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Nochmals : der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten

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Nochmals : der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten

BRUNNER, Stephan C., FLÜCKIGER, Alexandre

BRUNNER, Stephan C., FLÜCKIGER, Alexandre. Nochmals : der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten. Jusletter, 2010, no. 4. Oktober

Available at:

http://archive-ouverte.unige.ch/unige:44025

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Nochmals: Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten

Replik zum Beitrag von Marc-Frédéric Schäfer in Jusletter vom 6. September 2010

Auteurs: Stephan C. Brunner / Alexandre Flückiger

Domaines juridiques: Protection des données

Proposition de citation: Stephan C. Brunner / Alexandre Flückiger, Nochmals: Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, in : Jusletter 4 octobre 2010

Marc-Frédéric Schäfer a présenté la réglementation de la procédure d’accès aux documents officiels contenant des données personnelles selon la loi fédérale sur la transparence. La contribution de Marc-Frédéric Schäfer passe sous silence certains aspects importants et aboutit pour cette raison à un résultat insatisfaisant sur le plan juridique et sur le plan pratique.

Le présent article analyse en se basant sur la doctrine et la jurisprudence à nouveau la question de l’accès aux documents officiels contenant des données personnelles et démontre la manière correcte de traiter de telles demandes par les autorités. (bb)

Inhaltsverzeichnis

1. Worum geht es?

2. Zum Verhältnis von Zugangsrecht und Recht auf Schutz der Personendaten

2.1 Entstehung und Zweck des BGÖ

2.2 Koordination zwischen Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz

2.3 Auslegungsmethodik

3. Zugang zu Dokumenten, die Personendaten enthalten

3.1 Grundsätze

3.2 Verfahrensmechanismen

4. Schlussbemerkungen

1. Worum geht es? ^

[Rz 1] Marc-Fréderic Schäfer befasst sich in seinem Beitrag1 mit der Verfahrensregelung beim Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, im Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ; SR 152.3)2. Er analysiert insbesondere das Zusammenspiel der Bestimmungen des BGÖ mit den Bestimmungen im Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG; SR 235.1), welche die Bekanntgabe von Personendaten regeln.

Zusammenfassend kommt er zu folgenden Schlüssen:

Fast alle amtlichen Dokumente seien Dokumente, die Personendaten enthalten3.

Nach DSG sei eine Bekanntgabe solcher Dokumente – sofern sie nicht anonymisiert werden können – in der Regel nur möglich, wenn eine spezifische Einwilligung der Betroffenen vorliege4.

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Das BGÖ sehe aber keine Pflicht der Behörden vor, eine solche Einwilligung einzuholen5.

Die Behörden hätten daher einen weiten Ermessensspielraum. Sie könnten den Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, ohne Weiteres von vornherein ablehnen6.

Das Ziel der Öffentlichkeit der Verwaltung könne daher ohne Anpassung der gesetzlichen Grundlagen nur eingeschränkt erreicht werden7.

[Rz 2] Schäfer geht davon aus, dass der Gesetzgeber die von ihm festgestellten Probleme nicht gesehen hätte8. Nachstehend wird dargelegt, dass diese sehr wohl berücksichtigt wurden. Es werden die Lehre, die Rechtsprechung9 und die Empfehlungen des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB)10 angeführt, die sich alle mit der Frage des Zugangs zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, wiederholt und eingehend befasst haben, und die insgesamt durchaus ein Fundament bieten, um eine angemessene Verwaltungspraxis zu etablieren.

2. Zum Verhältnis von Zugangsrecht und Recht auf Schutz der Personendaten ^

2.1 Entstehung und Zweck des BGÖ ^

[Rz 3] Mit dem BGÖ wurde das Öffentlichkeitsprinzip für die Bundesverwaltung eingeführt.

Das Gesetz soll die Transparenz über den Auftrag, die Organisation und die Tätigkeit der Verwaltung fördern. Es «gewährleistet» den Zugang zu amtlichen Dokumenten. Weiter wird mit dem BGÖ ein Paradigmenwechsel hin zum Öffentlichkeitsprinzip mit Geheimhaltungsvorbehalt vollzogen11. Daraus folgt schon ohne Weiteres eine grundsätzliche Verpflichtung der dem Gesetz unterstellten Behörden, den Zugang nach Möglichkeit zu gewähren oder zumindest sorgfältig zu prüfen, ob er gewährt werden kann12. Sie haben Gesuche auch dann zu bearbeiten, wenn ihnen daraus Aufwand erwächst13. Wird der Zugang zu amtlichen Dokumenten verweigert, so obliegt der Behörde die Beweislast zur Widerlegung der Vermutung des freien Zugangs zu amtlichen Dokumenten, die durch das BGÖ aufgestellt wird14.

[Rz 4] Dass mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips praktische Schwierigkeiten verbunden sind, dass sie rechtliche Fragen aufwerfen und gewisse Widerstände seitens der Verwaltung hervorrufen würde, war von Anfang an absehbar15. Daher hat das Gesetz ein Verfahren vorgesehen, mit dem Streitigkeiten über den Zugang zu amtlichen Dokumenten gelöst werden sollen: Im Streitfall findet zunächst ein Schlichtungsverfahren statt, wenn dieses nicht zu einer Beilegung führt, kann eine Verfügung verlangt und die Sache zunächst ans Bundesverwaltungsgericht, dann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

2.2 Koordination zwischen Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz ^

[Rz 5] Beim Zugang zu amtlichen Dokumenten treffen zwei Rechtsansprüche aufeinander.

