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Asylsuchende und Flüchtlinge in der Notfallstation

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Academic year: 2021

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5oz.- Pr~ventivmed. 43 (1998) 3 9 - 4 8 0303-8408/98/010039-10 $1.50 + 0.20/0 9 Birkh~user Verlag, Basel, 1998

Corinne 816chliger ~, Joseph Osterwalder 2, Christoph Hatz 1 Marcel Tanner 1, Thomas Junghanss 1,3

5chweizerisches Tropeninstitut, Basel

2 Kantonsspital St. Gallen, Zentrale Notfallstation, St. Gallen s Abteilung Tropenhygiene und (Jffentliches Gesundheitswesen,

Universit~t Heidelberg

Asylsuchende und FliJchtlinge

in der Notfallstation

Die Notfallstation stellt jenen Sek- tor des ambulanten /Sffentlichen Gesundheitswesens dar, in welchem die Triagierung akut erkrankter Patienten* im fQbergangsbereich zwischen ambulanter allgemein-

medizinischer Versorgung und

Hospitalisationsbedtirftigkeit vor- genommen wird. Dieses Aufga- benspektrum ist nicht prfizise deft- nierbar, da zahlreiche Variablen die Nutzung der Notfallstation

bestimmen. Diese sind nicht in erster Linie vom Krankheitsbild be- stimmt, sondern oft weitaus mehr von der geographischen Verteilung medizinischer Versorgungseinrich- tungen, der sozio6konomischen Schichtung des potentiellen Pa- tientenklientels, der Kenntnis der Bev01kerung tiber den Zweck und den Zugang zu den verschiedenen medizinischen Einrichtungen, der Schwellensituation, die die jewei- ligen Einrichtungen ausstrahlen sowie vom angebotenen Behand- lungsspektrum der praktizierenden ,g, rzte ~-6.

Asylsuchende und Fltichtlinge bil- den eine Gruppe, die sich in zahlreichen Determinanten bei der Auswahl einer medizinischen Ver- sorgungseinrichtung v o n d e r ,,Nor- malbev61kerung" unterscheidet. Viele Grtinde hierftir, wie z.B. mangelnde Kenntnis des Gesund- heitsversorgungssystems des Auf- nahmelandes, sprachliche Proble- me und sozio6konomische Fakto- ren, liegen auf der Hand.

Im Rahmen unserer Studie tiber die gesundheitliche Versorgung yon Asylsuchenden und FltJchtlin- gen in der ambulanten medizi- nischen Versorgung wurde neben

* Die im Text verwendete maskuline Form zur Bezeichnung unbestimmter Personen wurde im Hinblick efner erleichterten Lesbarkeit gewahlt.

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Soz.~ Rr~venti:vmed. 199;8: 4 3 : 3 9 = 4 8

den haus~irztlichen Praxen 7,s und dem Bereich der medizinischen Poliklinik 9,1~ der notfallmedizini- sche Sektor untersucht. Es ging in erster Linie datum, die Gesund- heits- und Betreuungsprobleme von Asylsuchenden und Fltichtlin- gen im Bereich der Notfallstation zu erfassen. Eine Vergleichsgruppe in derselben Notfallstation diente dazu, Problemh~iufungen bei Asyl- suchenden und Fltichtlingen zu eruieren.

Methoden

Die Datenerfassung dieser Quer- schnittsstudie erfolgte quantitativ mittels Umfrage und detailliertem Fragebogen bei allen in der zentra- len Notfallstation des Kantonsspi- tals St. Gallen tfitigen Arzten. Die Konsultationen yon Asylsuchen- den und Flttchtlingen wurden pro- spektiv erfasst. Die Koordination erfolgte durch den leitenden Arzt. Fragebogen

Die sechs hauptamtlich in der Not- fallstation t~itigen Assistenz~irzte fttllten im Juli 1994 einen struktu- rierten, nicht-anonymen Fragebo- gen aus. Die Befragung umfasste die Themenkreise Ausbildung, Er- fahrung im Bereich der medizini- schen Versorgung von Asylsuchen- den und Flttchtlingen, Struktur und Organisation der Notfallstation, externe Kontakte, Arzt-Patienten- Interaktion, sprachliche und inter- kulturelle Kommunikation sowie Verbesserungswttnsche.

