C OMPOSITIO M ATHEMATICA
A LEXANDER K UROSCH
Kombinatorischer Aufbau der bikompakten topologischen Räume
Compositio Mathematica, tome 2 (1935), p. 471-476
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topologischen Räume
von
Alexander Kurosch
Moskau
1. Herr Alexandroff hat
gezeigt 1),
daBman jeden kompakten
metrisierbaren Raum mit Hilfe
sogenannter Projektionsspektra approximieren
und somit mittels einesLimesprozesses
aus denelementaren Gebilden - den
simplizialen Komplexen -
er-zeugen kann. Diese Erkenntnis
gab
dieMôglichkeit,
kombina-torische
Problemstellungen
und Methoden auf metrische Râumenzu
übertragen,
und wurde zumAusgangspunkt
zahlreichertopo- logischer Untersuchungen.
In dervorliegenden
Arbeit wird ge-zeigt,
daß dieVoraussetzung
des II. Abzàhlbarkeitsaxiom(d.h.
der Metrisierbarkeit des
Raumes)
eineunnôtige Beschrànkung ist,
und daBauch jeder bikompakte topologische Raum2)
auf dem-selben
Wege geometrisch
konstruiert werden kann.Die erste Redaktion dieser Arbeit stammt aus dem Jahre 1929-30. Ihre
jetzige
vereinfachte Form konnte ich ihr dank mehrererRatschlàge
meines Lehrers Prof. Alexandroffgeben.
2. Eine unendliche
Menge Sû
vonKomplexen Ka. 3)
soll einProjektionsspektrum heil3en,
wenn füreinige
PaareKa., Kfl
dieserKomplexe simpliziale Abbildungen (etwa
vonKf3
aufKa) gegeben sind,
dieProjektionen
hei13en sollen undmit n (Ka Ka.)
oder kurznf
bezeichnet werden. Wir werden denKomplex Ka
als Vor-giinger,
denKomplex Kf3
alsNachfolger bezeichnen, Ka. K{3.
Fürjedes Simplex
vonKf3 gibt
es eineinziges
Bild inKa.; jedes
Sim-plex
vonKa.
besitzt mindestens ein Urbild inKp.
Die
Projektionen
sollen dabeifolgenden Bedingungen
1-IVgenügen:
1) P. ALEXANDROFF, Untersuchungen über Gestalt und Lage abgeschlossener Mengen beliebiger Dimension [Ann. of Math. (2) 30 (1928), lfll-187j.
2) Siehe die Definition und die Eigenschaften der bikompakten Räume in
P. ALEXANDROFF und P. URYSOHN, Zur Theorie der topologischen Râume [Math.
Ann. 92 (1924), 258-266 ].
3) a durchiâuft eine beliebige Indexmenge.
472
1.
Für je
zweiKomplexe K(X, K{3 gibt
es entwederkeine,
oder nur eine
Projektion n(K{3’ Krx)
und dann keineProjektion
n(K,,, Kp).
II. Falls die
Projektionen n) und nf (von Ky
aufK{3
bzw.Kfl
aufKrx) vorliegen,
soliegt
auch dieProjektion n( = fl nfl(n)
von
Ky
aufKrx
vor.III.
Zu je
zweiKomplexen K«, Kp gibt
es einengemein-
samen
Nachfolger.
IV. Jeder
Komplex K
besitzt nur eine endliche Anzahl vonVorgängern . 4)
3. Eine
Menge
S vonSimplexen T rx (mit T rx
ausK(X)
soll eineProjektionsmenge heif3en,
wennfolgende Bedingungen
erfüllt sind:(1) Zu je
zweiSimplexen
von Sgibt
es in S eingemeinsames
Urbild.
(2)
Fürjedes
zu Sgehôrende Simplex Ta
vonKrx gibt
es einensolchen
Index f3,
daßKrx -Kfl ist,
und daß eins von den Urbildernvon
Ta
inKp
zu Sgehôrt.
Aus
(1 ) folgt,
daß S hôchstens einSimplex
ausjedem Komplex enthâlt,
unddal3,
wennKomplexe Krx, Kfl
die zu Sgehôrenden
Simplexe Trx’
bzw.Tf3
enthalten undKrxKf3 ist, Tx
das Bildvon
T f3
sein muß.Man kann
jedes Simplex
T in eineProjektionsmenge
ein-schließen. Dazu
genügt
es,Simplexe To
=T, Tl,
...,Tn,
...zu
wâhlen, wo jedes T n
ein Urbild vonTn_1
sein soll.Wir werden sagen, daß die
Projektionsmenge
S von eineranderen
Projektionsmenge
S*umfaflt wird,
wennjeder Komplex,
der ein
Simplex
T von Senthâlt,
auch einSimplex
T* von S*enthâlt und dabei T eine
(echte
oderunechte)
Seite von T* ist.Wenn dabei keine echten Seiten
auftreten,
soll S ein Teil von S*heißen
5).
