• Aucun résultat trouvé

Zum Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsnormen in der Europäischen Union

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Partager "Zum Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsnormen in der Europäischen Union"

Copied!
32
0
0

Texte intégral

(1)

Europäischen Union

Astrid Epiney

Dieser Beitrag wurde erstmals wie folgt veröffentlicht:

Astrid Epiney, Zum Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsnormen in der Europäischen Union, in: Barth, Sibylle/Köck, Wolfgang (Hrsg.), Qualitätsorientierung im Umweltrecht. Umweltqualitätsziele für einen nachhaltigen Umweltschutz, Berlin 1997, S. 77-114. Es ist möglich, dass die Druckversion – die allein zitierfähig ist – im Verhältnis zu diesem Manuskript Abweichungen enthält.

I. Problemstellung

Das „Ob“ und „Wie“ der Formulierung von Umweltqualitätszielen ist in den letzten Jahren wieder1 Gegenstand von Diskussionen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Dabei geht die Debatte in Deutschland in erster Linie um die Einbettung dieses neuen Instrumentariums in die heute herrschende, im wesentlichen emissionsorientierte Ausrichtung des Umweltrechts. Angesprochen werden auch die Verbindung von Umweltqualitätszielen mit planerischen Elementen, ihre Rolle in der augenblicklichen „Deregulierungsdiskussion“2, die Bedeutung der Formulierung von Qualitätszielen für die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung und schließlich das nachfolgend im Mittelpunkt stehende Verhältnis von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen3.

Es erscheint dabei nicht übertrieben zu behaupten, daß die gegenwärtige Diskussion im deutschsprachigen Raum4 sehr stark von den diesbezüglichen Tendenzen und Bestrebungen

1 Zu bemerken ist, daß Umweltqualitätsziele durchaus schon sehr früh in Betracht gezogen wurden. Vgl.

etwa auf europäischer Ebene das erste Aktionsprogramm der Gemeinschaft für den Umweltschutz, ABl.

1973 C 112, 1. In den achtziger Jahren hat die Gemeinschaft dann auch Luftqualitätsnormen erlassen, hierzu noch unten III.1.

2 Vgl. zu dieser Diskussion in der Gemeinschaft unter Berücksichtigung der Entwicklung der (verwirklichten) Gesetzgebungsvorhaben Gerd Winter, Subsidiarität und Deregulierung im Gemeinschaftsrecht, EuR 1996, 247 ff.

3 Vgl. zusammenfassend zur Diskussion und den verschiedenen Interpretationsansätzen m.w.N. Wolfgang Köck, Umweltqualitätsziele und Umweltrecht. Die neue Umweltzieldebatte und ihre Bedeutung für das regulative Umweltrecht, ZUR 1997, 79 ff.

4 Die Situation in anderen Mitgliedstaaten ist aus verschiedenen Gründen politischer, geographischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Art teilweise sehr unterschiedlich. So verläuft die Diskussion etwa in Großbritannien schon deshalb anders, weil der in der IVU-Richtlinie zum Ausdruck gekommene integrierte Ansatz dort schon länger Einzug in die Gesetzgebung gefunden hat. In anderen Mitgliedstaaten dagegen ist das Umweltrecht weniger entwickelt, so daß sich wesentlich andere Fragen stellen.

(2)

in der Europäischen Union beeinflußt und geprägt ist5. Stichworte in diesem Zusammenhang sind die neue Richtlinie 96/61 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung6 und die von der Kommission angestrebte neue

„ressourcenorientierte“ Konzeption im Bereich des Gewässerschutzes7. Aus dem Bereich des Schutzes vor Luftverunreinigungen ist auch die weniger „spektakuläre“, aber gleichwohl in unserem Zusammenhang zu beachtende RL 96/62 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität8 zu erwähnen.

Dies soll zum Anlaß genommen werden, entsprechend dem Vorschlag der Tagungsleitung speziell Ausgestaltung, Rückgriff und Verhältnis von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen im europäischen Gemeinschaftsrecht9 nachzugehen. Zu berücksichtigen sind dabei - nach einigen grundsätzlichen Ausführungen zu den Konzepten von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen sowie sektorielle und integriertem Ansatz im Gemeinschaftsrecht (II.) - sowohl die sektoriellen, medienspezifischen Bestimmungen als auch die insbesondere in der IVU-Richtlinie, aber auch in der Mitteilung zu einer Wasserrahmenrichtlinie und dem Grundwasseraktionsplan zum Ausdruck gekommene bereichsübergreifende „integrierte“ Tendenz (III.). Über die konkrete Ausgestaltung des Verhältnisses von Qualitätszielen und Emissionsnormen hinaus soll auch eine Beziehung zu den vertraglich vorgegebenen Anforderungen hergestellt werden, wobei den Vorgaben des Art. 130r EGV und dem Ziel der Verwirklichung des Binnenmarktes eine besondere Bedeutung zukommt (IV.). Die Untersuchung mündet dann in ein vier Thesen umfassendes Fazit des Soll-Zustandes der Ausgestaltung des Verhältnisses von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen (V.), wobei auch auf die Konformität der geltenden Rechtslage mit diesen

5 Vgl. aber auch den Bericht vom Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Ein Mehrstufenmodell zur Festlegung von Umweltstandards - Zur Umsetzung einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung, ZAU 1996, 166 f., wo darauf hingewiesen wird, daß es allein in Deutschland 154 Listen mit Umweltstandards verschiedener Arten gibt. Bemängelt wird in diesem Bericht auch, daß die Umweltstandards verschiedene Unzulänglichkeiten aufweisen, wovon Verfahrensmängel verschiedener Art hervorzuheben sind. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, daß die Entscheidung darüber, welchen Umweltstandard man für akzeptabel hält, natürlich eine politische Entscheidung ist, die eben auch - unter entsprechendem Einbezug der Öffentlichkeit - von den hierfür legitimierten Organen zu treffen ist. Um dem abzuhelfen, legt der RSU in dem Bericht ein Modell eines Mehrstufenverfahrens zur Festlegung von Umweltstandards vor.

6 Abl. 1996 L 257, 26.

7 Vgl. zu den aktuellen allgemeinen Überlegungen für eine Rahmenrichtlinie über Wasserressourcen den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Die Wasserpolitik der Europäischen Union“, KOM (96) 59 endg. S. hierzu die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ABl.

1997 C 30, 5. S. auch den Vorschlag der Kommission für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft für Grundwasserschutz und -bewirtschaftung, KOM (96) 315 endg.

8 ABl. 1996 L 296, 55.

9 Ausgespart werden allerdings die von der Gemeinschaft abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge auf dem Gebiet des Umweltrechts, die in der Regel für unsere Fragestellung nicht relevant sind.

(3)

Postulaten, denen grundsätzlich ein rechtlich verbindlicher Charakter zukommt, einzugehen ist.

II. Zu den Konzepten Umweltqualitätsziele - Emissionsnormen und sektorieller - integrierter Ansatz in der Europäischen Union

Auch in der Europäischen Union geht es letztlich um ähnliche Grundfragen hinsichtlich der Wahl des umweltpolitischen Instrumentariums wie auf der mitgliedstaatlichen Ebene, so daß der Bedeutungsinhalt - auch wenn der konkrete Sprachgebrauch manchmal variieren mag - der verschiedenen Konzepte sich grundsätzlich durchaus deckt. Im Sinne einer Klarstellung der in diesem Beitrag verwendeten Terminologie seien die beiden in unserem Zusammenhang zentralen Begriffe bzw. Konzeptionen kurz skizziert:

- Umweltqualitätsnormen zeichnen sich dadurch aus, daß sie an die Qualität von Umweltmedien oder Umweltschutzgüter anknüpfen und diesbezüglich ein bestimmtes zu erreichendes Niveau definieren, wobei dieses sich sowohl auf die Schadstoffeinbringung als auf eine sonstige Inanspruchnahme der Umweltmedien etwa durch Flächenverbrauch oder Ressourcenentnahme beziehen kann10. Deutlich wird damit auch, daß Umweltqualitätsziele einen sehr komplexen Charakter aufweisen, so daß ihre Definition auf der Grundlage solider wissenschaftlicher Forschung erfolgen sollte. Ihrer Festlegung liegt aber gleichwohl jedenfalls eine Wertentscheidung zugrunde, muß doch entschieden werden, welche Umweltqualität man letztlich garantieren will. Daher sind die in diesem Zusammenhang heranzuziehenden Verfahren von zentraler Bedeutung11; grundsätzlich sind nämlich solche politischen Entscheidungen von den hierfür demokratisch legitimierten Organen zu treffen.

Emissionsstandards beziehen sich ausschließlich auf die Quantität der Abgabe von Schadstoffen in ein oder mehrere Umweltmedien, knüpfen also bei der individuellen Setzung der Ursachen von Umweltbelastungen an und definieren hier gewisse einzuhaltende Grenzwerte. Maßnahmen, die der Inanspruchnahme von Umweltressourcen im Einzelfall12 begrenzen, verfolgen einen parallelen Regelungsansatz und sind insoweit mit Emissionsstandards vergleichbar.

