezeichnet ist und weitere rund 30 Jahre, bis ein solcher validiert ist. Die Performance der bisherigen Leistungen ist erschreckend. Doch das Programm der Atomwirtschaft lautet weiterhin: Entsorgung verschieben, verschieben, verschieben …

Verschieben, verschieben und nochmals verschieben … auf Kosten der künftigen Generationen

Die nukleare Entsorgung ist das grosse Sorgenkind der Kernenergie. Während Jahrzehnten vernachlässigt, wird die Entsorgung zu Beginn der 1970er Jahre aufgrund des politischen Drucks der atomkritischen Öffentlichkeit hin von den Kernkraftwerkbetreibern aufgegriffen. 1972 gründen die schweizerischen Abfallverursacher die Nationale Genossenschaft für die Lagerung von radioaktiven Abfällen (Nagra), die zunächst nur die Suche nach Standorten für schwach- und mittelaktive Abfälle aufnimmt. In den Jahren 1975 bis 1978 werden die Verträge mit den ausländischen Wiederaufarbeitungsanlagen neu

ausgehandelt, mit dem Ergebnis, dass die von der Schweiz gelieferten hochradioaktiven verglasten Abfälle und die abgebrannten Brennelemente aus den Atomkraftwerken wieder zurückzuführen sind. Damit muss die Schweiz auch Standorte für die hochradioaktiven Abfälle finden.

1978 publiziert die schweizerische Energiewirtschaft ihr Konzept für die nukleare Entsorgung. Es ist ehrgeizig: bis 1985 sollen die Standorte für die damals drei Abfallkategorien vorliegen, in den 1990er Jahren könnte bereits ein Endlager für hochaktive Abfälle den Betrieb aufnehmen. Der damalige Zeitplan im Anhang A6-25b des Konzepts (Figur 1) platzt aber wie eine Seifenblase (siehe Tabelle 1) [1]. Wie alle überhastete Zeitpläne, die seither von der Nagra präsentiert wurden.

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Figur 1: Nagra Zeitplan „Gewähr 1985“, aus Nagra 1978, Die nukleare Entsorgung Schweiz

Im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager wurde diese Tradition der unrealistischen Zeitpläne fortgesetzt. Zunächst hiess das Ziel ein Rahmenbewilligungsgesuch bis 2014, dann wurde der Zeitpunkt 2014/2016 genannt, im nächsten Schritt war von 2016/2018 die Rede. Danach musste wieder korrigiert werden auf 2022/2024. Und nun ist man seit Frühjahr 2014 mindestens im Jahr 2027 angelangt. Von x- Seiten wurde vor dieser Entwicklung gewarnt. Die zuständigen Behörden überhörten diese Warnungen durchs Band bis zum Winter 2014! Und rechtfertigten diese Kette von Zeitverzögerungen damit, dass „die einzelnen Schritte mit Sorgfalt und Seriosität angegangen werden“.[2]

Währenddem schwierige Grossprojekte wie die Neat-Röhren des Simplon und des Gotthards zeitexakt umgesetzt wurden und für die Planungsqualität dieser Jahrhunderbauwerke sprechen, kommt das Entsorgungsprogramm Schweiz nicht wirklich vorwärts. Während Berlins Bürgermeister Wowereit für die Planungskatastrophe des neuen Flughafens seinen Sitz räumen musste, wursteln unsere Verantwortlichen weiter, als ob nichts geschehen wäre. Die Projektleitung beim Bund ist in Sachen Steuerung überfordert und klammert sich in ihrer Hilflosigkeit an eine buchstabengetreue Umsetzung des Sachplankonzepts (siehe Bibel). Beim Ensi will man immer noch nicht begreifen, dass eine gute und effiziente Kontrolle auch Intervention und Anmahnung heisst, wenn ein Projekt so aus dem Ruder läuft. Und bei den Werken will man sich nicht bewusst werden, dass mit dem heutigen Leitungsteam der Nagra der nächste Crash vorprogrammiert ist. Nichts lernen aus den vergangenen Misserfolgen scheint die Devise. Mit Stur- und Starrheit in die nächste Wand. Das war schon immer das Los aller unter diesen Voraussetzungen geplanten und eingeleiteten Programmen der Nagra, vom Kristallin bis zu den Valanginienmergeln und dem Wellenberg, vom Anhydrit bis zur Unteren Süsswassermolasse.

Das Nachsehen dieses Verschiebungsspiels haben die künftigen Generationen. Seit über vierzig Jahren sucht die Nagra Standorte für Endlager für radioaktive Abfälle. Bestenfalls in 20 Jahren wird es soweit sein, dass der Bundesrat über Standorte definitiv entscheidet und Testbereiche in der Tiefe erschlossen werden können. Dauer der Wahl eines Standorts: 60 Jahre plus. Eine solche Performance von Nagra und verantwortlichen Behörden spottet jeder Beschreibung. Wenn das nicht ein Herausschieben auf Kosten der künftigen Generationen ist!

[1] Entsorgungsprogramm_Beilage_zur_KNS-Stellungnahme [2] Newsletter Tiefenlager des Bundesamts für Umwelt, August

2014, http://www.bfe.admin.ch/radioaktiveabfaelle/01277/01309/01328/index.html?lang=de&dossier_i d=05183

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Gletschererosion: ein Vergleich

20. März 2015

Der Abtrag der geologischen Deck- und Schutzschichten über einem geologischen Tiefenlager für radioaktive Abfälle ist einer der bedeutenden Risikofaktoren für Entsorgungsanlagen in der Schweiz.

