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Wissenschaftliche Blogs zwischen Deutschland und Frankreich: die Blogplattform Hypotheses.org

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HAL Id: halshs-01112151

https://halshs.archives-ouvertes.fr/halshs-01112151

Submitted on 2 Feb 2015

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Frankreich: die Blogplattform Hypotheses.org

Mareike König

To cite this version:

Mareike König. Wissenschaftliche Blogs zwischen Deutschland und Frankreich: die Blogplattform Hypotheses.org. Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert - Akademische Wissensproduktion über das andere Land, Bd. 4, Peter Lang, pp.241-255, 2014, 978-3-0343-1572-2. �halshs-01112151�

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Wissenschaftliche Blogs zwischen Deutschland und Frankreich: die Blogplattform Hypotheses.org

Mareike König Zusammenfassung

Weblogs stellen eine Erweiterung der bisher existierenden wissenschaftlichen Kommunikations- und Publikationsformate dar. Sie schaffen eine Verbindung zwischen traditionellen akademischen Schreibpraktiken und einer

Publikationsform, die mit dem Internet entstanden ist. Weblogs ermöglichen somit einen zeitnahen, direkten, vernetzten, interaktiven und offen zugänglichen

Austausch über laufende Forschungen, der über Disziplinen, Ländergrenzen und die wissenschaftliche Gemeinschaft hinaus reicht. Anhand einiger Beispiele der Blogplattform Hypotheses.org macht dieser Beitrag die vielfältigen

Einsatzmöglichkeiten und bestehenden Praktiken des wissenschaftlichen Bloggens für die Wissensproduktion und -kommunikation in einem deutsch-französischen wie auch europäischen Umfeld deutlich.

Resumé

Les blogs ou les carnets de recherche en ligne élargissent le répertoire des formes de communication et de publication scientifique existantes.

Ils constituent une passerelle entre les pratiques traditionnelles de l’écriture académique et les formes de publication nées avec l’Internet.

Ils permettent un échange direct, immédiat et interactif sur les recherches en cours, un échange qui fait appel aux réseaux et qui reste en même temps librement accessible, en permettant de dépasser aussi bien les frontières entre les disciplines et les pays que les limites de la communauté académique. En partant de l’exemple de quelques blogs publiés sur la plateforme Hypotheses.org, cette contribution s’efforcera d´analyser les pratiques existantes du carnet de recherche et de montrer ses multiples domaines d’application et ses apports pour la production du savoir et la communication scientifique, aussi bien dans le cadre franco-allemand que dans le contexte européen.

Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien haben unsere Forschungskultur einem tiefgreifenden Wandel unterworfen, der sich in allen Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens bemerkbar macht.1 Seit einigen Jahren zeigt sich dies mit dem Auftauchen der sozialen Medien und ihren spezifischen Werkzeugen in der Wissenschaft besonders in den Bereichen Kommunikation, Publikation und kollaboratives Arbeiten. Der unhierarchische Zugang und die       

1 Vgl. zum digitalen Wandel in der Wissenschaft z.B. Peter HABER, Digital Past.

Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter, München 2011; Michael NENTWICH, René KÖNIG, Cyberscience 2.0. Research in the Age of Digital Social Networks, Frankfurt/Main 2012.

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technisch einfache Bedienung der sozialen Medien wie Weblogs, Facebook, Twitter oder auch Wikis haben neue vernetzte wissenschaftliche Publikations- und Kommunikationsorte entstehen lassen, die für alle zugänglich sind.

Wissenschaftlicher Austausch wird damit nicht mehr nur auf Seminare, Tagungen oder Verlagspublikationen beschränkt, sondern kann von den Beteiligten selbst direkt, vernetzt, interdisziplinär, mobil und mit einer Verbreitung über

Ländergrenzen und über die akademische Gemeinschaft hinaus geführt werden.

Das hat zu einer Intensivierung, Multiplizierung und Dezentralisierung der wissenschaftlichen Kommunikation geführt.

Insbesondere Wissenschaftsblogs sind ein wertvolles Instrumentarium, um über laufende Forschungen zeitnah und direkt zu kommunizieren. In den letzten Jahren ist eine eindrucksvoll vielfältige und lebendige geisteswissenschaftliche

Blogosphäre entstanden, die jedoch erst langsam in den Fokus vieler

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rückt. Das mag zum einen an der Angst vor Informationsüberflutung und der scheinbar mangelnden Qualitätskontrolle bei diesen Publikationsformaten liegen, zum anderen daran, dass diese Form der Kommunikation für die Bewertung wissenschaftlicher Leistungen oder in Berufungsverfahren bisher nicht herangezogen wird. Für die gegenwärtige Wissensproduktion und -kommunikation spielen sie dennoch eine zentrale Rolle, wie in diesem Beitrag anhand einiger deutsch-französischer Blogs der Plattform Hypotheses.org gezeigt werden soll. Der Blick auf dieses europäisch ausgerichtete Portal ist nicht nur deshalb interessant, weil es einen inhaltlichen Transfer der gegenwärtigen Forschung zwischen beiden Ländern veranschaulicht, sondern weil auch die Infrastruktur – das Blogportal selbst – ein Transferprojekt ist.2

Wissenschaftsblogs – Kennzeichen eines neuen Mediums

Ende der 1990er Jahre tauchten im Internet die ersten Weblogs auf.3 Das Wort Weblog, abgekürzt Blog, setzt sich aus den Begriffen Web und Logbuch zusammen. In ihrer Grunddefinition werden sie als öffentlich einsehbare Tagebücher oder Notizhefte verstanden, deren Beiträge in umgekehrter

chronologischer Reihenfolge gelistet sind, das heißt der neueste Beitrag steht ganz oben. Die akademische Gemeinschaft hat sich diese neue Form der Publikation und Kommunikation zu Beginn der 2000er Jahre angeeignet und für die eigenen

Bedürfnisse angepasst. Zu den ersten geisteswissenschaftlichen Weblogs im deutschsprachigen Raum gehört beispielsweise das von Klaus Graf initiierte Gemeinschaftsblog «Archivalia»4 (2003), das nach wie vor in den Bereichen       

2 Es sei darauf hingewiesen, dass ich als Projektleiterin des deutschsprachigen Portals keine neutrale Beobachterin bin, jedoch eine gut informierte.

