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Klima im Spiegel der Tier- und Pflanzenwelt : die Fossilfunde aus der rheinischen Braunkohle

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Academic year: 2021

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Klima im Spiegel der Tier- und Pflanzenwelt

Die Fossilfunde aus der rheinischen Braunkohle

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Der Tagebau Hambach – ein Fossilfundpunkt

im rheinischen Braunkohlenrevier

Seit 1982 werden im Tage-bau Hambach Pflanzen-fossilien gefunden und von Wissenschaftlern der Uni-versitäten Bonn, Köln, Tü-bingen und Utrecht sowie von privaten Forschern be-arbeitet. 1986 wurden erst-mals auch tierische Fossili-en Fossili-entdeckt, die bis dahin in der rheinischen Braun-kohle noch nie gefunden worden waren. In zehn Jahren wurden über 5.000 Fossilreste geborgen, vom unbestimmbaren Knochens-plitter bis zum vorzüglich erhaltenen Unterkiefer ei-nes Vorläufers der Hirsche.

Seit 1995 wird die Sammlung aus dem Tage-bau Hambach am Institut für Paläontologie der Rhei-nischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn wissen-schaftlich bearbeitet.

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Wie entsteht ein Fossil ?

Am Rande der Braunkoh-lenmoore mischten sich Riedmoorflächen mit den Sumpf- und Auenwäldern der Flüsse sowie kleinen, trockeneren Waldinseln. Aus diesen unterschiedli-chen Biotopen stammen die Fossilien des Braun-kohlenreviers. Fossilien sind alle Zeugnisse tieri-schen und pflanzlichen Le-bens der Vorzeit. Während Blattabdrücke, Schnecken, Muscheln sowie die Reste von Fischen und anderen Wasserbewohnern an Ort und Stelle blieben, sind die Früchte, Samen und Zapfen und ein Teil der Säugetier-fossilien aus dem Hinter-land ins Moor geschwemmt worden.

Fundschichten

Häufig hinterlassen Hoch-wasser und Überschwem-mungen Ansammlungen von Blättern, Ästen, Rin-denstücken, Samen, Zap-fen, Nüssen und Kadavern verendeter Tiere am Ufer von Bächen, Flüssen oder an Sandbänken. Werden diese Reste rasch von Sand oder Ton überdeckt, bevor sie vermodern oder verwe-sen können, bilden sich im Laufe der Erdgeschichte fossilreiche Lagen. Lackab-zug A zeigt einen senkrech-ten Schnitt durch eine

Wechselfolge fossilreicher und fossilarmer Schichten, Abzug B eine freigelegte Zone mit Pflanzenfossilien. Lackabzug C erfaßt in ei-nem senkrechten Schnitt die Ablagerungen an der Uferböschung des fossil-führenden Flusses: Der obere und untere Abschnitt sind von der chaotischen Sedimentation eines Hoch-wassers geprägt, während der mittlere Abschnitt die gleichförmige Schichtung bei normaler Wasser-führung aufweist.

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Die Erdneuzeit im rheinischen Braunkohlenrevier

Die Erdneuzeit (Känozoi-kum) ist mit 65 Millionen Jahren Dauer der jüngste Abschnitt der fünf Milliar-den Jahre Erdgeschichte. Nach dem Aussterben der Dinosaurier entwickelten und vermehrten sich die Säugetiere explosionsartig und wurden zur vorherr-schenden Klasse der Land-wirbeltiere. Die Entwick-lung verlief in zwei Phasen: Zunächst entstanden viele urtümliche Säugetierarten, die zum großen Teil bald wieder ausstarben. Sie wur-den von „moderneren“ Säugetieren abgelöst, die die Nischen der erlosche-nen Arten besetzten.

Auch in der Pflanzen-welt kam es zu einem grundlegenden Wechsel: Schon in der Kreide waren die bis dahin vorherrschen-den Nacktsamer von vorherrschen-den Bedecktsamern abgelöst worden, zu denen die Mehrzahl der Pflanzen un-serer heutigen Flora gehört.

Die Eiszeit, die vor etwa 2 Millionen Jahren einsetz-te, bedeutete für Pflanzen-und Tierwelt einen erneu-ten, gewaltigen Umbruch. In den Kaltzeiten ver-schwanden fast alle Bäume und viele Säugetiere aus der Niederrheinischen Bucht.

