A NNALES SCIENTIFIQUES
DE L ’U NIVERSITÉ DE C LERMONT -F ERRAND 2 Série Mathématiques
P AUL L ORENZEN
Pascals Kritik an der axiomatischen Methode
Annales scientifiques de l’Université de Clermont-Ferrand 2, tome 7, série Mathéma- tiques, n
o1 (1962), p. 89-100
<
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PASCALS KRITIK AN DER AXIOMATISCHEN METHODE
Paul LORENZEN Kiel
Die drei
Jahrhunderte,
die seit dem Tode Pascals verstrichensind,
stellen sich unsgewöhnlich
dar als beherrscht von der neuen Methode des naturwissenschaftlichen
Denkens,
d. h, von demneuartigen Ineinandergreifen
desExperiments
und der mathematischen Deduktion.Pascal
gebührt
in der Geschi.chte der neuzeitlichen Wissenschaff einEhrenplatz,
allein schon wegen seiner einheitlichenBegründung
der Aero-undHydrodynamik.
Aber auch für daslogisch-
mathematische Denken
allein, jetzt
einmal isoliert vomExperiment betrachtet,
kommt Pascal-
abgesehen
von den Rechenmaschinen - das Verdienst zu, diemethodologischen
Einsichten der antikenPhilosophie gegenüber
dem traditionalistischen undmystischen
Denken des Mittelalters und auch noch der Renaissance-Zeit für die Neuzeitgesichert
zu haben.Natürlich ist Pascal hierbei
abhängig
vonDescartes,
aber vieleFormulierungen
Pascals sind viel klarer als die cartesischen. Insbesondere hat Pascal die Rolle der Definitionen in den axioma- tischen Theorien deutlichgemacht.
Hier istjede
Definition - ich möchte sie genauer"analytische
Definitionen"
nennen-nur eineErsetzung
eineszusammengesetzten
Ausdrucks durch einen anderen und muss dahergrundsätzlich
eliminierbar sein. Descartes unddie,
die ihm wie Pascalfolgten,
waren
Kämpfer
für die neueWissenschaft,
die Mechanik Galileis. Das bedeutetezugleich,
dasssie
Kämpfer
gegen die alteWissenschaft,
dieLogik
undPhysik
des Aristoteles waren.Wir können heute Aristoteles mehr
Gerechtigkeit
widerfahren lassen. Die axiomatischeMethode ,
die im 17. Jahrhundert auf die Mechanik
ausgedehnt wurde,
war nämlich zum ersten Malegerade
von Aristoteles klar formuliert worden :
1/
Unser Wissen baut aufgewissen
undefiniertenGrundbegriffen auf,
alle weiterenBegriffe
sind mit ihrer Hilfe zu definieren.
2/
Für dieGrundbegriffe gelten gewisse
unbewieseneGrundsätze,
dieAxiome,
alle weiteren Sätze sind mit ihrer Hilfe zu beweisen.Bei Descartes finden wir
bezüglich
der Methode imallgemeinen
nichts anderes als bei Aristoteles. Die axiomatische Methode ist bei Descartes daseinzige Mittel,
um zurGewissheit ,
zu unbezweifelbaren Wahrheiten zu
gelangen.
Die bewundernswerte Grösse Pascals
liegt
nun meines Erachtensdarin,
dass er diesesSelbstvertrauen der neuzeitlichen
Wissenschaft,
im Besitz einer sicheren Methode zusein,
schon ganz amAnfang
der Neuzeit als eine Illusion undAnmassung
erkennt. Hierin ist Pascal verblüffend modern. Natürlich ist aber Pascal kein modernerEmpirist,
für den alle Axiome nurhypothetisch,
als
vorlaufig bewährt, gelten.
Pascals Kritik kommt von anderenQuellen
her. Pascal ist - wie manweiss - sehr von
Montaigne
beeindruckt gewesen, und d, h, also von der antikenSkepsis.
AberPascal ist auch kein
Skeptiker,
seine Kritik an der cartesischenSelbstgewissheit gründet
sich vielmehr auf eine neue Einsicht in die Endlichkeit des Menschen. Undgerade
darinliegt
das Moderne Pascals .Die Endlichkeit des Menschen ist
ja
dasHauptthema
der modernenExistenzphilosophie.
Bei Pascal wird die Endlichkeit dadurch
ausgedrückt,
dass der Mensch ein Wesen zwischen zwei Unendlichkeiten ist. ImFragment
72 der"Pensees"
schreibt Pascal :"Car
enfinqu’est-ce
que l’homme dans la nature ? Un néant ä1’6gard
dellinfini,
un tout äl’égard
dunéant,
un milieu entre rien et tout. Infinimentéloigné
decomprendre
lesextreme,
lafin des choses et leur
principe
sont pour lui invinciblement cachés dans un secretimpénétrable ,
6galement incapable
de voir le ndant d’oü il esttire,
et l’infini oü il estenglouti.
Que
fera-t-ildonc,
sinond’apercevoir (quelque)
apparence du milieu deschoses,
dans un d6-sespoir
éternel de connaftre ni leurprincipe
ni leur fin ? Toutes choses sont sorties du néant etport6es jusqu’ä 1’infini".
"Quand
on estinstruit,
oncomprend
que la natureayant grav6
sonimage
et celle de sonauteur dans toutes
choses,
elles tiennent presque toutes de sa doubleinfinite.
C’est ainsi que nousvoyons que toutes les sciences sont infinies en 1’etendue de leurs
recherches,
carqui
doute que lagéométrie,
parexemple,
a une infinite d’infinités depropositions
äexposer ?
Elles sont aussiinfi-
nies dans la multitude et la délicatesse de leurs
principes ;
carqui
ne voit que ceuxqu’on
propose pour les derniers ne se soutiennent pasd’eux-mömes,
etqu’ils
sontappuyes
sur d’autresqui,
enayant
d’autres pourappui,
ne souffrentjamais
dedernier ? "
Diese tiefe Einsicht Pascals in die
zwei fache
Unendlichkeit des axiomatischen Denkens hat sichallerdings
in der Neuzeitpraktisch
nichtausgewirt.