Einerseits das Recht auf Information, andererseits das Recht von Personen, deren Personendaten allenfalls in Dokumenten enthalten sind, auf Schutz derselben. Das Recht auf Schutz der persönlichen Daten vor Missbrauch ist in Art. 13 Abs. 2 BV als Grundrecht gewährleistet. Das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten wird in der Bundesverfassung

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dagegen nicht ausdrücklich gewährleistet. Das führt indessen schon deshalb nicht zu einem absoluten Vorrang des Datenschutzes, weil auch der Anspruch auf Transparenz grundrechtlich begründet ist16. Ohnehin ist das in Art. 13 Abs. 2 BV gewährleistete Grundrecht nach Art. 36 BV beschränkbar, wenn die entsprechenden Voraussetzungen (gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit) gegeben sind. Wird das Zugangsrecht nach BGÖ als gesetzliche Einschränkung von Art. 13 Abs. 2 BV verstanden17, so ist die Frage nach dem Vorrang weniger wichtig. Das mit dem Öffentlichkeitsprinzip angestrebte Ziel einer transparenten Verwaltung ist ohne Zweifel ein bedeutendes öffentliches Interesse, das sich aus den der BV zugrundeliegenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie ableiten lässt18.

[Rz 6] Der EGMR hat – namentlich im Bereich der Umweltinformation – schon lange aus den Art. 2 und 8 EMRK Informationspflichten abgeleitet19. Seit dem Entscheid Sdruzeni Jihoceské Matky gegen Tschechische Republik20 im Jahr 2006 legt der EGMR sodann die in Art. 10 EMRK gewährleistete «Freiheit zum Empfang von Nachrichten oder Ideen» extensiver aus und ist im Begriff, ein Recht auf Informationszugang anzuerkennen21. Dieses Recht umfasst (zumindest unter gewissen Voraussetzungen) einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten22.

[Rz 7] Im Bereich der Umweltinformation ist zurzeit das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) vom 25. Juni 1998 auf dem Weg zur Ratifikation23, welches ein Recht auf Zugang zu Umweltinformationen vorsieht. In diesem Übereinkommen sind Beschränkungen nur für den Zugang zu Personendaten natürlicher Personen vorgesehen, nicht aber zu Angaben, die juristische Personen betreffen (Art. 4 Abs. 4 Bst. f)24. Das Übereinkommen sieht weiter keinen Einbezug von Personen vor, deren Daten allenfalls zu den Informationen gehören, die Gegenstand dieses speziellen Zugangsrechts sind25.

[Rz 8] Der Europarat hat sodann am 18 Juni 2009 in Tromsö die Konvention über den Zugang zu amtlichen Dokumenten26 zur Unterschrift aufgelegt. Analog zu den vorangegangenen Empfehlungen ist dort vorgesehen, dass der Schutz des Privatlebens gewisse Einschränkungen des Zugangsrechts rechtfertigen kann (Art. 3 Abs. 1 Bst. f).

[Rz 9] Auch aus dem kantonalen Recht und der Rechtsprechung dazu lassen sich schliesslich Hinweise auf die Koordination zwischen Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz gewinnen. Die Abgrenzung wird unterschiedlich gehandhabt27. Kein Kanton, der das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt hat, kennt indessen einen absoluten Vorrang des Datenschutzes.

2.3 Auslegungsmethodik ^

[Rz 10] Das BGÖ und das DSG enthalten eine Anzahl von Normen, welche die beiden Rechtsansprüche in praktische Konkordanz bringen sollen. Die Natur der beiden Gesetze als Querschnittgesetze bringt es indessen mit sich, dass diese Bestimmungen mit einer gewissen Offenheit formuliert werden müssen. Ihre Tragweite muss teilweise durch Auslegung bestimmt

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werden. Neben dem Wortlaut sind dabei namentlich auch Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte einer Norm zu berücksichtigen. Bei der Auslegung des öffentlichen Rechts kommt anerkanntermassen ein Methodenpluralismus zum Tragen28. Es besteht kein Vorrang einer einzigen Auslegungsmethode. Namentlich auf das grammatikalische Element (also Wortlaut, Wortsinn und Sprachgebrauch) ist nur abzustellen, wenn sich daraus zweifellos eine sachlich richtige Auslegung ergibt29. Schäfers Auslegung stützt sich indessen fast ausschliesslich auf den (erst noch teilweise selektiv rezipierten30) Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen.

3. Zugang zu Dokumenten, die Personendaten enthalten ^

3.1 Grundsätze ^

[Rz 11] Amtliche Dokumente, die Personendaten enthalten, sind grundsätzlich zugänglich.

Wie Schäfer richtig ausführt, enthalten sehr viele Dokumente Personendaten im Sinn von Art. 3 DSG. Diese wollte der Gesetzgeber indessen keineswegs dem Zugang von vornherein entziehen. Er verfolgte daher von Anfang an einen differenzierten Ansatz. «Nach Möglichkeit»

sind amtliche Dokumente vor der Gewährung des Zugangs zu anonymisieren (Art. 9 Abs. 1 BGÖ). Die Anonymisierungsverpflichtung ist somit relativ. Auch wenn die Anonymisierung nicht möglich ist (etwa weil Zugang zu einem eine bestimmte Person betreffenden Dokument verlangt wurde oder weil eine Anonymisierung unverhältnismässig wäre), können amtliche Dokumente unter bestimmten Voraussetzungen zugänglich gemacht werden31.

