C OMPOSITIO M ATHEMATICA
W ALTER W UNDERLICH
Beitrag zur Kenntnis der Minimalschraubflächen
Compositio Mathematica, tome 10 (1952), p. 297-311
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Von
Walter Wunderlich
Wien
§
1. DieFrage
nach derBestimmung
aller(reellen )
Minimal-fliichen,
diegleichzeitig Schraubflächen sind,
hat schon H. F.Scherk
gelôst 1).
Ergibt
dieGleichung
der Meridiankurve an, dieinfolge
ihrer Unübersichtlichkeitallerdings
zu keiner Diskussionverlockt,
und hebt den Sonderfall derWendelfliiche
und denGrenzfall des Katenoids
(der Minimaldrehfläche)
hervor. Eineglücklichere Parameterdarstellung
verwendet dann O.Bonnet,
der auch auf einegeometrische Erzeugung
der Minimalschrauh- flächen hinweist2).
Seither finden sich dieselben als beliebtesBeispiel
von lBfinimalflachen an vielenStellen,
ohnedaB jedoch
eine nähere
Untersuchung angeschlossen
würde3).
Es muB ferner
wundernehmen,
daB dieFrage
der Minimal- schraubflächen anscheinend niemals mit Lieschen Ideen behandelt worden ist. Nachder. Auffassung
von S. Lie ist bekanntlichjede
Minimalfläche eine
Schiebfliiche,
die durchVerschiebung
einerMinimalkurve
langs
einer anderenentsteht;
reelle Flachen kom-men dabei im wesentlichen nur dann
zustande,
wenn die beidenMinimaikurven
in einerAusgangslage konjugiert-imaginär
sind4).
Die
fraglichen Minimalschraubflächen
erscheinen damit im Rah-men der
komplexen
Geometrie nur als einSpezialfall
der Schraub-schiebflächen,
deren reelleSpielart
bereitseingehenderer
Betrach-tungen gewürdigt
worden ist5).
Dieser
Gesichtspunkt liegt
nun dervorliegenden Darstellung
zuGrunde,
die nicht nur mitgeringstem
Aufwand zu den reellen Minimalschraubflächenführt,
sondern in derFolge
auch nocheinige
unbekannteEigenschaften
dieser Fh,chen aufaeckt.1) H. F. ScIiERh [1].
2) 0. BONNET [2], insb. 224. - Vgl. auch U. DINI [3].
3) Beispielsweise bei G. DARBOUx [4], 333; L. BIANCHI [5], 354; W. BLASCHKE
[6], 132.
4) S. LiE [7].
5) L. BURMESTER [8]; 1£. MÜLLER [10].
§
2. Sei also 0 eine reelleMinimalschraubfläche,
deren Achse demnach einereelle, eigentliche
Gerade ist und als z-Achse des zuverwendenden
Koordinatensystems
dienen soll. Seienferner lo
undl zwei benachbarte Minimalkurven der
gleichen
Schar. Da 0 eine Schraubfhâcheist,
so existiert einegewisse Schraubung
um z,die
lo
in 1überführt;
da 03A6 eine Minimalflàcheist,
so existiert auch einegewisse Schiebung %,
dielo
nach lbringt.
Esgilt
somitEs
gibt
mithin einegewisse Bewegung
U =D-1J,
die die Kurvelo
in sich transformiert. Mit Rücksichtdarauf,
daB sowohl D als auch % diez-Richtung
festlassen und Uvermôge
Cw1 einen echten rotatorischen Bestandteilenthâlt,
handelt es sich bei U um eineSchraubung
mitz-paralleler Achse. lo verträgt
natürlich nicht nurdie Schraubtransformation
U,
sondern die ganze, durch Um-kehrung
undWiederholung erzeugte
diskontinuierliche Schrau-bungsgruppe
Un(n ganz).
LaBt man nun 1 im Rahmen der Mini- malkurvenschar gegen dasfestgehaltene Individuum lo rücken,
so unterscheidet sich U immer
weniger
von der Identitât und Un wird zu einer kontinuierlichenSchraubungsgruppe, die lo
in sichüberführt: Die
Minimalkurve lo
- undjede
ihrerNeulagen l
-ist demnach eine Schraublinie mit
z-paralleler
Achse6).