3 Vgl. Cathleen SARTI, Bloggen, in: Ute FRIETSCH, Jörg ROGGE (Hrsg.), Über die Praxis des kulturwissenschaftlichen Arbeitens. Ein Handwörterbuch, Bielefeld 2013, S. 74-78.

4 Archivalia, http://archiv.twoday.net/. Zu Archivalia vgl. Klaus GRAF, Mareike KÖNIG, Forschungsnotizbücher im Netz. Weblogs in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft, in:

WerkstattGeschichte 21 (2012), Heft 61, S. 76-87, hier S. 81. Online als PDF unter

http://werkstattgeschichte.de/werkstatt_site/archiv/WG61_076-087_GRAF_NETZ.pdf. Alle Links zuletzt geprüft am 16.12.2013. .

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Geschichte, Archiv- und Bibliothekswesen sowie digitale Welt zu den einflussreichsten Blogs gehört.

Wissenschaftliche Blogs schaffen eine Verbindung zwischen traditionellen akademischen Schreibpraktiken und einer Form der Publikation, die mit dem Internet entstanden ist. Sie bilden damit einen neuen Publikationstyp sowie eine neue Art der wissenschaftlichen Kommunikation.5 Anders als in gedruckten Medien kann man in Blogbeiträgen außer Texten auch Hyperlinks, Abbildungen, Videos und Tondokumente publizieren. Für die Vernetzung innerhalb der

Blogosphäre dienen Links auf andere Blogs oder Blogbeiträge sowie Trackbacks und Pingbacks, die automatisch einen Link als Kommentar erzeugen, wenn ein Beitrag in einem anderen Blog zitiert wird. Schlagworte und Kategorien

ermöglichen einen inhaltlichen Zugriff auf die Beiträge. Eine weitere Besonderheit im Vergleich zu den klassischen Medien ist die Interaktivität von Blogs, können Blogbeiträge doch öffentlich kommentiert werden. Die Kommentarfunktion verstetigt den öffentlichen wissenschaftlichen Austausch und macht ihn

ortsunabhängig möglich. Sie schafft gleichzeitig die Möglichkeit für ein Open Peer Review.

Wissenschaftsblogs entziehen sich einfachen Kategorisierungen und können sehr unterschiedlich ausfallen.6 Es gibt keine formalen Vorgaben bezüglich Länge, Stil oder Publikationshäufigkeit der Beiträge. Wissenschaftsblogs können sich an ein Fachpublikum, an die breite Öffentlichkeit oder an beide zugleich richten. Ihre Beiträge können von kurzen Neuigkeiten über Links zu Rezensionen,

Tagungsberichten und eigenen Forschungsbeiträgen reichen. Zu den

kommunikativen Zielen gehören beispielsweise die Verbreitung von Inhalten, die themenbezogene Diskussion, die Vernetzung, das Anhäufen von Sozialkapital sowie viele weitere Ziele, die je nach Blog variieren können.7 Folglich gibt es auch eine sehr große Bandbreite an Wissenschaftsblogs. Sie sind ein «outil de

communication multi-usage»8, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Forschungsprozesses verschieden eingesetzt werden. Gerade die große Freiheit in der inhaltlichen und formalen Gestaltung der Blogs macht den bloggenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Spaß und wird als Befreiung von zuweilen lästigen Formalia erfahren.9 Auch stilistisch gibt es für Blogbeiträge keine Vorgaben. Die Artikel sind oft kurz, der Gebrauch der

«Ich-Form» ist ohne weiteres möglich, teilweise sogar erwünscht, denn subjektiv       

5 Marin DACOS, Pierre MOUNIER, Les carnets de recherche en ligne, espace d’une conversation scientifique décentrée, in: Christian JACOB (Hrsg.), Lieux de savoir, vol. 2: Les mains de l’intellect, Paris 2011, S. 333-354, insbes. S. 334..

6 Für eine Übersicht siehe z.B. GRAF, KÖNIG (wie Anm. 4); Mareike KÖNIG, Anregungen aus der französischen Wissenschaftsblogosphäre, in: Redaktionsblog, 10.3.2013,

http://redaktionsblog.hypotheses.org/993.

7 Zu den Gründen, warum Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bloggen, siehe GRAF, KÖNIG

(wie Anm. 4), S. 79-81. 

8 MOUNIER, DACOS (wie Anm. 5), S. 335.

9 Vgl. Pierre MOUNIER, Die Werkstatt öffnen: Geschichtsschreibung in Blogs und Sozialen Medien, in: Peter HABER, Eva PFANZELTER (Hrsg.); Historyblogosphere. Bloggen in den

Geschichtswissenschaften, München 2013, S. 51-59.