Monatsstatistik

Alle auf der Notfallstation t~itigen Arzte erfassten mit anonymen Patientenbogen vom Juli bis Sep- tember 1994 wghrend elf Wochen s~imtliche Konsultationen von Asyl- suchenden oder Fltichtlingen. Zu- s~itzlich wurden als Vergleichs- gruppe Patienten der unmittelbar

darauffolgenden Konsultationen

erfasst, die nicht dieser Gruppe zuzurechnen waren. Jeder Patient wurde innerhalb der Erhebungs- zeit nur einmal erfasst. Die Mo- natsstatistik beinhaltete Fragen zur Demographie, zur Kommunika- tions- und Ubersetzungsproblema- tik und zur Diagnose. Des weiteren wurde festgehalten, ob eine Hospi- talisation notwendig und eine haus~irztliche Betreuung gew~ihr- leistet war. Die Einsch~itzung des Grades der erreichten Problem- 16sung und die Zufriedenheit des Arztes mit der Arzt-Patienten- Interaktion wurden mittels einer fttnfstufigen Werteskala klassifi- ziert. Als ,,Asylsuchende und Flttchtlinge" wurden Asylbewerber mit h~ingigem/abgelehntem Gesuch, vorl~iufig Aufgenommene und an- erkannte/vorl~iufig aufgenommene Fltichtlinge sowie Flt~chtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus in die Studie aufgenommen.

Resultate

In der Monatsstatistik wurden in der elfw6chigen Erhebungszeit alle

98 Konsultationen yon Asyl-

suchenden und Flttchtlingen plus 98 Vergleichspatienten yon ca. 150 Arzten (Rotationen yon 12 bis 20 Assistenz~irzten und 8 bis 15 Kader~irzten) erfasst, wobei die sechs hauptamtlich t~itigen Assi- stenz~irzte den grOssten Anteil der Studienpatienten rekrutierten. Aus diesem Grund wurde der Fragebo- gen nur an sie abgegeben. In dieser Zeit versah keine Assistenz~irztin hauptamtlichen Dienst auf dieser Station.

Betreuung von Asylsuchenden und FI0chtlingen: Demographie, fachliche Vorbereitung, spezifische Erfahrungen und Erfahrungs- austausch der Arzte

Vier der sechs befragten Arzte der Notfallstation waren in der Aus- bildung. Drei verftigten tiber weni- ger als einem Jahr an praktischer

Erfahrung in der Betreuung von Asylsuchenden und Fltichtlingen. Ein Arzt hatte berufliche Er- fahrungen im aussereurop~iischen Ausland (ohne Industrienationen) gesammelt.

Patienten in der Notfallstation: Epidemiologie der Asylsuchenden/ FlOchtlinge sowie der Vergleichs- gruppe

Die sechs Assistenzfirzte sch~itzten, dass 1993 in der Notfallstation Asyl- suchende und Fltichtlinge einen Anteil von 5 % und weniger aller betreuten Patienten ausmachten. Der Weg in die Klinik ftihrte for diese Patienten meist fiber die

eigenst~ndige Kontaktaufnahme

(82%) oder tiber andere Arzte (14%). Diese Zahlen entsprechen der Einsch~itzung der befragten Arzte. Die basisdemographischen Daten der mittels Monatsstatistik erfassten 98 Asylsuchenden und Fltichtlinge sowie der 98 Ver- gleichspatienten sind in Tabelle 1 aufgeftihrt. Daneben finden sich die entsprechenden Daten aus der Erhebung bei Haus~irzten**, 7,8. Die Verteilung der Asylsuchenden- und Fltichtlingspatienten nach Ur- sprungsl~inder ergab folgendes Bild: 76 % kamen aus Ex-Jugosla- wien oder Rest-Jugoslawien***, 8 % aus der Tttrkei (Kurden) und 7 % aus Sri Lanka (Tamilen). Somit konnten insgesamt 91% der Pa- tienten diesen vier Herkunfts- l~indern zugeordnet werden. Die meisten Patienten waren vorl~iufig Aufgenommene und (anerkannte) Flttchtlinge. 59 % hielten sich ftinf Jahre oder ktirzer in der Schweiz auf, davon mehr als ein Viertel ein

** Multizentrische Studie bei Haus~rzten, welche einen entsprechenden Fragebogen ausgefDIIt haben (n = 272) und welche w~hrend der vier- w6chigen Erhebungszeit s~mtliche Konsulta- tionen von Asylsuchenden und FlOchtlingen effasst haben (n = 193).