4. HILFSSATZ. Es sei eine
Menge
A vonSimplexen
mitfol- genden Eigenschaften gegeben:
(a )
Mitjedem Simplex
T enthdlt A auch alleProjektionen
von T.(b )
Gehôrt einSimplex
T von A zu einemKomplex K,
sogehôrt
mindestens ein Urbild von T in
jedem Nachfolger
von K auch zu A.Dann
gibt
es eineTeilmenge
A’ vonA,
die eineProjektions-
menge ist und durch alle
Komplexe geht.
4) Die 31enge % wird also durch unsere Projektionsvorschrift teilweise geordnet.
S) Man vergleiche diese Definition mit der entsprechenden Definition im metrisierbaren Falle. P. A-LF-X-.4-NDROFF, a. a. O. 1).
Beweis. Jeder
Komplex enthâlt,
nach(a)
und(b), Simplexe
von A. Wir nehmen an, daB die
Menge
allerKomplexe
will-kürlich
wohlgeordnet ist,
und bezeichnen mitTl
eins von den zull
gehôrenden Simplexen
desKomplexes Kl.
Es seien dieSimplexe Z’
in denKomplexen Ka
fürjede Ordnungszahl
oc, die kleiner als einegewisse Ordnungszahl f ist,
schongewàhlt,
und zwar so,daß
jede
endliche Anzahl von diesenSimplexen
eingemeinsames
Urbild in A besitzt. Dann kann man
T f3
unter den zu Ilgehörenden
Simplexen
vonKf3
wâhlen.Es sei in der Tat für
jedes
zu Agehôrende Simplex T"
vonKp
ein solches endlichesSystem
von frühergewàhlten Simplexen
gegeben,
daß es in A für(i )
undTp
keingemeinsames
Urbildgibt.
DieVereinigungsmenge
allerSysteme (i ) besitzt,
nachunserer
Voraussetzung,
eingemeinsames
zu Agehbrendes
UrbildT’ von K’. In einem
Komplex
K" -Nachfolger
für K’ undKß - gibt
es ein ebenfalls zu Agehörendes
Urbild T" für T’. Das Bild von T" inK03B2
ist einSimplex T§,
welches also mit demSystem (j)
eingemeinsames
Urbild in A hat.Man kann damit in
jedem Komplex K03B2
einSimplex T03B2
vonA so wählen
,daI3
es fürjede
endliche Anzahl von diesenSimplexen
ein
gemeinsames
Urbild in Agibt.
DieMenge {Tf3} ist,
wie leichtersichtlich,
eineProjektionsmenge.
5. SATZ. Jede
Projektionsmenge
S ist ein Teil einer durch alleKomplexe gehenden Projektionsmenge.
In
jedem Komplex
Kgibt
es mindestens ein solchesSimplex,
das mit
jedem Simplex
von Seingemeinsames
Urbild hat. Kannman in der Tat
zu jedem Simplex Ti
von K ein solchesSimplex T’
in Sfinden,
daBTi
undT2
keingemeinsames
Urbildbesitzen,
so müssen, nach Definition der
Projektionsmenge,
alleSimplexe T’
eingemeinsames
Urbild T’ imKomplex K’,
und dieses letztere ein Urbild T" in einemNachfolger
K" von K’ und K haben.Das Bild von T" in K ist ein
Simplex Tj,
das also eingemein-
sames Urbild mit
entsprechendem T’
hat.Wir werden
Simplexe
mit obenbezeichneterEigenschaft
aus-gezeichnet
nennen.In jedem Komplex,
der einSimplex
von Senthâlt,
ist dieses und nur diesesSimplex ausgezeichnet.
JedesBild eines
ausgezeichneten Simplexes
ist selbstausgezeichnet.
Jedes
ausgezeichnete Simplex
T von K besitzt injedem
Nach-folger
K’ von Kausgezeichnete
Urbilder. Gâbe es in der Tat zu474
jedem
UrbildT’
vonT(T’
ausK’ )
ein solchesSimplex T2’
vonS,
daß
Tz
undT§’
keingemeinsames
Urbildhaben,
so muB ein ge- meinsames Urbild T* für alleTi’
und T in einemNachfolger
K*von K’ existieren. Das Bild von T * in K’ ist eines der
Ti;
Wider-spruch !