10 Vgl. Köck, ZUR 1997 (Fn. 3), 79 f. m.w.N. Zur Bedeutung und verschiedenen Varianten von Umweltstandards auch Lothar F. Neumann/Andreas Pastowski, Vor- und Nachteile einheitlicher EG- Umweltstandards unter ökologischen und wettbewerblichen Gesichtspunkten, in: Hans D. Jarass/Lothar F.

Neumann, Umweltschutz und Europäische Gemeinschaften, Berlin u.a. 1992, 105 (110 ff.).

11 S. in diesem Zusammenhang auch Köck, ZUR 1997 (Fn. 3), 79 (85 f.).

12 Also etwa den Energieverbrauch bestimmter Maschinen regeln.

(4)

Anlaß zu Diskussionen gibt in der Europäischen Union im Augenblick in erster Linie das Verhältnis von Qualitätszielen und Emissionsnormen im Bereich der Schadstoffkonzentration bzw. der Schadstoffabgabe, so daß im folgenden weitgehend eine Beschränkung auf diese Bereiche erfolgt. Allerdings dürften die angestellten Überlegungen auch auf parallel gelagerte Konstellationen übertragbar sein.

- Der (traditionelle) sektorielle Ansatz umweltrechtlicher Maßnahmen geht davon aus, daß in bezug auf ein bestimmtes Umweltmedium (Luft, Boden, Wasser) bestimmte Schutzmaßnahmen erforderlich sind13 oder daß die Benutzung bestimmter Umweltressourcen14 zu begrenzen ist. Im Gegensatz dazu steht der bereichsübergreifende integrierte Ansatz: Hier wird nicht auf eine einzelne umweltbelastende Tätigkeit abgestellt, sondern zu berücksichtigen ist die Gesamtheit der umweltrelevanten Tätigkeiten insbesondere von Unternehmen. Hintergrund dieser Betrachtungsweise ist insbesondere, daß erst auf diese Weise die tatsächliche Belastung von Umwelt und Ressourcen ersichtlich wird; verhindert werden soll durch diese Konzeption, daß lediglich eine Verlagerung der Umweltbelastungen von einem Bereich auf einen anderen stattfindet.

Im Gemeinschaftsrecht gehen die neueren verfahrensorientierten Instrumente von dieser Sicht aus. Zu erwähnen sind neben der IVU-Richtlinie15 insbesondere die UVP- Richtlinie16, die Verordnung über Umweltzeichen17 und die Öko-Audit-Verordnung18. Die Frage des Verhältnisses von Qualitätszielen und Emissionsnormen stellt sich auch bei den zuletzt genannten Rechtsakten: Sobald nämlich auf ein integriertes Konzept zurückgegriffen wird, müssen die Auswirkungen einer bestimmten Aktivität auf die Umwelt bewertet werden, was über Emissionsnormen oder/und über Umweltqualitätsziele erfolgen kann. Allerdings fallen Art und Weise der Problemstellungen bei den einzelnen Rechtsakten jedoch sehr unterschiedlich aus. Das Verhältnis zwischen Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen ist dabei nur in der

13 Zum Schutz der Luft werden also z.B. die Emissionen von SO2 durch Industrieunternehmen begrenzt.

14 Z.B. Energie oder Holz.

15 Fn. 6.

16 Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Vorhaben, ABl. 1985 L 175, 40.

17 Verordnung 880/92 betreffend ein gemeinschaftliches System zur Vergabe eines Umweltzeichens, ABl.

1991 L 99, 1.

18 Verordnung 1836/93 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung, ABl. 1993 L 168, 1.

(5)

IVU-Richtlinie19 explizit geregelt, so daß im folgenden auf die übrigen integrativen Ansätze in den genannten Gemeinschaftsrechtsakten nicht eingegangen wird20.

Hinzuweisen ist aber jedenfalls darauf, daß die Wahl eines sektoriellen oder integrativen Ansatzes nicht diejenige zwischen Emissionsnormen und Umweltqualitätszielen präjudiziert. Umweltqualitätsziele können also durchaus auch im Rahmen eines sektoriellen Ansatzes verfolgt und zugrundegelegt werden21, ebenso wie auch ein integrativer Ansatz auch von (gewissen) Emissionsgrenzwerten ausgehen kann; die beiden Unterschiedungen decken sich also nicht notwendigerweise, und es handelt sich hier um durchaus zu trennende Problemkreise.

Auch wenn es in der Europäischen Union - wie schon angedeutet - im Hinblick auf die Wahl der Regelungsansätze im Umweltrecht materiell um parallele Fragestellungen geht wie im nationalen Recht, ist die Situation in der Europäischen Union doch um ein vielfaches komplexer als auf nationaler Ebene. Die in der Union getroffenen oder angestrebten Entscheidungen und Weichenstellungen sind immer auch vor dem Hintergrund der damit angesprochenen Besonderheiten der europäischen im Vergleich zur nationalen Ebene zu sehen. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, seien daher die m.E. in unserem Zusammenhang wesentlichen Elemente - die auch schon teilweise den Rahmen der noch zu erörternden spezifischen Aspekte des Verhältnisses von Qualitätszielen und Emissionsnormen in der Gemeinschaftsrechtsordnung abstecken - kurz angesprochen:

- Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Zulässigkeit gemeinschaftlicher Tätigkeiten ist neben der Frage der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gemeinschaft22 - die in unserem Bereich heute wohl kein Problem mehr darstellt - jedenfalls das Subsidiaritätsprinzip des Art. 3b Abs. 2 EGV zu beachten23. Daher stellt sich die Frage, ob dieser Grundsatz

19 Fn. 6.

20 Vgl. zu dem Regelungsgehalt der anderen genannten Rechtsakte m.w.N. Astrid Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 1997, 171 ff. Zum Öko-Audit jüngst die Beiträge von Wolfgang Köck und Heiko Falk, in: Astrid Epiney (Hrsg.), Öko-Audit und die Schweiz, Freiburg 1997 (im Erscheinen).

21 S. unten III.1.

22 Man spricht hier in der Regel vom „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“. Vgl. ausführlich dazu Hans-Peter Kraußer, Das Prinzip begrenzter Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip des EWG-Vertrages, 1991.

23 Hierzu aus der umfangreichen Literatur etwa Hans D. Jarass, EG-Kompetenzen und das Prinzip der Subsidiarität nach Schaffung der Europäischen Union, EuGRZ 1994, 209 ff.; Wolfgang Kahl, Möglichkeiten und Grenzen des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 3b EG-Vertrag, AöR 118 (1993), 414 ff.;

Helmut Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip. Strukturprinzip einer Europäischen Union, 1993; Stefan Ulrich Pieper, Subsidiarität, 1994; s. speziell zu seiner Bedeutung im Bereich des Umweltrechts Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 84 ff.; Hans D. Jarass/Frank Schreiber, Entfaltung des Subsidiaritätsprinzips im Umweltrecht, in: Hans D. Jarass/Lothar F. Neumann (Hrsg.), Leistungen und Grenzen des EG- Umweltschutzes, 1994, 124 ff.; Adrienne Héritier, Subsidiaritätsprinzip im Bereich Umweltpolitik, in:

Rudolf Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union - Bedeutung und Wirkung für ausgewählte Politikbereiche, 1995, 87 ff.; umfassend Christian Calliess, Subsidiaritäts- und

(6)

möglicherweise der Setzung bestimmter Normen oder Standards entgegenstehen könnte24.

- Damit in engem Zusammenhang steht das in der Union zentrale Zusammenspiel von gemeinschaftlichen und mitgliedstaatlichen Regelungen: Beide Arten von Rechtsordnungen sind in verschiedener Form miteinander verzahnt, wobei sie jedoch in je nach Bereich unterschiedlicher Weise auch interdependent sind25. Dies wirft dann auch die Frage auf, welche Regelungen auf welcher Ebene getroffen werden sollen bzw.

müssen.

- Angesprochen werden damit auch die vertraglichen Grundlagen: Aus dem EG-Vertrag ergeben sich für die Ausgestaltung der gemeinschaftlichen Umweltpolitik und damit auch des Umweltrechts verschiedene inhaltliche Vorgaben26; zudem ist dem Vertrag der Auftrag zur Verwirklichung des Binnenmarktes zu entnehmen27. Aufgeworfen wird damit die Frage nach dem Spannungsfeld zwischen umwelt- und binnenmarktorientierter Rechtsetzung sowie nach dem Aussagegehalt der vertraglichen Vorgaben für die Art und Weise des Rückgriffs auf Umweltqualitätsziele und/oder Emissionsnormen.

- Nicht zu vernachlässigen sind schließlich die unterschiedlichen geographischen, wirtschaftlichen und politischen Ausgangspunkte der verschiedenen Mitgliedstaaten, die sich häufig auch auf den Inhalt der letztlich durch den Rat (mit-) entschiedenen Rechtsakte auswirken28. Von besonderer Bedeutung für die Ausgestaltung des Verhältnisses von Emissions- und Umweltqualitätsnormen ist dabei in der Gemeinschaft die unterschiedliche Interessenlage von Großbritannien und Irland einerseits und den Kontinentalstaaten andererseits, die sich in der heute geltenden Rechtslage wiederspiegelt: Während erstere nur relativ kurze Wasserläufe mit einem relativ geringen Verschmutzungsgrad, dagegen aber recht starke Westwinde kennen, sind die Kontinentalstaaten mit langen, eher verschmutzten Wasserläufen und tendenziell schwächeren Winden konfrontiert. Dies führt dazu, daß die Inselstaaten ihre

„hausgemachte Verschmutzung“ eher in größeren Räumen bis zu einem gewissen Grad

Solidaritätsprinzip in der Europäischen Union: Vorgaben für die Anwendung von Art. 3b EGV am Beispiel der gemeinschaftlichen Wettbewerbs- und Umweltpolitik, 1996. Jüngst auch Winter, EuR 1996 (Fn. 2), 247 ff.