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und engagiert geschriebene Beiträge erhöhen die Anzahl der Lesenden. Viele Blogbeiträge entsprechen jedoch mittlerweile «wissenschaftlichen Gepflogenheiten in Stil und Zitierform vollauf»10. Aufgrund der großen Diversität an Themen, Formen und Blogtypen geben wissenschaftliche Blogs ein uneinheitliches Bild ab, was zur mangelnden Akzeptanz beitragen könnte. Doch nur über diese Vielfalt lässt sich das Wesen der Blogs begreifen. Sie zeigt sich in der Gesamtheit der

Blogosphäre wie auch in einzelnen Blogs: Diese sind das «Sammelsurium des Wissenschaftlers»11, was nicht heißt, dass Blogs ohne inhaltliche Struktur sind.

Auf der französischen Blogplattform Hypotheses.org heißen Blogs «carnets de recherche», also «Forschungsjournale». Die Bloggenden werden als «carnetiers»

bezeichnet. Mit dieser Benennung sollte das Wort «Blog» vermieden werden, dem im Jahr 2008, dem Gründungsjahr der Plattform, der Ruf anhing, Privatpersonen würden sich dort über Banalitäten des Alltags austauschen. Stattdessen sollte die Akzeptanz von Weblogs als eigenes wissenschaftliches Medium erhöht werden, in dem auf ein bereits existierendes Format verwiesen wurde. Mit dem Bezug auf Forschungsnotizbücher oder Laborjournale wurde die Normalität dieser

wissenschaftlichen Praktik betont: Ein Notizbuch zu führen ist für wissenschaftlich Arbeitende eine Selbstverständlichkeit. Doch anstatt das privat und für sich zu tun, werden – überarbeitete – Notizen und Gedanken in Weblogs öffentlich zugänglich gemacht und zur Diskussion gestellt. Mit der Bezeichnung «Forschungsnotizbuch»

wird außerdem ein Hinweis darauf gegeben, wie dieses Medium verstanden werden kann: Potentiell können Blogs wissenschaftlichen Zeitschriften oder anderen

Medienformaten Konkurrenz machen. Dies ist aber (zumeist) nicht intendiert.

Vielmehr bieten die multimedialen und interaktiven Blogs zum einen technisch andere Möglichkeiten und sind zum anderen ein Publikationsort, der eine andere Form der akademischen Kommunikation zulässt, was Auswirkung auf die Inhalte hat. Im Mittelpunkt steht zumeist der laufende Forschungsprozess. Die

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in ihren Blogs bei «geöffneter Werkstatt», wie es Pierre Mounier anschaulich dargelegt hat:

Sie enthüllen darin ihre tagtägliche Arbeitsroutine, ihre Lektüren und manchmal auch ihre Erkenntnisse, ihre Hypothesen, ihre Zweifel. Damit legen sie einen Aspekt ihrer Forschung offen, noch «während diese im Entstehen ist», wie es bei den Soziologen aus der Schule von Bruno Latour heißt.12

Blogs fördern damit die wissenschaftliche Kreativität und sind ein Ort zur selbstkritischen Reflektion der «eigenen Schritte, Fortschritte, Rückschritte,

Zögerlichkeiten, Verunsicherungen, Blockaden, Frust oder Entdeckerfreude»13. Sie

      

10 GRAF, KÖNIG (wie Anm. 4), S. 78.

11 MOUNIER (wie Anm. 9), S. 53.

12 Ibid., S. 52.

13 Wolfgang SCHMALE, Digitale Geschichtswissenschaft, Wien, Köln, Weimar 2010, S. 80f.

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passen deshalb so gut zur Wissenschaft, da diese ihrem Wesen nach ebenfalls kommunikativ, interaktiv und prozesshaft ist.14

Ein wichtiger Aspekt bei der Betrachtung wissenschaftlicher Blogs ist die potentiell weitreichende Verbreitung der Beiträge über den engen Kreis der

Fachgemeinschaft hinaus in die interessierte Öffentlichkeit. Damit besteht insbesondere für Projekte und Personen, die mit öffentlichen Geldern finanziert sind, die wichtige Möglichkeit, die gesellschaftliche Relevanz des eigenen wissenschaftlichen Tuns zu zeigen. «Mit dem Führen eines Blogs treten Wissenschaftler/-innen in die vernetzte Öffentlichkeit, heraus aus dem

sprichwörtlichen Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Gemeinschaft»15. Aber selbst wenn sie im Elfenbeinturm bleiben, so stellt jedes Blog ein Fenster darin dar und die interessierte Öffentlichkeit erhält über Blogs und andere soziale Medien Einblicke in Inhalte und Praktiken der Wissenschaft. Bloggen übernimmt damit auch die Funktion eines Wissenstransfers in die Öffentlichkeit hinein und baut bestehende Hierarchien ab.16 Dies kann auch deshalb gelingen, weil Blogs frei zugänglich sind und hier anders als bei vielen Zeitschriften keine kostenpflichtigen Abonnements einen direkten Zugriff verhindern. Mit der Ausweitung der fachlich relevanten Informationsräume ist eine Erweiterung der Methodenkompetenz gefragt, deren Vermittlung in der universitären Ausbildung bisher zu kurz kommt.

Informationskompetenz und Filterwerkzeuge sind zentral, um sich in der stetig zunehmenden Masse an Informationen zu Recht zu finden. Soziale Netze, wie sie Weblogs darstellen, können beim Filtern relevanter Informationen behilflich sein.