Die
Menge
A allerausgezeichneten Simplexe
erfüllt also dieBedingungen
des Hilfssatzes. Somitgibt
es eineProjektions-
menge
A’,
die eineTeilmenge
von A ist und durch alleKomplexe geht.
DieProjektionsmenge
S ist ein Teil von A’.6. Die
Projektionsmenge
S soll eine Ketteheif3en,
wenn es keine andereProjektionsmenge
S*gibt,
von der S umfal3t wird.Jede Kette
geht
durch alleKomplexe
desSpektrums.
JedeProjektionsmenge
wird mindestens von einer Ketteumfal3t s ).
Ein
Projektionsspektrum
soll einHausdorffsches Spektrum hei13en,
wenn eszu je
zwei verschiedenen KettenB’,
B" minde- stens einen solchenKomplex
Kgibt,
daß dieSimplexe
von B’und B" in K keine
gemeinsame
Seite haben.7. Der Zweck dieser
Betrachtungen
istfolgender
HAUPTSATZ. Jedes
Hausdorffsche Spektrum definiert
einenbikompakten Hausdorffschen
Raum.Umgekehrt
kann manjeden Hausdorffschen bikonipakten
Raum durch einHausdorffsches Spektrum definieren.
Ein
Spektrum S
definiertfolgendermaBen
einentopologischen
Raum R*. Die Ketten des
Spektrums
sind Punkte- des Raumes.Die durch einen
gegebenen Komplex
K definierteUmgebung
einesPuiiktes e
(=
einer KetteBe)
ist dieMenge aller jener Ketten,
deren
Simplexe
in K echte oder unechte Seiten vomSimplex
von
Be
sind.Man
überzeugt
sich ohneMühe,
daB dieUmgebungsaxiome
A-D erfüllt sind. Ist das
Spektrum
einHausdorffsches,
so istauch das Hausdorffsche
Trennungsaxiom
D’ erfüllt.Der Raum R* ist
bikompakt.
Es sei in der Tat in R* eine un-endliche
Punktmenge
M von derMàchtigkeit
mgegeben.
Jeder6) Diese Behauptung kann man so beweisen. Ist die durch alle Komplexe gehende Projektionsmenge S = Sl keine Kette, so gibt es eine Projektionsmenge S2, die S umfaBt. Es seien die Projektionsmengen Soe für alle Ordnungszahlen oc,
die kleiner als eine gewisse Ordnungszahl P sind, schon gewählt, und zwar so,
dal3 Sx von S bei oc ex’ umfaBt wird. Ist fl keine Limeszahl, so ist
Sp
eineSp- 1
umfassende Projektionsmenge. Ist aber fl eine Limeszahl, so kann man zu jedem Komplex K des Spektrums eine solche Ordnungszahl oc, l1.. fl, wâhlen, daß alle Projektionsmengen 5x’ bei a’ > oc dasselbe Simplex T in K enthalten. Dièse
Simplexe T bilden eine Projektionsmenge, die wir als
Sp
wâhlen kônnen.Komplex
desSpektrums hat, infolge
der Endlichkeit der Anzahl seinerSimplexe,
mindestens ein solchesSimplex,
welches in denKetten von Punkten einer
Teilmenge
von M derselbenMâchtig-
keit m
aufgeht.
DieseSimplexe
sollenausgezeichnet
heiBen. JedesBild eines
ausgezeichneten Simplexes
ist selbstausgezeichnet;
mindestens eins von den Urbildern eines
ausgezeichneten
Sim-plexes
injedem Komplexe
istausgezeichnet.
Die
Menge
allerausgezeichneten Simplexe befriedigt
die Be-dingungen
des Hilfssatzes. Esgibt
daher eine durch alle Kom-plexe gehende Projektionsmenge,
derenSimplexe ausgezeichnet
sind. Jede diese
Projektionsmenge
umfassende Kette definiert einen Punkt vonR*,
dessen alleUmgebungen Teilmengen
vonM von der
Mächtigkeit
m enthalten.8. Es sei ein
bikompakter
Hausdorffscher Raum Rgegeben.