Bei der Risikoanalyse für derartige Ereignisse die sich in der Zukunft zutragen könnten, vergleicht man mit der Gletschererosion während früheren Eiszeiten. Dabei stösst man allerdings an die in der Geologie oft angetroffene Schwierigkeit, dass über fehlende Schichten und Gesteinsvolumen nicht viel Sicheres ausgesagt werden kann. Diese Schwierigkeit besteht auch für die durch die Nagra vorgeschlagenen Lagerstandorte in der Nord- und Ostschweiz. Im ehemals durch den Rhonegletscher bedeckten Gebiet der Westschweiz gibt es wissenschaftliche Informationen, die einen Hinweis auf die Grössenordnung der Gletschererosion geben können. Diese sollen hier kurz dargestellt werden.

Abbildung 1: Ablagerungen eines ehemaligen Deltas bei Ecoteaux. Der Oberrand des Deltas liegt auf 800 m Höhe. Dies entspricht dem Spiegel des ältesten bekannten Seebeckens im Genferseegebiet.

Einen erster Hinweis auf die Wichtigkeit der Tiefenerosion durch den Rhonegletscher findet man im weiten Genferseebecken, etwa zwischen Palézieux und Lausanne. Oberhalb Palézieux, nahe dem Dorf Ecoteaux, erforschte in den 1990-er Jahren ein Team von Geologen und eine

Paleobotanikerin[1] alte Seesedimente. Als erstes fanden sie ein ehemaliges Seedelta (Abbildung 1), welches auf einen Seespiegel auf 800 m Höhe hinweist. Von diesem Delta aus blickt man gegen

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Westen über den Genfersee hinweg und gegen Norden entdeckt man den Faltenjura. Etwas

unterhalb des Dorfes stehen in einem kleinen Tal die fein geschichteten sandigen Sedimente aus dem zugehörigen Seebecken an (Abbildung 2). Sie sind einer kompakten Grundmoräne eines alten

Vorstosses des Rhonegletschers überlagert, welche ihrerseits über einem noch älteren Seesediment und einer ersten Grundmoräne gleich über dem Molassefels liegt. Der Molassefels liegt auf einer Höhe von 700 m.

Abbildung 2: Fein laminierte Sedimente aus dem Seebecken von Ecoteaux. Pflanzenreste und Pollen weisen auf ein warmes Klima zur Zeit dieses Sees vor mehr als 700’000 Jahren hin.

Bis heute sind dies die ältesten Zeugen der Existenz eines Sees im Genferseegebiet. Untersuchungen an Sedimentproben zeigen, dass die Grundmoräne an der Basis der oberen Seesedimente von Ecoteaux zur Zeit einer Umkehrung des magnetischen Feldes der Erde entstand. Falls es sich um die letzte Umkehrung handelt, so wäre dies in der magnetischen Zeittabelle der Wechsel der

sogenannten Matuyama zur Brunhes-Zeit, die sich gemäss der Internationalen Kommission für Stratigraphie vor 780’000 Jahren zugetragen hätte (ältere Datierungen gaben für diese Grenze 730’000 und 760’000 Jahre). Dies wäre also der Ausgangspunkt der Erosion.

Gehen wir der tiefsten Eintalung im Genfersee auf den Grund, so finden wir die Felsoberfläche im Seebecken vor der Stadt Lausanne etwas unter Meereshöhe (Abbildung 1). Sie stammt aus der letzten Eiszeit, vermutlich zur Zeit der letzten maximalen Ausdehnung des Rhonegletschers vor etwa 20’000 Jahren. Während dem Gletscherrückzug und in der Zeit bis heute lagerten sich über der Felsoberfläche wieder etwa 70 m Sedimente ab. Folgt man der Felsoberfläche im Oberteil des Genfersees und ins Rhonetal Richtung Wallis, so fällt diese vorerst auf 200 m unter das Meeresniveau, und sodann auf minus 400 m ab.

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Generell stellen wir also fest, dass zwischen dem bei Ecoteaux sichtbaren ehemaligen Seegrund und der Felsoberfläche unter dem Oberteil des Genfersees etwa 1000 m Höhenunterschied bestehen.

Diese entsprechen mit grosser Wahrscheinlichkeit der Erosion die der Rhonegletscher innerhalb der letzten 780’000 Jahre schaffte, was etwas mehr als 200 m Tiefenerosion für jede grössere Eiszeit entsprechen würde.

Diese Überlegungen sind trotz aller Wissenschaftlichkeit auch mit Unsicherheiten behaftet und beruhen auf Argumenten an einem einzigen Standort. Weitere Argumente zur Bestätigung oder eventuellen Relativierung sind deshalb notwendig. Eine solche Argumentation liefern

Geomorphologen und Geochronologen, die mit Hilfe von „geologischen Thermometern“ zeigen, dass das Rhonetal in den Profilen von Visp und Martigny im Verlauf der letzten Million Jahre um 1 bis 1.5 km durch den Rhonegletscher erodiert wurde[2]. Das Ost-West verlaufende Rhonetal folgt der Achse der Alpen, in der sich die Erosion und die tektonische Heraushebung etwa im Gleichgewicht halten.

Abbildung 3: Geschichte des Talquerschnitts des Genferseebeckens vom ersten bekannten See in Ecoteaux (vor mehr als 700’000 jahren) bis heute (Girardclos et al. 2015 nach Wildi & Pugin 1998 ) Die Beispiele aus dem Genferseebecken und dem Walliser Rhonetal können nicht einfach auf die Nord-und Ostschweiz, etwa auf die Standorte am Bözberg und im Weinland übertragen werden. Sie zeigen aber die Grössenordnung möglicher Tiefenerosion durch die Gletscher, die offensichtlich bei entsprechenden Bedingungen in einer einzigen Eiszeit ohne weiteres 200 m und mehr erreichen kann. Die Frage der Tiefenerosion an den durch die Nagra ausgewählten Standorten wird uns in kommenden Blog Beiträgen weiter beschäftigen.