Hypotheses.org: Transfer einer Idee und Entstehung einer europäischen Bloggemeinschaft

In Frankreich existierten früher als in Deutschland Bestrebungen,

wissenschaftliches Bloggen, das in den Naturwissenschaften bereits genutzt wurde, auch in den Geisteswissenschaften zu etablieren.17 2008 wurde aus diesem Grund die Blogplattform für die Geistes- und Sozialwissenschaften hypotheses.org gegründet. Das Blogportal gehört zu den mittlerweile vier Pfeilern der

Publikationsplattform für die Geistes- und Sozialwissenschaften OpenEdition18: Calenda (Termine), Revues (Zeitschriften), Books (Bücher) und Hypotheses (Blogs). Die Plattform unterstützt den Open-Access-Gedanken und wird getragen von den Universitäten EHESS (Paris), Université Aix-Marseille und Université Avignon sowie vom CNRS. Das Blogportal bündelt geisteswissenschaftliche Blogs zentral an einer Stelle und sorgt damit für die erhöhte Sichtbarkeit der Inhalte wie für die Vernetzung der Wissenschaft. Zum Angebot des Blogportals gehört das Aufsetzen, Hosten und Speichern der Weblogs sowie Schulungen und Hilfestellung       

14 Kathrin FITZPATRICK, Planned Obsolescence. Publishing, Technology, and the Future of the Academy, New York 2011, bes. S. 100.

15 SARTI (wie Anm. 3), S. 75. 

16 Vgl. Jan HECKER-STAMPEHL, Bloggen in der Geschichtswissenschaft als Form des Wissenstransfers, in: HABER, PFANZELTER (wie Anm. 10), S. 37-49.

17 Vgl. KÖNIG (wie Anm. 6).

18 OpenEdition, http://www.openedition.org/.

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bei technischen Fragen. Dieser kostenlose Service richtet sich exklusiv an die akademische Community. Der Blogkatalog von Hypotheses.org verzeichnet mittlerweile rund 840 Blogs von Geisteswissenschaftler/innen aller Disziplinen.

Zumeist handelt es sich um thematische Weblogs, die den Dialog mit der

Fachcommunity suchen. Täglich kommt durchschnittlich ein weiteres Blog dazu.

Im Jahr 2013 wurden von den «carnetiers» durchschnittlich 98 Artikel am Tag publiziert. Im Vorjahr waren es 64 Beiträge. Die Blogs hatten durchschnittlich 13.464 unterschiedliche Besucher (unique user) täglich (Vorjahr 7.183), was einem monatlichen Zugriff von 409.544 unterschiedlichen Besuchern auf das Blogportal entspricht (Vorjahr 218.494).19 Die Zahlen belegen eindrucksvoll, «dass es ein Bedürfnis nach direkter, vernetzter und schneller Kommunikation im Bereich der Geisteswissenschaften gibt, dem das Blogportal Rechnung tragen kann.»20

Voraussetzung für die Eröffnung eines Blogs ist die Anbindung an eine Universität oder an eine wissenschaftliche Einrichtung. Ein Beirat bzw. im deutschen Fall eine Redaktion entscheiden im Zweifelsfall über die Annahme eines Blogprojekts.

Bereits bestehende Blogs können zur Plattform migriert werden, um so von der erhöhten Sichtbarkeit des Blogportals zu profitieren. Hypotheses.org versteht sich nicht als Gatekeeper, sondern als Serviceangebot für die akademische Community.

Einmal aufgenommen entscheiden die bloggenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbständig, wie und worüber sie bloggen wollen. Eine inhaltliche Kontrolle durch Beirat oder Redaktion findet nicht statt. Die Blogbeiträge werden auch nicht zentral lektoriert. Doch werden die jeweils besten Beiträge vom Beirat bzw. von der Redaktion für die Startseite ausgewählt.21 Über das Kuratieren der Startseite werden aus der Menge der Beiträge diejenigen herausgefiltert, die für besonders gut befunden werden. Über Kommentare kann die gesamte

wissenschaftliche Gemeinschaft an einem transparenten Open Peer Review der Beiträge teilnehmen, was in der Praxis jedoch nur eingeschränkt geschieht.22 Die Idee, dieses Angebot von Hypotheses.org für das Aufsetzen, Hosting und Speichern von Wissenschaftsblogs auf die deutschsprachigen

Geisteswissenschaften zu übertragen, entstand im Sommer 2011 anlässlich einer Tagung am DHI Paris, bei der die Nutzung von sozialen Medien in den

Wissenschaften thematisiert wurde.23 Im direkten Vergleich mit Frankreich fiel auf, dass in den deutschsprachigen Ländern sehr viel weniger gebloggt wurde.

Thematisch eng geführte Forschungsblogs waren diesseits des Rheins fast gänzlich

      

19 Zu Hypotheses.org und den bisherigen Statistiken vgl. Mareike KÖNIG, Die Entdeckung der Vielfalt: Geschichtsblogs der europäischen Plattform hypotheses.org, in: HABER, PFANZELTER (wie Anm. 9), S. 181-197, hier S. 182-187.

20 Ibid., S. 184.

21 Vgl. Mareike KÖNIG, Was macht eigentlich die Redaktion von de.hypotheses.org (und was nicht)?, in: Redaktionsblog, 3.9.2013, http://redaktionsblog.hypotheses.org/1579.

22 Zu den Kommentaren bei Hypotheses.org sieh KÖNIG (wie Anm. 19), S. 182-183; und KÖNIG

(wie Anm. 6).

23 Vgl. Mareike KÖNIG, Tweets und Gedanken zur Tagung «Im Netz der sozialen Medien», in:

Digital Humanities am DHIP, 11.7.2011, http://dhiha.hypotheses.org/284.

