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Compte rendu de M. Dumoulin e.a., Ces Chers Voisins

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Academic year: 2021

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M. Dumoulin u.a. (Hrsg): Ces chers voisins 2012-4-158 Dumoulin, Michel; Elvert, Jürgen; Schirmann,

Sylvain (Hrsg.): Ces chers voisins. L’Allemagne, la Belgique et la France en Europe du XIXe au XXIe siècles. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2010. ISBN: 978-3-515-09807-6; 306 S. Rezensiert von: Christoph Brüll, Départe-ment des sciences historiques, Université de Liège

Ces chers voisins ist ein seit 2006 bestehen-des Forschernetzwerk, in dem deutsche, fran-zösische, belgische und luxemburgische His-toriker die Beziehungen dieser Länder unter-suchen. Nicht zufällig sind die federführen-den Wissenschaftler Michel Dumoulin, Jür-gen Elvert und Sylvain Schirmann (Louvain-la-Neuve, Köln und Straßburg) alle ausge-wiesene Spezialisten der Geschichte der eu-ropäischen Integration. Im Rahmen von Ces chers voisins haben in den letzten Jahren ver-schiedene Tagungen stattgefunden. Die Bei-träge der ersten Tagung (März 2006) wer-den im vorliegenwer-den Band von wer-den Projekt-verantwortlichen herausgegeben. Die Bezie-hungen zwischen Belgien, Frankreich und Deutschland sind auch das Forschungsthema der französischen Historikerin Marie-Thérèse Bitsch, der zu Ehren dieser Band erscheint1 – bemerkenswerterweise in einem deutschen Verlag. Anstelle einer klassischen Einleitung ordnet Robert Frank die wissenschaftliche Leistung Bitschs in die (französische) For-schungslandschaft ein. Überhaupt kommt der gesamte Band ein wenig auf halbem Weg zwi-schen Tagungsband und Festschrift daher.

Die insgesamt achtzehn Beiträge gliedern sich in vier Teile: Etat, Nation, Révolution (I), L’Allemagne, la Belgique et la France dans le monde (II), Des occupations à l’intégration européenne (III) und Economies, sociétés et aires régionales (IV). Drei Beiträge sind in Deutsch verfasst, alle anderen in Franzö-sisch. Hilfreich für die Benutzung sind je-doch die Zusammenfassungen in Englisch und in Deutsch bzw. Französisch. Form, Um-fang und Qualität der einzelnen Aufsätze sind sehr unterschiedlich. Dies liegt vor allem dar-an, dass vom Autor, der seinen Vortrag in der schriftlichen Fassung überarbeitet und ausge-baut hat, bis hin zum Autor, der wohl nur seinen Vortrag in Druck gegeben hat, alles in

dem Band versammelt ist. Eine Homogenei-sierung war hier offensichtlich von den Her-ausgebern nicht angestrebt. Noch erstaunli-cher mag anmuten, dass letztlich nicht alle Beiträge systematisch das im Titel enthalte-ne nachbarschaftliche Dreiecksverhältnis auf-greifen. Gerade die politikgeschichtlich arbei-tenden Autoren thematisieren vielfach bilate-rale Beziehungen und hier, naturgemäß, das deutsch-französische Verhältnis. Anders ver-hält es sich bei den wirtschaftsgeschichtli-chen Texten, in denen ces chers voisins – zu-meist auch in multilateralen Bezügen – tat-sächlich den Untersuchungsgegenstand bil-den. Beiträge zur Kulturgeschichtliche der deutsch-belgisch-französischen Beziehungen sucht der Leser vergebens. Die in den Beiträ-gen verzeichnete Literatur bewegt sich durch-gehend auf dem Forschungsstand des Jahres 2006.