24 Hierauf wird zurückzukommen sein, s.u. IV.1.

25 Vgl. die Analyse der verschiedenen Konstellationen der gegenseitigen Einwirkungen bei Astrid Epiney, Umgekehrte Diskriminierungen, 1995, 501 ff.

26 S. insbesondere Art. 130r EGV. Hierzu Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 93 ff.

27 Vgl. insbesondere Art. 7a Abs. 1 EGV. Zum Begriff des Binnenmarktes Epiney, Umgekehrte Diskriminierungen (Fn. 25), 215 ff.

28 Zur Rolle der Mitgliedstaaten im Rat als Akteure in der gemeinschaftlichen Umweltpolitik Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 37 ff.

(7)

„neutralisieren“ können und daher eher an Immissionsnormen interessiert sind, während die Kontinentalstaaten zumindest auch auf effiziente Emissionsnormen angewiesen sind, wobei diese natürlich Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation der betroffenen Unternehmen entfalten.

Deutlich wird damit auch, daß sich die gemeinschaftliche Umweltpolitik damit auf einem relativ schmalen Grad zwischen dem Ausgleich verschiedener rechtlicher und politischer Interessen und Vorgaben bewegt.

III. Der Rückgriff auf Umweltqualitätsziele im Gemeinschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu Emissionsnormen - vier Fallgruppen

Art und Weise des Rückgriffs auf Umweltqualitätsziele im Gemeinschaftsrecht und die Ausgestaltung ihres Verhältnisses zu Emissionsnormen lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Ziel des folgenden Abschnitts ist es, die in diesem Zusammenhang relevanten Regelungen auf der Ebene des gemeinschaftlichen Sekundärrechts bzw. die diesbezüglichen Vorschlägen und Tendenzen der Kommission unter diesem Aspekt zu untersuchen und auf ihre (möglichen) Rückwirkungen einzugehen. M.E. können hier insgesamt fünf Fallgruppen unterschieden werden:

1. Isolierte Umweltqualitätsziele

Ein erster Ansatz in den gemeinschaftlichen Regelungen besteht darin, in Richtlinien Umweltqualitätsziele festzuschreiben, ohne jedoch damit in irgendeiner Form in einer rechtlichen Verbindung stehend Emissionsnormen festzulegen. Vor diesem Hintergrund soll diese Fallgruppe mit „isolierte Umweltqualitätsziele“ bezeichnet werden. Solche finden sich in erster Linie im spezifisch medienschützenden Recht, also in solchen Rechtsakten, die den Schutz eines bestimmten Umweltmediums (Luft, Wasser, Boden) vor Belastungen zum Gegenstand haben. Hinzuweisen ist insbesondere auf folgende Regelungen:

- Im Gewässerschutzrecht29 hat die Gemeinschaft in einer recht ausdifferenzierten Form verschiedene Qualitätsstandards - wobei noch zwischen den jedenfalls verbindlichen Grenzwerten und den längerfristige Zielvorgaben festschreibenden Leitwerten

29 Zum gemeinschaftlichen Gewässerschutzrecht allgemein Stanley P. Johnson/Guy Corcelle, The environmental policy of the European Communities, 2. Aufl., London u.a. 1995, 29 ff.; Gerhard M.

Veh/Günther-Michael Knopp, Gewässerschutz nach EG-Recht. Textausgabe mit systematischer

(8)

unterschieden werden kann - für Gewässer je nach ihrer Nutzungsart festgelegt30. Grundgedanke dieser Regelungen ist im Hinblick auf die Nutzungsart der betroffenen Gewässer die hierfür erforderliche Qualität zu garantieren. Auf welche Weise dies dann erreicht wird, ist grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, die die hierfür notwendigen Maßnahmen zu treffen haben. Allerdings schreiben die einschlägigen Richtlinien teilweise die Erstellung von Plänen zur Sanierung der betroffenen Gewässer vor. Diese Konzeption liegt folgenden Richtlinien zugrunde:

- Richtlinie 75/440 über die Qualitätsanforderungen an Oberflächenwasser für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten31;

- Richtlinie 80/778 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserrichtlinie)32;

- Richtlinie 76/160 über die Qualität der Badegewässer33;

- Richtlinie 78/659 über die Qualität von Süßwasser, das schutz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten34;

- Richtlinie 79/923 über die Qualitätsanforderungen an Muschelgewässer 35.

Der Erfolg dieser Richtlinien darf insgesamt als bescheiden bezeichnet werden; die vorgeschriebenen Grenzwerte werden häufig nicht eingehalten, und es ist eher die Ausnahme denn die Regel, daß die Mitgliedstaaten der ihnen ggf. obliegenden Verpflichtung zur Ausarbeitung geeigneter Sanierungspläne36 korrekt nachkommen37. Bezeichnend sind hier u.a. auch die Ergebnisse einer jüngst erfolgten Studie, wonach

Darstellung, Stuttgart u.a. 1995, 35 ff.; Peter Moritz Delwing, Umsetzungsprobleme des EG-Wasserrechts.

Dargestellt für das Abwasserrecht der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 1995, 42 ff.

30 Vgl. spezifisch zu diesen Regelungen Pascale Kromarek, Oberflächen- und Grundwasserschutz, in: Hans- Werner Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht und europäische Umweltpolitik, 1988, 59 (62 f.);

Jürgen Salzwedel, Richtlinien der EG auf dem Gebiet des Gewässerschutzes und neue Entwicklung im deutschen Recht, in: Hans-Werner Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht und europäische Umweltpolitik, 1988, 77 ff.; Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 220 ff.

31 ABl. 1975 L 194, 34.

32 ABl. 1980 L 229, 11.

33 ABl. 1976 L 31, 1.

34 ABl. 1978 L 222, 1.

35 ABl. 1979 L 281, 47.

36 Hierzu insbesondere den siebten Bericht der Kommission über die Kontrolle und Anwendung des Gemeinschaftsrechts, ABl. 1990 C 232, 25, wo die Kommission darauf hinweist, daß die Mitgliedstaaten der in der RL 75/440 statuierten Pflicht zur Aufstellung von Sanierungsplänen entweder unzureichend oder gar nicht nachkommen. S. auch EuGH, Rs. C-58/89, Slg. 1991, I-4983.

37 Vgl. in bezug auf die RL 80/778 Christoph Demmke, Die Implementation von EG-Umweltpolitik in den Mitgliedstaaten. Umsetzung und Vollzug der Trinkwasserrichtlinie, 1994, 72 ff., 253 ff.; s. auch S. R.

Macrory, The Enforcement of Community Environmental Laws: Some Critical Issues, CMLRev 1992, 347 ff.; Alexander Schink, Vollzugsdefizite im Umweltschutz, ZAU 1993, 16 ff.; s. jüngst den Überblick im 13.

Bericht der Kommission über die Kontrolle und Anwendung des Gemeinschaftsrechts, ABl. 1996 C 303, 1 (52 f.); s. auch die Mitteilung der Kommission über die Durchführung des Umweltrechts in der Gemeinschaft, KOM (96) 500 endg. , 2 f., 30.

(9)

insgesamt 1700 Strände an Binnengewässern (30%) den Anforderungen der RL 76/160 nicht genügen, und insgesamt mehr als 3000 Badegebiete der Union nicht den Anforderungen der Richtlinie entsprechen38. Zudem ist auffällig, daß die vorgesehenen Immissionsgrenzwerte (isoliert) auf eine bestimmte Nutzungsart der Gewässer abstellen, womit die globalen ökologischen Zusammenhänge mitunter nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden können. Zudem sind diese Qualitätsnormen nur solange maßgeblich, als die entsprechende Nutzung fortbesteht.

- Im Luftreinhalterecht39 hat die Gemeinschaft für Schwefeldioxid, Schwebestaub, Stickstoffdioxid und Blei Luftqualitätsnormen festgelegt. Die Konzeption dieser Richtlinien folgt im großen und ganzen derjenigen im Bereich des Gewässerschutzrechts.

Es handelt sich um folgende Rechtsakte:

- Richtlinie 80/779 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebstaub40;

- Richtlinie 82/884 betreffend einen Grenzwert für den Bleigehalt in der Luft41; - Richtlinie 85/203 über Luftqualitätsnormen für Stickstoffdioxid42.

Auch in diesem Bereich ist nicht ersichtlich, daß die Qualitätsziele als solche tatsächlich zu einer Verbesserung der Luftqualität beigetragen hätten; ebenso wie beim Gewässerschutz sind die Maßnahmen der Mitgliedstaaten häufig unzureichend43.