Die"Pens6es"
Pascalsgalten
als eintheologisches Buch,
das für die Wissenschaft irrelevant sei. Voltaire z, B, hielt Pascal in dessen letztenLebensjahren,
in denen die"Pensees" entstanden,
fürgeistesgestört.
Erst von einer ganz anderen Seite her ist uns die Endlichkeit des Menschen wieder bewusst
gemacht worden,
so dass wirjetzt
Pascal besser verstehen können. Die moderne Einsicht in die Endlichkeit des Menschen entstammt aus der Reflexion auf die Methode unseresgeschichtlichen
Ver-stehens,
also aus den in Deutschland sogen. Geisteswissenschaften.Die Reflexion auf die
Hermeneutik,
d, h, auf die Lehre vom Verstehen menschlicherHandlungen ,
insbesondere
gesprochener
undgeschriebener Sätze,
hat von Schleiermacher bisDilthey
bei diesemzu dem
folgenden
bemerkenswerten Satsgeführt :
"Hinter
das Leben kann die Erkenntnis nichtzurückgehen".
Im Anschluss an
Dilthey
undHusserl,haben
Misch einerseits undHeidegger
andererseits deutlichgemacht,
was dasheisst,
dass das Denken vomLeben,
von derpraktischen
Lebenssituation desMenschen, auszugehen
hat. Alles Denken ist eineHochstilisierung dessen,
was man impraktischen
Leben immer schon tut. Pascal formulierte diese Situation des Menschen
folgendermassen (fr. 72) :
-."Nous
voguons sur un milieu vaste,toujours
incertains etflottants, poussés
d’un bout versl’autre.
Quelque
terme oü nouspensions
nous attacher et nousaffermir,
il branle et nousquitte" ;
;"Cela
6tant biencompris, je
croisqu’on
se tiendra en repos, chacun dans l’etat oü la nature l’aplace".
Der
Philosoph,
der diese von Pascal vorweggenommene moderne Einsicht in die Unhinter-gehbarkeit
des Lebensbesitzt,
missversteht sich nicht mehr - wie es in der ganzen Neuzeit seit Descartes und Locke üblich war, - als einBewusstsein,
das erst durchEmpfindungen, Anschauungen
und Verstandesschlüsse Kenntnis von der Welt nehmen muss. Die Welt ist ihm vielmehr das unmittelbar Zuhandene. Ich möchte das so ausdrücken : Die
Philosophie
hat eine neue Unmittelbarkeit gewonnen.Das
klingt
sehrhoffnungsvoll,
aber es wäre wohlverfrüht,
diesenNeuansatz,
der von denGeisteswissenschaften
ausgeht,
schon grosse Chancenzuzusprechen.
Das an den Naturwissenschaften orientierte Denken übtgegenwärtig - gerade
auch in denWissenschaften,
die sich mit den Menschenbeschäftigen -
einenstarken,
vielleicht sogar noch wachsenden Einfluss aus.Und von dort wird man
skeptisch fragen,
wie denn nun diePhilosophie
von ihrerangeblichen
Neuen Unmittelbarkeit aus
vorgehen wolle,
nach welcher Methode sie endlich einmal zu sicheren Resultatengelangen
wolle.Es muss
zugegeben werden,
dass auch keine Hermeneutik als eine mitteilbare Lehremöglich ist,
die nicht schon vonlogischem, allgemeiner
vonmethodisch-geordnetem
Denken Gebrauchmacht. Bei Geisteswissenschaftlern ist es
üblich,
sich an dieser Stelle derErörterung
auf denhermeneutischen
Zirkel,
d. h, auf dienotwendige Zirkelhaftigkeit
unseres Verstehens zurückzuziehen.Die Suche nach einem methodischen
Anfang
unseres Denkens wird als eine rationalistische Illusiondargestellt,
in der nur die - so betrachtet - naiven Positivisten mit ihremFortschrittglauben
wohlnoch
befangen
sein.Merkwürdigerweise
ist dies letztere gar nicht der Fall. Derlogische
Positivismus hat sich seit den30 erJahren,
vor allem durch Tarski - aber auchCarnap
undQuine
haben dieseWendung mitgemacht -
eineAuffassung
unseres Denkens undSprechens
zueigen gemacht,
die ebenfalls auf eine unausweichlicheZirkelhaftigkeit
hinausläuft.Für fie
logistische Philosophie
stellt sich das Problem in der Form, dass nach einerBegründung
der
Wissenschaftssprache gefragt
wurde.Speziell
dieRegeln
derLogik
werden dabei alssyntaktische
Regeln
dieserSprache aufgefasst.
Die Antwort wird an deutlichsten in einem Bildegegeben,
nachdem die
Sprache
mit ihrensyntaktischen hegeln
ein Schiffsei,
auf dem wir uns befinden - unter derBedingung,
dass wir nie einen Hafen anlaufen können. AlleReparaturen
oder Umbauten des Schiffes sind auf hoher See auszuführen.Natürlich trifft dieses Bild manches
richtig,
aber es wird von derlogistischen Philosophie explizit
dazugebraucht,
die Suche nach einem methodischenAnfang
des Denkens zu unterbinden.Zu einer
Wissenschaftssprache,
die - um auch wirklich wissenschaftlich zu sein - als ein Kalkul darstellbar seinmüsse, gehöre
zwar eineSemantik,
d. h, eineInterpretation
derKalkülsymbole,
..aber für diese Semantik müsse immer schon eine
Spräche, genannt
dieMetasprache,
zurVerfügung
stehen. Praktisch
fungiert
alsMetasprache
dann eine der natürlichenSprachen -
aus diesem Boot könne eben niemandaussteigen.
Hier
zeigt
sich eine Koinzidenz zwischen Hermeneutik undLogistik.