* * * Ex-Jugoslawien: Bosnien-Herzegowina, Kroa- tien, Kosova; Rest-Jugoslawien: Serbien, Maze- donien, Montenegro.

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5oz.-Pr~ventJvmect. 1998; 43:39-48 ;=:: Fl(]chtl:inge (1082) : (82) :(337) ,

:0o0):

(65),

(193) der vierw6chigen

Tabelle 1. Demographische Daten der Patienten der Notfalistation: Vergleich von Asyisuchenden und FlOchtlingen mit den Obrigen Patienten ~ sowie den hausarztlich betreuten Asylsuchenden und FlOchtlingen.

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Soz-Rr~ven~ivmed 1998; 4 3 : 3 9 - 4 8 Ja Nein Keine Angaben 60% (54) 32% (29) 8% (7) 99% (85) 1% (1) 64% (697) 30 % (328) 5 % (57)

Ja Nein Keine Ja Nein Keine

Angaben Angaben

22%(12) 67% (36) 11% (6) 72% (21) 24% (7) 3% (1) 13% (89) 83% (580) 4% (28) 58% (190) 40% (130) 2% (8)

:henden oder FlOchtlings effolgt war.

Fragebogen ausgefOIIt haben (n=272) und welcne w~hrend der vierw6chigen' ngen erfasst haben (n = 193),

Tabelle 2. Sprachkenntnisse der erwachsenen Patienten in deutsch, franz6sisch, italienisch oder englisch und Zugegensein einer Ubersetzun9 wJhrend der Konsultation.

Jahr oder kt~rzer, 40 % sechs und mehr Jahre. Die Aufenthaltsdauer streute zwischen weniger als einem Monat und dreissig Jahren. Die

markantesten Unterschiede zu

den Hausarzt-Patienten ergaben sich bezUglich Herkunftsland und, damit verknt~pft, der Verteilung des Aufenthaltsstatus. Bei den Patienten aus der Vergleichs- gruppe handelte es sich meist um Schweizer 0ber 45 Jahren.

Sprachliche Kommunikations- problematik und Obersetzung

60% der erwachsenen Asylsuchen- den und Fltichtlinge sprachen ent- weder deutsch, englisch, franz6sisch oder italienisch (Tabelle2). Das Geschlecht, die Ausbildung und die Aufenthaltsdauer waren beztiglich des unterschiedlichen Sprachver- m6gens eng autokorreliert s.

Die Ergebnisse des Fragebogens vermitteln einen Eindruck des Ausmasses der verbalen Kommu- nikationsproblematik aus ~irztli- cher Sicht. Drei der befragten Arzte brachten zum Ausdruck, dass Kommunikationsprobleme in der firztlichen Beziehung zu Asyl- suchenden und Flt~chtlingen mehr- heitlich sprachlicher Natur seien und vier gaben an, dass es v611ig oder weitgehend zutreffend sei, dass in der Mehrzahl der F~ille eine Ubersetzung in der Sprechstunde n6tig sei. Die Notwendigkeit fiir Ubersetzerdienste, sofern Patien- ten nicht eine der vier Sprachen deutsch, englisch, franz6sisch, italienisch beherrschen, wird aus der geringen Anzahl von den hauptamtlich t~itigen Assistenz~irz- ten deutlich, die in anderen als den vier angegebenen Sprachen kom- munizieren konnten ( d r e i ) i , rzte

sprachen spanisch, ein Arzt sprach portugiesisch).

Bei rund 40 % der Monatsstatistik- Konsultationen yon erwachsenen Asylsuchenden und FRichtlingen war ein (Jbersetzer zugegen. 72% der Konsultationen mit erwachse- nen Patienten ohne Spracbkennt- nisse in deutsch, englisch, ffan- z6sisch oder italienisch erfolgten unter Beizug eines Obersetzers (Tabelle 2). Beztiglich der Orga- nisation der l]bersetzung in der Sprechstunde gaben vier der be- fragten Arzte an, dass eine (Jber- setzung arrangiert werden k6nne und ftinf resp. vier gaben an, dass sich der Arzt weitgehend selbst datum kOmmern mtisse oder die Ubersetzung yon den Patienten organisiert werde.