Eine„modernisierte Version“ dieser Konzeption liegt der RL 96/62 über die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität44 zugrunde. Diese Richtlinie bezweckt, über die Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen für die Gemeinschaft schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt45 zu vermeiden bzw. zu verringern. Für bestimmte, im Anhang aufgeführte Schadstoffe hat der Rat innerhalb gewisser Fristen nach bestimmten genauer ausgeführten Kriterien Immisssionsgrenzwerte festzulegen, Art. 4 RL 96/62. Die Mitgliedstaaten haben dann die „erforderlichen

38 Agence Europe Nr. 6728 vom 15.5.1996, 10.

39 Vgl. zum Luftreinhalterecht in der Gemeinschaft Hans-Joachim Koch, Luftreinhalterecht in der Europäischen Gemeinschaft, DVBl 1992, 124 ff.; Johnson/Corcelle, Environmental Policy (Fn. 29), 126 ff.; Stefan Caspari, Die Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaft. Eine Analyse am Beispiel der Luftreinhaltepolitik, Baden-Baden 1995, 81 ff.

40 ABl. 1980 L 229, 30.

41 ABl. 1982 L 378, 15.

42 ABl. 1985 L 87, 1.

43 Vgl. die Bewertung bei Caspari, Umweltpolitik (Fn. 39), 193 ff. mit zahlreichen statistischen Nachweisen;

s. auch Christoph Knill/Adrienne Héritier, Neue Instrumente in der europäischen Umweltpolitik: Strategien für eine effektive Implementation, in: Gertrude Lübbe-Wolff (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, 209 (218 ff.).

44 ABl. 1996 L 296, 55.

45 Womit deutlich wird, daß auch dieser Rechtsakt, wie wohl alle neueren umweltrechtlichen Akte der Gemeinschaft, ein integriertes Konzept zugrundelegt.

(10)

Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Einhaltung dieser Grenzwerte sicherzustellen, wobei insbesondere ein integrativer Ansatz zugrundezulegen ist, Art. 7 RL 96/62. Im Falle der Überschreitung der Grenzwerte in bestimmten Gebieten haben die Mitgliedstaaten Programme oder Pläne auszuarbeiten, die die Einhaltung der Grenzwerte gewährleisten können. Zudem sind der Richtlinie Vorgaben in bezug auf die Methoden bei der Beurteilung der Luftqualität zu entnehmen, Art. 5, 6 RL 96/62.

Durch eine derartige Festlegung von Umweltqualitätszielen wird sicherlich dem Umstand Rechnung getragen, daß eine Begrenzung bestimmter Schadstoffkonzentrationen aus verschiedenen Gründen (Schutz der Gsundheit, nachhaltiger Schutz der natürlichen Lebensräume) ebenso sinnvoll wie notwendig ist. Auf den ersten Blick sinnvoll scheint es auch zu sein, den Mitgliedstaaten die Ergreifung der zu ihrer Einhaltung geeigneten Maßnahmen zu überlassen. Allerdings hat die praktische Erfahrung gezeigt, daß es in der Gemeinschaft sehr schwierig ist, die Einhaltung von Immissionsgrenzwerten zu garantieren, ohne parallel dazu in irgendeiner Form auch die hierfür verantwortlichen Emissionsgrenzwerte zu überprüfen oder vorzuschreiben. Zudem erscheint eine gewisse Festschreibung von Emissionsnormen auch im Hinblick auf die Verwirklichung eines unverfälschten Wettbewerbs sinnvoll. Die Gemeinschaft hat denn auch eine Reihe ebenfalls

„isolierter“ emissionsbezogener Bestimmungen erlassen46, die aber keine Verbindung zu den Qualitätszielen herzustellen.

2. Das „Alternativkonzept“

Im Gewässerschutzrecht greift die Richtlinie 76/464 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft47 auf ein spezifisches Konzept zurück, das vor dem Hintergrund der erwähnten Interessenlage Großbritanniens und Irlands - die kurze Gewässer mit relativ geringem Verschmutzungsgrad aufweisen48 - zu sehen ist: Art. 6 Abs. 1 RL 76/464 sieht - entsprechend der Konzeption der Richtlinie als Rahmenrichtlinie - vor, daß der Rat generall-abstrakte Emissionsbegrenzungen für bestimmte, als gefährlich angesehene Stoffe49 in gesondert zu verabschiedenden Ausführungsrichtlinien festlegt. Diese dürfen dann von den Mitgliedstaaten nicht überschritten werden. Der Rat hat bislang nur für sehr wenige der vorgesehenen Stoffe auch

46 Hierzu Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 238 ff.

47 ABl. 1976 L 129, 23.

48 Vgl. oben II.

49 Diese sind in der Liste I aufgeführt.

(11)

tatsächlich Grenzwerte festgesetzt; der Rahmen der Richtlinie wurde bei weitem nicht ausgeschöpft50. Daneben setzt der Rat aber auch Qualitätsziele für diese Stoffe fest, Art. 6 Abs. 2 RL 76/464. Interessant ist nun das Verhältnis dieser beiden Typen von Grenzwerten, die sich gerade auf dieselben Stoffe beziehen: Wird den Immissionsnormen regelmäßig entsprochen, sind die betroffenen Mitgliedstaaten von der Einhaltung der nach Art. 6 Abs. 1 RL 76/464 festgelegten Emissionsgrenzwerte entbunden, Art. 6 Abs. 3 RL 76/464. Weitere materielle Voraussetzungen51 für die Möglichkeit der Nichtbeachtung der Emissionsgrenzwerte sind nicht vorgesehen.

Diese Regelung führt dazu, daß alternativ unter den genannten Voraussetzungen entweder die festgelegten Emissionsgrenzwerte oder aber die Immissiongrenzwerte gelten, weshalb dieser Ansatz als „Alternativkonzept“ bezeichnet werden kann: Werden die Immissionswerte eingehalten, sind die Emissionsgrenzwerte nicht mehr verbindlich; allerdings zieht die Nichteinhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht notwendigerweise eine Verpflichtung zur Verschärfung der Emissionsgrenzwerte nach sich, sondern letztere gelten dann ausschließlich.

Insofern handelt es sich bei den qualitätsbezogenen Werten der RL 76/464 nicht um

„Grenzwerte“, sondern um letztlich - unter der Voraussetzung der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte - unverbindliche Qualitätsziele. Die allgemeine „Ausschaltung“ der Emissionsgrenzwerte im Falle der Erreichung der Qualitätsziele wirft zudem die Frage auf, ob hierdurch eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung garantiert werden kann, führt dies doch dazu, daß unbegrenzt viele Emissionen freigesetzt werden können.

3. Das „Additionskonzept“

Anstatt alternativ die Einhaltung von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen vorzuschreiben, ist es auch möglich, beide kumulativ in dem Sinn vorzusehen, daß sowohl Emissionswerte als auch bestimmte Umweltqualitätsziele eingehalten werden müssen. Daher kann hier vom „Additionskonzept“ gesprochen werden.

Ansätze hierzu finden sich im Bereich des Bodenschutzes: Die RL 86/278 über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft52 legt Höchstwerte für die Konzentration von Schwermetallen der mit Klärschlamm angereicherten Böden und für die Konzentration von Schwermetallen in den Schlämmen selbst fest. Darüber hinaus enthält sie aber auch emissionsbezogene

50 Vgl. die Zusammenstellung bei Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 229.

51 Vgl. aber zum Verfahren die Einzelheiten in Art. 6 Abs. 3 RL 76/464.

(12)

Bestimmungen. So darf die jährlich in die Böden eingebrachte Menge einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Auch dürfen zu bestimmten Zeiten und auf Flächen mit bestimmten Nutzungen Klärschlämme überhaupt nicht verwendet werden. Allerdings findet keine direkte Koppelung dieser verschiedenen Maßnahmen statt; die Vorgaben sind jedenfalls kumulativ zu erfüllen, wobei die vorgesehenen Emissionsnormen - neben der Verhinderung einer übermäßigen Belastung insgesamt - auch zur Einhaltung der Qualitätsziele beitragen sollen.

Auch beziehen sich die Emissionsnormen nicht auf einzelne Anlagen, sondern auf die insgesamt einzubringende Menge von Schadstoffen.

4. Das „Kooperationskonzept“: die IVU-Richtlinie

Eine„echte“ Verbindung zwischen Qualitätsstandards und Emissionsgrenzwerten bietet die Richtlinie 96/61 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung53 an54. Die Ausgestaltung des Verhältnisses von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen in dieser Richtlinie ist vor dem Hintergrund ihrer grundsätzlichen Konzeption zu sehen, die sich in folgenden Punkten zusammenfassen läßt55:

- Ausgangspunkt und Grundlage der in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen ist ein medienübergreifendes und integratives Konzept, durch das ein Schutz der „Umwelt insgesamt“56 erreicht werden soll57. Angestrebt wird also eine Vermeidung bzw.

Verminderung von Beeinträchtigungen aller Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden), wobei sich der Regelungsgehalt der Richtlinie allerdings auf Fragen der

52 ABl. 1986 L 181, 6.

53 Abl. 1996 L 257, 26. Zur Entstehungsgeschichte der Richtlinie Bernd Becker, Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU/IPPC). Kommentar, Loseblattsammlung, Stand 1997, 2.31.