Beide Schulen verzichtendarauf,
unser Denken methodisch aufzubauen. Aus dieser Koinzidenz zuschliessen,
dass der Verzicht daher wohl auchnotwendig sei,
hiesse aus einem blossen Faktum zu schliessen. Es erscheint mir hier vielmehrerforderlich, angesichts
dieser Koinzidenzdoppelt vorsichtig
zu sein.Der vorhin zitierte
Diltheysche Satz,
dass die Erkenntnis nicht hinter das Lebenzurückgehen könne,
darfjedenfalls -
das möchte ich als erstes bemerken - nicht als Beweis für dieNotwendig-
keit des Verzichts auf einen methodischen
Anfang
unseres Denkens(oder Erkennens)
inAnspruch
genommen werden. Es wird
ja
nurgesagt,
dass dieserAnfang
nicht hinter dem Lebengesucht
werdendürfe.
Man wird
jedoch einwenden,
dass dasLeben,
also diepraktische Lebenssituation,
in der wiruns immer schon
befinden,
ehe wirbeginnen,
Wissenschaft zu treiben oder zuphilosophieren,
aucheinschliesst,
dass wir schon eine natürlicheSprache
mit all ihrerSyntax
benutzen. Das istzuzugeben,
aber es bedeutet
nicht,
dass wir gezwungen wären, diese natürlicheSprache
mit ihrenRegeln
anden
Anfang
eines’eplanten
methodischen Aufbaus zu setzen.Betrachten wir die natürliche
Sprache
als ein auf See befindlichesSchiff,
so können wir unsereSituation vielmehr
folgendermassen
darstellen : -.Wenn es kein erreichbares Festland
gibt,
muss das Schiff schon auf hoher Seegebaut
sein ;nicht von uns, aber von unseren Vorfahren. Diese konnten also schwimmen und haben sich -
irgendwie
aus etwa herumtreibendem Holz - wohl zunächst ein Floss
gezimmert,
dieses dann immer weiterverbessert,
bis es heute ein so komfortables Schiffgeworden ist,
dass wir gar nicht mehr den Muthaben,
ins Wasser zuspringen
und noch einmal von vornanzufangen.
Für das Problem der Methode unseres Denkens müssen wir uns aber in einen Zustand ohne
Schiff,
d. h, ohneSprache versetzen,
und müssenversuchen,
dieHandlungen nachzuvollziehen,
mit denen wir - mitten im Meer des Lebens schwimmend - uns ein Floss oder gar ein Schiff erbauen können.Da dieser Versuch weder in die hermeneutische noch in die
logistische Philosophie hineinpasst ,
kann ich mich im
Folgenden
auf keine Autorität mehrstützen,
leider auch nicht auf Pascal. Es bleibt mir gar nichts anderes mehrübrig,
als den Aufbau selbst hier undjetzt
vorzuführen. Da dieses ein mathematischesKolloquium ist,
möchte ich hier denWeg
zurLogik
und Arithmetik skizzieren . Da ich keinerlei Kenntnis derlogischen
Partikeln oder der Zahlen voraussetzenwill,
muss ich dazuetwas weiter als üblich ausholen. Wir müssen
zu
den allererstenMöglichkeiten
des. Denkens undSprechens zurückgehen.
Eine letzte
Vorbemerkung
wird aber nochnötig
sein. Es könnte nämlichjemand vermuten,
ich wollejetzt gleich aufhören,
deutsch zusprechen,
weil ich für den methodischen Aufbauja
keineMetasprache
voraussetzen wolle. So ist es nichtgemeint.
Aber ich werde die deutscheSprache
imFolgenden
nur dazuverwenden,
zubeschreiben,
was man zu tunhätte,
wenn man eineSprache
methodisch konstruieren wollte. Diese
Beschreibung
liesse sich ersetzen durch einenpraktischen Unterricht,
wie ihn etwa Kinderbekommen,
die noch nichtsprechen
können.Umgekehrt
kann hierdas,
was ich sage, einenpraktischen
Unterricht ersetzen.Wenn ich dazu
gelegentlich
an Allbekanntes über natürlicheSprachen erinnere,
dient das nurdazu, Sie,
dieja
solcheSprachen
schonkennen,
schneller ins Bild zu setzen.Ausgehen
möchte ich von derFeststellung,
dass alle natürlichenSprachen,
etwaChinesisch, Hopi,
Ewe oder wovon immer dieLinguisten
unsberichten,
dieMöglichkeit bieten,
Sätzesyntaktisch
zusammensusetzen. Ich nehme diese
Feststellung
nur zumAnlass,
als erstes nach Sätzen zufragen ,
die nicht
syntaktisch zusammengesetzt
sind. DieseFragestellung
ist -streng
genommen - nursinnvoll,
wenn sie auf eine bestimmte
Sprache bezogen ist,
aber injeder Sprache gibt
es einAquivalent
fürdie im Deutschen
syntaktisch
einfachsten Sätze der Form"dies
istso"
bzw."dies
ist nichtso" .
Sätze dieser Formmögen Grundaussagen
heissen. Schon solcheGrundaussagen
sind ausSubjekt
undPrädikat
zusammengesetzt.
Methodischgehen
ihnen daher noch voranEinwortsätze,
in denen dasSubjekt
durch dieSituation,
eine hinweisendeGeste,
oder ähnliches ersetztist,
so dass also nurdas Prädikat
auszusprechen
ist. EineNeueinführung
von Pradikaten istjederzeit möglich
durchhinreichend viele
Beispiele
undGegenbeispiele.
Ich möchte das dieexemplatische Einfuhrung
vonPrädikaten nennen. Welche
Dinge "Stuhl" genannt werden,
welchenicht,
wann etwas"sauber" genannt wird,
wannnicht,
das haben wir alle durchexemplarische Einführung gelernt.
Ich rekurriere nicht auf einekinderpsychologische
Tatsache(-weder
auf eine wissenschaftlicheFeststellung
derOntogenese
noch gar derPhylogenese
desSprechens
kommt es hieran -)
nur dass wir selbst dieMöglichkeit haben,
Prädikateexemplarisch einzuführen,
möchte ich inErinnerung bringen.
Dass der Gebrauch von Prädikaten auf Grund blosser
exemplarischer Einführung
noch sehrunbestimmt
ist,
ist selbstverständlich. Trotzdem ist dies einmöglicher Anfang
desSprechens.