Gleiches
gilt
auch für diezweite,
zur erstenkonjugierte
Minimal-kurvenschar
(1).
Umgekehrt
istklar,
daB durchVerschraubung
einer achsen-parallelen
Schraublinie stets eine Schiebf lâcheerzeugt
wird.§
3. Um also eine reelle Minimalschraubfläche zuerhalten,
braucht man nur eine Minimalschraublinie 1 mit
z-paralleler
Achse(Schraublinie
mit derSteigung i ) herzunehmen
undlangs
derkonjugiert-imaginären
Schraublinie1
zu verschieben. Inbeque-
mer
Abänderung
kann man auch zwei PunkteP, P
zwei kon-6) Bei der Anwendung derselben
Überlegungen
auf die Scltraubschiebfliichen allgemein ist zunâchst noch die Môglichkeit in Betracht zu ziehen, daB die Ver-schraubung von 10 aus der Schiebkurvenschar (1) herausführt. Es existieren dann auBer der Schar (1) noch unendlich viele weitcre Schiebkurvenscharen, die durch Schraubung untereinander vertauscht werden. Von den FHichen, die auf unendlieli viele Arten als Schiebflâchen aufgefaBt werden kônnen und die seinerzeit von S.
LIE eingehend untersucht worden sind, zâhIen allerdings nur die JJT endelfliiche und
der Drehzylirtder zu den Schraubfh,chen; bei der Wendelfiâche tritt überdies keine
Vertauschung der Schiebkurvenscharen ein. Erst nach Klârung dieses Sachverhalts darf sodann die SchluBweise aus § 1 angewandt werden, die natürlich gleichfalls aehsenparallele Schraublinien als Schiebkurven liefert.
jugiert-imaginâre
Minimalschraublinien n1, in durchlaufen lassen und den Ort derMittelpunkte
T derPunktepaare PP
aufsuchen : Esergibt
sich eine Schiebflache0,
deren Schiebkurven vom Punkt T beschriebenwerden,
wenn entweder P oderP festgehalten "rird;
sie entstehen aus den Grundkurven in, m durch zentrisch âhnliche
verkleinerung
1 : 2 und sind also Minimalschraublinien wie diese.Die reellen Punkte der Flache
ergeben
sichdabei,
wenn P und Pkonjugiert-imaginàre Lagen
einnehmen.Setzt man mithin die
Gleichungen
der Miniinalschraublinie m- unter Verzicht auf
überflüssige
additiveKonstanten,
die nur eineParallelverschiebung
bewirken würden - in der Gestaltan, so
ergibt
sich dieDarstellung
derzugehôrigen
Minimalfläche 03A6 nach demGesagten
durchWerden hierin die
komplexen Konstanten r, r
und diekomplexen
Parameter ~,
ç3
mittels ihrerKomponenten gemâB
ausgedrückt,
wobei im Laufe dcrEntwicklung
von den IdentitâtenGebrauch zu machen
ist,
so erhàlt man schlieBlich diefolgende
reelle
Parameterdarstellung
derMinimalschraubfläche:
§
4. Einevorläufige Betrachtung
desGleichungssystems (4) gestattet
zunächst(unter
derVoraussetzung ab ~ 0) folgende Èeststellungen
über die Parameterlinien:Die
03BE-Linien (q
=const)
sindgewôhnliche
Schraublinien mit der Achse z; sieliegen
auf den koachsialenDrehzylindern x2
+y2=
= const und haben den
gemeinsamen Schraubparameter
b(Gang-
hôhe
203C0b), während 03BE
den Schraubwinkel bedeutet. Damit ist der Schraubcharakter der Flachebestätigt.
Die
~-Linien (e
=const)
kônnendemgegenüber aIs "Pseudo-
schraublinien" mit der Achse z
angesprochen
werden. Da sie durchVerschraubung
auseinanderhervorgehen,
sind sie untereinanderkongruent
und esgenügt
etwa dasPrototyp 03BE
= 0 zu betrachten :Diese Kurve verläuft auf dem
hyperbolischen Zylinder (x/a)2 - (yjb)2
= 1 und ist Bahnkurve einerpseudoeuklidischen Bewegungsgruppe,
die anstelle desgewôhnlichen Längenelements
ds2 =
dX2 + dy2
+ dz2 dasanaloge ds2=(dx/a)22013(dy/b)2±(dz/c)2 festläßt;
alsSchraubparameter
wâre hierbei die Konstante a zu bezeichnen. Die Kurve istübrigens
auchgewôhnliche Bôschungs-
linie für die
Lotrichtung
y, denn dieFortschreitungsrichtungen genügen
derBeziehung
dx2 + dZ2 =(a/b )2dy2;
dieSteigung
be-trägt
mithinb/a.
