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Mehrsprachigkeit und DeutschunterrichtThesen, Beiträge und Berichte aus der Sektionsarbeit an der XII. Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer IDT-2001 in Luzern

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Texte intégral

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Bulletin suisse

de linguistique appliquée Herbst 2002

Vereinigung für angewandte Linguistik in der Schweiz Associaziun svizra da linguistica applitgada Association suisse de linguistique appliquée Associazione svizzera di linguistica applicata

Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht

Thesen, Beiträge und Berichte aus der Sektionsarbeit an der XII. Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer IDT-2001 in Luzern

Herbst 2002 Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht

bulletin vals-asla Sonderheft

Sonderheft

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Le Bulletin suisse de linguistique appliquée est l'organe de publication de l'Association suisse de linguistique appliquée (VALS/ASLA).

Publié avec le soutien financier de l'Académie suisse des Sciences humaines et sociales, le Bulletin suisse de linguistique appliquée parait deux fois par an.

Abonnement personnel Suisse CHF 30,- étranger CHF 35,- (EUR 23,00) Abonnement institutionnel Suisse CHF 50,- étranger CHF 55,- (EUR 37,00) Prix au numéro Suisse CHF 25,- étranger CHF 25,- (EUR 17,00)

Rédaction et administration Dr Marinette Matthey, Institut de linguistique, Université de Neuchâtel, Espace Louis-Agassiz 1, CH-2000 Neuchâtel

Tél. +41 (0)32 – 718 19 68 Fax +41 (0)32 – 718 17 01

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Abonnements/commandes Institut de linguistique, Université de Neuchâtel, Espace Louis-Agassiz 1, CH-2000 Neuchâtel Tél. +41 (0)32 – 718 16 90

Fax +41 (0)32 – 718 17 01

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CCP 20-7427-1

© Institut de linguistique de l'Université de Neuchâtel, 2002.

Tous droits réservés.

ISSN 1023-2044

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No 75, 2002 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

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Inhaltsverzeichnis

Monika CLALÜNA &Günther SCHNEIDER

Vorwort ... 5-7

I. Wege zur Mehrsprachigkeit: Sprachenpolitische und wissenschaftliche Positionen und Projekte Sprachenpolitische Resolution der XII. Internationalen Tagung

der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer ... 9-12 Helen CHRISTEN & Elisabeth KNIPF-KOMLOSI

Falle, Klinke oder Schnalle? Falle, Klinke und Schnalle!

– Informationen, Meinungen, Forderungen aus der Sektion

«Deutsch als plurizentrische Sprache» ... 13-19 Nicole MARX

Mehrsprachigkeitsforschung und Lerntheorien ... 21-25 Albert RAASCH

Wie man mit Sprachen zu grenzenlosen Regionen kommt ... 27-35

II. Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht Eva-Maria JENKINS

Der Baum der Mehrsprachigkeit – er ist nicht in den Himmel gewachsen, aber ein bisschen gewachsen ist er doch!

(Lehrwerke, Lehrwerksentwicklung, Curriculumsentwicklung) ... 37-43 Federica RICCI GAROTTI

Austauschprojekte und Partnerschaften ... 45-50 Ingelore OOMEN-WELKE

Language Awareness im Deutschunterricht ... 51-54 Claudine BROHY

Zwei- und mehrsprachiger (Sach-)Unterricht ... 55-60 Patricia CHIGHINI & Dieter KIRSCH

Frühes Fremdsprachenlernen ... 61-65 Petra SZABLEWSKI-ÇAVUS

Deutsch lernen, Schreiben lernen – Alphabetisierung in

Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache ... 67-72 Antonie HORNUNG, Markus SCHRADER & Doris HÖHMANN

Deutschunterricht für weit fortgeschrittene Mehrsprachige ... 73-86

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IV

Annette BERNDT

Sprachenlernen im Laufe des Lebens bis ins höhere Alter ... 87-90 Roland FISCHER

Die Theorie ist's und nicht die Praxis... ... 91-95 Ueli BACHMANN & Sibylla HALTER

Theater und Literatur ... 97-99 Erika DIEHL, Thérèse STUDER & Bettina BOSS

Grammatik: Erwerb und Unterricht ... 101-108 Ursula HIRSCHFELD

Phonetik ... 109-114 Annelies HÄCKI BUHOFER & Peter DURCO

Wortschatz: Aneignung und Unterricht ... 115-116 Ronald GRÄTZ & Lucia ALT

Arbeitsergebnisse der Sektion Kunst-Musik-Film-Architektur

in Bezug auf das Thema Mehrsprachigkeit ... 117 Grete KERNEGGER & Roland FORSTER

Deutsch in Studium und Wissenschaft ... 119-120

III. Sprachenübergreifende Mittel Hermann FUNK

Aus- und Weiterbildung für Sprachlehrende

– Fazit und Forderungen der IDT 2001 ... 121-125 Kerstin REINKE

Rede- und Gesprächserziehung für die

interkulturelle Kommunikation ... 127-134 Claudio NODARI & Ulrika TORNBERG

Lernstrategien und Lernenlernen ... 135-140 Michael LANGNER

Lernzentren – Lernberatung – Medien ... 141-150 Peter LENZ

Mehrsprachigkeit fördern und sichtbar machen

– das Europäische Sprachenportfolio ... 151-159

Die 30 Sektionen der IDT 2001 ... 161-168 Adressen der Autorinnen und Autoren ... 169-170

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No spécial, 2002, 5-7 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

Vorwort

Monika CLALÜNA & Günther SCHNEIDER

Die XII. Internationale Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer stand unter dem Motto «mehr Sprache – mehrsprachig – mit Deutsch:

Didaktische und politische Perspektiven». Diese starke Betonung der Mehrsprachigkeit schien manchen für einen Kongress von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern zunächst überraschend. Das Tagungsthema wurde aber vom Internationalen Deutschlehrerverband (IDV) und den vorbereitenden Institutionen bewusst gewählt aus der Überzeugung heraus, dass die Zukunft des Fremdsprachenunterrichts allgemein und damit auch des Deutschunterrichts weltweit in der Hinführung der Lernenden zur Mehr- sprachigkeit liegt. Die Förderung der Mehrsprachigkeit sowie der sprachlichen und kulturellen Vielfalt, das waren auch die zentralen Botschaften im «Jahr der Sprachen 2001», das der Europarat und die Europäischen Union gemeinsam ausgerufen hatten.

Mehrsprachigkeit sollte an der Tagung der zentrale, bestimmende Gesichts- punkt und nicht nur unverbindliches Rahmenthema sein. In Vorträgen, Podien und in den Sektionen haben sich Beitragende und Teilnehmende intensiv mit der Fragestellung auseinandergesetzt, welche Konsequenzen der Perspek- tivenwechsel hin zur Mehrsprachigkeit hat: Was verändert sich in Unterricht, Ausbildung und Forschung für das Fach Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache unter dem Aspekt der Mehrsprachigkeit?

Mit den vorliegenden Berichten und Ergebnissen aus den Sektionen soll dokumentiert werden, welche Schritte in Forschung und Praxis bereits in diese Richtung gemacht wurden, wo Hindernisse und Widerstände bestehen und welche Postulate und Vorschläge verwirklicht werden sollten.

24 von insgesamt 30 Sektionen der IDT-2001 sind in diesem Band mit Thesen, Beiträgen und Berichten vertreten1. In einem ersten Teil wird unter dem Titel «Wege zur Mehrsprachigkeit» über sprachenpolitische und wissen- schaftliche Positionen und Projekte berichtet. Eröffnet werden die Beiträge durch die sprachenpolitische Resolution, die an der Tagung in Luzern ver-

1 Einige Sektionen haben beschlossen, ihre Ergebnisse in eigenen Sammelbänden oder in elektronischer Form zu publizieren.

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6 Vorwort

abschiedet wurde. In diese Resolution, welche die Sektion «Sprachpolitik»

erarbeitet hat, sind Thesen aus vielen anderen Sektion eingegangen.

Der zweite Teil «Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht» versammelt 15 Beiträge zu verschiedenen Einzelaspekten: zu Inhalten, Formen, Mitteln und Stadien des Sprachenlernens. Bei einigen dieser Sektionsthemen war der Zusammenhang mit dem Thema Mehrsprachigkeit offensichtlich, etwa bei den Sektionen «Austauschprojekte und Partnerschaften», «Language Awareness»

und «Zwei- und mehrsprachiger (Sach-)Unterricht». In etlichen anderen Sektionen (z. B. Phonetik, Grammatik, Lehrwerke u.a.m.) standen die Teil- nehmenden stärker vor der Herausforderung, die Relevanz des Themas Mehrsprachigkeit für ihren Arbeitsbereich erst zu erkunden und in Theorie und Praxis Ansätze zu einer Didaktik der Mehrsprachigkeit aufzuspüren oder auszudenken. Der sprechende Titel des Beitrags über die Ergebnisse der Sektion, die sich mit Lehrwerken und Curriculumentwicklung befasste, könnte auch als Fazit für manche andere Sektionen gelten: «Der Baum der Mehrsprachigkeit – er ist nicht in den Himmel gewachsen, aber ein bisschen gewachsen ist er doch! »

Der dritte Teil stellt in fünf Beiträgen sprachenübergreifenden Ansätze und Instrumente vor: Konzepte und Thesen zur Aus- und Weiterbildung der Sprachlehrenden, zur Gesprächserziehung für die interkulturelle Kommuni- kation, zur Förderung von Lernstrategien, zu Lernzentren und Lernberatung sowie zur Dokumentation von Sprachkenntnissen und Sprachlernerfahrungen.