Erst vor etwa 10 000 Jahren begann in unseren Breiten eine allmähliche Er-wärmung, die von den sub-arktischen Tundren der Eis-zeit zu unserer heutigen Pflanzen- und Tierwelt führ-te.

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Fossiler Waldboden

Durch den Braunkohlenab-bau werden gelegentlich fossile Waldböden freige-legt. Im Sommer 1990 er-möglichte ein solcher Fund erstmals die detaillierte Untersuchung durch Wis-senschaftler des Instituts für Paläontologie der Rhei-nischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Neben einer Kartierung des Baum-bestandes und der

Bestim-mung der einzelnen Baum-arten wurde auch ihre Höhe errechnet. Außerdem wurden Pollenproben ge-nommen und die Resultate mit den Baumarten vergli-chen.

Auffällig ist die relativ enge Stellung und geringe Höhe der Bäume, was ver-mutlich mit den schlechten Wachstumsbedingungen für Palmen und

Nadelbäu-me an einem dauerfeuch-ten und mineralarmen Standort zusammenhing. Der Wald bestand vor allem aus Schirmtannen mit ver-einzelten Palmen. Nach den Berechnungen überragten die Palmen die meisten an-deren Bäume. Vor dem Fund waren die Palmen im Braunkohlentertiär meist dem Unterholz zugerechnet worden.

Die Niederrheinische Bucht zur Zeit der Braunkohlenmoore

Zur Zeit der Torfmoore, aus denen später die Braunkoh-lenflöze entstanden, herr-schte am Niederrhein ein subtropisches bis warm-gemäßigtes Klima. Dank des hohen Grundwasser-standes, die südöstliche Niederrheinische Bucht war ein küstennahes Feuchtge-biet, und des gleichmäßi-gen Absinkens des Unter-grundes konnten sich große Massen

Pflanzenma-terials ansammeln, die zunächst zu Torf und später zu Braunkohle wurden.

Oft hat die Wissen-schaft die Zeit der Braun-kohlenmoore mit der Vor-stellung von mächtigen Ur-waldriesen in Verbindung gebracht, deren Wälder tausende von Quadratkilo-metern bedeckten. Mam-mutbäume, Gingkos und Palmen hat es in der Tat zeitweise gegeben und sie

haben in den Torfmooren auch Waldinseln gebildet. Aber sie gehörten nicht zu den Haupttorflieferanten. Die meiste Zeit war die Niederrheinische Bucht von Schilf-,Gras- und Busch-moor bedeckt, in das sich gelegentlich Nadelbäume, Palmen und Verwandte der Hartriegelgewächse ein-schalteten.

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Buschmoor und Sumpfland

Zur Zeit der Braunkohlen-moore waren weite Berei-che der NiederrheinisBerei-chen Bucht von Flüssen und ihren Altarmen sowie dem Delta einer Flußmündung in die damalige Nordsee bedeckt. Tupelobaum, Sumpfzypresse und Sichel-tanne waren vor 16 Millio-nen Jahren am Niederrhein in solchen Sumpfwäldern die vorherrschenden Bau-marten. Eine ähnliche Flora findet sich heute in den Sumpfwäldern am Missis-sippi und in Georgia im Sü-den der USA. Da diese Wäl-der kaum Licht durchlas-sen, kann sich am Fuße der Bäume keine Schilf-, Gras-und Strauchflora ent-wickeln und unter Wasser Torf bilden. Aus ihnen ent-steht daher keine Braun-kohle, sondern dunkler, hu-musreicher Ton, wie er auch im rheinischen Braun-kohlenrevier gefunden wur-de.

Das Gagelstrauch-Heide-kraut-Buschmoor (linke Bildseite) war ein etwas trockeneres Biotop, das nur vereinzelt freie Wasser-flächen, wie Tümpel und Teiche, einschloß. Durch das langsame, aber ständi-ge Absinken des Unter-grundes konnten sich hier große Pflanzenmassen an-sammeln und zu Torf und schließlich zu Braunkohle werden.

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Klima im Wandel

scheinlichsten sind

Schwankungen der Sonnen-fleckenaktivitäten und Ver-änderungen der atmos-phärischen Strömungen. Für die Umwelt entschei-dend war dabei nicht der

leichte Rückgang der Durchschnittstemperatu-ren, sondern die stärkere Ausprägung der Jahreszei-ten Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter, ähnlich den heutigen Verhältnissen an den europäischen Mit-telmeerküsten.