54 Vgl. zu dieser Richtlinie bzw. dem endügltigen Vorschlag, der dann aber im wesentlichen übernommen wurde, Ludwig Krämer, Der Richtlinienvorschlag über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, in: Hans-Werner Rengeling (Hrsg.), Integrierter und betrieblicher Umweltschutz, 1996, 51 ff.; Jürgen Dürkop/Harald Kracht/Andreas Wasielewski, Die künftige EG-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) - Perspektiven für das deutsche Recht nach dem Gemeinsamen Standpunkt des EG-Umweltministerrats -, UPR 1995, 425 ff.;

Jörn Schnutenhaus, Stand der Beratungen des IPPC-Richtlinienvorschlags der Europäischen Union, NVwZ 1994, 671 ff.; Jörn Schnutenhaus, Die IPPC-Richtlinie. Eine umweltrechtliche und politikanalytische Betandsaufnahme, ZUR 1994, 299 ff.; Dieter Sellner/Jörn Schnutenhaus, Die geplante EG-Richtlinie zu

„Integrated Pollution Prevention and Control (IPC)“, NVwZ 1993, 828 ff.; Andreas Wasielewski, Die geplante IPC-Richtlinie der EU. Stand der Beratungen einer Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU) am Ende der deutschen Präsidentschaft, UPR 1995, 90 ff.; Becker, IVU (Fn. 53).

55 Vgl. schon den Überblick bei Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 213 ff.

56 So Art. 9 Abs. 1 RL 96/61.

(13)

Schadstoffeinbringung in die Umwelt konzentriert58. Abgestellt wird also nicht auf Emissionsbegrenzungen in bezug auf bestimmte Umweltmedien oder bestimmte Stoffe, sondern die Gesamtheit der für die Qualität der Umweltmedien relevanten Tätigkeiten der Unternehmen ist zu berücksichtigen. Materiell liegt der Schwerpunkt der Richtlinie auf den Voraussetzungen für die Inbetriebnahme und damit die Genehmigung bestimmter besonders umweltrelevanter Industrieanlagen.

- Die Mitgliedstaaten haben sich zu vergewissern, daß die Anlagenbetreiber gewisse Grundpflichten beachten. Diese umfassen nach Art. 3 RL 96/61 etwa die Verpflichtung zur präventiven Eindämmung der Umweltbelastungen, zur Vermeidung „erheblicher“

Umweltverschmutzungen oder zum Ergreifen geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung von Unfällen.

- Kernelement der Konzeption der Richtlinie ist das Prinzip der Genehmigung der in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Industrieanlagen: Alle derartigen Anlagen sind einer Genehmigungspflicht zu unterwerfen; diese darf nur unter der Voraussetzung der Einhaltung der Anforderungen der Richtlinie erfolgen, Art. 4, 8 RL 96/6159.

- Die materiellen Mindestanforderungen an die der Richtlinie unterfallenden Anlagen ergeben sich aus Art. 9, 10 RL 96/61. Diese umfassen - neben dem noch zu erörternden Erfordernis der Einhaltung von Umweltqualitätszielen und Emissionsnormen - insbesondere die Pflicht der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, daß in der Genehmigung alle Maßnahmen aufgeführt sind, die zur Erfüllung der erwähnten Grundpflichten der Betreiber (Art. 3 RL 96/61) notwendig sind, um auf diese Weise durch den Schutz der Umweltmedien zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt insgesamt beizutragen.

- Die Öffentlichkeit ist nach Art. 15 RL 96/61 über die Genehmigungsanträge und die getroffenen Entscheidungen zu informieren. Vor der Erteilung der Genehmigung ist ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Im Hinblick auf unser Thema zentral ist Frage der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten und Qualitätszielen als Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung. Damit in engem Zusammenhang steht das Problem, auf welcher Ebene denn die zu beachtenden Werte definiert werden; in Betracht kommen die Gemeinschaft selbst oder die Mitgliedstaaten60, die

57 Allerdings erstreckt sich der Anwendungsbereich der Richtlinie nur auf Industrieanlagen, Art. Art. 2 Nr. 3 iVm Anhang I, Art. 3 RL 96/61.

58 Allerdings nicht ausschließlich. So erwähnt Art. 3 unter den Grundpflichten der Betreiber auch die effiziente Nutzung der Energie, womit auch ein Aspekt der Ressourcenverwertung einbezogen wird.

59 Zu dem für Altanlagen geltenden Regime, Art. 5 RL 96/61. Art. 6 RL 96/61 stellt einige (Mindest-) Anforderungen an die von den Anlagenbetreibern zu unterbreitenden Genehmigungsanträge.

60 Wobei bei diesen wiederum verschiedene Körperschaften hierzu befugt sein können.

(14)

entweder individuell-konkrete oder aber generell-abstrakte Regelungen treffen können. Der Regelungsgehalt der Richtlinie läßt sich durch folgende Punkte zusammenfassen:

- Für bestimmte, besonders umweltschädigende Stoffe, die in Anhang III aufgeführt sind61, muß die Genehmigung Emissionsgrenzwerte festlegen, die die zulässigen Emissionen der entsprechenden Anlage in Luft, Wasser und Boden festlegen. Es handelt sich hierbei also grundsätzlich um konkret-individuelle Werte, die für jede einzelne Anlage durch die zuständige mitgliedstaatliche Behörde festgelegt werden. Dem Ermessen der Behörde sind jedoch insofern Grenzen gesetzt, als sich die Grenzwerte auf die beste verfügbare Technik stützen müssen und zumindest den schon ggf. auf Gemeinschaftsebene festgelegten Werten entsprechen müssen, Art. 9 Abs. 4, 18 Abs. 2 Uabs. 2 RL 96/6162. Zudem haben die Genehmigungen in jedem Fall « Vorkehrungen zur weitestgehenden Verminderung der weiträumigen oder grenzüberschreitenden Umweltverschmutzung » vorzusehen und ein « hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt » sicherzustellen.

Diese Anforderungen werden jedoch nicht näher spezifiziert. Den Mitgliedstaaten steht es darüber hinaus frei, anstatt der jeweils individuell-konkreten Festlegung der Emissionsgrenzwerte in jeder Genehmigungsentscheidung diese auch in generell- abstrakten Regeln niederzulegen, sofern damit ein integriertes Konzept und ein gleichwertiges Schutzniveau für die Umwelt gewährleistet werden, Art. 9 Abs. 8 RL 96/61.

Die Richtlinie selbst legt also weder gemeinschaftsweite Grenzwerte fest noch ist ihr ein entsprechendes Mandat der Kommission zu entnehmen. Allerdings sieht Art. 18 Abs. 1 RL 96/61 vor, daß der Rat auf der Grundlage der einschlägigen vertraglichen Vorschriften Emissionsgrenzwerte für bestimmte Schadstoffe festlegt, falls sich die Notwendigkeit einer entsprechenden gemeinschaftlichen Aktivität herausstellt. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Richtlinie, ein hohes Schutzniveau zu garantieren, ist dies wohl als rechtlich verbindlicher Auftrag auszulegen. Notwendig wird eine gemeinschaftliche Maßnahme jedenfalls immer dann sein, wenn die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden oder wenn unter Berücksichtigung der Summierungseffekte insgesamt zu viele Schadstoffe emittiert werden, so daß eine

61 Wobei diese Liste jedoch nicht erschöpfend ist; die Mitgliedstaaten können also durchaus noch für weitere Stoffe Emissionsgrenzwerte festlegen.

62 Allerdings werden die gemeinschaftsrechtlich festgelegten Grenzwerte aufgrund der Aufhebung der relevanten Richtlinien mittelfristig abnehmen.

(15)

dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung nicht gewährleistet werden kann, etwa weil langfristig eine Klimaveränderung zu befürchten ist63.

Hinzuweisen ist zudem darauf, daß die IVU-Richtlinie davon ausgeht, daß die entsprechenden Bestimmungen in anderen Richtlinien - die insbesondere die Genehmigung bestimmter Anlagen an die Einhaltung gemeinschaftlich festgelegter Emissionsgrenzwerte binden - im Falle der tatsächlichen Anwendung der IVU-Richtlinie nicht mehr heranzuziehen und teilweise aufzuheben sind64.