An der IDT 2001 wurde auch der Versuch unternommen, in der Tagungs- didaktik neue Wege zu gehen. Die Sektionen sollten nicht wie sonst ein bunter Reigen von Präsentationen und Kurzreferaten sein. Für Präsentationen und Vorträge standen andere Gefässe zur Verfügung, vor allem die Website der IDT, Informationsmärkte und eine Vortragsreihe2. Die Sektionen dagegen sollten sich eher als Arbeitsgruppen, Workshops oder Diskussionsforen verstehen mit genügend Zeit für Diskussionen oder für das gemeinsame Erarbeiten von Thesen oder Projekten. Die Vielfalt der Arbeitsformen in den Sektionen findet eine Entsprechung in der unterschiedlichen Form der hier versammelten Beiträge: Sie sind teils eher zusammenfassend berichtend, teils thesenförmig, teils exemplarisch beschreibend. Die meisten Artikel wurden

2 Die Vorträge an der XII. IDT werden veröffentlicht in: Schneider, Günther/Clalüna, Monika (Hg.):

Mehr Sprache – mehrsprachig – mit Deutsch: didaktische und politische Perspektiven. München:

iudicium 2002.

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von den Sektionsleitenden verfasst. In einigen Fällen haben Sektionen einen für ihre Arbeit exemplarischen Einzelbeitrag ausgewählt.

Rund 1‘700 Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer aus aller Welt, in Forschung, Wissenschaft und Ausbildung Tätige, Unterrichtende und Studierende haben an der IDT in Luzern teilgenommen. Sie konnten dort nur in je zwei Sektionen mitarbeiten und ihre Erfahrungen oder Vorschläge ein- bringen. Die hier vorgelegten Berichte geben nun Gelegenheit, ein breites Themenspektrum unter dem Blickwinkel der Mehrsprachigkeit zu über- schauen. Die Beiträge können als eine reiche Sammlung von Anregungen gelesen und genutzt werden: Anregungen durch Beispiele dafür, was an Erkenntnissen und Erfahrungen für das Deutschlernen und einen Deutsch- unterricht im Rahmen von Mehrsprachigkeit schon bereit steht und sich bewährt hat; Anregungen aber auch dadurch, dass Lücken identifiziert, Thesen zur Diskussion gestellt und Postulate begründet werden. Durch die Beiträge zieht sich zum einen die Behauptung oder Befürchtung, dass die Praxis des Unterrichts oft mit den theoretischen Ansätzen nicht Schritt halten könne; zum andern appellieren die Praktiker an die Forschung, mehr (empirische) Grundlagen für eine Didaktik der Mehrsprachigkeit zu liefern. Die Beiträge zeigen sowohl Handlungsmöglichkeiten als auch Handlungsbedarf.

Es ist zu wünschen, dass die Dokumentation hilft, Mehrsprachigkeit, kulturelle Vielfalt und Vielfalt der Lernmöglichkeiten zusammen zu sehen, und dass die Anregungen als Anstoss wirken, im eigenen Arbeitsbereich Entscheidungen vorzubereiten, Postulate zu diskutieren, kleinere oder grössere Projekte zu entwickeln und Vorschläge umzusetzen – für mehr Mehrsprachigkeit mit Deutsch.

Barbara Ruf hat uns viel Arbeit abgenommen. Sie hat sorgfältig Korrektur gelesen, viele Verbesserungsvorschläge gemacht und das Layout vorbereitet.

Wir danken der Vereinigung für angewandte Linguistik in der Schweiz (VALS/ASLA) und der Redaktion des Bulletin vals-asla, dass sie diese Sondernummer ermöglicht haben. Ein besonderer Dank gilt auch der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), dem Arbeitskreis Deutsch als Fremdsprache (AkDaF) sowie der Schweizer- ischen Zentralstelle für die Weiterbildung der Mittelschullehrpersonen (WBZ) für ihre Beiträge an die Druck- und Versandkosten.

NB: Im Sinne der Vielfalt wurden unterschiedliche Schreibweisen nicht unterdrückt. So findet sich beispielsweise neben «ß» auch die schweizerische Schreibweise mit «ss».

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No spécial, 2002, 9-12 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

Sprachenpolitische Resolution der XII.

Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer

Luzern, 4. August 2001

Die XII. IDT hat die folgende Resolution verabschiedet. Sie ist entstanden aus den Thesenpapieren von 18 Sektionen und wurde in der Sektion 1 «Sprachpolitik: Wege zur Mehrsprachigkeit» (Sektions- leitung: Hans-Jürgen Krumm und Jean Racine) formuliert.

Der Internationale Deutschlehrerverband (IDV) hat vom 30. Juli bis 4. August 2001 in Luzern (CH) seine 12. Internationale Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer veranstaltet: Mehr Sprache – mehrsprachig – mit Deutsch.

1700 Lehrkräfte aus ungefähr 90 Ländern haben dabei grundsätzliche Fragen der Mehrsprachigkeit sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Deutschunterricht in einer mehrsprachigen Welt erörtert. Sie haben die folgenden Grundsätze und Empfehlungen für die Entwicklung einer Sprachen- politik und einer Sprachunterrichtspraxis erarbeitet, in deren Zentrum die Mehrsprachigkeit steht:

1. Mehrsprachigkeit und Friedensförderung

Für das friedliche Zusammenleben der Menschen und für die Entwicklung demokratischer Gesellschaften sind Erhalt und Förderung der Mehr- sprachigkeit eine entscheidende Grundlage. Viele kulturelle Errungenschaften sind eng an die Leistung spezifischer Sprachen gebunden; der Verzicht auf diese Sprachen und ihre Leistungen würde eine gravierende Einschränkung und Verarmung der kulturellen Vielfalt bedeuten. Der Verzicht auf Mehr- sprachigkeit hätte zur Folge, dass in das Sprachenlehren und -lernen nicht mehr genügend investiert würde und dass existenzielle Kenntnisse und Erfahrungen verloren gingen.

2. Mehrsprachigkeit und Verantwortung im Bildungsprozess

Die Sicherstellung von Mehrsprachigkeit ist einerseits eine Aufgabe aller, die in den Bildungsprozess eingebunden sind: der Eltern, der Schule, der Forschung, der Einrichtungen der Weiterbildung sowie der Medien – anderer- seits aber auch eine Pflicht der Regierungen und nationalen und internationalen Institutionen.

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Beide Seiten müssen zusammenwirken und Instrumentarien und Szenarien entwickeln, die Mehrsprachigkeit aufwerten und möglich machen.

3. Mehrsprachigkeit und Europarat / Europäische Union

Ist diesem Zusammenhang ist es nicht glaubwürdig, wenn Europäische Union und Europarat zwar Mehrsprachigkeit propagieren, selbst jedoch vor allem die Zweisprachigkeit Englisch / Französisch praktizieren. Die 12. Internationale Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrertagung erwartet von Europarat und Europäischer Union, dass sie selbst Mehrsprachigkeit praktizieren, z. B. durch Ausweitung des Kanons der Arbeitssprachen nach regionalen Prinzipien, durch Nutzung des Internet für grössere Sprachenvielfalt, durch Umsetzung der Empfehlungen für die Unterstützung mehrsprachiger Medien u.ä.

Die deutsche Sprache als eine der wichtigen europäischen Sprachen soll in der Europäischen Union und im Europarat als Arbeitssprache anerkannt werden. Dies würde u.a. auch den Prozess der EU-Erweiterung erleichtern, indem die in den Beitrittsländern vorhandenen Deutschkenntnisse genutzt werden könnten.

4. Mehrsprachigkeit und Lingua Franca

Es besteht kein Widerspruch zwischen der Förderung und Benutzung einer Lingua franca (gegenwärtig z.B. Englisch) in einigen Arbeitsbereichen und einer lebendigen Mehrsprachigkeit in manchen anderen Bereichen.

Die Kosten der Mehrsprachigkeit werden vielfach überschätzt, die Kosten und Folgen der Einsprachigkeit hingegen sind erheblicher.

5. Mehrsprachigkeit und Sprachenfolge

Sprachenlernen ist eine lebenslange Möglichkeit und Aufgabe. Mehr- sprachigkeit fördern heisst, früh beginnen. In mehrsprachigen Familien und Wohnquartieren, im Kindergarten und in der Schule liegen dafür günstige Voraussetzungen vor.

Als erste Fremdsprache sollte nach Möglichkeit eine Sprache aus dem Lebensumfeld der Kinder unterrichtet werden (Begegnungs- oder Nachbar- sprache, zweite Landessprache), so dass eine erfahrungs- und inhalts- bezogene und daher auch effiziente Sprachensensibilisierung erfolgt.

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Internationalen Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer 11

Das Erlernen der englischen Sprache muss Eltern und Kindern heute garantiert werden, doch sollte die englische Sprache nicht als erste Fremdsprache unterrichtet werden, weil dadurch bei den Lernenden die Illusion verstärkt werden kann, das Erlernen weiterer Sprachen sei nicht erforderlich.

6. Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der 12. IDT plädieren für eine verstärkte Förderung des Deutschunterrichts, nicht mittels Sprachgesetzen, sondern durch intensive Sprachforschung, die Entwicklung vielfältiger und phantasie- voller Medien, das Angebot von Sprachlernberatung und eine Qualität sichernde Aus- und Fortbildung von Deutschlehrkäften.

