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Mehr Mut : Plädoyer für eine islamisch-theologische Fakultät

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Academic year: 2021

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Mehr Mut

Plädoyer für eine islamisch-theologische Fakultät

Nach neuesten Berechnungen leben zwischen 3,8 und 4,2 Millionen Muslime in Deutschland, von denen 45 Prozent die deutsche Staatsangehörigkeit haben - Tendenz steigend. Während es bundesweit 18 katholische und 21 evangelische theologische Fakultäten gibt, existieren erst sechs - bald sind es sieben - Professuren für islamische Theologie. Sie sind in den vergangenen Jahren vorwiegend im Zusammenhang mit Schulversuchen für islamischen Religionsunterricht und der dafür erforderlichen Lehrerausbildung entstanden.

Sehr viele Moscheegemeinden wünschen sich jedoch Imame, die in Deutschland verwurzelt sind und studiert haben. Es passt nicht mehr zu einem Leben auf Dauer im Einwanderungsland, dass das religiöse Personal wie bislang weitgehend aus dem Ausland rekrutiert wird.

Zugleich sind vereinzelte Professuren nicht ausreichend, um die zur christlichen Theologie analoge Disziplinenvielfalt im Islam abzudecken und der Pluralität der Herkunftsländer, Glaubensrichtungen und Strömungen der Muslime in Deutschland gerecht zu werden. Mit der Aufgabe einer Neukonzeption islamischer Theologie im hiesigen Kontext sowie den Fragen und Ängsten der Mehrheitsgesellschaft sind die bisher vorhandenen Stellen trotz überdurchschnittlichen Engagements überfordert.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich inzwischen mehrfach in aller Deutlichkeit für eine islamisch-theologische Fakultät ausgesprochen und auch eine finanzielle Unterstützung des Bundes in dieser Länderangelegenheit in Aussicht gestellt. Der politische Wille wurde artikuliert. Woran scheitert das Projekt also?

Zunächst kann man auf das Fehlen eines den Kirchen vergleichbaren, organisierten muslimischen

Ansprechpartners verweisen. Wie ist die Konfessionalität zu gewährleisten, wenn die Konfession nicht klar greifbar ist? Dieser Punkt verursacht zunächst Unsicherheit oder gar Angst. Es gibt nämlich wenige Entscheider in Politik und Hochschulen, die mit dem konkreten Islam in Deutschland so vertraut sind, dass sie sich eine Lösung vorstellen können, ohne eine dem Islam eigentlich fremde Verkirchlichung zu

verlangen.

Auch muslimische Verbandsvertreter müssen sich daran gewöhnen, dass eine wissenschaftliche islamische Theologie entsteht, mit der sie nicht immer im Konsens sein werden. Das ist nicht einfach in einer Situation, in der sie um Anerkennung werben und möglichst einheitlich auftreten wollen. Wer Imame mit einem deutschen Hochschulabschluss anstellen und adäquat bezahlen kann, ist eine weitere Frage. Zudem ist es bisher nicht üblich, dass Imame ein Studium absolviert haben müssen. Da die Aufbauarbeit in Deutschland nicht ganz aus eigenen Kräften geleistet werden kann, ist die Expertise insbesondere aus den beiden wichtigsten Herkunftsländern deutscher Muslime, der Türkei und Bosnien-Herzegowina, sicher hilfreich. Auch hier bleibt die Gratwanderung zwischen Unterstützung und Fremdbestimmung nicht leicht. Dass sie gelingen kann, zeigt derzeit das Beispiel Frankfurt mit den vom Präsidium für Religiöse

Angelegenheiten in der Türkei gestifteten Professuren, die ein eigenständiges Profil entwickelt haben. Zudem hätte der Fall des Münsteraner Professors für «Religion des Islam» Muhammad Kalisch, der wegen seiner Zweifel an der Historizität Mohammeds den Rückhalt vieler deutscher Muslime verlor, an einer Fakultät vermutlich besser aufgefangen werden können.

Insbesondere die beiden gut funktionierenden Standorte Frankfurt und Osnabrück mit jeweils zwei Professuren bieten sich für einen weiteren Ausbau an. Gerade weil es viele offene Fragen gibt, ist der Handlungsbedarf groß. Nach 50 Jahren Einwanderungsgeschichte im großen Stil drängt aber die Zeit. Gegenüber muslimischen Verbänden muss Vertrauensarbeit geleistet werden, um sie für das Projekt zu gewinnen. Nützlich wäre eine Allianz wichtiger Entscheidungsträger, darunter der Kirchen.

Schließlich müssen kreative juristische Konstruktionen gefunden werden. So könnten sich analog zur Deutschen Islam Konferenz muslimische Verbandsvertreter mit bedeutenden muslimischen

Persönlichkeiten zu einem Trägerkreis zusammenschließen.

Es braucht aber auch politischen Mut, der bislang nur bei Schäuble und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der einen Staatsvertrag mit den Muslimen in Aussicht gestellt hat, erkennbar ist. Nicht zuletzt aus Gerechtigkeitsgründen steht der Staat in der Pflicht - die Zahl von rund vier Millionen

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Muslimen spricht für sich. Wenn deutlich wird, dass es beim Aufbau einer islamisch-theologischen Fakultät nicht um muslimische Sonderinteressen, sondern um eine Angelegenheit der ganzen Gesellschaft geht, könnte die Akzeptanz auch bei Skeptikern steigen.

Hinweis: Der Autor Hansjörg Schmid ist Referent der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart für interreligiösen Dialog und Autor zahlreicher Publikationen zum Thema Islam.

17.02.2009 (KNA) jac/has/joh/

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