[Rz 12] Das BGÖ sieht kein Vetorecht privater Dritter vor, deren Personendaten zugänglich gemacht werden sollen. Dass ein solches – im Gegenteil – gerade ausgeschlossen werden sollte, lässt sich den Materialien entnehmen32 und wurde in der Literatur weiter vertieft und dogmatisch begründet33. Der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 Bst. c BGÖ weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass eine Zugänglichmachung gegen den Willen der betroffenen Person möglich ist34. In systematischer Hinsicht wird schliesslich die Rechtslage dadurch verdeutlicht, dass im Rahmen der Behördeninformation von Amtes wegen (aktive Information) die Bekanntgabe von Personendaten unmittelbar gestützt auf Art. 19 Abs. 1bis, 1. Satzteil Ingress, DSG (und damit klarerweise ohne Einwilligung der Betroffenen) zulässig ist. Schäfer schlägt daher mit seiner Argumentation bereits zu Beginn einen Holzweg ein, wenn er sinngemäss feststellt, dass für die Bekanntgabe von Personendaten in amtlichen Dokumenten in der Regel die Einwilligung der Betroffenen erforderlich sei35.

[Rz 13] Dass Zugangsgesuche nicht schon einfach deshalb abgelehnt werden können, weil die betreffenden amtlichen Dokumente Personendaten enthalten, ergibt sich weiter auch aus Art. 7 Abs. 2 BGÖ. Nach dieser Bestimmung kann der Zugang eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden, wenn durch eine Gewährung die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt werden kann. Eine «Beeinträchtigung der Privatsphäre Dritter» liegt aber nicht bei jeder Datenbekanntgabe vor, sondern nur dann, wenn tatsächlich ein Eingriff in die Privatsphäre von (privaten) Dritten vorliegt. Wird bei der Zugänglichmachung von Dokumenten die Privatsphäre Dritter nicht beeinträchtigt (und sind auch keine weiteren auf den Persönlichkeitsschutz ausgerichteten Ausnahmebestimmung tangiert36), so ist die Behörde nicht zur Anonymisierung verpflichtet37, unter Umständen ist eine Anonymisierung sogar eine unverhältnismässige Beschränkung des Zugangsrechts38. Dies etwa dann, wenn offen gelegt

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werden soll, wer in amtlicher Funktion gehandelt oder eine bestimmte Meinung vertreten hat.

Personen, die in amtlicher bzw. offizieller Funktion an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben beteiligt sind (namentlich Verwaltungsangestellte39) können für ihre Tätigkeit im Rahmen der Erfüllung der Aufgabenerfüllung durch die Behörde den Privatsphärenschutz nicht (oder jedenfalls nicht umfassend) geltend machen40. Im Übrigen ist gestützt auf den zweiten Teilsatz von Art. 7 Abs. 2 BGÖ ein Zugang auch dann möglich, wenn die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt wird, sofern das öffentliche Interesse am Zugang überwiegt41.

[Rz 14] Da das BGÖ kein Vetorecht der betroffenen Person gegen eine Bekanntgabe ihrer Personendaten enthält, sieht das Gesetz vor, dass die Betroffenen ins Verfahren einzubeziehen sind42. Die betroffenen Personen haben ein Stellungnahmerecht (Art. 11), sie können ein Schlichtungsverfahren (Art. 13 Abs. 1 Bst. c) bzw. eine Verfügung verlangen (Art. 15 Abs. 1) und dagegen Beschwerde führen (Art. 16).

3.2 Verfahrensmechanismen ^

[Rz 15] Amtliche Dokumente, welche Personendaten enthalten, sind nach Möglichkeit zu anonymisieren, bevor der Zugang gewährt wird. Die Anonymisierungspflicht greift nicht, wenn Zugangsgesuche sich auf amtliche Dokumente beziehen, die nicht anonymisiert werden können, etwa weil Zugang zu Dokumenten verlangt wird, die ein spezifisches Verfahren betreffen (Art. 9 Abs. 2 BGÖ). Dann ist nach Art. 19 DSG zu beurteilen, ob eine Bekanntgabe möglich ist. Hier kommen die von Schäfer erwähnten Fälle (Art. 19 Abs. 1 Bst. b, c und d) in Frage43. Wichtiger als diese allerdings ist die Möglichkeit der Bekanntgabe gestützt auf Art. 19 Abs. 1bis DSG, auf die Schäfer gar nicht eingeht (was schwer nachzuvollziehen ist, wurde doch diese Bestimmung mit dem BGÖ gerade eingefügt, um die Koordination zwischen den beiden Gesetzen zu gewährleisten). Diese Bestimmung sieht vor, dass Bundesorgane gestützt auf das BGÖ Personendaten bekannt geben dürfen, wenn die betreffenden Personendaten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen (Bst. a) und an deren Bekanntgabe ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht (Bst. b)44. Diese Bestimmung weist damit auf das BGÖ zurück45 und verdeutlicht dadurch in erster Linie, dass gestützt auf jenes Gesetz eine Bekanntgabe von Personendaten möglich ist. Weiter ist nach unserem Dafürhalten auch eine Bekanntgabe der in Art. 19 Abs. 2 DSG aufgezählten Stammdaten (vorbehältlich der Interessenabwägung nach Art. 19 Abs. 4 DSG46) zulässig47.