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Soz Pr~venti~:med 1998; 43:39-48

iiii i

ie c

Tabelle 3. Zufriedenheit mit der Arzt-Patienten-lnteraktion und Grad der Probleml6sung aus grztlicher Sicht.

~,rztliche Selbstbewertung der Konsultation: Zufriedenheit mit der Arzt-Patienten-lnteraktion und Grad der Probleml~sung Die Auswertung der je 98 Konsul- tationen ergab, dass 70 % der kon- sultierenden Arzte beztiglich ihrer Interaktion mit Asylsuchenden/ Fltichtlingen sehr oder weitgehend zufrieden waren; mit Patienten aus der Vergleichsgruppe waren es 80 %. Ftir 78 % resp. 86 % wurde das gestellte Problem gel/3st oder weitgehend gel6st (Tabelle 3). Im Vergleich dazu waren zwei Arzte in ihrer Antwort auf die Fragebogen- frage, ob sie Asylsuchenden und Fltichtlingen fachlich gerecht wtir- den, unsicher.

Entwicklungs- und Verbesserungs- m6glichkeiten: W0nsche der ~,rzte Von vier der Befragten wurde eine Untersttitzung der ~irztlichen T~i- tigkeit irn Bereich der klinischen Gesundheitsbetreuung von Asyl- suchenden und Fltichtlingen in der Notfallstation fiir notwendig ge- halten. Im Fragebogen wurde eine Reihe von Vorschlfigen gemacht, die beztiglich ihrer Ntitzlichkeit

bewertet werden sollten. Die h/Schste Zustimmung erhielt ein Gesundheitsbtichlein, welches der Patient zu jeder Konsultation mit- bringen und das Impfstatus, ~irzt- liche Konsultationen und Spital- aufenthalte mittels Stempel der behandelnden Jkrzte dokumentie- ren sollte (ftinf Zustimmungen), gefolgt von einem erggnzbaren Loseblatt-Ordner mit ethnospezi- fischen medizinischen Informa- tionen und ethnologischen Hinter- grundinformationen zur Unter- sttitzung der ~irztlichen T~itigkeit, Obersetzerdiensten im Notfallbe- reich der Spitgler und Weiterbil- dungsveranstaltungen zum Thema (je vier Zustimmungen). Der M6g- lichkeit, in Balintgruppen ent- sprechend schwierige Situationen besprechen zu k~nnen und der F/3rderung von fltichtlingsbezoge- hen Intervisionsgruppen wurden dagegen wenig Bedeutung beige- messen.

Konsultation der Notfallstation und gestellte Diagnosen

Der Notfallbereich wurde tags- und nachtstiber ann~ihrend gleich stark frequentiert. Eine anschlies-

sende Hospitalisation erfolgte in der Vergleichsgruppe leicht h~iufi- get (36 % vs. 29 %). Die Einsch~it- zung der Jkrzte, ob es sich um ein notfallmedizinisches Problem gehandelt hatte, wurde in 58% (Asylsuchende/Fltichtlinge) resp. 65 % (Vergleichspatienten) der F~ille bejaht. Beide Unterschiede erwiesen sich als statistisch nicht signifikant (Tabelle 4).

Asylsuchenden- und Fltichtlings- patienten verftigten mit einem Anteil von 57 % gegentiber 79% tiber signifikant geringere zus~itz- liche Betreuung durch einen Haus- arzt. Es liess sich mit unserer Studie jedoch nicht entscheiden, ob diese Tatsache mit einer hohen Frequentierung der Notfallstation dutch Asylsuchende und Flticht- linge verbunden war. Es konnte bei den befragten Arzten keine ein- deutige Meinung festgehalten wer- den, ob sich durch die fehlende Kontinuit~it der medizinischen Be- treuung von Asylsuchenden und Fltichtlingen Notfallsituationen er- geben, die vermeidbar w~iren. In den Patientenpopulationen wur- den 83 resp. 89 somatische Einzel- diagnosen gestellt. Bei den Asyl- suchenden- oder Fliichtlingspa-

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Soz.- Pr~venti:vm~d. 1998 43:39-4-8 Asylsuchende und Flfichtlinge HaUsarzt? 100 % (98) 46 % (45) 52% (51) 2 % (2) 64 % (63) 35% (34) I % (I) 57 % (56) 21% (21) 21% (21) 29 % (28) 60 % (59) 11%(11) 58 % (57) 14% (14) 26% (25) 2 % (2) erfolgt war, 4.