Der NormalriB auf die xz-Ebene ist eine Ketten-linie,
dieNormalprojektionen
auf dieEbenen x ± z
= 0 sindExponentialkurven 7). Infolge
des(komplex-)
affinen Zusammen-hangs
mit einergewöhnlichen
Schraublinie ist sicher auch die Pseudoschraublinie eineGewindekurve,
d.h. ihreTangenten
ge- hôren einemgewissen
linearenStrahlkomplex (Gewinde)
an. Dieswird sich
spâter (§ 9)
noch von einem anderenGesichtspunkt
ausbestätigen.
Im ersten Grenzfall a = 0
degeneriert
dieLinie 03BE
= 0 zur y- Achse x = z = 0: Die von derselbenerzeugte
Schraubflache ist dieWendelfläche,
die zu den altesten Minimalflachen zahlt.Im zweiten Grenzfall b = 0 werden die
03BE-Linien
zu koachsialenKreisen,
wahrend sich dieErzeugende e
= 0 auf die in der xz-Ebene
gelegene
Isettenliniex/a
=ch(z/a)
reduziert: Die sich ein- stellende Minimaldrehfläche ist das wohlbekannteKatenoid,
auchKettenfläche genannt.
§
5. Eine tiefere Einsichtergibt
sich beiHeranziehung
dersphârischen Abbildung.
Ordnen wiralso
mit Gauss demFlächen- punkt T(03BE, ~) jenen
Punkt T* derEinheitskugel
zu, dessen Radiusgleichsinnig parallel
zu der in bestimmter Weise orientierten Flächennormale in Tist,
und bildeii wir zu diesem Zwecke die Matrix derpartiellen Ableitungen
von(4) nach 03BE
und 1, oderbequemer
von(2) nach 99 u»d §5 (~, ~
alsunabhangige
Parameterbetrachtet),
7) B,. gl. diesbezüglich Fig. 1. - Die Pseudoschraublinien treten schon a.a.O.
bei O. BONNET auf; auBerhalb dièses Zusammenhanges diskutiert sie G. LORIA
[12], 169.
dann
legen
deren Unterdeterminanten dieNormalenrichtung
fest:Nunmehr bedarf es nur noch der
Normierung
zurQuadratsumme
1, um die Koordinaten dessphärischen Bildpunktes
T* zuerhalten:
Aus diesen Formeln ist zu
entnehmen,
daB dem Parameter- liniennetz der Minimalschraubflache imsphärischen
Bild dasgeographische
Koordinatennetz derEinheitskugel entspricht.
Imbesonderen bilden sich die
03BE-Linien
auf die Parallelkreise und die~-Linien
auf die Meridiane ab. Ersteres istgeometrisch
einleuch-tend,
da dieNeigung
der Flächennormalelängs
einer Bahnschraub- linie unverânderlich ist. Letztereszeigt wiederum,
daB samtlicheTangentialebenen längs
einerq-Linie parallel
zur Achse des zu-gehôrigen
Meridiankreisessind,
so daB beiBetrachtung
in dieserRichtung
die betreffendeq-Linie
dieUmrißkurve
der Flache ab-gibt.
Die den UmriB für diey-Richtung
darstellendeKurve e
= 0 laBtvermôge
ihrerGleichungen (5) erkennen,
daB derlängs
einerq-Linie
umschriebeneZylinder
eine Kettenlinie als Normalschnitt besitzt. Damit ist eine bisherunbekannte, generelle
und sehr ein- facheErzeugung
der Minimalschraubflachen gewonnen.Satz 1. Wird ein
"Kettenzylinder"
x = a.ch(z/a)
um die z-Achse
verschraubt,
so hüllt er stets eineMinimalschraub f hzche
ein
8).