[Rz 16] Der Abwägung der im konkreten Fall entgegenstehenden Interessen durch die zuständige Behörde kommt im Zugangsverfahren eine zentrale Rolle zu. Zutreffend ist, dass der Behörde ein Tatbestandsermessen bezüglich der Frage zukommt, ob an der Bekanntgabe der Daten ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Der Ermessensspielraum besteht indessen nur, soweit Praxis und Rechtsprechung dafür Raum offen lassen. Die Behörden haben sich dabei auch an den Empfehlungen des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) zu orientieren. Die Empfehlungen sind zwar nicht rechtsverbindlich, haben aber dennoch mittelbar Rechtswirkung, da die Behörden sich im konkreten Fall beim Verfügungserlass darauf beziehen müssen und weil sie generell Informationsquellen zur Auslegung und Anwendung des BGÖ darstellen48.

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[Rz 17] Dass den Behörden ein Ermessen eingeräumt wird, bedeutet nicht, dass sie in ihrer Entscheidung völlig frei sind. Sie sind an die Verfassung gebunden und haben namentlich die Pflicht, das öffentliche Interesse zu wahren. Sinn und Zweck der gesetzlichen Ordnung sind auch bei Ermessensentscheiden zu beachten (die zudem rechtmässig und angemessen sein müssen)49. Es besteht für die Behörden eine Pflicht zur Ermessensausübung. Ein Verzicht darauf stellt eine rechtswidrige Ermessensunterschreitung dar. Geht es um den Zugang zu amtlichen Dokumenten, die (der Anonymisierungspflicht unterliegende, aber nicht anonymisierbare) Personendaten enthalten, ist die Stellungnahme der Betroffenen ein wesentliches Element im Rahmen der Interessenabwägung. Die Behörde trägt die Beweislast, wenn sie den Zugang verweigert50. Sie kann sich nicht einfach darauf berufen, dass sie die Gewährung des Zugangs gar nicht in Betracht ziehe. Kann sie – zumindest in einem allfälligen Schlichtungsverfahren bzw. beim Verfügungserlass51 – nicht nachvollziehbar darlegen, inwiefern das Interesse am Schutz der Privatsphäre bzw. der Personendaten der betroffenen Personen überwiegt, verletzt sie ihre Begründungspflicht52. Tut sie dies bloss mit dem (zirkulären) Argument, dass sie die Gewährung des Zugangs nicht in Betracht ziehe, weil die betreffenden amtlichen Dokumente Personendaten enthalten, verfällt sie in Willkür (Art. 9 BV) und verstösst allenfalls sogar gegen Treu und Glauben (Art. 5 BV). Die Ermessensausübung durch die Behörde unterliegt sodann in jedem Fall der Überprüfung durch den EDÖB im Rahmen des Schlichtungsverfahrens und der Kontrolle durch die Gerichte.

[Rz 18] Die Pflicht zur Konsultation der Betroffenen (wenn nicht offensichtlich private Interessen überwiegen) lässt sich zudem auch mit der verfahrensrechtlichen Pflicht der Behörde begründen, den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen53. Je nach Sachlage ist ja durchaus möglich, dass die Betroffenen gar nichts dagegen einzuwenden haben, dass sie betreffende Informationen zugänglich gemacht werden.

[Rz 19] In der Praxis stellt sich gelegentlich noch die Frage, wer im Streitfall die Betroffenen konsultieren muss. Grundsätzlich ist dies nach dem Wortlaut von Art. 11 BGÖ die entscheidzuständige Behörde. Findet ein Schlichtungsverfahren statt und wurden die Betroffenen vorgängig noch nicht angehört, kann auch der EDÖB eine Konsultation durchführen (bzw. die Betroffenen ins Verfahren einbeziehen). Er ist dazu verpflichtet, wenn er in Betracht zieht, der Behörde zu empfehlen, den Zugang zu gewähren54. Der EDÖB kann sich indessen auch darauf beschränken, der Behörde zu empfehlen, eine Konsultation vorzunehmen und erneut zu entscheiden. Er wird dies namentlich dann tun, wenn die Behörde besser als er in der Lage ist, die Konsultation durchzuführen (z.B. weil er keine genaue Kenntnis vom Kreis der Betroffenen hat) oder die Interessenabwägung unter Einbezug der Stellungnahmen der Betroffenen durchzuführen (z.B. weil dafür besondere technische Kenntnisse erforderlich sind)55. Ist die Behörde damit nicht einverstanden und hält sie damit an der Beschränkung des Zugangs fest, hat sie nach Art. 15 Abs. 2 Bst. a BGÖ eine Verfügung zu erlassen.

4. Schlussbemerkungen ^

[Rz 20] Zu den wesentlichen Feststellungen Schäfers (vgl. Ziff. 1 oben) lässt sich nach den vorangehenden Ausführungen zusammenfassend Folgendes festhalten:

Das BGÖ geht nicht von einem absoluten Vorrang des Datenschutzes aus, sondern auferlegt den Behörden die Pflicht zur Vornahme einer Interessenabwägung (vgl. Ziff.

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2.2 oben). Die Verweigerung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten allein mit der Begründung, dass diese Personendaten enthalten und nicht anonymisiert werden könnten, stellt eine fehlerhafte Ermessensausübung dar und ist allenfalls sogar willkürlich (vgl. Ziff. 3.2 oben).

Die Bekanntgabe amtlicher Dokumente, die Personendaten enthalten und die nicht anonymisiert werden können56, ist auch dann möglich, wenn keine Einwilligung der Betroffenen vorliegt. Das BGÖ sieht ein Vetorecht der betroffenen Person gerade nicht vor (vgl. Ziff. 3.2 oben).