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[1] Pugin, A., Bezat, E., Weidmann. M. & Wildi, W. (1993): Le bassin d’Ecoteaux (Vaud, Suisse):

Témoin de trois cycles glaciaires quaternaires. Eclogae geol. Helv. 86/2, 343-354

[2] Valla P.G., Van der Beek P.A., Shuster D.L., Braun J., Herman F., Tassan-Got L. & Gautheron C.

(2012): Late Neogene exhumation and relief development of the Aar and Aiguilles Rouges massifs (Swiss Alps) from low-temperature thermochronology modeling and 4He/3He thermochronometry.

Journal of Geophysical Research – Earth Surface 117, p. F01004, 2012.

[1] Girardclos, S., Corboud, P. & Wildi, W. (2014) : Limnogeological cruise on Lake Geneva : geological history of the Lake Geneva basin and human settlements: University of Geneva, Section des Sciences de la Terre et de l’Environnement, Geneva (Switzerland).

[1] Wildi, W. & Pugin, A. (1998): Histoire géologique du relief du Bassin Lémanique. Archs Sci.

Genève, vol. 51, fasc. 1, p. 5-12.

Verantwortung – eine unangenehme Frage

3. April 2015

„Dieses Museum ist nicht eine Antwort, es ist eine Frage“ steht auf der Frontseite des Museums- Führers, die Besucher des US Holocaust Memorial Museum in Washington DC erhalten. Und schiebt gleich nach: „Was ist Ihre Verantwortung, jetzt, nachdem sie es gesehen haben, jetzt wo Sie es wissen“?

Die Frage gilt nicht nur für kriegerische Auseinandersetzungen und für mörderische

Auslöschungskampagnen. Sie gilt für alle Tätigkeiten, die anderen Menschen Leid und Tod bringen können. Und in diesem Sinne auch für den Einsatz aller Technologien mit hohen Risiken und langer Laufzeitdauer, wie etwa die Atomtechnik und mit ihr die nukleare Entsorgung.

Die nukleare Entsorgung stellt eine neue Dimension von Herausforderung dar, was die Übernahme der Verantwortung betrifft. Im Gegensatz zu allen anderen, rascher ablaufenden Prozessen gilt es in diesem Bereich Generationen übergreifende Entwicklungen sicherzustellen. Anders gesagt, braucht es Stabilität, um Kontinuität zu gewährleisten. Stabilität politischer und wirtschaftlicher Systeme sowie Stabilität der Institutionen, wie sie bisher noch nie in diesem Umfang umgesetzt worden sind.

Damit stellt sich auch die Frage nach Verantwortung neu und viel dramatischer, als dies bei allen bisherigen menschlichen Tätigkeiten der Fall war.

Es gilt sicherzustellen, dass Atomwaffen auf eine minimale Bedrohungsstufe zurückgefahren werden.

Dass nur noch inhärent sichere Reaktoren betrieben werden können. Dass nicht ein System des rollenden Dauerhütens installiert wird, also Provisorien für das „ewige“ Verschieben. Was die gleichzeitige Lösung der nuklearen Entsorgung bedingt.

Wir erleben aber etwas ganz anderes. Die atomare Abrüstung kommt nur schleppend voran.

Inhärent sichere Reaktoren gibt es nur auf dem Papier, und die Diskussion bewegt sich gegenwärtig auf die Langzeitverlängerung des Betriebs der altgedienten Reaktoren bis auf insgesamt 100 Jahre. Die bisherigen Entsorgungs-Projekte sind eins nach dem anderen havariert, zum Teil so schwer, dass eine Totalsanierung der Lager erforderlich wäre. Morsleben und Asse, neuerdings das WIPP. Alle oberflächennahen Deponien für SMA sind Sanierungsfälle. Alle. Eine LöErosion im Weinland im Verlaufe der Eiszeiten (II)

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Wie im Blog vom 27. März 2015 dargestellt, wurden im Weinland an bestimmten Stellen (tiefste Gletscherrinnen) im Verlauf der letzten etwas mehr als 700’000 Jahre 500 bis 600 m Gestein durch den Rheingletscher wegerodiert. Da stellt sich, namentlich mit Blick auf ein eventuelles Lager für radioaktive Abfälle die Frage, wie diese Gletschergeschichte nun weiter gehen könnte.

Hätte ein Geologe vor 700’000 Jahren auf der Flussterrasse gestanden die man heute „Obere Deckenschotter“ nennt, so hätte er sich die heutige Landschaft, vier Eiszeiten später, schwerlich vorstellen können. Heute haben wir etwas mehr Erfahrung, was Gletscher vollbringen können. Hier einige Beobachtungen die von Bedeutung sein können:

• Die stärksten Talerosionen finden wir im Bereich des Austritts der Haupttäler aus den Alpen, also nahe der Alpenfront. Hier wurden im Verlauf der letzten vier grossen Eiszeiten innerhalb von etwas mehr als 700’000 Jahren bis zu 1000 m Gestein abgetragen (siehe Blog vom 20.

März 2015 zum Rhonetal). In diesem Bereich finden sich die Alpenrandseen (Genfer-, Thuner-, Vierwaldstätter- und Bodensee) .

• Mit zunehmender Distanz zur Alpenfront steigt die Felsoberfläche unter den Seebecken allgemein an; die Erosion ist also geringer.