Tabelle 4. Beschreibung der Konsultationen in der Notfatlstation.

Nachfolgende Patienten a als Vergleichsgruppe 100 % (98) 79 % (77) 12% (12) 9% (9) 36 % (35) 53 % (52) 1 1 % ( 1 1 ) 65 % (64) 14% (14) 20 % (20) n . 5 . n . s .

tienten und ebenso in der Ver- gleichsgruppe wurden achtmal zwei somatische Diagnosen festgehal- ten. In beiden Gruppen waren Ver- letzungen die weitaus hfiufigsten Diagnosen. Rund 10% betrafen Diagnosen aus dem psychiatrisch/ psychosozialen Komplex. Tabelle 5 beinhaltet eine detaillierte Aufli- stung der gestellten Diagnosen. Im Vergleich zu den Resultaten der Monatsstatistik ergab die Auswer- tung der Fra..gebogen folgendes Bild: ftir drei Arzte entsprach das Krankheitsbild dieser Patienten- gruppe nicht oder weitgehend nicht dem der iibrigen Patienten, einer war gegenteiliger Meinung.

Ftinf resp. vier Befragte hielten Unf~ille bzw. Bagatellerkrankun- gen ftir nicht h~iufiger, was sich auch in der Monatsstatistik be- st~itigte. In Tabelle 6 sind die Ver- letzungen und Vergiftungen detail- liert aufgeschliisselt dargestellt.

Diskussion

Die vorliegende institutionsbasier- te Studie hatte in erster Linie zum Ziel, Gesundheitsprobleme von Asylsuchenden und Fltiehtlingen, die eine Notfallstation aufsuchen, rasch zu erfassen; gleichzeitig sollten Betreuungsschwierigkeiten

aufgedeckt werden. Wie in der Hausarzt -v,8 und der Poliklinik- studie 9 wurde die Datenerfassung aus der Sicht der behandelnden )krzte vorgenommen.

In der Notfallstation des Kantons- spitals St. Gallen wurde wfihrend

eines Untersuchungszeitraumes

von elf Wochen alle Asylsuchen- den und Fltichtlinge erfasst (n= 98). Auffallend war der hohe Anteil yon Patienten aus Ex- Jugoslawien und Rest-Jugoslawien (76%). Dieser Anteil reflektierte nicht die Verteilung der Asyl- suchenden und Fltichtlinge im Ein- zugsbereich der Notfallstation des Kantonsspitals St. Gallen (37%

(7)

Sozi, Pr,~ventivmed. 1998; 43:39-48 I. C

i00 %

(511) (32) (38) (26) ~ii(61) (:63) i72 len IOn

Tabelle 5. Rangliste der Hauptdiagnosen a der Patienten in der Notfallstation, geordnet nach ICD b.

aus Ex- und Rest-Jugoslawien, 18% aus Sri Lanka und 8% aus tier Ttirkein,lz). Mehrere Interpreta- tionen sind denkbar: (a) die Not- fallstation wurde innerhalb der Gruppe aus Ex- und Rest-Jugo- slawien in besonderem Masse wei- terempfohlen (b) es fehlte eine Alternative auf ambulanter Ebene, z.B. ein Hausarzt, und (c) das Krankheitsspektrum der verschie-

denen Gruppen unterschied sich. Aufgrund der kleinea Patienten- zahlen aus Sri Lanka (7) und der Ttirkei (8) waren diesbezt~gliche Unterschiede zu der Hauptpatien- tengruppe aus Ex- und Rest-Jugo- slawien (74) nicht verifizierbar. Wie eine prospektive Arbeit aus Gross- britannien gezeigt hat, wurde die Wahl zwischen Notfallstation und Hausarzt nicht in erster Linie

durch die ~irztlich festgelegte Dia- gnose bestimmt, sondern dutch andere Determinanten im Vorfeld der Entscheidung der jeweiligen Patienten 1. Eine Studie aus Kuwait hatte zum Ziel, die Indikatoren mit hohem positivem Vorhersagewert fiJr den nicht-dringlichen Besuch einer Notfallstation zu identifizie- ren 2. Bei kuwaitischen und nicht- kuwaitischen Patienten (Gastar-