Wird ein Prädikat
gebraucht,
so ist immer schon ein Einzelnesintendiert,
dem dieses Prädikatzu - oder
abgesprochen
wird. Dieses Einzelne braccht deshalb noch keinenEigennamen
zu haben.Ein Kind lernt z. B, normalerweise erst das Prädikat
"Puppe",
ehe es seinenPuppen Eigennamen gibt.
Haben wir
Eigennamen
und Prädikate zurVerfügung,
so können wirGrundaussagen
zusammen-setzen.
Subjekte
sind dieEigennamen
für Einzelnes und das Prädikat wird dem Einzelnen durch dieKopula -
im Deutschen sind das die Wörter"ist"
bzw."ist nicht" -
zu-bzw.abgesprochen.
Nur
Aussagen
überEinzelnes,
die zudem nur ein Prädikathaben,
sollenGrundaussagen
heissen.Es werde
allerdings zugelassen,
dass mehrereSubjekte
vorkommen wie z.B. in dem Satz"Max
und Moritz sindverwandt".
Die Formen der
Grundaussagen
sind alsofolgende :
Jede natürliche
Sprache
enthältMöglichkeiten,
auf diese Weise Einzelnes zuprädizieren.
Ob das - wie im Deutschen - mit einerKopula geschieht
oderohne, spielt
für das methodische Denken keine Rolle. Mitjedem
Prädikat derSprache
wird eineUnterscheidung getroffen :
DasEinzelne,
dem das Prädikatzugesprochen wird,
wird unterschieden von demEinzelnen,
dem das Prädikatabgesprochen
wird.
Die
exemplatisch eingeführten
Prädikate liefern einSystem
vonUnterscheidungen,
dasjetzt
als eine Basis für das Weitere dienen kann. Für diese Basen möchte ich den Terminus
"Distik- tionsbasen"
verwenden.Es entsteht so die
Aufgabe,
zuuntersuchen,
wie man von einer Distinktionsbasis aus, also mitGrundaussagen
alseinzigem sprachlichen Mittel,
das Denken ausbauen kann. Die natürlicheSprache
hält dafür eine reicheSyntax,
z. B, dielogischen Partikeln, Präfixe,
Infixe und Suffixe zurWortbildung
u, ä, bereit.Wollen wir methodisch
vorgehen,
so müssen wir uns auch solche Hilfsmittel erst selbst erwerben. Wir müssen eine rationaleSyntax
konstruieren. DieBerufung
auf eine natürlicheSyntax
soll dabei
ausgeschlossen
sein. Dadurch unterscheidet sich unser Vorhaben von der Semantik derLogistik,
da diese letztlich auf dieSyntax
der natürlichenSprachen zurückgreift.
Als ein erster
Schritt,
der über dieGrundaussagen hinausführt,
ist eineEinengung
derUnbestimmtheit
möglich,
die den Prädikaten der Distinktionsbasis auf Grund ihrer blossexemplari-
schen
Einführung
anhaftet.Für diesen
Schritt,
der uns zuBegriffen
führenwird,
muss ich - der hiervorgeschlagenen
Methode
getreu -
zunächstBeispiele geben.
Nehmen wir also an,gewise Prädikate,
die im Deutschen etwa durchLebewesen, Mensch, Tier, Pflanze,
Rabewiederzugeben wären,
seien bisher nurexemplarisch eingeführt.
Der Gebrauch dieser Prädikate kann nun durchRegeln
näher bestimmt werden. Sie werden ohne weiteresverstehen,
welcheRegeln
gemeint sind,
wenn ich diefolgende Figur
anzeichne.Explizit
lassen sich dieRegeln
für die Prädikate :Lebewesen,
Tier und Pflanze so anschreiben :Solche
Regeln
sind keineallgemeinen Sätze,
deren Verständnis hier noch unerklärlich bleiben müsste . Es sind vielmehrpraktische Anweisungen,
dievorschreiben,
vongewissen
Sätzen zu anderenüberzugehen.
Das Zeichen- (Pfeil)
wirdexemplarisch eingeführt
zurMitteilung
solcherUbergänge .
Das Handeln nach diesen
Regeln
kannpraktisch eingeübt
werden. DieRegeln
sind keine Befehle oderErlaubnisse,
genau sowenig,
wie es dieRegeln
einesSpieles
sind. DieseRegeln
sind vielmehrBestandteile der zu erlernenden
Sprache,
desSprachspiels,
wieWittgenstein sagt.
Man kann den Gebrauch der
obigen
Prädikate auch andersregeln,
z. B, so, wie es diefolgende Figur
andeutet :Hier nach dem
"wahren" Regelsystem
zusuchen,
ehe man solcheRegeln anwendet,
istvergeblich :
man muss mit
irgendwelchen Regeln anfangen,
erst diespätere
Reflexion kann zuVerbesserungsvor- schlägen
führen. Platonvergleicht
die Situation treffend mit der Kochkunst : man musslernen,
dasWild in den Gelenken zu zerteilen.
Ehe man sich um solche
Regelsysteme streitet,
muss man erst einmal zur Kenntnisnehmen,
dass es sich
überhaupt
umRegeln
handelt.Um solche
Regeln
wie etwa im einfachsten Falle :x E Mensch ~ x E:1 Tier
zu
verstehen, genügt
es, diegemeinte Handlung,
nämlich dieBildung
z. B. derAussagen "Hans
e’Tier"
nach derAussage "Hans
EMensch"
anBeispielen
wie diesemeingeübt
zu haben. DieRegeln
sindbedingte Handlungsanweisungen,
genauso wie etwa diefolgende : "Wenn
Sie Herrn X.sehen,
danngrüssen
Sie ihn bitte vonmir".
Das hier auftretende"wenn - dann",
das demobigen Symbol
~entspricht,
ist keinelogische Partikel,
Ichgreife
hier nicht auf die in der natürlichenSprache
enthalteneLogik zurück,
sondern nur auf unserepraktische Fähigkeit
zum Handeln unterBedingungen.