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inexistent.24 Die Suche nach den Gründen für die Unterschiede führte auf das Vorhandensein der Blogplattform Hypotheses.org, eine Infrastruktur für die Geisteswissenschaften, die in den deutschsprachigen Ländern fehlte. Dass solche akademische Portale das Vertrauen in Wissenschaftsblogs als

Kommunikationsformate stützen können, wird aus einer deutschen Umfrage unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Fachrichtungen 2010/2011 deutlich. Dort wurden als Hauptgründe für die Nichtnutzung von

Wissenschaftsblogs die Unübersichtlichkeit der Blogosphäre, die fehlende

Qualitätskontrolle und die vermeintliche Kurzlebigkeit der Blogbeiträge genannt25, alles Punkte, denen Blogportale wie Hypotheses.org mit ihrem Angebot begegnen können. Neben den bereits genannten Vorteilen wird den Blogs dort außerdem seit 2011 von der BnF ISS-Nummern zugewiesen, wofür man in Deutschland bis zum Herbst 2013 warten musste. Blogs werden damit wie andere fortlaufende

Publikationen behandelt, in Bibliothekskataloge nachgewiesen und von den Nationalbibliotheken archiviert.

Im März 2012 wurde de.hypotheses.org in München mit der Tagung «Weblogs in den Geisteswissenschaften oder: Vom Entstehen einer neuen Forschungskultur»26 feierlich eröffnet. Damals gehörten elf Blogs zur Plattform. Während die

technischen Dienste in Marseille angesiedelt sind, wird die Betreuung der deutschsprachigen Bloggenden-Community gemeinsam vom DHI Paris und der Max Weber Stiftung organisiert. Parallel zum Aufbau der deutschsprachigen Seite, die derzeit nach zwei Jahren 102 in den Katalog aufgenommene Blogs enthält, wurde ein spanischsprachiges Portal aufgesetzt (24 Blogs). Ein englisch- und italienischsprachiges Portal sind im Aufbau, die Internationalisierung wird weiter vorangetrieben. Das Portal der französischsprachigen Community unter

fr.hypotheses.org ist das älteste und damit das derzeit größte Sprachportal mit 655 im Katalog verzeichneten Blogs.

Die Gesamteinstiegsseite von Hypotheses.org ist mittlerweile multilingual und enthält die aktuell besten Beiträge aus allen sprachlichen Unterportalen, die von den jeweiligen Beiräten bzw. Redaktionen ausgewählt werden. Damit leistet das Portal einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarmachung der gegenwärtigen europäischen Forschung im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften, und zwar

interdisziplinär, über Sprach- und Ländergrenzen hinweg und über den engen Kreis der Wissenschaft hinaus. Dies macht der Katalog der Blogplattform deutlich, über den man sich beispielsweise Blogs aller Sprachen zu einem bestimmten Thema,

      

24 GRAF, KÖNIG (wie Anm. 4), S. 81; HABER (wie Anm. 1), S. 128.

25 Vgl. die Ergebnisse einer Umfrage aus den Jahren 2010/2011, wonach nur 8% von 1053 befragten Wissenschaftler/innen aller Disziplinen in Deutschland Blogs nutzen, d.h. lesen, kommentieren, schreiben: Anita BADER, Gerd FRITZ, Thomas GLONING, Digitale Wissenschaftskommunikation 2010-2011: Eine Online-Befragung, Justus-Liebig-Universität 2012, http://geb.uni-

giessen.de/geb/volltexte/2012/8539.

26 Zur Resonanz der Tagung siehe Klaus GRAF, Rückblicke auf die Münchner Tagung «Weblogs in den Geisteswissenschaften», in: Redaktionsblog, 12.3.2012,

http://redaktionsblog.hypotheses.org/407.

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einem geographischen Raum oder einer Epoche anzeigen lassen kann.27 Darüber hinaus trägt das Blogportal zur Internationalisierung und zur Verflechtung der Wissenschaften bei. Grundsätzlich kann in allen Sprachen gebloggt werden. Ein wichtiges Ziel ist es, die nationalen Sprachen gegenüber dem Englischen zu stärken.

Internationalisierung und Verflechtung der Wissenschaft: Beispiele deutsch- französischer Blogs

Hypotheses.org versteht sich seit seiner Internationalisierung 2012 als europäisches Blogportal. Die beiden größten Sprachgemeinschaften und die größte Sichtbarkeit hat das Portal derzeit in Frankreich und Deutschland. Nicht zuletzt deshalb dürfte das Portal deutsch-französische Projekte in besonderem Maße anziehen. Ihre Beiträge sorgen für ein Sichtbarmachen und für einen Transfer der gegenwärtigen aktuellen Forschung zwischen beiden Ländern. Die folgenden Beispiele an deutsch- französischen Blogs der Plattform machen die Vielfalt der existierenden

«Hyposphäre» (Wortschöpfung aus Hypotheses und Blogosphäre von Marin Dacos) deutlich und zeigen gleichzeitig, warum Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bloggen. Eine lebendige internationale wissenschaftliche Blogosphäre gibt es freilich auch über dieses Portal hinaus.28

Einblicke in den laufenden Forschungsprozess: Dissertationsblogs

Seit der Existenz von de.hypotheses.org hat im deutschsprachigen Raum die Anzahl der themenzentrierten Blogs zugenommen. Dies macht sich bei den

dissertationsbegleitenden Blogs bemerkbar.29 Sie profitieren am meisten von der Zugehörigkeit zum Portal, da sie aufgrund ihres engen Themas oftmals weniger sichtbar sind. Für die Vernetzung ist es gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs von Vorteil, sich selbst und die eigenen Forschungen online zu

präsentieren, auch wenn Aktivitäten in den sozialen Medien wissenschaftlich bisher wenig anerkannt sind. Dennoch können sie sich eine Reputation erschreiben, können Thesen vorab diskutieren und bekommen unmittelbar eine Rückmeldung.

