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Ist die Gesundheit unser höchstes Gut?

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Academic year: 2022

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Mitteilung

Ist die Gesundheit unser höchstes Gut?

M. Zimmermann-Acklin

Die Gesundheit gilt zu Recht als eines der wich- tigsten Güter. Versuche, sie genauer zu fassen, enden allerdings in der Regel in negativen Ab- grenzungen: Gesundheit ist die Abwesenheit von Krankheit, von Einschränkungen, Störun- gen oder Unwohlsein. Hans-Georg Gadamer nannte es «die Verborgenheit der Gesundheit», einen Zustand der Balance und der Selbstverges- senheit, zu dessen Erhaltung die Fürsorge ande- rer und auch die Selbstsorge vonnöten sind.

Aber ist sie unser höchstes Gut? Für Aristote- les besteht das höchste Gut in einem guten oder glücklichen Leben, biblisch ist die Rede von einem «Leben in Fülle». Zu fragen ist dann, wel- che Rolle die Gesundheit spielt, um ein gutes Leben führen zu können. Zunächst gilt, dass die Gesundheit keine notwendige Bedingung ist, um glücklich zu sein: auch kranke Menschen oder Menschen mit schweren Behinderungen können ein durchaus glückliches oder gutes Leben führen. Der Satz: «Die Gesundheit ist nicht alles, aber ohne die Gesundheit ist alles nichts» (Wolfgang Kersting) ist also mit Vorsicht zu handhaben.

Stimmen, die die Gesundheit an oberste Stelle oder sogar über das Individuum stellen, verken- nen diese Erfahrung: Die Lebenschancen, die bei einem kranken Menschen geringer sein mögen als bei einem gesunden, bieten keine Garantie für ein gutes oder geglücktes Leben. Eine Aus- stellung zum Thema «Der (im)perfekte Mensch»

im Deutschen Hygienemuseum Dresden trug in diesem Sinne den Untertitel: «Vom Recht auf Unvollkommenheit».

Wie lässt sich dann der Stellenwert der Ge- sundheit angemessen erfassen? Hinsichtlich der Errungenschaften der modernen Medizin sind wir heute mit starken Ambivalenzen konfrontiert:

Fortschritte in der Intensivmedizin haben schon vielen Menschen das Leben gerettet, gleichzeitig machen sie Entscheide über die Sinnlosigkeit von Behandlungen am Lebensende notwendig.

Entwicklungen in der Neonatologie haben die Neugeburtensterblichkeit massiv vermindert, stellen uns aber angesichts der nicht selten gra- vierenden Folgen für die überlebenden Kinder vor schwierige Entscheidungssituationen. Die genetische Diagnostik ermöglicht eine bessere Behandlung von Tumorpatienten, gleichzeitig belastet sie uns mit einem oft zweifelhaften Wis- sen um Krankheitsdispositionen. Bewusstseins- verändernde Mittel wie Prozac gewähren Aus- wege aus depressiven Verstimmungen, bergen aber die Gefahr, die Menschen an die gesellschaft- lichen Abläufe anzupassen statt umgekehrt die Gesellschaft menschlicher zu gestalten. – Noch viele Beispiele wären anzufügen, einzig die Am- bivalenz in der weltweiten Verteilung der Güter sei noch besonders hervorgehoben: Mit der Ver- fügbarkeit der antiretroviralen Medikamente zur Behandlung von HIV/AIDS wird einmal mehr offenkundig, dass dem grössten Teil der Weltbe- völkerung der Zugang zu den Errungenschaften der modernen Medizin schlicht verwehrt ist.

Angesichts dieser Ambivalenzen stellen sich Gerechtigkeits- und Sinnfragen. Aus ethischer Sicht eröffnen sich konkrete Handlungsperspek- tiven durch:

Korrespondenz:

Dr. theol.

Markus Zimmermann-Acklin Institut für Sozialethik (ISE) Gibraltarstrasse 3

Postfach 7763 CH-6000 Luzern

Editores Medicorum Helveticorum

Schweizerische Ärztezeitung / Bulletin des médecins suisses / Bollettino dei medici svizzeri •2005;86: Nr 4 227 Machbarkeit – Finanzierbarkeit – Ethik: Medizinischer Fortschritt als gesellschaftliche Herausforderung

1. Luzerner Trendtage Gesundheit – 22./23. Februar 2005, Luzern

Bei den Diskussionen um die Zukunft des Gesundheitswesens steht der direkte Zusammenhang zwischen Machbarkeit und Finanzierbarkeit oft im Zentrum. Darüber hinaus gewinnt der Aspekt der Ethik aber zunehmend an Bedeutung. Die ersten Luzer- ner Trendtage Gesundheit wollen deshalb alle drei Perspektiven in einem ganzheitlichen Kontext diskutieren. Dr. Markus Zimmer- mann-Acklin, Lehr- und Forschungsbeauftragter am Institut für Sozialethik der Universität Luzern, wird am Kongress aus der Sicht des Sozialethikers hierzu ein Grundsatzreferat halten. Im nachstehenden Artikel spricht Zimmermann-Acklin einige wichtige Punkte an, die er in Luzern in vertiefter Form präsentieren wird.

Dr. sc. nat. Christof Wicki

Dr. theol. M. Zimmermann-Acklin

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Mitteilung

– Güterabwägungen auf der Basis des Men- schenwürdegebots im ärztlichen und pflege- rischen Alltag;

– Solidarität der Gesunden mit den Kranken in der Gesellschaft;

– Überlegungen zum Menschenbild (Vorstel- lungen von einem erfüllten Leben) auf der Sinnebene.

Werden dabei die Grenzen des Machbaren oder die Konturen des Menschlichen ignoriert, wie sich dies beispielsweise in den Vorschlägen zur liberalen Eugenik – gleichsam «Vom Schicksal zum Machsal», wie Odo Marquard schrieb – gegenwärtig ankündigt, ist mit Jean-Pierre Wils an einen kleinen Wertekatalog zu erinnern, der auf vier Konstanten im Menschenbild hinweist:

unsere Abkünftigkeit, Empfänglichkeit, Gelassen- heit und Abschiedlichkeit.

Editores Medicorum Helveticorum

Schweizerische Ärztezeitung / Bulletin des médecins suisses / Bollettino dei medici svizzeri •2005;86: Nr 4 228 Die Luzerner Trendtage Gesundheit finden erstmals am 22./23. Februar 2005 im KKL Luzern statt.

Organisator ist der Trägerverein Forum Gesundheit Luzern.

Anmeldeschluss ist der 18. Februar 2005.

Preise zwischen Fr. 130.– (erster Tag, reduziert) und 480.– (zwei Tage, regulär).

Das Programmheft kann von der Website des Forums Gesundheit Luzern heruntergeladen wer- den: www.trendtage-gesundheit.ch.

Der Verein steht allen Kreisen offen, welche die Ziele des Vereins unterstützen (Jahresbeitrag).

Vereinsmitglieder erhalten Zutritt zum reduzierten Tarif.

Information, Programm und Anmeldung

Forum Gesundheit Luzern, Dr. sc. nat. Christof Wicki, Horwerstrasse 87, 6005 Luzern, Tel. 041 318 37 97, Website: www.trendtage-gesundheit.ch

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