- Art. 10 RL 96/61 verknüpft die Emissionsgrenzwerte mit den (gemeinschaftlichen65) Umweltqualitätsnormen: Falls erstere - trotz des Rückgriffs auf die beste verfügbare Technik - die Einhaltung der letzteren nicht zu gewährleisten vermögen, sind

« zusätzliche Auflagen in der Genehmigung » vorzusehen. Allerdings wird nicht präzisiert, daß diese zusätzlichen Auflagen nun tatsächlich die Einhaltung der Umweltqualitätsnormen sicherstellen müssen. So werden denn auch in dieser Bestimmung „andere Maßnahmen“ erwähnt, die zur Einhaltung der Umweltqualitätsnormen ergriffen werden können. Dies impliziert, daß die Umweltqualitätsnormen nicht zwingend schon allein aufgrund der in der Genehmigung vorgesehenen „zusätzlichen Auflagen“ erfüllt werden müssen und die Genehmigung der Anlage nicht deshalb versagt werden muß, weil die zusätzlichen Auflagen allein die Einhaltung der Umweltqualitätsnormen nicht gewährleisten können. Dies ändert allerdings nichts daran, daß den Umweltqualitätsnormen zwingender Charakter zukommt (vgl. auch Art. 2 Nr. 7 RL 96/61), so daß die Mitgliedstaaten in einem solchen Fall geeignete sonstige Maßnahmen ergreifen müssen, um ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nachzukommen. Darüber hinaus wird man jedenfalls im Sinne des effet utile dieser Vorschrift sagen können, daß die in der Genehmigung vorzusehenden zusätzlichen Auflagen zumindest dazu beitragen können müssen, daß die Umweltqualitätsziele eingehalten werden. Denken könnte man hier etwa an Betriebsbeschränkungen oder eine Reduktion der Produktion. Im Gegensatz zum ursprünglichen Vorschlag ist nicht mehr die Möglichkeit vorgesehen, auf den Rückgriff

63 Darüber hinaus muß zur Sicherstellung der Einhaltung der in der Genehmigung enthaltenen Verpflichtungen des Anlagenbetreibers diese geeignete Überwachungsmechanismen vorsehen, Art. 9 Abs.

5 RL 96/61. Sodann muß die Genehmigung durch entsprechende Auflagen sicherstellen, daß geeignete Vorkehrungen für den Fall von Betriebsstörungen getroffen und spezielle Emissionsgrenzwerte für den außerordentlichen Betrieb festgesetzt werden, Art. 6 RL 96/61.

64 Vgl. im einzelnen Art. 20 RL 96/61 iVm Anhang II RL 96/61.

65 Unter Umweltqualitätsnorm im Sinne der RL 96/61 sind nur die durch das Gemeinschaftsrecht gestellten Anforderungen an die Umweltqualität zu verstehen, Art. 2 Ziff. 7 RL 96/61.

(16)

auf die beste verfügbare Technik zu verzichten, wenn die Umweltqualitätsnormen durch weniger strenge Emissionsnormen eingehalten werden können66.

Fraglich ist, ob aus dieser den Umweltqualitätsstandards eingeräumten Rolle geschlossen werden kann, daß die Immissionsgrenzwerte auch bei der Festsetzung der Emissionsgrenzwerte in dem Sinn zu beachten sind, daß diese grundsätzlich so festzulegen sind, daß die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden können. Auch wenn dies zweifellos sinnvoll wäre, geht Art. 10 RL 96/61 wohl von einer anderen Sicht aus:

Ausgegangen wird nämlich von der besten verfügbaren Technik, die bei der Festsetzung der Emissionsnormen maßgeblich ist. Dann aber ist die Einhaltung der Umweltqualitätsstandards bei der Festsetzung der Emissionsstandards nicht zwingend zu berücksichtigen, so daß etwa auch aus wirtschaftlichen Erwägungen67 weniger strenge Emissionsstandards festgesetzt werden können, auch wenn die Einhaltung der Umweltqualitätsnormen strengere Standards verlangen würde. Immerhin sind in einem solchen Fall die erwähnten „zusätzlichen Auflagen“ vorzusehen, und die Mitgliedstaaten sind aufgrund des verbindlichen Charakters der Umweltqualitätsziele dazu verpflichtet, sonstige Maßnahmen zu ergreifen, die deren Einhaltung gewährleisten können.

Die durch die IVU-Richtlinie an die neu zuzulassenden Anlagen gestellten Anforderungen erscheinen zunächst durchaus überzeugend und sowohl in bezug auf das Ziel der Einhaltung von Umweltqualitätszielen als auch im Hinblick auf eine umfassende vorsorgende Emissionsbegrenzung angemessen. So verlangt die Richtlinie, daß die Emissionsgrenzwerte jedenfalls auf der Grundlage der besten verfügbaren Technik festgesetzt werden. Zudem sind jedenfalls die weiträumigen Umweltverschmutzungen zu berücksichtigen, und ein hohes Schutzniveau ist zu gewährleisten. Die Emissionsnormen sind jedenfalls - also unabhängig von der Erreichung der Grenzwerte für die Umweltqualität - einzuhalten; im Falle der voraussichtlichen Nichteinhaltung der Emissionsgrenzwerte sind darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Allerdings ist es zumindest Zweifeln unterworfen, ob dieses Modell tatsächlich die Emissionen in einem vertretbaren Maß halten wird und ein angemessenes Schutzniveau der Umwelt sicherstellen kann. Die diesbezüglichen Zweifel knüpfen sowohl an die Art des Rückgriffs auf Emissionsnormen als auch auf die den Umweltqualitätszielen zukommende Rolle an:

66 Sehr kritisch hierzu auf der Grundlage des Kommissionsentwurfs Sellner/Schnutenhaus, NVwZ 1993 (Fn.

54), 828 (831 ff.); Schnutenhaus, ZUR 1994 (Fn. 54), 299 (301 f.); s. aber auch etwa abweichend Ivo Appel, Emissionsbegrenzung und Umweltqualität. Zu zwei Grundkonzepten der Vorsorge am Beispiel des IPPC-Richtlinienvorschlags der EG, DVBl 1995, 399 (400 ff.).

(17)

- Die Tatsache, daß in Zukunft die Emissionsgrenzwerte nicht mehr auf Gemeinschaftsebene, sondern ggf. sogar individuell-konkret durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden (können), birgt die Gefahr in sich, daß das Schutzniveau der Emissionsgrenzwerte erheblich relativiert wird. Denn die „beste verfügbare Technik“ ist nur diejenige Technik, deren Anwendung unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen- Verhältnisses in dem jeweiligen industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbar ist68. Damit wird aber auch der „übermäßigen“ Berücksichtigung wirtschaftlicher Kosten Tür und Tor geöffnet. Zudem sieht Art. 9 Abs. 4 RL 96/61 vor, daß die technische Beschaffenheit der jeweiligen Anlagen, ihr geographischer Standort und die sonstigen örtlichen Bedingungen zu berücksichtigen sind. Die aufgrund dieser Bestimmung zu erwartende „Differenzierung“ der Emissionsgrenzwerte in der Gemeinschaft kann jedoch nicht nur negative Folgen für die Umwelt nach sich ziehen, sondern darüber hinaus auch Rückwirkungen auf die Wettbewerbssituation der Betreiber und somit auf die Verwirklichung des Binnenmarktes entfalten. Das Erfordernis schließlich, Vorkehrungen für weiträumige Umweltbelastungen zu treffen und ein hohes Schutzniveau sicherzustellen, ist so unbestimmt, daß man wohl nur selten einen Verstoß nachweisen kann.

- Was die Umweltqualitätsnormen anbelangt, so ist gerade nicht vorgeschrieben, daß die Emissionsnormen so festzulegen sind, daß diese jedenfalls einzuhalten sind, sondern im Falle ihrer Unterschreitung sind „zusätzliche Auflagen“ vorzusehen. Worin diese aber genau bestehen sollen und insbesondere welche Wirkungen sie zeitigen müssen, wird nicht präzisiert, so daß diese Vorschrift die Gefahr läuft, ineffizient zu bleiben. Es ist nämlich sehr zu bezweifeln, ob die Mitgliedstaaten denn auch tatsächlich „andere Maßnahmen“ zur Einhaltung der Umweltqualitätsnormen ergreifen werden, wozu sie jedoch aufgrund des verbindlichen Charakters derselben verpflichtet sind. Ebenfalls skeptisch stimmt die Tatsache, daß die Emissionsnormen gerade nicht in Abhängigkeit von der (voraussichtlichen) Einhaltung der Umweltqualitätsnormen festzulegen sind.

Damit dürfte aber eine gewisse „Entkopplung“ von Emissions- und Immissionsnormen einhergehen, so daß Emissionsnormen und Umweltqualitätsziele auf der Grundlage dieser Konzeption nur noch bedingt sich ergänzende Konzepte sind. Zudem werden unter Umweltqualitätsnormen nur diejenigen Anforderungen verstanden, die auf der Grundlage

67 „Beste verfügbare Technik“ ist immer nur eine wirtschaftlich vertretbare Technik, Art. 2 Ziff. 11 RL 96/61.

68 Vgl. die Legaldefinition in Art. 2 Nr. 11 RL 96/61.

(18)

gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen einzuhalten sind; wie gezeigt69 kennt die Gemeinschaft aber nur in einigen wenigen Bereichen derartige Qualitätsnormen, so daß schon die inhaltliche Tragweite dieser Verpflichtung eher begrenzt ist. Soll die Ausrichtung an Umweltqualitätszielen auf Gemeinschaftsebene aber effizient sein, müßten diese eben auch auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden70.

Insgesamt erscheinen also insbesondere zwei Aspekte der IVU-Richtlinie problematisch: zum einen der weitgehende Verzicht auf gemeinschaftliche Emissionsgrenzwerte, zum anderen die

„Entkopplung“ der Emissionsnormen von den Umweltqualitätszielen, dies insbesondere auch unter dem Aspekt, daß nur eine Pflicht zum Rückgriff auf die beste wirtschaftlich vertretbare Technik zur Emissionsbegrenzung stipuliert wird und die zusätzlichen Anforderungen der Richtlinie eher unbestimmt bleiben. Dies ist umso bedauerlicher, als der integrative Ansatz der Richtlinie sehr zu begrüßen ist, wird damit doch eine umfassende Betrachtung der Auswirkungen der umweltrelevanten Tätigkeiten eines Unternehmens ermöglicht. Eine derartige „integrierte Genehmigung“ ist aber durchaus auch auf der Grundlage der Festlegung gemeinschaftsweiter Emissionsgrenzwerte und der (verbindlichen) Ausrichtung an Umweltqualitätszielen möglich71.