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Sez ~:s vrned~ I998; 43::3;9~48 Notfallstation Asylsuchende/ Fl(~chtlinge Notfallstation nach- folgende Patienten' als VergleichsgruDpe Hausarzt-Studie a Asylsuchende/ FILichtlinge 7) 41% (37191) 49 % (48197) ~0% (9) [8? 12% (12) [t2] o 1,8 % .(23) 4 % ( 4 ) [3] 11%(11) [71 1,9%(25) 9% (8)[6] 7% (7) [6] 0,6% (8) 9 % ( 8 ) [3] 6% (6) [4] 1,6 "en 2% (2) [21 4% (4) [31 1 % ( 1 ) [1] 3% (3) [31 0;2 3 % ( 3 ) [3] - 0,3 1 % ( 1 ) [ 1 ] 2% (2) [2] - 2% (2) [21 1%(1) [-] 1% (1) [-1 PaTle~ttwaeen mogl~ch.

ise~/ilf@/nationate Klassifikation der Krankheiten.

; ~ e l b a r nach derjenigen eines Asylsuchenden oder FI0chttings effolgt war.

~ ~n, welche einer/: e/ntsprechenden Fragebogen ausgefOllt haben;(n=272) und welche i6ngS'~bE Asyls~heriden u nd Fl~Jchtlingen effasst haben (n = 193).

.i~Kl~'i-h@i'n g@5~ 6 }eweils an, wieviele Diagnosen von den Arzten votlstandig resp. weitgehend als : S ) ~ t , . ,,

1,5

Tabelle 6. Verletzungen und Vergiftungen: Diagnosen ~ der Patienten in der Notfallstation und der Hausarzt-

Studie, geordnet nach ICD b.

beiter aus zahlreichen L~ndern) wurden gleichermassen die vom Patienten empfundene Dringlich- keit des Gesundheitsproblems und der Bildungsstand als Hauptdeter- minanten isoliert.

Zu jedem Asylsuchenden und Fltichtling, der w~ihrend der elf- w6chigen Untersuchungszeit die Notfallstation des Kantonsspitals

St. Gallen aufsuchte, wurde der nSchste Patient zum Vergleich erfasst. Dies hatte zum Ziel, even- tuell vorhandene Hfiufungen be- stimmter Gesundheitsprobleme im Kontext der notfallmedizinischen Versorgung aufzuzeigen. Die Kate- gorisierung wurde mit Hilfe der ICD-Codierung der Hauptdiagno- sen13 vorgenommen. Interessanter-

weise waren nach Alterskorrek- tur keine auff~illigen Unterschiede zwischen Asylsuchenden/Flticht- lingen und dem Vergleichsklientel festzustetlen.

Der Vergleich zwischen den in der Notfallstation und in haus~rztli- chert Praxen erfassten Gesund- heitsproblemen zeigt (Tabelle 5), dass Asylsuchende und Fltichtlinge

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SoZ;- Pr~vent[vmed 1998; 43:39--48

die Notfallstation offensichtlich als diejenige medizinische Versor- gungseinrichtung identifizierten, die far Verletzungen und Vergif- tungen (ICD 800-999) zust/indig ist. Der Unterschied im Anteil dieses Patientenklientels (41% vs. 8 %) war hoch signifikant.