Ich nenne dieses"wenn - dann"
also dieses-,
daher kurz daspraktische
Wenn -Dann. Es
gehört
zu einerprakttschen Sprache,
die vor aller Theorie zu lernen ist.Durch
Regeln
wird der Gebrauch vonexemplarisch eingeführten
Prädikaten näher bestimmt.Die
Regeln
betreffen immer mehrerePrädikate,
die sich auf diese Weisegegenseitig
näher bestimmen:sie bilden dann ein
System
von Prädikaten. Es bleibt aberjederzeit
dieMöglichkeit,
auf Grund neuerExempel
dasgebrauchte Regelsystem
abzuändern.Auf welche Weise nun aber auch immer Prädikate durch die Wahl von
Regeln
zu einemSystem
verbundenwerden,
immer bekommtjedes
Prädikat dadurch ausser seinerexemplarischen Einführung
zusätzlich einen Stellenwert im
System.
Was diesbedeutet,
muss ich methodisch sagen. Ineinem System
ist es auf Grund derRegeln möglich,
sogen.Ableitungen
durchzuführen. Z. B, ist im obenangedeuteten System
aus derAussage "dies
ist einRabe"
dieAussage "dies
ist einLebewesen"
ableitbar :
1 %
s 9 Rabe2/
s e Tier3/
s E LebewesenIst in einem
System
aus s s P dieAussage
s eQ ableitbar,
so heisse kurzQ
aus P ableitbar . Dieshängt
nur von denRegeln
desSystems ab,
nicht von derexemplarischen Einführung
der Prädikate. Von demexemplarischen
Gebrauch wirdjetzt
abstrahiert. Inkomplizierteren Systemen
kann es
vorkommen,
dassQ
sich als ableitbar aus Pergibt
und auchumgekehrt
P als ableitbaraus
Q.
P undQ
heissen dann imSystem gleichwertig,
Wir sagen dannauch,
dass die Prädikate P undQ "denselben Begriff darstellen".
Dadurch wird die Rede vonBegriffen
methodischeingeführt.
Man nennt das eine Abstraktion.
Häufig
werden dieBegriffe
alsBedeutungen
der Prädikateeingeführt ,
wobei man die
Bedeutung
inAnalogie
zurBedeutung
vonEigennamen
auffasst. EinEigenname
bezeichnet oder bedeutet einen
Gegenstand,
hierinliegt
nichtsProblematisches,
weil dasgerade
dieFunktion der
Eigennamen
ist. Ob aber auch die Prädikate eineBedeutung haben,
wird in derGegenwart
noch viel
diskutiert ;
man hat sogar den alten Universalienstreit zwischen Realismus und Nominalismus dazu wiederausgegraben.
In der hiervorgetragenen
methodischenOrdnung
ist die Rede vonBegriffen
kein Problem. Wir haben bisher
gesagt,
was es heissensoll,
dass zwei Prädikate denselbenBegriff
darstellen. Wir haben uns nun zuüberlegen,
wie wir von denBegriffen
selber sinnvoll reden können . Dazu müssen wirfestlegen,
wie wir zu Prädikaten überBegriffen gelangen.
Das
geschieht dadurch,
dass wir zunächst Prädikate überPrädikate,
alsoPrädikatenprädikate ,
..einführen. Die
Einteilung
der Prädikate in kurze undlange
z. B,erfolgt exemplarisch.
Wir setzendas
Prädikat,
über dasgesprochen
werdensoll,
wieüblich,
inAnführungsstriche
und erhalten so etwa:’lang’
s kurz’Prädikatenprädikat’
Elang
’kurz’ e’
lang
Wir betrachten nun
Prädikatenpradikäte,
diedann,
wenn sie für ein Pradikat Pgelten,
auch furjedes gleichwertige
PrädikatQ gelten.
SolchePrädikatenprädikate mögen "invariant"
heissen. EinBeispiel
eines invarianten
Prädikatenprädikats
ist daszweistellige "ist
ableitbaraus".
Von
Begriffen
zusprechen,
heisst nun, von allem zuabstrahieren,
wodurch sichgleichwertige
Prädikate
unterscheiden,
und das heisstalso,
sich auf invariantePrädikatenprädikate zu beschränken,
Ist R ein invariantesPrädikatenprädikat,
so schreiben wir statt ’P’ e Rjetzt
R und lesen dieses :Der
Begriff
P ist R.Das Wort
"Begriff"
deutet hier an, dass von P ein invariantesPrädikatenprädikat ausgesagt
wird.In dieser
Beschränkung
auf invarianteAussagen liegt
das Wesen der Abstraktion.Durch die Abstraktion wird das
System
von Prädikaten zu einemBegriffssystem.
Die konsti-tuierenden
Regeln
desBegriffssystems mögen
daher"Begriffsbestimmungen"
heissen.Der Unterschied dieser
Begriffslehre
zurplatonisch-aristotelischen Auffassung
bestehthaupt-
sächlich in zweierlei. Erstens handelt es sich bei den
Begriffen
nicht um eine Lehre vomSeienden,
um eine
Ontologie,
sondern dieBegriffe
werden als etwas zu unserem HandelnZugehöriges einge-
führt : Sie werden nichtontologisch,
sondernoperativ interpretiert.
Zweitens ist die hiervorgetragene Begriffslehre
nicht wie bei Aristoteles mit derLogik
verschmolzen : DieLogik
als Lehre von denlogischen
Partikeln ist vielmehr ein neuerSchritt,
derjetzt
erst noch zu vollziehen ist.Wie können
logische
Partikeln methodisch in die bisheraufgebaute Sprache eingeführt
werden ?Ausgangspunkt
ist wieder einRückgriff
auf diepraktische Situation,
in der wirsprechen.
Wir denkenuns zwei
Personen,
die beide dasselbeBegriffssystem, etwa
dasobige,
verwenden und die einenDialog
miteinander führen. Was bedeutet es, wenn der eine z. B,behauptet : "Alle
Raben sindLebewesen" ?
Eine solcheBehauptung
istjedenfalls
ganz etwas Anderes als eine zumBegriffssystem gehörige Regel.