Für a ~ 0 artet der
Kettenzylinder
in das Ebenenbüschel umdie
y-Achse
aus und hüllt dann die Wendelflâcheein,
wogegen sich das Katenoid für b ~ 0, also bei Rotation desKettenzylinders
einstellt.
§
6. Die in Satz 1festgehaltene Erzeugungsweise gibt
aucheine brauchbare
Grundlage
für diedarstellend-geometrische
Be-handlung
der Minimalschraubflàchen.Fig.
1 illustriert die Ent- 8) Analog gilt etwas allgemeiner der gleichfalls noch nicht ausgesprochene Satz:Wird ein Sinuszylinder" x = a sin (z/c) um die z-Achse verschraubt, so hüllt er
stets eine Schraubschiebfläche ein. Auf diese Weise entstehen jedoch nicht die all- gemeinsten Schraubschiebflächen, sondern nur jene speziellen, deren Schiebkurven Schraublinien gleichen Anstiegs sind.
stehung
von Grund- und AufriB einer solchenFlâche, ausgehend
von einer
projizierenden Lage
deserzeugenden Kettenzylinders.
Der fehlende GrundriB der
Berührungskurve
kannfolgendermaBen
konstruiert werden: Sei e eine
Erzeugende
desKettenzylinders
undT die
zugehôrige Tangentialebene (die
sich sofortangeben HiBt,
da ihr
Neigungswinkel
v gegen die z-Achse durch cos v =alx
fest-gelegt ist);
die von i bei derVerschraubung
umhüllte Torse wirdvon ï
längs
einer zur AufriBebeneparallelen Erzeugenden f
be-rührt,
deren Abstand von der z-Achse den leichtangebbaren
Bc-Fig. 1. Darstellung einer Minimaischraubfläche in Auf- und GrundriB (a:b = 1:1).
trag y
= btg v hat,
wobei b denSchraubparameter
bezeichnet.Im Schnitt von e und
f
hat man dann einen Punkt derBerührungs-
kurve. Auch auf diese Weise laBt sich
folgern,
was auf Grund von(5)
bereits bekanntist,
daB dieBerührungskurve
im GrundriB alsHyperbel
erscheint.§
7. Um für die Minimalschraubflâehe eine der(untereinander kongruenten)
Schichtenlinien z = const zufinden,
setze man in(4)
etwa z = 0. Die daraus flieBende
Parameterbedingung 03BE :
~ == 2013a : b laBt sich mittels eines
Hilfsparameter
0durch 03BE = a6,
YI = 2013 b6 erfüllen und liefert damit die
Darstellung
Es handelt sich hierbei um eine
sogenannte Hyperzykloide 9)
2013eine
jener merkwürdigen Rollkurven,
die als reelle Bahn einesUmfangspunktes
eineskomplexen
Kreises(R’ = 1-/2) angesehen
werden
kann,
wenn dieser auf einemnullteiligen
Kreis( R
=ib )
rollt. Diese
Feststellung
steht inÜbereinstimmung
mit der Tat-sache,
daB die Schichtenlinien der Schraubschiebflächen stets Radliniensind,
und zwar imallgemeinen Trochoiden,
imSpezial-
fall
gleich
steiler Schiebkurven(vgl.
FuBnote8) jedoch Zykloiden.
Durchsichtiger gestaltet
sich der Sachverhalt beiVerwendung
des in
Fig.
1 auch konstruktivausgewerteten Gedankens,
dieMantelstrahlen e des die Schraubflâehe
erzeugenden
Ketten-zylinders x
= ach(z/a) jeweils
in die Grundebene z = 0 zu ver-schrauben,
wo sie dann die Schichtenlinie einhüllen. Der Schraub- winkelbeträgt
03C3 =z/b
und der Achsabstand h = x bleibt unver-ändert,
so daB sich dieSchichtenliniengleichung
inpolaren Speer-
koordinaten
h,
03C3 sofort hinschreiben lâBt:Diese
Gleichung
kennzeichnet bekanntlich eineHyperzykloide
mit dem Scheitelradius R + 2R’ = a und dem
Spitzenradius
R = ib.