Die bis dahin vorherr-schenden Pflanzenarten konnten sich an diesen Wechsel nicht anpassen und verarmten im Laufe des Jungtertiärs, während neue, besser an die unter-schiedlichen Jahreszeiten angepaßte Pflanzen nach-drängten: Im wesentlichen Das Erdzeitalter des

Ter-tiärs wird durch einen tief-greifenden Klimawechsel gekennzeichnet: Die welt-weite, dem heutigen Tro-penklima ähnliche Warm-zeit des Erdmittelalters

en-dete im frühen Alttertiär und wurde zunächst durch subtropisches Regen- und Wechselklima mit Abküh-lung und Wiedererwär-mung abgelöst. Am Ende des Alttertiärs herrschte in der Niederrheinischen Bucht warmgemäßigtes Re-genklima, das im Miozän (vor 23 bis 5,8 Millionen Jahren) zunächst wieder höhere Temperaturen auf-wies.

Anschließend veränder-te sich das Klima erneut. Wodurch dieser Wechsel hervorgerufen wurde, ist noch unklar. Am

wahr-die heutige Flora mit laub-werfenden Gewächsen und Nadelbäumen.

Mit ihrer langen Meeres-küste bot die Niederrheini-sche Bucht damals ein ma-ritimes, ausgeglicheneres Klima als das Hinterland. Die bedrohten paläotropi-schen Pflanzen fanden hier ein Rückzugsgebiet, in dem sie sich mit ihren wärme-und feuchtigkeitsliebenden Arten noch lange halten konnten.

Parallel zur Verarmung der tropisch-subtropischen Pflanzenwelt ging die all-mähliche und schließlich umfassende Ausbreitung der Laub- und Nadelbäu-me. Diese Pflanzenarten ka-men einerseits aus der Ark-tis, die damals noch nicht vereist und mit Europa durch eine Landbrücke ver-bunden war, andererseits – vor allem die Nadelbäume – aus West-Sibirien. Deshalb wird die moderne Pflanzen-welt als arkto-tertiäre Inva-sionsflora bezeichnet. Bis zur Eiszeit war die heutige Flora noch mit wärmelie-benden Gewächsen, wie etwa Teestrauch, Zeder oder Amberbaum, ver-mischt, die allerdings mit der Eiszeit hier erloschen und sich später nicht wie-der bis in die Niewie-derrheini- Niederrheini-sche Bucht ausbreiteten.

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Schildkröten

Im Moor, in Flüssen und Tümpeln waren Schildkrö-ten weit verbreitet, wie die über 250 Platten von Bauch- und Rückenpanzer der Riesenschildkröte Te-studo und der Schnapp-schildkröte Chelydropsis beweisen. Die Schnapp-schildkröten können mit ihrem schnabelartigen Maul auch größere Tiere angreifen und verletzen. Hier wurde eine kleine Wasserschlange zu ihrer Beute.

Die Riesenschildkröte Testudo treibt träge mit dem Fluß zu Tal, während ein kleiner Vogel auf ihrem Rückenpanzer nach Parasi-ten sucht.

Die Berge im Hinter-grund zeigen, daß die Sze-ne am Ostrand des Reviers, in Sichtweite der Vulkane des jungen Siebengebir-ges, spielt.

Riesenfrosch und Riesenbiber

In Fluß und Moor waren und sind die Biber zu Hau-se. Drei verschiedene Arten sind durch Unterkieferfun-de belegt: Die Biber Castor und Steneofiber sind den heute noch in Polen und – sehr selten – an der Elbe heimischen Arten ganz ähnlich. Nur der altertümli-che Biber Anchiteriomys, der selbst den Riesenbiber an Größe übertraf, hat heu-te keine Verwandheu-ten mehr. Ein Riesenfrosch scheint dem Biber beim Dammbau zuzuschauen, während in der Flußmitte auf einer In-sel der Fischotter Lutra

sei-Schlammbarsch, im Maul hält. Süßwasserfische sind zwar durch zahlreiche Flos-senstrahlen nachgewiesen, sie reichen allerdings allein für eine nähere Bestim-mung nicht aus.

Im Hintergrund suhlt sich eine Rotte Nabelschweine in einer Schlammstelle im Auenwald.