• Kommt man aber in den distalen Bereich der Gletscherzungen, nahe dem ehemalige Frontalbereich, so finden sich wieder starke Übertiefungen. Dies ist etwa der Fall der tiefen Rinne im Thurtal und des Ausläufers von Andelfingen, der sich in Richtung Marthalen fortsetzt. Der tiefste bekannten Punkt in diesem Rinnensystem liegt bei Dätwil, wo eine Bohrung die Felsoberfläche bei 75 m über dem Meeresspiegel nicht erreichte (Von Moos 2009). Generell liegen ansonsten die tiefen Zonen der Rinnen eher zwischen 200 und 300 m über Meer.

• Solche Übertiefungen bleiben nicht unbedingt auf schmale Rinnen und Kolke beschränkt. Sie können sich im Verlaufe der Eiszeiten zu weiten Seebecken ausdehnen. Schöne Beispiele hierfür sind in der Schweiz die drei Juraseen (Neuenburgersee, Bielersee, Murtensee, Abbildung 1). Diese wurden durch den Rhonegletscher ausgeräumt, der vorher, aus dem Genferseebecken kommend, die Felsschwelle von Cossonay überflossen hatte und im Bereich der Juraseen bereits ausgedünnt war.

Seenlandschaft am Jura-Südfuss

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Betrachtet man diese Fakten, so kann man sich gut vorstellen, dass in künftigen Eiszeiten die bestehenden Rinnen weiter erodiert werden, sich also weiter in der heute vorgegebenen Richtung ausbreiten werden. Es ist aber auch denkbar, dass je nach Wichtigkeit der kommenden Gletscher, die Täler zu Seebecken ausgeweitet werden. Das Bodenseebecken könnte auf diese Weise weiter in Richtung Schaffhausen und darüber hinaus wachsen. Ebenso könnte sich das Thurtal bei Andelfingen in Richtung Marthalen und Rheintal ausweiten und sich zu einem grösseren Seebecken entwickeln, wobei der Felsgrund weiter um etliche hundert Meter in die Tiefe erodiert werden könnte.

Was bedeutet dies nun für die Standortwahl für Lager für radioaktive Abfälle?

Die Abbildung 2 zeigt die Tiefenlage des heutigen Wirtgesteins und der Lagerebene unter dem Weinland. Weiten künftige Vergletscherungen die Rinne von Andelfingen zu einem Seebecken aus und postuliert man eine weitere Tiefenerosion um bis zu 500 m, so erkennt man, dass die

geologische Schutzschicht an diesem Standort weitgehend oder vollständig weg erodiert ist. Das radioaktive Abfalllager läge dann nahe der Erdoberfläche oder könnte im schlimmsten Fall sogar frei gelegt sein.

Tiefenlage des heutigen Wirtgesteins und der Lagerebene unter dem Weinland

Somit wird klar, dass das Kriterium der Gletschererosion im Falle des Weinlandes bei Betrachtung der ganzen erforderlichen Einschlusszeit der Abfälle von etwa einer Million Jahre (für hoch

radioaktive Abfälle) kaum eingehalten werden kann. Damit kann man sich wohl auch die durch die Nagra gewählte Schutzzeit von bloss 100’000 Jahren erklären. Diese Einschränkung steht allerdings in Widerspruch zum Kernenergiegesetz, Artikel 30: “Radioaktive Abfälle müssen so entsorgt werden, dass der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist.“

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Die Fortsetzung dieses Artikels wird auf die Situation am Bözberg eingehen.

sung der Abfallfrage ist weiter weg denn je. Die Wirtschaftlichkeit der Atomenergie ist gerade nur noch ein Lippenbekenntnis. Und doch fahren unsere Gesellschaften mehrheitlich auf den alten Geleisen weiter, als ob nichts wäre.

Ein Ausstieg? Höchstens zögerlich, obschon die Alarmglocken der Wirtschaftlichkeit und die sich anbahnenden Schäden bei der Entsorgung zum Himmel schreien. Korrekturen oder Ausstieg für falsch aufgegleiste Projekte? Gibt es nicht. Die Verantwortlichen fahren ein Projekt nach dem anderen an die Wand. Und das Schlimmste: die Zwischenlagerung der Abfälle weitet sich zeitlich wie mengenmässig aus, unter zum Teil himmelschreienden Sicherheitsbedingungen. Dauer unbestimmt.

Gleichzeitig produziert die Nukleargemeinschaft Berge von Papiertigern, in der die öffentliche Meinung und jene der politisch Verantwortlichen beruhigt werden soll.

„Dieses Museum ist nicht eine Antwort, es ist eine Frage“ steht auf der Frontseite des Museums- Führers, die Besucher des US Holocaust Memorial Museum in Washington DC erhalten. Und schiebt gleich nach: „Was ist Ihre Verantwortung … jetzt wo Sie es wissen“?

Diese Frage werden wir wieder stellen. Regelmässig und laut.

Referenzen

Nagra 2014: Sicherheitstechnischer Vergleich und Vorschlag der in Etappe 3 weiter zu untersuchenden geologischen Standortgebiete. SGT Etappe 2: Vorschlag weiter zu untersuchender geologischer Standortgebiete mit zugehörigen Standortarealen für die Oberflächenanlage, Sicherheitstechnischer Bericht zu SGT Etappe 2. Anhang.

Von Moos AG 2009: Sachplan Geologische Tiefenlager (SGT) Etappe 1: Beurteilung der glazialen Tiefenerosion im Rahmen der Festlegung der geologischen Standortgebiete. Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, 8600, 24 S.