Unter solchen Voraussetzungen kann auch der Deutschunterricht so angelegt werden, dass die Lernenden dabei auf das Erlernen weiterer Sprachen vorbereitet werden.

Für das Lehren und Lernen von Deutsch im Rahmen von Mehrsprachigkeit, als Zweit-, Dritt oder Viertsprache, bedarf es spezifischer Lehrpläne, Materialien und didaktischer Konzepte. Zugleich erfordert ein solches Mehrsprachigkeitskonzept neue Kooperationsformen zwischen Lehrkräften, Forschern und Institutionen der verschiedenen Sprachen. Für eine solche Zusammenarbeit über Sprachgrenzen hinweg müssen kooperative und integrierte Didaktiken, aber auch institutionelle Bedingungen geschaffen werden, um die Synergien beim Lehren und Lernen mehrerer Sprachen zu nutzen.

7. Mehrsprachigkeit und Minderheiten-/ Migrantensprachen

Mehrsprachigkeitskonzepte erfordern auch, dass die Sprachen von Minderheiten und Migrantinnen und Migranten als Sprachenreichtum ins Sprachenangebot des allgemeinen Bildungswesens einbezogen werden.

Sprachenunterricht kann einen zentralen Beitrag zur Integration von Menschen verschiedener Lebenswelten leisten. Das setzt allerdings die An- erkennung der Gleichwertigkeit von Sprachen und Lebenswelten sowie eine hohe Qualität des Unterrichts voraus.

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der 12. IDT erwarten, dass die damit verbundenen Rahmenbedingungen für den Unterricht in Deutsch als Zweit- sprache in den deutschsprachigen Ländern verbessert werden.

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8. Mehrsprachigkeit und Erhalt der deutschen Sprache

Mehrsprachigkeit ist sowohl in Europa als auch in andern Kontinenten die Regel.

Der Deutschunterricht als Beitrag zur Mehrsprachigkeit bedarf überall der Förderung durch Materialentwicklung und Fortbildung in Partnerschaft mit den deutschsprachigen Ländern.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 12. IDT appellieren daher an die Verantwortlichen, Sprach- und Kulturinstitute als wichtige Zentren der Förderung von Mehrsprachigkeit zu erhalten, zu fördern und auszubauen.

9. Mehrsprachigkeit und Sprachenpolitik

Mit dem gemeinsamen Referenzrahmen und dem Europäischen Sprachen- portfolio liegen wirksame Instrumente für die Förderung von Mehrsprachigkeit vor.

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der 12. IDT appellieren an Politiker und Politikerinnen, Bildungsbehörden und an die Öffentlichkeit, diese Instrumente in die Praxis umzusetzen und weiterzuentwickeln.

Ergänzt werden muss diese Entwicklung durch eine transparente sprachen- politische Diskussion, die auch die Entwicklungen ausserhalb Europas einbezieht.

Sprachenpolitik muss ein fester Bestandteil der Bildungspolitik, der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung und -fortbildung sowie der Arbeit des IDV werden.

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No spécial, 2002, 13-19 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

Falle, Klinke oder Schnalle?

1

Falle, Klinke und Schnalle! – Informationen, Meinungen,

Forderungen aus der Sektion «Deutsch als plurizentrische Sprache»

Helen CHRISTEN & Elisabeth KNIPF-KOMLÓSI

1. Deutsch als plurizentrische Sprache2

Falle, Klinke oder Schnalle? Welches dieser drei deutschen Lexeme ist das

«richtige» standardsprachliche? Alle drei sind richtig und alle drei sind standardsprachlich. Bloss, dass die Sprecherinnen und Sprecher, die diese Lexeme in ihrer Standardsprache verwenden, aus unterschiedlichen Gebieten des deutschen Sprachraumes kommen und dass Falle und Schnalle, die nicht wie Klinke im (nord)deutschen Raum gebraucht werden, oftmals im unberechtigten Verdacht stehen, nicht richtige Standardsprache, möglicher- weise sogar Dialekt zu sein.

«Deutsche Standardsprache» – wer sich unter diesem Begriff eine Varietät vorstellt, die sich auf allen linguistischen Beschreibungsebenen durch Einheitlichkeit auszeichnet, irrt sich. Die Einheitlichkeit der deutschen Standardsprache ist allenfalls ein Konstrukt in den Köpfen von Leuten, die mit ihrem persönlichen Sprachnormenverständnis nicht in Übereinstimmung bringen können, dass eine Standardsprache Variation enthalten kann. Dass eine Sichtweise der Standardsprache, die einseitig bestimmte Varianten bevorzugt und ihnen sogar den Status der einzig korrekten zuschreibt, für Lehrmittelherstellerinnen und -hersteller arbeitstechnisch ganz praktisch sein

1 In Anlehnung an den Titel eines Referates, das in der Sektion gehalten wurde.

2 In der Sektion «Deutsch als plurizentrische Sprache» haben folgende Teilnehmerinnen und Teilnehmer (in alphabetischer Reihenfolge) einen aktiven Beitrag in Form eines Referates, eines Workshops oder von Thesen geleistet:

Hans-Peter Apelt, Harald Bassler / Helmut Spiekermann, Bruno Frischherz / Monika Clalüna, Manfred Michael Glauninger, Lorenz Hofer / Regula Schmidlin, Elisabeth Knipf-Komlósi, Anka Koleshava-Valtcheva, Abderrazzq Msellek, Martin Müller, Anatolij M. Naumenko, Thomas Studer, Marianne Zappen-Thomsen.

Eine Reihe weiterer Personen haben an der Sektion teilgenommen und sich an den Diskussionen und Workshops beteiligt (vgl. Konzepte und Thesen. XII. Internationale Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer. Hg. Monika Clalüna. Luzern 2001).

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mag, steht ausser Frage. Allerdings trägt sie der sprachlichen Wirklichkeit nicht Rechnung und sie kann das sprachliche Selbstbewusstsein jener, die die vermeintlich falschen Varianten gebrauchen, mindern und ihre Identifikation mit der Standardsprache erschweren. Nationale und regionale Unterschiede innerhalb der Standardsprache – in der Linguistik von einigen zum Anlass genommen, von nationalen oder regionalen Varietäten der Standardsprache zu sprechen – sind vor allem, aber nicht ausschliesslich auf der lexikalischen Ebene festzumachen. Das Faktum, dass eine ganz bestimmte Variante in einer ganz bestimmten Region des deutschen Sprachgebietes vorkommt, in einer anderen dagegen nicht, lässt sich sprachhistorisch nachvollziehen. Dass es aber auf der Ebene der Einheitssprache nie zu einer völligen Verein- heitlichung gekommen ist, hat soziolinguistische Gründe. Weil es innerhalb des deutschen Sprachraumes zu keiner Zeit ein herausragendes politisches und kulturelles Zentrum gegeben hat, sondern verschiedene Zentren koexistierten, konnten sich mehrere Kommunikationsräume herausbilden, die sich sogar in der Einheitssprache unterschieden, die ja gerade den über- regionalen Austausch garantieren sollte. Im Unterschied dazu haben andere europäischen Sprachen im geschlossenen Ursprungsgebiet – wiederum aus soziohistorischen Gründen – eine grössere Einheitlichkeit erreichen können.

Die heutige Plurizentrik beispielsweise des Französischen hat sich erst sekundär als Folge von Kolonialisierungen formiert. Für die Art der Heraus- bildung der Plurizentrik der deutschen Standardsprache, die quasi «schon immer» da war, wurde in der Sektion der Begriff genetisch-inhärente Plurizentrik vorgeschlagen.

Die deutsche Standardsprache – und darüber liessen sich die Sektions- teilnehmenden durch einige Referate eingehend informieren – ist relativ ein- heitlich, was Phonologie und Morphologie betrifft, mehr Varianz ist dagegen im Lexikon festzustellen. Doch welches sind denn nun diese Varianten der Standardsprache – das heteronyme Lexempaar Sonntag und Sonnabend mag ja noch zum Alltagswissen gehören; wie steht es aber mit anderen Ausdrücken? Ist Gnagi, ist Jänner, ist Reet nicht einfach ein Dialektwort? Über die Standardsprachlichkeit entscheidet allein der Sprachgebrauch: wenn Sprecherinnen und Sprecher einen sprachlichen Ausdruck – sei es Gnagi, Jänner, Reet – normalerweise in jener Varietät verwenden, die als standard- sprachlich intendiert und sozial toleriert ist, handelt es sich um einen Standardausdruck.

In der Sektion wurde darüber informiert, wie unter der Leitung von U. Ammon gegenwärtig von einer plurinationalen Forschergruppe in Duisburg, Basel und

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Helen CHRISTEN & Elisabeth KNIPF-KOMLOSI 15

Linz ein Wörterbuch erarbeitet wird, das die verschiedenen nationalen resp.

regionalen Varianten der Standardsprache aufnimmt (der definitive Titel des geplanten Nachschlagewerkes steht noch aus). Anders als bei allen bisherigen Unternehmungen wird erstmals davon Abstand genommen, die Varianten Österreichs, der Schweiz, des Südtirols usw. als Besonderheiten relativ zum «deutschländischen» Deutsch auszugrenzen. Genau so, wie es in der Standardsprache Ausdrücke gibt, für die es nur eine einzige Variante gibt (wie Wasser), gibt es Ausdrücke, die regions-/landesspezifisch sind (Sonnabend – Samstag) und damit auch Ausdrücke, die deutschländische Besonderheiten sind und im Wörterbuch – entgegen dem bisherigen lexikographischen Usus – als solche markiert werden sollen. Dass es sich bei den erfassten Varianten tatsächlich um Standardsprache und nicht um Dialekt handelt, garantieren Korpora mit traditionellen Belegsammlungen und neuartige, speziell für diesen Zweck konzipierte Frequenzuntersuchungen im Internet.