Es
gilt
mithin der ebenfalls nochnirgends genannte
Satz 2. Eine
Minimalschraubfläche
kann stets durch Verschrau-bung
einerHyperzykloide
uin die imMittelpunkt auf
die Ebeneerrichtete Normale
erzeugt werden,
wenn derSchraubparameter gleich
de1ni- f achen
desSpitzenabstandes gewâhlt
wird.Die
Spitze
beschreibt dann eine Minimalschraublinie.9) H. WIELEITNER [13], 212.
§
8. Für die UmriBkonstruktion beigeneigter Aufstellung (wie
etwa inFig. 2)
wird dieBerührungskurve
des der Fläche um-schriebenen und zur
Blickrichtung parallelen Zylinders benôtigt;
werden die Sehstrahlen durch Lichtstrahlen ersetzt, so wird die
Berührungskurve
zurEigenschattengrenze.
Für die Gestaltsunter-suchung
derselben bedeutet es offenbar keineEinschränkung,
wenn die
Lichtrichtung parallel
zur xz-Ebenevorausgesetzt
unddann durch den
Ursprungsstrahl
repräsentiert
wird. Der derEigenschattengrenze
in dersphäri-
schen
Abbildung entsprechende EigenschattengroBkreis
der Bild-kugel liegt
in der zurLichtrichtung
normalen DurchmesserebeneGemäß
(7)
flieBt daraus unmittelbar dieGleichung
dergesuchten Eigenschattengrenze
in FlächenkoordinatenWerden e und q
aus(11)
und den ersten zweiGleichungen (4) eliminiert,
soergibt
sich alsGrundriß
der transzendentenEigen- schattengrenze
diealgebraische
Kurve 4.Ordnung
Dieselbe ist bizirkular und
symmetrisch
zury-Achse
und weist inL (0, 2013mb)
einenDoppelpunkt auf;
sie ist demnach die Inverse oder auchFuBpunktskurve
einesKegelschnitts. Darstellend-geo-
metrisch
ergibt
sie sich als Ort derFuBpunkte
der ’aus dem festen Punkt L auf die sich um denMittelpunkt
0 drehende Schichten- linie(9) gefàllten
Lote10).
§
9. Diein §
5eingeführte sphiirische Abbildung
ist - wie fürjede
Minimalflàche 2013 winkeltreu(konform).
Geometrisch beruht diese Tatsachedarauf,
daB einander die Minimalkurvenentspre-
chen. In der Tat: DieTangentialebenen
einer Minimalfläche 03A6 in den Punkten einer Schiebkurve sindparallel
zu einerisotropen Schiebrichtung,
und die dazuparallelen Tangentialebenen
derBildkugel
0* berühren in den Punkten der beiden zur Schiebrich-tung parallelen Erzeugenden,
von denen auf Grund der Orien- 10) vgl, diesbezüglich, insbesondere auch hinsichtlich der Schraubschiebflachen,L. BURMESTER r9]. Ferner H. WIELEITNER [13], 210.
tierung
die eineausscheidet; jedenfalls
sind einander aber die beidenMinimalkurvensysteme,
bestehend aus den Schiebkurven von 0 und denErzeugenden
von03A6*, zugeordnet,
und damitfolgt
mittels der
Laguerreschen
Formel und der beijeder topologischen Abbildung
vorhandenenDoppelverhaltnistreue
hinsichtlich derFortschreitungsrichtungen
inentsprechenden
Flâchenelementen die Winkeltreue.Das
(03BE, ~)-Netz
imvorliegenden
Fall ist demnach ebenso wie auf derKugel
auch auf der Minimalschraubflâeheorthogonal.
DiePseudoschraublinien 03BE
= const sind alsOrthogonaltrajektorien
der
Bahnschraublinien ~
= constGewindekurven,
denn ihre Tan-genten gehôren
demBahnnormalengewinde
derSchraubung
an.Damit ist eine
Aussage aus §
4bestâtigt
undpräzisiert.
Nun istaber
bekannt,
daB solche Kurvengeodiitische
Linien der Schraub- flàcheabgeben,
weil ihreSchmiegebenen
mit den Nullebenen derKurvenpunkte (für
das mit dem Gewindeverknüpfte
lineare Null-system)
zusammenfallen und daher diejeweiligen
Flächennor- malen enthalten. Diesespeziellen
Geodätischen einer Schraub- flache wurden von E. MüllerHauptgeodätische" genannt 11).