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Große Pflanzenfresser

Nashörner lebten im Mio-zän nicht nur in Steppe und Wald, sondern auch in den sumpfigen und feuchten Uferbereichen der Flüsse und Seen. In der Niederr-heinischen Bucht hielten sie damals eine ökologi-sche Niökologi-sche besetzt, wie heute die Nashörner in Sü-dostasien. Im Jungtertiär war das Horn noch nicht voll ausgebildet und fehlte bei manchen Arten völlig. Für unser Gebiet sind meh-rere Nashornarten durch ein Kopffragment, mehrere Langknochen und einige Backenzähne nachgewie-sen.

Elefanten mit vier Stoßzähnen

Der größte Pflanzenfresser der damaligen Zeit war der Zitzen-Zahn-Elefant oder Gomphotherium, ein Tier mit vier Stoßzähnen und ei-ner Schulterhöhe von drei Metern. Das Gewicht eines ausgewachsenen Tieres konnte mehrere Tonnen be-tragen. Die großen Tiere verbrachten die meiste Zeit ihres Lebens auf festem und trockenem Boden. Tümpel und Fluß suchten sie nur zu Bad und Tränke auf. Es gab aber auch eine Art, die überwiegend in sumpfigem Gelände lebte und sich von Wasser-pflanzen ernährte.

Die drei Stoßzahnspit-zen und die Kniescheibe, die gefunden wurden, er-lauben keine nähere Be-stimmung.

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Hirsch und Hirschferkel

Die Vorläufer und Verwand-ten des Rotwildes waren vor 16 Millionen Jahren nicht größer als eine Ziege. Der geweihtragende Dicro-ceros bevorzugte wahr-scheinlich trockenere Stan-dorte, während das Hirsch-ferkel Dorcatherium seine Nahrung im feuchten Un-terholz des Auenwaldes fand. Die Eckzähne des Oberkiefers waren zu schar-fen Hauern verlängert, mit denen das Tier im Oberbo-den nach Nahrung suchen und sich verteidigen konn-te.

Fluß im Moor

Vor etwa 16 Millionen Jah-ren entwässerte ein Fluß das „Frimmersdorf“-Moor, das die südliche Nieder-rheinische Bucht von Jülich und Düren bis Möncheng-ladbach im Norden, Köln im Osten und Brühl im Süden bedeckte. Da der Fluß nur geringes Gefälle hatte, zog er sich in großen Windun-gen und SchlinWindun-gen durch die flache Moorlandschaft. Westlich des heutigen Nie-derzier erreichte er das Ta-gebaugebiet und durch-querte es zunächst auf ei-ner Länge von vier Kilome-tern in nördlicher Richtung.

Nach einer fast recht-winkligen Wendung verlief er weitere 2,5 Kilometer nach Westen, um sich

Durch das geringe Ge-fälle und die zu vermuten-de Nähe zur Mündung in die Nordsee war der Fluß in diesem Abschnitt träge und langsam. Das Flußbett war 50-100 Meter breit. Nach Starkniederschlägen im Hinterland kam es zu Überschwemmungen, bei denen große Flächen unter Wasser gesetzt wurden. In diesem Hochwasserbett la-gerte sich ein feinkörniger, grau-grüner Schlick ab, der zeitweise trockenfiel und von einem Auenwald über-wachsen wurde. Im Fluß-bett selbst wechselten fein-körnige Sande mit tonigen Sedimenten. In Lagen von wenigen Metern Dicke ka-men auch Mittel- bis

Grob-Durch das Zusammen-treffen besonderer Umstän-de wurUmstän-den sie in Kalzium-phosphat (Apatit) umge-wandelt und blieben erhal-ten. Der Abbau der Braun-kohle im Tagebau Hambach ermöglichte es, diese Fossi-ste, wie ÄFossi-ste, Stämme und

Wurzelstöcke, aber auch Tierkadaver mit. Die Mehr-zahl dieser Kadaver wird den großen Räubern im Fluß und den Aasfressern anheimgefallen sein. Ein-zelne Panzerplatten, Zähne,

0 1 2 km Elsdorf Heppendorf Niederzier Buir Ober kante Ab bau J a n uar 1996

Die Rinne (blau) im Flöz Frimmersdorf in NW-Teil des Tagebaues Hambach

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Menschenaffen

Vor 16 Millionen Jahren tauchte als einer der ersten Menschenaffen in Europa der Gibbon-ähnliche Pliopi-thecus auf. Wie seine heu-tigen Verwandten in Afrika war er bis 1,20 Meter groß. Als Hangler lebte er über-wiegend auf Bäumen und konnte dank seiner langen Arme und Beine mehrere Meter überspringen oder sich aus freiem Fall am nächsten Ast fangen. Am Boden war er langsam und eher hilflos, ständig in Ge-fahr, zur Beute eines Raub-tiers zu werden.