2. Deutsch als plurizentrische Sprache: Relevanz für den DaF- und DaM-Unterricht

Inwiefern sind diese unbestrittenen Sachverhalte im Kontext von DaF überhaupt relevant? Insbesondere wenn man bedenkt, dass die standard- sprachliche Varianz letztlich – neben den Gemeinsamkeiten – doch marginal ist?

In der Sektion sind verschiedene Aspekte thematisiert und, teilweise kontrovers, diskutiert worden. Da ist zum einen die Tatsache, dass sich Unwissen und falsche Normvorstellungen bei der Qualifizierung der Lehr- personen bemerkbar machen: Lektorinnen und Lektoren, die nicht aus Norddeutschland stammen, sind offenbar als Lehrkräfte weniger begehrt, weil befürchtet wird, dass sie nicht das «richtige» Deutsch unterrichten.

Verwenden sie im DaF-Unterricht ihre eigenen standardsprachlichen Varianten, so stehen diese Lehrpersonen erstens unter Rechtfertigungsdruck gegenüber jenen, die das deutschländische Deutsch für die einzig richtige Standardvarietät halten und darin sogar von den gängigen Wörterbüchern und Grammatiken unterstützt werden (mit der fälschlichen Argumentation: was dort nicht vermerkt wird, kann nicht Standardsprache sein, was dort die Markierung «landschaftlich» oder «schweizerisch» erhält, kann ebenfalls nicht zu «der» Standardsprache gehören). Zweitens ist nicht auszuschliessen, dass ihren Studierenden bei Prüfungen Fehler angelastet werden, wo eigentlich gar keine sind. Aufklärung würde hier Not tun, um Diskriminierungen abzubauen.

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Es bleibt die Frage, welche Rolle die Plurizentrik der deutschen Sprache im DaF-Unterricht selbst spielen soll. In den Sektionsdiskussionen konnte man sich soweit einigen, dass es auf diese Frage keine Pauschalantwort gibt, sondern die Antworten je nach Lernstufe und je nach den äusseren Bedingungen der Lernsituation unterschiedlich ausfallen müssen.

Was die Lernstufe betrifft, so stimmten die Meinungen der Sektions- teilnehmenden überein, dass es kaum Sinn macht, im Anfängerunterricht, in dem die elementarsten Strukturen und der Grundwortschatz erworben werden, die Lernenden zusätzlich mit Varianz zu belasten – hier ist es sinnvoll, von einer Form auszugehen, und die Lernenden nicht mit unnötigem Ballast zu überfordern. Welche Formen gelernt und gelehrt werden, hängt dabei wohl vom Lehrmittel ab und von der regionalen Herkunft der Lehrperson.

Die Frage, inwieweit fortgeschrittene Lernende sich mit der Plurizentrik des Deutschen auseinandersetzen sollten, ist an verschiedene äussere Bedingungen gebunden. Viele Sektionsteilnehmende können aus ihrem Unterricht darüber berichten, dass der Sachbereich der regionalen Variation, sei es dialektale oder standardsprachliche, für viele Lernende ein interessantes metasprachliches Landeskunde-Thema darstellt. Von der Konfrontation mit sprachlicher Varianz und der Thematisierung der Normen- frage kann man sich laut Erfahrungen einzelner Sektionsteilnehmerinnen und -teilnehmer durchaus auch Transfer-Effekte auf die Erstsprache versprechen, die nun vielleicht mit einem neuen und – gerade was die in vielen Gemeinschaften diskriminierten DialektsprecherInnen betrifft – toleranteren Blick gesehen wird.

Was den objektsprachlichen Umgang mit Variation betrifft, so ist wohl zu berücksichtigen, inwiefern und mit welchen Varianten Lernende überhaupt in Berührung kommen. Hat eine Deutschlernende vor, in Österreich zu arbeiten, ist es sicher angezeigt, der österreichischen Spielart der Standardsprache den Vorzug zu geben. Lernt dagegen jemand die deutsche Sprache in der Schweiz, ist Trottoir und nicht Gehsteig zu lernen. In bestimmten Regionen des deutschsprachigen Raumes – insbesondere im tendenziell diglossischen Süden – kann es überdies empfehlenswert sein, sich auch Verstehens- kompetenzen nicht nur der örtlichen Standardsprache, sondern zusätzlich von (regional geprägten) Substandards anzueignen, um problemlos am Sprach- leben teilnehmen zu können. Die Sektionsteilnehmenden waren sich aber

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Helen CHRISTEN & Elisabeth KNIPF-KOMLOSI 17

einig in dem Punkt, dass es selten sinnvoll ist, regionale Varietäten auch produktiv zu lernen.

Vom DaF-Unterricht im engeren Sinne zu unterscheiden ist die Situation für Deutschsprachige, die die Standardsprache in deutschen Sprachinseln, wie sie etwa in Osteuropa bestehen, vermittelt bekommen. Hier – im DaM- Unterricht – stellt sich tatsächlich die Frage, welche Standardsprache denn am sinnvollsten unterrichtet wird – ist es jene Varietät, die in den Lehrmitteln bereits «pfannenfertig» angeboten wird, ist es jene Varietät, mit der ein realer Kontakt am wahrscheinlichsten ist, oder soll die Wahl der standard- sprachlichen Varietät davon abhängen, woher die (ausländischen, deutsch- sprachigen) LektorInnen kommen? Hinsichtlich der speziellen Situation des DaM-Unterrichtes, der bei den Lernenden ja Erstsprachkompetenz voraus- setzen kann, sollen und müssen die im DaF-Unterricht etablierte Standard- sprache, aber auch die regionalen Erscheinungsformen des Deutschen inhärenter Bestandteil des Unterrichts sein; dabei sollen zweifellos jene nationalen oder regionalen Standardvarietäten in den DaM-Unterricht gehören, mit denen die SprachinselbewohnerInnen intensiv und kontinuierlich in Berührung kommen.

Wie sieht es aus mit Eigenheiten, die sich in der deutschen Standardsprache einer Sprachinsel etabliert haben; kommt diesen Eigenheiten nicht genau jener Status zu, den auch Helvetismen, Austriazismen, Teutonismen haben, sind also z.B. auch «Namibismen» anzusetzen, die dann im namibischen Deutsch korrektes Standarddeutsch sind und nicht negativ sanktioniert werden (dürfen)?

Einigkeit zwischen den Sektionsteilnehmenden bestand auch darin, dass die Varianzfrage zwingend in jedes universitäre Curriculum der Germanistik gehöre, was heute jedoch nicht überall der Fall ist. Dabei sollte nicht nur der plurizentrische Charakter der deutschen Standardsprache thematisiert werden, sondern auch das funktionale Nebeneinander verschiedener Varie- täten. Auf Hochschulstufe wird zudem ein vertiefter Umgang mit jeglicher Art von sprachlicher Variation erwartet.

3. Plurizentrik und die Lehrmittel

Will man als Unterrichtende das Thema des plurizentrischen Deutsch angehen, gerät man in erhebliche Schwierigkeiten, weil die gängigen Lehr- mittel kaum geeignetes Material liefern und tendenziell eher das Bild einer monozentrischen Standardsprache zementieren; allenfalls sind Varianten

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aufgeführt, denen dann aber eher der Status von Exotika zukommt. Dass die Situation ist, wie sie ist, hat natürlich mit den Mehrheitsverhältnissen zu tun, damit auch, wer Deutschlehrmittel schreibt und sie auf den Markt bringen kann. Jene, die nicht deutschländisches Deutsch thematisieren oder unter- richten wollen, werden es schwer haben, geeignete Materialien zu finden, die es allein deswegen schon nicht gibt, weil dafür der Absatzmarkt geringer ist.

Dass sich diese Situation langsam ändert, dass sich auch Einstellungen ändern, zeigt das Projekt «PROFILE deutsch», das aus einer Zusammenarbeit zwischen Goethe-Institut und Europarat erwächst und Niveaubeschreibungen von Deutsch als Fremdsprache anstrebt. Wie in der Sektion berichtet worden ist, soll in diesen Niveaubeschreibungen auf die nationalen / regionalen Varianten der Standardsprache nicht bloss hingewiesen werden, sondern es soll ihnen als gleichberechtigte Ausdrucksformen Rechnung getragen werden. Allerdings ist gerade dieses Unternehmen darauf angewiesen, von der Fachlinguistik die nötigen Anhaltspunkte dafür zu bekommen, welchen standardsprachlichen Variantenspielraum es überhaupt gibt – das Wörterbuch der nationalen Varianten, das oben erwähnt worden ist, kann also gar nicht früh genug auf dem Markt erscheinen. Überdies ist ein erstes Lehrwerk zu regionalen Standardvarietäten auf dem Markt, das im August 2001 in der Auslandsgermanistik in Ungarn in den Handel kam und für den Hochschul- unterricht konzipiert ist. Es geht um eine in der Sektion präsentierte Aufsatz- sammlung mit dem Titel «Regionale Standards. Sprachvariationen in den deutschsprachigen Ländern» (hg. von E. Knipf-Komlósi und N. Berend), welche die spezifischen Erscheinungsformen des Deutschen in Nord-, Mittel- und Süddeutschland, in Österreich und in der Schweiz übersichtlich beschreibt und dokumentiert.

