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Der Arbeitsvertrag im Internationalen Privatrecht der Schweiz

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Der Arbeitsvertrag im Internationalen Privatrecht der Schweiz

AUBERT, Gabriel

AUBERT, Gabriel. Der Arbeitsvertrag im Internationalen Privatrecht der Schweiz.

Schweizerische juristische Kartothek , 1984, no. 843, p. 1-11

Available at:

http://archive-ouverte.unige.ch/unige:12613

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843

Internationales Privatrecht

DER ARBEITSVERTRAG lM INTER-

NATIONALEN PRIVATRECHT DER SCHWEIZ

D. K. 341.5

STAND 1. April 1984

I. EINLElTUNG

von Gabriel Aubert

SemmarJeiter an der Universitiit Genf Lehrbeauftragter an der Universitiit Freiburg

Die Vielfalt intemationaler Kontakte bringt es mit sich, dass in den Beziehun- gen zwischen Arbeitgebem und Arbeitnehmem immer hiiufiger ausliindische Elemente eine Rolle spielen, welche dazu beitragen, den Fragen der Gesetzeskon- kurrenz im Arbeitsrecht besondere Bedeutung zu verleihen '. Es scheint uns daher nützlich, den rechtlichen Grundlagen dieses Problemkreises in unserem Lande nachzugehen 2.

Die Rechtsnatur des Arbeitsrechtes ist gemischt. Es umfasst sowohl Bestim- mungen des ôffentlichen ais auch des privaten Rechts. Bei Gesetzeskonflikten müssen daher beide Rechtskreise in Betracht gezogen werden. Beide sind übrigens eng miteinander verbunden. Bekanntlich kann eine Vorschrilt des ôffentlichen Rechts, welche für den Arbeitgeber oder den Arbeiter Gegenstand eines Einzelar- beitsvertrages bildet, von jeder Partei vor dem Zivilrichter zur Vollstreckung eingeklagt werden 3.

1 Diese Frage steht auf der Tagesordnung des ersten europaischen Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Arbeitsrecht und soziale Sicherheit, der im September 1984 in Szeged (Ungam) statlgefunden hat. Die folgenden Ausführungen enthalten im wesentlichen den Bericht, den der Autor für diesen Kongress ausgearbeitet hat.

1 Zurn vergleichenden internationalen Arbeitsrecht konsultiere man folgende Werke: F. Morgen- stern, «International conflicts of labour law», Genf 1984; R Knapp, «La protection des travailleurs des sociétés membres du groupe », in Colloque international sur le droit international privé des groupes de sociétés, Genf 1973, S. 145; F. Gamillscheg, «Labour Contracts», in International Encyclopedia of Comparative Law, Band III, Kap. 28, Tübingen 1972; J. Szaszy, «Les conflits de lois en matière de droit de travail », einleitende Ausführungen, vorlaufiger und definitiver Bericht, in Annuaire de l'Institut de droit international, Tagung in Zagreb (1971), Band 54, l, S. 229, mit den Diskussionen, II, S. 289 und dem Text der Resolution, S. 461; l. Szaszy, «International Labour Law», Leyden 1968;

F. GamiJJscheg, «Les principes du droit du travail international », Revue critique de droit international privé, 1961, S. 265, 477; Internationales Arbeitsamt, «Les problèmes du travail et le droit international privé, Rapport général », in Actes du deuxième Congrès international de droit du travail, Genf 1961, S. 313; F. Gamillscheg, «Internationales Arbeitsrecht» (Arbeitsverweisungsrecht), Tübingen 1959;

M. Simon-Depitre, «Droit du travail et conflits de lois devant le deuxième Congrès international de droit du travail», Revue critique de droit international privé, 1958, S. 285.

'Vgl. Art. 342 Ab,. 2 OR.

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Offendichrechtliche Vorschriften, welche den Arbeitsvertrag berühren, sind ziemlich zahlreich. Wir zahlen sie im Folgenden auf, mit Ausnahme jener, die sich auf die Soziale Sicherheit beziehen'. lm Privatrecht ist die hauptsachlichste Rechtsquelle das Obligationenrecht. Das Bundesgesetz von 1891 betreffend die zivilrechtlichen VerhaItnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter' sagt nichts aus über das internationale Privatrecht im Bereich der Vertrage. Wir stützen uns daher auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes, die eine betrachtliche Rolle spielt. Wir berücksichtigen auch den Entwurf zu einem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht', welches versucht, die Gerichtspraxis zu kodifizieren.

Man kann in der Praxis zwei Anknüpfungsmethoden unterscheiden. Gewisse materiellrechtliche Vorschriften des schweizerischen Rechtes definieren ihren Anwendungsbereich zwingend (unten: Il). Fehlen solche Vorschriften, so greift man auf die Regeln zurück, welche im gegebenen Falle die anwendbare Rechts- ordnung (die auslandische oder inlandische) bestimmen (unten: III)'.

II. DIE MATERIELLEN RECHTSNORMEN, WELCHE IHREN EIGENEN GELTUNGSBEREICH BEGRENZEN

1. OOentlichrechtliche Vorschrilten

Betrachten wir vorerst die Vorschriften des ôffentlichen Rechts, d. h. für unser Vorhaben diejenigen, welche von Amtes wegen mittels Sanktionen des Straf- rechtes durchsetzbar sind.

a) Das Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz). Sein Geltungsbereich umfasst beinahe die gesamte Wirtschaft (mit Ausnahme insbesondere der ôffentlichen Verwaltungen, der Landwirtschaft und gewisser Transportuntemehmen). Es wird zwingend auf aile dauemd oder sogar zeitlich beschrankt in der Schweiz tatigen Arbeitnehmer angewendet. Es gilt auch

4 Die ôffentlichrechtliche Gesetzgebung im Arbeitsrecht betrifft vor allem die Dauer der Arbeit und die Ruhezeit, sowie den besondern Schutz der Jugendlichen und der Frauen. Gewisse Texte sind allerdings ausführlicher (z.B. au! dem Gebiete der Seeschiffahrt). Die entsprechenden Hinweise finden sich in den nachfolgenden Anmerkungen .

