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Jost Dülffer

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Academic year: 2021

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© Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2012 866 Historische Zeitschrift // BAND 295 / 2012

schnitte zu den Menschenrechten und zur Marktöffnung Chinas. Gegenüber seiner Diagnose einer Individualisierung der Gesellschaft macht er vor allem zwei gegen-läufige Bewegungen aus: Die Umweltbewegung, die sich in den USA in der Tat früh etablierte, und die neue Bedeutung der Religion, die sich gegen die „Equal Rights Movements“ formierte, aber auch an die neuen Marktlogiken anpasste.

Borstelmanns Buch fügt sich damit in eine Reihe amerikanischer Studien ein, die stärker die Ambivalenzen der 1970er Jahre betonen. Leider verortet er seine Erkennt-nisse kaum in diesem Forschungsstand. Vieles, was Borstelmann gesellschaftge-schichtlich darstellt, gilt zudem weniger für die 1970er Jahre als für die Jahrzehnte danach. Andere Deutungen, wie der Rückzug ins Private, erscheinen hinterfragbar und nicht charakteristisch jenseits der USA. Die 1970er Jahre in eine globale Perspek-tive einzubinden, bleibt eine Herausforderung für künftige Studien.

Jost Dülffer / Marc Frey (Eds.), Elites and Decolonization in the Twentieth

Cen-tury. Basingstoke, Palgrave Macmillan 2011. XV, 296 S., £ 55,–. // oldenbourg doi 10.1524/hzhz.2012.0650

Tanja Bührer, London Forschungen zur Dekolonisation haben aufgrund neuer Ansätze und Perspektiven wieder einen Aufschwung erhalten. In diesen Kontext ist auch der aus einer Tagung hervorgegangene Sammelband zu verorten. Die Herausgeber verstehen Dekolonisa-tion nicht nur als einen politischen peripheren Machtwechsel, sondern vielmehr als globale soziale, ökonomische wie kulturelle Transformationen. Schlüsselfiguren der Umsetzung waren Eliten beider Seiten, verstanden als soziale Gruppen, die über politische, ökonomische, symbolische oder kommunikative Macht verfügten.

Martin Thomas zufolge können viele Kolonien nach 1945 als „intelligence states“

(S.139) charakterisiert werden, wobei europäische Eliten der Nachrichtendienste nicht nur politische Bewegungen zu kontrollieren, sondern diese auch in eine post-koloniale Ordnung zu kanalisieren versuchten. Paul H.Kratoska zeigt bei seiner Ana-lyse südostasiatischer Eliten von kolonialer Zeit über die japanische Besetzung hin zur Unabhängigkeit, dass die traditionelle Nobilität an Einfluss verlor, die Verwal-tungselite überlebte und die ökonomische Elite ersetzt wurde. Ähnlich, aber mit spezifischerem Fokus ist die Analyse von J. Thomas Lindblad zu indonesischen Wirt-schaftseliten angelegt, während Marc Frey die Dekolonisation Indonesiens mit

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Fo-© Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2012

NEUEHISTORISCHELITERATUR / BUCHBESPRECHUNGEN 19./20. JAHRHUNDERT 867

kus auf die niederländischen Eliten der Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissen-schaft untersucht.

Christoph Marx und Michael Bollig thematisieren „traditionelle“ Eliten Afrikas:

Marx zeigt, wie das Apartheidregime Südafrikas mit der Homelandpolitik eine Tri-balisierung anstrebte, die letztlich nicht auf eine Dekolonisation, sondern auf die Bildung von Marionettenregimen hinauslief. Bollig untersucht die Chiefs im nörd-lichen Namibia in ihrer Rolle als Intermediäre des Kolonialstaates sowie als postko-loniale Ansprechpartner nicht-staatlicher Organisationen. Frederick Cooper veran-schaulicht anhand der Freiheitsdiskurse intellektueller Eliten Westafrikas, dass das nationalstaatliche Modell umstritten war. Bekannten Persönlichkeiten der Unab-hängigkeitsbewegungen und postkolonialer Ordnung sind die Beiträge von Judith

M. Brown zu Nehru in Indien, Mairi S.MacDonald zu Sékou Touré in Guinea und An-dreas Eckert zu Nyerere in Tansania gewidmet.

Drei Studien beschäftigen sich mit Vorstößen, über Bildung eine gleichgesinnte Elite im globalen Süden zu schaffen. Esther Möller weist nach, wie stark die Verbin-dung Frankreichs mit den libanesischen Eliten auf die Schulpolitik der Mandats-herrschaft zurückzuführen ist. Corinna Unger führt mit der Thematisierung ameri-kanischer nichtstaatlicher Bildungsprogramme der 1950er bis in die siebziger Jahre auf die globale Ebene des Kalten Krieges. Andreas Hilger beleuchtet im Gegenzug mit einem Schwerpunkt auf Indien staatliche Schulungsprojekte der Sowjetunion in den 1950er und 1960er Jahren.

Wenn auch eine Zuspitzung der Stoßrichtung des Sammelbandes und eine stär-kere Gewichtung der bedeutenden transnationalen Kommunikationsnetzwerke so-wie Wissenstransfers wünschenswert gewesen wäre, bietet der insgesamt fundierte Band eine ansprechende und interessante Vielfalt herkömmlicher wie auch innova-tiver Perspektiven auf die Thematik Eliten und Dekolonisation.

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