§
10. Schreibt man in(1)
und läßt man r unter
Festhaltung
des absolutenBetrages
c vari-ieren,
indemman À
das Intervall von 0 bis 203C0 durchlaufenlaBt,
so erhâlt man eine
einparametrige
Serie von Minimalschraubflâ-chen,
die durchBiegung
auseinanderhervorgehen.
Zum Nachweis berechne man mitBenützung voh (6)
dasBogenelement
das sich als
unabhànging
N,on ),, erweist. - Durehlâuft ), das ge- nannteIntervall,
so anderen sich die Koeffizienten der Flache-gleichung (4) gemâl3
und die Minimaiflâche
verbiegt
sich kontinuierlich vom Katenoid )" = 0 alsAusgangsform
zu einerrechtsgàngigen Wendelfliiche
03BB =
03C0/2,
hierbeiallgemeine
Zwïschenformen von Minimalschraub- flachen durchlaufend(Fig. 2);
dann weiter zumumgestülpten
Katenoid = n, zu einer
linksgângigeii
Wende03BBfläche 03BB =303C0/2
und schliel3lich zur Urform 03BB = 2n.
11) E. MULLER [11].
Fig. 2: Bonnetsche Verbiegung der Kettenflâche über allgemeine Minimalschraub- fh,clien zur Wendelf lâche.
Dieser
geschlossene Biegungszyklus
von Minimalflàchen ist als BonnetscheTransformation bekannt.
JederFlächenpunkt
be-sehreibt dabei eine
Ellipse
um denUrsprung,
auf der die vier Stationen 03BB = 0,03C0/2,
n,3n/2
dieEndpunkte konjugierter
Durch-messer bilden
12).
Jedes Flächenelement behält während der Bie- 12 ) Diese Eigenschaft wurde zur Konstruktion der Zwischenformen in Fig. 2 ausgenützt: Zunachst wurden die einfachen Grenzformen 03BB0 = 0 und ).1 = 03C0/2 in gïeicher Weise axonometrisch abgebildet; anschlieBend wurden die beiden Lagengung seine
Stellung
unverândert bei - wie imvorliegenden
Fallaus der
Unabhängigkeit
dessphärischen
Bildes(7)
vomBiege- parameter
zu ersehen ist - und erfâhrtlediglich
eine zu à pro-portionale Drehung
um die Flächennormale.DaB die
~-Linien geodiitisch sind,
leuchtetjetzt ein,
denn dieseihre in den Sonderfällen 03BB = 0
oder.-r/2
evidenteEigenschaft
kannwährend des
Biegeprozesses
nicht verlorengehen.
§
11. Flächenkoordinaten von der Art des verwendeten(e, ~)-Systems,
die imsphârischeii
Bild auf Parallelkreise und lkleridianeführen,
lassen sichauf jeder
Flacheeinführen;
sie über-ziehen dieselbe mit einem Raster aus
Lichtgleichen (Isophoten)
für
z-parallele Beleuchtung
undEigenschattengrenzen
für z-nor-male
Lichtrichtungen.
Dieses schon von O. Bonnet benützte Koordinatennetz fällt fürMinimalfliichen infolge
der Winkel-treue der
sphärischen Abbildung (bei beliebiger Aufstellung) orthogonal
aus. Deutet man in diesem Fall die Bonnetschen Ko-ordinaten 03BE, ~
einesFlächenpunktes
T als kartesische Koordinaten einesBildpunktes
T in derEbene,
so erhâlt man eine zweitekonforme Abbildung
derMinimalflache,
diesmal auf eine Ebene.Für die Minimalschraubflächen ist dies ohne weiteres aus
(14)
ab-zulesen,
der tieferegeometrische
Grundliegt
aber wiederdarin,
daB dieMinimalkurven ~, ~
= const der Flache auf die Minimal-geraden 03BE ± i~
= const der Ebeneabgebildet
wérden.Unter
Zwischenschaltung
derBildkugel
erweist sich die Bonnet- scheAbbildung
T ~ Tübrigens
alsZusammensetzung
dersphä- rischen Abbildung
T ~ T * mit derMercator-Projektion"
T* ~ T.§
12. DieBewegungegruppe 99’
= 99 + d der die Minimal- schraubflache bestimmenden Schraublinie m ist imKomplexen zweigliedrig
und kann in ooleingliedrige Untergruppen
zerlegt
werden.Unterliegt gleichzeitig m
derkonjugierten
Bewe-gung, so wird damit
jeweils
eineeingliedrige Transformations- gruppe B
der MinimalflächeT0, T1 eines Flàehenpunktes (e, ~) auf ein das verwendete Achsenkreuz O(x, y, z) tragendes, durchsichtiges Pauspapier iibertragen. Auf demselben wurde dann die Linearkombination OTo . cos)w + 0 Tl . sin  = OT gebildet - was bei geschickter Verwendung des Stechzirkels nur zwei Hilfslinien erfordert - und der so gewonnene Punkt T wurde schlieBlich auf ein mit dem gleichen Achsenkreuz O(x, y, z) ver-
sehenes Zeichenpapier durchgestochen.