.5 Vgl. das Bundesgesetz vorn 25. Juni 1891 betr. die zivilrechtlichen Verhaltnisse der Niedergelas- senen und der Aufenthalter (SR 211.435.1).

6 Vgl. die Botschaft zu einem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (nachfolgend Botschaft IPR), vom 10. November 1982, BBI 1983 1 263 n. Die Arbeiten der Expertenkommission bildeten Gegenstand zweier Publikationen: Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR- Gesetz), Gesetzesentwurf der Expertenkommission und Begleitbericht, Zürich 1978; Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), Schlussbericht der Expertenkommission zum Ge- setzesentwurf, Zürich 1979.

7 Die Rechtsnatur der ihren Geltungsbereich zwingend umschreibenden Normen ist in der Rechtslehre umstritten. Vgl. P. Lalive, «Tendances et méthodes en droit international privé», Cours général, Recueil des cours de l'Académie de droit international, 1. 155, Bd. II (1977) S. 120; A. Bucher,

«Grundfragen der Anknüpfungsgerechtigkeit im internationalen Privatrecht», Basel 1975, S. 67;

1. Schwander, «'Lois d'application immédiate', Sonderanknüpfung, IPR Sachnonnen und andere Ausnahmen von der gewôhnlichen Anknüpfung im internationalen Privatrecht», Zürich 1975, S. 235;

A. Toubiana, «Le domaine de la loi du contrat en droit international privé (contrats internationaux et dirigisme étatique) », Paris 1972, S. 209; Ph. Francescakis, «Quelques précisions sur les 'lois d'application immédiate' et leurs rapports avec les règles de conflits de lois », Revue critique de droit international privé, 1966, S. 1.

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für Arbeitnehmer, die in der Schweiz für eine im Ausland gelegene Unternehmung tatig sind, soweit es die Umstande erlauben, d. h., wenn die Tatigkeit genügend wichtig ist, dass die Behiirde die Innehaltung der gesetzlichen Vorschriften verlangen muss und kann. Dies triff! sicher dann zu, wenn die im Ausland domizilierte Untemehmung in der Schweiz einen festen Betrieb besitzt, nicht aber, wenn sie hier bloss vorübergehende Arbeiten wahrend kurzer Zeit ausführt (Monteure)'.

Das Bundesgesetz über die Heimarbeit gilt für einen grossen Teil der in der Schweiz durch Heimarbeiter ausgeführten Arbeiten. Innerhalb seines Anwen- dungsgebietes sieht es keine Einschrankung vor für den FaU, dass der Arbeitgeber seinen Wohnsitz im Ausland hat: der Gesetzestext gilt, wo auch immer der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat'.

Schliesslich regelt das Bundesgesetz über die Berufsbildung die berufliche Ausbildung fur die im Gesetz einschriinkend aufgeziihlten Berufsgruppen, wenn für den erwiihnten Beruf ein Ausbildungsreglement erlassen worden ist. Sein Geltnngsbereich ist nicht weiter umschrieben. AUerdings kann es nur Lehrverhiilt- nisse in der Schweiz betreffen: es ist in der Tat nicht einzusehen, wie die Aufsichtsbehôrden im Ausland liegende Betriebe im Rahmen ihrer Überwachungs- befngnis kontrollieren kônnten ".

b) Ausser den oben erwiihnten Tiitigkeitsgebieten, welche im aUgemeinen an einen bestimmten Ort gebunden sind, müssen noch diejenigen berücksichtigt werden, deren wesentliches Merkmal gerade ihre Ungebundenheit darsteUt:

namlich die Transporte.

Das Bundesgesetz über die Arbeit in Unteruehmen des 6ffentlichen Verkehrs ziihlt die dem Gesetz unterliegenden Transportunternehmen einschriinkend auf. Es schliesst dabei auch diejenigen Betriebe ein, die ihren Sitz im Ausland haben, deren Angestellte jedoch ihre Tiitigkeit in der Schweiz entfalten. Dieses Gesetz gilt auch, wenn die Tiitigkeit einer in der Schweiz gelegenen Unternehmung im Ausland ausgeübt wird, unter Vorbehalt zwischenstaatlicher Vereinbarungen oder einer strengeren ausliindischen Gesetzgebung u. Die Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmiissigen Motorfahrzeugführer, dem die Berufschauffeure bestimmter Fahrzeugkategorien unterliegen (mit Ausnahme derjenigen, welche dem Bundesgesetz über die Arbeiten in Unternehmen des ôffentlichen Verkehrs

8 V gl. die Art. 1 Abs. 2 und 3, Art. 2 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel, yom 13. Marz 1964, SR 822.11; H. Zwahlen, in «Commentaire de la loi fédérale sur le travail», Bem 1971, S. 46.

9 Vgl. Art. 1 Abs.l bis 3 des Bundesgesetzes über die Heimarbeit, vom 20. Marz 1981, SR 822.31.

Das Heimarbeitsgesetz kennt nicht die gleichen Einschrankungen wie das Arbeitsgesetz. Diese waren hier eher am Platz gewesen, da ja per definitionem der Arbeitgeber yom Heimarbeiter raumlich weiter entfernt ist ais ein gewohnlicher Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer. Damit ist gesagt, dass der schweizerische Gesetzgeber den raumlichen Charakter des Schutzes der in unserem Lande ausgeführ- ten Arbeit betont hat.

lOVgl. die Art. 1 Abs. 2; 8 Abs. 3 und 24 des BG über die Berufsbildung vom 19. April 1978, SR 415.10.

11 Vgl. die Art. 1 Abs. 3 und 2 Abs. 1 des BG über die Arbeit in Unternehmen des ôffentlichen Verkehrs vom 8. Oktober 1971, SR 822.21.