5. Perspektive: das „Ressourcenkonzept“

Jüngst zeichnet sich in der Gemeinschaft ein weiterer Ansatz des Rückgriffs auf Umweltqualitätsziele und Emissionsgrenzwerte ab. Ausgehend von dem Konzept der nachhaltigen bzw. dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung wird eine quantitätsorientierte Ressourcenerhaltung angestrebt, wobei aber auch Aspekte der Qualität einbezogen werden.

Daher soll dieser Ansatz als „Ressourcenkonzept“ bezeichnet werden. Allerdings hat er noch keinen Niederschlag in konkreten verbindlichen Rechtsakten gefunden, sondern befindet sich - im Bereich der Gewässerschutzpolitik - in der Vorbereitungsphase. Daher ist auch die genaue Ausgestaltung des Rückgriffs auf Umweltqualitätsziele und ihr Verhältnis zu Emissionsgrenzwerten vielfach noch nicht genau definiert, so daß hier sowohl Präzisierungen als auch Modifikationen zu erwarten sind.

Die Gewässerschutzpolitik der Gemeinschaft befindet sich zur Zeit in einer Umbruchphase, deren grundsätzliche Ausrichtung schon im fünften Umweltaktionsprogramm72 angesprochen

69 S.o. III.1.

70 S. noch unten V.

71 Ebenso Krämer, in: Integrierter und betrieblicher Umweltschutz (Fn. 54), 56.

72 ABl. 1993 C 138, 1.

(19)

wurde: In Zukunft soll vermehrt bzw. in erster Linie eine quantitätsorientierte Ressourcenerhaltung angestrebt werden, so daß Quantität und Qualität miteinander verknüpft werden. Die Kommission hat ihre diesbezüglichen Vorstellungen73 in einer Mitteilung über die „Wasserpolitik der Europäischen Union“74 präzisiert. Angestrebt wird eine „transparente und wirksame Wasserpolitik“. Kernstück der hierfür für notwendig gehaltenen Mittel ist die Ausarbeitung einer Rahmenrichtlinie über Wasserressourcen, die die Grundprinzipien für die Bewirtschaftung der Wasservorräte in der Union festhalten soll. Dabei sollen auf der Grundlage eines integrierten Ansatzes insbesondere qualitative und quantitative Ziele der Gewässer sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Erstellung von Wasserwirtschaftsprogrammen, um diese Zielsetzungen zu erreichen, festgelegt werden.

Auch sind gewisse Überwachungs- und Informationspflichten der Mitgliedstaaten sowie eine relativ weitgehende Mitwirkung der Öffentlichkeit vorgesehen. Diese Rahmenrichtlinie soll insbesondere die RL 75/440 über Oberflächenwasser für die Trinkwassergewinnung75, die RL 78/659, 79/923 über Fisch- und Muschelgewässer76, die RL 80/68 über Grundwasser77 ersetzen und im wesentlichen die in dem 1993 vorgelegten Richtlinienvorschlag über die ökologische Qualität von Gewässern78 eingeschlagene Richtung aufgreifen. In unserem Zusammenhang sind insbesondere folgende Aspekte der in Aussicht gestellten Rahmenrichtlinie - wobei die Einzelheiten teilweise, wie erwähnt, noch präzisierungsbedürftig wären - relevant:

- Die Umweltqualitätsziele der verschiedenen Gewässer sollen auf der Grundlage einheitlicher Kriterien und unter Beachtung der vertraglichen Vorgaben - insbesondere der Erreichung eines hohen Schutzniveaus - durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden.

- Um diese Qualitätsziele zu erreichen, sollen die Mitgliedstaaten Pläne aufstellen, die die hierfür notwendigen Maßnahmen nennen. Diese müssen jedenfalls von der Einhaltung ggf. bestehender gemeinschaftlicher Emissionsgrenzwerte ausgehen, können aber auch darüber hinausgehende Maßnahmen enthalten. Von Bedeutung ist dabei, daß die Konzeption der Kommission davon ausgeht, daß die RL 76/464 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der

73 1993 hatte die Kommission bereits einen „Vorläufer“ dieser Konzeption, einen Richtlinienvorschlag über die ökologische Qualität von Gewässern, vorgelegt, KOM (93) 680 endg. Dieser ist jedoch weder im Rat noch im Parlament - die insbesondere auf ein schlüssiges Gesamtkonzept dringen - auf Zustimmung gestoßen und dürfte wenig Aussicht auf Annahme haben.

74 KOM (96) 59 endg.

75 ABl. 1975 L 194, 34.

76 ABl. 1978 L 222, 1; ABl. 1979 L 281, 47.

77 ABl. 1980 L 20, 43.

78 S. Fn. 73.

(20)

Gemeinschaft79 durch die neue Rahmenrichtlinie nicht aufgehoben werden soll, so daß insoweit Emissionsgrenzwerte auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden können.

Allerdings bleibt daran zu erinnern, daß bislang nur für sehr wenige Stoffe auf der Grundlage dieser Richtlinie auch tatsächlich Grenzwerte festgesetzt worden sind.

Dagegen soll es in Zukunft im Gefolge der Aufhebung der Grundwasserrichtlinie 80/68 keine gemeinschaftsweit geltenden Emissionsgrenzwerte mehr für Ableitungen in das Grundwasser geben80.

Für eine Bewertung dieser Perspektiven dürfte es jedenfalls noch zu früh sein, sind doch noch Präzisierungen und Modifikationen zu erwarten, deren Ausmaß nur sehr schwer abzusehen ist. Jedenfalls bedenklich stimmt aber die Tendenz, bei der Wasserwirtschaft offensichtlich hauptsächlich auf die Festlegung von Qualitätszielen zu setzen, ohne dies in irgendeiner Weise verbindlich mit der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten zu verknüpfen, dürfte die Richtlinie 76/464 hier doch bis auf weiteres keine taugliche Handhabe bieten. Zudem dürften die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, daß eine zu starke Auslagerung der Kompetenz der verbindlichen Festlegung dieser Werte und der für ihre Einhaltung notwendigen Maßnahmen auf die Mitgliedstaaten die Gefahr einer gewissen Ineffizienz in sich birgt, arbeiten doch die Mitgliedstaaten wirkungsvolle Programme nur, wenn überhaupt, sehr zögerlich aus. Darüber hinaus dürfte der weitgehende Verzicht auf Emissionsnormen auch eine Beeinträchtigung des freien Wettbewerbs und damit des Binnenmarktes mit sich bringen. Es fragt sich daher, inwieweit diese „Rückverlagerung“ gemeinschaftlicher Regelungen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten sinnvoll ist und inwieweit sie den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben standzuhalten vermag81.

IV. Einige ausgewählte Aspekte des Verhältnisses von Umweltqualitätszielen und Emissiosnormen

Der Rückgriff auf Umweltqualitätsziele und auf Emissionsnormen sowie die Ausgestaltung ihres Verhältnisses sind auch vor dem Hintergrund der vertraglichen Vorgaben und

79 ABl. 1976 L 129, 23.

80 Für den spezifischen Bereich des Grundwasserschutzes hat die Kommission nun mittlerweile einen Vorschlag für ein Aktionsprogramm zur Eingliederung von Grundwasserschutz und Grundwasserbewirtschaftung, ABl. 1996 C 355, 1, vorgelegt. Auf dieser Grundlage will die Kommission speziell für den Grundwasserbereich eine Rahmenrichtlinie vorschlagen. Auch hier sollen auf Gemeinschaftsebene eher Grundsätze festgelegt werden, während die Präzisierungen den Mitgliedstaaten obliegen.

(21)

Rahmenbedingungen zu sehen, wobei sich die Frage stellt, inwieweit diese dem Gestaltungsspielraum des Gemeinschaftsgesetzgebers Grenzen setzen oder zumindest bestimmte Weichsenstellungen nahelegen. Im folgenden soll daher auf die in diesem Zusammenhang m.E. wichtigsten Aspekte eingegangen werden.

1. Zum Verfahren: die Rolle des Subsidiaritätsprinzips

Die Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip im Hinblick auf eine „Flexibilisierung“ des Umweltrechts fehlt im Zusammenhang mit der Umweltpolitik auch in den Kommissionsdokumenten in letzter Zeit selten82. In unserem Zusammenhang fragt es sich nun, ob und inwieweit diesem in Art. 3b Abs. 2 EGV stipulierten Prinzip Grenzen bzw.

Vorgaben für die gemeinschaftliche Festlegung von Umweltqualitätszielen, Emissionsnormen und die Ausgestaltung ihres Verhältnisses entnommen werden können.