Pliopithecus war in Eu-ropa bisher nur von Fund-stellen in Frankreich und Tschechien bekannt. Der Tagebau Hambach ist da-mit der nördlichste Nach-weis der Verbreitung dieser Menschenaffen in Europa.

Krokodil und Wal

Im Braunkohlenmoor war das tertiäre Krokodil Di-plocynodon recht verbrei-tet, wie die zahlreichen Funde von Zähnen, Panzer-platten und Magensteinen beweisen. Im Vergleich zum heutigen Nilkrokodil war es ein kleiner Alligator von ein bis zwei Metern Länge. Einem ausgewach-senen und gesunden Wal hätte es kaum gefährlich werden können, obwohl die Vorläufer der Blauwale nur drei bis vier Meter groß wurden. Wie auch gele-gentlich heute noch, wer-den sich desorientierte oder kranke Tiere in eine Bucht und weiter flußauf-wärts verirrt haben, wo sie zur leichten Beute für Alli-gatoren wurden.

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Bärenhund mit Beute

Der Bärenhund Amphicyon war mit zwei Metern Größe-das größte Landraubtier im Braunkohlenmoor. Er war sowohl ein erfolgreicher Räuber, wie die schweren Tatzen und die wolfsähn-lichen Reißzähne beweisen, als auch ein Pflanzenfres-ser, der Beeren, Nüsse und andere Früchte nicht ver-schmähte. Seine Lebens-weise wird der des heuti-gen Braunbären recht ähn-lich gewesen sein.

Hörnchen, Riesensalamander und Riesenlibelle

Der Riesensalamander And-rias war mit über einem Meter Länge nach dem Kro-kodil der zweite große Räu-ber an Land und im Wasser. Er war ein langsames und träges Tier, das bei weitem nicht die Schnelligkeit und damit Gefährlichkeit eines Krokodils erreichte. Kam Beute in seine Reichweite – Fische, Frösche, Libellen und andere Insekten – konnte er allerdings mit ei-ner blitzschnellen Bewe-gung des plumpen Kopfes zuschnappen.

Ein Nagetier aus der Fa-milie der Hörnchen hat als Baumbewohner wohl kaum zu den Beutetieren des

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Rie-Texte zu den Vitrinen

Elefanten:

Gomphotherium

Elefanten gehören regel-mäßig zu den Faunen des Jungtertiärs. In Hambach wurden jedoch nur eine nicht näher bestimmbare Kniescheibe und die Spit-zen von drei Stoßzähnen gefunden. Der Zahn zeigt einen breiten Streifen aus glänzendem Zahnschmelz, was ihn von Stoßzähnen heutiger Elefanten unter-scheidet, die nur aus Elfen-bein (Dentin) bestehen. Aufgrund dieses charakteri-stischen Merkmals kann man den Zahn einem Ver-treter der Gomphotherien zuordnen. Diese Elefanten-familie war im Tertiär sehr erfolgreich und weitverbrei-tet. Miozäne

Gomphotheri-en tragGomphotheri-en im GegGomphotheri-ensatz zu

heutigen Elefanten Stoß-zähne im Ober- und Unter-kiefer. Die oberen Stoßzäh-ne sind gestreckt und ab-wärts gebogen statt auf-wärts wie bei den echten Elefanten.

Nashörner mit und

ohne Horn

Nach Elefanten sind Nas-hörner die größten Pflan-zenfresser in der Niederr-heinischen Bucht. Diese großen Unpaarhufer sind im Tertiär eine sehr erfolg-reiche und vielgestaltige Tiergruppe. In Hambach lassen sich gleich zwei sehr verschiedene Formen nach-weisen. Die Mehrzahl der Knochen stammt von dem großen, kräftig gebauten

Brachypotherium. Es ist ein

kurzbeiniges Nashorn, das trotz seines Namens

horn-los war, dafür aber gewalti-ge hauerförmigewalti-ge Schneide-zähne besaß.