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unterstellt sind), gilt für aile Bernfschauffeure, deren Fahrzeuge in der Schweiz immatrikuliert sind und verkehren. Ferner gilt diese Verordnung auch für Fahrzeugführer, deren Fahrzeug in der Schweiz immatrikuliert ist und die im Ausland verkehren, sofern die von der Schweiz ratifizierten internationalen Übereinkommen nicht strengere Vorschriften vorsehen. Führer, die im Ausland immatrikulierte Fahrzeuge in der Schweiz lenken, sind gehalten, gewisse abschlies- send aufgezâhlte Vorschriften der Verordnung inne zuhalten. Der Bnndesrat hat dabei diejenigen Vorschriften ausgeschlossen, die naturgemâss für aile Chauffeure von im Ausland immatrikulierten Fahrzeugen schwierig einzuhalten wiiren ",

lm Bereiche des Transportes auf dem Wasserwege regelt das Bundesgesetz über die Seeschiffabrt unter der Schweizerflagge die Arbeitsverhiiltnisse aller Seeleute, die an Bord von im schweizerischen Seeregister (unter der Schweizer- flagge) eingetr.genen Schiffen Dienst leisten. In Territori.lgewiissern weicht allerdings das Schweizer Recht demjenigen des Ufersta.tes, wenn dieser sein Recht aIs zwingend anwendbar erkliirt". Das internationale Abkommen über die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer gilt an Bord von Schiffen, die der gewerbs- miissigen Befôrderung von Gütern auf dem Rhein dienen (mit einigen Aus- nahmen)".

Schliesslich findet die Verordnung über die Betriebsregeln im gewerbsmiissigen Luftverkehr Anwendung auf Arbeiten, die an Bord eines von einem schweizeri- schen Flugbetriebsunternehmer eingesetzten Flugzeuges ausgeführt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Flugzeug im schweizerischen Luftfahrtregister eingetragen ist oder nicht. Vorbehalten bleiben ausliindische Vorschriften zwin- gender Natur lS.

c) Sa stecken die Bestimmungen des schweizerischen ôffentlichen Rechts ihren territorialen Geltungsbereich klar ab. Grnndsiitzlich regeln sie siimtliche in der Schweiz ausgeführten Arbeiten, auch diejenigen, welche von Ausliindern oder für solche ausgeführt werden. In Ausnahmefiillen, wenn der Arbeitgeber sich im Ausland befindet, werden einze\ne dieser Vorschriften nicht angewendet, weil dies mit besondern praktischen Schwierigkeiten verbunden wiire. Aber diese Fâlle bleiben klar umschrieben. Viel hiiufiger unterliegen im Ausland ausgeführte Tiitigkeiten den Bestimmungen des schweizerischen ôffentlichen Rechts, dann niimlich, werm sie in enger Beziehung zu unserem Lande stehen: es handelt sich um Transportuntemehmen, wo entweder das Fahrzeug einer in der Schweiz

U Vgl. Art. 3 der Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmassigen Motorfahrzeug- führer vorn 6. Mai 1981, SR 822.22.

13 Vgl. die Art. 2; 3; 4 Abs. 1 und Art. 150 des BG über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge vom 23. September 1953, SR 747.30 (SSG).

14 Vgl. die Art.l-S des intemationalen Abkommens über die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer vom 21. Mai 1954, AS 1959, S. 959; den Bundesbeschluss betL die Genehmigung dieses Abkommens vom 24. Marz 1955, SR 0.747.224.022 und AS 1959, S. 958; und Art. 11 des Bundesratsbeschlusses betr. den Vollzug der Genehmigung vom 28. Juli 1955, SR 747.224.022.

15 Vgl. die Art. 63 und 91 des BG über die Luftfabrt vom 21. Dezember 1948, SR 748.0, sowie die Art. 2;1 und 4.7 der Verordnung über die Betriebsregeln im gewerbsmassigen Luftverkehr vom 23. November 1973, SR 748.127.1.

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domizilierten Unternehmung gehôrt oder in der Schweiz immatrikuliert ist. Da diese ôffentlichrechtlichen Bestimmungen Schutzfunktion haben, hindern sie die Beteiligten nicht, fur die Arbeiter günstigere Arbeitsbedingungen festzusetzen.

2. Privatrechtliche Bestimmungen

Die Vorschriften des Offentlichen Rechts, welche ihren Geltungsbereich abgrenzen, entfalten auch für das Privatrecht Wirkungen. Gibt es aber nicht rein privatrechtliche Bestimmungen, welche auf iihnliche Weise zwingend ihren Geltungsbereich umschreiben?

a) Mindestens in drei Fiillen scheint dies klar. Einmal bei den allgemeinver- bindIich erkliirten Gesamtarbeitsvertriigen. Bekanntlich regeln die Gesamtarbeits- vertriige die Arbeitsbedingungen der beteiligten Personen, niimlich einerseits der Mitglieder der interessierten Arbeitnehmerverbiinde und andererseits der unter- zeichnenden Arbeitgeber oder Mitglieder von beteiligten Arbeitgeberverbiinden.