induziert. In der Bonnetschen Ebene
(03BE, ~)
bilden sich diese Auto-morphien ?
und ihre Bahnkurven auf die ~1 reellenSchiebun,gs-
gruppen und deren
Bahngeraden
ab.Nachdem die ool Bahnkurven einer
Automorphie 93
unterein-ander
kongruent
sind - siegehen ja
durchSchraubung
auseinan-der hervor
- genügt
es, alsPrototyp
etwa die Bahn des Punktes03BE = ~
= 0 zu betrachten. IhreDarstellung
lautet auf Grundvon
(4)
Diese Kurve ist im
allgemeinen
transzendent undkann,
da siedurch
Zusammensetzung
zweierkomplexen Schraubungen
er-zeugt wird,
inAnlehnung
an eine von F.Hohenberg geprâgte Bezeichnung13) eine Pseudohelikoide" genannt werden ;
im Grund-riB erscheint sie als Pseudotrochoide
9).
Zu dieserKurvenkategorie gehôren beispielsweise
die Schichtenlinien z = const(03B1 : 03B2 =
= 2013a :
b ), ferner,
wie sichzeigen wird,
noch eine Reihe andererwichtiger Flächenkurven,
u.a. dieFallinien, Schmieglinien
undKrümmungslinien.
Je zwei solche Kurvenscharen durchsetzen einander offenbar
isogonal,
wie es diezugeordneten
Parallelenbüschel in der Bonnet- schen Bildebenezeigen.
Imsphärischen
Bild würden die bekann- tenKugelloxodromen
erscheinen.§
13. Was zunächst die Fallinienbetrifft,
so sind diese alsFig. 3: Bonnetsches Bild einer Minimaischraubfläche.
13) F. HOHENBERG [14].
Orthogonaltrajektorien
derSchichtenlinien oc : f3
= - a : b durchgekennzeichnet.
Im GrundriB erscheinen sie alsParazykloiden,
diedie Drehschar der
Hyperzykloiden (8) reclitwinklig durchsetzen,
so daB deren Scheitelkreis und
Spitzenkreis
die Rollen tauschen.Bedenkt man
weiterhin,
daB die Minimalkurven l und7
als Schiebkurven einkonjugiertes
Netzbilden,
ebenso die Schichten- linien03B1 : 03B2 = 2013
a : b =ctg
03BB zusammen mit denEigenschat-
tengrenzen
fürschichtenparalleles Licht,
also den~-Linien,
sobeherrscht man in
jedem Flàchenpunkt
die Involution der kon-jugierten Tangenten.
DerenDoppelstrahlen,
dieHaupt-
oderSchmiegtangenten,
schließen demnach einen rechten Winkel ein und hâlften die Winkel 03BB ::f:n/2
zwischen denTangenten
derSchichtenlinien und der
~-Linien.
In Anbetracht des kOllfol’nleil Bonnetschen Bildes(Fig. 3)
lassen sich dann aber dieAsymptoteil-
oder
Schmieglinien
der Minimalschraubfläche einfach durchkennzeichnen. In
gleicher
Weise hatte manübrigens
aucli dasNetz der Fallinien und Schraublinien
(03BE-Linien)
heranziehen kôn- nen, die aufjeder
Schraubf lâche einkonjugiertes
Netz bilden.Vermehrung
derRichtungswinkel
derSchmieglinien
umyr/4 (Fig. 3)
führt schlièBlich auf dasSystem
derKrümmungslinien
Zusammenfassend
gilt
somitSatz 3. Die
Schmieglinien
undKrümmungslinien
einer all-gemeinen Minimalschraubfläche
sind Pseudohelikoiden und er-scheinen daher im
Normalrip auf
eine achsennorrrzale Ebene als Pseudotrochoiden. Sie und dieauf
der Flâcheverlaufenden
Bahn-schraublinien, H auptgeodiitischen,
Schichtenlinien und Fallinien(für
lotrechteA chsenlage )
durchsetzen einandergegenseitig
iso-gonal 14).
