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Michael Slote (2007) The ethics of care and empathy : Routledge, London/New York, 133 Seiten, £18.99, ISBN 987-0-415-77200-6

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Academic year: 2021

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Rezension

Fast scheint es, als sei die Debatte um eine „ethics of care“ in den letzten Jahren im sande verlaufen, ohne allzu deutliche spuren hinterlassen zu haben. in den 1990er Jahren wurde mit einigem engagement diskutiert, ob es jenseits einer an allgemeinen Prinzipien orientier-ten „justice“-Perspektive eine andere, eine „care“-Perspektive gäbe, welche ethische Kon-flikte eher unter dem Aspekt der Beziehungen konkreter moralischer Akteure betrachtet.

Michael Slotes Monographie ist von daher ein willkommener Beitrag, der substanzreich und authentisch ist. substanzreich insofern, als slote eine kenntnisreiche und philosophisch fundierte Abhandlung vorlegt; authentisch, da er den Leser in unverstellter Weise mitnimmt bei seiner gedanklichen Arbeit.

Wie eine Reihe anderer Autoren auch, nimmt Slote die „ethics of care“ primär als Tugendethik wahr. Der Anstoß zur aktuellen Debatte kam zunächst aus der Moralpsycho-logie, als Carol Gilligan in den frühen 80er Jahren eine „andere stimme“ beschrieb, mit der weibliche Versuchsteilnehmer ethische Konflikte darstellten. Diese Stimme sprach von emotionaler Zuwendung zum konkreten Anderen, von Fürsorglichkeit, von Verantwortung, die aus der Wahrnehmung von Bedürfnissen resultiert, von der Vermeidung von Verletzung, von der Befindlichkeit eines jeden von uns in einem Netz von Beziehungen, die häufig auch asymmetrisch und nicht frei gewählt sind. Diese Stimme verhielt sich kontrapunktisch zu Themen wie Autonomie, Individualismus, Gerechtigkeit und Rationalität, die der „ethics of justice“ in Form der klassischen utilitaristischen und deontologischen Moraltheorien zuge-schrieben wurden.

in der nachfolgenden Diskussion wurden die Frage einer Geschlechterassoziation mit der „care“- oder „justice“-Perspektive einer kritischen Prüfung unterzogen sowie implika-tionen für feministische Belange untersucht. Insbesondere wurde auch die Frage der theore-tischen Verortung von Gilligans Impulsen aufgeworfen. Während einerseits die Möglichkeit einer Integration der beiden scheinbaren „Antipoden“ geprüft wurde, versuchten andere, die „ethics of care“ als eigene Theorie zu etablieren. Die gängigste Variante bestand jedoch darin, die „ethics of care“ der Tugendethik zuzuschlagen. Wenngleich sie durch die

Verein-ethik Med (2010) 22:77–78 Doi 10.1007/s00481-009-0047-2

Michael Slote (2007) The ethics of care and empathy

Routledge, London/New York, 133 Seiten, £ 18.99,

ISBN 987-0-415-77200-6

Nikola Biller-Andorno

N. Biller-Andorno () zürich, schweiz

e-Mail: biller-andorno@ethik.uzh.ch online publiziert: 12. Januar 2010 © springer-Verlag 2010

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nahmung durch eine klassische Theorie mit antiker Tradition gleichsam „geadelt“ wurde, ging damit doch ein Verlust an Profil und Visibilität einher; zudem wurden Einseitigkeiten eines „care“-Ansatzes nicht durch die konstruktive Auseinandersetzung mit einem anders gelagerten Ansatz sichtbar gemacht bzw. korrigiert.

Dass Slote als ausgewiesener Tugendethiker den Weg einer Interpretation der „ethics of care“ als eine Form der Tugendethik einschlägt, ist nicht überraschend, und er tut es in durchaus überzeugender Weise. Zudem knüpft er nicht an die antike Tugendethik aristote-lischer Prägung an, sondern an Humes Sentimentalism. Auch lässt er Raum für alternative interpretationen, wie sie etwa durch Virginia Held und nel noddings repräsentiert werden, welche fürsorgliche Beziehungen als grundlegender erachten als ein Verständnis von Für-sorglichkeit als Tugend. Die Frage der einordnung als Tugendethik (oder nicht) hält slote für seine weiteren Ausführungen nicht von entscheidender Bedeutung.

Besonders verdienstvoll ist seine Exploration der Rolle der Empathie, die er den Begrif-fen der Fürsorglichkeit („care“) und Moralität („morality“) an die Seite stellt. Empathie ist für Slote die motivierende Kraft, die dem Bedürfnis, sich fürsorglich zu verhalten, zugrunde liegt. Ausgehend von der Beziehung zwischen Empathie und Fürsorglichkeit und in Abgren-zung von der Position Peter singers stellt slote dar, warum wir seines erachtens gegenüber Personen in Nahbeziehungen stärkere moralische Verpflichtungen haben als gegenüber sol-chen, die uns fern sind.

Die weiteren Kapitel (3–7) des Buches wenden sich einer Auseinandersetzung mit eini-gen Grundpfeilern eines kantischen Liberalismus zu. Einer der zentralen inhaltlichen Punkte ist die – allerdings nicht ganz neue – Feststellung, dass wir anderen gegenüber nicht nur fürsorglich, sondern auch respektvoll auftreten sollen, so dass das Konzept der Autonomie keineswegs als inkompatibel mit der „ethics of care“ zu werten ist. Des Weiteren zeigt Slote, dass bestimmte Varianten einer „ethics of care“ in ähnlicher Weise paternalistische Inter-ventionen zurückweisen würden wie liberalistische Positionen dies für sich reklamieren. Auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit sieht Slote durch die „ethics of care“ abgedeckt, was der einschätzung mancher zuwider läuft, bei der „ethics of care“ handle es sich um eine Teilethik, die wichtige moralische Fragen aber nicht verhandeln könne. Abschließend wendet sich Slote der Frage zu, ob die „ethics of care“ als sentimentalistischer Ansatz mit dem Konzept der praktischen Vernunft zu vereinbaren sei, und kommt auch hier zu einem positiven ergebnis.

insgesamt vertritt slote die Position, dass eine voll ausgearbeitete „ethics of care“ – im Gegensatz zu anderen derzeit gängigen ethik-Theorien – durchaus das Potential habe, die menschliche Moralität in zufriedenstellender Weise erfassen zu können.

slotes Duktus besticht nicht durch eleganz, er ist aber auch nicht verdrechselt, sondern auf sympathische Weise direkt. Dabei ist es durchaus begrüßenswert, Konzepte wie „Für-sorglichkeit“ und „Empathie“ durch einen männlichen Autor verhandelt zu sehen. Für eine nachhaltige Diskussion um die „ethics of care“ ist eine Rezeption aus verschiedenen Pers-pektiven allemal von Vorteil. Obgleich wichtige theoretische Arbeit nunmehr geleistet wor-den ist, steht eine zusammenhängende Darstellung zentraler medizinethischer Fragen aus einer „care“-Perspektive noch aus.

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