Vorbehiiltlich günstigerer Bedingungen für die Arbeitnehmer, gehen die Gesamtar- beitsvertriige den Einzelarbeitsvertriigen vor. Wohnsitz und Staatsangehôrigkeit der Arbeitnehmer spielen dabei keine Rolle. Gegebenenfalls kann ein Gesamtar- beitsvertrag auch für eine im Ausland ausgeführte Arbeit gelten, sofem sie in den yom Vertragstext umschriebenen Anwendungsbereich fiillt (notfalls durch die Rechtsprechung konkretisiert) ". Bekanntlich kann durch eine Aligemeinverbind- licherkliirung der zustiindigen Behôrde ein Gesamtarbeitsvertrag fur aile Arbeitge- ber und Arbeiter eines Wirtschaftszweiges oder einer Berufsgruppe obligatorisch erkliirt werden. Der Geltungsbereich ist ôrtlich begrenzt: er umfasst einen oder mehrere Kantone oder sogar das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft. In diesem Falle unterliegen ihm zwingend aile in der umschriebenen geographischen Zone innerhalb dieses Wirtschaftszweiges oder dieser Berufsgruppe ausgefuhrten Arbei- ten. Die Staatsangehôrigkeit oder der Wohnsitz der Partner des Arbeitsvertrages spielt keine Rolle 17. Wenn ein italienischer Bauunternehmer mit seinen eigenen Arbeitern in der Schweiz Maurerarbeiten ausführt, so muss er die Vorschriften des Gesamtarbeitsvertrages dieses Wirtschaftszweiges beachten, wenn der Vertrag allgemeinverbindlich erkliirt warden ist. Indessen kann der Anwendungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages im Ausland ausgeführte Arbeiten nicht erfassen, weil die Aligemeinverbindlicherkliirung ôrtlich begrenzt ist.

16 Vgl. Art. 357 Abs. 1 OR. Nach dem (nkht veroffentlichten) Entscheid des Bundesgerichtes des 3. Oktober 1979 i. S. Brique ist der Gesamtarbeitsvertrag in der Holzindustrie anwendbar auf aile im Kanton Gent ausgeführten Arbeiten, und zwar auf alle unterworfenen Persanen, unabhangig von deren Wohnsitz und Staatsangehôrigkeit. Diese Regelung gilt wenn die AlIgemeinverbindlicherkliirung sicb auI den Kanton Genf erstreckt.

17 V gl. die Art. 4 und 7 des Bundesgesetzes über die AllgemeinverbindlicherkHirung von Gesamtarbeitsvertragen vom 28. September 1956, SR 221.215.311. $0 ist z.B. der schweizerische Gesamtarbeitsvertrag der Coiffeure durch Bundesratsbeschluss vom 8. Man 1983 «auf die ganze Schweiz ausgedehnt» worden. Er gilt für alle «Arbeitgeber des Coiffeurgewerbes und für aile gelemten und angelemten Arbeitnehmer» (8811983 1 1224).

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Die yom Bundesrat oder den Kantonen für gewisse Berufsgruppen ausgearbei- teten Normalarbeitsvertriige gelten ihrerseits auch nur 6rtlich ". Wie die allgemein- verbindlich erkliirten Gesamtarbeitsvertriige gelten sie zwingend fur die erfassten Berufe, und zwar für aile Vertriige im 6rtlich umschriebenen Bereich, unabhiingig Yom Wohnsitz und der Staatsangeh6rigkeit der Parteien. Auch die Normalarbeits- vertriige k6nnen über die Grenze der Schweiz hinaus keine Wirkungen entfalten.

Schliesslich bestimmt das Bundesgesetz über die Seeschiffahrt, dass seine privatrechtlichen Vorschriften fur aile an Bord eines schweizerischen Schiffes arbeitenden Seeleute, unabhiingig von ihrer Staatsangeh6rigkeit, gelte".

b) lm Unterschied zu den erwiihnten Bestirnmungen umschreiben die zwin- genden Vorschriften des X. Titels des Obligationenrechts (Art. 361 und 362 OR) ihren Geltungsbereich nicht ausdrücklich. Gelten sie nur, wenn der Vertrag nach schweizerischem Rechte gestaltet ist oder beherrschen sie jeden in der Schweiz abgeschlossenen Vertrag? Seit langem anerkennt die Doktrin des intemationalen Privatrechts das Vorhandensein von Bestimmnngen, deren Anwendung durch die Parteien im Lande des Gerichtsstandes ihrer sozialen und wirtschaftspolitischen Bedeutung wegen nicht wegbedungen werden kann. Freilich bleiben die Begriffe in dieser Hinsicht unklar: man spricht bald von positivem ordre public, bald von Gesetzen unmittelbarer und zwingender Anwendung oder von Polizeigesetzen ".

In der Praxis ist jedoch ausschlaggebend die Auslegung der zwingenden Bestim- mungen, um festzustellen, ob sie auf jeden in der Schweiz vollziehbaren Arbeitsvertrag angewendet werden müssen.

In unserem Rechtsgebiet beabsichtigen die zwingenden Vorschriften, einen Schutz der Arbeitnehmer zu sichem, der den giingigen sozialen Wertvorstellungen in der Schweiz entspricht. Gleichzeitig wird durch diese Bestimmungen für aile Arbeitgeber eine minimale wirtschaftliche Ausgangslage geschaffen (ein gemeinsa- mes Niveau), soweit es um die Kosten der Arbeitskriifte geht". Falls es in der Schweiz m6glich wiire, Arbeitsvertriige zu vollziehen, welche diese Mindestanfor- derungen nicht einhalten (weil sie, nehmen wir an, einem weniger anspruchsvollen ausliindischen Recht unterstiinden), so wiire in dieses System zwingender Vor-

18 Vgl. die Art. 360 und 361 OR. Sa gilt der Nonnalarbeitsvertrag vom 8. Juni 1973, der die Arbeitsbedingungen zwischen den landwirtschaftlichen Arbeitgebem des Kantons Genf und den Arbeitnehmem regelt «für alle landwirtschaftlichen Arbeitgeber ... deren 8etrieb sich auf dem Gebiete des Kantons Genf befindet und für aile Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, welche dort beschaftigt werden. Er gilt aber auch für die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer (-innen), welche ihren Wohn- sitz ausserhalb des Kantons Genf haben, aber dort arbeiten». (Art. 1 dieses Normalarbeitsvertrages RS J/3/23).

19 Vgl. Art. 68 Abs.1 SSG (nur Art. 71 ist dispositives Recht: vgl. Art. 162 Abs.l und 2 lit. a SSG).

20 Vgl. die Anmerkung 7 oben. Siehe aucb F. Vischer, A. von Planta, Internationales Privatrecht, Basel 1982, S. 25; Botschaft [PR, S. 310 fi., insbes. 313.