In der natürlichen
Sprache
lässt sich der Unterschiedallerdings
nur schwerausdrücken, solange
man sich eben nicht bewusstgeworden ist,
was dielogischen
Partikeln der natürlichenSprache
sind. In der aristotelischenLogik
wird unsereBehauptung : "alle
Raben sindLebewesen"
als eine
logische Beziehung
zwischen denBegriffen
Rabe und Lebewesenaufgefasst.
Somerkwürdig
es
klingt,
ist es erst in der modernenLogik -
und hier vor allem Dank derUntersuchungen
vonFrege
in seiner"Begriffsschrift"
von 1879 - deutlichgeworden,
dass eine solcheBehauptung
mitHilfe von
logischen
Partikeln ausGrundaussagen
zusammenzusetzenist,
und zwar auf eineWeise ,
die man im Deutschen etwa so formulieren kann :Für alle x : Wenn x e
Rabe,
dann x E LebewesenA" .
x E Rabe --~ x E Lebewesen.Die
Zusammensetzung geschieht
hier mit zweilogischen Partikeln,
dem Junktor"wenn - dann"
und demQuantifikator (oder Quantor) "für alle".
Der Sinn dieser Partikeln muss aber nochfestgelegt
werden und dazu müssen wir eben die
Verwendung
solcherzusammengesetzten Behauptungen
inDialogen festlegen.
EineAussage
zubehaupten,
heisst sichanheischig
zumachen,
sie gegen denDialogpartner,
.. denOpponenten,
zuverteidigen.
Damit solchesBehaupten
undVerteidigen überhaupt möglich ist,
müssen wirfestlegen,
wie dielogischen
Partikeln dafür zu verwenden sind.Der Gebrauch des Wortes
"alle"
im Deutschenlegt nahe,
für denAllquantor A
diefolgende Verwendung festzulegen :
DerOpponent
darf ein xwählen,
etwa"Hans",
und dann ist vom erstenDialogpartner,
.. demProponenten
derAussage,
die neueAussage.
Hans e Rabe ~ Hans e Lebewesen
zu
verteidigen.
Hierfür mussjetzt
dieVerwendung
deslogischen
Junktors --jfestgelegt
werden .Dies
geschieht
mit Hilfe despraktischen
Wenn - Dannfolgendermassen :
-.Wenn der
Opponent
dieWenn-Aussage "Hans
eRabe" behauptet -
und dieseBehauptung
ver-teidigen kann -,
dann hat derProponent
dieDann-Aussage "Hans
eLebewesen"
zubehaupten.
Dadurch,
dass wir es einmal mit demlogischen
Wenn - Dann und das andere Mal mit dempraktischen
Wenn - Dann zu tunhaben,
wird hier ein Zirkel oder ein unendlicherRegress
vonMetasprache
zuMetasprache
vermieden.Bei der
Behauptung
vonprimitiven Aussagen,
wie den hier vorkommenden"Hans E Rabe" ,
"Hans e Lebewesen"
dürfen wirannehmen,
dass dieDialogpartner
sich darübereinigen
werdenob die
Behauptung
zu Rechtgemacht
ist odernicht,
ob sie wahr ist odernicht,
wie mansagt.
In unserem Falle wird sogar der
Proponent
denDialog gewinnen,
also Rechtbehalten,
ganzunabhängig davon,
wer dieser Hansist,
d. h,unabhängig davon,
welcheBehauptungen
über Hans zuRecht bestehen.
Denn,
wenn derOpponent behauptet hat, "Hans e Rabe"
dann kann derProponent
seine
Behauptung "Hans Lebewesen"
durch eine blosseBerufung
auf dieBegriffsbestimmungen verteidigen.
Nach diesenBegriffsbestimmungen
istja
dieAussage "Hans
eLebewesen"
aus derAussage "Hans
ERabe"
ableitbar. DieseAbleitung ist,
so wollen wir sagen,ein
Beweis derBehauptung.
Der Beweis benutzt nur dieBegriffsbestimmungen, dagegen
keinerlei Kenntnisse voneinzelnen
Gegenständen
wie Hans.Manche
Aussagen
können sogar soverteidigt werden,
dass man noch nicht einmal aufBegriffsbe-
stimmungen zurückgreifen
muss. Ein trivialesBeispiel
ist"alle Raben
sindRaben", allgemeiner
jede Aussage
der Form :Der
Dialog spielt
sich so ab :Eine
Aussage,
die auf Grund ihrer Form alleinverteidigt
werdenkann,
heisst einelogisch-wahre Aussage.
Unter der Form einerAussage
wird dabei die Art und Weise ihrerZusammensetzung
mitden
logischen
Partikeln verstanden. Ich möchte noch ein weiteresBeispiel geben,
in demgleichzeitig
weitere
logische
Junktoren vorkommen. JedeAussage
der Form a vb ^-
a -4- b istlogisch-
wahr. Dieselogische
Wahrheitergibt
sich nichtdaraus,
dassAussagen
dieser Fromjedem,
derDeutsch
versteht,
so selbstverständlichklingen,
sondernergibt
sichdaraus,
dass dieseAussagen
im
Dialog
in der Tat stets zugewinnen
sind. DerDialog
verläuft so.:Aussagen
der Form a v ja lassen sich nicht auf Grund ihrer Form alleingewinnen :
Natürlich
hängt
diesesErgebnis daran,
dass dieVerwendung
von v sofestgelegt wurde,
dass man imDialog
effektiv eineEntscheidung,
hier zwischen a und -i a zu treffen hat. Wer das tertium nondatur für eine
logische
Wahrheithält,
muss dem v einen anderen Sinngeben,
aber auch dieser mussin einer
dialogischen Verwendung
bestehen - - oderjeder Dialog
wird sinnlos werden.Die
logische
Wahrheitbeliebiger Aussagen
ist bekanntlich nicht rekursiv entscheidbar. Aber die Klasse derlogischwahren Aussageformen
ist aufzählbar. Dasergibt
sich leicht aus der Definition.Eine
Aussageform
heisstlogisch-wahr,
wenn es imDialogspiel
eineGewinnstrategie
für siegibt.