Die Behörden haben ihr Ermessen pflichtgemäss auszuüben und die ihnen übertragene Interessenabwägung korrekt vorzunehmen. Sofern nicht von vornherein private Schutzinteressen offensichtlich überwiegen57 oder Ausnahmebestimmungen des BGÖ58 oder Spezialregelungen59 anwendbar sind, sind sie daher zur Konsultation der Betroffenen verpflichtet. Verzichtet werden kann auf die Konsultation, wenn eine nicht anonymisierte Zugänglichmachung zulässig ist oder wenn die Konsultation nicht möglich60 oder nicht erforderlich61 ist (vgl. Ziff. 3.2 oben).

[Rz 21] Gesetzgebung, Lehre und Praxis zeigen auf, wie bei Dokumenten, die Personendaten enthalten, ein angemessener Ausgleich zwischen Transparenzinteressen und Persönlichkeitsschutz herzustellen ist. Wie es die Politikwissenschafterin Sandrine Baume treffend formuliert hat62: «Transparence et secret constituent en démocratie un couple inséparable, dont le dosage peine à trouver un consensus. La diabolisation de la transparence, comme celle du secret, ne nous paraît pas être une réponse adéquate à la délicate question de leur équilibre.»

[Rz 22] Möglicherweise könnte die Abgrenzung zwischen BGÖ und DSG in den einschlägigen Normen aus heutiger Sicht tatsächlich etwas klarer dargestellt werden. Der Wortlaut einiger Bestimmungen, insbesondere der Art. 9 und 11 BGÖ, liesse sich zweifellos optimieren, um die hier dargestellte Rechtslage klarer zum Ausdruck zu bringen. Allerdings besteht heute weder im kantonalen noch im internationalen Recht eine Patentlösung. Es liegt in der Natur der beiden Querschnittgesetze, dass deren Bestimmungen mit einer gewissen Offenheit formuliert sind. Soweit der Gesetzgeber nicht dem einen Grundsatz generellen Vorrang vor dem andern gewähren will, ist es sinnvoll, den Behörden einen gewissen Ermessensspielraum einzuräumen. So können im Einzelfall dem jeweiligen Sachverhalt angepasste Lösungen gefunden werden. Die Behörden tragen damit aber auch die Verantwortung für die Entwicklung einer kohärenten und ausgewogenen Praxis mit. Behördenpraxis und Rechtsprechung werden die zwischen den beiden entgegengesetzten Interessen Transparenz und Vertraulichkeit einzurichtende Balance mit der Zeit zunehmend verfeinern. Längere praktische Erfahrung und fundierte Evaluationen dieser Praxis – nicht nur im Bund, sondern auch in den Kantonen – dürften es künftig einmal möglich machen, den Interessenausgleich zwischen Transparenz und Datenschutz gesetzlich klarer vorzugeben63.

Dr.rer.publ. Stephan C. Brunner ist Leiter des Rechtsdienstes der Staatskanzlei des Kantons Bern. Dr. iur. Alexandre Flückiger ist Professor für öffentliches Recht an der Universität Genf.

Beide waren an der Erarbeitung des BGÖ als Projektleiter und Gesetzesredaktoren beteiligt.

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1. 1 Marc Frédéric Schäfer, Wer entscheidet über den Zugang zu amtlichen Dokumenten, in: Jusletter 6. September 2010.

2. 2 Es geht in seinem Beitrag – entgegen dessen Überschrift – nicht darum, wer über den Zugang entscheidet, sondern wie sich der Verfahrensablauf gestaltet und welche Spielräume der entscheidenden Behörde zukommen. Wer entscheidet, ist klar geregelt: Es ist immer die zuständige Behörde nach Art. 10 Abs. 2 BGÖ und den ergänzenden Vorschriften von Art. 11 der Verordnung vom 24. Mai 2006 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (VBGÖ; SR 152.31); geht das Verfahren weiter, so entscheiden die gerichtlichen Instanzen. Der Titel des BGÖ wird in Schäfers Text übrigens stets unrichtig (nämlich in der Fassung des bundesrätlichen Entwurfes und nicht mit dem vom Parlament verabschiedeten Wortlaut) zitiert.

3. 3 Schäfer (Fn. 1), Rz. 4 und 17.

4. 4 Schäfer (Fn. 1), Rz. 6 (insb. Fn. 10) und 7.

5. 5 Schäfer (Fn. 1), Rz. 9 ff., insb. 14.

6. 6 Schäfer (Fn. 1), Rz. 15 und 18.

7. 7 Schäfer (Fn. 1), Rz. 19.

8. 8 Schäfer (Fn. 1), Rz. 19.

9. 9 Entgegen der anders lautenden pauschalen Behauptung Schäfers (a.a.O., Rz. 1) gibt es durchaus Rechtsprechung zum BGÖ. Vgl. BGE 133 II 209 und Urteil des Bundesgerichts 1C_522/2009 vom 19. Mai 2010 sowie die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-4049/2009 vom 3. Mai 2010, A-6032/2009 vom 16.

Dezember 2009 und A-75/2009 vom 16. April 2009; weiter den Entscheid Bundesstrafgerichts GS 2007 1 vom 30. März 2007. Eine Anzahl weiterer Entscheide des Bundesgerichts erging im Zusammenhang mit kantonalen Informationszugangsgesetzen. Überhaupt sind die kantonalen Informationszugangsgesetze regelmässig Gegenstand gerichtlicher Entscheide (vgl.

z.B. für den Kanton Genf die Aufstellung in: Commission externe d'évaluation des politiques publiques, Le principe de transparence dans l'administration. Evaluation des dispositions légales concernant l'accès aux documents et l'information du public (LIPAD), Genf 2009, S. 88). Gerade zur Frage des Zugangs zu Dokumenten, die Personendaten enthalten, haben kantonale Gerichte jüngst klärende Urteile gefällt (in denen teilweise auch auf das BGÖ Bezug genommen wird): Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. März 2010 i.S. VB.2010.00025 (Einblicknahme in eine Einstellungsverfügung; Weiterzug ans Bundesgericht ist im Zeitpunkt der Abfassung des vorliegenden Beitrages noch hängig); Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 29. Juni 2010 i.S. 100.2008.23415U (Einsicht in die Listen der im Projekt «Aufgabendialog Kanton Bern» zu interviewenden Personen), sowie Urteil vom 30. April 2010 i.S. 100.2008.23411U (Einsicht in die Liste der im Rahmen einer Sozialstudie zu interviewenden Personen).