21 In der Tat erfüllen die zwingenden yorschriften des Gesetzes den gleichen Zweck wie die Vorschriften des Gesamtarbeitsvertrages. Uber die Schutzfunktion für die Arbeitnehmer und die Vereinheitlichung der Konkurrenzbedingungen des kollektiven Arbeitsrechtes im besonderen, vgl.

F. Vischer, «Zum Gesamtarbeitsvertrag in der schweizerischen Wirtschaftsordnung», in Freiheit und Verantwortung im Recht, Festschrift Meier-Hayoz, Bern 1982, S. 397 ff. Siehe auch H. Hausheer,

« Die AllgemeinverbindIicherkHirung von Kollektivvertragen ais gesetzgeberisches Gestaltungsmittei}>, ZSR 1976, Band II, S. 313 fi.

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schriften eine Bresche geschlagen. Das daraus !olgende Unterbieten würde den Schutzzweck der Gesetzgebung schliesslich aushohlen. Sowohl aus wirtschaftli- chen ais auch aus sozialen Gründen müssen die zwingenden Bestimmungen, welche trotz ihres privatrechtlichen Charakters den Arbeitsvertrag beherrschen, sich au! aile in unserem Lande ausgeführten Arbeiten erstrecken. Eine Ausnahme

~t !ür die Arbeiten zuzugestehen, die in der Schweiz nur vorübergehend ausgeführt werden, da sie sich kaum in unser soziales Gefüge einordnen und die Gefahr des Unterbietens in solchen Fallen nicht spürbar wird.

Dieser Gesichtspunkt ist nicht neu. Ein alter Bundesgerichtsentscheid über ein Konkurrenzverbot lasst den Schluss zu, dass die Anwendung des auslandischen Rechtes die zwingenden schweizerischen Bestimmungen nicht ausschliesst". Eine bestimmte Richtung der Doktrin kommt au! einem andem Weg zu einem ahnlichen Resultat: damach sind die Parteien des Arbeitsvertrages nicht berech- tigt, von den ordentlichen Kollisionsnormen abzuweichen, welche im allgemeinen auf das Gesetz des Ausführungsortes der Arbeit verweisen ". Es ist allerdings gar nicht nôtig, so weit zu gehen, vorausgesetzt, dass die zwingenden Bestimmungen (auch des Privatrechtes) des Ausführungsortes in der Schweiz eingehalten werden.

Warum sollten die Parteien nicht in einem yom ausliindischen Recht beherrschten Vertrag wie in einem dem schweizerischen Recht unterstehenden von den ergiinzenden Bestimmungen des OR abweichen kônnen? Andere sind der Ansicht, dass die zwingenden Vorschriften nur zur Anwendung kiimen, wenn der Arbeiter in unserem Lande Wohnsitz habe". Aber der Wohnsitz des Lohnempfiingers kann nicht bestimmend sein, da die zwingenden Vorschriften die Wettbewerbsbedin- gungen am Ausführungsort vereinheitlichen. Ubrigens erlaubt nichts, anzuneh- men, dass ein Auslander dem Schutz dieser Regeln entgehen soli ~.

Die hier dargelegte Meinung scheint einen ahnlichen Standpunkt zu vertreten wie der Entwurf zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht. Darnach drangt sich «die Anwendung der schweizerischen Bestimmungen ihres besonderen Zweckes wegen au!, welches auch immer das von diesem Gesetz bezeichnete Recht» ist". Wir halten dafür, dass die zwingenden Vorschriften des privatrecht- lichen Arbeitsrechtes zu diesen Bestimmungen gehoren. Zwar erwiihnt die Bot- schaft in dieser Hinsicht nur die offentlichrechtlichen Bestimmungen zum Schutze der Arbeitnehmer. Da diese sich, gedeckt durch die Androhung strafrechtlicher Folgen, innerhalb des schweizerischen Territoriums sowieso durchsetzen, ist diese

I I BGE 38 (1912) II 731.

23 Vgl. F. Vischer, «Zum Problem der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie bei internationalen Vertragen », SJZ 52 (1956), S. 119; Vischer, von Planta, S. 175; vgL auch A.E. Schnitzer, «Handbuch des internationalen Privatrechtes », Basel 1958, Band II, S. 629 und 712 n.

2-4 Vgl. B. Dutoit, F. Knoepfler, P. Lalive und P. Mercier, «Répertoire de droit international privé suisse», Band l, Bern 1982, S. 32.

15 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhâltnisse anzuwendende Recht (Amtsblatt der Europiischen Gemeinschaften, 9.10.1980, Nr. L 266/1) behli.It im Rahmen des Arbeitsvertrages die Anwendung zwingender Vorschriften bezüglich des Ausführungsortes vor (Vgl. Art. 6 § 1). Eine Kritik dieser Grundsâtze sowohl in der Konvention ais auch des Entwurfes des deutschen Gesetzes über das internationale Privatrecht findet man in F. Gamillscheg, «Ein Gesetz über das internationale Arbeitsrecht», Zeitschrift für Arbeitsrecht, 1983, S. 307 ff.

26 Vgl. Art. 16 des Entwurfes, in Botschaft IPR, S.476.

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Verdeutlichung überf1üssig. Den Erkliirungen der Botschaft ist übrigens zu entnehmen, dass die zwingende Anwendung des schweizerischen Rechtes nicht nur das ôffentliche Recht einschliesst, sondern aile Vorschriften, deren «Befolgung für die Aufrechterhaltung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ordnung unseres Landes)~ nôtig isF7Wir haben in unseren Ausführungen die soziale und wirtschaftliche Bedeutung der zwingenden Privatrechtsgesetzgebung im Arbeits- recht aufgezeigt.

c) Zahlreich sind also im Arbeitsrecht die Bestimmungen, die ihren Geltungs- bereich ausdrücklich oder stillschweigend definieren. Es sind dies nicht nur Vorschriften des ôffentlichen-, sondern auch Bestimmungen des Privatrech!s mi!

zwingendem Charakter.