Prosantorhi-nus, von dem ein

Hinter-haupt gefunden wurde, ist dagegen kleiner und zierli-cher. Diese Form trug ein starkes Horn. Die Beine die-ser Art waren noch kürzer. An den Vorderbeinen wa-ren diese Unpaarhufer vier-zehig, im Gegensatz zum dreizehigen

Brachypotheri-um.

Affen

Große Seltenheiten sind fossile Reste von Affen, da diese Tiere meist in Wald-biotopen leben und dort ungünstige Fossilisations-bedingungen herrschen. In Hambach wurden ein Kie-ferfragment und Einzelzäh-ne des Hanglers

Pliopithe-cus gefunden. Diese

Gat-tung erschien in Europa während der miozänen Ein-wanderungswelle zusam-men mit anderen afrikani-schen Faunenelementen (z.B. Elefanten) und ist da-her für die Alterseinstufung der Fundstelle von Bedeu-tung. Pliopithecus ähnelt mit seinen langen Armen den heutigen Gibbons, be-sitzt aber gemeinsame Vor-fahren mit den Altweltaffen (z.B. Makaken).

Raubtiere

Raubtiere sind nur durch Kieferfragmente, isolierte Zähne und einzelne Kno-chen überliefert. Der größ-te Fleischfresser und zu-gleich ein urtümliches Ele-ment in der Hambacher Fauna ist der Bärenhund

Amphicyon. Außerdem gab

es kleinere marderartige

Raubtiere wie Paralutra und

Amphictis. Paralutra besaß

wie der heutige Otter Lutra eine semiaquatische Le-bensweise. Relativ häufig sind Zähne von Ursavus. Dieser noch sehr klein-wüchsige „Großvater-Bär“ war der Vorfahre des heuti-gen Bären Ursus.

Insektenfresser

Reste von großen Wirbel-tieren sind immer sehr viel seltener als Kleinformen. Daher ist es nicht verwun-derlich, daß über 40 von den rund 60 bisher im Ta-gebau Hambach nachge-wiesenen Säugetier-Arten Kleinsäuger repräsentieren. Exotisch mutet die Beutel-ratte Amphiperatherium an, allerdings sind Beutelratten im Alttertiär Europas durch-aus verbreitet.

Amphiperat-herium ist ein

altertümli-ches Faunenelement, das in jüngeren Fundstellen nicht mehr auftritt. Zahl-reich sind Insektenfresser in Hambach, es gibt Vertre-ter ausgestorbener Famili-en wie die ans WasserlebFamili-en angepassten Dimyliden

Ple-siodimylus und Chainodus.

Daneben gibt es aber auch Vertreter vertrauter Famili-en wie Igel, Maulwürfe und Spitzmäuse.

Landreptilien

Landlebende Kleinvertebra-ten sind nicht nur durch Säugetiere, sondern auch durch Reptilien vertreten. Außer Eidechsen und Schlangen konnte die ge-panzerte Schleiche

Ophi-saurus nachgewiesen

wer-den, ein Verwandter

unse-rer einheimischen Blind-schleiche (Anguis). Exoti-sche Faunenelemente und wichtige Klimaindikatoren sind Chamäleons.

Klein aber oho:

Nagetiere

Besonders häufig sind in Hambach die Zähne von Nagetieren, die wichtige Hinweise auf die verschie-denen Biotope geben. Baum- und bodenlebende Hörnchen sind mit drei Ar-ten vertreAr-ten, von den baumbewohnenden Flug-hörnchen konnten sogar vier Arten nachgewiesen werden. Besonders zahl-reich sind die baum- und strauchbewohnenden Schläfer und bodenleben-den Hamster mit insgesamt 15 Arten. Die Hamster sind von großer Bedeutung für die Alterseinstufung der Braunkohle in das untere Mittelmiozän (vor ca. 16 Millionen Jahren).

Der Biber Steneofiber fügt sich mit seinen Anpassun-gen an eine semiaquati-sche Lebensweise in eine sumpfige, von offenen Ge-wässern durchzogene Land-schaft ein. Entsprechend häufig sind die Reste die-ses kleinen Bibers in Ham-bach. Daneben kommt auch noch der großer Biber

Anchitheriomys als seltenes

Faunenelement vor.

Die Hambacher Kleinsäuger zeigen, welch gute Lebens-bedingungen dank des warm-feuchten Klimas in Mitteleuropa im Miozän herrschten. Die Artenviel-falt der heutigen Fauna ist wesentlich geringer.