10. 10 www.edoeb.admin.ch/dokumentation/00652/01062/01601/index.html?lang=de (27.

September 2010).

11. 11 Stephan C. Brunner/Luzius Mader, in: Brunner/Mader (Hrsg.), Handkommentar BGÖ, Einleitung, Rz. 8 ff.

12. 12 Brunner/Mader (Fn. 11), Rz. 38.

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13. 13 Bertil Cottier, in: Brunner/ Mader (Fn. 11), Art. 7, Rz. 3.

14. 14 Botschaft zum Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung vom 12.

Februar 2003, BBl 2003 1963, 2002; Pascal Mahon/Olivier Gonin, in: Brunner/Mader (Fn. 11), Art. 6, Rz. 11.

15. 15 Vgl. dazu Stephan C. Brunner, Vom Öffentlichkeitsprinzip zur transparenten Verwaltung, in: Ehrenzeller (Hrsg.), Das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes, St. Gallen 2006, S. 76 ff.

16. 16 Vgl. dazu z.B. Markus Schefer, Öffentlichkeit und Geheimhaltung in der Verwaltung, in: Epiney/ Hobi (Hrsg.), Die Revision des Datenschutzgesetzes, Zürich 2009, S. 84;

Rolf H. Weber, Datenschutz v. Öffentlichkeisprinzip, Zürich 2010, Rz. 484; vgl. auch Urteil des bernischen Verwaltungsgerichts vom 30. April 2010 (Fn. 9), Erw. 4.2.

17. 17 Alexandre Flückiger, Le conflit entre le principe de transparence et la protection de la sphère privée, medialex 2003, 225–233, S. 228; vgl. auch Rainer J. Schweizer/Nina Widmer, in: Brunner/ Mader (Fn. 11), Art. 7, Rz. 78.

18. 18 Vgl. dazu namentlich René Wiederkehr, Transparenz als Grundsatz rechtsstaatlichen Handelns (Art. 5 BV), ZBl 10/2007, 521–543, S. 530 ff.; Schefer (Fn. 16), S. 68 f.

19. 19 Vgl. dazu namentlich die Urteile des i.S. EGMR Öneryıldız c. Türkei vom 30.

November 2004, 48939/99, § 90, und Guerra c. Italien vom 19. Februar 1998, 116/1996/735/932, § 60 sowie Comité directeur pour les Droits de l’Homme, Manuel sur les droits de l’homme et l’environnement: Principes tirés de la jurisprudence de la Cour européenne des droits de l’homme, Strasbourg, 2006, Rz. 39 ff.

20. 20 Urteil des EGMR i.S. Sdruzeni Jihoceské Matky c. Tschechische Republik vom 10.

Juli 2006, 19101/03; Wouter Hins/Dirk Voorhoof, Access to State-Held Information as a Fundamental Right under the European Convention on Human Rights, European Constitutional Law Review, 3, 2007, S. 114 ff..

21. 21 Urteil des EGMR i.S. Társaság a Szabadságjogokért c. Ungarn vom 14. April 2009, 37374/05, § 35: «The Court […] has recently advanced towards a broader interpretation of the notion of ‹freedom to receive information› […] and thereby towards the recognition of a right of access to information.»

22. 22 Vgl. die Bemerkungen von Franz Zeller zum Urteil des EGMR vom 14. April 2009 i.S. «Társaság a Szabadságjogokért c. Ungarn», medialex 2009, 100–101.

23. 23 Die Vernehmlassung zu dieser Vorlage fand vom 30. Dezember 2009 bis 26. März 2010 statt; BBl 2009 9152.

24. 24 Alexandre Flückiger, La transparence des administrations fédérales et cantonales à l‘épreuve de la Convention d‘Aarhus sur le droit d’accès à l‘information environnementale, URP 2009, 749–788, S. 777.

25. 25 Flückiger (Fn. 24), a.a.O.; Daniela Thurnherr, Öffentlichkeit und Geheimhaltung von Umweltinformationen: Weiterentwicklung des Umweltvölkerrechts durch die Aarhus- Konvention und deren Bedeutung für das schweizerische Recht, Zürich u.a. 2003, S.

140.

26. 26 Bertil Cottier, Une première bienvenue: la Convention européenne sur l'accès aux documents administratifs, medialex 2009, S. 189.

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27. 27 Ausführlich Flückiger (Fn. 17), S. 230 f. und – zur Rechtslage im Kanton Zürich – Weber (Fn. 16), S. 128 ff.

28. 28 Vgl. dazu Ulrich Häfelin/Walter Haller/Helen Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. A., Zürich 2008, Rz. 75 ff., insb. Rz. 127 ff.; Pierre Moor, Droit administratif: Les fondements généraux, Band 1, 2. A., Bern 1994, S. 142 ff.

29. 29 Häfelin/Haller/Keller (Fn. 28), Rz. 132.