III. DIE VORSCHRIFfEN, WELCHE DAS ANWENDBARE RECHT BESTIMMEN

So wichtig auch die materiellrechtlichen, ihren eigenen Geltungsbereich umschreibenden Vorschriften sind, ihre Bedeutung bleibt doch beschriinkt: einmal ordnen sie nich! aile Gesichtspunkte des Arbeitsvertrages; zudem stellen sie nur einen Mindestschutz dar, da sie von andern Bestimmungen (vertraglichen oder gesetzlichen) zu Gunsten des Arbeiters abweichen kônnen. Schliesslich fallen im Ausland ausgeführte Arbeiten meistens nicht darunter. Vorbehiiltlich ihres Herr- schaftsbereiches und unabhiingig von ihnen, lassen sich aile Arbeitsvertriige einer bestimmten rechtlichen Ordnung, sei sie nun ausliindisch oder innerstaatlich, zuschreiben.

1. Die Parteiautunomie

Das schweizerische internationale Privatrecht anerkennt im Bereiche der Vertriige die Vertragsfreiheit der Parteien. Sie kônnen !rei über das au! ihre Beziehungen anwendbare Recht entscheiden. Diese Freiheit herrscht auch im Arbeitsrecht vor. Setzt das Gesetz nicht die Vertrags!reiheit geradezu voraus, wenn es für die Gültigkeit der Rechtswahlklausel im Anstellungsvertrag für den Handelsreisenden die Schriftlichkeit vorsieht?'"

Die Vertrags!reiheit setzt die schwiichere Partei, d. h. den Lohnempfiinger Ge!ahren aus. So ist vorgeschlagen worden, sie für untergeordnete Angestellte einzuschriinken, wiihrend sie für die hôheren Angestellten ungeschmiilert erhalten bleiben solle". Man ging sogar so weit, vorzuschlagen, sie ganz aus dem Bereiche des Arbeitsvertrages auszuklammern "'.

27 Vgl. Botschaft IPR, S. 314, mit einem bezeichnenden Hinweis auf Francescakis (vgl. Anmer- kung 7 oben).

28 Vgl. Art. 347a Abs. 2 OR; M. Rehbinder, «Schweizerisches Arbeitsrecht», Bem 1983, S. 185;

W. Schonenberger und P. Jiiggi, «Obligationenrecht», Teilband V la, Zürich 1973, ad IPR N 283;

Tribunal cantonal Neuenburg, 4. Mai 1981, R.e.G. SA, Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung 1981, S.827.

29 Dutoit, Knoepfler, Lalive, Mercier, Band I, S. 151.

30 Vgl. die Verweise in Anmerkung 23 oben.

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Der Entwurf zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht wiihl! eine dritte Lôsung. Grundsiitzlich hiilt er an der Anwendung des am ordentlichen Ausführungsort der Arbeit geltenden Gesetzes fest. Er ermiichtigt die Parteien aber, eine andere Rechtswahl zu treffen, wobei er die Môglichkeiten abschliessend aufziihlt: das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer seinen gewôhnlichen Aufenthalt hat oder in dem der Arbeitgeber seine Niederlassung, seinen Wohnsitz oder seinen gewôhnlichen Aufenthalt hat".

Man darl nicht ausser acht lassen, dass multinationale Unternehmeu, welche ihre Tiitigkeit auf die dritte Welt ausdehnen, manchmal die Arbeitsvertriige ihrer Kaderangestellten unabhiingig von deren Staatsangehôrigkeit einem einzigen neutralen Recht unterstellen. Warum sollen nicht anliisslich eines joint venture, welches eine amerikanische und eine franzôsische Unternehmung zum Zwecke des Baues eines Staudammes in Afrika verbindet, aile Arbeitsvertriige der Kaderange- stellten (z. B. der Ingenieure) dem schweizerischen Rechte unterstellt werden?

Werm in einem solchen Falle (der keineswegs nur theoretisch ist) Streitfiille einem schweizerischen Gerichte oder einem Schiedsgericht unseres Landes unterbreitet werden, sollen diese dann die Anwendung schweizerischen Rechtes verweigern?

Nach unserer Meinung ist es besser, den hôheren Angestellten in Bezug auf die Wahl des anzuwendenden Rechts weitgehende Freiheit einzuriiumen, vorausge- setzt, dass sie im Rahmen ihrer Wahl nicht in missbriiuchlicher Weise des Schutzes verlustig gehen, den ihnen die Anwendung objektiver Kollisionsnormen bieten würden.

2_ Subsidiiire Kollisionsnormen

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes wird ein Vertrag, werm kein anderes Recht gewiihlt worden ist, yom Gesetz des Landes beherrscht, dem er am niichsten steht. lm allgemeinen ist dies das Land, wo sich der Wohn- oder Geschiiftssitz des zu einer der charakteristischen Leistung verpflichteten Schuld- ners befindet". Allerdings befriedigt die Anwendung dieses Grundsatzes im Arbeitsrecht nicht immer. Auch hat die Rechtsprechung andere Mittel gesucht, um herauszufinden, mit welcher Rechtsordnung ein Arbeitsvertrag am engsten ver- bunden ist.

a) Oft scheint das geeignete Recht dasjenige des Ausführungsortes der Arbeit zu sein ". Dieses Kriterium begünstigt tatsiichlich eine harmonische Verbindung

31 Vgl. Art. 118 Abs. 3 des Entwurfes, Botschaft IPR, S. 500.

32 Vgl. auch anstelle mehrerer anderer, Dutoit, Knoepfler, Lalive, Mercier, Band I, S. 33 ff.

n Vgl. Rehbinder, S. 185; Dutait, Knoepfler, Lalive, Mercier, Band l, S. 152 ff: Vischer, von Planta, S. 180; Schonenberger, Jiiggi, ad IPR N 284; Cour mixte, Gent, 13. Januar 1982, ICN Arca SA c. Debowski (nicht verôffentlicht); Chambre d'appel des prud'hommes, Geni, 24. November 1980, Narbona c. Abuljadayel (nicht verôffentlicht); Division de la justice, Gutachten vom 16. Oktober 1978, JAAC 43 (1979), S. 58: Zivilgericht Basel-Stadt, 20. Marz 1929, SJZ 25 (1928-1929), S. 379:

Bundesgericht, 15. Mai 1914, Rhein. Metallwarenfabrik c. Korradi, Praxis 1914, S. 223. Zu einer ausnahmsweise im Ausland ausgeführten Arbeit, BGE XVIII (1892), S. 354. Vgl. auch Art. 418b Ab,. 2 OR.

