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„Weiterkämpfen und nicht aufgeben!“ Warum beziehen Jugendliche in der Schweiz Invalidenrente?

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Academic year: 2021

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> Das sozialethische Stichwort

6

treffpunkt 6/15

Warum beziehen

Jugendliche

in der Schweiz

Invalidenrente

? Die sozialethische Antwort gibt

Markus Zimmermann.

«Weiterkämpfen und nicht aufgeben!»

Eltern, die selbst psychisch krank sind, Vernachlässigung, Gewalterfahrungen etc. Eine Beschäftigung hingegen sei zentral für Identität und Selbstwertgefühl: Therapeutische Bemühungen gelängen bei Menschen, die im Erwerbsleben stehen, viel besser als bei Arbeitslosen.

Helfen könnten eine langfristige Begleitung, das Zusam-menspannen unterschiedlicher Beteiligter wie Lehrer, IV, Therapeuten, Arbeitgeber, RAV. Das könnte dazu verhel-fen, dass Arbeitgeber

sich trauen, betroffene Menschen einzustel-len. Gleichzeitig gilt es aber auch zu über-legen, was am Arbeits-system nicht stimmt,

wenn wenig belastbare Menschen hier keinen Platz mehr finden. Ein Rentensystem kann abhängig machen und Ei-geninitiative im Keim ersticken. Manchem jungen Men-schen wäre mehr geholfen, wenn ihr oder ihm mehr zuge-traut und ein angemessener Arbeitsplatz geboten würde. < Die Anzahl der Invalidenrenten ist während der letzten

Jahre markant zurückgegangen, was in erster Linie auf die hohe Verschuldung der Invalidenversicherung (IV) und den so begründeten Spardruck zurückzuführen ist. Nur bei den jungen Erwachsenen sah das anders aus: Hier nahm die Zahl der Neuberentungen sogar markant zu. Grund der Berentung war meist eine psychische Erkrankung wie ADHS (Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitäts-Störung), Persönlichkeits- oder Angststörungen, eine Lernbehinde-rung oder Depressionen.

Einige der jungen Leute hatten bereits in der Schule Schwierigkeiten, viele sind darum niedrigqualifiziert, was ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt schmälert. Dazu kom-men die psychischen Probleme: Diese beginnen zu einem grossen Teil bereits während der Kindheit und führen dazu, dass der Eintritt ins Berufsleben misslingt. Die betroffe-nen Jugendlichen finden keine Lehrstelle oder müssen ihre Ausbildung bereits nach kurzer Zeit abbrechen. Stattdes-sen erhalten sie eine monatliche IV-Rente. Einmal in dieser Situation angekommen ist es erfahrungsgemäss schwierig, einen Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. «Nicht aufgeben macht mich stark», meinte ein betroffe-ner junger Mann an eibetroffe-ner Tagung zum Thema, die am 19. März 2015 in Zürich stattfand. «Ich werde weiterkämp-fen und nicht aufgeben!», meinte ein anderer. Dabei wurde deutlich, wie wesentlich es ist, dass den Betroffenen etwas zugetraut wird und dass sie sich auf eine kontinuierliche Begleitung verlassen können. Niklas Baer, Psychologe und Leiter der Fachstelle Psychiatrische Rehabilitation in Liestal, betonte, dass in der Biographie der Betroffenen häufig mehrere Belastungen gleichzeitig zu entdecken sind:

>

Was stimmt am

Arbeits-system nicht, wenn wenig

belastbare Menschen

kei-nen Platz finden?

<

politischen Auswirkungen es hat», wenn wir das bisher Genannte nicht tun.

Bruchstückhaft

und doch Wohnort Gottes

Unsere Hauptaufgabe besteht also da-rin, «die Finsternis in uns selbst zu erkennen und ihre tragischen

Auswir-kungen einzugeste-hen – statt sie an-dern aufzubürden». Schlussendlich geht es gemäss Richard Rohr darum, zu er-kennen, «dass alles bruchstückhaft und

gefallen, schwach und arm, und doch

der Wohnort Gottes ist». In allen Din-gen ist ein Riss, und durch ihn kommt das Licht hinein, stellt Leonard Cohen im Lied ‹Anthem› fest.

So sei die Ursünde zu verstehen: «Dass

der Makel im Herzen aller Wirklichkeit nicht von uns persönlich verschuldet

Fortsetzung von Seite 5

>

In allen Dingen ist ein

Riss; durch ihn kommt das

Licht hinein.

<

Leonard Cohen

ist, sondern dass es einfach in allem die-sen Riss gibt und dass wir nicht über-rascht sein sollten, wenn er sich in uns oder in irgendetwas anderem zeigt.» Doch der Franziskanerpater ermutigt

uns auch, indem er immer wieder auf den Kern des Christentums und aller Religionen hinweist: «Wir können der demütigen Wahrnehmung vertrauen, dass sich in jeder Dunkelheit auch Licht verbirgt und in fast allem zu finden ist.»

Damit haben ich und Sie, liebe Lese-rin, lieber Leser, gemäss Rohr ein Re-zept zum Glücklichsein: «Wir müssen «nicht warten, bis irgendetwas voll-kommen ist, um es dann zu lieben! Wenn es so wäre, dann würden wir ja nie mehr etwas lieben! So jedoch kön-nen wir jetzt alles lieben. Wenn Sie der Liebe weiterhin zuhören, wenn Sie sie immer weiter empfangen, ihr vertrau-en – mit all Ihrvertrau-en eigvertrau-envertrau-en Beschrän-kungen, Ihrer Unwürdigkeit oder was

auch immer Sie zurückhalten mag – dann entdecken Sie in sich ein Gefühl für Möglichkeiten.»

Es geht nach der Erfahrung Richard Rohrs darum, das unrühmliche, welt-liche und allgegenwärtige ‹Kreuz› un-serer je eigenen Wirklichkeiten auf uns zu nehmen. Das Mysterium von Gottes Leiden – und Freude – in uns selbst aufzunehmen, die Ränder unse-res Lebens ganz und gar zu erfahren, zu erleiden – aber auch zu geniessen: Dies führe uns zurück zur Mitte und zur Es-senz, zum Kern der Wirklichkeit, wo wir unser wahres Selbst und unseren wahren Gott finden. Es gehe darum, «Gott durch unsere zerbrochene und jubelnde Menschlichkeit kennen» und lieben zu lernen.

Worin dieser mystische Weg besteht, und wie es uns möglich wird, ihn zu gehen, davon handeln die nächsten Fol-gen dieser Serie. <

> Vitamin C

Markus Zimmermann lehrt und forscht am Departement für Moraltheologie und Ethik an der Theo-logischen Fakultät

der Universität Fribourg.

.

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