Da – aus Platzgründen – nicht alle Beiträ-ge Beiträ-gewürdigt werden können, soll es im Fol-genden hauptsächlich um jene Aufsätze ge-hen, die das Dreiecksverhältnis zum Gegen-stand haben. Den ersten Teil eröffnet Mit-herausgeber Jürgen Elvert mit Überlegun-gen „zum Verhältnis von Revolution, Na-tion und Staat“ in Frankreich, Belgien und Deutschland. Nach einer Analyse der natio-nalen Diskurse über Revolutionen seit dem 19. Jahrhundert wirft er schließlich die Fra-ge auf, „ob man Revolutionen wirklich als Bausteine unserer Europäischen Union be-trachten sollte“ (S. 25). Damit sind wir mit-ten in europäischen Geschichtskonstruktio-nen, was Elvert betonen lässt, dass Revolu-tionen (gemeint sind wohl: Diskurse über Re-volutionen) „der Angrenzung, nicht der Ver-bindung [dienten]“. Zwei weitere Beiträge aus dem ersten Teil sind bemerkenswert – aus unterschiedlichen Gründen. Rainer Hu-demann unterzieht in seinem Aufsatz die For-schung zur französischen Deutschlandpolitik der 1940er und 1950er Jahre einer kritischen Überprüfung. Hudemanns Analysen zeich-nen sich dabei durch ihren sehr selbstreflexi-ven Ton aus. Ausführlich thematisiert er die sich stetig wandelnde wissenschaftliche An-1Stellvertretend seien genannt Marie-Thérèse Bitsch, La

Belgique entre la France et l’Allemagne, 1905-1914, Pa-ris 1994; dies., Histoire de la Belgique, PaPa-ris 1992; dies., Histoire de la construction européenne de 1945 à nos jours, 3. Aufl., Brüssel 2004 (1. Aufl. 1996).

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näherung an die deutsch-französisch Bezie-hungsgeschichte und plädiert für eine noch stärkere Einbeziehung der zivilgesellschaftli-chen bzw. nicht-gouvernementalen Akteure durch die Historiker. Genau dies leistet Al-fred Wahl in seiner dem Fußball gewidme-ten Dreiecksgeschichte – auch wenn hier bei näherem Hinsehen recht klassische Institutio-nengeschichte geschrieben wird. Wahl stellt die Geschichte des belgischen Fußballverban-des und seiner Beziehungen zum deutschen DFB und dem französischen Sportverband USFSA in den Mittelpunkt. Er zeigt, wie bel-gische Funktionäre nach der Gründung der FIFA dort über längere Zeit Posten besetzen konnten, die die Bedeutung des kleinen Lan-des weit überstiegen – aufgrund der Zusam-menarbeit mit deutschen und französischen Kollegen. Wahl greift auch die Problematik der Kollaboration belgischer Fußballfunktio-näre mit der deutschen Besatzungsmacht in den beiden Weltkriegen auf, wobei hier gera-de für gera-den Zweiten Weltkrieg noch einige Fra-gen offen bleiben.

Der zweite Teil ist der Rolle des Drei-ecks Deutschland-Frankreich-Belgien in der Welt gewidmet. Er beginnt mit einem gleich-betitelten Aufsatz des Mitherausgebers Mi-chel Dumoulin, der auf der Basis seiner frü-heren Forschungen die wirtschaftlichen Ver-flechtungen zwischen den drei Ländern vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart heraus-stellt. Hier wird deutlich, dass wer deren po-litische Beziehungsgeschichte schreiben will, an den Wirtschaftsverflechtungen nicht vor-bei kommt. Besonderes Augenmerk liegt da-bei auf den wirtschaftlichen Aktivitäten in den früheren Kolonien. Darauf folgt der in-formativste Beitrag des Bandes, in dem Wolf-ram Kaiser die deutschen und französischen Auftritte bei den Weltausstellungen zwischen 1878 und 1958 analysiert. Unter dem Titel „Wettbewerb durch Repräsentation“ zeigt er, wie diese Auftritte einerseits „das jeweili-ge politische System legitimieren und stabi-lisieren [konnten]“, und andererseits ermög-lichten, „ein bestimmtes nationales Image für einen globalen Kommunikationsraum zu konstruieren“ (S. 103). Der Vergleich der Auf-tritte der jungen Bundesrepublik und der sie-chenden IV. Republik bei der Weltausstel-lung 1958 in Brüssel gibt Kaiser die

Gele-genheit, auch die belgischen Teilnahmen und Ausrichtungen an Weltausstellungen zu the-matisieren. Erst die Schwäche Deutschlands und Frankreichs nach dem Zweiten Welt-krieg, so dabei seine These, ermöglichte dem kleinen Nachbarn Raum für „internationa-le Selbstinszenierung“ und Erfolgsaussichten für eine „Mittlerrolle“ (S. 114).