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privatrechtlicher und ôffentlichrechtlicher Bestimmungen, welche die Arbeitsbe- ziehungen einrahmen. Zudem bewirkt es eine gewisse Gleichheit der Behandlung aller Arbeitnehmer eines Untemehmens (oder der gleichen Geschiiftsniederlas- sung). Schliesslich fiillt es im allgemeinen auch mit dem Wohnsitz des Arbeitneh- mers und dem Geschiiftssitz der Untemehmung zusammen.

Ein zweites Kriterium scheint sich der Gunst der Doktrin und der Rechtspre- chung zu erfreuen: dasjenige des Geschii!tssitzes des Arbeitgebers". Es driingt sieh besonders daon auf, wenn die Arbeit in mehreren Liindem ausgeführt wird und wenn aus diesem Grunde der Ausführungsort nur schwer feststellbar ist". Ferner wird manchmal angenommen, dass im Ausland arbeitende Angestellte enger mit der Direktion, dem Hauptsitz der Untemehmung, verbunden sind ais mit ihrem BeschiiftigungsortJ6Erst kürzlich hat das Bundesgericht den Arbeitsvertrag eines hôheren Angestellten franzôsischer Staatsangehôrigkeit, der in Frankreich arbei- tete und dort seinen Wohnsitz hatte, seine Instruktionen aber von der Direktion der Untemehmung in der Schweiz erhielt, wo auch seine Lohnabrechnungen erstellt wurden, dem schweizerischen Recht unterstellt".

Handelt es sich schliesslich um einen unter Schweizem ausgehandelten Arbeitsvertrag, der im Hinblick auf eine im Ausland auszuführende Arbeit abgeschlossen wurde, wenden die Gerichte lieber das gemeinsame staatliche Recht der Parteien an, vor allem, wenn es mit dem am Orte des Vertragsabschlusses geltenden Rechte zusammenfiillt". Dieser Sachverhalt kommt ziemlich hiiufig vor:

er betrifft die wichtigen Fiille, wo Betriebe Fachangestellte entsenden, um in der dritten Weit in einer Filiale oder auf Baupliitzen tiitig zu sein.

b) Nach dem Entwur! zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht wird der Arbeitsvertrag vom Recht desjenigen Staates beherrscht, in welchem der Arbeitnehmer üblicherweise seine Arbeit verrichtet. Zeitlich befristete Auftriige im Ausland iindem am gewôhnlichen Ausführungsort des Arbeitsvertrages nichts.

Verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit gewôhnlich in mehreren Staaten, sa untersteht der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem sich die Niederlas- sung, der Wohnsitz oder der gewôhnliche Aufenthalt des Arbeitgebers befindet".

So wird ais Anknüpfungspunkt in erster Linie der Ort festgehalten, an dem die

34 Vgl. Schnitzer, Band II, S. 712 f.

35 Vgl. Rehbinder, S. 185; DutoU, Knoepfler, Lalive, Mercier, Band l, S.153; Sch6nenberger, Jaggi, ad IPR N 284. Siehe auch Obergericht Zürich, 22. Juni 1933, BIZR, Band 33 (1934), S. 260; BGE XV (1889), S. 312.

36 Vgl. Vischer, von Planta, S. 180, Note 23: Sch6nenberger, Jiiggi adIPR N 284; Chambre d'appel des prud'hommes, Genf, 20. September 1983, Deco Industrial Developrnent Co. c. Gruring (nicht verôffentlicht) .

37 Bundesgericht, 18. April 1978, Cedec SA c. Saulnier (nicht ver6ffentlicht).

38 Vgl. Chambre d'appel des prud'hommes, Genf, 20. September 1983, Deco Industrial Develop- ment c. Gruring (nicht ver6ffentlicht); Tribunal cantonal Neuenburg, 4. Mai 1981, R.c.G. SA, Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung 1981, S. 827; Bundesgericht, 18. September 1951, Richner c.

Ringwald, ASDI, Band X (1953), S. 346; offenbar im gleichen Sion (mit einer Wahlklausel des Gerichtsstandes in der Schweiz), BGE XIX (1893), S. 862. Vgl. auch Rehbinder, S. 185.

39 Vgl. Art. 118 Abs. 1 und 2 des Entwurfes, Botschaft IPR, S. 500.

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Arbeit verrichtet wird und - besondere Verhiiltnisse vorbehalten - der Sitz der Untemehmung. Der Anknüpfungspunkt der gemeinsamen Staatsangehôrigkeit der Vertragsparteien verliert daneben an Gewicht.

Ist diese neue Regelung starr? Der Vorentwurf der Expertenkommission wies eine gewisse Beweglichkeit auf. Der Ausführungsort der Arbeit gewann aIs Anknüpfungskriterium zwar eine besondere Bedeutung, war jedoch weniger ausschliesslich". Der Bundesrat hat eine stralfere Formulierung vorgezogen.