Art. 3b Abs. 2 EGV - der als Kompetenzausübungsregel ausgestaltet ist83 - stellt für die Zulässigkeit gemeinschaftlicher Tätigkeiten eine doppelte Voraussetzung auf84: Einerseits dürfen die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten nicht adäquat erreicht werden können, und andererseits müssen sie angesichts ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Speziell in bezug auf umweltpolitische Tätigkeiten der Gemeinschaft können diese beiden Kriterien insbesondere durch folgende Punkte präzisiert werden:

- keine ausreichende Zielverwirklichung auf der Ebene der Mitgliedstaaten: Jedenfalls soweit gemeinschaftliche Maßnahmen die Schaffung des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, können mitgliedstaatliche Maßnahmen von vornherein, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt wirksam sein, so daß diese Bedingung unproblematisch erfüllt sein dürfte. Aber auch soweit die gemeinschaftlichen Maßnahmen in erster Linie auf eine Verbesserung der Umweltqualität abzielen, wird diese Voraussetzung häufig erfüllt sein. Entscheidend ist nämlich die objektive Nichtverwirklichung des Ziels auf der Ebene der Mitgliedstaaten, nicht deren (abstrakte) Fähigkeit hierzu. Denn ausschlaggebend soll nach der Logik des Vertrages gerade die effektive Erreichung der

81 S. auch die eher skeptische Possition des Europäischem Umweltbüros, Agence Europe Nr. 6910 vom 8.2.1997, 14. Eher positif dagegen die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses, ABl. 1997 C 30, 5.

82 Vgl. die Ausführungen von Winter, EuR 1996 (Fn. 2), 247 ff.

83 Das Bestehen einer gemeinschaftlichen Kompetenz für Maßnahmen auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist heute nicht mehr problematisch.

84 Zum Subsidiaritätsprinzip die Nachweise in Fn. 23.

(22)

jeweiligen Zielsetzung sein. Daher reicht es jedenfalls aus, wenn durch die in Betracht gezogene gemeinschaftliche Maßnahme eine Verbesserung der Umweltqualität zu erwarten ist. Allerdings ist das Subsidiaritätsprinzip auch bei der Wahl der Mittel zu beachten, wobei natürlich ihre Effizienz eine gewisse Rolle spielt.

In bezug auf die Festlegung von Umweltqualitätszielen und Emissionsgrenzwerten bedeutet dies, daß es der Gemeinschaft unbenommen ist, neben Umweltqualitätszielen auch Emissionswerte festzulegen, sofern dies eine Effizienzsteigerung - im Hinblick auf die Verwirklichung des Binnenmarktes und/oder der Umweltqualität - nach sich zieht.

Auch die Festlegung von Qualitätszielen selbst ist jedenfalls immer dann zulässig, wenn damit eine gewisse (Mindest-) Umweltqualität auf dem Gesamtgebiet der Gemeinschaft sichergestellt werden kann bzw. soll.

- umfassende Natur des zu verwirklichenden Ziels bzw. der Problemstellungen: Umfang und Wirkungen der Ziele der Maßnahmen müssen so beschaffen sein, daß sie besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Dies ist bei binnenmarktbezogenen Maßnahmen in der Regel unproblematisch, können hier doch von vornherein nur gemeinschaftliche Maßnahmen die notwendige Rechtsvereinheitlichung herbeiführen.

Bei Maßnahmen mit im wesentlichen umweltpolitischem Hintergrund dürfte diese Voraussetzung jedenfalls immer dann gegeben sein, wenn die Umweltbelastungen einen überregionalen Charakter annehmen oder überregionale Auswirkungen entfalten. Im Falle der Luft- und Wasserqualität dürfte dies häufig der Fall sein, sind hier doch die Summierungseffekte und überregionalen bzw. internationalen Auswirkungen die Regel.

Allerdings gibt es auch Qualitätsstandards, die einen rein lokalen Charakter aufweisen, wie z.B. derjenige für Trinkwasser; hier ist das Vorliegen dieser zweiten Voraussetzung des Subsidiaritätsprinzips schon eher fraglich.

Insgesamt dürften jedoch dem Subsidiaritätsprinzip kaum Grenzen für die Wahl zwischen Umweltqualitätsstandards und Emissionsnormen zu entnehmen sein; insbesondere kann aus diesem Grundsatz nicht abgeleitet werden, daß „im Zweifel“ die Mitgliedstaaten zuständig sein müssen. Entscheidend ist nämlich - was auch in der Formulierung des Art. 3b Abs. 2 EGV durchaus zum Ausdruck kommt -, daß die gemeinschaftlichen Ziele erreicht werden.

Hierzu gehört aber auch die Verbesserung und Erhaltung einer intakten Umwelt, so daß die hierfür notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können müssen. Das Subsidiaritätsprinzip jedenfalls hätte es nicht verlangt, daß in der IVU-Richtlinie die Formulierung von Emissionsgrenzwerten den Mitgliedstaaten überlassen wird. Ebensowenig können

(23)

entsprechende Bestrebungen bei der Reform der Gewässerschutzpolitik mit der Notwendigkeit der Beachtung des Art. 3b Abs. 2 EGV begründet werden85.

2. Zur Rolle der vertraglichen Vorgaben des Art. 130r EGV

Art. 130r EGV ist eine Reihe inhaltlicher Vorgaben an die gemeinschaftliche Umweltpolitik zu entnehmen, wobei folgende Grundsätze in unserem Zusammenhang von Bedeutung sind86: - grundsätzliche Pflicht zur Verfolgung einer Umweltpolitik: Art. 130r Abs. 1 EGV ist

grundsätzlich eine Pflicht der Gemeinschaft zu entnehmen, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Erfüllung der in dieser Bestimmung genannten Aufgaben notwendig sind87. Nur auf der Grundlage dieses Ansatzes vermag diese Vorschrift ihre bestmögliche Wirksamkeit zu entfalten, entbehrte die spezifische Umschreibung der Ziele und Aufgaben in diesem Artikel doch jeden Sinns. Allerdings dürfte den gemeinschaftlichen Organen hier ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen sein.

- hohes Schutzniveau und Berücksichtigung der Gegebenheiten in den einzelnen Regionen:

Art. 130r Abs. 2 S. 1 EGV und Art. 100a Abs. 3 EGV schreiben die Zugrundelegung eines hohen Schutzniveaus vor, wobei den Gemeinschaftsorganen hier jedoch ein gewisser Beurteilungsspielraum zustehen dürfte. Auf der Grundlage von Art. 130r Abs. 3 2. Spiegelstrich sind bei der Festlegung dieses Schutzniveaus auch die Gegebenheiten in den einzelnen Regionen zu berücksichtigen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß Umwelt auch ein lokaler Begriff ist und Umweltbelastungen je nach Region besser oder schlechter „verträglich“ sind.

Die gemeinschaftliche Festlegung von Emissionsnormen und Umweltqualitätsstandards und die Ausgestaltung ihres Verhältnisses muß es daher ermöglichen, den unterschiedlichen Sensibilitäten der Regionen Rechnung zu tragen. Dies wird häufig insbesondere durch mitgliedstaatliche Maßnahmen erreicht werden können.

- Vorsorgeprinzip: Auch im EG-Vertrag findet sich das Prinzip der Vorsorge, dem im Zusammenhang mit dem ebenfalls stipulierten Vorbeugeprinzip eine eher gewichtige Berücksichtigung auch möglicher Risiken zu entnehmen ist88. Diese sind auch vor dem

85 Abgesehen davon spielt hier natürlich auch immer noch die Verwirklichung des Binnenmarktes eine wichtige Rolle, hierzu noch unten IV.3.

86 Vgl. zu diesen umweltpolitischen Handlungsprinzipien m.w.N. Epiney, Umweltrecht (Fn. 20), 96 ff.

87 Hierzu Wolfgang Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993.

88 Vgl. im einzelnen zu diesem Ansatz Astrid Epiney/Andreas Furrer, Umweltschutz nach Maastricht, EuR 1992, 369 (384 f.).

Références

Documents relatifs

42. Die Mitgliedstaaten sollten in ihrem Gesundheitssystem über Kernkapazitäten verfügen, mit denen sie die durch die Migration bedingten unmittelbaren

20. Der Erfolg von Impfprogrammen hat zu Erfolgen bei der Krankheitsbekämpfung wie dem poliofreien Status und dem drastischen Rückgang von durch Impfung vermeidbaren Krankhei- ten

Auf der globalen Ebene hat das Regionalbüro im Zuge der Strategie und des Aktionsplans eine Vorreiter- und Katalysatorrolle bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten

In addition, and with the aim of harmonizing refugee and migrant health policy globally, WHO is now pre- paring a global action plan on the health of refugees and migrants, in

Подготовленные по итогам совещания Стратегия и план действий в отношении здоровья беженцев и мигрантов в Европейском регионе ВОЗ 20 – первый в своем роде

NICE: Advisory Committee/Programme Development Group (public health); Appraisal Committee (health technology); Advisory Committee (interventions); and Guideline Development

Die Einhaltung der vertraglichen Vorgaben wird auch bei der Überführung des Schengen- Besitzstandes in den Rahmen der Europäischen Union nach den jeweils einschlägigen

55 Vgl.. es eine Pflanze oder ein Ochse. So war auch Franz von Assisi kein Vegetarier und erliess keine entsprechenden Regeln bei seiner Ordensgründung. 61 In diesem Sinne ist