Als die Gletscher über den Bözberg zogen

10. April 2015

Soweit Geologen dies im Feld beobachten können, lag der Bözberg einzig während der „Risseiszeit“

(auch „Grosse Eiszeit“ genannt), vor mehr als 120’000 Jahren unter dem Eis. Die vereinigten

Alpengletscher erreichten damals Möhlin im Rheintal, 15 km oberhalb Basel. Dabei war der Gletscher in Sachen Erosion nicht sehr effizient. Auf dem ganzen Höhenzug von Linn bis Oberbözberg findet man die Zeugen der ganzen geologischen Schichtabfolge, bis zu den Malmkalken des Obern Jura und gar Schichten der Molasse. Die jüngste Molasse wird durch die Glimmersande gebildet, die westlich des Dorfes Linn, in einer kleinen Sandgrube erschlossen sind (F. Hofmann 1969). Diese Sande stammen aus der späten Miozänzeit, vor etwa 10 Millionen Jahren, als ein Stromsystem aus den Ostalpen gegen Westen floss und das Erosionsmaterial bis in den Bereich des heutigen Tafeljura transportierte. Hier findet man heute den Sand, kaum zementiert (verhärtet) und im Schatten der nördlichsten Kette des Faltenjura vor der Gletschererosion bewahrt.

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Stärkere Erosion und auch Sedimentablagerungen aus der Risseiszeit findet man im unteren Aaretal beim Zusammenfluss von Aare und Rhein, etwa auf dem „Strick“ zwischen Leuggern und Leibstadt und im „Ruckfeld“, zwischen Würenlingen, Endingen und Döttingen (Bugmann 1958, Haldimann et al.

1984). Alles in allem gibt es in diesen Regionen kaum Übertiefungen der Felssohle durch Gletschererosion.

Wie wird dies nun in künftigen Eiszeiten weiter gehen? Nun, „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ (Mark Twain, 1835-1910). Allerdings spricht einiges dafür, dass Gletscher, sollten sie je wieder so weit nach Norden vordringen, ihre Erosionskraft vor allem an Stellen ausüben werden, wo sie Dank der vorgeprägten Täler am mächtigsten sind. Dies sind das Aare- und das Rheintal.

Aber: Reicht uns diese Sicherheit für die Anlage eines geologischen Tiefenlagers für hoch radioaktive Abfälle? Oder soll man so weit gehen zu fordern, dass Regionen in welchen eiszeitliche Gletscher in der Vergangenheit die Landschaftsgeschichte geprägt haben, als Lagerstandorte ausgeschlossen werden? Dieser Frage werden wir in weiteren Beiträgen, auch unter Betrachtung der Situation in Skandinavien und Deutschland nachgehen.

Abbildung: Die Basis des Mont Miné Gletschers (Wallis) über seiner Grundmoräne. Gletscher erodieren ihren Untergrund nicht immer, und selbst unverfestigtes Material von Sand und Ton (im

vorliegenden Fall mit Steinen und Blöcken) kann in gewissen Situationen der Erosion entgehen.

Referenzen

Bugmann, E. 1958: Eiszeitformen im nordöstlichen Aargau. Mitt. aargau. natf. Ges. 25, 4-94.

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Haldimann, P., Naef, H. & Schmassmann, H. 1984: Fluviatile Erosions- und Akkumulationsformen als Indizien jungpleistozäner und holozäner Bewegungen in der Nordschweiz und angrenzenden Gebieten. Nagra, technischer Bericht, 287 S.

Hofmann, F. 1969: Neue Befunde über die westliche Fortsetzung des beckenaxialen Glimmersand- Stromsystems in der Oberen Süsswassermolasse des schweizerischen Alpenvorlandes. Eclogae geol.

Helv. 62/1, S. 279-284.

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Ressourcenkonflikte

17. April 2015

Wir leben von den Ressourcen die uns die Natur zur Verfügung stellt. Nach der letzten Eiszeit verwendeten die ersten Bewohner die unser Land vor ca. 13’000 Jahren fest besiedelten Holz zum Hüttenbau und als Energieressource, sie tranken Wasser, pflückten Beeren und Früchte aus der reichen Pflanzenwelt (man spricht heute viel von Biodiversität) und jagten das Grosswild. Auch ihr Lebensraum (Territorium) war eine unabdingbare Ressource. Mit dem Übergang zum Landanbau gesellte sich der landwirtschaftliche Boden hinzu. Minenressourcen erlaubten den Übergang zur Bronze- und später zur Eisenzeit. Die Industrierevolution des 19. Jahrhunderts beruhte zu einem Großteil auf der Nutzung effizienterer Energieressourcen, namentlich der Wasserkraft, der Stein- und der Braunkohle. Das 20. Jahrhundert war jenes der hemmungslosen Ausbeutung der

Kohlenwasserstoffe (Erdgas und Erdöl, sowie Weiterverwendung von Kohle), sowie von Uran.

Heute fahren wir mit dem Raubbau der erschöpfbaren, in nützlicher Zeit nicht erneuerbaren

Ressourcen weiter. Gleichzeitig werden erneuerbare Energieressourcen wie Sonne, Wind und Wasser entwickelt, bzw. weiter genutzt. Die moderne Industrie verwendet neue Minenressourcen, z.B.

sogenannte seltene Erden. Landwirtschaftsboden wird weltweit zu einem gesuchten Gut und der Wert des Wassers nimmt vielerorts ständig zu. Gleichzeitig steigt die Nutzung des Territoriums durch Besiedlung und Infrastrukturen, sodass wir vermehrt in den geologischen Untergrund ausweichen:

Verkehrswege (z.B. Projekt Swissmetro), Kommunikationslinien, Transportleitungen, etc. werden unterirdisch geplant und gebaut. Konventionelle und chemische Abfälle werden in ehemaligen Minen, Gruben und Steinbrüchen deponiert.