Immerhin ist, nach den allgemeinen Bestimmungen des Entwurfes, das Recht, auf welches dieses Gesetz verweist, ausnahmsweise nicht anwendbarJ wenn nach den gesamten Umstiinden olfensichtlich ist, dass der Sachverhalt mit diesem Recht in nur geringem, mit einem andem Recht jedoch in viel engerem Zusammenhang steht". Die Rechtsprechung wird die praktische Tragweite dieser Bestimmung . umschreiben müssen. Ohne Zweifel wird das Recht des Landes, in welchem sich die Niederlassung der Untemehmung befindet, etwas von seiner Bedeutung für die leitenden Angestellten einbüssen (zumindest, wenn diese in ihrem eigenen Land für eine im Ausland niedergelassene Firrna tiitig sind). Werden aber die Gerichte den Grundsatz aufgeben müssen, nach welchem im allgemeinen auf einen in der Schweiz unter Schweizern zwecks Arbeitsausführung im Ausland abgeschlossenen Vertrag schweizerisches Recht angewendet wird? Es ist zu holfen, dass dies nicht der Fall sein wird. Bei dieser Annahme scheint tatsiichlich der Zusammenhang mit dem Rechte des Arbeitsortes sehr locker, derjenige mit dem schweizerischen Rechte überwiegt klar.

c) Rechtfertigt es sich, ein besonderes Anknüpfungskriterium für die See- und Flusschiffahrt sowie für die Luftfahrt vorzusehen? Das Bundesgesetz über die Seeschilfahrt unter der Schweizerflagge unterstellt den Heuervertrag der an Bord eines Schweizer Schilfes angeheuerten Seeleute dem schweizerischen Recht (Recht des Flaggenstaates). Allerdings kônnen die Parteien, wenn dem keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen (ôlfentliches oder privates Recht), eine Rechtswahl treflen ". Uns scheint, dass man den besondem Fall der Seeschilfahrt nicht ais Regel verstehen soli te. Nichts hindert - um den Zusammenhang mit den all- gemeinen Grundlagen zu wahren - in den anderen Transportzweigen das Gesetz desjenigen Staates anzuwenden, in dem das Untemehmen, das die Funktion des Arbeitgebers erfüllt, seinen Sitz hat. In Bezug auf die Regelung der Immatriku- lation von Luftfahrzeugen und Schilfen fiillt übrigens dieses Gesetz meistens mit dem Recht des Staates zusammen, unter dessen Flagge das Fahrzeug ein- getragen ist.

40 VgL die Art. 120 und 122 de~. Vorentwurfes, in ({ Bundesgesetz» (Anmerkung 6 oben). Man wied dabei feststellen, dass das Romer Ubereinkommen auch flexibler ist (vgl. Anmerkung 25 aben) und U. Villani, «1 contratti di lavoro », in Verso una disciplina comunitaria della legge applicabile ai contratti, Padua 1983, S. 265.

~l Vgl. Art. 14 Abs. 1 des Entwurfes, Botschaft IPR, S. 475.

oU Vgl. Art. 68 Abs. 2 SSG, bei dem es sich um dispositives Recht handelt (Art. 162 Abs. 1 SSG).

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3. Bemerkungen über die Anwendung des auslândischen Rechtes

a) Unter Vorbehalt schweizerischer Norrnen, welche zwingend ihren Anwen- dungsbereich umschreiben, kann es dem Richter zukommen, ein ausliindisches Recht anzuwenden, nach welchem der Rechtsstreit gemiiss Kollisionsnorrnen zu entscheiden ist. Nicht massgebend ist, ob die Bestimmungen des ausliindischen Rechtes zum privaten oder zum 6ffentlichen Recht geh6ren, vorausgesetzt, dass sie im Privatrecht Wirkungen iiussern ".

Der Entwur! zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geht noch weiter: der Richter kann sogar die zwingenden Vorschriften eines ausliindischen Rechtes berücksichtigen, auch wenn er schweizerisches Recht oder das ausliindi- sche Recht eines Drittlandes anwendet. So wird ein schweizerisches Gericht die Môglichkeit haben, eine zwingende Bestimmung des franz6sischen Rechtes zu berücksichtigen in einem Rechtsstreit um eine in Frankreich ausgeführte, aber dem schweizerischen Rechte unterstellte Arbeit".

b) Auch das schweizerische Recht kennt den Vorbehalt des ordre public. Wenn die Anwendung eines ausliindischen Rechtes zu einem mit dem schweizerischen Rechte offensichtlich unvereinbaren Resultat führt, so wird der Richter darauf verzichten müssen ". Man dari die negative Wirkung des ordre public nicht mit seiner positiven Bedeutung verwechseln. Darüber haben wir im Zusammenhang mit den ihren Anwendungsbereich zwingend umschreibenden Bestimmungen gesprochen 46.

IV. SCHLUSSBETRACIITUNG

Auf dem Gebiete des internationalen privaten Arbeitsrechtes bleibt die Rechtsprechung trotz der grossen Bedeutung dieser Materie spiirlich. Indessen schien es uns, in Erwartung weiterer Abhandlungen, die geeignet sind, dieses Rechtsgebiet systematisch zu durchdringen, zweckmiissig, den Anwendungsbe- reich der zwingenden 6ffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Vorschriften zu untersuchen und die gegenwiirtigen Bestrebungen der Kodifikationsarbeiten im Verhiiltnis zur Gerichtspraxis aufzuzeigen. Wir haben die Streitfragen der Doktrin nur gestreift. M6ge unser bescheidener Beitrag jedoch dazu dienen, das positive Schweizer Recht besser einzugrenzen.

43 Vgl. Vischer, von Planta, S. 27 f.

44 Vgl. Art. 18 des Entwurfes, Botschaft IPR, S. 476.

45 Vgl. Vischer, von Planta, S. 21 f.

046 Vgl. Anmerkung 20 oben.

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SCHWEIZ. JURISTISCHE KARTOTHE:K

Karte 843 Sektion XXVI Übersetzung Annemarie 8endel

b 9, rue du Stand, GENÈVE

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