30. 30 So wird konsequent übersehen, dass in Art. 11 BGÖ von Personendaten Dritter die Rede ist, ebenso wird die mit dem BGÖ ins DSG eingefügte Koordinationsnorm (Art. 19 Abs. 1bis) mit keinem Wort erwähnt.

31. 31 Eingehend dazu Alexandre Flückiger, in: Brunner/Mader (Fn. 11), Art. 9, Rz. 20 ff.

32. 32 Botschaft BGÖ (Anm. 14), S. 2017.

33. 33 Vgl. (jeweils m.w.H.) Flückiger (Fn. 15), S. 230; ders., Le projet de loi fédérale sur la transparence: transparence de l’administration ou des citoyens?, in:

Tanquerel/Bellanger, L’administration transparente, Genf u.a. 2002, S. 150 f.; Stephan C. Brunner, Öffentlichkeit der Verwaltung und informationelle Selbstbestimmung: Von Kollisionen und Verkehrsregeln, in: Patrick Sutter (Hrsg.), Selbstbestimmung und Recht. Festgabe für Rainer J. Schweizer zum 60. Geburtstag, Zürich 2003, S. 46 ff., insb. S. 48; vgl. ferner auch Schefer (Anm. 16), S. 84 ff.

34. 34 «Einen Schlichtungsantrag stellen kann eine Person […] die nach Artikel 11 angehört worden ist, wenn die Behörde gegen ihren Willen den Zugang gewähren will.»

(Hervorhebung d.V.).

35. 35 Vgl. Fn. 4 oben.

36. 36 Art. 7 Abs. 1 Bst. g und h BGÖ.

37. 37 Jöhri, Handkommentar DSG, Art. 19, Rz. 48; Flückiger (Fn. 31), Rz. 13 und 22.

38. 38 Vgl. dazu auch Schefer (Fn. 16), S. 87, der festhält: «Überwiegen die Interessen an der nicht-anonymisierten Öffentlichkeit amtlicher Akten den entgegenstehenden Persönlichkeitsschutz, ist die Anonymisierung aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht möglich und nach Art. 9 Abs. 1 BGÖ nicht erforderlich.»

39. 39 Aber beispielsweise auch Mitglieder von ausserparlamentarischen Kommissionen oder Expertenkommissionen, Gutachterinnen und Gutachter, Beraterinnen und Berater («Consultants»), Beauftragte. Je nach konkretem Fall können freilich öffentliche Interessen einer Zugänglichmachung entgegenstehen, z.B. die Gefahr, dass Forschungsprojekte gefährdet sein könnten, wenn angehörten Auskunftspersonen keine Vertraulichkeit gewährt wird; vgl. dazu die Empfehlung vom 19. Februar 2009 (armasuisse und GS VBS), Ziff. II.B.3.5 sowie die Urteile des bernischen Verwaltungsgerichts (Fn. 9) vom 29. Juni 2010, E. 7.3.1, und vom 30. April 2010, E. 6.

40. 40 Ebenso Jöhri (Fn. 37), Rz. 48. Vgl. dazu auch Stephan Breitenmoser, St.Galler Kommentar zu Art. 13 BV, Rz. 13. Beispiele: Empfehlung des EDÖB vom 9. Februar 2009, Ziff. II.B (EJPD; Zugang zu Arbeitsverträgen und Vereinbarung über Abgangsentschädigungen des ehemaligen Generalsekretärs und seines Stellvertreters. Der Fall ist im Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrages wieder beim Bundesverwaltungsgericht hängig); Empfehlung vom 12. Februar 2010 (Bundesamt für

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Gesundheit; Zugang zu Interessenerklärungen der Mitglieder der Eidg. Kommission für Impffragen). Illustrativ sind auch die Ausführungen des Zürcher Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit dem Fall des ehemaligen Armeechefs Nef in seinem Urteil vom 8. März 2010 (Fn. 9), E. 5 ff.

41. 41 Vgl. insb. Art. 6 VBGÖ. Dazu ausführlich und mit zahlreichen Beispielen Brunner (Fn. 33), S. 41 ff. Anwendungsbeispiel: Empfehlung des EDÖB vom 18. September 2007 (ETHZ; Zugang zu einer Liste von Produkten, bei denen im Rahmen einer Studie ein erhöhter Gehalt von Transfettsäuren festgestellt wurde), Ziff. II.B.6 ff.

42. 42 Vgl. Flückiger (Fn. 33), S. 151, Brunner; (Fn. 33), S. 54. Beispielhaft das in der Empfehlung des EDÖB vom 30. März 2010 (Swissmedic; Zugang zu Zulassungsdossiers einzelner Medikamente) dargestellte Vorgehen der zuständigen Behörde (Konsultation der Betroffenen mit klarer Angabe, für welche Daten eine Anonymisierung und für welche eine Zugänglichmachung beabsichtigt wird).

43. 43 Für ein Anwendungsbeispiel zu Art. 19 Abs. 1 Bst. b und c DSG vgl. die Empfehlung des EDÖB vom 8. Juni 2010 (BLW; Zugang zu von Dritten erhaltenen Briefen).

44. 44 Für ein Anwendungsbeispiel zu dieser Bestimmung vgl. die Empfehlung des EDÖB vom 26. März 2010 (VBS; Auskünfte betreffend Funktion und Einteilung von Armeeangehörigen).

45. 45 Vgl. Flückiger (Fn. 31), Rz. 47 in fine; Botschaft BGÖ (Anm. 14), S. 2033; ebenso Schefer (Fn. 16), 87 ff.; Jöhri, Handkommentar DSG, Art. 19, Rz. 33; Weber (Fn. 16), Rz. 487 und 489.