Wer nicht auf weitere Lehrmittel und spezielle Materialien warten mag, sondern bereits heute im Deutschunterricht Variation zum Thema machen will, ist gezwungen, selbst für Materialien zu sorgen. Verschiedene Teilnehmerin- nen und Teilnehmer haben an anregenden Beispielen gezeigt, wie man – der Not gehorchend – zu solchen Hilfsmitteln kommen kann. So wurde in einem Workshop angeregt, auf dem Markt erhältliche Rockmusik, Bilderbücher oder etwa die von B. Frischherz und M. Clalüna für die IDT-Tagung konzipierte CD Grüezi mitenand für verschiedene Unterrichtsziele zu nutzen. Die Teil- nehmenden konnten sich überdies zeigen lassen, wie man HTML-Seiten für die Zwecke des Unterrichts kreieren und Übungseinheiten zu regionaler Varianz nach eigenen Bedürfnissen zusammenstellen kann. Allerdings darf

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Helen CHRISTEN & Elisabeth KNIPF-KOMLOSI 19

wohl nicht übersehen werden, dass selbst für Leute, die routiniert mit dem HTML-Programm umgehen können, der Aufwand sehr gross – und neben der übrigen beruflichen Belastung häufig zu gross – ist, gerade wenn man (authentisches) Tonmaterial für Hörverstehens-Übungen einbauen will.

Der explizit formulierte und verständliche Wunsch vieler Sektionsteil- nehmerInnen war denn auch dahingehend, dass sich vermehrt auch Lehrbuchautoren und -autorinnen von einer monozentrischen Sichtweise lösen und der Varianz den gebührenden, nämlich gleichberechtigten Platz in den Lehrmitteln gewähren, dass sich also die Tür öffnet nicht nur für die Klinken, sondern auch für die Schnallen und Fallen.

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No spécial, 2002, 21-25 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

Mehrsprachigkeitsforschung und Lerntheorien

Nicole MARX

Im Rahmen dieser Tagung waren, neben didaktischen Anregungen, auch theoretische Fragen für das Verstehen und die Gestaltung von Deutsch als Fremdsprache unentbehrlich. Denn eine Besprechung des Tagungsthemas

«mehr Sprache – mehrsprachig – mit Deutsch» bedarf einer erweiterten, vertieften Auseinandersetzung der grundlegenden Fragen des Multi- lingualismus. Dieser Notwendigkeit versuchte die dritte Sektion gerecht zu werden, indem zwei für die Mehrsprachigkeit und ihre Relevanz für Deutsch als Fremdsprache unentbehrliche Bereiche angesprochen werden sollten.

Zuerst sollten Theorien und Forschungsansätze zur Mehrsprachigkeit, insbesondere mit Blick auf Deutsch als Fremdsprache, vorgestellt und erörtert werden. Danach sollte anhand von Beispielen aus der Praxis deutlich gemacht werden, wie theoretische und forschungsmethodische Überlegungen im Unterricht umgesetzt werden und zu einem erweiterten Verständnis der Mehrsprachigkeit beitragen können. Bei der Arbeit und in den Diskussionen wurde deutlich, wie wichtig und notwendig die Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Lehrenden in diesem Bereich ist (wobei häufig eine Person beide Hüte trägt).

Modelle und Theorien zur Fremdsprachenforschung versuchen zu erklären, wie mehrere Sprachen gelernt, gespeichert und abgerufen werden und wie sie im Kopf des Individuums interagieren. Ein Hauptaugenmerk war auf die Frage gerichtet, wie Erkenntnisse aus der Tertiärsprachenforschung für den Deutschunterricht genutzt werden können. (Unter Tertiärsprache wird jede Sprache verstanden, die nach der Muttersprache sowie der ersten Fremd- sprache erlernt/erworben wird, d.h. L3, L4, L5 usw.)

Dabei ist aber zu beachten, dass die Forschung zum Lernen weiterer Fremdsprachen noch relativ in den Anfängen steckt. Erste Studien erschienen in den späten 60er Jahren. Seit den 80er und 90er Jahren wird ernsthaft in diesem Feld geforscht. Anfänglich wurde in der L3-Forschung vor allem die Methode der Fehleranalyse angewandt. Die Konzentration auf Fehler führte zu der Annahme, dass Mehrsprachigkeit schwer erreichbar, schlimmstenfalls schädlich sei. Glücklicherweise wurden im letzten Jahrzehnt immer mehr die positiven Seiten des Sprachenlernens und der Mehrsprachigkeit untersucht;

es bleiben jedoch immer noch verschiedene Forschungsdesiderata, u. a.:

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22 Mehrsprachigkeitsforschung und Lerntheorien

 Dem Prozess des Fremdsprachenlernens (und nicht nur dem Produkt) muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden;

 Um den Prozess des (individuellen) Fremdsprachenlernens aufzudecken, sind longitudinal angelegte Studien notwendig;

 Lernerorientierte Daten (z.B. Lernerbefragungen, Introspektion und Retro- spektion, Tagebuchstudien oder Lautdenkprotokolle) könnten Aufschlüsse über innere Prozesse geben;

 Es sollten auch in diesem Bereich experimentelle Daten erhoben werden;

 Einzelne Phänomene müssen öfter berücksichtigt werden, wie z.B. das multilinguale mentale Lexikon;

 Dem metalinguistischen Bewusstsein des Lernenden muss mehr Auf- merksamkeit geschenkt werden;

 Untersuchungen bei Kindern sollten deren Sprachentwicklung bis ins Jugendalter verfolgen, wenn die beherrschten Sprachen weiter entwickelt werden, ihre Verwendung aber stärker von affektiven Variablen abhängig ist;

 Die Vorteile triangulierter Forschungsansätze sollten mehr genutzt werden1.

Immer muss gewährleistet sein, dass die theoretischen Konzepte und Forschungsarbeiten nicht ohne Dialog mit Lehrenden in der Unterrichtspraxis entworfen bzw. durchgeführt werden. Dem wurde im zweiten Teil der Sektion Rechnung getragen, wo es um das Zusammenwirken von Forschung und Praxis, bzw. um die curricularen, didaktischen, methodischen und institutionellen Konsequenzen aus den theoretischen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen ging. Es wurde diskutiert, wie Mehrsprachigkeit in der (Unterrichts-)Praxis konkret aussieht bzw. aussehen könnte und wie die politischen und gesellschaftlichen Forderungen nach mehrsprachigen Bürger- Innen erfüllt werden können.

Auf der Basis der Berichte und Diskussionen wurden zum Schluss zehn Thesen zur Förderung der Mehrsprachigkeit und des Deutschen innerhalb

1 Methodentriangulierung, bei der verschiedene Methoden herangezogen werden, um das gleiche Phänomen zu untersuchen; Datentriangulierung, bei der verschiedene Datenquellen verwendet werden, um das gleiche Problem zu untersuchen; Theorietriangulierung, in der die gleichen Daten durch verschiedene theoretische Perspektiven interpretiert werden.

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eines Mehrsprachigkeitskonzepts formuliert. Betont wurde vor allem das Stichwort «Zusammenarbeit».

1. Es soll nicht weiter gejammert werden, dass Englisch als L2 Deutsch verdrängt, sondern der Stand von Deutsch als 3., 4. oder 5. Sprache muss konstruktiv gefestigt werden. Es ist nicht mehr zu verleugnen – und wohl auch nicht zu ändern – dass sich heute das Englische den Platz als wichtigste Kommunikations- und Handelssprache erobert hat. Als die Sprache der internationalen, globalisierten Gesellschaft schlechthin überschattet sie andere, historisch genau so «wichtige» Sprachen. Diese Situation sollte aber nicht als Bedrohung angesehen werden, denn schon oft hat eine einzelne Sprache eine dominante Rolle in der Welt eingenommen (z.B. Französisch im 18. und 19. Jahrhundert). Die Frage ist, wie sich die deutsche Sprache in diesen Rahmen einpasst und wie sie sich auch als dritte, vierte oder fünfte Sprache konstruktiv gefestigt werden kann.

2. Förderung und Umsetzung der Forschung zum Tertiärsprachenlernen und zur Mehrsprachigkeitsdidaktik in die Praxis. Die Forschung kann Aufschlüsse über den Erwerb von Tertiärsprachen (wie z.B. des Deutschen) geben. Im Hinblick auf eine effiziente Gestaltung des Unterrichts ist die Zusammenarbeit zwischen den – traditionell oft getrennten – Bereichen Forschung und Praxis zu verstärken.

3. Die Zusammenarbeit zwischen Fremdsprachenlehrenden und Fremd- sprachenforschern verschiedener Länder und verschiedener Sprachen muss verstärkt werden (Forschende-Forschende, Lehrende-Lehrende und Forschende-Lehrende). Da Untersuchungen zum Tertiärsprachen- lernen nicht nur auf länderspezifische Problematik Bezug nehmen, sondern auch wichtige Erkenntnisse für andere Länder und für andere Fremdsprachen bereitstellen können, muss die internationale Forschungsgemeinschaft auch wirklich international arbeiten. Das Gespräch und die Zusammenarbeit mit Fremdsprachenlehrkräften aus verschiedenen Ländern sollte daher, z.B. durch interregionale oder internationale Tagungen wie die IDT, unterstützt und gepflegt werden.