Inhaltlich verdeutlichen Dissertationsblogs das Neue an dieser Form der

Kommunikation: den Austausch über einen Forschungsprozess, der noch im Gang ist und der oftmals im stillen Kämmerlein erfolgt. Präsentiert wird nicht das

Endprodukt, stattdessen publiziert man noch während des Forschens beispielsweise Lektürehinweise, Fundstücke aus den Archiven, unter Umständen auch Rohdaten.

Manche Blogbeiträge können eine Vorstufe für einen weiter ausgearbeiteten Zeitschriftenaufsatz darstellen.

Ein Beispiel für ein Dissertationsblog im deutsch-französischen Kontext ist das Weblog «Altgläubige in der Reformation. ‹Katholische› Kulturen und

Zugehörigkeiten im Alten Reich und Frankreich (1517–1540)»30. Es begleitet die       

27 Katalog von Hypotheses.org, http://www.openedition.org/catalogue-notebooks.

28 Vgl. GRAF, KÖNIG (wie Anm. 4), hier insb. S. 85-86. 

29 Vgl. Ibid., S. 81.

30 Altgläubige in der Reformation, http://catholiccultures.hypotheses.org/.

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Cotutelle von Marc Mudrak, die an den Universitäten Heidelberg und der EHESS, Paris entsteht. Der Autor publiziert in seinem Blog in deutscher Sprache

beispielsweise Literaturtipps, Rezensionen, Hinweise auf Tagungen, auf eigene Vorträge, auf Ausstellungen sowie Skizzen und Überlegungen zum

Dissertationsprojekt. Darüber hinaus bloggt Marc Mudrak zu «Meta-Themen» rund um den Forschungsalltag wie das Arbeiten in Archiven, die manchmal begrenzte Zugänglichkeit von Quellen sowie allgemein über das Bloggen und den virtuellen Austausch. Thema und Cotutelle legen es nahe, dass viele Beiträge des Blogs für einen Wissenstransfer zwischen Frankreich und Deutschland sorgen, so zum Beispiel die Rezension «Was macht Frankreichs neue Historiker-Generation? Eine Bestandsaufnahme»31.

Sichtbarmachen und Dokumentation: Blogs zu Forschungsprojekten Bei Blogs, die ein Forschungsprojekt begleiten, handelt es sich zumeist um

Gemeinschaftsblogs, die von mehreren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gemeinsam geführt werden. Diese Blogs verfolgen oftmals ein doppeltes Ziel, von denen das eine stärker nach innen, das andere stärker nach außen gerichtet ist: Für die Forschenden selbst dient das Blog der Vernetzung innerhalb und außerhalb der Gruppe sowie der Dokumentation des Projekts. Welche Tagung wann, wo und mit welchen Vortragenden stattgefunden hat etc. ist im Blog dokumentiert. Diese und weitere Informationen zum Fortschreiten des Projekts wurden bisher in Form von Zwischenberichten nicht-öffentlich an die Fördereinrichtungen geschickt. Hier geschieht es für alle sichtbar, was zur Transparenz der Wissenschaftsförderung und zu einem frühen Wissenstransfer beiträgt. Damit verknüpft ist die äußere

Zielsetzung der Öffentlichkeitsarbeit, die gerade von den Geldgebern eingefordert wird, um von ihnen finanzierte Projekte sichtbar zu machen. Der Wunsch der Forschungsförderer nach erhöhter Sichtbarkeit dürfte in den nächsten Jahren weiter zunehmen, so dass in diesem Bereich die Anzahl der Blogs zukünftig vermutlich ansteigen wird.

Deutsch-französische Beispiele sind die Blogs, die im Rahmen des Projekts «Saisir l’Europe – Europa als Herausforderung» entstehen. Gemeinsam gefördert von den deutschen und französischen Bildungsministerien wird das Projekt unter

Beteiligung von sieben Partnern mit dem Ziel durchgeführt, «Europa und seine Gesellschaften intellektuell neu zu ‹begreifen›»32. Das Projekt hat zwar eine eigene Website, doch zusätzlich bloggen die drei Teilprojekte – Sozialstaat, Nachhaltigkeit und Urbane Gewalt – und führen jeweils ein deutschsprachiges und ein

französischsprachiges Blog. Auf ihrem Weblog «Urbane Gewalt» lädt die Forschergruppe beispielsweise zu Lektürekursen und Workshops ein, publiziert

      

31 Marc MUDRAK, Was macht Frankreichs neue Historiker-Generation? Eine Bestandsaufnahme , in:

Altgläubige in der Reformation, 24.9.2013, http://catholiccultures.hypotheses.org/1309.

32 Saisir l’Europe, http://www.europa-als-herausforderung.eu/.

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Call for papers und berichtet über eigene und fremde Veranstaltungen, so dass hier neben der Dokumentation des Projektes auch thematische Sammlungen entstehen.33 Ein weiteres Beispiel für ein Blog, das ein deutsch-französische Forschungsprojekt begleitet ist «Archivum Rhenanum - Digitale Archive am Oberrhein»34. Es

begleitet das Interreg-Projekt «Grenzüberschreitendes Netzwerk digitaler Geschichtsquellen: Archive als Gedächtnisse der historisch gewachsenen Landschaft Oberrhein». Das Projekt läuft über drei Jahre mit dem Ziel, das

historische Gedächtnis des Oberrheingebiets – das auf Archive in Deutschland und Frankreich verteilt ist – virtuell wiederherzustellen und dadurch Grenzen zu überwinden. Bei diesem Projekt stehen die Information der

Forschungsgemeinschaft und der interessierten Öffentlichkeit sowie die Vernetzung der beteiligten Partner im Mittelpunkt. Neben Beiträgen zum Projekt werden

Informationen aus der Region sowie Neuigkeiten über digitale Quellen und rund um das Archivwesen publiziert. Es gibt eine deutsche und eine französische Version des Blogs, wodurch für einen Wissenstransfer gesorgt wird.