46. 46 Illustrativ für die vorzunehmenden Differenzierungen sind die beiden oben (Fn. 9) aufgeführten Urteile des bernischen Verwaltungsgerichts, wo es jeweils um die Bekanntgabe von Namenslisten ging. Im Urteil vom 30. April 2010, E. 6.2, wurde festgestellt, dass eine Liste der Namen von Personen, die an einer Studie über Gewalt teilgenommen hatten, nicht zugänglich sei, da Anonymität und Vertraulichkeit in diesem Fall dem Schutz der Forschung dienen, an dem ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Anders dagegen das Ergebnis im Urteil vom 29. Juni 2010, wo der Zugang zur Liste der im Rahmen eines Projektes zur Überprüfung der kantonalen Staatsaufgaben befragten Experten bejaht wurde. Das Gericht sah hier keine Gefahr negativer Konsequenzen einer Veröffentlichung (E. 7.3.3).

47. 47 Vgl. Flückiger (Fn. 31), Rz. 23 und 47. A.M. Jöhri (Fn. 37), Rz. 60.

48. 48 Vgl. Christine Guy-Ecabert, in: Brunner/ Mader (Fn. 11), Art. 14, Rz. 8 und 14.

49. 49 Ulrich Häfelin/Müller Georg/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., Zürich 2010, Rz. 441; Moor (Fn. 28), S. 374 ff.

50. 50 Markus Schefer/Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 4. A. 2008, S. 525.

51. 51 Bei der Stellungnahme der Behörde ist nach Art. 12 Abs. 4 BGÖ nur eine summarische Begründung erforderlich. Die Anforderungen an die Begründung sind daher reduziert, die ausführlichere Begründung kann auch in einem nachfolgenden Schlichtungsverfahren erfolgen; Isabelle Häner, in: Brunner/Mader (Fn. 11), Art. 12, Rz. 27. Geht es um den Zugang (oder Nichtzugang) zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, so wird in der Regel eine relativ hohe Begründungsdichte zu fordern sein, insbesondere wegen des bestehenden Ermessensspielraums der Behörde und der Komplexität der Rechtslage; vgl. René Wiederkehr, Die

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Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV und die Heilung bei Verletzung, ZBl 9/2010, 481–506, S. 484 ff. sowie 504.

52. 52 Zum Zusammenhang zwischen Begründungszwang und pflichtgemässer Bindung der Ermessensentscheide vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann (Fn. 49), Rz. 443 und 1705 ff.

53. 53 Art. 12 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021).

54. 54 Alexandre Flückiger, in: Brunner/ Mader (Fn. 11), Art. 11, Rz. 9.

55. 55 Vgl. analog dazu die Kriterien für die Rückweisung einer Beschwerde an die Vorinstanz (Art. 61 Abs. 1 VwVG). Eine solche kann namentlich dann erfolgen, wenn die Vorinstanz besser dafür geeignet ist, Entscheidgrundlagen zu vervollständigen bzw. wenn Ermessensfragen zu entscheiden sind, bei deren Beurteilung das Fachwissen der Vorinstanz von Bedeutung ist; Madeleine Camprubi, in: Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler, Kommentar VwVG, Zürich 2008, Art. 61, Rz. 12. Praxisbeispiel: Empfehlung des EDÖB vom 12. Februar 2010 (Bundesamt für Gesundheit).

56. 56 Z.B. weil Zugang zu einem eine bestimmte Person betreffenden Dokument verlangt wird oder weil sich aus dem Zusammenhang ergibt, welche Person die in den fraglichen Dokumenten erwähnten Angaben betreffen.

57. 57 Art. 7 Abs. 2, 1. Satzteil, BGÖ.

58. 58 Art. 7 Abs. 1 oder Art. 8 Abs. 1 bis 3 BGÖ.

59. 59 Art. 8 Abs. 4 BGÖ.

60. 60 Vgl. Flückiger (Fn. 54), Rz. 11. Nicht möglich ist eine Konsultation insbesondere dann, wenn der Kreis der Betroffenen nicht genau bestimmt werden kann; wenn der Kreis der Betroffenen sehr gross ist; oder wenn die Konsultation aus andern Gründen einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern würde (z.B. wenn die betroffene Person trotz mehrmaligem Kontaktversuch nicht auffindbar ist). Ist eine Konsultation nicht möglich, so wird darauf verzichtet und die definitive Interessenabwägung wird vorgenommen. In den beiden erstgenannten Fällen ist allenfalls ein Vorgehen analog zu Art. 30a VwVG denkbar, wenn dies im konkreten Fall angemessen ist (Veröffentlichung).

61. 61 Nicht erforderlich ist eine Konsultation namentlich dann, wenn die Haltung der betroffenen Person gegenüber der Zugänglichmachung bereits vorgängig hinreichend bekannt ist oder sie sich aus den Umständen ableiten lässt. Ebenfalls nicht erforderlich ist eine Konsultation, wenn es darum geht, offen zu legen, wer in amtlicher Funktion gehandelt oder eine bestimmte Meinung vertreten hat (vgl. dazu oben, Rz. 13).

62. 62 Sandrine Baume, Transparence, in: Michela Marzano (Hrsg.), Dictionnaire de la violence, erscheint demnächst bei Presses Universitaires de la France, Paris.

63. 63 Flückiger (Fn. 17), S. 233; ähnlich auch die Schlussfolgerung von Schefer (Fn. 16), S. 97.

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