Die ,,unangemessene" Nutzung der Notfallstation wurde in den letzten Jahren in verschiedenen L/indern untersucht und diskutiert 1-3. Arzt- lich gestellte Diagnosen k6nnen dabei nicht das allein ausschlagge- bende Kriterium far die ,,Ange- messenheit" der Nutzung sein, ins- besondere wenn diese Bewertung retrospektiv vorgenommen wor- den ist 1. Ein derartiges Vorgehen erfasst weder die spezifischen Um- st/~nde und Motive der Hilfe- suchenden zum Zeitpunkt der Ent- scheidung, eine Notfallstation auf- zusuchen noch die Barrieren, die eine alternative Wahl verhindern. Somit kann die Frage der ,,Ange- messenheit" der Nutzung der Notfallstation mit unserem Stu- diendesign nicht definitiv beant- wortet werden. Durch unsere Ver- gleichsgruppe k6nnen wir jedoch eine Aussage dartiber machen, ob Asylsuchende und Flfichtlinge die Notfallstation nach dem Kriterium der /irztlichen Diagnose unter- schiedlich nutzten. Dies schien nicht der Fall zu sein. Beztiglich externer Kriterien wiesen Patien- ten, die die Notfallstation aufsuch- ten, ~hnliche Muster auf. Daftir sprach auch die Einschfitzung der behandelnden J~rzte, ob es ich bei der jeweiligen Konsultation um einen Noffall gehandelt hatte oder nicht (Asylsuchende/Flticht- linge vs. Vergleichsgruppe: 58 % vs. 65%; Unterschied nicht signifi- kant). Ebenso unterschieden sich Asylsuchende/Fltichtlinge und die Vergleichspatienten nicht signifi- kant bezfiglich der Hospitalisa- tionsrate (29 % vs. 36 %).

Die im Untersuchungszeitraum yon elf Wochen erfassten Asylsu- chenden und Fltichtlinge machten nur 3% der insgesamt 3016 Not-

fallpatienten aus. Diese Tatsache erklgrt sicherlich einen grossen Tell der ge/~usserten Unsicherhei- ten und des Erfahrungsmangels in der Betreuung yon Asylsuchenden und Fliichtlingen. Die Schwierig- keiten, adequate lQbersetzungs- dienste zu gew/ihrleiten, sind ver- st~indlicherweise aufgrund der

Verteilung der Konsultationen

tiber 24 Stunden im Vergleich zum haus/irztlichen und Poliklinikbe- reich noch grOsser. Wie bei ande-

ren Notfallpatienten besteht auch bei Asylsuchenden und Flt~cht- lingen ein deutlicher Bedarf, die Zust/indigkeitsbereiche yon Not- fallstationen besser zu vermitteln. Als wichtiger Schritt bietet sich an, m6glichst frtihzeitig die Kenntnisse von Asylsuchenden und Flficht- lingen tiber das schweizerische Gesundheitswesen zu f6rdern und eine haus/~rztliche Betreuung in die Wege zu leiten s.

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Soz,:- P:r~ven~ivmed t998; 43:39-48

dans le service des urgences

re sant~ et le traitement des requ~rants ~. de vue des m~decins du service des de St-Gall. Les r~sultats se basent sur r des fiches de patient documentant les ;ile et de r~fugi#s, ainsi que de patients es (2 x 98 consultations). 76 % des pa- nt de I'ex-Yougoslavie. Les diagnostics, es, apr&s correction de I'#ge, b ceux des la clientele des g~n~ralistes, la propor- it plus importante (37% vs. 8%). I1 n'y les patients appartenant aux groupes -apport au groupe de contr61e, quant ?nces (58 % vs. 65 %). De m~me, il n'y 1 taux d'hospitalisation (29% vs. 36%) les consultations ~taient plus souvent es que durant la joum#e. La dur~e du fit n~gativement associ~e ~ un suivi par ;sification d'un patient comme urgence. ,ales difficult#s des m~decins provenaient le traitement des requ~rants d'asile et rnations et du manque ,de routine dans '6es. Par ailleurs, afin d am~liorer I utili- serait important d'informer ces patients sant# et de leur conseiller d'avoir un

linge in der hausfirztlichen Praxis: Probleme und Entwicklungsm6g- lichkeiten. Soz Pr~iventivmed 1998;

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8 BlOchliger C, Junghanss T, Weiss R,

et al. Asylsuchende und Flticht-

Danksagung

Unser spezieller Dank gilt der Spital- leitung des Kantonsspitals St. Gallen sowie den Arztinnen und Arzten der Notfallstation, die mit grossem Engage- ment alle Konsultationen von Asyl- suchenden und Fltichtlingen und den nachfolgenden Patienten w~ihrend elf Wochen aufgezeichnet sowie den aufwendigen Fragebogen ausgeftillt haben. Korrespondenzadresse Dr. C. B16chliger Schweizerisches Tropeninstitut Socinstr. 57 CH-4002 Basel Fax +41 61 271 86 54 BLOECHLIGERC@ubaclu.unibas.ch

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