Man macht sich leicht
klar,
daB die Minimalschraubflächen dieeinzigen
Schraubflächensind,
derenBahnschraublinien
von denSchichten- oder Fallinien unter konstantem Winkel durchsetzt werden.
14 ) Die Isogonalitât findet sich zum Teil bereits bei U. DINI [3].
§
14. Hinsichtlich der Verhältnisse auf den beiden Grenz- formen der Minimalschraubflächen wären die nachstehenden Be- sonderheiten zu vermerken.Die auf der
Kettenfliiche
03BB= 0(b
=0)
verlaufenden Pseudo-helikoiden, reprâsentiert
durch dasPrototyp
werden auf Grund der
Identitât x : y
=ctg (z03B1/03B2c)
durch ko-achsiale Wendelflàchen mit dem Parameter p =
cpla ausgeschnit-
ten und bilden sich im GrundriB als
sogenannte "Summenspiralen"
mit der
Polargleichung r
= c. ch(ggp/oc)
ab. Diesgilt
insbesondere für dieSchmieglinien 03B1 : 03B2
= ::f: 1.Demgegenüber
werden die auf einerWendelfläche 03BB
=03C0/2 (a
=0)
verlaufendenPseudohelikoiden,
vertreten durchdurch koachsiale Drehflâchen vom
Typ
r = c . sh(z03B2/03B1c)
ausge-schnitten,
und sie erscheinen im GrundriB alssogenannte "Diffe- renzenspiralen"
mit derPolargleichung
r = c . sh(~03B2/03B1).
Diesgilt
insbesondere für dieKrümmungslinien
a. :f3 = :f:
1.SCHRIFTTUM
H. F. SCHERK.
[1] Bemerkungen über die kleinste Fläche innerhalb gegebener Grenzen. J. reine angew. Math. 13, 185-208 (1835).
O. BONNET.
[2] Mémoire sur l’emploi d’un nouveau système de variables dans l’étude des
surfaces courbes. J. Math. pur. appl. (2) 5, 1532014266 (1860).
U. DINI.
[3] Sulle superficie nelle quali la somma dei due raggi di curvatura principale è
costante. Ann. Mat. pura appl. 7, 5-18 (1865).
G. DARBOUX.
[4] Leçons sur la théorie générale des surfaces I, Paris 1887.
L. BIANCHI.
[5] Lezioni di geometria differenziale, Pisa 1894.
W. BLASCHKE.
[6] Einführung in die Differentialgeometrie, Berlin 1950.
S. LIE.
[7] Beiträge zur Theorie der Minimalflächen, Math. Ann. 14, 3312014416 (1878).
L. BURMESTER.
[8] Kinematische Flächenerzeugung vermittelst zylindrischer Rollung. Z. Math.
Phys. 33, 337-348
(1888).
[9] Kinematisch-geometrische Konstruktionen der Parallelprojektion der Schrau- benflächen und insbesondere des Schattens derselben. Z. Math. Phys. 18, 1852014202 (1873).
E. MÜLLER.
[10] Über Schiebflächen, deren eine Erzeugendenschar aus gewöhnlichen Schraub-
linien besteht. S.-B. Akad. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl., 118, 1-11 (1909).
[11] Schraubflächen und Strahlgewinde. Ibid. 125, 9212014965 (1916).
G. LORIA.
[12] Curve sghembe speciali II, Bologna 1925.
H. WIELEITNER.
[13] Spezielle ebene Kurven, Leipzig 1908.
F. HOHENBERG.
[14] Über die Zusammensetzung zweier gleichförmigen Schraubungen. Monatsh.
Math. 54, 2212014234 (1950).
( Oblatum 5-10-51).