So kommt es, dass die langfristige Lagerung von radioaktiven Abfällen im tiefen geologischen Untergrund zu Konflikten mit andern Nutzungen führen muss. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle Rohstoffe, so selten sie sind und so tief sie auch liegen mögen, an Wert zulegen und irgendwann einmal in der Zukunft auch wirklich ausgebeutet werden: sei dies in wenigen Jahren, innerhalb der kommenden Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende. Dies können weder Napoleonische Regale noch moderne Gesetze verhindern.

Im Umfeld eines geologischen Tiefenlagers mit radioaktiven Abfällen kann sich das Risiko für Mensch und Umwelt bei der Nutzung von Naturressourcen erhöhen. Dabei können mindestens drei

Szenarien unterschieden werden:

• Das Wirtsgestein selbst, in dem das Abfalllager liegt, wird als Rohstoff abgebaut. Dieser Fall wird etwa für Abfalllager in Salzstöcken (z.B. in Gorleben in Deutschland) diskutiert. Für den Opalinuston, der sich unter dem ganzen Nordteil der Schweiz, von Konstanz bis

Genf erstreckt, scheint die Frage weniger wichtig, da offensichtlich nicht von Seltenheit gesprochen werden kann und vergleichbare Gesteine in Hülle und Fülle an und nahe der Erdoberfläche vorkommen.

• Die Ressource liegt über dem Lager für radioaktive Abfälle. Bei ihrer Nutzung wird die geologische Schutzschicht über dem Lager geschwächt. Dies kann etwa den Abbau von Steinen und Erden zur Gewinnung von Baustoffen (z.B. für eine Zementfabrik) betreffen.

Denkbar ist auch eine Schwächung durch den Bau von Tunnels oder die Nutzung der Erdwärme mit Erdsonden, welche die Grundwasserverhältnisse, also den Durchfluss von Grundwasser verändern können.

• Am kniffligsten ist der Fall, wo Rohstoffe, Wasser- und Energieressourcen unterhalb des nuklearen Abfalllagers liegen. Oft sind diese Vorkommen noch nicht im Detail bekannt und ihr Nutzungspotential daher noch schwer einzuschätzen. Hingegen wissen wir meist schon

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heute, welches die Folgen einer Nutzung wären und mit welcher Art von Einfluss auf das geologische Tiefenlager gerechnet werden müsste.

Diesen Fragen werden wir in den kommenden Blogs für die durch die Nagra vorgeschlagenen Standorte Weinland und Bözberg, und zur Ergänzung auch für den Standort im Norden der Lägern eingehen.

Gips (chemisch CaSO4* 2H2O) wurde bis weit ins 20. Jahrhundert in zahlreichen Gruben und Grübchen im Jura als Rohstoff ausgebeutet und zur Verbesserung des Bodens und als Baustoff genutzt. In der geologischen Tiefe tritt Gips in seiner wasserfreien Form als Anhydrit auf (chemisch CaSO4) auf. Er wird in industriell größerem Maßstab als Zuschlag zu Zement abgebaut. Am Ende der 1960er und am Anfang der 1970er Jahre wurden in der Schweiz Anhydritgruben und vermutete Vorkommen dieses Gesteins in der Tiefe der Gipsaufschlüsse als Standorte für Endlager für schwach radioaktive Abfälle erkundet. Stollenaufnahmen und Sondier Bohrungen wurden namentlich in der Grube Felsenau und an der Wandflue (beide in der Nähe von Leibstadt im Tafeljura) und im Val Canaria (bei Airolo) durchgeführt. Die Option wurde aber um 1978 aufgegeben. Es handelt sich um einen interessanten Fall in Zusammenhang mit der Frage des Ressourcenkonfliktes.

Export der radioaktiven Abfälle? Sicher nicht so!

17. April 2015

Zum Artikel der NZZ vom 14. April 2015

„An den Export von AKW-Abfällen denken, Kritik an der Doktrin des Bundes“: so lautet die

Überschrift des Artikels der NZZ in ihrer Ausgabe vom 14. April 2015. Und warum denn plötzlich an den Export von Atommüll denken, wenn dies im Kernenergiegesetz, Art. 30, grundsätzlich nicht so vorgesehen ist?

Die Gründe sind einfach nachzuvollziehen. Die AKW-Branche ächzt unter der Last vergangener Fehlplanungen und den nun daraus erwachsenen finanziellen Konsequenzen. Nicht nur haben es die Energiekonzerne verschlafen, rechtzeitig in die erneuerbaren Energietechnologien zu investieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, sie haben sich in der Vergangenheit geradezu im Nuklearpfad verbohrt. Eine jahrzehntelange Politik der Scheuklappen mit desaströsen Konsequenzen. Auch finanziell. Die Aktien der Alpiq sind seit ihrem Maximalstand vor sieben Jahren um 90% getaucht. [1]

Axpo schreibt tiefrote Zahlen: 1.5 Milliarden Abschreibungen im Jahr 2014, wobei gemunkelt wird, dass diese um 800 Millionen zusätzlich geschönt worden seien und der effektive Abschreiber 2.3 Milliarden betragen würde. Die Eigentümer dieser Geld-Vernichtungsmaschinen – die besitzenden Kantone und Gemeinden – werden dafür finanziell noch schwer bluten. Und dies umso mehr, als die Reserven für die Stillegung und Entsorgung völlig unzureichend sind.