Man kann die
Gewinnstrategien
ingeeigneter
Notation aufschreiben. Liest man dieStrategien
dann inumgekehrter Reihenfolge,
von denEndpositionen
desDialogs angefangen,
so erhält man einenLogikkalkül -
und zwar im wesentlichen den von Gentzenaufgestellten
intuitionistischenSequenzenkalkül
ohne die
Schnittregel.
Der Stand eines
Dialogs
lässt sichjederzeit
dadurchfixieren,
dass man alle vomOpponenten behaupteten
Formelnaufschreibt,
etwa in ihrer zeitlichenReihenfolge,
und dazu die letzte zubehauptende
Formel desProponenten.
Man erhält so dieSequenzen :
Für das
obige Beispiel
desDialogs
um a vb 1
T aF b
sehen dieSequenzen folgendermassen
aus :In beiden
Teildialogen
haben wirEndpositionen
derfolgenden
Form erreicht :Aus diesen
"Grundsequenzen" ergeben
sich die darüberstehendenSequenzen
schrittweise nachgewissen Regeln.
DieBegründung
dieserRegeln liegt
in derdialogischen Verwendung
derlogischen
Partikeln.Für den
Dialogstand :
ist z. B,
festgelegt,
dass derOpponent
nach beiden Gliedern derKonjunktion fragen
darf. Der Pro-ponent
muss also : -.gewinnen können,
um F11
A A Bgewinnen
zukönnen,
d, h, wir erhalten dieRegel :
Für den
Dialogstand F(A AB) 11
C kann derProponent
nach beiden Gliedernfragen.
ZumGewinn
genügt
es also fürihn,
eine der beiden Positionen :zu
gewinnen.
Dasergibt
diefolgenden Regeln
Entsprechend
erhält man dreiRegeln
für dieAdjunktion
v undje
zweiRegeln -
immer eineRegel
für den
Proponenten
und eine für denOpponenten -
für die weiterenlogischen
PartikelnFür die
Quantoren ergeben
sich diefolgenden Regeln :
y nicht frei in der Konklusion
y nicht frei in der Konklusion.
Man kann
gewiss versuchen,
andere Partikeln mit andererdialogischer Verwendung
zubenutzen,
aber diese sechs Partikeln A, v, ~, --1,A , V
mit der hierangegebenen dialogischen Verwendung,
die man eine
synthetische
Definition dieser Partikeln nennenkönnte,
sindjedenfalls wichtig
undbrauchbar. Mir scheint die Situation
vergleichbar
mit derVerwendung
der Addition undMultiplikation
als elementarer
Rechenoperationen.
Auch hiergibt
esandere,
z. B, dasQuadrieren
oder die Fakultät - - aber Addition undMultiplikation
sindjedenfalls
brauchbar undwichtig.
Mehr lässt sichdarüber,
ohne auf dieAnwendungen einzugehen,
nicht sagen.Aus der
Festlegung
derdialogischen Verwendung
derlogischen
Partikeln entsteht - wie wirgesehen
haben - einSequenzenkalkül,
der per definitionem allelogisch-gültigen Sequenzen
aufzählt.Dieser Kalkül enthält nicht die
Schnittregel :
also auch nicht den
Spezialfall
des modus ponensobwohl man diesem immer eine solche Natürlichkeit zuschreibt. Um die Rolle dieser
Regel
zuverstehen,
möchte ich noch auf dieAnwendung
derLogik
in mathematischen Theorieneingehen.
Das
wichtigste Beispiel
liefert die Arithmetik.Wie kommt man methodisch zu den Zahlen ? Man kann leicht einzelne Zahlwörter
exemplarisch
einführen und anschliessend also auch das Prädikat
"Zahlwort"
Man kann auchBegriffsbestimmungen hinzufügen,
die dann die Rolle einer sich zu bewährendenHypothese spielen. Speziell
zu derUnendlichlichkeit der Zahlen kann man so immer nur
hypothetisch gelangen.
Das ändert sich erst, wenn wir Zahlzeichen durch Konstruktion erzeugen, in der einfachsten Form nach den
Regeln :
-.Es ist zwar nicht
möglich,
nach diesenRegeln beliebig
vieleZeichen,
etwa10100 praktisch herzustehen ,
..aber nur deshalb
nicht,
weil unser Leben zu kurzist,
der Kreidevorrat zuklein,
oder ähnliches - - nach denRegeln
allein sindbeliebig
viele Zeichen theoretischmöglich,
wie mansagt.
Den Sinn des Terminus"theoretisch möglich"
muss man, falls man ihn noch nichtkennt, gerade
an solchenBeispie-
len wie diesem lernen.
Die Konstruktionsvorschrift :
liefert,
wie ich in freiem Anschluss an Kant sagenmöchte,
einesynthetische
Definition desZahlbegriffs.
Hinzukommt
allerdings
noch eineAbstraktion,
die von den Zahlzeichen zu den Zahlen selbstführt ,
aber das möchte ich hierübergehen,
weil die Abstraktion genau wie bei denBegriffen
durchzuführen ist. Durchsynthetische
Definitionen werden auch dieRechenoperationen eingeführt.
Es wirddefiniert ,
wie man z. B. Additionen undMultiplikationen
auszuführenhat,
nämlich so :Die Sätze der Arithmetik werden anschliessend definiert als die
logischen Folgerungen
aus diesenDefinitionen,
d, h, als solcheAussagen,
die sich auf Grund dieserRegeln -
und auf Grund derfestgelegten dialogischen Verwendung
derlogischen
Partikeln - imDialog
gegenjedermann verteidigen
lassen. Diese
Aussagen mögen
arithmetisch-wahrheissen,
und zwar im Unterschied zu derspäter
zu betrachtenden klassischen Arithmetik genauer
"konstruktiv"
arithmetiseh-wahr.Die Sätze der konstruktiven Arithmetik sind noch nicht einmal mehr aufzählbar. Die konstruktive arithmetische Wahrheit ist zwar wieder durch die Existenz einer
Gewinnstrategie definiert,
aber wegen des Auftretens desAllquantors :
bei dem der
Opponent
nachjedem beliebigen
n(von
unendlichvielen) fragen kann,
tritt für die Gewinnbarkeit einer Formel diefolgende
unendlicheInduktionsregel
auf :d. h, eine Formel
A(x)
mit einer freien Variablen x ist arithmetisch-wahr, wennA(n)
fürjedes
narithmetisch-wahr ist. Man erhält keinen Vollformalismus zur
Ableitung
der arithmetisch wahrenAussagen,
sondern nur einen Halbformalismus.Für
Sequenzen
sieht der Halbformalismus der konstruktiven Arithmatikfolgendermassen
aus :Grundsequenzen
sind : ’wobei p und q
Primaussagen sind,
für die p falsch oder q wahr ist.Logische Regeln,
wie bisher im intuitionistischenSequenzenkalkül
ohne dieSchnittregel.