4. Es muss eine jeweils länderspezifische DL3-Mehrsprachigkeitsdidaktik und -methodik entwickelt werden. Auch wenn es allgemeine Richtlinien für den Tertiärsprachenunterricht gibt, muss doch stets die länder- spezifische Situation beachtet werden. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob die Muttersprache einer Deutschlernergruppe Japanisch, Französisch

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24 Mehrsprachigkeitsforschung und Lerntheorien

oder Schwedisch ist, und ob Deutsch als zweite Fremdsprache dem Englischen oder dem Spanischen als erster Fremdsprache folgt. Zudem sind die Unterrichtsbedingungen in verschiedenen Ländern z.T. sehr unterschiedlich. Es bleibt die Aufgabe der in diesen Situationen arbeitenden Fachkräfte, curriculare, didaktische und methodische Grund- sätze für das jeweilige Land festzulegen.

5. Einbezug aller Sprachen in curriculare Konzepte (Herkunfts-, Nachbar-, Minoritäten- und Schulfremdsprachen). Diese Forderung bezieht sich auf alle Sprachen, mit denen Schüler in Berührung kommen: nicht nur die Schulfremdsprachen, sondern auch die Herkunfts-, Nachbar- und Minoritätssprachen. Nur eine Konzeption des Multilingualismus, die alle Gesellschaftsgruppen berücksichtigt, kann länderspezifische Bedürfnisse in der Fremdsprachenausbildung erfassen.

6. Eine «Ethik» der Mehrsprachigkeit ist nötig (auch den kleineren Sprachen eine Chance geben!). Das gilt für die Europäische Union, aber auch für andere mehrsprachige Gebiete. Wenn nur die «großen» Sprachen (Englisch, Französisch, Deutsch usw.) in das Fremdsprachencurriculum einbezogen werden, verlieren kleinere aber nicht unwichtige Sprachen an Bedeutung. Dies kann u. a. dazu führen, dass das Fremdsprachen- angebot an den Schulen immer weiter eingeschränkt wird. Auch den kleineren Sprachen muss eine Chance gegeben werden.

7. Die individuelle Mehrsprachigkeit und die Bewusstheit darüber (z.B.

Strategien) müssen gefördert und gewürdigt werden. Um dem Streben nach gesellschaftlichem Multilingualismus gerecht zu werden, muss individuelle Mehrsprachigkeit gefördert und bewusst gemacht werden. Im Fremdsprachenunterricht sollte die individuelle Mehrsprachigkeit der Lernenden vermehrt thematisiert werden, um Schülern ihre Fähigkeiten zu verdeutlichen. Der Unterricht müsste auch der Aneignung und Anwendung prozeduralen Wissens mehr Platz einräumen, denn es bringt viele Vorteile, wenn Lernende sich Lernstrategien aneignen. Ein gut ausgebildetes prozedurales Wissen kann im Unterricht zeitsparend wirken, da die Schüler selbstständiger lernen können. Des Weiteren werden sie auf ein lebenslanges Sprachenlernen vorbereitet, das nicht immer mit einer traditionellen Unterrichtssituation verbunden sein muss.

8. Die LehrerInnenaus- und -fortbildung muss im Hinblick auf die Mehrsprachigkeit reformiert werden. Noch stellen die traditionelle Lehrer- ausbildung und die derzeitige Unterrichtspraxis, die häufig nur auf ein

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einziges Unterrichtsfach fokussiert sind, eine große Hürde in der Beförderung der Mehrsprachigkeit dar. Die Lehreraus- und -fortbildung muss im Hinblick auf Mehrsprachigkeitsziele darauf ausgerichtet werden, dass Lehrkräfte innerhalb einer neuen Konzeption des Deutschen als einer von mehreren möglichen Fremdsprachen arbeiten und ihre Schüler auf ein lebenslanges Fremdsprachenlernen vorbereiten können. Wenn die Akzeptanz für andere Fremdsprachen im Schulcurriculum verstärkt werden soll, müssen die Lehrkräfte informiert und einbezogen werden;

sie dürfen die Mehrsprachigkeitsdidaktik nicht als Bedrohung für ihr eigenes Fach ansehen.

9. Die Zusammenarbeit der Fachdidaktiken muss verstärkt werden. Die Lehrkräfte der verschiedenen Fremdsprachen dürfen nicht in ihrem Fach abgekapselt sein. Vielmehr ist dafür zu sorgen, dass die Fremdsprachen- didaktiker zusammenarbeiten, um ein möglichst reibungsloses Fremd- sprachenprogramm in den Schulen zu garantieren. Das heißt, dass der Unterricht der ersten, zweiten und der weiteren Fremdsprachen verzahnt werden sollte, um Synergien zu nutzen und Wiederholungen zu vermeiden (Stichwort: Gesamtsprachencurriculum). Dies ist besonders wichtig, wenn ähnliche Themen behandelt werden, oder wenn verwandte Sprachen – wie Deutsch als zweite Fremdsprache nach Englisch – unterrichtet werden.

10. Die Zusammenarbeit der Institutionen (GI IN, Institut Français, Instituto Cervantes etc.) muss verstärkt werden. Es ist im Interesse aller Institutionen, die Sprachen vermitteln, die Mehrsprachigkeit zu fördern und in ihre Richtlinien einzubeziehen. Vom gemeinsamen Dialog können alle nur profitieren.

Deutsch als Fremdsprache sieht sich innerhalb der Konzeption der Mehr- sprachigkeit als legitimes Fach, das weder von anderen Disziplinen bedroht noch ihnen übergeordnet ist; Deutsch als Fremdsprache ist als eine von mehreren möglichen curricularen Fremdsprachen zu fördern.

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Bulletin suisse de linguistique appliquée © 2002 Institut de linguistique

No spécial, 2002, 27-35 • ISSN 1023-2044 Université de Neuchâtel

Wie man mit Sprachen zu grenzenlosen Regionen kommt

Albert RAASCH

1. Einleitung

Im Rahmen des Gesamtthemas der IDT Luzern 2001 hat die Sektion 5 für die Präsentationen und Gespräche als Thema gewählt: «Wie man mit Sprachen zu grenzenlosen Regionen kommt». Diese Formulierung enthält absichtlich die Präsupposition: Wir wollen (mit Hilfe von Sprachen) grenzenlose Regionen schaffen und wollen in der Sektionsarbeit das offene Problem aufgreifen: Wie erreicht man dieses Ziel?

Das tragende Fundament für die Gestaltung solcher Regionen über Grenzen hinweg wird durch Sprachen geschaffen; diese Auffassung wurde von allen Teilnehmern /-innen grundsätzlich geteilt, gleichgültig, aus welcher Region sie kamen und aus welchem Kontext sie argumentierten. Diese Tatsache ist ebenso wenig verwunderlich wie der Konsens über den Begriff von Sprache, der für eine solche Funktion notwendige Voraussetzung bildet und der sich zusammenfassend folgendermaßen skizzieren lässt: Mit Sprachen meinen wir primär nicht das System als solches, sondern dessen Realisierung. In sprachlichen Äußerungen ist – wie in anderen Verhaltensweisen auch –

«Kultur» (d.h., Wertesystem oder Wertehierarchie) codiert; in ihnen kann man also solche Werte zum Ausdruck bringen und lesen. Sprachenlernen /-lehren ist also Kulturlernen / Kulturlehren.

An Grenzen nun begegnet man kulturell verschieden geprägten Verhaltensmanifestationen häufiger als anderswo; diese Begegnung kann man wahrnehmen, suchen, meiden, übersehen, je nachdem, wie man die Chancen oder Risiken der Grenzsituation einschätzt. Mit Sprachkenntnissen kann man die Grenzen überwinden (also «über sie hinweg gehen», ohne sie dadurch aufzuheben); man kann mit Hilfe von Sprachen durch Grenzen hindurchgehen, wie der «passe-muraille»; man kann durch die Verwendung von Sprachen die (Sprach-)Grenze in das andere Land hinein verschieben;

man kann durch (rezeptive) Zweisprachigkeit die Erweiterung der (Sprach-)Grenze ignorieren und in diesem Sinne aufheben. Der Umgang mit

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Sprachen wird zum Umgang mit Grenzen; umgekehrt: Grenzen fordern zum differenzierteren Umgang mit Sprachen heraus.

Überlegungen, Konzepte und Erfahrungen solcher Art werden – bezogen auf viele verschiedene europäische Regionen – seit mehreren Jahren bereits im Projekt «Fremdsprachendidaktik für Grenzregionen» aufgearbeitet, verglichen und koordiniert1. Die Diskussion in der Sektion 5 der IDT hat diese Positionen einerseits bestätigt, andererseits durch andere Ansätze erweitert und verändert. Wir resümieren im Folgenden diese innovierenden Perspektiven, die sich in der Sektionsarbeit gezeigt haben.

2. Innovierende Ergebnisse der Sektionsarbeit

2.1 Eine spezifische Grenzkonstellation durch eine Drittsprache

In einschlägigen Arbeiten werden i.a. folgende Konstellationen behandelt:

Grenzen trennen Sprachen (Deutsch / Slowenisch an der österreichisch- slowenischen Grenze); Sprachen überschreiten nationale Grenzen (Deutsch in Deutschland und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens); neben den beiden Sprachen diesseits und jenseits der Landesgrenze ist eine dritte Sprache involviert (Deutsch und Dänisch, dazu Süderjütisch auf der dänischen Seite der Grenze); das Deutsche grenzt in Lothringen / Elsass an Gebiete, in denen neben dem Französischen ein germanischer Dialekt gesprochen wird, als dessen schriftliche Varietät z.B. im Elsass wiederum das Hochdeutsche angesehen wird. Jürgen Wolff (Donostia / Spanien) befasst sich seit mehreren Jahren mit der Grenzregion zwischen zwei Ländern, die unterschiedliche Nationalsprachen haben, nämlich Französisch und Spanisch, in der aber eine dritte, völlig anders strukturierte Sprache die Grenzregion charakterisiert, nämlich das Baskische, das beiderseits der Grenze vorhanden ist und die Grenzregion homogenisieren könnte, wären da nicht viele, tief greifende politische Implikationen, die die Region zu einem besonders komplexen Problemfeld machen.