Die Stilllegungs- und Entsorgungskassen sind nämlich massiv unterdotiert. Nur 5.3 Milliarden wurden effektiv einbezahlt, von den laut Kostenstudie 2011 benötigten 20.65 Milliarden[2]. Die

Eidgenössische Finanzkontrolle hat deshalb letztes Jahr interveniert. [3] Die inzwischen in aller Eile durchgepeitschten Korrekturen – Revision Verordnung Stilllegungs- und Entsorgungsfonds,

Herabsetzung der Nominalrendite der Anlagen von 5% auf 3.5%, Teuerungsrate 1.5% usw. – sollten die kapitalmässig unterdotierten Fonds wieder ins Lot bringen. Aber auch dieser um 30%

aufgestockte Sicherheitszuschlag ist nur ein Tropfen auf den im wahrsten Sinne „heissen“ Stein. Die

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Laufzeiten der Zwischenlager müssen verlängert werden, um mindestens 20 Jahre. Was auch heisst:

20 Jahre Zusatzfinanzierung der Nagra, was in Anbetracht der Durchschnittskosten der letzten 40 Jahre etwa 600 Millionen Franken Mehrkosten in 20 Jahren verursachen wird. Die Extrapolation der jährlichen Betriebskosten des Zwilags über 20 Jahre dürfte die Kasse um zusätzliche rund 800 Millionen Franken belasten, von den Kosten des Nasslagers Gösgen, des Zwischenlagers Beznau (Zwibez) und des Bundeszwischenlagers (BZL) ganz zu schweigen. 20 Jahre Verzögerungen heisst auch 20 Jahre Zusatzfinanzierung für die Sicherheitsbehörde Ensi, die Prozessführung des Bundes, die Fachkommissionen und Regionalgruppen. Für die Abfälle die sich bereits in den Zwischenlagern befinden ist mit Kosten für die Rekonditionierung (neue Verpackung, ev. auch Behandlung der Abfälle) und mit Kosten für die Anpassung an den Stand der Wissenschaft und Technik zu rechnen.

Dann die Zinsen …. und zuletzt noch die unangenehmen Überraschungen, die man bekanntlich nicht budgetieren kann . . . . Ein Rattenschwanz ohne Ende!

Im nächsten Jahr wird die Nagra das Entsorgungsprogramm anpassen, und die Werke werden die Kostenstudie 2016 vorlegen. Es ist bereits abzusehen, wie der Tenor lauten wird. „Wir sind auf Kurs, alles ist unter Kontrolle“, wie immer, trotz Mehrkosten in Milliardenhöhe. Gewiss, auf Erhöhungs- Kurs, immer scharf unter Kontrolle, wie schon bei den Kostenstudien der Vergangenheit.

Das finanzielle Debakel der Entsorgung der radioaktiven Abfälle nimmt seinen Lauf. Grund genug für die Atomwirtschaft, sich zu fragen, ob man das Problem nicht ins Ausland exportieren könnte. Dies würde die lästige Suche nach Endlagern in der Schweiz vereinfachen, umso mehr, als die Standorte für hochaktive Abfälle Bözberg und Weinland bereits kräftig wackeln. Kein Ärger mehr mit der SVP, deren Exponenten diesen Kurs hinter vorgehaltener Hand vertreten. Keine unnötigen politischen Zänkereien. Zudem wäre die Entsorgung im Ausland wohl auch billiger zu haben, und die

Frankenstärke könnte sich auch mal positiv ausbezahlen. Was wiederum die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds entlasten und die Nachzahlverpflichtung der Werke, sprich Kantone, Gemeinden und Bund, verringern würde. Mit Blick auf die bösen Überraschungen im Jahr 2016 lotet die NZZ als eine der Speerspitzen der Atomlob den Pfad des billigen Abschiebens unserer Abfälle ins Ausland vorsorglich schon jetzt aus.

Die Studie des BFE zu den ethischen Aspekten der nuklearen Entsorgung, an der verschiedene Philosophen mitgewirkt haben, kommt daher gerade zur rechten Zeit.[4] Denn diese folgert, dass man sich auch mit dem Export der Nuklearabfälle auseinandersetzen müsse. Was den Autoren dieser Studie entgangen sein dürfte, ist dass die Versuche, Atommüll ins Ausland zu verfrachten, seit langem Tradition haben, aber allesamt gescheitert sind. Wie hiessen doch die potentiellen Annahmekandidaten in den 1970er und 1980er Jahren: Pakistan? Argentinien? China? usw.

Internationale Projekte wie das Tiefseebodenprojekt (Subseabed) und das Pangea-Projekt im Kristallin Australiens, welche die Abfälle einige Dekameter unter der Oberfläche vergraben wollten, sind beide aufgegeben worden. Vom Fiasko der internationalen Versenkungsaktionen für schwach- und mittelaktive Abfälle im Atlantik ganz zu schweigen, die 1982 eingestellt wurden.

Auf diese Weise kann man den Weiterbetrieb unserer Atomkraftwerke nicht rechtfertigen. Einmal muss Schluss sein mit einer seit Jahrzehnten verfehlten Atompolitik. Nicht schon wieder nach dem nächsten Schlupfloch gucken, sondern konsequent zu Ende führen, was zu Ende geführt gehört! Und das heisst auch, Prioritäten setzen, Vorgehen definieren, wie mit den Problemen umgegangen werden soll, Strategien ordnen und vor allem: bereit sein, die Kosten zu übernehmen, auch wenn dies nun schmerzt. Und das Portmonnaie des Steuerzahlers und jenes des Stromkonsumenten belasten wird. Man kann die Konsequenzen für die verfehlte Atompolitik der vergangenen

Generation nicht voreilig ins Ausland abschieben. Auch deshalb, weil dieses Ausland das vergiftete Geschenk trotz Frankenstärke kaum ohne entsprechende Gegenleistung auf andern für die Gesellschaft entscheidenden Gebieten übernehmen wird.