Wir betrachten àlle endlichen
Überdeckungen
des RaumesR,
deren Elemente
abgeschlossene Mengen
sind. Diese Elementesollen dabei die
abgeschlossenen
Hüllenpaarweise
fremder offenerMengen sein;
wir werden diese offenenMenge
die Kerne der Elemente derÜberdeckungen
nennen.Die
Überdeckung P2
soll eineUnterteilung
derÜberdeckung
Pi heißen,
wennjedes
Element vonP2
eineTeilmenge
voneinem,
und
dabei,
nach Definition derÜberdeckung,
nur einem Elementvon Pl
ist.Zu jeder Überdeckung
P bilden wir ihren NervN(P):
das istein
simplizialer Komplex,
dessenEckpunkte
den Elementen derÜberdeckung eineindeutig entsprechen;
wenn kgegebene
Ele-mente einen nichtleeren Durchschnitt
haben,
so werden die ihnenentsprechenden Eckpunkte
zumEckpunktgerüst
eines(k-l)-dimensionalen Simplexes gemacht.
IstP2
eine Unter-teilung
vonPl,
so kann man auf eine ganz bestimmte Weise einesimpliziale Abbildung -
dieProjektion -
des NervsN(P2)
auf den Nerv
N(P1) festlegen:
wenn einElement E2
vonP2
eineTeilmenge
des ElementesEl
vonPl ist,
und wenn diesen Elemen- ten dieEckpunkte a2 bzw. al zugeordnet sind,
so soll et, das Bild von a2 sein.Es ist leicht zu
sehen,
daB dieMenge R
der Nerven unsererÜberdeckungen
mit den soeben definiertenProjektionen
einProjektionsspektrum
bildet. Dabei kann man einengemeinsamen Nachfolger P3
für zweigegebene Uberdeckungen Pl, P2
so kon-struieren : die Kerne der Elemente von
P3
sind nichtleere Durch- schnitte der Kerne vonPl
undP2.
Es bleibt also nurübrig,
zu476
zeigen,
daß diesesSpektrum
ein Hausdorffschesist,
und daßes einen Raum R*
definiert,
der demgegebenen
Raum R homÕo-morph
ist.9. Es sei P eine
beliebige Überdeckung
von R und T einSimplex
vonN(P).
Den demSimplex
Tentsprechenden
Durch-schnitt der Elemente von P werden wir den
Triiger
von Tnennen und
F(T)
bezeichnen. Ist T’ ein Urbild vonT,
so mußF(T’) F(T)
sein. Daher ist derDurchschnitt jeder
endlichenAnzahl von
Simplexträgern
einerProjektionsmenge gewiB
nicht-leer,
sodaß,
wegen derBikompaktheit,
der Durchschnitt derTräger
allerSimplexe jeder Projektionsmenge
von Null ver-schieden ist.
Es sei x ein
beliebiger
Punkt des Raumes R und P eineÜber- deckung
von R. MitTx
bezeichnen wirjenes Simplex
vonN(P),
das dem Durchschnitt aller den Punkt x enthaltenden Elemente
von P
zugeordnet
war. DieMenge Bx
={T x}
aller dieserSimplexe
bildet eine Kette.
Ist,
in derTat,
dieÜberdeckung
P"’ einegemeinsame
Unter-teilung
derÜberdeckungen
P’ undP",
so müssen die Bilder desSimplexes T"’
bei denProjektionen yr(N(P’"), N(P’))
undIlr(N(P""), N(P")) gewiB Tx
undTx
sein. DieMenge Bx
istalso,
da die durch alle
Komplexe geht,
eineProjektionsmenge.
Ist S eine
Projektionsmenge
unseresSpektrums,
undgehôrt
derPunkt x zum Durchschnitt der
Träger
allerSimplexe
vonS,
sowird S von
Bx
umfaBt. Darausfolgt,
dal3 alle Ketten desSpek-
trums sich unter den
Projektionsmengen Bx , By,
... befinden.Wâre
Bx
keineKette,
sogâbe
es eine KetteBy,
dieBx
umfaBt.Zu den Punkten x, y
gibt
es aberUmgebungen U(x), U(y)
mitdisjunkten abgeschlossenen Hüllen ù(ae), U(y) 7).
Wâhlen wir eineÜberdeckung P,
zu derU (x)
undU(y)
als Elementegehôren,
so haben die
Simplexe
vonBx
undBy
inN(P)
keinegemeinsame
Seite.
Bx
ist also eine Kette.Gleichzeitig
sehenwir,
daß unserSpektrum
ein H’aucdorffsches ist.Zwiscilien den Pujkteh der Räume R und R*
gibt
es also eineeineindeutige Zuordnung.
Um denHauptsatz
zubeweisen,
bleibtn{ir übrig die Aquivalenz
derUmgebungssysteme
dieser Raumezu
zeigen,
wasohne Schwierigkeiten erreicht wird
(Eingegangen den 2D Mai 1934.)
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(Eingegangen den 20 My 1934.)