Dazu kommt die unendliche Induktion : -.
für
beliebige Sequenzen.
Eine
Aussage A,
fürdie ~~
A nach diesenRegeln
ableitbarist,
ist imDialog gewinnbar -
undumgekehrt.
Man muss
allerdings fragen,
was dieBehauptung
einer Ableitbarkeit in einem Halbformalismus bedeutet. Man kann dieAbleitungen
imallgemeinen ja
nicht voll aufschreiben.Nun,
dieBehauptung
einer Ableitbarkeit hat wieder einen
dialogischen
Sinn. Wer sie Ableitbarkeit einerSequenz behauptet ,
..muss - auf
Verlangen
desOpponenten -
eineRegel angeben,
nach der die ableitbar ist. DerOpponent
darf dann eine der Prämissen dieser
Regel
wählen(das
können unendlich vielesein),
derProponent
hat diese Prämisse zu
verteidigen,
usw. bis er schliesslich bei einerGrundsequenz anlangt.
Die
Formalisierung,
die man auf diese Weise für die konstruktive Arithmetikerhält,
unter-scheidet sich wesentlich von den
Formalisierungen
der intuitionistischenArithmetik,
wie sie auf Grund der Arbeiten vonHeyting
üblichgeworden
sind.Dort
geht
man zunächst von den Peano-Axiomen aus. Das sind konstruktiv arithmetisch-wahre Formeln. Ich will das hier nur amBeispiel
des Induktionsschemaszeigen.
DieGewinnstrategie
sieht
folgendermassen
aus :Auch für die
übrigen
Axiome sind dieGewinnstrategien
leichtanzugeben.
Anschliessend werden als Sätze der formalisierten intuitionistischen, Arithmetik dielogischen Implikate
der Axiomedefiniert,
d, h,diejenigen Aussagen B,
für die eineSequenz :
logisch-gültig ist,
wenn darinA1 , , . , , A"
arithmetische Axiome sind. BeimVergleich
mit derkonstruktiven Arithmetik stehen wir also vor der
folgenden Frage :
Ist die
Regel :
für den Halbformalismus der konstruktiven Arithmetik zul(2ssie ? Da
jede Sequenz,
dielogisch- gültig
est, aucharithmetisch-gültig ist,
wird dieseFrage
affirmativ beantwortet durch dieZulässigkeit
der
Schnittregel
für den konstruktiv arithmetischen Halbformalismus. Das ist eineErweiterung
desGentzenschen
Hauptsatzes,
der hierdurch in neuerBelechtung
erscheint.Er
rechtfertigt
erst dieAxiomatisierung
der Arithmetik.Wichtig
ist mirdaran,
dass dabei deutlichwird,
dass die Schnittelimination auch für den intuitionistischenSequenzenkalkül
bewiesenwerden muss. Es
genügt nicht,
sich für diesenLogikkalkül
auf Intuition zu berufen.Für den klassischen
Sequenzenkalkül (oder
für einengleichwertigen
klassischenLogikkalkül) liegen
die Probleme anders. Hiergibt
es mehrereMöglichkeiten.
Man kann z. B, die Wider-spruchsfreiheit
der intuitionistischen Arithmetikjetzt
dazubenutzen,
dieWiderspruchsfreiheit
der klassischen Arithmetik auf sie zurückzuführen.Man kann aber auch den klassischen
Sequenzenkalkül
ohneSchnittregel
dazubenutzen,
um allererst zudefinieren,
was man unter einer klassisch arithmetisch-wahren Formel verstehen wolle und dann dieWiderspruchsfreiheit
direkt durch den GentzenschenHauptsatz
für einen klassischen arithmetischen Halbformalismus beweisen.Auch in diesem Falle - und sogar
dann,
wenn man eineInterpretation
der klassischen arith- metischen Wahrheit etwa durchsemantische Bestimmungen
oder durch eineabgeänderte dialogische . Verwendung
derlogischen
Partikeln nochhinzufügt -
bleibt für die klassischeLogik
die zusätzlicheAufgabe,
das Verhältnis zur intuitionistischenLogik,
dieja jedenfalls interpretierbar ist,
genau zu bestimmen.Ein Resultat in dieser
Richtung
ist der bekannteSatz,
dassjede
klassisch arithmetisch-wahreFormel,
die weder v,V
noch -enthält,
auch konstruktiv arithmetisch wahr ist.Ich habe
damit,
wie ichhoffe,
einenWeg aufgezeigt,
auf dem man schrittweise bis zu den arithmetischen Formalismen und denLogikkalkülen kommt,
ohne - wie es die axiomatische Methode macht -gewisse Setzungen
unverstanden an denAnfang
zu stellen. Dazu war esnotwendig,
derLogik
und Arithmetikallgemeinere Betrachtungen
über dasDenken, speziell
überPrädikate, Regeln
und
Begriffe, vorauszuschicken,
weil diesynthetischen
Definitionen derlogischen
Partikeln und der arithmetischenGrundbegriffe
zu ihrerFormulierung
schonBegriffe
einerpraktischen Sprache
benutzen.
In einer
praktischen Sprache
hat die Wissenschaft ihren absolutenAnfang - -
und diesist,
imUnterschied zur axiomatischen
Methode,
durchaus inEinklang
mit der wirklichen Situation desMenschen,
wie sie schon von Pascalgesehen
wurde :"Nous
voguons sur un milieuvaste, toujours
incertains et