(27)

Wie erwähnt, besteht die Möglichkeit, dass sich während dem laufenden Entsorgungsprogramm die Gewissheit herauskristallisiert, dass es in der Schweiz keine sichere und dauernde Lagerung für alle Abfallkategorien gibt. Sollte dies das Resultat aus den laufenden Untersuchungen sein, so müsste das Entsorgungsprogramm zur Lagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz offiziell abgeschlossen werden. Für die nicht lagerbaren Abfälle müsste eine neue Strategie entwickelt und durch den Bund in Anwendung des Artikels 33 des Kernenergiegesetzes umgesetzt werden. Plan C oder D …, könnte man auch sagen.

[1] Der Aktienkurs für die BKW blieb in dieser Zeit stabil (ob sich wohl die Stillegung von Mühleberg bereits ausbezahlt ?) und Axpo wird nicht an der Börse gehandelt.

[2] Swissnuclear (2011): Kostenstudie 2011 (KS11), Mantelbericht,

http://www.bfe.admin.ch/entsorgungsfonds/index.html?lang=de&dossier_id=05278 [3] EFK (2014): Stilllegungs und Entsorgungsfonds, Prüfung der Governance, Prüfbericht, 1.

September

2014, http://www.efk.admin.ch/images/stories/efk_dokumente/publikationen/andere_berichte/An dere%20Berichte%20%2859%29/14172BE_Bericht%20zur%20Veröffentlichung_def2.pdf

Zu Brillen-PR und Aufsichtsfunktion

18. April 2015

Bild: Quelle Ensi (http://www.ensi.ch/de/)

Ein professionelles Bild, ohne Zweifel (Bild oben). Die Brille suggeriert, sie schärfe die Sicht. Der äussere hintere Rahmen verschwimmt. Dem Vordergrund geht es nicht besser. Die Tiefenschärfe ist also gering. Und diese Brille, ja: diese Brille allein, schafft den erforderlichen klaren Blick. In zwei eng begrenzten ovalen Ausschnitten zwar. Nur: ein Röhrenblick auf Wurzelstöcke und Baumstämme macht noch lange keinen Wald aus; und sagt noch weniger über Grosswetterlage und Kontext.

Das Bild ist der Ensi-Web-Seite dieser Woche entnommen und schmückt das Titelblatt eines neuen Berichts zur Regelwerkstrategie der Sicherheitsbehörde, die in wenigen knappen Sätzen in Deutsch, Französisch und Englisch zusammenfasst, welche internationalen Regelwerke angewendet werden sollen und wie diese möglicherweise zu ergänzen sind, wenn zusätzlicher Regulierungsbedarf besteht.

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Schärfe – oder Schärfentiefe (oder Tiefenschärfe) – ist eine Frage der technischen wie auch der inneren Einstellung. Man kann Schärfentiefe auch so wählen, dass der Betrachter im

Oval des Sichtfelds der Brille ausser Wirrnis nichts, aber auch fast gar nichts erkennt (Bild unten)

Solche Aufnahmen gehören zu Bildern, die sich gut in PR-Broschüren machen, und die – ausser zu bekannten konstruktivistischen Einsichten – zu keinen zusätzlichen Erkenntnissen führen. Bilder dieser Art haben sich institutionell vermehrt eingeschlichen und werden von gewissen

Administrationen in ihrer Hörigkeit von PR-Agenturen zunehmend verwendet, um Informationen und Sachverhalte zu verwedeln. Das Fachexperten-Geschwätz und die Vernebelung mit Bildmaterial gehen leider oft Hand in Hand.

Wer nun in die erwähnte Regelwerkstrategie des Ensi steigt[1], findet 5 regulierende Gemeinplätze – gross aufgemacht, in übergrossen Lettern, auf insgesamt 5 von 12 Seiten Gesamtumfang – ohne Rahmen und Erklärung, warum diese just jetzt erscheinen, ohne Einbettung in einen weiteren Kontext der Aufsichtstätigkeit und ohne den kleinsten Hinweis auf das, was bei dieser

Aufsichtstätigkeit am meisten fehlt: nämlich Unabhängigkeit sowie strategische und praktische Kompetenz, Eigenschaften, die für die Tätigkeit einer Sicherheitsbehörde zwingend sind, und die seit Jahren eingefordert werden.

Genau das hätte in einen derart fundamentalen Bericht gehört: Warum und wie wird die internationale Regulierung harmonisiert und unter welchen prozeduralen Regeln? Wie wird sichergestellt, dass solche Regulierungen auf nachvollziehbare und transparente Art und Weise formuliert und umgesetzt werden und die geforderten Sicherheitsanforderungen abdecken? Welche Schwachstellen und Widersprüche sind erkennbar und wie geht man damit um, etwa wenn sich nationale und internationale Regelwerke widersprechen, wie das bei der Rolle der KNS der Fall ist ? Wer ist dann entscheidungsbefugt? Wie erfolgt diese Umsetzung der Regelwerke und wer

kontrolliert diese? Eigenkontrolle? Warum? Fremdkontrolle? Wie? Sind internationale

Körperschaften wie die IAEA im Fall von schweren Unfällen durch falsche Regulierungen haftbar?

Wie wird mit Schnittstellenproblemen umgegangen und wo ist der entsprechende Erfahrungshintergrund? usw.usf.

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