Interaktive Tagungsreader: Veranstaltungsbegleitende Blogs

Stark zunehmend auf deutscher Seite ist die Anzahl der Weblogs, die eine Tagung oder eine Veranstaltung begleiten. Dort werden bereits im Vorfeld das Programm der Tagung publiziert, Vortragende vorgestellt und die Abstracts der Vorträge veröffentlicht. Das erinnert an klassische Tagungsreader, nur dass diese hier in den digitalen Raum transferiert und damit interaktiv, multimedial und für alle sichtbar gemacht werden. Auf diese Weise kann bereits vor dem eigentlichen

Tagungsbeginn eine öffentliche Diskussion entstehen. Das Blog dient außerdem der Öffentlichkeitsarbeit und der Dokumentation: Es wird auf die Veranstaltung

aufmerksam gemacht, Informationen dazu gesammelt und im Anschluss

Rückmeldungen, Tagungsberichte, Presseartikel oder die Vorträge als Podcast und Video publiziert.

Veranstaltungsbegleitende Blogs haben die Besonderheit, dass sie zumeist nur für die Zeit von wenigen Wochen oder Monaten aktiv bespielt werden, beispielsweise ein oder zwei Monate vor der Tagung und einen Monat danach. Das bedeutet umgekehrt, dass ein aufgegebenes Blog nicht unbedingt ein gescheitertes Blog ist, denn in diesen Fällen wird die aktive Zeit von vornherein als zeitlich begrenzt angelegt. Archiviert und gespeichert werden diese Blogs auf der Plattform Hypotheses.org genau wie langfristig angelegte Blogprojekte, sie bekommen jedoch keine ISSN verliehen.

Ein Beispiel für ein veranstaltungsbegleitendes Blog mit einem deutsch-

französischen Hintergrund ist das Blog «Junge französische Mediävisten zu Gast in Münster»35. Das Blog begleitet eine Vorlesungsreihe, die bereits seit einigen Jahren       

33 Urbane Gewalträume, http://gewalt.hypotheses.org/.

34 Archivum Rhenanum deutsch: http://archives.hypotheses.org/, französisch: http://archives- fr.hypotheses.org/.

35 Junge französische Mediävisten zu Gast in Münster, http://jeunegen.hypotheses.org/.

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von Torsten Hiltmann an der Universität Münster organisiert wird. Dort werden die französischen Gäste und ihr jeweiliges Vortragsthema auf Deutsch vorgestellt.

Außerdem werden in der Reihe «Fünf Fragen an…» Interviews mit den

Vortragenden publiziert, die von Studierenden durchgeführt werden. Damit kommt das Blog gleichzeitig in der Lehre zum Einsatz. Gerade die Übersetzungsarbeit, die im Rahmen der Blogbeiträge vorgenommen wird, sorgt für einen wichtigen

Transfer der gegenwärtigen französischen Mediävistik nach Deutschland.

Weitere Beispiele für veranstaltungsbegleitende Blogs sind das Blog der

Universität Heidelberg zum Deutsch-Französischen Masterstudiengang36 und das Blog «Charlemagne»37 begleitend zur internationalen Tagung «Charlemagne: les temps, les espaces, les hommes. Construction et déconstruction d’un règne», die aus Anlass des 1200. Todestags Karls des Großen im März 2014 stattfindet.

Aufmerksamkeit schaffen: Blogs eine Veröffentlichung begleitend

Ähnlich wie Veranstaltungen können Blogs auch Veröffentlichungen begleiten. In Frankreich kommen diese Blogs derzeit noch häufiger zum Einsatz als in

Deutschland. Ein Beispiel dafür ist die Zeitschrift «Trivium», die über ein eigenes Blog verfügt.38 Dort werden Neuigkeiten über die Zeitschrift und ihre Ausgaben sowie Hinweise auf andere deutsch-französische Zeitschriften und Themen rund um die digitalen Geisteswissenschaften publiziert. Auch Buchreihen werden mit einem Blog begleitet. Die Beiträge zeigen den Entstehungsprozess, eventuelle Tagungen, die dazu veranstaltet werden, Lektürenotizen, Porträts der Autoren, oder auch das Presseecho. Auf diese Weise kann auf eine Reihe hingewiesen werden, wenn schon ein Band erschienen ist und die anderen sich noch in der Produktion befinden.39

Blogs zur Vernetzung

Grundsätzlich gehört Vernetzung bei allen Wissenschaftsblogs zu den wichtigsten Zielen. Das Führen eines Blogs erhöht die Sichtbarkeit im Netz. Blogs und ihre Inhalte werden über Suchmaschinen hoch gerankt. Man erfährt von ähnlichen Projekten, von Personen, die zu einem verwandten Thema arbeiten und kann mit diesen Kontakt aufnehmen. Darüber hinaus gibt es Blogs, die ganz gezielt für die Vernetzung von Mitgliedern oder Gleichgesinnten eingesetzt werden. Zumeist handelt es sich dabei um Multiautorenblogs, bei denen die interessierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich und ihre Aktivitäten selbst vorstellen. Die Website von Romanistik.de, die im Mittelpunkt des Beitrags von Kai Nonnenmacher in diesem Buch steht, verfolgt dieses Ziel. Auf der Plattform von Hypotheses.org gehört das Blog «Deutsch-Französisches Mediävistenforum»40       