Durch das Projekt wird gezeigt, wie man durch geeignete Methoden und Materialien die grenzüberschreitenden Kontakte fördert und durch Einbezug der Drittsprache in die Tandemarbeit zu einer menschlichen und politischen Annäherung, d.h. Grenzüberschreitung beiträgt. Dies geschieht in der Weise,

1 «Fremdsprachendidaktik für Grenzregionen» ist ein Projekt, das getragen wird vom Fremd- sprachenzentrum des Europarats in Graz, von KulturKontakt Austria, Wien, vom Goethe Institut Inter Nationes in München und von der Talenacademie Nederland in Maastricht.

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Albert RAASCH 29

dass sich dabei für das Baskische eine Aufwertung ergibt, also für die Sprache, die einen geringeren Tauschwert besitzt.

2.2 Sprachgrenzen im Landesinnern als dynamischer Prozess

Sprachen stoßen nicht nur an den äußeren Landesgrenzen aufeinander, sondern auch im Lande selbst. Das Verhältnis Sorbisch / Deutsch ist im Bewusstsein der dortigen Bevölkerung durchaus sehr lebendig, ebenso Französisch / Francique (in der Region Lorraine) bzw. «Elsässisch» / Französisch im Elsass, um zwei Beispiele aus Ostfrankreich zu zitieren;

ebenso Baskisch / Okzitanisch / Katalanisch / Bretonisch und Französisch in Frankreich usw. Gerade in Frankreich lässt sich zeigen, wie die Sprach- grenzen sich in der Vergangenheit verschoben haben; solche Entwicklungen haben auch Niederdeutsch / Kanzleideutsch / Dänisch in Schleswig-Holstein durchlaufen. Wie sich solche Entwicklungen, die sich in überschaubar kurzer Zeit abspielen, verfolgen lassen, zeigte Joachim Warmbold (Tel Aviv, Israel) anhand des Beispiels Israel auf: die Zuwendung zu den nationalen Sprachen des Landes bei der jüngeren Generation und die dadurch erreichte sprachliche Homogenisierung des Landes (Iwrith bzw. Arabisch), während Ältere an ihrer Herkunftssprache (z.B. Deutsch) festhalten; damit verschieben sich die innersprachlichen Grenzen analog zum Generationenwechsel. Das Deutsche (als ein Beispiel zitiert) wird im Gefolge dessen von einer Mutter- mehr und mehr zu einer Fremdsprache. Aus diesen Grenzverschiebungen lässt sich die Notwendigkeit einer spezifischen Didaktik ableiten.

2.3 Sprachenvielfalt innerhalb eines Landes: Chance für Kontakte

Kasachstan hat viele Grenzen zu anderen Sprachen, Kulturen und Ländern, hat aber auch innerhalb seiner Grenzen viele verschiedene Ethnien und Sprachen aufgenommen: Usbeken, Kirgisen, Russen, ethnische Deutsche.

Die Kinder lernen drei Sprachen: Kasachisch und Russisch und dann eine Fremdsprache. Die deutsche Sprache ist nach Englisch die zweitwichtigste Fremdsprache. Zur Zeit leben noch ca. 350 000 ethnische Deutsche in dem Lande (in der damaligen Sowjetunion wurden ca. 1 Million ethnisch Deutscher hierher deportiert); ihre Mentalität ist verschieden von der der Bundes- deutschen, so dass sie größtenteils dort bleiben wollen. Shannat Bejssenowa (Almaty / Kasachstan) zeigte auf, dass diese vielfältigen Kontakte und Begegnungsmöglichkeiten mit anderen Sprachen und Kulturen innerhalb des Landes, also die Kontakte durch viele Grenzen ein

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Charakteristikum der Bevölkerung geschaffen haben: Toleranz anderen Kulturen gegenüber.

2.4 Institutionell geförderte Drei- / Mehrsprachigkeit

Neben dieser «natürlichen» Dreisprachigkeit in der Region wurde in der Sektion eine institutionell initiierte und geförderte Dreisprachigkeit vorgestellt.

Statt dem Trend zum Englischen als Verkehrssprache in bestimmten (technischen, kaufmännischen usw.) Berufen nachzugeben, kann man die gewachsenen Nachbarsprachen durch geeignete Maßnahmen attraktiv machen und auf diese Weise in die Ausbildung integrieren und mit dem Englischen als lingua franca kombinieren. Eine solche integrierte Mehr- sprachigkeit (Deutsch, Französisch, Dialekte, Englisch) wird durch Aus- bildungsmodalitäten (z.B. Praktika in den verschiedenen Sprachregionen) in der Trinationalen Ingenieurausbildung in Mechatronik (Studiengang der Fach- hochschulen in Muttenz / Schweiz und in Mulhouse / Frankreich und Berufsakademie Lörrach / Deutschland) erreicht, wie Bettina Wetzel-Kranz (Basel / Schweiz) berichtete.

2.5 Didaktik der Mehrsprachigkeit für Dreiländerecken

Grenzen sind Linien, die zwei Bereiche (Sprachen, Kulturen, Ethnien, Administrationen, ...) trennen: dies ist die übliche Vorstellung von «Grenze».

Zwei Sprachen treffen an diesen Grenzlinien zusammen. Daneben gibt es auch die Situation, dass drei Regionen mit je spezifischer Sprache an einem Punkt zusammentreffen. Deutschland / Frankreich / Schweiz bilden ein solches Dreiländereck (mit 2 Sprachen und Dialekten), Österreich / Slowakei / Tschechien (mit – noch – 2 Sprachen und Varietäten), Lettisch / Russisch / Estnisch, Russisch / Polnisch / Litauisch, Österreich / Slowenien / Ungarn (mit je 3 Sprachen). Uthild Schütze-Nöhmke (Prag / Tschechische Republik) berichtete über ein solches dreisprachiges Dreiländereck und schilderte, wie Kinder auf kreativem Weg (z.B. gemeinsames Theaterspielen / -improvisieren) diese Dreisprachigkeit bewältigen und als spannende Bereicherung erleben lernen. Je mehr man übrigens die europäischen Grenzen analysiert, um so häufiger wird man auf diese Dreiländerkonstellationen stoßen; diese Tatsache erhöht den Transferwert der vorgestellten Ideen.

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Albert RAASCH 31

2.6 Die Lebenswelt an der Grenze als Stimulus für entdeckendes Lernen

Die didaktische Kultur verfügt in Grenzregionen über erheblich andere und weitergehende Potenziale als das Landesinnere. Wolfgang Bufe (Saarbrücken / Bundesrepublik Deutschland) entwickelte eine Didaktik, die die Nähe zur anderen Sprache / Kultur konsequent einbezieht, so dass das Modell eines Lehr- /Lernvorgangs entsteht, in das die außerunterrichtlichen Ressourcen bewusst und vielschichtig einbezogen werden. Der institu- tionalisierte Unterricht wird auf diese Weise zum Wegweiser, der Orientierung für das Lernen gibt und das individuelle Entdecken in den Mittelpunkt stellt.

Die Beschäftigung mit dem regionalen Umfeld wird zum zentralen Inhalt des Unterrichts und integriert auf diese Weise Institution und Lebenswelt; diese Didaktik kreiert einen Wechselbezug von Lehren und Motivieren.

2.7 Nachbarsprache... und mehr

Sprachunterricht im herkömmlichen Sinne reicht auch nach Sabine Rohmann (Saarburg / Bundesrepublik Deutschland) nicht aus. Die Nachbarsprache können, das ist eines; aber zum Überwinden der sprachlichen / kulturellen Grenzen müssen weitere Kompetenzen hinzukommen: die vergleichende Wahrnehmung des Ich und des Fremden reflektieren, interkulturelle Kommuni- kation pflegen, Zugänge zu anderen Normen und Werten als Wege zu sich selbst und zu einer übergreifenden, grenzüberschreitenden Identität begreifen.

Erst auf diese Weise schafft man es, die Chancen der Grenzen zu nutzen und die Risiken zu minimieren. Didaktik für Grenzregionen ist also eine Didaktik, die über die Mehrsprachigkeit zur citoyenneté européenne führt.

2.8 Nachbarschaft als Herausforderung und als Chance für Kooperation Nachbarschaft bedeutet Nähe, Nähe heißt nicht (unbedingt): Vertrautheit oder auch nur Informiertheit; die Nähe aber schafft hervorragende Möglichkeiten zu praktischer Kooperation. Diese beiden Aspekte einer Grenzregion bildeten die Grundlage für ein Projekt, dessen Ziel es ist, die Unterschiede in den akademischen Kulturen zweier benachbarter Hochschulen (Universität des Saarlandes und Académie Nancy-Metz im angrenzenden Lothringen), die eine grenzüberschreitende Convention eingegangen sind, aufzuarbeiten. Die Ergebnisse wurden von Hans Giessen (Saarbrücken, Bundesrepublik Deutschland) präsentiert; sie dienen dazu, Studierende auf das Studium in der Nachbaruniversität sprachlich und kulturell vorzubereiten. Die Förderung

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der Kooperation zwischen diesen benachbarten Hochschulen, die Weckung eines vertieften Interesses für die Nachbarschaft, die Nutzung der geo- graphischen Nähe und der durch alltägliche Kooperation vorhandenen Vertrauensbasis ermöglichten die Erstellung von spezifischen (Multimedia-)Materialien für die Zielgruppe «Studierende der Nachbar- universität», aber auch mit dem Anspruch auf Transfer der Ergebnisse auf andere Grenzregionen.