Unter den Beiträgen des dritten Teils ist derjenige von Dzovinar Kevonian hervorzu-heben, dessen Aufsatz zur Internationalen Ar-beitsorganisation in der Zeit zwischen den Weltkriegen weniger staatliche Politik denn deutsche, französische und belgische Persön-lichkeiten und Personenkonstellationen in-nerhalb der OIT in den Blick nimmt. Jean-Christophe Romer beschäftigt sich mit der Rolle der drei Länder in der europäischen Ver-teidigungspolitik seit den 1980er Jahren. Da-bei kommt er unter anderem auf die seiner-zeit heiß diskutierten diplomatischen Initiati-ven anlässlich der Ablehnung der amerikani-schen Intervention im Irak (2003) zurück.

In den Beiträgen des vierten Teils ist die Thematik der Nachbarschaft und der Grenz-überschreitungen vielleicht am greifbarsten. Françoise Berger und Eric Bussière befassen sich in ihrem sehr lesenswerten Text mit Kar-tellbildungen als einer Methode für die wirt-schaftliche Organisation Europas. Dabei zei-gen die Zahlen, wie wichtig Kartelle in den 1920er und 1930er Jahren als Wirtschaftsak-teure in den drei Ländern waren, und inwie-weit sie das „Vertragsmodell“ als bevorzug-te Wirtschaftsform gegenüber dem Freihan-del einerseits und dem Protektionismus ande-rerseits förderten. Berger und Bussière disku-tieren schließlich das Erbe dieser Wirtschafts-form bis in die 1980er Jahre. Birte Wassen-berg beleuchtet die grenzüberschreitende Zu-sammenarbeit am Oberrhein seit den 1990er Jahren auf institutioneller Ebene, wobei der dritte Nachbar hier natürlich die Schweiz ist. Dabei stellt sie auch die alltäglichen Pro-bleme heraus, für die trotz aller Initiativen im Grenzraum die Lösung manchmal dann doch nur aus Brüssel kommen könnte. Im letzten Beitrag beschäftigt sich Pierre Tilly in historischer Perspektive mit den Grenz-gängern in zwei verschiedenen Regionen an der belgisch-französischen Grenze und der daraus resultierenden

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M. Dumoulin u.a. (Hrsg): Ces chers voisins 2012-4-158 menarbeit. Hier wäre für daran

anschließen-de Forschungen anschließen-der Vergleich etwa mit anschließen-dem deutsch-belgischen und/oder dem belgisch-niederländischen Grenzgebiet spannend.

Am Ende des Bandes steht eine Zusam-menfassung von Sylvain Schirmann, in der er anhand von Beispielen einige lange Lini-en des deutsch-französisch-belgischLini-en Drei-ecksverhältnisses vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart aufzeichnet. Dabei scheint (im Jahr 2006) vorsichtiger Optimismus durch, dass die Suche nach Europas Platz in der Welt auch weiterhin von den „lieben Nachbarn“ angetrieben werden kann. Würde er dies – ei-nige Jahre und Wirtschaftskrisen später – heu-te auch noch so schreiben?

HistLit 2012-4-158 / Christoph Brüll über Du-moulin, Michel ; Elvert, Jürgen ; Schirmann, Sylvain (Hrsg.) : Ces chers voisins. L’Allemagne, la Belgique et la France en Europe du XIXe au XXIe siècles. Stuttgart 2010, in: H-Soz-u-Kult 21.11.2012.

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