36 Deutsch-französisches Master- & Doktorandenprogramm, http://dfmdp.hypotheses.org/.

37 Charlemagne, http://charlemagne.hypotheses.org/.

38 Trivium, http://trivium.hypotheses.org/. Zu Trivium vgl. den Beitrag von Julie Sentis in diesem Band.

39 Ein Beispiel ist das Blog begleitend zu Lieux de savoir, http://lieuxdesavoir.hypotheses.org/.

40 Deutsch-Französisches Mediävistenforum, http://dfmfa.hypotheses.org/.

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in diese Kategorie. Es versteht sich als zentrale Anlaufstelle für deutsche und französische Mediävisten, die sich über aktuelle Forschungen im Bereich der Mediävistik des anderen Landes informieren oder einen möglichen Partner für einen gemeinsamen deutsch-französischen oder europäischen Projektantrag finden wollen. Ein Blog, das neben anderen Zielen auch Vernetzung anstrebt, ist «Histoire du Saint Empire – Regards croisés franco-allemandes»41. Das Projekt möchte deutsche und französische Historikerinnen und Historiker, die über das Heilige Römisch Reich arbeiten, vernetzen.

Einblick in Archive: Quellenblogs 

Quellenblogs entstehen zumeist parallel zu einer Dissertation oder einem

Forschungsprojekt. Während es in sehr vielen Wissenschaftsblogs eine Kategorie

«Quellen» oder «Archive» gibt, werden hier ausschließlich Quellen zu einem bestimmten Thema publiziert, oftmals mit Anmerkungen versehen und kritisch kommentiert. Ein Beispiel ist das von Claudie Paye und Nicola Todorov geführte Blog «Napoleon auf der Spur: Quellenblog zur napoleonischen Ära in den

deutschen Landen»42. Dort werden nicht nur einzelne Quellen veröffentlicht und erklärt, sondern u.a. auch Kurzbiographien von erwähnten Personen, Porträts von Institutionen und Publikationen zum Thema vorgestellt.

Transfer über Methodenblogs 

Bei den Methodenblogs gibt es auf Hypotheses.org mit dem französischsprachigen

«Germano-Fil»43 und dem deutschsprachigen «Franco-Fil»44 zwei Beispiele, die dem Transfer zwischen Deutschland und Frankreich gewidmet sind. Beides sind Gemeinschaftsblogs, die vom CIERA und vom DHI Paris geführt werden und sich an Studierende, Doktoranden und Forschende, die über das andere Land arbeiten, richten. Im Mittelpunkt stehen Informationssuche und wissenschaftliche

Informationen über Deutschland bzw. Frankreich: Es werden die Dokumentations-, Bibliotheks- und Archivlandschaften vorgestellt, Online-Angebote präsentiert und Tipps gegeben für die effektive Suche mit deutschen bzw. französischen

Schlagworten in Katalogen und Datenbanken. Dabei werden aus der Kenntnis des anderen Landes heraus die spezifischen Fragen von Deutschen und Franzosen über das jeweils andere Land aufgegriffen. «Germano-Fil» ist außerdem

seminarbegleitend: Im Universitätsjahr werden drei halbtägige Kurse angeboten, in denen Einführungen in die Online-Recherche gegeben werden. Der Vorteil der Blogpublikationen gegenüber gedruckten Einführungen zur Online-Recherche liegen in der Schnelligkeit des Publikationsverfahrens sowie in der Möglichkeit, Beiträge zu aktualisieren und Fragen über die Kommentarfunktion zu beantworten.

Schlussbetrachtungen

      

41 Histoire du Saint Empire – Regards croisés franco-allemandes, http://saintempire.hypotheses.org/.

42 Napoleon auf der Spur, http://naps.hypotheses.org/.

43 Germano-Fil, http://germano-fil.hypotheses.org/.

44 Franco-Fil, http://francofil.hypotheses.org/. 

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Mit den hier vorgestellten Kategorien ist die Vielfalt der verschiedenen Blogtypen noch keineswegs erschöpft. Blogs zu einer Debatte, Laborblogs, Ausgrabungsblogs, Bibliotheksblogs, Monitoringblogs, Blogs zu Lehrveranstaltungen und weitere Formate ergänzen das Spektrum, wie aus dem Katalog von Hypotheses.org sichtbar wird. Dabei sind diese Kategorien immer idealtypisch zu verstehen. Viele

Wissenschaftsblogs lassen sich mehreren Kategorien zuordnen. Die hier vorgestellten Beispiele veranschaulichen exemplarisch die derzeitigen Blogpraktiken wie auch zukünftiges Potential dieser Formate. Neben der Verbreitung aktueller Forschungsergebnisse tragen Blogs dazu bei, dass

wissenschaftlicher Austausch und Kontakte intensiviert, verstetigt und alltäglich werden. Akademische nationale und transnationale Netzwerke werden über diese Kanäle sichtbar. Wissensproduktion und -rezeption zwischen Deutschland und Frankreich war noch nie so zeitnah an der Forschung, technisch einfach, flexibel, mobil, horizontal und mit einer so großen Reichweite möglich. Die Popularisierung des Wissens und der Transfer in die interessierte Öffentlichkeit ist dabei – wenn nicht explizit gewollt – so zumindest immer ein Nebenprodukt. Auch wenn die wissenschaftliche Anerkennung derzeit noch fehlt, steigt doch die Zahl derjenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an, die soziale Medien und insbesondere Blogs für den wissenschaftlichen Austausch nutzen. Das freie Zirkulieren von Wissen und Ideen und deren gemeinsame Weiterentwicklung über Diskussionen und Kommentare können für die Wissenschaft nur förderlich sein.

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