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Compte rendu de Lutz Raphael, Imperiale Gewalt und mobilisierte Nation

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Academic year: 2021

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Lutz Raphael

Imperiale Gewalt und mobilisierte Nation. Europa 1914-1945 München: Beck 2011.

319 Seiten, 14.95 Euro. ISBN 978-3-406-62352-3

Von Christoph Brüll, Fonds de la Recherche Scientifique – Universität Lüttich

Lutz Raphaels in der Reihe „Geschichte Europas“ erschienenes Buch zur Geschichte unseres Kontinents im Zeitalter der Weltkriege ist nicht die vom Verlag angekündigte

Überblicksdarstellung. Es leistet viel mehr. Dazu darf man ruhig von derselben Feststellung ausgehen wie der Autor: wohl kaum eine Zeitspanne der europäischen Geschichte ist so gut erforscht wie diese. Kein einzelner Autor kann die gesamte Forschungsliteratur überblicken. Lutz Raphael meistert diese Schwierigkeiten souverän. Zum einen entwickelt er

Fragestellungen, die tragen, und die geeignet sind, neue Perspektiven zu entwickeln. Zum anderen verfügt er über das begriffliche Instrumentarium, schlüssige Deutungen

vorzuschlagen und seinen Stoff zu ordnen. Hier wird kultur- wie sozialwissenschaftlich informiert argumentiert, ohne in Jargon zu verfallen.

Wie bei allen Beiträgen der Reihe wird die analytische Richtung schon mit den beiden für den Titel gewählten Begriffen deutlich: Europa zwischen 1914 und 1945, das sind für Raphael „imperiale Gewalt“ und „mobilisierte Nation“. Und der Autor muss sich dabei nicht etwa bemühen, die von ihm geschilderten (zahlreichen) Entwicklungen in dieses Begriffsschema zu pressen. Raphael sucht nach Vergleichen, Verflechtungen und Transfers, ohne die

Komplikationen zu vernachlässigen, die aus dem Vergleich etwa von Nationalsozialismus und Stalinismus erwachsen können.

Das Buch beginnt mit einer Schilderung der Lage Europas um 1900; schon hier wird die Vielfältigkeit der Themen und der Perspektiven deutlich, mit denen sich Raphael seinem Gegenstand nähert. Politische und sozioökonomische Ansätze bilden zwar den Mittelpunkt, aber gerade die in allen Kapiteln vorhandenen erfahrungsgeschichtlichen Schilderungen verleihen auch komplexen und vielschichtigen Entwicklungssträngen eine große

Lebendigkeit. Diese Multiperspektivität zeigt sich auch in dem ausführlichen Kapitel zum Ersten Weltkrieg und seinen Folgen – alleine die Themenauswahl ist dafür Beleg: „Totaler Krieg“, „Imperien und Nationen“, „Staat und Politik im Krieg“, „Soldaten und Zivilisten“, „Kriegskulturen“, „Totenkult“…

Das Kapitel zur „Demokratie unter Dauerbelastung“ gehört zum Besten, was in komparativer Perspektive zu diesem Thema geschrieben worden ist. Ausführlich wird das „Bündnis“

analysiert, welches Demokratie und Nationalismus in vielen Staaten Europas nach dem Ersten Weltkrieg eingingen. Die neuen Partizipationsmöglichkeiten waren den Herausforderungen ihrer Zeit gegenüber keinesfalls wehrlos, ihre Lebensfähigkeit wurde jedoch durch die sozioökonomischen Herausforderungen der 1920er und 1930er Jahre bis zum Zerreißen gespannt. Bevor Raphael die extremsten Reaktionen anhand der drei großen Diktaturen (Italien, Deutschland, Sowjetunion) aufzeigt, widmet er dem Allatgsleben und den

Modernisierungserfahrungen und der Weltwirtschaftskrise zwei höchst instruktives Kapitel. Bis heute bildet der Diktaturenvergleich ein schwieriges Feld historischer Forschung. Wie Ähnlichkeiten aufzeigen, ohne in Nivellierung zu verfallen? Wie Unterschiede herausarbeiten, ohne jeden Vergleich obsolet werden zu lassen? Raphael löst diese Fragen vor allem aufgrund seiner sprachlichen und begrifflichen Präzision, die es ihm beispielsweise ermöglicht, die Krise von Liberalismus und Demokratie zu analysieren, ohne die Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten zu verwischen. In der Analyse von Faschismus, Nationalsozialismus und Stalinismus liegt der Schwerpunkt eindeutig auf den Mobilisierungskräften der Regime – was auch der von Raphael benutzte Begriff der „Beschleunigungsdiktaturen“ deutlich machen soll.

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Die Abschnitte zum Zweiten Weltkrieg und zur Besatzungsherrschaft bewegen sich auf der Höhe der Forschung und legen einen Schwerpunkt auf den Besatzungserfahrungen der europäischen Bevölkerung. Sicherlich hätte man dem einen oder anderen Aspekt – der einen oder anderen Länderspezifizität – mehr Raum widmen können. Insgesamt überzeugen die vom Autor gesetzten Schwerpunkte, genau wie bei den Schilderungen von Nachkriegsplänen und der Lagebeschreibung Europas im Jahr 1947. Ein Vergleich mit der Schilderung des Jahres 1945 im Nachfolgeband von Hartmut Kaelble bietet sich geradezu an.

Dass dies alles auf knapp überaus lesbaren 300 Seiten gelingt, ist mehr als ein gelungener Parforceritt durch Themen, Fragen und Methoden. Es ist ein großer Wurf. Sicher nicht das letzte Wort zum Zeitalter der Weltkriege, aber eine beeindruckende Anregung zum

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