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Hirsche mit und

ohne Geweih

Die häufigsten Reste größerer Säugetiere in Hambach stammen von ei-nem ursprünglichen, ge-weihlosen Zwergböckchen, dem Dorcatherium. Im Ge-gensatz zu moderneren Paarhufern sind die Mittel-fußknochen nicht vollstän-dig verschmolzen. Von Dor-catherium sind Kiefer ver-schiedener Altersstadien sowie Hand- und Fußkno-chen überliefert. Die unter-schiedliche Größe der Fußwurzelknochen deutet darauf hin, daß zwei ver-schiedene Arten in Ham-bach vorgekommen sind. Reste dieser fossilen Zwergböckchen findet man vor allem in braunkohle-führenden Ablagerungen, was auf einen sumpfigen Lebensraum hinweist.

Dor-catherium ist aus miozänen

Ablagerungen Afrikas, Asi-ens und Europas bekannt und ist ein Verwandter des heute in den tropischen Re-genwäldern Zentral- und Westafrikas lebenden Hirschferkels Hyemoschus. Außer dem geweihlosen

Dorcatherium gibt es in

Hambach auch echte Hir-sche, deren Männchen ein Gabelgeweih trugen. Ein sehr gut erhaltener Unter-kiefer stammt von dem eu-rasischen Dicroceros. Ein weiterer Wiederkäuer ist durch drei Zähne be-legt. Es handelt sich um die auf Europa beschränkte

seinstufung der Braunkohle von Bedeutung, da diese Gattung noch im Mittelmio-zän ausstarb.

Amphibien: darf es

ein bißchen mehr

sein?

Auch in unseren Breiten wiesen im Miozän manche Amphibien eine erhebliche Körpergröße auf. Die Gat-tungen Andrias und Latonia sind zwar nur durch kleine Reste belegt, lassen sich aber sicher bestimmen. Da-neben kommen eine Viel-zahl kleiner Frösche, Lurche und Salamander vor, wie winzige Wirbel, Kiefer und Knochen im Fundgut zei-gen.

Meeresbewohner in

der Braunkohle?

Die Nähe zur Küste der Ur-Nordsee, die zu dieser Zeit noch nicht durch den Kanal mit dem Atlantik verbun-den war, zeigen einige Ar-ten an, die gelegentlich aus ihrem gewohnten Le-bensraum im Meer in die Flüsse eingewandert sind. Die Funde aus Hambach belegen, daß Wale und zahlreiche Haie in die Ge-wässer des Braunkohlen-sumpfwaldes vorgedrun-gen sind. Auch heutige Haie und Wale dringen in die Mündungen und Unter-läufe von Flüssen vor.

Schildkröten

len die häufigsten Fossili-en, weil sie direkt im Abla-gerungsraum lebten. So auch in Hambach mit je ei-ner Art. Die großen, leicht gebauten Panzer der Weichschildkröte Trionyx sind meist in einzelne Plat-ten zerfallen. Ihre Form und die auffallende Nar-bung der Oberfläche ist für die im Tertiär von Europa weit verbreitete Gattung charakteristisch. Heute kommt Trionyx noch in Asi-en vor. Durch PanzerplattAsi-en ist noch mindestens eine weitere Sumpf- oder Land-schildkröte nachgewiesen, die aber noch nicht näher bestimmt wurde.

Krokodil

Vom Krokodil Diplocynodon sind zahlreiche Zähne und die typischen Knochenplat-ten belegt. Krokodile kön-nen sich nur fortpflanzen, wenn die Durchschnitt-stemperaturen des kälte-sten Monats über 5°C lie-gen. Damit sind Krokodilre-ste gute Anzeiger für ein mindestens gemäßigt war-mes Klima. Die Kokodile von Hambach gehören zu den jüngsten Vorkommen dieser Tiergruppe im Tertiär von Mitteleuropa, weil sich das Klima im späten Jung-tertiär zunehmend ab-gekühlt hat. Herausgeber: RWE Power AG 45128 Essen, Huyssenallee 2 50935 Köln, Stüttgenweg 2 Unternehmenskommunikation Telefon: (0221) 480-0 Konzeption: Dr. B. Wutzler Zeichnungen: Dr. U. Gregor, Dr. B. Thiele-Pfeiffer, M. Teichmüller, Ch. Kraberg Wissenschaftliche Bearbei-tung: Dr. B. Wutzler, Dr. T. Mörs (Paläozoologie), F. v.d. Hocht (Fische)

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