2.9 Mentalitätsgrenzen und ihre mentale Rezeption

Ob es zwischen Ost- und Westdeutschen Mentalitätsunterschiede gibt, ist eine oft behandelte und diskutierte Frage. «Zwei Mentalitäten – eine Nation», so sieht es Yussuf Ismailon (Taschkent / Uzbekistan), und behandelt die innerstaatliche Grenze zwischen Ost und West als eine Grenze, die Kulturen / Sprachen trennt. Diese Thematik wäre für sich allein genommen nicht besonders neu; innovativ aber ist die Art und Weise, wie dieses Problem in den DaF-Unterricht bei Studierenden eingebracht wird. Die Studierenden in der dortigen Germanistik erlebten nämlich diese Grenze als eine Grenze zwischen ihrer eigenen Vergangenheit und ihrer (möglichen) Zukunft; sie erleben also die deutsch-deutsche Grenze und die durch sie getrennten Mentalitäten als eine mentale Scheidelinie innerhalb ihrer (individuellen und kollektiven) Geschichte. Das synchron Existierende wird zum diachronen Erlebnis.

2.10 Kooperation zwischen Grenzregionen fördern

Es gibt, wie sich immer wieder zeigt, eine Fülle von Initiativen auf allen Ebenen in vielen europäischen Ländern. Wie kann man einen Überblick über diese Aktivitäten bekommen? Wie kann man überregionale Kontakte herstellen? Wie kann man voneinander lernen? Wie kann man Beispiele guter Praxis auf andere Regionen übertragen? Wie kann man die theoretischen Grundlagen durch gemeinsame Arbeit erweitern? Wie kann man erreichen, dass die innovierenden Ergebnisse aus den Grenzregionen in die Weiter- entwicklung einer allgemeinen Didaktik der Fremdsprachen einfließen? Das Projekt «Fremdsprachendidaktik für Grenzregionen» (vgl. Anm. 1) hat die Möglichkeit ergeben, ein Zentrum einzurichten, das seit Februar 2001 existiert und an der Talenacademie Nederland in Maastricht angesiedelt ist. Ver- antwortlich für dieses CICERO ist Ruud Halink (Maastricht / Niederlande), Direktor der Talenacademie, der das erwähnte Projekt sowie die Aufgaben

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Albert RAASCH 33

des Zentrums und seine Möglichkeiten präsentierte und alle Interessierten zur Mitarbeit einlud.

2.11 Sind grenzenlose Regionen ein realitätsferner Traum?

Grenzen sind Narben der Vergangenheit, der Geschichte, wie es ein österreichischer Kollege formuliert hat; eine slowenische Kollegin sagte mir, als ich diesen Ausspruch zitierte: «Das mag sein; ich aber würde sagen:

Grenzen sind die Wunden der Gegenwart». Attila J. Drescher (Szekszard / Ungarn) zeigte in der Sektion auf, dass diese Einschätzung sehr wohl auch heute noch ihre Berechtigung hat, und machte es am Beispiel der ungarischen und anderen Minoritäten in und um Ungarn herum deutlich. Grenzen markieren kulturelle Unterschiede, Differenzen, Konflikte, wie sich auch in Europa immer wieder zeigt; ist das grenzenlose Europa vielleicht doch nur ein

«Traum der mutigsten Staatsmänner»? «Die Beherrschung von Sprachen allein ist an und für sich noch kein Segen und keine allgemein gültige Lösung der Probleme.»

3. Fazit

Die zuletzt erwähnte Darstellung und die in sie einfließende Einschätzung der Situation geben zu denken; ist die eingangs zitierte Präsupposition (wir wollen durch Sprachen die grenzenlosen Regionen schaffen; nur das «Wie?» ist das Problem, nicht das «Ob?») also doch nicht allgemein akzeptiert? Die Sektionsarbeit führte zu dieser Grundsatzfrage zurück; Attila J. Drescher hat eine bedenkenswerte Mahnung hinterlassen.

Gleichwohl erscheint es uns (A. R.) angebracht, die Grundsatzfrage nicht vorschnell zu beantworten, sondern statt dessen weitere Aspekte der Ausgangsfrage «Wie man mit Sprachen zu grenzenlosen Regionen kommt»

zu beobachten, Erfahrungen auszutauschen, theoretische Überlegungen zur Diskussion zu stellen, Konsequenzen einzuschätzen und damit einen Diskurs fortzuführen, der auf der IDT in Luzern wichtige Impulse erhielt. Hier sind einige – aber nur ganz wenige – Fragen und Anregungen, die wir in der Sektion ansprachen:

4. Weiterführende Fragen

Albert Raasch (Saarbrücken / Bundesrepublik Deutschland) stellte u.a.

folgende Fragen zur Diskussion:

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 Wer in einer zwei- oder mehrsprachigen Region in ein Geschäft (eine Verwaltungsstelle, ein Informationsbüro usw.) geht, darf gespannt sein, in welcher Sprache er vom Personal angesprochen wird, z.B. in Luxemburg:

auf Französisch, auf Deutsch, auf Letzeburgisch? Wie trifft der Verkäufer / die Verkäufern seine / ihre Entscheidung? Und wovon hängt sie ab? Wie einigt man sich gegebenenfalls über die Sprachenwahl? Wie regeln sich eventuelle Konflikte, wie erreicht man Konsens?

 Eine ganz andere Frage betrifft die schriftliche Zweisprachigkeit in der Region. Sind dort zweisprachige Hinweisschilder im Straßenbild zu finden? Wer hat die Initiative dazu entwickelt, und finden sie Akzeptanz oder Unterstützung in der Öffentlichkeit? Betreffen diese Schilder auch Ortsnamen? Finden sich solche Hinweisschilder beiderseits der Grenze?

Welche Konnotationen sind eventuell mit zweisprachigen Hinweisen verbunden? Sind sie hilfreich, oder sind sie nur Schmuck oder Demonstration oder ... ?

 Gibt es Ausdrücke zur Bezeichnung der gemeinsamen Region? Gibt es äquivalente Bezeichnungen in den Nachbarsprachen und enthalten sie dieselben Konnotationen? Sind diese Bezeichnungen in den benachbarten Grenzregionen gleichermaßen gängig? Wird die Nachbarregion in den öffentlichen Medien thematisiert? Geschieht dies beiderseits der Grenze partnerschaftlich?

 Gibt es im Sprachunterricht (Schule, Erwachsenenbildung, Hochschule) Inhalte, Zielsetzungen, Aktivitäten, Materialien, die speziell auf die Partnerregion orientiert sind? Wird die Grenzsituation darin thematisiert?

Wird diese Situation aufgearbeitet? Aus welchem Blickwinkel? Mit welchen Tendenzen, Anspielungen, Stereotypisierungen, mit welcher Explizitheit? In welcher Sprache?

Ziel ist, durch das Gespräch einen Informationsaustausch auf den Weg zu bringen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszufinden, voneinander zu lernen. Es sollen dadurch auch Forschungsthemen formuliert werden, die in die Arbeit des Wissenschaftlichen Beirats von CICERO (s.o. den Absatz zur Präsentation von Ruud Halink) einfließen könnten.

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Albert RAASCH 35

Hinweis:

Die folgenden Themen wurden von den o. g. Referenten auf dem «Markt» der Sektion präsentiert2:

Bejssenowa, Shannat: Materialien zum Thema «Die Besonderheiten der Mentalität des kasachischen Volkes im Vergleich zu dem deutschen als mentale Grenze zwischen verschiedenen Kulturen und Chance für mehr Mehrsprachigkeit».

Bufe, Wolfgang: Videofilm zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Lernorte Saarbrücken, Forbach, Metz als Illustration für Spracherwerb an der deutsch-französischen Grenze.

Drescher, Attila: Materialien zum Thema «Eine Sprache – mehrere Länder».

Giessen, Hans: Die Multimedia-CD-ROM «Pour aller en France... en passant par la Lorraine».

Halink, Ruud: Materialien zu CICERO, dem Informations- und Beratungszentrum für Fremdsprachen- didaktik in Grenzregionen.

Ismailow, Jussuf: Materialien zum Thema «Eine Nation – zwei Mentalitäten: Ost- und westdeutsche Mentalitätsunterschiede im DaF-Unterricht».

Rohmann, Sabine: Materialien zum Thema «Ein Sprachen-Euro-Info-Bus durchfährt die Grenzregion Sar-Lor-Lux / Trier-Westpfalz / Wallonien».

Schütze-Nöhmke, Uthild: «MultimediaMarkt Euregio Neisse – Nissa – Nissa».

Warmbold, Joachim: Materialien zum Thema «Shalom – Salaam – und Guten Tag».

Wolff, Jürgen: Materialien zum Thema «Wie macht man Austauschprogramme mit «wenig gefragten»

Sprachen (Polnisch, Tschechisch, Ungarisch, Baskisch...)?»

2 Interessenten sollten sich an die Verfasser /-innen direkt wenden.

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